Der Agrarmarkt von Österreich und die Ausfuhr ungarischer ... - EPA
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DER AGRARMARKT VON ÖSTERREICH 161<br />
Um den provisorischen Handelsvertrag zu verlängern, sprachen sich <strong>die</strong> Partner<br />
Ende 1920 für ein neues Abkommen aus, das aber <strong>von</strong> <strong>ungarischer</strong> Seite wegen<br />
der strittigen Gebietszugehörigkeit des Burgenlands nicht unterzeichnet<br />
wurde. So gab es also seit Januar 1921 eine kurze Periode, in der <strong>die</strong> beiden Staaten<br />
keine Handelsbeziehungen miteinander aufrechterhielten. 22 Die Meinungsunterschiede<br />
resultierten aus dem Friedensabkommen <strong>von</strong> Saint-Germain, in dem<br />
das Burgenland <strong>Österreich</strong> zugesprochen wurde. Die ungarische Regierung war<br />
aber nicht geneigt, ihre Truppen aus dem Gebiet zurückzuziehen <strong>und</strong> wandte sich<br />
um Unterstützung an <strong>die</strong> Großmächte.<br />
Trotz der Territorialfragen kam es doch am 12. Mai 1921 zu der Unterzeichnung<br />
eines provisorischen Handelsvertrages, der strenge Ein- <strong>und</strong> <strong>Ausfuhr</strong>kontingente<br />
vorschrieb. Die wichtigsten österreichischen Exportartikel waren: 30 Waggon<br />
Grubenholz, 20 Waggon Rotationspapier, 2 Waggon Magnezit, 2 Waggon<br />
Ammoniaksoda, 1 Waggon Stahl, 5 Waggon Grubensprengstoff, Seidenware,<br />
Weißware, Möbel, Fahrräder, Autos. Das ungarische Exportkontingent bestand<br />
aus: 150 Waggon Hafer, 100 Waggon Kartoffeln, 5 Waggon Salami, 500 Waggon<br />
Kirschen, 750 Waggon Aprikosen, 100 Waggon Tomaten, 800 Waggon Gurken<br />
<strong>und</strong> - pro Monat - 1.000 Rindern, 400 Schafen sowie 400 Pferden. 23<br />
Während auf dem Gebiete der Handelsbeziehungen gewisse Fortschritte zu<br />
bemerken waren, konnte <strong>die</strong> Frage des Burgenlandes nicht gelöst werden, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
beiden Regierungen entfernten sich in <strong>die</strong>ser Hinsicht <strong>von</strong> Tag zu Tag mehr <strong>von</strong>einander.<br />
<strong>Der</strong> Gr<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Spannung lag in der Anordnung der Militärkommission<br />
der Allierten, <strong>die</strong> nach langen Vorbereitungsbesprechungen am 1. August<br />
1921 in der Stadt Ödenburg (Sopron) <strong>die</strong> Evakuierung <strong>und</strong> Übergabe der betreffenden<br />
Gebiete verordnet hatten. Die ungarischen Behörden waren nicht geneigt,<br />
<strong>die</strong> Gebiete zu räumen. 24 Vielmehr wurden am 19. August 1921 <strong>von</strong> <strong>ungarischer</strong><br />
Seite weitere wirtschaftliche Beschränkungsmaßnahmen <strong>Österreich</strong> gegenüber in<br />
Kraft gesetzt, um damit <strong>Österreich</strong> zu weiteren Gebietskonzessionen zu drängen.<br />
Tier- <strong>und</strong> Weizenlieferungen wurden abgestellt, weshalb <strong>Österreich</strong> sich bei der<br />
Wiedergutmachungskommission mit Bezugnahme auf den Artikel 208 des ungarischen<br />
Friedensabkommens beschwerte. 25 Die österreichische Regierung war<br />
22 OL KÜM. GPO K-69. 1923.21-65.372.<br />
23 BUZÄSS.93.<br />
24 Rechtsstehende Elemente des Burgenlandes gründeten unter der Leitung <strong>von</strong> Herzog Liechtenstein<br />
<strong>und</strong> Graf Traum eine Organisation, deren Ziel <strong>die</strong> Entfernung der Sozialdemokraten aus dem politischen<br />
Leben war. Diese Organisation stand in enger Verbindung mit Gyula Gömbös, dem späteren<br />
ungarischen Ministerpräsidenten. Vgl. FOGARASSY László: Die Volksabstimmung in ödenburg<br />
(Sopron) <strong>und</strong> <strong>die</strong> Festsetzung der österreichisch-ungarischen Grenze im Lichte der ungarischen<br />
Quellen <strong>und</strong> Literatur. In: Südost-Forschungen 25 (1976), S. 150-182.<br />
25 <strong>Der</strong> Artikel 208 des Friedensabkommens lautet: »1) Ein Sondervertrag über <strong>die</strong> Lebensmittel-, Rohstoff-<br />
<strong>und</strong> Industrieerzeugnislieferungen soll zwischen Ungarn <strong>und</strong> <strong>Österreich</strong> abgeschlossen werden;<br />
2) Bis zur Unterzeichnung <strong>die</strong>ser Vereinbarung, aber keinesfalls länger als 5 Jahre nach der<br />
Unterzeichnung des schon in Kraft gesetzten Abkommens, ist Ungarn verpflichtet, keine seiner Exportzölle<br />
der in Ungarn erzeugten Lebensmittelwaren <strong>Österreich</strong> gegenüber zu erhöhen oder zu be-