Pressetext - Albertina
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Besondere Bedeutung für die Entwicklung der Malerei der „Brücke“ besaß die Rezeption<br />
des Neoimpressionismus. Doch entgegen den Bestrebungen des französischen Pointillismus<br />
zur Darstellung von Licht in der Modulation von hellen und verschatteten Bildpartien,<br />
suchten die „Brücke“-Künstler die Farbwirkung – auch in deren Materialität – durch das<br />
ungemischte Nebeneinandersetzen intensiver Farben zu steigern. Davon ausgehend gelangten<br />
die jungen Maler bald zu einer großflächigen, gestischen Handschrift unter Beibehaltung<br />
der intensiven Farbigkeit. Doch diente die Verwendung von Komplementärfarben<br />
weniger dem Aufbau von Kontrasten, denn der Steigerung der Strahlkraft der Farben innerhalb<br />
dieser Gegensatzpaare.<br />
Neue Ausdrucksformen der künstlerischen Technik<br />
Nicht nur in der Zeichnung, auch im Holzschnitt, der Lithografie und der Radierung sowie<br />
der Malerei wollten Kirchner, Schmidt-Rottluff, Heckel und Bleyl sowie die später sich dazugesellenden<br />
Emil Nolde, Max Pechstein und Otto Mueller mit Hilfe von Farbe und Form<br />
den reinen und direkten Ausdruck finden. Diese Künstler waren nicht am Abbild der Dinge,<br />
an deren Nachahmung, interessiert. Sie transformierten die sichtbare Wirklichkeit im<br />
Rahmen eines ungestümen Abstraktionsprozesses in ein reines Bild der Empfindung. Die<br />
kritische Einstellung zur traditionellen, akademischen Malerei und die Suche nach neuen<br />
und freien künstlerischen Lösungen zur Darstellung der Wirklichkeit kennzeichnen die Entwicklung<br />
der Künstler aus, deren wichtigstes Ausdrucksmittel die Farbe und ihre rauschhafte<br />
Steigerung zum reinen Ausdruck ist. Die Formen werden expressiv vereinfacht und<br />
übersteigert.<br />
Das hinter dem neuen unverbildeten Ausdruckswillen stehende Prinzip der Kunst des Verlernens<br />
beinhaltete nicht nur den Verzicht auf alle überlieferten Formkonventionen, sondern<br />
auch die Erschließung neuer Motive und Themenkreise. Emil Noldes Beschreibung<br />
seines Schaffens als Akt „ohne fest umrissene Vorstellungen“ zielt auf diese Eigenheit des<br />
frühen Anti-Stils der „Brücke“, der, wie schon George Grosz wusste „von der hohen Warte<br />
technischer Tradition aus gesehen“ formlos und primitiv war. Das Handwerk war vernachlässigt,<br />
innerer Ausdruck war alles, und das Ganze lief auf eine bunte und unorthodoxe<br />
Malweise hinaus, die Formprinzipien der afrikanischen Naturvölker aufnahm, deren Kunst<br />
ebenso wie die Ozeaniens zu einer wichtigen Inspirationsquelle wurde.