Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 Sexualmagie Sexualmagie 11<br />
jedoch geht es auch darum, diese aufkommende<br />
Energie zu bündeln, zu fokussieren<br />
und sie dann gezielt freizusetzen. Sich allein<br />
der sexuellen Stimulation hinzugeben, ist also<br />
kein Wirken von Sexualmagie, sondern<br />
lediglich Sex. Daher ist es schon etwas widersinnig,<br />
wenn die Hypothese eingeführt<br />
wird, dass in magischen Orden oder Systemen<br />
die Sexualmagie nur praktiziert werden<br />
würde, um sich den sexuellen Gelüsten hinzugeben,<br />
wenn doch eine magische Arbeit<br />
im Vordergrund steht. Wenn es nur darum<br />
gehen würde, können auch weniger arbeitsaufwendigere<br />
Methoden gefunden werden,<br />
um an einen Geschlechtspartner zu gelangen.<br />
Doch nun wieder zum ursprünglichen Thema:<br />
Der eigentliche Grund, warum viele, die<br />
Erfahrungen mit einer solchen Arbeit gemacht<br />
hatten, den Akt nicht genießen konnten,<br />
liegt also auf der Hand. Es ist eben genau<br />
diese enorme sexuelle Hingabe, die zwar<br />
als Energielieferant genutzt wird, aber auch<br />
jede Menge Ablenkung schafft, welche dazu<br />
führen kann, dass die Energie für den magischen<br />
Zweck nicht oder nur ungenügend fokussiert<br />
wird. Manche Magier hatten dafür<br />
spezielle Techniken entwickelt, welche es<br />
leichter machen sollten die Konzentration zu<br />
erhalten.<br />
Aleister Crowley und auch Austin Osman<br />
Spare bevorzugten zu manchen Arbeiten beispielsweise<br />
unattraktive, alte oder entstellte<br />
Frauen. Nun könnte man sicherlich sagen,<br />
dass das ja eine hohe Form des Willens ist,<br />
da man trotzdem eine gewisse Lust oder Erregung<br />
haben muss, um den Akt auszuführen,<br />
andererseits könnte man ihnen auch unterstellen,<br />
dass sie mit ihren Willen nicht erreichen<br />
konnten, sich bei einer reizenden<br />
Frau auf die magische Arbeit zu konzentrieren.<br />
Aber vielleicht war Crowley der Ansicht,<br />
dass dieser Sexualtrieb, der Drang<br />
nach Vereinigung dem wahren Willen überlegen<br />
ist, wenn er schrieb: „Liebe ist das Gesetz,<br />
Liebe unter Willen“ 2 .<br />
Spare hingegen nutzte diese absonderliche<br />
Optik der Frauen dazu, um währenddessen<br />
die göttliche Schönheit unverfälscht blicken<br />
zu können, sich also mit dem Göttlichen zu<br />
vereinigen. Eine weitere Möglichkeit, warum<br />
gerade besondere weibliche Geschlechtspartner<br />
ausgewählt wurden, könnte die aus<br />
dem Tantrismus entlehnte Vorstellung einer<br />
Dakini sein, im rechtshändigen Pfad einer<br />
Lichtgestalt von besonderer Schönheit, im<br />
linkshändigen Tantra eher einer schrecklichen<br />
Hexe und Kultanhängerin der Kali. In<br />
beiden Fällen repräsentieren sie allerdings<br />
eine göttliche Verbindung, die hilft, das Ziel<br />
der Arbeit zu fokussieren und zur Auflösung<br />
zu gelangen, um eben diese Energie der<br />
Einswerdung hervorzubringen.<br />
Bestimmt haben viele andere Menschen noch<br />
viele andere Vorstellungen, was hinter dieser<br />
Auswahl stehen könnte, dennoch gibt es<br />
nicht wenige, die den sexualmagischen Akt<br />
auch mit ansprechenden Partnern vollziehen<br />
können, ohne dabei von der Arbeit abgelenkt<br />
zu werden. Und so erklärt es sich auch leicht,<br />
dass der magisch genutzte Geschlechtsverkehr<br />
oftmals wenig Freude bereitet, weil er<br />
nicht mit allen Sinnen genossen werden darf,<br />
um die Konzentration aufs Ziel nicht zu verlieren.<br />
Energetisch gesehen gibt es so einige Möglichkeiten,<br />
wie beim Geschlechtsverkehr der<br />
Zauber gewirkt werden kann. Es funktioniert<br />
beispielsweise sehr gut, wenn die Frau sich<br />
hauptsächlich dem Produzieren und Bündeln<br />
von Energie widmet, während hingegen der<br />
Mann die Aufgabe hat, das Ziel vor seinen<br />
Augen zur Erfüllung zu bringen und die gebündelte<br />
Energie, die er von der Frau im<br />
„richtigen Moment“ erhält, loszuschicken.<br />
Eine andere Möglichkeit ist sicherlich, dass<br />
der Mann die Energie in die Frau „hineingibt“,<br />
die Rollen werden also hier getauscht.<br />
2 Aleister Crowley – Liber Al vel Legis, Buch 1 - Nuit<br />
Bestimmt gibt es noch endlos viele andere<br />
Methoden, die man durch das Experimentieren<br />
erproben kann, aber da der Kreativität<br />
kaum Grenzen gesetzt sind. Abhängig von<br />
dem magischen Zweck und der Vorstellungskraft<br />
der Ausführenden ist nahezu alles<br />
möglich.<br />
Ebenso, und das sei mal nur am Rande erwähnt,<br />
ist es nicht zwingend erforderlich, einen<br />
tatsächlichen Höhepunkt zu haben, ein<br />
energetischer reicht auch manchmal aus.<br />
Dennoch gibt es auch Menschen, die darauf<br />
gerade bestehen, damit sich die Energie am<br />
intensivsten anfühlt, der energetische sich also<br />
mit dem sexuellen Orgasmus verbindet.<br />
Wenn man allerdings bedenkt, in wie vielen<br />
Partnerschaften es allein schon nicht funktioniert,<br />
dass beide zugleich zum sexuellen<br />
Höhepunkt kommen, ist es sicherlich umso<br />
seltener, dass es bei einer sexualmagischen<br />
Handlung immer funktionieren könnte. Meiner<br />
Meinung nach sollte dieser Anspruch<br />
nicht mit dem magischen Erfolg des Aktes<br />
verknüpft werden, da die Erfolgschancen der<br />
Arbeit stark eingeschränkt werden.<br />
Der Sex, genauer gesagt der Geschlechtsakt,<br />
kann also verwendet werden, um für das Ziel<br />
die Energie zu produzieren. Die Möglichkeiten<br />
für solche Ziele sind nahezu endlos, da<br />
jeder Zauber in gewisser Weise nur von unserer<br />
Vorstellungskraft bedingt wird. So ist<br />
eine Verwendung dieser Energie freigestellt,<br />
dennoch könnte man sicherlich einige Ziele<br />
finden, die mehr geeignet sind, also in Verbindung<br />
mit der Methode der Energiegewinnung<br />
stehen. Möglich wären beispielsweise<br />
Zauber, die etwas mit Erschaffung zu tun haben,<br />
also eine bestimmte Sache „befruchten“<br />
oder hervorbringen. Von destruktiven Zaubern<br />
wäre nach meinem Geschmack eher abzusehen,<br />
da es sich wirklich um eine kreative,<br />
also schöpferische Energiequelle handelt.<br />
Zu kleineren Zielen kann diese Energie genauso<br />
eingesetzt werden, wie auch zu komplexeren<br />
Arbeiten, wobei Sexualmagie in<br />
der Praxis vorwiegend für etwas größere<br />
Aufgaben Verwendung findet, da die freiwerdende<br />
Energie einerseits bei guter Ausführung<br />
schon immens sein kann, andererseits<br />
ist sie für weiterhin zu verfolgende Ziele<br />
ein sehr geeigneter Einstieg, um den<br />
„Keim“ zu säen. Aber natürlich hängt das alles<br />
von den eigenen Präferenzen ab.<br />
Zum Ende<br />
Nun gibt es in seiner Allgemeinheit nicht<br />
mehr viel zur Sexualmagie zu sagen, auch<br />
wenn noch lange nicht alle Fragen beantwortet<br />
wurden oder neue Fragen aufgetreten sein<br />
könnten. Es liegt nun an euch, ob ihr euch<br />
weiterhin mit diesem Thema beschäftigen<br />
wollt oder nicht. Schließlich ist es ja auch eine<br />
Frage eurer Möglichkeiten, gerade im Bezug<br />
auf die Verfügbarkeit eines geeigneten<br />
Partners ohne Vorurteile und Ängste.<br />
Dafür soll aber dieser Artikel sein, im besten<br />
Falle lest ihr ihn gemeinsam und kommt darüber<br />
in einen Dialog. Denn aus dem tiefsten<br />
Grunde ist Sexualität eine gute und erstrebenswerte<br />
Sache, sonst hätten wir wahrscheinlich<br />
gar keine. Sie sichert nicht nur unser<br />
Überleben und sorgt dafür, dass wir uns<br />
nach einem Partner sehnen, der unser Leben<br />
bereichert, sondern ist auch ein unerschöpflicher<br />
Quell von reiner schöpferischer Energie,<br />
die so manche Wunder vollbringen kann.<br />
Ich wünsche euch auf jeden Fall, dass ihr einige<br />
Gedanken aus diesem kleinen Text aufgreifen<br />
und für eure Zwecke dienlich machen<br />
könnt. Und wenn es auch nur das ist, was inzwischen<br />
selbstverständlich sein sollte: Sex<br />
ist wundervoll!<br />
Theo