Unsere einzigartige Brasilienreise - Amerikanetz
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„Grenzkorrekturen“ ihres Großvaters mit über den Weg gespannten Lianen oder anderen aufgestellten<br />
Hindernissen gezeigt, wer die eigentlichen Eindringlinge in ihrem angestammten Territorium<br />
seien. Wenn der Großvater Fallen außerhalb seiner Besitzgrenzen aufgestellt hatte, habe<br />
er des öfteren nur das Fell des abgezogenen Tieres in der zugeschlagenen Falle vorgefunden.<br />
Der Großvater habe irgendwann die Zeichen der immer unsichtbaren Indianer erkannt und ihren<br />
Wunsch nach Unantastbarkeit ihrer Grenzen respektiert. Seither habe eine friedliche Nachbarschaft<br />
bestanden. Hilda hatte früher immer ein Pferd und einen kleinen Wagen gehabt, das war<br />
ihr Fortbewegungsmittel, um das 6 km entfernte Dorf São Bonifácio zu erreichen. Sie hatte in<br />
der Kirche über 20 Jahre das Harmonium gespielt. Die Meinung von Dona Hilda wurde im Dorf<br />
oft gehört und geschätzt. In dem 6 km entfernten unbewohntem Elternhaus Philippi versorgt<br />
Hilda jeden Tag ihre Haustiere. Wenn an einem Tag kein Auto zur Verfügung steht, geht sie die<br />
12 km hin und zurück zu Fuß, um ihre Tiere zu versorgen. Ihr Sohn Loreno und Schwiegertochter<br />
Roseli wollten es nicht mehr dulden, daß die Mutter allein in dem einsamen Haus<br />
schlief. Die 72jährige Dona Hilda blieb an meiner Seite und erzählte sehr interessant in plattdeutscher<br />
Sprache von der vergangenen Zeit.<br />
Wir erzählten ihr von den unzähligen Vogelnestern, die wir während unserer Tour auf den<br />
Strommasten sahen und die uns ein unbekanntes, beeindruckendes Erscheinungsbild boten.<br />
Valberto hatte uns gesagt, daß die Bediensteten der Elektrizitätswerke sehr oft aus Vorsorge die<br />
auf den waagerechten Leitungsträgern plazierten „Kunstwerke“ der Lehmhänschen 1 zerstören<br />
müssen, weil sie Kurzschlüsse im Leitungsnetz auslösen können.<br />
Hilda Philippi erzählte uns vom Lehmhänschen folgende Geschichte:<br />
„Das Lehmhänschen hatte seine Lebenspartnerin in flagranti (auf frischer Tat) bei einem Seitensprung<br />
mit einem Artgenossen angetroffen. Hänschen fühlte sich über die Untreue seiner Frau<br />
untröstlich und in seiner Vogel-Ehre sehr gekränkt. Statt zu verzeihen, wuchsen seine Rachegefühle,<br />
und er konnte sie auch nicht mehr verdrängen. Als seine ungetreue Frau sich zur<br />
Nachtruhe in dem gemeinsamen Lehmhaus niedergelassen hatte, schlich sich Hänschen hinaus,<br />
um seinen Racheplan zu verwirklichen. Er mauerte in aller gebotenen Eile mit Speichel und<br />
Lehm das Einflugloch zu. Die Verschmähte mußte nun an Nahrungsmangel, verbunden mit dem<br />
Bewußtsein, untreu gewesen zu sein, ihrem Vogelende entgegensehen“.<br />
Der Volksmund in Brasilien sagt den kleinen „Baumeistern“ der Vogelgattung „Lehmhänschen“<br />
nach, daß sie strenge christliche Grundsätze beachten und am Sonntag den 7. Tag der Woche<br />
die Arbeit ruhen lassen.<br />
1<br />
Der Erdhannes, João (Johannes) de Barro, auch Lehmhänschen genannt, gehört zur Familie der „Furnariden - Ofenbauer“<br />
- Furnarius rufus. Darunter ist der im Süden und Mittel-Brasiliens lebende Furnarius rufus badius der Bekannteste.<br />
Im Volksmund ist er bekannt als „Forneiro - Ofenbauer“, „Barreiro - Erdarbeiter“, „Amassa-barro – Erdkneter“,<br />
„Maria-de-barro – Erdmarie“ oder auch „Oleiro – Töpfer“. Meistens ist er erdfarben, sein Hals ist etwas weißlich und<br />
sein Schwanz rötlich oder auch braun. Er ist Insektenfresser, frißt aber auch andere kleine Käfer. Er baut seine Nester<br />
oder auch Häuschen aus Erde oder Lehm, den er mit seinem Schnabel und Füßen in die richtige oder erwartete Form<br />
bringt. Diese Häuschen können bis zu 30 cm im Durchmesser haben und meistens sind sie bis zu 25 cm hoch, sie<br />
haben eine gerundete Form und bestehen aus zwei Teilen, dem Eingang oder auch Vorraum und einem inneren<br />
Raum, der als Nest ausgebaut wird. Dieser zweite Raum ist vom ersten getrennt durch einen schrägen Vorbau, der als<br />
Schutz gegen das Eindringen von Feinden dient, besonders gegen die kleinen Vogelfresser, die in das äußere Schlupfloch<br />
eindringen können. Das ganze Häuschen hat im Durchschnitt ein Gewicht zwischen 3 und 5 kg. Manchmal<br />
werden die neuen Häuser über den alten Baukörper gebaut, so daß ganze Stockwerke entstehen. Das Vogelpaar baut<br />
meistens 4 bis 7 Tage an so einem Nest. Er ist bei Vogelfreunden besonders bekannt und beliebt durch seinen frohen<br />
und schrillen Gesang in der brasilianischen Landschaft.<br />
Herr Lucas Borgert aus Brasilien gab mir dankenswerter Weise obenstehende Informationen über das Lehmhänschen.<br />
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