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Jeschiwa Chachmej Lublin - Arbeit und Leben (DGB/VHS ...

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http://www.polish-online.com/polen/staedte/lublin-jeschiwa-chachmej.php Städte & Regionen / <strong>Lublin</strong> / <strong>Lublin</strong><br />

<strong>Jeschiwa</strong> <strong>Chachmej</strong> <strong>Lublin</strong> (Hochschule der Weisen)<br />

Die <strong>Jeschiwa</strong> <strong>Chachmej</strong> (Jeshiwas <strong>Chachmej</strong> <strong>Lublin</strong>) – eine jüdische Universität im Zentrum <strong>Lublin</strong>s–<br />

wurde 1930 auf Initiative von Meir Shapiro (Majer Szapira), einem Rabbiner <strong>und</strong> dem ersten jüdischen<br />

Sejmabgeordneten in den Jahren 1922-1927, gegründet. Während des Jüdischen Weltkongresses im<br />

Jahr 1923 in Wien hatte Shapiro die Gründung einer modernen Talmud-Schule vorgeschlagen. Die Idee<br />

wurde aufgegriffen <strong>und</strong> <strong>Lublin</strong> aufgr<strong>und</strong> seiner langen Tradition von Rabbiner-Schulen als Standort für<br />

die Akademie ausgewählt.<br />

Der Gr<strong>und</strong>stein wurde im Mai 1924 gelegt. Im darauffolgenden Jahr reiste Shapiro in die größten jüdischen<br />

Zentren in den USA <strong>und</strong> Europa, um Geld für den Bau zu beschaffen. Die feierliche Eröffnung<br />

der Akademie fand am 24. Juni 1930 mit großer internationaler Resonanz statt. Neben jüdischen Gelehrten<br />

<strong>und</strong> polnischen Regierungsvertretern beobachteten tausende Bürger die Feierlichkeiten. Auf<br />

einem Foto, das an diesem Tag entstanden ist, sind die Straßen in unmittelbarer Nähe der Akademie<br />

voll von Schaulustigen. Das Gebäude wurde in eklektischem Stil nach Entwürfen des Architekten<br />

Agenor Smoluchowski errichtet. Es umfasste Unterkünfte für Studenten <strong>und</strong> Personal, einen 200 Quadratmeter<br />

großen, zwei Stockwerke hohen Hörsaal, der gleichzeitig als Gebetsraum diente, Vorlesungssäle<br />

<strong>und</strong> eine Bibliothek mit Leseräumen, einen Konferenzraum, ein Speisezimmer, eine Küche <strong>und</strong><br />

eine Badeanstalt. Hinter der Akademie erstreckte sich ein großer Garten.<br />

Erster Rektor der Hochschule wurde Meir Shapiro. Dieser verstarb unerwartet 1933 im Alter von nur 46<br />

Jahren, sodass er die ersten Absolventen des Jahrgangs 1934 nicht mehr verabschieden konnte. Die<br />

<strong>Jeschiwa</strong> <strong>Chachmej</strong> <strong>Lublin</strong> galt als eine der modernsten Schulen ihrer Art <strong>und</strong> ihre Absolventen waren<br />

gefragte Rabbiner. Die Nachfolger Shapiros wurden Rabbi Shlomo Eiger, Abraham Jakow Halewi Horowitz,<br />

Josef J. Zusmanowicz, Mosze Mordechaj Epstein <strong>und</strong> Arie Cwi Frumer.<br />

Nach Einmarsch der deutschen Truppen in <strong>Lublin</strong> (am 18. September 1939) wurde das Hochschulgebäude<br />

für Militärzwecke beschlagnahmt. In den Räumen der <strong>Jeschiwa</strong> wurde ein deutsches Kriegslazarett<br />

errichtet. Die jahrelang gesammelte Einrichtung wurde völlig zerstört: Ein Teil des Inventars wurde<br />

verbrannt, wertvollere Gegenstände gestohlen. 1940 konfiszierten die Deutschen die Bibliothek mit<br />

ihren 13.000 Büchern von unschätzbarem Wert. Die meisten Bücher endeten auf einem Scheiterhaufen.<br />

Nach dem Krieg wurde in dem <strong>Jeschiwa</strong>-Gebäude die medizinische Fakultät der Universität <strong>Lublin</strong> untergebracht.<br />

Im Jahr 2002 erhielt die jüdische Gemeinde das Gebäude zurück, doch finanzielle Schwierigkeiten<br />

verhinderten eine komplette Sanierung <strong>und</strong> weitere Nutzung. Der Hausmeister führt Besucher<br />

gegen ein Entgelt gern durch das Haus. Von ihm bekommen Sie auch die Schlüssel für den Gedenk<strong>und</strong><br />

den Gebetsraum im Erdgeschoss. An die kurze Geschichte der <strong>Jeschiwa</strong> erinnert heute eine Gedenktafel<br />

an der Fassade mit einer polnischen <strong>und</strong> einer hebräischen Inschrift.<br />

Sijum HaShas<br />

1923 führte Meir Szapiro das Ritual des Lesens <strong>und</strong> Studierens eines Blattes Talmud pro Tag (Daf<br />

HaJomi) ein. Ein Lesezyklus dauerte 2711 Tage, das heißt ca. 7,5 Jahre. Der erste Lesezyklus wurde in<br />

der <strong>Jeschiwa</strong> <strong>Chachmej</strong> <strong>Lublin</strong> im Jahr 1930 beendet. 75 Jahre später wurde hier auch die Beendigung<br />

des 11. Lesezyklus gefeiert – das Sijum HaShas. Das Sijum HaShas war die erste Feierlichkeit dieses<br />

Ranges, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den Räumlichkeiten der <strong>Jeschiwa</strong> <strong>Chachmej</strong> <strong>Lublin</strong> begangen<br />

wurde. Am 1. März 2005 erstrahlte die Hochschule im Lichterglanz, Musik <strong>und</strong> bunter<br />

Sprachwirwarr hallten durch die Räume, <strong>und</strong> die langen Gänge füllten sich mit fröhlichen Chassiden.<br />

Organisiert wurde die Feierlichkeit vom obersten Rabbiner der Ukraine Y Bleich <strong>und</strong> dem Rabbiner<br />

Shlomo Noach Mandel von der kanadischen Reichman-Stiftung (Reichman Fo<strong>und</strong>ation). Bei der Umsetzung<br />

des Projekts wurden sie tatkräftig unterstützt von David Singer, einem der führenden<br />

Chassiden aus Brooklyn in New York, dem obersten Rabbiner Polens Michael Schudrich sowie von


Witold Dąbrowski <strong>und</strong> Tomasz Pietrasiewicz zusammen mit dem Team des Theaters NN (Ośrodkek<br />

Brama Grodzka - Teatr NN). An zwei Tagen wurde gemeinsam diskutiert, gebetet <strong>und</strong> aus der Thora<br />

vorgelesen.<br />

Die anwesenden Gäste wurden im Namen der <strong>Lublin</strong>er Bevölkerung von Wanda Lotter, Mitglied des<br />

Gesellschafts- <strong>und</strong> Kulturvereins der Juden in <strong>Lublin</strong> (Towarzystwo Społeczno Kulturalne żydów w<br />

<strong>Lublin</strong>ie) <strong>und</strong> Roman Litman, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in <strong>Lublin</strong>, begrüßt: "Wir sind<br />

hocherfreut darüber, dass wir den Augenblick erleben dürfen, an dem wir hier sprechen <strong>und</strong> zusammenkommen<br />

können", sagte mit einem Lächeln <strong>und</strong> mit Freude Roman Litman. "Wir versprechen alles<br />

dafür zu tun, damit in diesen Mauern der Geist des Rabbis Meir Shapiro einkehrt, damit die jüdische<br />

Tradition <strong>und</strong> Religion in <strong>Lublin</strong> fortbestehen." (bw/fh)<br />

Quellen: Forum żydów Polskich fzp.jewish.org.pl/historia28.html<br />

Teatr NN www.tnn.lublin.pl/pamiej.php?mkat=4&kat=349<br />

Marta Denys, Marek Wyszkowski: <strong>Lublin</strong> and its Vicinity, <strong>Lublin</strong> 2000<br />

Andrzej Trzciński: Landmarks ans Traces of Jewish Culture in <strong>Lublin</strong>, <strong>Lublin</strong> 2005<br />

LWL www.joods-leven.net/geschichten/folgeseite.php?id_geschichten=256<br />

Einen Einblick in das <strong>Leben</strong> einer Talmud-Schule gibt das Buch "Yentl the Yeshiva Boy" von Isaac Singer,<br />

das 1983 mit Barbara Streisand in der Hauptrolle verfilmt worden ist. Erzählt wird die Geschichte<br />

einer jungen Frau, die als Mann verkleidet eine Talmud-Schule besucht. Einige Szenen im Buch spielen<br />

in <strong>Lublin</strong>, die die Filmemacher 1983 in Prag abgedreht haben.<br />

Das einzige jüdische Gebetshaus von einst über 100, das während des Krieges nicht von den Deutschen<br />

zerstört worden ist, steht in der ul. Lubartowska 10. Wenn man vom Krakauer Tor nach rechts die<br />

ul. Lubartowska hinuntergeht, steht es auf der linken Seite. An dieser Stelle markierte die Straße die<br />

Grenze zum Ghetto, das auf der rechten Seite begann. Der Umstand, dass sich das Gebetshaus außerhalb<br />

des Ghettos befand, bewahrte es wahrscheinlich vor dem Abriss.<br />

Das Gebetshaus wird auch heute noch von der jüdischen Gemeinde betreut <strong>und</strong> kann sonntags zwischen<br />

11 <strong>und</strong> 13 Uhr besichtigt werden. Der Eingang befindet sich auf der linken Seite in der Hofdurchfahrt<br />

des Hauses Nr. 8. Das Gebetshaus wurde 1890 eröffnet <strong>und</strong> gehörte der Hevra-Nossim-<br />

Gesellschaft. Seit dem Ende des II. Weltkrieges nutzt die durch den Holocaust zahlenmäßig stark dezimierte<br />

jüdische Gemeinde das Gebäude als Treffpunkt. Heute finden hier keine jüdischen Gottesdienste<br />

mehr statt, weil die Mindestanzahl von im religiösen Sinne erwachsenen Männern nicht mehr erreicht<br />

wird, die für einen Gottesdienst vorgeschrieben ist. Sie beträgt zehn Personen. Als "erwachsen" gelten<br />

Männer, die das 13. <strong>Leben</strong>sjahr vollendet haben.<br />

Das Gebäude beherbergt eine Reihe von Büchern, eine Tora <strong>und</strong> andere rituelle Gegenstände. An den<br />

Wänden hängen zahlreiche Fotos, die das jüdische <strong>Leben</strong> im <strong>Lublin</strong> der Vorkriegszeit anschaulich dokumentieren.<br />

Sie waren im Auftrag der Stadt <strong>Lublin</strong> entstanden. (<br />

1886 wurde in der ul. Lubartowska 81 das Alte Jüdische Hospital mit einer Kapazität von 50 Betten<br />

eröffnet. Das Haus beherbergte auch eine kleine Synagoge <strong>und</strong> war von einem Park umgeben. Der<br />

erste Direktor des Hospitals hieß Dr. David Cynberg. Im März 1942 ermordeten dieDeutschen - im Zuge<br />

der Liquidierung des Ghettos - alle Patienten <strong>und</strong> das gesamte medizinische Personal, r<strong>und</strong> 300 Menschen.<br />

In dem nach dem Krieg erweiterten Bau befinden sich heute eine gynäkologische <strong>und</strong> eine Geburtsstation.<br />

Eine Gedenktafel an einer Seitenfassade des Krankenhauses erinnert an die Geschichte<br />

des Hauses.

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