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KZ-Außenkommando „Tannenwald“ in Kransberg - Arbeit und ...

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<strong>KZ</strong>-<strong>Außenkommando</strong> <strong>„Tannenwald“</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Kransberg</strong><br />

In der Spätphase des Zweiten Weltkriegs im Dezember<br />

1944 entstand hier das Außenlager <strong>„Tannenwald“</strong><br />

des Konzentrationslagers Buchenwald. Die Errichtung<br />

des Lagers h<strong>in</strong>g mit der militärischen Nutzung<br />

von Schloss <strong>Kransberg</strong> im Krieg zusammen, das e<strong>in</strong>e<br />

Nebenanlage des nahe gelegenen Führerhauptquartiers<br />

„Adlerhorst“ war.<br />

Bis zu 42 politische Häftl<strong>in</strong>ge lebten zwischen dem<br />

07.12.1944 <strong>und</strong> dem 29.03.1945 vor der Schlossmauer <strong>in</strong><br />

mehreren Holzbaracken. Die Häftl<strong>in</strong>ge mussten unter<br />

anderem an e<strong>in</strong>em Fluchttunnel zwischen dem<br />

Bunker im Schloss <strong>und</strong> dem Dorf arbeiten.<br />

Luftbild von Schloss <strong>Kransberg</strong> 1945. Schemenhaft s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Gebäude des <strong>KZ</strong>-Außenlagers <strong>„Tannenwald“</strong> zu<br />

sehen (siehe H<strong>in</strong>weispfeil; Bild: University of Keele).<br />

Die Stelle des Lagers konnte erst im August 1988 mit Hilfe von Zeitzeugen aus <strong>Kransberg</strong> <strong>und</strong> Pfaffenwiesbach<br />

sowie dem ehemaligen <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>g Gerard Dziemba lokalisiert werden. Laut Dziemba mussten die Gefangenen<br />

von morgens bis zum E<strong>in</strong>bruch der Dämmerung die harte <strong>Arbeit</strong> verrichten. Zum Essen gab es täglich<br />

meist nur e<strong>in</strong>en Liter Brennnesselsuppe, 200 Gramm Brot <strong>und</strong> 50 Gramm Margar<strong>in</strong>e. „Für die schwere<br />

<strong>Arbeit</strong>, die die Gefangen zu verrichten hatten, war es auf jeden Fall nicht ausreichend. Die waren dem Tod näher<br />

als dem Leben“, berichtete e<strong>in</strong>e Zeitzeug<strong>in</strong>, die damals im Schloss arbeitete. Jugendliche aus <strong>Kransberg</strong> steckten<br />

aber e<strong>in</strong>zelnen <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>gen aus Mitleid heimlich e<strong>in</strong>en Apfel oder e<strong>in</strong>e Kartoffel zu.<br />

Die letzten Reste der Lagerbaracken verschwanden<br />

1951, als amerikanische Soldaten im Schloss<br />

stationiert waren <strong>und</strong> das Gelände für e<strong>in</strong>en Parkplatz<br />

aufschütteten.<br />

Skizze e<strong>in</strong>er der Baracken, die lediglich aus Presspappe<br />

bestanden haben sollen. Zeichnung des <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>gs<br />

Gerard Dziemba (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Gedächtnisskizze des Lagers, gezeichnet vom Gefangenen<br />

Gerard Dziemba: 1. Krankenstation, 2. Küche,<br />

3. acht Baracken für die <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge, 4. Waschplatz,<br />

5. Latr<strong>in</strong>e. (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Bild des polnischen <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>gs Gerard Dziemba <strong>in</strong> Häftl<strong>in</strong>gskleidung nach der Aufnahme <strong>in</strong> Auschwitz 1942. Der 1994 verstorbene Dziemba war im<br />

Februar <strong>und</strong> März 1945 <strong>in</strong> <strong>„Tannenwald“</strong> <strong>und</strong> half 1988 dabei mit, die Stelle des Lagers wiederzuf<strong>in</strong>den (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Texte: Kreisarchiv des Hochtaunuskreises/<br />

Bernd Vorlaeufer-Germer


Bau e<strong>in</strong>es Fluchttunnels zum Schloss <strong>Kransberg</strong><br />

durch <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge<br />

H<strong>in</strong>ter dieser Garage liegt e<strong>in</strong> unvollendeter Fluchttunnel,<br />

der e<strong>in</strong>st zum Bunker von Schloss <strong>Kransberg</strong><br />

führen sollte. Mit der Planung betraute die SS die paramilitärische<br />

Bautruppe „Organisation Todt“. Häftl<strong>in</strong>ge<br />

aus dem Außenlager <strong>„Tannenwald“</strong> des Konzentrationslagers<br />

Buchenwald, das beim Schloss lag,<br />

trieben unter schwerem körperlichen E<strong>in</strong>satz den<br />

Stollen ab dem 12. Dezember 1944 <strong>in</strong> den Schlossberg.<br />

Den Abraum schütteten sie <strong>in</strong> den damals noch<br />

existierenden Teich <strong>in</strong> der Ortsmitte. Der Stollen führt<br />

13 Meter gerade <strong>in</strong> den Berg h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, knickt dann nach<br />

l<strong>in</strong>ks ab <strong>und</strong> hört nach weiteren 19 Metern auf.<br />

Plan des heute h<strong>in</strong>ter der Garage liegenden Stollens (Bild: Demuth).<br />

Das Schloss <strong>Kransberg</strong> war e<strong>in</strong>e Nebenanlage des Führerhauptquartiers<br />

„Adlerhorst“, das ab 1939 <strong>in</strong> den wenige Kilometer nordöstlich gelegenen<br />

Orten Ziegenberg <strong>und</strong> Wiesental gebaut wurde. Im Vorfeld der Ardennen-<br />

Offensive – des letzten Versuchs des NS-Regimes, die Truppen der Westalliierten<br />

zurückzuschlagen – kamen Hitler <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Stab am 11. Dezember<br />

1944 nach Wiesental. Er blieb dort bis zum 15.01.1945. Auf Schloss <strong>Kransberg</strong><br />

bezogen Hermann Gör<strong>in</strong>g (17.-25.12.1944 bzw. 01.-10.01.1945) <strong>und</strong><br />

He<strong>in</strong>rich Himmler (27.-31.12.1944) ihre Hauptquartiere. Diese trugen<br />

wie das Außenlager die Tarnbezeichnung <strong>„Tannenwald“</strong>. Am 29.03.1945<br />

mussten die <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge aus <strong>„Tannenwald“</strong> wegen der immer näher<br />

kommenden amerikanischen Truppen nach Buchenwald zurückmarschieren.<br />

E<strong>in</strong>em der <strong>in</strong>sgesamt 44 Gefangenen gelang es, vorher zu fliehen. Nur se<strong>in</strong><br />

gestreifter Häftl<strong>in</strong>gsanzug blieb zurück – e<strong>in</strong>e Helfer<strong>in</strong> aus <strong>Kransberg</strong> hatte<br />

ihn dafür mit Zivilkleidung ausgestattet.<br />

Innenansicht des vorderen Teils des Stollens<br />

(Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Schloss <strong>Kransberg</strong>, Bunker. Der Durchlass l<strong>in</strong>ks führt zur Stelle, wo der E<strong>in</strong>gang für den<br />

Tunnel liegen sollte. (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Skizze des <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>gs Gerard Dziemba mit dem Tunnel <strong>und</strong> dem Holzgerüst für<br />

e<strong>in</strong>e Lore, mit welcher der Abraum abtransportiert wurde. (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Texte: Kreisarchiv des Hochtaunuskreises/<br />

Bernd Vorlaeufer-Germer


Außenlager des „<strong>Arbeit</strong>serziehungslagers“<br />

Heddernheim <strong>in</strong> H<strong>und</strong>stadt<br />

1944/1945 existierte hier e<strong>in</strong> Außenlager des<br />

„<strong>Arbeit</strong>serziehungslagers“ Heddernheim. Dafür<br />

nutzte die Gestapo das 1936 erbaute Reichsarbeitsdienstlager<br />

„Bemelberg“ mit acht Holzbaracken. Hier<br />

waren zwischen 200 bis 300 Gefangene untergebracht<br />

– Zwangsarbeiter aus Belgien, Frankreich, den<br />

Niederlanden, Polen <strong>und</strong> der Sowjetunion. Sie mussten<br />

im Hasselborner Tunnel e<strong>in</strong>e unterirdische Fabrikanlage<br />

für die Produktion von Flugzeugpropellern<br />

e<strong>in</strong>richten, die wegen der alliierten Bombenangriffe<br />

aus Frankfurt dorth<strong>in</strong> verlagert wurde.<br />

Die Zwangsarbeiter belegten das 1936 errichtete Reichsarbeitsdienstlager Bemelberg (1), das direkt neben<br />

dem damals schon existenten Sportplatz (2) lag. Die drei Führerhäuser der Lagerleitung (3) lagen etwas abseits<br />

(Bild: University of Keele).<br />

Die sanitären Zustände im Lager waren schlecht. Die Gefangenen litten an Mangelernährung <strong>und</strong> Wanzenplagen.<br />

Gesichert war das Lager mit Stacheldraht <strong>und</strong> zwei Wachtürmen. Aus dem Stammlager <strong>in</strong> Heddernheim,<br />

das im Volksm<strong>und</strong> auch „<strong>KZ</strong> Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>“ hieß, ist mehr über die brutale Behandlung der Häftl<strong>in</strong>ge bekannt,<br />

die häufige Prügelstrafen sowie kräfteraubenden Sport zusätzlich zur harten <strong>Arbeit</strong> umfasste. M<strong>in</strong>destens vier<br />

Männer starben während ihrer Gefangenschaft <strong>in</strong> H<strong>und</strong>stadt. Drei davon erschoss e<strong>in</strong> Wachmann 1944.<br />

Ab 1943 wurden auch im nahegelegenen Lager „Waldfrieden“ Zwangsarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

vor allem aus Polen untergebracht. Sie arbeiteten <strong>in</strong> der<br />

Munitionsanstalt („Muna“). Nach dem Krieg lebten <strong>in</strong> beiden ehemaligen<br />

Lagern <strong>und</strong> <strong>in</strong> der „Muna“ von 1946 bis 1949 Heimatvertriebene aus<br />

dem Sudetenland, ehe die Baracken allmählich abgerissen wurden.<br />

Oberirdisch s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Spuren der Gebäude mehr zu sehen. Nur zwei<br />

von e<strong>in</strong>st drei „Führerhäusern“ für die Lagerleitung etwa 200 Meter<br />

östlich des eigentlichen Geländes s<strong>in</strong>d erhalten geblieben.<br />

Blick auf e<strong>in</strong>es der verbliebenen „Führerhäuser“ am Waldrand<br />

(Bild: Kreisarchiv).<br />

Das RAD-Lager „Bemelberg“ auf e<strong>in</strong>er Ansichtskarte kurz nach der Fertigstellung<br />

(Bild: Kreisarchiv).<br />

Nahansicht e<strong>in</strong>er der Baracken während der Nachkriegszeit, als dort Vertriebene<br />

lebten. (Bild: Reuter).<br />

Texte: Kreisarchiv des Hochtaunuskreises/<br />

Bernd Vorlaeufer-Germer


<strong>KZ</strong>-<strong>Außenkommando</strong> des SS-Sonderlagers/<br />

<strong>KZ</strong> H<strong>in</strong>zert am Flughafen Merzhausen<br />

E<strong>in</strong> <strong>KZ</strong>-<strong>Außenkommando</strong> des SS-Sonderlagers/<strong>KZ</strong><br />

H<strong>in</strong>zert mit 30 politischen Häftl<strong>in</strong>gen aus Luxemburg<br />

kam am 14. Juni 1944 an den seit 1937 bestehenden<br />

Militärflughafen <strong>in</strong> Merzhausen. Nachdem er 1940 für<br />

Luftangriffe auf Frankreich <strong>und</strong> die Benelux-Staaten<br />

benutzt wurde, verlor er ab 1941 an Bedeutung <strong>und</strong><br />

war kaum belegt. Doch von 1944 an wurden von hier<br />

aus im Rahmen der „Reichsluftverteidigung“ wieder<br />

Jagdflugzeuge gegen alliierte Bomber e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Das <strong>Außenkommando</strong> musste dafür die Start- <strong>und</strong><br />

Landebahn nach Westen verlängern.<br />

Luftbild mit der Gesamtanlage des Flughafens Merzhausen im Oktober 1944: 1. Baracke, <strong>in</strong> der die <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge<br />

untergebracht waren, 2. Rollfeld, 3. Kommandantur <strong>und</strong> andere Gebäude des Flughafens, 4. Straße nach<br />

Wilhelmsdorf. (Bild: University of Keele).<br />

Die <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge standen im Verdacht, dem Widerstand gegen die Besetzung Luxemburgs anzugehören. Sie<br />

waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Holzbaracke am Rollfeld untergebracht. Die <strong>Arbeit</strong> war für die durch die Lagerhaft geschwächten<br />

Männer schwer, da sie nur Hacken, Schaufeln <strong>und</strong> Schubkarren<br />

zur Verfügung hatten. Die meisten Häftl<strong>in</strong>ge wurden<br />

nach Ende der <strong>Arbeit</strong>en am 18. August 1944 <strong>in</strong> das Konzentrationslager<br />

H<strong>in</strong>zert bei Trier zurücktransportiert. Überlebende<br />

gaben an, <strong>in</strong> Merzhausen sei es etwas leichter gewesen als<br />

dort, weil das Wachpersonal zeitweise aus älteren Luftwaffensoldaten<br />

bestand. Sie sagten aber auch über den SS-Kommandoführer<br />

W<strong>in</strong>disch: „Wenn er da war, schwebten wir ständig<br />

Flughafengebäude <strong>in</strong> Merzhausen. Wie bei anderen Militärflughafen der Epoche, imitierten die Gebäude<br />

e<strong>in</strong>en Bauernhof. In Merzhausen hatte dies nicht alle<strong>in</strong> Tarngründe. Hier wurden tatsächlich<br />

<strong>in</strong> Lebensgefahr. Er war oft betrunken, gefährlich <strong>und</strong> jähzornig.<br />

Schafe gehalten, die auf dem Rollfeld grasten <strong>und</strong> den Rasen so kurz hielten.<br />

Immer wieder hat er gedroht, uns zu erschießen.“<br />

(Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Alliierte Bomber zerstörten große Teile des Flughafens am 24.12.1944, <strong>und</strong> nach dem Krieg wurde er nicht mehr<br />

genutzt. Auf e<strong>in</strong>em Teil des Geländes bef<strong>in</strong>det sich heute die Erdfunkstelle Us<strong>in</strong>gen.<br />

Im Mai 1988 besuchten ehemalige <strong>KZ</strong>-Häftl<strong>in</strong>ge des <strong>Außenkommando</strong>s die Stelle des Flughafens,<br />

nämlich Josef König (1. v.l.), Artur Paulus (2. v.l.) <strong>und</strong> Marcel Engel (2. v.r.). Mit auf dem Bild: He<strong>in</strong>z<br />

Born (Bürgermeister Neu-Anspach, 3. v.l.), Hans-Albert Jack (Station Manager Erdfunkstelle), Bernd<br />

Vorlaeufer-Germer (Lokalhistoriker, 1.v.r.). (Bild: Vorlaeufer-Germer).<br />

Ausschnitt des Flughafens mit der Baracke für die Zwangsarbeiter.<br />

Die sechs punktartigen Strukturen nahe des Gebäudes<br />

s<strong>in</strong>d Stellungen für Flugabwehrgeschütze.<br />

(Bild: University of Keele).<br />

Texte: Kreisarchiv des Hochtaunuskreises/<br />

Bernd Vorlaeufer-Germer

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