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Gutachten in Deutsch - Bayerischen Finanz Zentrum

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Pensionsrückstellungen, Pensionsfonds und das Rat<strong>in</strong>g von<br />

Unternehmen – e<strong>in</strong>e kritische Analyse<br />

Forschungsgutachten im Auftrag von<br />

ThyssenKrupp AG<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post AG<br />

L<strong>in</strong>de AG<br />

erstellt von<br />

Prof. Dr. Wolfgang Gerke<br />

Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen<br />

Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg<br />

und<br />

Prof. Dr. Bernhard Pellens<br />

Lehrstuhl für Internationale Unternehmensrechnung<br />

Ruhr-Universität Bochum<br />

unter Mitarbeit von<br />

Dr. Nils Crasselt<br />

Dr. Rolf Uwe Fülbier<br />

Dr. Ferd<strong>in</strong>and Mager, CFA<br />

Dipl.-Kfm. Alexander Röhrs<br />

Thorsten Sellhorn, MBA


Management Summary<br />

Veranlasst durch die großen Verluste vieler Pensionsfonds haben sich die <strong>in</strong>ternationalen<br />

Rat<strong>in</strong>gagenturen seit e<strong>in</strong>iger Zeit verstärkt mit der Berücksichtigung von Pensionsverpflichtungen<br />

im Rat<strong>in</strong>gprozess beschäftigt. Als Ergebnis dieser Ause<strong>in</strong>andersetzung hat die Rat<strong>in</strong>gagentur<br />

Standard & Poor’s im Frühjahr 2003 e<strong>in</strong>ige zentrale Jahresabschlusskennzahlen neu<br />

def<strong>in</strong>iert. Anders als bisher werden nun für Pensionszusagen gebildete Rückstellungen bei der<br />

Kennzahlenberechnung wie F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten als Teil des Fremdkapitals behandelt.<br />

Andere Rat<strong>in</strong>gagenturen wie Moody’s und Fitch s<strong>in</strong>d demgegenüber zu dem Ergebnis gekommen,<br />

dass ke<strong>in</strong>e Veränderung ihrer bisherigen, von Standard & Poor’s abweichenden<br />

Vorgehensweise notwendig ist. Sie rechnen unter bestimmten Voraussetzungen die Pensionsrückstellungen<br />

anteilig dem Fremd- und Eigenkapital zu.<br />

Besondere Bedeutung hat der Methodenwechsel von Standard & Poor’s für deutsche Unternehmen,<br />

die ihre leistungsorientierten Pensionszusagen traditionell nicht durch externe<br />

Pensionsfonds vorf<strong>in</strong>anzieren, sondern die notwendigen f<strong>in</strong>anziellen Mittel erst bei Fälligkeit<br />

der Pensionen aus dem laufenden Geschäft bereitstellen. Die für solche unternehmens<strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen gebildeten Rückstellungen werden von Standard & Poor’s<br />

genauso behandelt wie Rückstellungen, die aufgrund von Deckungslücken bei externer<br />

Pensionsf<strong>in</strong>anzierung zu bilden s<strong>in</strong>d. Aufgrund des teilweise sehr hohen Volumens der <strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Zusagen haben sich die Kennzahlenwerte mehrerer deutscher Unternehmen<br />

erheblich verschlechtert, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen zu Herabstufungen des Rat<strong>in</strong>gs geführt hat.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ist es das Ziel des vorliegenden Forschungsgutachtens, die ökonomische<br />

Angemessenheit der unterschiedlichen Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen zu beurteilen.<br />

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>er externen,<br />

fondsbasierten F<strong>in</strong>anzierung und e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen, re<strong>in</strong> rückstellungsbasierten F<strong>in</strong>anzierung von<br />

leistungsorientierten Pensionszusagen bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich<br />

zutreffend berücksichtigt werden. Dabei s<strong>in</strong>d neben Liquiditäts- und Rentabilitätsaspekten<br />

<strong>in</strong>sbesondere auch Risikoerwägungen zu beachten.<br />

Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

Die Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen werden anhand von allgeme<strong>in</strong> zugänglichen<br />

Veröffentlichungen der Agenturen nachvollzogen. Dabei zeigen sich zunächst zahlreiche<br />

Geme<strong>in</strong>samkeiten. Alle Agenturen berücksichtigen <strong>in</strong>ternationale Unterschiede bei der Wahl


II<br />

der Bewertungsparameter (<strong>in</strong>sb. erwartete Gehaltssteigerungen, Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß) und<br />

lösen sich von bilanziellen Pensionswerten. Auch werden übere<strong>in</strong>stimmend Faktoren wie die<br />

vom jeweiligen Rechtsrahmen abhängige Vor- bzw. Nachrangigkeit von Pensionsverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

gegenüber sonstigem Fremdkapital berücksichtigt.<br />

Als zentraler Unterschied zwischen den Rat<strong>in</strong>gagenturen zeigt sich der Umgang mit Pensionsrückstellungen,<br />

die aufgrund <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter leistungsorientierter Pensionszusagen (unfunded<br />

pension plans) gebildet werden. Diese rechnet Standard & Poor’s neuerd<strong>in</strong>gs genauso wie<br />

Rückstellungen aufgrund von Deckungslücken externer Pensionsfonds (underfunded pension<br />

plans) <strong>in</strong> voller Höhe dem Fremdkapital zu. Moody’s und Fitch rechnen demgegenüber<br />

Rückstellungen für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte leistungsorientierte Pensionszusagen nur anteilig dem<br />

Fremdkapital zu. Um <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wird für die Kennzahlenberechnung<br />

e<strong>in</strong>e Auslagerung der Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds bei<br />

gleichzeitiger Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und Eigenkapital unterstellt. Die Aufteilung dieser<br />

fiktiven Ref<strong>in</strong>anzierung soll sich dabei im Regelfall an dem bisherigen Verhältnis von Eigenund<br />

sonstigem Fremdkapital (ohne Pensionsrückstellungen) orientieren.<br />

Die Vorgehensweisen (S&P alt, S&P neu, Moody’s/Fitch) führen zu unterschiedlichen<br />

Kennzahlenwerten, die durch unterschiedliche Referenzwerte im Rat<strong>in</strong>gprozess ausgeglichen<br />

werden müssen, um zu identischen Beurteilungen zu kommen. In diesem Zusammenhang<br />

ersche<strong>in</strong>t bemerkenswert, dass Standard & Poor’s se<strong>in</strong>e Referenzwerte anlässlich des im<br />

Frühjahr 2003 vollzogenen Methodenwechsels offenbar nicht verändert hat, obwohl Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen teilweise erhebliche Änderungen der Ist-<br />

Kennzahlenwerte erfahren haben. Die Kennzahlen von Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen haben sich demgegenüber durch den Methodenwechsel nur dann geändert,<br />

wenn die Fonds Deckungslücken aufweisen.<br />

Berücksichtigung von Pensionszusagen <strong>in</strong> der Bilanzanalyse<br />

Die Untersuchung der Bilanzierungsregeln nach US-GAAP, IAS/IFRS, HGB und EStG zeigt,<br />

dass Pensionsrückstellungen aus bilanzieller Sicht e<strong>in</strong>deutig „Fremdkapitalcharakter“ besitzen.<br />

Die Bezeichnung von Pensionsrückstellungen als „eigenkapitalähnlich“ aufgrund ihrer<br />

Langfristigkeit stellt e<strong>in</strong>e unzulässige Vermischung der Kapitalkategorien nach der Fristigkeit<br />

(langfristiges vs. kurzfristiges Kapital) und nach der rechtlichen Stellung (Eigen- vs. Fremdkapital)<br />

dar. Diese bilanzielle Charakterisierung von Pensionsrückstellungen als Fremdkapital


III<br />

muss allerd<strong>in</strong>gs nicht unmittelbar zu e<strong>in</strong>er Ablehnung der Rat<strong>in</strong>gansätze führen, die für<br />

Analysezwecke e<strong>in</strong>e fiktive Auslagerung der Rückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds bei<br />

gleichzeitiger Gegenf<strong>in</strong>anzierung am Kapitalmarkt unterstellen. Die teilweise Zurechnung<br />

von Pensionsrückstellungen zum Eigenkapital wird hier nicht durch den bilanziellen Charakter<br />

der Rückstellungen, sondern durch die Annahme über die Ref<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten<br />

des Unternehmens begründet.<br />

Durch die Untersuchung der Bilanzierungsregeln für Pensionszusagen wurden drei Problemkreise<br />

identifiziert, die im Rahmen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational vergleichenden Bonitätsanalyse anhand<br />

von Bilanzkennzahlen durch Anpassungsmaßnahmen zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d:<br />

1. Die <strong>in</strong>ternational unterschiedlichen Bilanzierungsregeln ermöglichen e<strong>in</strong>e große Bandbreite<br />

bei der Festlegung der Bewertungsparameter (<strong>in</strong>sb. Kalkulationsz<strong>in</strong>s, Gehaltstrends,<br />

erwartete Fondsrendite bei externer F<strong>in</strong>anzierung, versicherungsmathematische Daten).<br />

2. Die Vergleichbarkeit von <strong>in</strong>ternationalen Jahresabschlussdaten wird durch unterschiedliche<br />

Möglichkeiten zur Glättung von Veränderungen der Pensionsverpflichtung und des<br />

ggf. vorhandenen externen Fondsvermögens bee<strong>in</strong>flusst.<br />

3. Intern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen s<strong>in</strong>d nach gängiger Praxis bilanziell vollständig (Bruttoausweis),<br />

extern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen h<strong>in</strong>gegen nur <strong>in</strong> Höhe e<strong>in</strong>er Unter- oder<br />

Überdeckung (Nettoausweis) zu erfassen. Dieser Unterschied wirkt sich <strong>in</strong>sbesondere auf<br />

Kapitalstrukturkennzahlen aus.<br />

Soweit aus den allgeme<strong>in</strong> zugänglichen Materialien ersichtlich, werden die ersten beiden<br />

Probleme von den Rat<strong>in</strong>gagenturen durch angemessene Korrekturschritte behoben. Die zur<br />

Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter vorgenommenen pauschalen Korrekturen s<strong>in</strong>d<br />

unter Kosten-Nutzen-Aspekten als h<strong>in</strong>reichend zu beurteilen, wobei die im aktuellen Standardentwurf<br />

zu SFAS 132 vom FASB geforderten Publizitätserweiterungen künftig e<strong>in</strong>en<br />

höheren Detaillierungsgrad der Anpassungen zulassen könnten.<br />

Als wenig zufrieden stellend erweist sich h<strong>in</strong>gegen der Umgang mit den unterschiedlichen<br />

F<strong>in</strong>anzierungsformen leistungsorientierter Pensionszusagen. Hier werden Verzerrungen <strong>in</strong><br />

Kauf genommen, die betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen s<strong>in</strong>d. Es kann gezeigt<br />

werden, dass aus theoretischer Sicht nur e<strong>in</strong>e Bruttobetrachtung (on-balance approach) aller<br />

Unternehmen richtige Signale über das Kapitalstrukturrisiko der Unternehmen liefert. Danach<br />

wären die Bilanzen der Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen auf der Aktiv-


IV<br />

seite um das externe Fondsvermögen und auf der Passivseite um die Pensionsverpflichtung zu<br />

verlängern. Erst e<strong>in</strong>e derart korrigierte Bilanz ist mit den veröffentlichten Zahlen von Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen h<strong>in</strong>sichtlich der Kapitalstruktur vergleichbar.<br />

Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen<br />

Unternehmen<br />

mit extern f<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen<br />

Bruttobetrachtung<br />

(on-balance approach)<br />

EK<br />

EK<br />

EK<br />

UV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

Moody‘s und Fitch:<br />

Nettobetrachtung (off-balance approach)<br />

mit fiktiver Auslagerung;<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und Eigenkapital<br />

entsprechend der Nettokapitalstruktur<br />

(Kapitalstruktur ohne<br />

Pensionsverpflichtung)<br />

EK<br />

UV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

fikt. EK und fikt. F<strong>in</strong>V,<br />

entspr. EK/F<strong>in</strong>V<br />

UV<br />

„FV“<br />

„EK“<br />

„F<strong>in</strong>V“<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

Standard & Poor‘s:<br />

Nettobetrachtung (off-balance approach)<br />

mit fiktiver Auslagerung;<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung nur mit Fremdkapital<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

EK<br />

„F<strong>in</strong>V“<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

fiktive F<strong>in</strong>V<br />

„FV“<br />

PV<br />

FV<br />

PV<br />

Nettobetrachtung (off-balance approach)<br />

mit fiktiver Auslagerung;<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und Eigenkapital<br />

entsprechend der Bruttokapitalstruktur<br />

(Kapitalstruktur <strong>in</strong>klusive<br />

Pensionsverpflichtung)<br />

EK<br />

UV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

fikt. EK und fikt. F<strong>in</strong>V,<br />

entspr. EK/(F<strong>in</strong>V+PV)<br />

UV<br />

„FV“<br />

„EK“<br />

„F<strong>in</strong>V“<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

Legende: UV Unternehmensvermögen EK Eigenkapital<br />

FV Fondsvermögen F<strong>in</strong>V F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

PV<br />

Pensionsverpflichtung<br />

„…“<br />

zu Analysezwecken modifizierte bzw. e<strong>in</strong>geführte Größen<br />

Ke<strong>in</strong>e der von den Rat<strong>in</strong>gagenturen vorgeschlagenen Vorgehensweisen stimmt mit der als<br />

Benchmark-Lösung identifizierten Bruttobetrachtung übere<strong>in</strong>, die auch dem üblichen Vorgehen<br />

zur Berücksichtigung von Operat<strong>in</strong>g Leases und Asset-backed Securities im Rat<strong>in</strong>gprozess<br />

entspricht. Die stattdessen verfolgten Ansätze können zu abweichenden E<strong>in</strong>schätzungen<br />

des Kapitalstrukturrisikos führen:<br />

• Der Ansatz von Moody’s und Fitch mit anteiliger Zuordnung der Pensionsrückstellungen<br />

zum Eigenkapital liefert zwar tendenziell das richtige Signal beim Vergleich von Unternehmen<br />

mit unterschiedlichen Durchführungswegen der betrieblichen Pensionszusagen.<br />

E<strong>in</strong>e mit der Bruttobetrachtung identische Rangfolge ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Erhebliche<br />

Schwierigkeiten ergeben sich zudem beim Vergleich von Unternehmen mit identischen


V<br />

Durchführungswegen, wenn die Pensionsverpflichtungen relativ zum Unternehmensvermögen<br />

unterschiedlich hoch s<strong>in</strong>d.<br />

• Der seit dem Frühjahr 2003 gültige Ansatz von Standard & Poor’s kann beim Vergleich<br />

von Unternehmen mit unterschiedlichen Durchführungswegen stark verzerrte Ergebnisse<br />

liefern. E<strong>in</strong>e generell zutreffende E<strong>in</strong>schätzung gibt der neue Ansatz demgegenüber beim<br />

Vergleich von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Unternehmen untere<strong>in</strong>ander.<br />

Beim Vergleich von Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander ist<br />

dies nur bei identischem Verhältnis von Pensionsverpflichtungen zu Unternehmensvermögen<br />

gewährleistet.<br />

Nur für den Fall, dass die Rat<strong>in</strong>gagenturen auch künftig nicht auf die Bruttobetrachtung aller<br />

Unternehmen umstellen, wurde e<strong>in</strong>e Lösung für die Nettobetrachtung (off-balance approach)<br />

erarbeitet, die zum<strong>in</strong>dest für Unternehmen mit identischem Verhältnis von Pensionsverpflichtung<br />

zu Unternehmensvermögen zu e<strong>in</strong>er strukturerhaltenden Abbildung führt. Hierzu ist die<br />

durch e<strong>in</strong>e fiktive Auslagerung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds entstehende<br />

F<strong>in</strong>anzierungslücke entsprechend der tatsächlichen Kapitalstruktur <strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen<br />

anteilig mit Fremd- und Eigenkapital zu schließen. Aufgrund der stark<br />

e<strong>in</strong>schränkenden Ceteris-paribus-Bed<strong>in</strong>gung ist aber auch diese Vorgehensweise nicht als<br />

adäquater Ersatz für die Bruttobetrachtung anzusehen.<br />

Die praktische Bedeutung der oben formulierten bilanziellen Anpassungsmaßnahmen wird<br />

nicht nur <strong>in</strong> Modellrechnungen, sondern auch anhand e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung von 36<br />

ausgewählten US-amerikanischen und deutschen Unternehmen veranschaulicht. Hierbei wird<br />

deutlich, dass selbst für Unternehmen mit vergleichbaren Rechnungslegungsystemen (US-<br />

GAAP und IAS/IFRS) erheblicher bilanzieller Anpassungsbedarf besteht, um e<strong>in</strong>e adäquate<br />

Vergleichsbasis zu schaffen. Werden die Anpassungsmaßnahmen unterlassen, kann es zu<br />

deutlich abweichenden Unternehmensrangfolgen kommen. Der hier präferierte Bruttoansatz<br />

zur Sicherstellung der <strong>in</strong>ternationalen Vergleichbarkeit zeigt e<strong>in</strong> anderes Unternehmensrank<strong>in</strong>g<br />

als die von den Rat<strong>in</strong>gagenturen gewählten Vorgehensweisen.<br />

F<strong>in</strong>anzwirtschaftliche Analyse alternativer Durchführungsformen<br />

Die bilanzanalytischen Überlegungen konzentrieren sich auf das Kapitalstrukturrisiko der<br />

Unternehmen, gemessen durch Kennzahlen wie die Fremdkapitalquote (leverage) und den<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad (dynamic leverage). Mit e<strong>in</strong>er Auslagerung von Pensionszusagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en


VI<br />

Pensionsfonds ist aber auch stets e<strong>in</strong> Anlagerisiko verbunden, das durch das Risiko-<br />

Renditeprofil der Fondsanlagen selbst und deren Korrelation zur Renditeentwicklung des<br />

Unternehmensvermögens charakterisiert ist. Diese Faktoren können erheblichen E<strong>in</strong>fluss auf<br />

das Insolvenzrisiko des Unternehmens haben, so dass e<strong>in</strong>e Vernachlässigung zu potenziell<br />

falschen Analyseergebnissen führt.<br />

Um die Wirkung des Anlagerisikos <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>zubeziehen, wird auf Simulationsrechnungen<br />

zurückgegriffen, mit denen die Auswirkungen der beiden Durchführungswege leistungsorientierter<br />

Pensionszusagen auf die Bonität typisierter Unternehmen bei stochastischer<br />

Evolution der operativen Periodenerfolge analysiert wird. Die Wertentwicklung unterschiedlicher<br />

Pensionsfonds entsteht ebenfalls durch Ziehungen aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung. Über 50<br />

Perioden werden zwei Gruppen von jeweils 10.000 identischen Unternehmen gegenübergestellt.<br />

Die e<strong>in</strong>e Gruppe wählt Pensionsfonds, die andere bildet Pensionsrückstellungen zur<br />

F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen.<br />

Die Simulationsergebnisse erlauben e<strong>in</strong>e direkte Beurteilung der von den Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

gewählten Vorgehensweisen. Dazu s<strong>in</strong>d Unternehmenspopulationen mit gleicher Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

zu identifizieren und im H<strong>in</strong>blick auf unterschiedliche Eigenkapitalausstattungen<br />

zu vergleichen. Hieraus kann e<strong>in</strong>e Aussage abgeleitet werden, zu welchen Teilen<br />

Pensionsrückstellungen bei e<strong>in</strong>er Auslagerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds, wie sie von Moody’s<br />

und Fitch explizit unterstellt wird, durch Eigen- und Fremdkapital ref<strong>in</strong>anziert werden müssen,<br />

um das Insolvenzrisiko zutreffend widerzuspiegeln.<br />

Die durch die Simulationen gewonnenen Migrationsmatrizen lassen im E<strong>in</strong>zelnen folgende<br />

Schlussfolgerungen zu:<br />

1. Rat<strong>in</strong>gverfahren, die Pensionsrückstellungen bei e<strong>in</strong>em Vergleich mit Trägerunternehmen<br />

von Pensionsfonds vollständig dem Fremdkapital zurechnen, stufen Unternehmen, die<br />

völlig unterschiedlichen Insolvenzrisiken aufgrund des Durchführungswegs der betrieblichen<br />

Altersvorsorge unterliegen, identisch e<strong>in</strong>. Rat<strong>in</strong>gverfahren, die lediglich Über- bzw.<br />

Unterdeckungen von Pensionsfonds berücksichtigen, erfassen nicht die Risikodimension<br />

e<strong>in</strong>er Anlage von Deckungsmitteln am Kapitalmarkt, sondern stellen lediglich ex post auf<br />

realisierte Renditen ab.<br />

2. Das Insolvenzrisiko kann durch Auslagerung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Pensionsfonds<br />

und vollständiger Gegenf<strong>in</strong>anzierung mit Fremdkapital (theoretisch) gesenkt wer-


VII<br />

den, wenn der Diversifikationseffekt das erhöhte Kapitalstrukturrisiko überkompensiert.<br />

Hierzu s<strong>in</strong>d jedoch exakte Schätzungen über die zukünftige Rendite- und Risikoentwicklung<br />

des Kapitalmarktes und des Trägerunternehmens sowie die Korrelation notwendig.<br />

Weiterh<strong>in</strong> müsste gewährleistet se<strong>in</strong>, dass Kapitalmarkt<strong>in</strong>strumente mit entsprechenden<br />

Rendite- und Risikomerkmalen überhaupt zur Verfügung stehen.<br />

3. Geht man von real angetroffenen Rendite-/Risikoprofilen der Pensionsfonds aus, wie sie<br />

sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den USA und Großbritannien e<strong>in</strong>gestellt haben, entstehen für die<br />

Trägerunternehmen erhebliche Kapitalanlagerisiken. Die Insolvenzgefahr steigt an. Dies<br />

wird jedoch nicht im Rat<strong>in</strong>gprozess berücksichtigt. <strong>Deutsch</strong>e Unternehmen h<strong>in</strong>gegen, die<br />

Pensionsrückstellungen bilden, werden dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rat<strong>in</strong>gverfahren, das Pensionsrückstellungen<br />

für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen vollständig dem Fremdkapital zurechnet,<br />

systematisch benachteiligt.<br />

Aus den Simulationen wird weiterh<strong>in</strong> deutlich, dass Rat<strong>in</strong>gverfahren die unterschiedlichen<br />

Risikodimensionen der Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge explizit mit<br />

e<strong>in</strong>beziehen müssen, wie dies auch bei der Bewertung operativer Unternehmense<strong>in</strong>heiten<br />

stattf<strong>in</strong>det. Hierzu müsste e<strong>in</strong> Verfahren entwickelt werden, das die Risikodimension von<br />

Pensionsfonds besser <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess <strong>in</strong>tegriert. Denkbar wäre, sich an etablierten<br />

Verfahren der Kreditwirtschaft zu orientieren, um die Risikowirkung auf das Eigenkapital der<br />

Trägerunternehmen von Pensionsfonds explizit zu erfassen. Steigt durch das Kapitalanlagerisiko<br />

e<strong>in</strong>es Pensionsfonds das Insolvenzrisiko an, g<strong>in</strong>ge dies zu Lasten des Trägerunternehmens<br />

im Rat<strong>in</strong>gprozess. Ohne e<strong>in</strong> solches System ist aus risikoanalytischer Sicht die Annahme,<br />

dass bei e<strong>in</strong>em Vergleich mit Trägerunternehmen von Pensionsfonds Pensionsrückstellungen<br />

vollständig dem Fremdkapital zuzurechnen s<strong>in</strong>d, irreführend und benachteiligt Unternehmen,<br />

die sich für den Durchführungsweg der Direktzusage entschieden haben.<br />

Wird auf e<strong>in</strong>e solche umfangreiche risikoanalytische Vorgehensweise verzichtet, besteht e<strong>in</strong>e<br />

zweite Möglichkeit zum Vergleich mit Trägerunternehmen „angelsächsischer“ Pensionsfonds<br />

dar<strong>in</strong>, die Pensionsrückstellungen <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierender Unternehmen bei der Berechnung von<br />

Jahresabschlusskennzahlen nicht vollständig dem Fremdkapital zuzurechnen. In den Simulationsrechnungen<br />

erfolgt dies dadurch, dass für die Unternehmen mit Pensionsfonds die<br />

Eigenkapitalquote so lange angehoben wurde, bis das Insolvenzrisiko mit dem der rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Unternehmen vergleichbar ist. Dieser Vorgang kann als risikoanalytisches<br />

Äquivalent zu der von Moody’s und Fitch unterstellten Ausgliederung von Pensionsrückstel-


VIII<br />

lungen und Gegenf<strong>in</strong>anzierung durch Eigen- und Fremdkapital angesehen werden. Aus<br />

risikoanalytischer Sichtweise sollten hierbei aber – neben dem durch das ursprüngliche<br />

Verhältnis von Eigenkapital und F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten abgeschätzten Kapitalstrukturrisiko<br />

– auch die Anlagerisiken des Fondsvermögens und dessen Korrelation mit dem Unternehmensvermögen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Fazit<br />

Um e<strong>in</strong>en ökonomisch s<strong>in</strong>nvollen Vergleich von Unternehmen mit unterschiedlich f<strong>in</strong>anzierten<br />

leistungsorientierten Pensionszusagen zu ermöglichen, sollte e<strong>in</strong>e ganzheitliche Betrachtung<br />

gewählt werden, die bei externer F<strong>in</strong>anzierung der Zusagen das Unternehmens- und<br />

Fondsvermögen <strong>in</strong>tegriert. Wird alle<strong>in</strong> das Kapitalstrukturrisiko betrachtet, wird dies durch<br />

die Betrachtung von Bruttobilanzen (on-balance approach) erreicht, bei denen die Unternehmensbilanz<br />

um das Fondsvermögen und die Pensionsverpflichtung erweitert wird. Die zusätzliche<br />

Betrachtung des Kapitalanlagerisikos des Pensionsfonds macht e<strong>in</strong>en risikoanalytischen<br />

Ansatz notwendig, der sich beispielsweise an etablierten Verfahren der F<strong>in</strong>anzwirtschaft<br />

orientieren kann.<br />

In den Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen ist e<strong>in</strong>e solche ganzheitliche Sichtweise offensichtlich<br />

bislang nicht verankert, sondern es erfolgt e<strong>in</strong>e Kennzahlenanalyse auf Grundlage<br />

e<strong>in</strong>er Nettobetrachtung (off-balance approach) der Pensionszusagen. Ändert sich dies nicht,<br />

sollten die Bilanzen von Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Zusagen unter Annahme e<strong>in</strong>er<br />

fiktiven Auslagerung der Pensionsverpflichtung erstellt werden. Für die Gegenf<strong>in</strong>anzierung<br />

dieses Vorgangs ist dabei e<strong>in</strong>e anteilige Eigen- und Fremdkapitalaufnahme zu unterstellen.<br />

Die Höhe des Eigenkapitalanteils hängt vom Kapitalstrukturrisiko des Unternehmens und<br />

dem Rendite-Risikoprofil des fiktiven Pensionsfonds ab. Wird auf e<strong>in</strong>e explizite Analyse der<br />

Investitionsrisiken des Fonds verzichtet, ist unter Vergleichbarkeitsaspekten die Orientierung<br />

an der vorherigen Kapitalstruktur <strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen (Bruttokapitalstruktur)<br />

am besten geeignet. Hierdurch wird zum<strong>in</strong>dest das Kapitalstrukturrisiko äquivalent zur<br />

Bruttobetrachtung berücksichtigt. Die Annahme e<strong>in</strong>er vollständigen Ref<strong>in</strong>anzierung des<br />

Auslagerungsvorgangs mit Fremdkapital führt demgegenüber zu e<strong>in</strong>er systematischen Benachteiligung<br />

von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen und verzerrt<br />

<strong>in</strong>sofern den <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich.


IX<br />

Inhaltsübersicht<br />

1 E<strong>in</strong>leitung ...................................................................................................................... 1<br />

2 Rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte versus fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen ....................... 4<br />

2.1 Durchführungsformen betrieblicher Pensionszusagen................................................... 4<br />

2.2 Bedeutung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land................................................ 6<br />

2.3 Auswirkungen e<strong>in</strong>es Systemwechsels auf den Kapitalmarkt ......................................... 9<br />

2.4 Pensionsrückstellungen versus Pensionsfonds: Agency-theoretische Argumente....... 12<br />

3 Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen.................................................................... 20<br />

3.1 Vorgehensweise von Moody’s ..................................................................................... 20<br />

3.1.1 Überblick .......................................................................................................... 20<br />

3.1.2 Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter ................................................... 21<br />

3.1.3 Nachbildung vollgedeckter externer Pensionsfonds......................................... 22<br />

3.1.4 E<strong>in</strong>fluss auf Analysekennzahlen....................................................................... 24<br />

3.1.5 Weitergehende Analyseschritte ........................................................................ 26<br />

3.2 Vorgehensweise von Standard & Poor’s...................................................................... 27<br />

3.2.1 Überblick .......................................................................................................... 27<br />

3.2.2 Ermittlung der Verpflichtungshöhe .................................................................. 28<br />

3.2.3 E<strong>in</strong>fluss auf Analysekennzahlen....................................................................... 29<br />

3.2.4 Weitergehende Analyseschritte ........................................................................ 31<br />

3.3 Gegenüberstellung der Ansätze.................................................................................... 32<br />

3.4 Zwischenfazit ............................................................................................................... 34<br />

4 Pensionszusagen <strong>in</strong> der Bilanzanalyse...................................................................... 36<br />

4.1 Bilanzielle Abbildung von Pensionszusagen................................................................ 36<br />

4.1.1 Relevante Regulierungsgrundlagen.................................................................. 36<br />

4.1.1.1 Internationale Regulierungen (US-GAAP und IAS/IFRS) .......................... 36<br />

4.1.1.2 <strong>Deutsch</strong>es Handels- und Steuerrecht............................................................ 37<br />

4.1.2 Bilanzierung beitragsorientierter Pensionszusagen .......................................... 39<br />

4.1.3 Bilanzierung leistungsorientierter Pensionszusagen nach SFAS 87 ................ 39<br />

4.1.3.1 Anwartschaftsbarwertverfahren (projected unit credit method) .................. 39<br />

4.1.3.2 Berücksichtigung der F<strong>in</strong>anzierung ............................................................. 40<br />

4.1.3.3 Ermittlung des Pensionsaufwands................................................................ 41<br />

4.1.3.4 Ausweis ........................................................................................................ 43<br />

4.1.3.5 Fallstudien: General Motors Corp. und ThyssenKrupp AG ........................ 45<br />

4.1.4 Bilanzierung leistungsorientierter Pensionszusagen nach IAS/IFRS und<br />

deutschen Vorschriften ..................................................................................... 51<br />

4.1.4.1 Abweichungen zwischen IAS 19 und SFAS 87........................................... 51<br />

4.1.4.2 Abweichungen zwischen HGB/E-DRS 19 und SFAS 87 ............................ 53<br />

4.1.4.3 Abweichungen zwischen § 6a EStG und SFAS 87...................................... 54


X<br />

4.2 Bilanzanalytische Vorgehensweise .............................................................................. 56<br />

4.2.1 Pensionsrückstellungen – Eigen- oder Fremdkapital?...................................... 56<br />

4.2.2 Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter ................................................... 58<br />

4.2.3 Elim<strong>in</strong>ierung von Glättungsmechanismen........................................................ 60<br />

4.2.4 Brutto- versus Nettoausweis der Pensionsverpflichtung .................................. 62<br />

4.2.4.1 Problemstellung............................................................................................ 62<br />

4.2.4.2 Lösungsansätze im Überblick ...................................................................... 64<br />

4.2.4.3 Darstellung im Zahlenbeispiel ..................................................................... 67<br />

4.2.4.4 Weitergehende Beurteilung.......................................................................... 69<br />

4.2.5 Diskussion der Ergebnisse................................................................................ 74<br />

4.3 Empirische Untersuchung ausgewählter US-amerikanischer und deutscher<br />

Unternehmen ................................................................................................................ 77<br />

4.3.1 Untersuchungsgesamtheit................................................................................. 77<br />

4.3.2 Bewertungsparameter ....................................................................................... 79<br />

4.3.3 Glättungsmechanismen..................................................................................... 82<br />

4.3.4 Bruttoausweis der Pensionsverpflichtungen..................................................... 86<br />

4.3.5 Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen ............................................................ 87<br />

5 Leistungsorientierte Pensionszusagen aus f<strong>in</strong>anzwirtschaftlicher Sicht............... 90<br />

5.1 Pensionsrückstellungen versus Pensionsfonds „angelsächsischen Typs“.................... 90<br />

5.1.1 Rentabilitätsdimension ..................................................................................... 90<br />

5.1.2 Risikodimension ............................................................................................... 96<br />

5.2 Simulation betrieblicher Pensionszusagen (PenSim) ................................................. 101<br />

5.2.1 Modellgrundlagen........................................................................................... 102<br />

5.2.1.1 Modul typisierte Unternehmensentwicklungen ......................................... 103<br />

5.2.1.2 Modul Pensionsfonds ................................................................................. 104<br />

5.2.1.3 Module betriebliche Altersvorsorge........................................................... 105<br />

5.2.1.4 Migrationsmatrix........................................................................................ 106<br />

5.2.2 Simulationsergebnisse .................................................................................... 107<br />

5.2.2.1 Fall A: Basisszenario.................................................................................. 107<br />

5.2.2.2 Fall B: Rückgang der Pensionsverpflichtungen ......................................... 113<br />

5.2.2.3 Fall C: Anstieg der Pensionsverpflichtungen............................................. 116<br />

5.2.3 Diskussion der Ergebnisse.............................................................................. 117<br />

6 Zusammenfassung .................................................................................................... 122<br />

Anhang: Migrationsmatrizen.............................................................................................. 129<br />

Literatur................................................................................................................................ 139


1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Ausgelöst durch die Kapitalmarktkrise der vergangenen Jahre haben die Pensionsfonds vieler<br />

Unternehmen erhebliche Verluste erlitten. Soweit diese Unternehmen sich lediglich verpflichtet<br />

haben, regelmäßig Zahlungen zugunsten der künftigen Pensionsempfänger an e<strong>in</strong>en Fonds<br />

zu leisten (beitragsorientierte Pensionspläne), gehen diese Verluste zu Lasten der Versorgungsberechtigten.<br />

Werden Fonds h<strong>in</strong>gegen genutzt, um künftige Pensionsleistungen <strong>in</strong><br />

festgelegter Höhe vorzuf<strong>in</strong>anzieren (leistungsorientierte Pensionspläne), s<strong>in</strong>d etwaige Defizite<br />

von den Unternehmen zu tragen. Reicht das Fondsvermögen aufgrund e<strong>in</strong>er schlechten<br />

Fondsperformance nicht aus, um die Pensionsverpflichtung zu decken, ist das jeweilige<br />

Unternehmen verpflichtet, f<strong>in</strong>anzielle Mittel nachzuschießen.<br />

Angesichts dieser Entwicklung haben <strong>in</strong>sbesondere Investmentbanken und Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

Deckungslücken bei leistungsorientierten Pensionsplänen e<strong>in</strong>e erhöhte Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. 1 Als Ergebnis dieser Ause<strong>in</strong>andersetzung hat die Rat<strong>in</strong>gagentur Standard & Poor’s<br />

im Frühjahr 2003 e<strong>in</strong>ige zentrale Jahresabschlusskennzahlen h<strong>in</strong>sichtlich der Behandlung von<br />

Pensionsverpflichtungen neu def<strong>in</strong>iert. Anders als bisher werden nun für Pensionszusagen<br />

gebildete Rückstellungen bei der Kennzahlenberechnung wie F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten als Teil<br />

des Fremdkapitals behandelt. Andere Rat<strong>in</strong>gagenturen wie Moody’s und Fitch s<strong>in</strong>d demgegenüber<br />

zu dem Ergebnis gekommen, dass ke<strong>in</strong>e Veränderung ihrer bisherigen, von Standard<br />

& Poor’s abweichenden Vorgehensweise notwendig ist. Sie rechnen unter bestimmten Voraussetzungen<br />

die Pensionsrückstellungen anteilig dem Fremd- und Eigenkapital zu.<br />

Besondere Bedeutung hatte der Methodenwechsel von Standard & Poor’s für deutsche Unternehmen,<br />

die ihre leistungsorientierten Pensionszusagen traditionell nicht durch externe<br />

Pensionsfonds vorf<strong>in</strong>anzieren, sondern die notwendigen f<strong>in</strong>anziellen Mittel erst bei Fälligkeit<br />

der Pensionen aus dem laufenden Geschäft bereitstellen. Die für solche unternehmens<strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen gebildeten Rückstellungen werden von Standard & Poor’s<br />

genauso behandelt wie Rückstellungen, die aufgrund von Deckungslücken bei externer<br />

Pensionsf<strong>in</strong>anzierung zu bilden s<strong>in</strong>d. Aufgrund des teilweise sehr hohen Volumens der <strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Zusagen haben sich die Kennzahlenwerte mehrerer deutscher Unternehmen<br />

erheblich verschlechtert, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen zu Herabstufungen des Rat<strong>in</strong>gs geführt hat.<br />

1 Vgl. BNP Paribas (2003); <strong>Deutsch</strong>e Bank (2003); Dresdner Kle<strong>in</strong>wort Wasserste<strong>in</strong> (2002; 2003); Morgan<br />

Stanley (2002).


2<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund soll <strong>in</strong> diesem Forschungsgutachten die Berücksichtigung von<br />

Pensionszusagen im Rahmen von <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensanalysen untersucht werden.<br />

Im Ergebnis sollen <strong>in</strong>sbesondere Aussagen darüber getroffen werden, <strong>in</strong>wiefern die unterschiedlichen<br />

Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen ökonomisch angemessen s<strong>in</strong>d. Im Mittelpunkt<br />

steht hierbei die Frage, ob die Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>er externen, fondsbasierten<br />

F<strong>in</strong>anzierung und e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen, re<strong>in</strong> rückstellungsbasierten F<strong>in</strong>anzierung von leistungsorientierten<br />

Pensionszusagen zutreffend berücksichtigt werden. Dabei s<strong>in</strong>d neben Liquiditäts- und<br />

Rentabilitätsaspekten <strong>in</strong>sbesondere auch Risikoerwägungen zu beachten.<br />

Das <strong>Gutachten</strong> ist wie folgt aufgebaut: Im zweiten Kapitel werden zunächst kurz die verschiedenen<br />

Durchführungswege betrieblicher Pensionszusagen dargestellt. Anschließend werden<br />

die Bedeutung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land und mögliche Implikationen des<br />

im Rat<strong>in</strong>gansatz von Moody’s unterstellten Systemwechsels von <strong>in</strong>terner zu externer F<strong>in</strong>anzierung<br />

von Pensionszusagen erörtert. Hiernach werden die mit Pensionrückstellungen und<br />

Pensionsfonds verbundenen Interessenkonflikte zwischen Unternehmensleitung und Anteilseignern<br />

beleuchtet, um die wechselseitigen Vor- und Nachteile beider Methoden im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Anreiz- und Kontrollprobleme darzustellen.<br />

Im dritten Kapitel folgt e<strong>in</strong>e Darstellung der von den Rat<strong>in</strong>gagenturen Moody’s und Standard<br />

& Poor’s propagierten Vorgehensweisen zur Berücksichtigung von Pensionszusagen bei der<br />

Berechnung von Jahresabschlusskennzahlen im Rat<strong>in</strong>gprozess. Beide Vorgehensweisen<br />

werden anhand e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrierten Zahlenbeispiels illustriert und verglichen. Auf e<strong>in</strong>e detaillierte<br />

Darstellung der Vorgehensweise von Fitch wird hier verzichtet, da sie bislang weniger<br />

gut dokumentiert ist und <strong>in</strong> der hier <strong>in</strong>teressierenden Kernfrage mit dem Vorgehen von Moody’s<br />

übere<strong>in</strong>stimmt.<br />

Im vierten Kapitel wird die Berücksichtigung von Pensionszusagen im Rahmen der Bilanzanalyse<br />

durchleuchtet. Hierzu werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt die Vorschriften zur Bilanzierung<br />

von Pensionszusagen nach US-GAAP, IAS/IFRS, dem HGB und dem deutschen Steuerrecht<br />

aufgezeigt. Anschließend wird untersucht, welche Aufbereitungsschritte notwendig s<strong>in</strong>d,<br />

um den Ausweis der Pensionsverpflichtungen nach den verschiedenen Rechnungslegungssystemen<br />

und F<strong>in</strong>anzierungsformen vergleichbar zu machen. Ausgehend von der unter Vergleichbarkeitsaspekten<br />

als Benchmark-Lösung identifizierten Bruttobetrachtung, bei der<br />

externe Pensionsfonds <strong>in</strong> den Jahresabschluss e<strong>in</strong>bezogen werden, werden dann die unter-


3<br />

schiedlichen Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen gewürdigt. Neben e<strong>in</strong>er Modellrechnung<br />

werden hierbei auch die Ergebnisse e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung berücksichtigt.<br />

Im fünften Kapitel wird die Analyse durch e<strong>in</strong> Simulationsmodell erweitert. Hierdurch gel<strong>in</strong>gt<br />

es, neben dem bereits im Rahmen der bilanzanalytischen Überlegungen betrachteten Kapitalstrukturrisiko<br />

auch das Investitionsrisiko des Unternehmens und das Anlagerisiko von Pensionsfonds<br />

im Portfoliokontext e<strong>in</strong>zubeziehen. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt werden die dem Simulationsmodell<br />

zugrunde liegenden Rentabilitäts- und Risikoüberlegungen vere<strong>in</strong>facht im Zwei-<br />

Perioden-Kontext dargelegt. Anschließend wird im Rahmen von Simulationsrechnungen das<br />

Insolvenzrisiko für jeweils zwei Unternehmenspopulationen – Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten<br />

und Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen – unter Annahme<br />

verschiedener Szenarien (Entwicklung der Pensionszusagen, Anlagestrategie des Fonds)<br />

quantifiziert. Die Struktur des Simulationsmodells ist dabei so angelegt, dass sie auf e<strong>in</strong>en<br />

direkten Vergleich der unterschiedlichen Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen im Umgang<br />

mit <strong>in</strong>tern und extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen abzielt. Abschließend werden Ansätze zur<br />

expliziten Integration der unterschiedlichen Risikodimensionen der beiden Durchführungswege<br />

<strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess erarbeitet.


4<br />

2 Rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte versus fondsf<strong>in</strong>anzierte<br />

Pensionszusagen<br />

2.1 Durchführungsformen betrieblicher Pensionszusagen<br />

Als Formen betrieblicher Pensionszusagen können grundsätzlich beitragsorientierte (def<strong>in</strong>ed<br />

contribution pension plans) und leistungsorientierte Zusagen (def<strong>in</strong>ed benefit pension plans)<br />

unterschieden werden. Bei e<strong>in</strong>er beitragsorientierten Pensionszusage verpflichtet sich das<br />

Unternehmen zur Zahlung fester Beiträge an e<strong>in</strong>en externen Versorgungsträger (fund<strong>in</strong>g<br />

agency), der die späteren Pensionsleistungen an die Mitarbeiter erbr<strong>in</strong>gt. Diese können unternehmens-<br />

oder branchenbezogen ausgestaltet se<strong>in</strong> oder als branchenübergreifende Kapitalsammelstellen<br />

erhebliche Kapitalvolum<strong>in</strong>a bündeln. Für das Unternehmen bestehen bei<br />

beitragsorientierten Pensionszusagen außer den periodischen Zahlungen an den Versorgungsträger<br />

ke<strong>in</strong>e weiteren Verpflichtungen. Insbesondere wird den Mitarbeitern ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>desthöhe<br />

der künftigen Pensionsleistungen garantiert.<br />

Abbildung 1: Alternative Formen betrieblicher Pensionszusagen<br />

Pensionszusagen<br />

beitragsorientierte<br />

Zusagen<br />

leistungsorientierte<br />

Zusagen<br />

<strong>in</strong>terne F<strong>in</strong>anzierung<br />

durch Rückstellungsbildung<br />

externe F<strong>in</strong>anzierung<br />

durch Pensionsfonds<br />

Bei leistungsorientierten Pensionszusagen verpflichtet sich das Unternehmen demgegenüber<br />

zu Pensionszahlungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Höhe, die i.d.R. von der Anzahl der Dienstjahre<br />

und/oder der Gehaltshöhe abhängt. Das Unternehmen muss somit bei leistungsorientierten<br />

Pensionszusagen sicherstellen, dass bei Fälligkeit der Pensionsleistung ausreichende f<strong>in</strong>anzielle<br />

Mittel zu deren Begleichung zur Verfügung stehen. Das Unternehmen hat dabei die<br />

Wahl zwischen unterschiedlichen Ausgestaltungsformen. Entweder sammelt es die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Mittel im Unternehmen selbst an (<strong>in</strong>terne, rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen) oder


5<br />

es bedient sich auch hier der Hilfe externer Kapitalsammelstellen (externe, fondsf<strong>in</strong>anzierte<br />

Pensionszusagen).<br />

Die Art der F<strong>in</strong>anzierung bleibt ohne E<strong>in</strong>fluss auf die Pensionsverpflichtung des Unternehmens,<br />

da es sich auch bei externer F<strong>in</strong>anzierung se<strong>in</strong>er Leistungspflicht nicht entziehen kann.<br />

Reicht das beim externen Versorgungsträger angesammelte Kapital nicht aus, um die Pensionszahlungen<br />

zu leisten, besteht für das Unternehmen e<strong>in</strong>e Nachschusspflicht. Unterschiede<br />

ergeben sich aber dah<strong>in</strong>gehend, welche Vermögensgegenstände zur Deckung der Pensionsverpflichtung<br />

dienen und wann es zu Mittelabflüssen kommt. Bei externer F<strong>in</strong>anzierung<br />

leistet das Unternehmen bereits während der Dienstzeit der Mitarbeiter Zahlungen an den<br />

Pensionsfonds. Dementsprechend stehen der Pensionsverpflichtung die <strong>in</strong> den Fonds „ausgelagerten“<br />

Vermögenswerte gegenüber, die nicht vom Management des Unternehmens selbst<br />

verwaltet werden. Bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung können der Pensionsverpflichtung demgegenüber<br />

i.d.R. ke<strong>in</strong>e Vermögenswerte direkt zugeordnet werden. Vielmehr dient – zum<strong>in</strong>dest solange<br />

das Unternehmen e<strong>in</strong> positives Eigenkapital aufweist – das gesamte Unternehmensvermögen<br />

als Deckungsstock für alle Zahlungsverpflichtungen <strong>in</strong>klusive der Pensionsverpflichtungen.<br />

Für das Unternehmen entsteht hieraus der betriebswirtschaftliche Zwang, die erwarteten<br />

Zahlungsabflüsse an die Pensionsempfänger explizit <strong>in</strong> der Investitions- und Liquiditätsplanung<br />

zu berücksichtigen. 2 Können Pensionsleistungen aufgrund fehlerhafter Planungen nicht<br />

aus den operativen Cash Flows erbracht werden, müssen zwangsläufig andere F<strong>in</strong>anzierungsquellen<br />

wie die Vermögensumschichtung bzw. die Aufnahme neuen Eigen- oder Fremdkapitals<br />

genutzt werden.<br />

Anders als <strong>in</strong> den USA werden <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land leistungsorientierte Pensionszusagen traditionell<br />

von den meisten Unternehmen unternehmens<strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anziert. Die Ansammlung von<br />

Mitteln zur Deckung künftiger Pensionsleistungen war für viele deutsche Unternehmen lange<br />

Zeit e<strong>in</strong>e bedeutende Innenf<strong>in</strong>anzierungsquelle. Aufgrund veränderter Umweltdaten (ger<strong>in</strong>gere<br />

Mitarbeiterzahlen, abnehmende Pensionszusagen, zunehmende Lebenserwartung der sich<br />

bereits <strong>in</strong> Ruhestand bef<strong>in</strong>denden Mitarbeiter) stehen heute viele Unternehmen jedoch vor der<br />

Situation, dass die Pensionsauszahlungen aufgrund früherer Zusagen höher s<strong>in</strong>d als die der<br />

Periode zurechenbaren Neuzusagen. Der F<strong>in</strong>anzierungseffekt kehrt sich somit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Def<strong>in</strong>anzierungseffekt<br />

um.<br />

2 Für den externen Bilanzleser wäre es vor diesem H<strong>in</strong>tergrund wünschenswert, dass die Veränderung der<br />

Pensionsrückstellungen im Cash-Flow-Statement <strong>in</strong> ihre zahlungswirksamen (Auszahlungen an Pensionäre)<br />

und nicht zahlungswirksamen (Dienstzeit- und Z<strong>in</strong>saufwand) Bestandteile aufgeschlüsselt wird.


6<br />

2.2 Bedeutung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land<br />

Um die Bedeutung rückstellungsf<strong>in</strong>anzierter Pensionszusagen deutscher Unternehmen im<br />

gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang aufzuzeigen, werden <strong>in</strong> diesem Abschnitt Pensionsrückstellungen<br />

anderen wichtigen F<strong>in</strong>anzierungsformen h<strong>in</strong>sichtlich ihres Volumens und ihrer<br />

jährlichen Veränderung gegenübergestellt.<br />

Die Höhe der Pensionsrückstellungen aller deutscher Unternehmen betrug Ende 2002 ca. 200<br />

Mrd. , wobei seit 1975 e<strong>in</strong> ununterbrochener Anstieg zu verzeichnen ist. In den letzten zehn<br />

Jahren s<strong>in</strong>d die Pensionsrückstellungen durchschnittlich um ca. 7 Mrd. pro Jahr gestiegen<br />

(siehe Abbildung 2).<br />

Abbildung 2: Höhe der Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land 3<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

<strong>in</strong> Mrd. <br />

Von den <strong>in</strong>sgesamt ca. 40.000 beim Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG (PSVaG) sicherungspflichtigen<br />

Unternehmen s<strong>in</strong>d ca. 10 % für ca. 90 % der Beiträge bzw. der Sicherungssummen<br />

verantwortlich. Das h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er Beitragspflicht größte Unternehmen stellt alle<strong>in</strong>e ca.<br />

4 % des gesamten Sicherungsvolumens. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund, dass die überwiegende Mehrheit<br />

großer Unternehmen börsennotiert ist, kann davon ausgegangen werden, dass wohl über<br />

die Hälfte der Pensionsrückstellungen deutscher Unternehmen auf börsennotierte Gesellschaften<br />

entfällt.<br />

3 Quelle: Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG (2003). Herangezogen wurde mangels differenzierten Ausweises<br />

die Beitragsbemessungsgrundlage multipliziert mit dem prozentualen Beitragsaufkommen des Durchführungsweges<br />

der unmittelbaren Versorgungszusage.


7<br />

Die gesamte Marktkapitalisierung (Eigenkapital) aller deutschen börsennotierten Gesellschaften<br />

betrug Ende 2002 ca. 650 Mrd. . Die Marktkapitalisierung zu Jahresendständen seit 1992<br />

zeigt Abbildung 3. Die durchschnittliche Schwankung pro Jahr seit 1992 beträgt ca. 200 Mrd.<br />

. Die Schwankungsbreite ist mit 14 Mrd. bis 545 Mrd. allerd<strong>in</strong>gs sehr hoch.<br />

Abbildung 3: Marktkapitalisierung aller börsennotierten Aktien <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land 4<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

<strong>in</strong> Mrd. <br />

Abbildung 4: Volumen der Aktienemissionen 5<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Mrd. <br />

4 Jahresendstände. Quelle: <strong>Deutsch</strong>es Aktien<strong>in</strong>stitut (DAI), Factbook 2002.<br />

5 Jahresendwerte. Quelle: <strong>Deutsch</strong>e Bundesbank, Kapitalmarktstatistik, Mai 2003.


8<br />

Das Volumen von Aktienemissionen (Kapitalerhöhungen bereits börsennotierter Unternehmen<br />

und Börsenneue<strong>in</strong>führungen) betrug von 1992 bis 2002 im Durchschnitt ca.<br />

13 Mrd. pro Jahr. Die Jahreswerte schwanken zwischen 5,3 Mrd. bis 31,3 Mrd. (vgl.<br />

Abbildung 4). Im Durchschnitt entsprechen die jährlichen Aktienemissionen damit ca. 1,8 %<br />

der bestehenden Marktkapitalisierung bei e<strong>in</strong>er Schwankungsbreite von 0,46 % bis 3,24 %.<br />

Abbildung 5 zeigt das Volumen europäischer Corporate Bonds. 6 Auch hier ist über die letzten<br />

zehn Jahre e<strong>in</strong> deutlicher Zuwachs zu erkennen, wobei die größten Zuwächse erst seit 1999 zu<br />

verzeichnen s<strong>in</strong>d.<br />

Abbildung 5: Europäische Corporate Bonds 7<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Mrd. <br />

Die empirischen Daten verdeutlichen die (historische) F<strong>in</strong>anzierungsfunktion der Pensionsrückstellungen<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land. Bis 1996 überstiegen die Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land<br />

alle<strong>in</strong>e den Umlauf europäischer Corporate Bonds, der sich allerd<strong>in</strong>gs seit 1998 fast<br />

verdreifacht hat. Die durchschnittlichen Nettozuführungen zu den Pensionsrückstellungen<br />

betragen ca. 7 Mrd. pro Jahr. Dem steht e<strong>in</strong>e Eigenkapitalaufnahme durch Aktienausgabe<br />

von durchschnittlich lediglich ca. 13 Mrd. gegenüber und <strong>in</strong> fünf von elf Jahren lag diese<br />

kaum über 7 Mrd. bzw. sogar deutlich darunter. Bezogen auf die im Zeitablauf extrem<br />

6 Der Markt für europäische Corporate Bonds ist hoch <strong>in</strong>tegriert. Re<strong>in</strong> deutsche Zahlen, soweit überhaupt<br />

verfügbar, wären irreführend.<br />

7 Quelle: Europäische Zentralbank. Die Zahlen enthalten ke<strong>in</strong>e Emissionen von Tochtergesellschaften<br />

außerhalb der Eurozone. Andererseits umfasst sie Emissionen von Tochtergesellschaften <strong>in</strong>nerhalb der Eurozone,<br />

deren Mütter außerhalb ihren Sitz haben.


9<br />

schwankende Marktkapitalisierung macht die Gesamthöhe aller Pensionsrückstellungen etwa<br />

die Hälfte bis e<strong>in</strong> Siebtel des Marktwertes aller börsennotierten Unternehmen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land<br />

aus. Bei Unternehmen mit extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen tritt e<strong>in</strong> solcher F<strong>in</strong>anzierungseffekt<br />

nur dann e<strong>in</strong>, wenn Zahlungen an den Pensionsfonds bewusst zurückgestellt<br />

werden und hierfür Rückstellungen gebildet werden. Diese sehr unterschiedliche Bedeutung<br />

der Pensionszusagen im Rahmen der Unternehmensf<strong>in</strong>anzierung sollte im Rahmen der Unternehmensbeurteilung<br />

berücksichtigt werden. Ob dies durch die von den Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

vorgesehenen Methoden gel<strong>in</strong>gt, ist e<strong>in</strong>e der im Folgenden zu beantwortenden Fragen.<br />

2.3 Auswirkungen e<strong>in</strong>es Systemwechsels auf den Kapitalmarkt<br />

Seit e<strong>in</strong>igen Jahren wird <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land <strong>in</strong>tensiv darüber diskutiert, welche Auswirkungen e<strong>in</strong><br />

Wechsel vom bisherigen System der <strong>in</strong>ternen F<strong>in</strong>anzierung von Pensionszusagen zu e<strong>in</strong>em<br />

fondsbasierten System auf den Kapitalmarkt hätte. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob<br />

den Unternehmen bei e<strong>in</strong>er Belebung des Kapitalmarktes durch Pensionsfonds neue bzw.<br />

erweiterte F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die langfristig ihre Eigen- und<br />

Fremdkapitalkosten senken können. Im vorliegenden <strong>Gutachten</strong> ist diese Fragestellung unter<br />

anderem deshalb von Interesse, da die Rat<strong>in</strong>gagentur Moody’s <strong>in</strong> ihrem Ansatz zur Berücksichtigung<br />

von Pensionsverpflichtungen e<strong>in</strong>en solchen Systemwechsel unterstellt und hieraus<br />

Konsequenzen für die Unternehmensf<strong>in</strong>anzierung ableitet:<br />

„For larger fund<strong>in</strong>g gaps – such as gaps of roughly 50 % of pension obligations<br />

<strong>in</strong> Japan or 90 % <strong>in</strong> Germany, we also consider the impact a country-wide<br />

change <strong>in</strong> fund<strong>in</strong>g strategy would have on the local capital markets. If these<br />

countries were to switch to an <strong>in</strong>dependently-managed pension fund system,<br />

then these funds would likely be <strong>in</strong>vested largely <strong>in</strong> securities, presumably provid<strong>in</strong>g<br />

a liquidity boost to the equity as well as debt markets. This sea-change<br />

would open a whole plethora of fund<strong>in</strong>g sources to company management.“ 8<br />

Es soll deshalb hier kurz aufgezeigt werden, welche Wirkungen auf die F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten<br />

bei e<strong>in</strong>em solchen Systemwechsel zu erwarten s<strong>in</strong>d.<br />

Befürworter externer Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge führen als e<strong>in</strong><br />

zentrales Argument an, dass die Auslagerung der Deckungsmittel e<strong>in</strong>en erheblichen Impuls<br />

8 Moody’s (1998), S. 6.


10<br />

für den Kapitalmarkt bedeuten würde und damit für die Unternehmen neue F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten<br />

entstünden: Um Versorgungswerke mit entsprechendem Kapital ausstatten zu<br />

können, müssten die Trägerunternehmen dieses am Kapitalmarkt aufnehmen und an die<br />

Versorgungswerke weiterleiten. Bilanziell ersetzt das aufgenommene Eigen- und/ oder<br />

Fremdkapital dann die Pensionsrückstellungen. Gleichzeitig legen die Versorgungswerke ihr<br />

Deckungskapital am Kapitalmarkt an. 9 Zur Verdeutlichung ist dieser Vorgang für zwei<br />

Unternehmen <strong>in</strong> Abbildung 6 dargestellt.<br />

Abbildung 6: Ausgliederung und Ref<strong>in</strong>anzierung der Pensionsrückstellungen<br />

Aktien<br />

Unternehmen<br />

Pension-<br />

Pension-<br />

Unternehmen<br />

1<br />

fonds 1<br />

fonds 2<br />

2<br />

Anleihen<br />

Theoretisch könnten auf diese Weise die Pensionsrückstellungen der deutschen Wirtschaft,<br />

z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konzertierten Aktion, über e<strong>in</strong>e Ausgliederung und Ref<strong>in</strong>anzierung komplett <strong>in</strong><br />

Eigenkapital umgewandelt werden, das von betrieblichen Pensionsfonds gehalten würde. Dies<br />

hätte e<strong>in</strong>e drastische Steigerung der Eigenkapitalquoten vieler Unternehmen zur Folge. Bevor<br />

näher auf diese „Radikallösung“ e<strong>in</strong>gegangen wird, soll zunächst unter Beachtung der im<br />

vorigen Abschnitt aufgezeigten Größenverhältnisse geprüft werden, <strong>in</strong> welchem Umfang e<strong>in</strong>e<br />

Stärkung des Kapitalmarktes durch e<strong>in</strong>e vermehrte Nutzung externer Durchführungswege zu<br />

erwarten se<strong>in</strong> könnte. Gleichzeitig werden mögliche Auswirkungen auf die F<strong>in</strong>anzierungskosten<br />

der Unternehmen analysiert. 10<br />

9 Vgl. exemplarisch <strong>Deutsch</strong>e Bank Research (1995), S. 17-18.<br />

10 Vgl. Gerke et al. (1998), S. 43-46.


11<br />

Befürworter von Pensionsfonds führen mitunter an, dass durch den Nachfrageschub der<br />

Pensionsfonds nicht nur die Liquidität am Kapitalmarkt erhöht würde, sondern durch (Nachfrage<br />

<strong>in</strong>duzierte) steigende Aktien- und Anleihenkurse die Kapitalkosten der Unternehmen<br />

s<strong>in</strong>ken. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Pensionsrückstellungen als F<strong>in</strong>anzierungsquelle<br />

der Unternehmen wegfallen würden, so dass der Nachfrageschub durch e<strong>in</strong><br />

gleichzeitig zunehmendes Angebot von Kapitalmarkttiteln neutralisiert wird.<br />

Nimmt man an, dass die jährlich per Saldo neu gebildeten Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Pensionsfonds angesammelt werden, liegt der Kapitalmarktimpuls bei ca. 7 Mrd. . Bezogen<br />

auf die Marktkapitalisierung des deutschen Aktienmarktes von über 600 Mrd. (Stand Ende<br />

2002) ist dies e<strong>in</strong>e vernachlässigbare Größenordnung. Schon aus Diversifikationsgründen ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht davon auszugehen, dass ausschließlich <strong>in</strong> deutsche Aktien <strong>in</strong>vestiert werden<br />

würde. Noch weniger ist zu erwarten, dass aufgrund des Festbetragscharakters der Pensionszusagen<br />

und der leidvollen Erfahrung vieler Pensionsfonds <strong>in</strong> den letzten Jahren der überwiegende<br />

Teil des Deckungskapitals <strong>in</strong> Aktien <strong>in</strong>vestiert wird. In Abhängigkeit vom Reifegrad<br />

des Versorgungswerkes werden eher Fremdkapitaltitel den Anlageschwerpunkt bilden.<br />

Bezogen auf das weltweite Marktvolumen von Anleihen s<strong>in</strong>d 7 Mrd. ke<strong>in</strong>e erwähnenswerte<br />

Größe.<br />

Schwieriger könnte sich die Situation für die Kapital suchenden Unternehmen darstellen, da<br />

gerade mit H<strong>in</strong>blick auf Basel II die Kreditvergabepraxis der Banken strenger geworden ist.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs hat die Aufnahmefähigkeit des Marktes für Corporate Bonds rasant zugenommen.<br />

Werden Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> nennenswertem Umfang durch Eigenkapital ersetzt,<br />

könnte dies zum<strong>in</strong>dest während e<strong>in</strong>er Umstellungsphase zu e<strong>in</strong>er Belastung des deutschen<br />

Aktienmarktes führen. 11 Aus theoretischer, neoklassischer Sichtweise ist, unter Vernachlässigung<br />

von Steuerwirkungen, jedoch nicht mit e<strong>in</strong>er Veränderung der Kapitalkosten zu rechnen,<br />

da es nur zu e<strong>in</strong>er anderen Verteilung der determ<strong>in</strong>ierenden Risiken der Aktivseite auf die<br />

verschiedenen Gruppen von Kapitalgebern kommt.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund der Bonitätse<strong>in</strong>stufung vieler Unternehmen der deutschen Wirtschaft<br />

soll nun noch der hypothetischen „Radikallösung“ e<strong>in</strong>er vollständigen Umwandlung der<br />

11 Unterstellt man, dass die gesamten Pensionsrückstellungen <strong>in</strong>klusive der Neuzuführungen über e<strong>in</strong>en<br />

Zeitraum von 10 Jahren ausgelagert (ca. 27 Mrd. pro Jahr) und zu e<strong>in</strong>em Drittel mit Eigenkapital gegen<br />

f<strong>in</strong>anziert würden, ergäbe sich e<strong>in</strong> jährlicher Eigenkapitalbedarf von ca. 9 Mrd. . Dies entspricht <strong>in</strong> etwa<br />

70 % der durchschnittlichen jährlichen Aktienemissionen von 1992 bis 2002.


12<br />

Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Eigenkapital durch e<strong>in</strong>e konzertierte Aktion der deutschen Wirtschaft<br />

nachgegangen werden. Unternehmen übertragen hierzu ihre Direktzusagen auf Pensionsfonds<br />

und statten diese mit entsprechendem Deckungskapital aus. Unternehmen nehmen<br />

die hierzu notwendigen Mittel von den Pensionsfonds <strong>in</strong> Form von Eigenkapital auf. Damit<br />

s<strong>in</strong>d die Pensionsfonds vollständig <strong>in</strong> Eigenkapital <strong>in</strong>vestiert und die Eigenkapitalquote vieler<br />

Unternehmen wird massiv erhöht. Tatsächlich steigt aber die Bonität der Unternehmen<br />

dadurch nicht systematisch an, da die Ansprüche der Arbeitnehmer Festbetragsansprüche<br />

bleiben. Steigt der Wert des Eigenkapitals aller beteiligten Unternehmen an, fällt der Betrag<br />

ökonomisch den Eigenkapitalgebern zu, die nicht <strong>in</strong>direkt über e<strong>in</strong>en Pensionsfonds am<br />

Eigenkapital beteiligt s<strong>in</strong>d. Fällt der Wert des Pensionsfonds unter den Festbetragsanspruch,<br />

entsteht für die Eigenkapitalgeber e<strong>in</strong>e Nachschusspflicht. Verschärft wird diese Situation<br />

dadurch, dass die Eigenkapitalgeber „außerhalb“ des Pensionsfonds die Nachschusspflicht für<br />

die vom Pensionsfonds gehaltenen Aktien mit übernehmen müssen.<br />

Durch die Sicherungspflicht der Festbetragsansprüche beim Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong><br />

VVaG für den Fall der Insolvenz e<strong>in</strong>es Trägerunternehmens bei gleichzeitig e<strong>in</strong>geschränkter<br />

Leistungsfähigkeit des Pensionsfonds wird die Systematik endgültig volkswirtschaftlich<br />

zementiert, da das fehlende Deckungskapital von allen anderen Unternehmen aufzubr<strong>in</strong>gen<br />

ist. Festbetragsansprüche können eben nicht Risiko kongruent durch Eigenkapital gedeckt<br />

werden. Bei e<strong>in</strong>er Unternehmensanalyse muss daher nicht nur die Über- oder Unterdeckung<br />

e<strong>in</strong>es Pensionsfonds mit e<strong>in</strong>fließen. Um zu e<strong>in</strong>em Bonitätsurteil gelangen zu können, müssen<br />

das Risiko bzw. die Schwankungsbreite des <strong>in</strong>vestierten Kapitals und deren Korrelation zu<br />

denen des Trägerunternehmens mit berücksichtigt werden. Es wird im Verlauf dieses <strong>Gutachten</strong>s<br />

zu klären se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>wiefern die Ansätze der Rat<strong>in</strong>gagenturen diese Risikofaktoren zutreffend<br />

abbilden können.<br />

2.4 Pensionsrückstellungen versus Pensionsfonds: Agencytheoretische<br />

Argumente<br />

In den bisherigen Überlegungen wurde von e<strong>in</strong>er Interessenübere<strong>in</strong>stimmung zwischen der<br />

Unternehmensleitung (Agent) und den Anteilseignern (Pr<strong>in</strong>cipals) ausgegangen. Hebt man<br />

diese der neoklassischen Theoriebildung zugrunde liegende Prämisse auf, können die wechselseitigen<br />

Vor- und Nachteile von Pensionsrückstellungen und Pensionsfonds auch im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Anreiz- und Kontrollprobleme diskutiert werden. Hierbei steht die Frage im Vordergrund,<br />

ob Direktzusagen zu e<strong>in</strong>er Fehlallokation des Deckungskapitals der betrieblichen


13<br />

Altersvorsorge führen, da ke<strong>in</strong>e externe Kontroll<strong>in</strong>stanz e<strong>in</strong>en möglichst effizienten Mittele<strong>in</strong>satz<br />

sicherstellt. Ist dem der Fall, sollten Aktionäre e<strong>in</strong>e Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen<br />

von der Unternehmensleitung e<strong>in</strong>fordern.<br />

Die Kritik an Direktzusagen und der damit verbundenen Bildung von Rückstellungen und<br />

möglichen gesamtwirtschaftlichen Fehlallokationen beruht im Wesentlichen auf Überlegungen<br />

der neo<strong>in</strong>stitutionalistischen F<strong>in</strong>anzierungstheorie. Im Rahmen dieser Theorie werden<br />

mögliche Interessenkonflikte untersucht, die aus der bei Publikumsaktiengesellschaften<br />

vorherrschenden Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt und der damit e<strong>in</strong>hergehenden<br />

asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Management und Anteilseignern<br />

entstehen. Außenstehende Investoren besitzen nicht ausreichend Informationen, um die<br />

Qualität von Managemententscheidungen umfassend beurteilen und ggf. sanktionieren zu<br />

können. Für das Management entsteht dadurch e<strong>in</strong> diskretionärer Entscheidungsspielraum bei<br />

der Steuerung von Unternehmensaktivitäten, den es rational zur Maximierung des eigenen<br />

Nutzens e<strong>in</strong>setzt. 12 Dies führt nicht nur systematisch zu e<strong>in</strong>em Vermögensnachteil für die<br />

Anteilseigner, sondern auch zu gesamtwirtschaftlichen Fehlallokationen.<br />

Als beispielhaft für diese Überlegungen kann die Schlussfolgerung e<strong>in</strong>er Studie der <strong>Deutsch</strong>en<br />

Bank aus dem Jahr 1998 gesehen werden:<br />

„Die durch Pensionsrückstellung bewirkte Innenf<strong>in</strong>anzierung erlaubt demgegenüber<br />

(der F<strong>in</strong>anzierung über dem Kapitalmarkt) Verlust br<strong>in</strong>gende Investitionen<br />

und Strategien, die nur bei <strong>in</strong>ternem Gew<strong>in</strong>n- und Verlustausgleich als<br />

tragbar angesehen werden. Damit verfestigen sich <strong>in</strong>effiziente Unternehmensstrukturen,<br />

und der Strukturwandel <strong>in</strong>sgesamt verlängert sich.“... „Sowohl effiziente<br />

wie auch <strong>in</strong>effiziente Unternehmen können durch die Bildung von Pensionsrückstellungen<br />

Liquidität im Unternehmen b<strong>in</strong>den und dem Kapitalmarkt<br />

‚vorenthalten’. Durch diesen Liquiditätseffekt wird aber gesamtwirtschaftlich<br />

nichts gewonnen.“ 13<br />

Im Bezugsrahmen der neo<strong>in</strong>stitutionalistischen F<strong>in</strong>anzierungstheorie lassen sich zwei Formen<br />

opportunistischen Verhaltens des Managements unterscheiden:<br />

12 Zu den Grundüberlegungen der Pr<strong>in</strong>cipal Agent Theory vgl. Jensen/Meckl<strong>in</strong>g (1976).<br />

13 <strong>Deutsch</strong>e Bank Research (1995), S. 11.


14<br />

„Adverse selection“ oder Negativauslese beschreibt opportunistisches Verhalten vor Vertragsabschluss,<br />

d.h. im vorliegenden Kontext vor der Entscheidung zur Gewährung von<br />

Direktzusagen. So wird tendenziell das Management von Unternehmen ger<strong>in</strong>ger Qualität c.p.<br />

e<strong>in</strong> höheres Interesse an der Bildung von Pensionsrückstellungen haben, als an e<strong>in</strong>em Liquiditätsabfluss<br />

an e<strong>in</strong>en externen Versorgungsträger und u.U. an e<strong>in</strong>er dann erforderlichen Inanspruchnahme<br />

des Kapitalmarktes. Die Präferenz für Pensionsrückstellungen gilt auch, wenn<br />

man (zukünftige) Pensionszahlungen als marktbestimmten Vergütungsbestandteil betrachtet,<br />

da ansonsten e<strong>in</strong> höherer Lohn zu zahlen wäre. 14<br />

Mit dem Begriff „moral hazard“ wird opportunistisches Entscheidungsverhalten des Managements<br />

nach Vertragsschluss, d.h. nach der Entscheidung für Pensionsrückstellungen,<br />

charakterisiert. Anknüpfungspunkt ist hier der so genannte Free Cash Flow, der als derjenige<br />

Teil der f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen def<strong>in</strong>iert wird, der nach Durchführung aller Investitionen mit<br />

positivem Kapitalwert noch zur Verfügung steht. Beim Aufbau von Pensionsrückstellungen<br />

steigt im Vergleich zu e<strong>in</strong>er Mittelzuführung zu e<strong>in</strong>em externen Versorgungsträger oder<br />

erhöhter direkter Lohnzahlungen der potenzielle Free Cash Flow, wodurch dann e<strong>in</strong>e Konfliktsituation<br />

zwischen dem Management und den Interessen der Eigenkapitalgeber entsteht,<br />

wenn freie f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen <strong>in</strong> Projekte mit negativem Kapitalwert <strong>in</strong>vestiert werden.<br />

Dabei lässt sich e<strong>in</strong>e Reihe von Motiven seitens des Managements identifizieren. 15 E<strong>in</strong> Grund<br />

kann <strong>in</strong> der Entlohnung der Unternehmensleitung liegen. Hängt diese zum<strong>in</strong>dest teilweise von<br />

der Unternehmensgröße, gemessen z.B. an der Bilanzsumme oder dem Umsatz, ab, ist der<br />

Anreiz zu e<strong>in</strong>er Maximierung des Investitionsvolumens sofort e<strong>in</strong>sichtig. Steigt mit der<br />

Unternehmensgröße das persönliche Ansehen und die Macht, wird der Anreiz noch verstärkt.<br />

16 Die Strategie, e<strong>in</strong> möglichst schnelles Unternehmenswachstum durch Unternehmensübernahmen<br />

und Fusionen zu erreichen, wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang oft als „empire<br />

build<strong>in</strong>g“ oder „legacy build<strong>in</strong>g“ bezeichnet.<br />

14 Zu e<strong>in</strong>er dynamischen Negativauslese kann es dann kommen, wenn die Pensionsansprüche der Arbeitnehmer<br />

kollektiv durch die Trägerunternehmen gegen Insolvenz gesichert werden und die Sicherungsprämien<br />

unabhängig vom Insolvenzrisiko des e<strong>in</strong>zelnen Unternehmens s<strong>in</strong>d. Mit steigenden Sicherungsprämien<br />

werden Unternehmen hoher Qualität, d.h. niedrigem Insolvenzrisiko, sich zunehmend für Durchführungswege<br />

außerhalb der Sicherungspflicht entscheiden. Zur zukünftigen Funktionsfähigkeit der Insolvenzsicherung<br />

durch den Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG vgl. Gerke/Heubeck (2002).<br />

15 Vgl. Jensen (1986).<br />

16 Vgl. Jensen (1993).


15<br />

„Empire build<strong>in</strong>g“ oder „legacy build<strong>in</strong>g“ kann auch eng mit dem Ziel verbunden se<strong>in</strong>, durch<br />

Diversifikation die Volatilität der Cash Flows und damit das Insolvenzrisiko zu reduzieren.<br />

Aus Diversifikationsgründen ist der Zukauf von Unternehmen aus anderen Industrien zwar<br />

naheliegend, da mit e<strong>in</strong>em reduzierten operativen Geschäftsrisiko des Gesamtunternehmens<br />

auch die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes des Managements s<strong>in</strong>kt und das Risiko e<strong>in</strong>es<br />

irreversiblen Verlustes von spezifischen Investitionen <strong>in</strong> Humankapital zurückgeht. Eigenkapitalgeber,<br />

die naturgemäß e<strong>in</strong>e andere Risikopräferenz aufweisen als das Management,<br />

können ihr Risiko jedoch auch durch e<strong>in</strong>e breite Streuung am Kapitalmarkt diversifizieren.<br />

Unter Begriffen wie z.B. „consumption on the job“ etc. werden <strong>in</strong> der Literatur zudem die mit<br />

e<strong>in</strong>em Free Cash Flow zunehmenden Gefahren e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Nutzenbefriedigung zu<br />

Lasten der Eigenkapitalgeber und letztlich zu Lasten der volkswirtschaftlichen Ressourcenallokation<br />

diskutiert. 17<br />

Die Befürworter unabhängig gemanagter Pensionsfonds sehen im Kapitalmarkt, der durch<br />

Pensionsfonds e<strong>in</strong>e deutliche Stärkung erfahren kann, e<strong>in</strong>e zentrale Kontroll<strong>in</strong>stanz zur<br />

wirkungsvollen Diszipl<strong>in</strong>ierung des Managements und zur Vermeidung von Fehl<strong>in</strong>vestitionen.<br />

Sofort e<strong>in</strong>sichtig ist, dass Banken sowohl bei Vergabe e<strong>in</strong>es Kredites als auch während<br />

dessen Laufzeit e<strong>in</strong> wesentlich wirksameres Monitor<strong>in</strong>g unternehmerischer Entscheidungen<br />

betreiben als Arbeitnehmer bei der „Vergabe e<strong>in</strong>es Pensionskredites“, da für letztere schon<br />

aufgrund der Insolvenzsicherung durch den Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG hierzu der<br />

Anreiz fehlt. H<strong>in</strong>zu kommt, dass Arbeitnehmer lediglich durch ihre Vertretung bed<strong>in</strong>gte<br />

Kontrollmöglichkeiten besitzen.<br />

Das Gleiche gilt auch bei e<strong>in</strong>er Inanspruchnahme des Anleihenmarktes, was kaum ohne<br />

Bonitätsurteile unabhängiger und <strong>in</strong>ternational renommierter Rat<strong>in</strong>gagenturen möglich ist.<br />

Verschärft wird der Kontrollmangel dadurch, dass Pensionsrückstellungen an sich sehr<br />

langfristige Verb<strong>in</strong>dlichkeiten s<strong>in</strong>d, deren Z<strong>in</strong>sen zudem <strong>in</strong> der Ansparphase im Unternehmen<br />

re<strong>in</strong>vestiert werden.<br />

Diese Argumentation legt es nahe, dass sich durch e<strong>in</strong>e Ausgliederung von Pensionsansprüchen<br />

auf Basis e<strong>in</strong>es „asset fund<strong>in</strong>g“ bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Kapitalmarktes<br />

zur Ref<strong>in</strong>anzierung der Trägerunternehmen die Unternehmenskontrolle verbessern ließe. Im<br />

Falle der erstmaligen Begebung e<strong>in</strong>er Unternehmensanleihe wird dies besonders deutlich, da<br />

17 Elston/Goldberg (2003) weisen nach, dass die Vorstandsbezüge <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Unternehmensgröße<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land umso höher s<strong>in</strong>d, je größer der Streubesitz ist.


16<br />

es hier <strong>in</strong> aller Regel zu e<strong>in</strong>er erstmaligen Bonitätse<strong>in</strong>stufung durch unabhängige Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

kommt. Der zusätzliche Kontrollgew<strong>in</strong>n bei Unternehmen, die bereits regelmäßig<br />

Unternehmensanleihen ausgeben, dürfte h<strong>in</strong>gegen marg<strong>in</strong>al, wenn überhaupt vorhanden, se<strong>in</strong>.<br />

Dabei stellt sich auch die Frage nach der Kontrolleffektivität von Kredit<strong>in</strong>stituten als „delegated<br />

monitor“. 18 Werden Unternehmen durch Kredit gebende Banken <strong>in</strong> ihren Investitionsentscheidungen<br />

m<strong>in</strong>destens genauso kontrolliert, wie durch Rat<strong>in</strong>gagenturen bzw. dem Kapitalmarkt,<br />

ist bei e<strong>in</strong>er alternativen Nutzung des Marktes für Unternehmensanleihen nicht zu<br />

erwarten, dass die Gefahr von gesamtwirtschaftlichen Fehlallokationen zurückgeht. Gerade<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die neuen Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung bzw. dem Risikomanagement<br />

nach Basel II muss davon ausgegangen werden, dass Kredit<strong>in</strong>stitute verstärkt ihre<br />

Engagements systematisch überwachen und Unternehmen Investitionsprojekte auf Basis<br />

differenzierter, risikoadjustierter Kapitalkostensätze beurteilen werden.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Gefahr von Fehl<strong>in</strong>vestitionen, die zu Lasten der Aktionäre und der gesamten<br />

Volkswirtschaft gehen, wäre demnach der Kontrollgew<strong>in</strong>n bei e<strong>in</strong>er Ausgliederung<br />

von Pensionsrückstellungen und e<strong>in</strong>er Gegenf<strong>in</strong>anzierung über Fremdkapital am höchsten bei<br />

Unternehmen, die sich primär über breit gestreute Aktien und Pensionsrückstellungen f<strong>in</strong>anzieren.<br />

Dies entspricht jedoch nicht der gegenwärtigen Unternehmenspraxis <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land,<br />

da (auch historisch gesehen) der Verschuldungsgrad und der konzentrierte Aktienbesitz im<br />

<strong>in</strong>ternationalen Vergleich relativ hoch s<strong>in</strong>d.<br />

Vielfach führen Befürworter unabhängiger Pensionsfonds an, dass diese selbst als mächtige<br />

Großanleger zur wirksameren Managerkontrolle durch e<strong>in</strong>e aktive Corporate Governance<br />

beitragen. Als bekanntestes Beispiel hierfür gilt der Pensionsfonds der öffentlich Beschäftigten<br />

<strong>in</strong> Kalifornien CalPERS (California Public Employees’ Retirement System), der seit<br />

Jahren als prom<strong>in</strong>entester Vertreter e<strong>in</strong>er aktiven Corporate Governance-Politik seitens der<br />

Pensionsfonds gilt. 19 CalPERS verfügt über e<strong>in</strong> Anlagevermögen von ca. 138 Mrd. US$<br />

(Stand April 2003), das zu ca. 65 % <strong>in</strong> Aktien <strong>in</strong>vestiert ist. Dabei wird ca. e<strong>in</strong> Drittel des<br />

Aktienvermögens aktiv gemanagt. Der Marktwert der DAX 30 Unternehmen betrug zum<br />

Vergleich ca. 350 Mrd. (Stand April 2003).<br />

18 Vgl. Diamond (1984).<br />

19 Für e<strong>in</strong>e Zusammenfassung unterschiedlichen „shareholder activism“ <strong>in</strong>stitutioneller und privater Investoren<br />

<strong>in</strong> den USA vgl. z.B. Gillan/Starks (1998).


17<br />

CalPERS fordert seit 1987 aktiv von so genannten „target firms“ Unternehmensreformen e<strong>in</strong>.<br />

Die Marktmacht von CalPERS wird an der jüngsten Forderung an die Investmentbanken der<br />

Wall Street deutlich, Transparenzstandards bei ihren Analysen zu erfüllen, die deutlich über<br />

die SEC-Bestimmungen h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

E<strong>in</strong>e Reihe von Studien belegen e<strong>in</strong>drucksvoll den E<strong>in</strong>fluss von CalPERS und anderen <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Investoren auf die Corporate Governance Struktur und das operative Geschäft von<br />

Unternehmen. 20 Ebenso wurde untersucht, ob sich diese Veränderungen auch im Wert bzw.<br />

der Aktienkursrendite der Unternehmen widerspiegeln. Nesbitt (1994) ermittelt für 42 Unternehmen,<br />

die zwischen 1987 und 1992 „targets“ von CalPERS waren, e<strong>in</strong>e (kumuliert abnormale)<br />

Rendite von durchschnittlich -62 % <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fünfjahreszeitraum vor dem E<strong>in</strong>greifen<br />

von CalPERS. Anschließend zeigt sich e<strong>in</strong>e (kumuliert abnormale) positive Rendite von 42 %<br />

<strong>in</strong>nerhalb von fünf Jahren. Allerd<strong>in</strong>gs trägt nur etwa die Hälfte der Unternehmen hierzu<br />

positiv bei.<br />

Die (positiven) Ergebnisse widersprechen allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>er ganzen Reihe von Studien. So<br />

kommen Carlton/Nelson/Weisbach (1998), Del Guercio/Hawk<strong>in</strong>s (1999) u.a. zum Schluss,<br />

dass die langfristige Kursperformance <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Untersuchungszeitraum, der<br />

Stichprobe und den Forderungen an die Unternehmen auch signifikant negativ se<strong>in</strong> kann. E<strong>in</strong>e<br />

differenzierte, vergleichende Darstellung von zwanzig empirischen Studien bietet Karpoff<br />

(2001). Karpoff stellt zusammenfassend fest: 21<br />

„Most evidence <strong>in</strong>dicates that shareholder activism can prompt small changes <strong>in</strong><br />

the target firm’s governance structure, but has negligible impacts on share value<br />

and earn<strong>in</strong>gs.” 22<br />

Selbst wenn von Pensionsfonds nur e<strong>in</strong>e sehr ger<strong>in</strong>ge Kontrollwirkung ausgeht, ist diese<br />

dennoch größer als die von Pensionsrückstellungen, da hier ke<strong>in</strong>e Kontrolle ausgeübt wird. 23<br />

Fraglich ist, ob <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land zu erwarten ist, dass bei e<strong>in</strong>er verstärkten Nutzung externer<br />

bzw. Kapital gedeckter Durchführungswege (Pensionsfonds, Pensions- und Unterstützungs-<br />

20 Vgl. Smith (1996), Wahal (1996), Carlton/Nelson/Weisbach (1998), Del Guercio/Hawk<strong>in</strong>s (1999.)<br />

21 Zu vergleichbaren Aussagen kommen auch Black (1998) und Romano (2001). Dies legt die Vermutung<br />

nahe, dass der Wettbewerb sowohl an den Produktmärkten als auch am Kapitalmarkt e<strong>in</strong> hohes Maß an Effizienz<br />

erzw<strong>in</strong>gt.<br />

22 Karpoff (2001), S. 1.<br />

23 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat üben Kontrolle aus. Dabei stehen aber die Interessen der Arbeitnehmer<br />

und im Zweifelsfall nicht die der Aktionäre im Vordergrund.


18<br />

kasse) es wie <strong>in</strong> den USA zu vergleichbaren „shareholder activism“, „focus lists“ usw. kommt<br />

und Unternehmen dadurch zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiveren Ause<strong>in</strong>andersetzung mit ihren Aktionären<br />

gezwungen werden.<br />

Auffallend ist zunächst, dass es primär (unabhängige) Pensionsfonds öffentlich Bediensteter<br />

s<strong>in</strong>d, die als Advokaten e<strong>in</strong>er verbesserten Corporate Governance auftreten. E<strong>in</strong> Grund hierfür<br />

könnte <strong>in</strong> der Größe der verwalteten Deckungskapitalien liegen, die e<strong>in</strong> aktives Management<br />

erschweren. Statt Beteiligungen im Zweifelsfall abzustoßen („exit“), ersche<strong>in</strong>t dann u.U. e<strong>in</strong><br />

aktives E<strong>in</strong>wirken auf das Management („voice“) s<strong>in</strong>nvoll, um e<strong>in</strong>e Renditeverbesserung zu<br />

erzielen. 24 Da alle Aktionäre von den Kontrollaktivitäten profitieren, jedoch nicht die Kosten<br />

geme<strong>in</strong>schaftlich tragen, lohnt sich der „shareholder activism“ nur für Großaktionäre. Dies<br />

kann jedoch nicht alle<strong>in</strong>e das aktive Engagement öffentlicher Pensionsfonds erklären, da auch<br />

viele Pensionsfonds großer Konzerne des Industrie- und Dienstleistungssektors e<strong>in</strong> beachtliches<br />

Volumen aufweisen. 25 E<strong>in</strong> weiterer Grund könnte <strong>in</strong> Interessenkonflikten liegen, da e<strong>in</strong>e<br />

(öffentliche) Kritik an anderen Unternehmen bereits bestehende oder potenzielle Geschäftsbeziehungen<br />

gefährden könnte. Zudem delegieren Pensionsfonds von Unternehmen des privaten<br />

Sektors typischerweise das Management an Investmentgesellschaften, die nicht nur für e<strong>in</strong><br />

Unternehmen arbeiten und damit bei scharfer Kritik auch Interessenkonflikte mit anderen<br />

(potenziellen) Auftraggebern produzieren. H<strong>in</strong>gegen wird Managern von Pensionsfonds<br />

öffentlicher Angestellter mitunter vorgeworfen, dass sie primär populäre, medienorientierte<br />

Themen wählten, die nicht zwangsläufig die Performance der Anlagemittel fördern, sondern<br />

ihrer eigenen Publicity und politischen oder privatwirtschaftlichen Karrieren dienen. 26<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die deutsche Situation ist zu erwarten, dass private Unternehmen bei e<strong>in</strong>er<br />

verstärkten Nutzung externer Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung, wie die<br />

Mehrheit der Unternehmen <strong>in</strong> den USA, die Verwaltung des Deckungskapitals delegieren<br />

werden. Es ist davon auszugehen, dass hiervon <strong>in</strong>sbesondere die <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land dom<strong>in</strong>ierenden<br />

Universalbanken profitieren würden. Diese verfügen aufgrund direkten Beteiligungsbesitzes,<br />

Depotstimmrechte und dem Aktienbestand bei ihren Kapitalanlagegesellschaften bereits<br />

über erhebliche E<strong>in</strong>flusspotenziale auf große deutsche Publikumsaktiengesellschaften.<br />

24 Hirschmann (1970) unterscheidet neben „exit“ und „voice“ noch „loyality“.<br />

25 Der Pensionsfonds von General Motors hat etwa das halbe Volumen des Pensionsfonds von CalPERS.<br />

26 Vgl. z.B. Gillan/Starks (1998), Murphy/Van Nuys (1994) und Romano (1993).


19<br />

In diesem Zusammenhang sei auf die Studie von Baums/Fraune (1995) verwiesen. Die Autoren<br />

untersuchten die Stimmrechtsverteilung <strong>in</strong> den Hauptversammlungen der 24 größten<br />

Aktiengesellschaften, die mehrheitlich im Streubesitz standen. 27 Ihre Statistik belegt die<br />

dom<strong>in</strong>ante Bedeutung des Depotstimmrechts. Banken verfügten <strong>in</strong> 20 Fällen über e<strong>in</strong>e Stimmenmehrheit<br />

und <strong>in</strong> 18 Fällen über mehr als 75 % der Stimmen, mit denen sich auch Grundlagenbeschlüsse<br />

durchsetzen lassen. 28<br />

Es ist damit zu rechnen, dass <strong>in</strong> Zukunft der <strong>in</strong>stitutionell verwaltete Aktienbesitz weiter<br />

zunehmen wird, bei gleichzeitigem Rückgang direkter Beteiligungen deutscher Banken.<br />

Höchst fraglich ersche<strong>in</strong>t es allerd<strong>in</strong>gs aufgrund vielfältiger Interessenkonflikte, dass durch<br />

e<strong>in</strong>e Zunahme verwalteter Deckungskapitalien die Unternehmenskontrolle verstärkt wird oder<br />

e<strong>in</strong> ähnlich aggressiver „shareholder activism“ wie z.B. durch CalPERS aufkommt. 29 Aus<br />

Sicht der Aktionäre ersche<strong>in</strong>t es damit als zweifelhaft, ob sich durch e<strong>in</strong>e Ausgliederung von<br />

Pensionsrückstellungen die operative Performance der Unternehmen verbessern lässt.<br />

Unabhängig von den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Durchführungswege aus Sicht<br />

des Kapitalmarkts sowie aus agency-theoretischer Sicht ist zu konstatieren, dass deutsche<br />

Unternehmen nach wie vor über sehr hohe rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen verfügen.<br />

In vielen anderen Ländern, allen voran den USA, stellt die Fondsf<strong>in</strong>anzierung h<strong>in</strong>gegen<br />

den Regelfall dar. Hieraus resultiert die Notwendigkeit, die unterschiedlichen Durchführungsformen<br />

im Rahmen <strong>in</strong>ternationaler Unternehmensanalysen ökonomisch vergleichbar zu<br />

machen. Der Zielsetzung dieses <strong>Gutachten</strong>s entsprechend, soll dies speziell für die Kennzahlenanalyse<br />

im Rat<strong>in</strong>gprozess untersucht werden. Hierzu werden im folgenden Kapitel zunächst<br />

die Vorgehensweisen der <strong>in</strong>ternational tätigen Rat<strong>in</strong>gagenturen dargestellt.<br />

27 Die Studie wurde nur möglich durch e<strong>in</strong>e Auswertung der Teilnehmerverzeichnisse, die gem. § 129 Abs. 4<br />

AktG vor der ersten Abstimmung zur E<strong>in</strong>sichtnahme ausgelegt werden müssen.<br />

28 Die Untersuchung kommt weiter zum Ergebnis, dass jede der untersuchten fünf Banken <strong>in</strong> der eigenen<br />

Hauptversammlung über den höchsten Stimmanteil verfügte. Zusammengenommen entfiel auf die Gruppe<br />

der Banken stets die Mehrheit, wodurch sich die Banken letztlich selbst kontrollieren konnten. Sowohl theoretische<br />

Überlegungen als auch e<strong>in</strong>e Reihe empirischer Untersuchungen zeigen nicht e<strong>in</strong>deutig, ob die kumulativen<br />

E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten von F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediären im deutschen Corporate Governance-System für<br />

die Wirtschaftsstruktur <strong>Deutsch</strong>lands <strong>in</strong> der Vergangenheit e<strong>in</strong>e positive oder negative Auswirkung hatten.<br />

Zur Diskussion vgl. Gerke/Mager (2003).<br />

29 E<strong>in</strong>e Ausnahme stellt die von der Union Investment Gesellschaft veröffentlichte Liste europäischer Konglomerate<br />

dar, die e<strong>in</strong>e unterdurchschnittliche Performance aufweisen. Union nutzt dabei CalPERS als Benchmark<br />

für die Corporate Governance-Regeln. Die Liste umfasst so prom<strong>in</strong>ente Namen wie z.B. Volkswagen<br />

AG. Die Union Investment Gesellschaft gehört zum Verbund der Genossenschaftsbanken.


20<br />

3 Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

Bislang gibt es ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Vorgehensweise der Rat<strong>in</strong>gagenturen zur Berücksichtigung<br />

von Pensionsverpflichtungen. Im Folgenden werden die von Moody’s und Standard & Poor’s<br />

gewählten Vorgehensweisen dargelegt, soweit sie sich aus eigenen Veröffentlichungen der<br />

Rat<strong>in</strong>gagenturen nachvollziehen lassen. Bei der Darstellung stehen Kapitalstrukturkennzahlen<br />

im Vordergrund, da hier die unterschiedliche Charakterisierung von Pensionsrückstellungen<br />

als Eigen- und/oder Fremdkapital am deutlichsten hervortritt. Die Vorgehensweise von Fitch<br />

wird nicht gesondert dargestellt, da sie bislang weniger gut dokumentiert ist und im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die Zuordnung von Pensionsrückstellungen für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen zum<br />

Eigen- und Fremdkapital derjenigen von Moody’s entspricht. 30<br />

3.1 Vorgehensweise von Moody’s<br />

3.1.1 Überblick<br />

Die Vorgehensweise von Moody’s zur Berücksichtigung von Pensionsrückstellungen bei der<br />

Berechnung von Jahresabschlusskennzahlen kann dem im November 1998 veröffentlichten<br />

Dokument „Moody’s Approach to Analyz<strong>in</strong>g Pension Obligations of Corporations“ entnommen<br />

werden. Alle folgenden Verweise auf die Vorgehensweise von Moody’s beziehen sich,<br />

soweit nicht anders gekennzeichnet, auf diese Veröffentlichung. 31<br />

Mit der gewählten Vorgehensweise beabsichtigt Moody’s e<strong>in</strong>e geeignete Ausgangsbasis für<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational vergleichende Unternehmensanalyse zu schaffen, die sowohl Unterschiede<br />

<strong>in</strong> den angewandten Rechnungslegungssystemen als auch Unterschiede aufgrund der Art der<br />

F<strong>in</strong>anzierung von Pensionszusagen ausgleicht. Hierzu werden folgende Schritte durchgeführt:<br />

• Die im Jahresabschluss angegebenen Werte werden soweit möglich h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

e<strong>in</strong>bezogenen E<strong>in</strong>flussparameter und der getroffenen Annahmen vere<strong>in</strong>heitlicht. Dies betrifft<br />

<strong>in</strong>sbesondere die E<strong>in</strong>beziehung künftiger Gehaltstrends und die Höhe des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes.<br />

30 Für e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>führende Darstellung der Vorgehensweise von Fitch vgl. Fitch Rat<strong>in</strong>gs (2003). Im H<strong>in</strong>blick auf<br />

die Zuordnung der Pensionsrückstellungen wird dort auf S. 7 ausgeführt: „the pension provisions [are] assumed<br />

to be funded by both debt and equity“.<br />

31 Das Dokument aus dem Jahr 1998 hat auch im Rahmen der aktuellen Diskussion se<strong>in</strong>e Gültigkeit nicht<br />

verloren. So bezieht sich e<strong>in</strong>e Moody’s-Veröffentlichung aus dem Mai 2003 explizit auf dieses Dokument,<br />

vgl. Moody’s (2003), S. 2.


21<br />

• Bilanziell nicht ausgewiesene Unter- und Überdeckungen von extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

werden dem Unternehmen als zusätzliche Verb<strong>in</strong>dlichkeit bzw. als kurzfristig<br />

verfügbare Mittel zugerechnet.<br />

• Die nach der Vornahme dieser Korrekturen ausgewiesenen Pensionsrückstellungen<br />

werden für Analysezwecke gedanklich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en externen Fonds ausgelagert. Dabei wird<br />

für Rückstellungen aufgrund von Deckungslücken („underfunded pension obligations“)<br />

e<strong>in</strong>e Ref<strong>in</strong>anzierung nur mit Fremdkapital und für Rückstellungen aufgrund <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter<br />

Pensionszusagen („unfunded pension obligations“) e<strong>in</strong>e Ref<strong>in</strong>anzierung mit<br />

Fremd- und Eigenkapital unterstellt.<br />

Im Folgenden werden diese Korrekturschritte detaillierter dargestellt und die Auswirkungen<br />

auf die Analysekennzahlen anhand e<strong>in</strong>es Zahlenbeispiels veranschaulicht.<br />

3.1.2 Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Korrekturschritt versucht Moody’s sicherzustellen, dass die Höhe der Pensionsverpflichtungen<br />

e<strong>in</strong>heitlich bestimmt wird. E<strong>in</strong> wichtiger Korrekturschritt ist hierbei die<br />

E<strong>in</strong>beziehung künftiger Lohn- und Gehaltssteigerungen. Anders als bei e<strong>in</strong>er Bewertung der<br />

Pensionsverpflichtung nach US-GAAP und IAS/IFRS s<strong>in</strong>d diese bei e<strong>in</strong>er Bewertung nach<br />

den Regeln des deutschen Steuerrechts nicht mit e<strong>in</strong>zubeziehen. 32 Um diesen Unterschied<br />

auszugleichen, erhöht Moody’s die Pensionsverpflichtung <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Altersstruktur<br />

der Belegschaft um 5% bis 15%, wenn deutsche Unternehmen ihre Pensionsverpflichtungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bilanz nach HGB mit dem steuerlich relevanten Wert ansetzen. Offen<br />

bleibt h<strong>in</strong>gegen, wie Moody’s <strong>in</strong> diesem Wertansatz ebenfalls nicht e<strong>in</strong>bezogene Rententrends<br />

berücksichtigt. Ebenso bleibt unklar, ob korrespondierend zu der Erhöhung der Pensionsrückstellungen<br />

e<strong>in</strong>e Eigenkapitalm<strong>in</strong>derung sowie aktive latente Steuern erfasst werden.<br />

E<strong>in</strong> zweiter wichtiger Korrekturschritt ist die Vere<strong>in</strong>heitlichung des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes zur<br />

Berechnung des Barwerts der bereits erdienten Pensionszusagen. Aufgrund der sehr langen<br />

Laufzeiten von Pensionsverpflichtungen stellt der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß e<strong>in</strong>en bedeutenden<br />

E<strong>in</strong>flussfaktor dar. Nach den Vorstellungen von Moody’s sollte er sich am aktuellen Kapitalmarktz<strong>in</strong>s<br />

für langfristige risikofreie Kapitalanlagen (z.B. zehnjährige Staatsanleihen) orientieren.<br />

Weicht der tatsächlich verwendete Z<strong>in</strong>sfuß hiervon ab, werden Korrekturen vorge-<br />

32 Vgl. hierzu im Detail Abschnitt 4.1.4.


22<br />

nommen. Diese werden entweder durch Sensitivitätsanalysen quantifiziert oder durch e<strong>in</strong>en<br />

pauschalen Zu- oder Abschlag vorgenommen. Letzteren gibt Moody’s mit e<strong>in</strong>er Barwerterhöhung<br />

bzw. -verm<strong>in</strong>derung der Pensionsverpflichtung um 7% bis 15% pro Prozentpunkt<br />

an, um den der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß gesenkt bzw. erhöht wird. Auch hier bleibt unklar, ob<br />

korrespondierend zur Veränderung der Pensionsrückstellungen das Eigenkapital modifiziert<br />

wird und latente Steuern e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Weitere Korrekturen betreffen versicherungsmathematische Annahmen (z.B. Lebenserwartung)<br />

und – bei Auslagerung von Pensionszusagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en externen Fonds – die erwartete<br />

Rendite des Fondsvermögens. Hier sieht Moody’s immer dann Handlungsbedarf, wenn die<br />

Annahmen erheblich von nationalen Durchschnittswerten bzw. aktuellen Kapitalmarktgegebenheiten<br />

abweichen. Für solche Korrekturen nutzt Moody’s nicht nur externe Informationsquellen,<br />

sondern greift auch auf Gespräche mit dem Management zurück, um mögliche<br />

Gründe für die beobachteten Abweichungen zu diskutieren.<br />

3.1.3 Nachbildung vollgedeckter externer Pensionsfonds<br />

Die im H<strong>in</strong>blick auf die Bewertungsparameter vere<strong>in</strong>heitlichten Pensionsverpflichtungen<br />

bilden die Ausgangsbasis für die weiteren Analyseschritte. Um <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit<br />

von Unternehmen mit vollgedeckten externen Pensionsfonds, Unternehmen mit unteroder<br />

übergedeckten Pensionsfonds („under-/overfunded“) und Unternehmen mit <strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen („unfunded“) herzustellen, simuliert Moody’s die vollständige<br />

Auslagerung von Pensionszusagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en vollgedeckten Pensionsfonds. Dabei differenziert<br />

Moody’s se<strong>in</strong>e Vorgehensweise danach, ob es sich um e<strong>in</strong>e Unter- oder Überdeckung e<strong>in</strong>es<br />

tatsächlich vorhandenen Fonds handelt oder ob <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen vorliegen.<br />

Ist nur e<strong>in</strong> relativ kle<strong>in</strong>er Teil der Pensionsverpflichtung nicht durch das Vermögen e<strong>in</strong>es<br />

externen Fonds gedeckt, nimmt Moody’s an, dass das Unternehmen die Deckungslücke<br />

vollständig durch Fremdkapital schließen wird. 33 Solche Deckungslücken treten typischerweise<br />

auf, wenn die Pensionszusagen vollständig über e<strong>in</strong>en Fonds f<strong>in</strong>anziert s<strong>in</strong>d, dessen Vermögen<br />

aber nicht ausreicht, um die aktuelle Pensionsverpflichtung <strong>in</strong> voller Höhe abzudecken.<br />

Moody’s misst die Deckunglücke dabei nicht anhand der bilanziell ausgewiesenen<br />

Werte, sondern bezieht sich auf die Differenz zwischen den aktuellen Werten der Pensions-<br />

33 Vgl. detaillierter zum analytischen Umgang mit Deckungslücken bei Anwendung von britischen (UK-<br />

GAAP) bzw. <strong>in</strong>ternationalen (IAS/IFRS) Bilanzierungsregeln auch Moody’s (2003).


23<br />

verpflichtung und des Fondsvermögens. Gleichzeitig soll das Eigenkapital <strong>in</strong> Höhe des<br />

Nachsteuereffekts der fiktiven Nachschusszahlung an den Pensionsfonds gem<strong>in</strong>dert werden.<br />

Dies ersche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs nur für den Teil der Deckungslücke e<strong>in</strong>leuchtend, der zuvor nicht<br />

bilanziell erfasst wurde. Übersteigt umgekehrt das Fondsvermögen die Pensionsverpflichtung,<br />

rechnet Moody’s dem Unternehmen zusätzliche liquide Mittel <strong>in</strong> Höhe der Differenz zu.<br />

Offen bleibt, ob <strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong>e Eigenkapitalmehrung <strong>in</strong> Höhe der bislang nicht bilanziell<br />

ausgewiesenen Überdeckung angenommen wird und wie hier ggf. anfallende latente Steuern<br />

berücksichtigt werden.<br />

Für Unternehmen, bei denen aufgrund e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen F<strong>in</strong>anzierung von Pensionszusagen ke<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds ausgelagertes Vermögen zur Deckung der Pensionszusagen existiert, wählt<br />

Moody’s e<strong>in</strong>e differenziertere Betrachtungsweise. Um die vollständige Auslagerung der<br />

Pensionszusagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds zu simulieren, werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt überschüssige<br />

liquide Mittel und kurzfristige Wertpapiere von der – um die im vorigen Abschnitt genannten<br />

Korrekturen modifizierten – Pensionsverpflichtung abgezogen. Moody’s verweist zur Begründung<br />

auf die Beobachtung, dass Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

i.d.R. deutlich mehr liquide Mittel und kurzfristige Wertpapiere vorhalten als für den normalen<br />

Geschäftsverlauf notwendig. Dabei geht Moody’s davon aus, dass kurzfristig verfügbare<br />

Mittel <strong>in</strong> Höhe von 3 % bis 5 % des Umsatzes zur F<strong>in</strong>anzierung des Tagesgeschäfts ausreichen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>ausgehende Beträge werden als überschüssig angesehen und mit der Pensionsverpflichtung<br />

verrechnet.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt wird e<strong>in</strong>e Annahme über die Ref<strong>in</strong>anzierung der unterstellten Auslagerung<br />

der Pensionsverpflichtung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds getroffen. Im Regelfall geht Moody’s davon<br />

aus, dass das Unternehmen hierbei beabsichtigt, das vor der Auslagerung geltende Verhältnis<br />

von F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten zu Eigenkapital beizubehalten. Folglich wird die Pensionsverpflichtung<br />

anteilig zum Eigen- und Fremdkapital addiert. Als Begründung für diese Vorgehensweise<br />

führt Moody’s an, dass die unterstellte Systemänderung von <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten auf<br />

fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen erhebliche Veränderungen der lokalen Kapitalmärkte nach<br />

sich ziehen würde. Insbesondere sei mit e<strong>in</strong>em Liquiditätsschub für Fremdkapital- und Eigenkapitalmärkte<br />

zu rechnen, der dem Management genügend Flexibilität gibt, die bisherigen<br />

F<strong>in</strong>anzierungsrelationen beizubehalten. Liegen allerd<strong>in</strong>gs konkrete Gründe vor, die gegen die<br />

Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals sprechen (z.B. Eigentümerstruktur), weicht Moody’s<br />

von der Annahme e<strong>in</strong>er anteiligen Ref<strong>in</strong>anzierung ab und unterstellt e<strong>in</strong>en höheren Anteil der<br />

Fremdkapitalf<strong>in</strong>anzierung.


24<br />

3.1.4 E<strong>in</strong>fluss auf Analysekennzahlen<br />

Moody’s nennt verschiedene Jahresabschlusskennzahlen, die durch das beschriebene Vorgehen<br />

im Vergleich zu e<strong>in</strong>er gänzlichen Vernachlässigung von Pensionsverpflichtungen betroffen<br />

s<strong>in</strong>d. Hierzu zählen die Fremdkapitalquote (leverage), die Netto-Fremdkapitalquote (net<br />

leverage), die Entschuldungsquote (dynamic leverage) und der Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad (<strong>in</strong>terest<br />

coverage).<br />

Zur Illustration der Auswirkungen wird hier e<strong>in</strong> Zahlenbeispiel e<strong>in</strong>geführt. 34 Folgende Daten<br />

sollen für das Beispielunternehmen gelten, das nur über <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen<br />

verfügt:<br />

A Eigenkapital 2.000<br />

B Fremdkapital (ohne Pensionsrückstellungen) 1.500<br />

C Pensionsrückstellungen 2.000<br />

D Liquide Mittel 900<br />

E Umsatz 10.000<br />

F EBIT 500<br />

G Pensionsaufwand 300<br />

H davon Z<strong>in</strong>sen (0,06 x C) 120<br />

I davon Dienstzeitaufwand (G – H) 180<br />

J Fremdkapitalz<strong>in</strong>ssatz 8 %<br />

K Z<strong>in</strong>saufwand (J x B) 120<br />

L Reta<strong>in</strong>ed Cash Flow 700<br />

M Veränderung der Pensionsrückstellungen 100<br />

Die Pensionsrückstellungen soll so bemessen se<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong>e Korrekturen aufgrund von<br />

Bewertungsparametern notwendig s<strong>in</strong>d, und stellt somit die Ausgangsbasis für die simulierte<br />

Auslagerung der Pensionsverpflichtungen dar. Hierzu s<strong>in</strong>d zunächst die überschüssigen<br />

liquiden Mittel abzuziehen. Geht man davon aus, dass 5 % des Umsatzes zur F<strong>in</strong>anzierung<br />

des Tagesgeschäfts benötigt werden, s<strong>in</strong>d liquide Mittel <strong>in</strong> Höhe von 400 Gelde<strong>in</strong>heiten als<br />

überschüssig anzusehen und mit der Pensionsrückstellung zu saldieren. Die verbleibenden<br />

1.600 Gelde<strong>in</strong>heiten s<strong>in</strong>d für die Analyse dem Eigen- und Fremdkapital entsprechend deren<br />

Verhältnis ohne Berücksichtigung der Pensionsrückstellungen zuzuschlagen. Die Summe aus<br />

Eigen- und Fremdkapital beträgt im Zahlenbeispiel 3.500 Gelde<strong>in</strong>heiten, wovon 57,14 % auf<br />

Eigenkapital (2.000 von 3.500) und 42,86 % auf Fremdkapital (1.500 von 3.500) entfallen.<br />

34 Das Beispiel ist an e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Moody’s (1998) präsentiertes Zahlenbeispiel angelehnt, jedoch wurde es an<br />

e<strong>in</strong>igen Stellen vere<strong>in</strong>facht und durch veränderte Annahmen plausibel gemacht.


25<br />

Dementsprechend ist die Pensionsrückstellung dem Eigenkapital mit (0,5714 x 1.600 =) 914,3<br />

und dem Fremdkapital mit (0,4286 x 1.600 =) 685,7 Gelde<strong>in</strong>heiten zuzuschlagen, so dass sich<br />

folgende Größen ergeben:<br />

N Pensionsadjustiertes Eigenkapital (A + 914,3) 2.914<br />

O Pensionsadjustiertes Fremdkapital (B + 685,7) 2.186<br />

P Pensionsadjustierte liquide Mittel (0,05 x E) 500<br />

Die Fremdkapitalquote ist def<strong>in</strong>iert als Quotient aus Fremdkapital zu Gesamtkapital. Durch<br />

die beschriebene Vorgehensweise mit anteiliger Zurechnung von Rückstellungen für <strong>in</strong>tern<br />

f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen erhöht sich das Fremdkapital nur anteilig, während die Rückstellung<br />

<strong>in</strong> voller Höhe dem Gesamtkapital zugeschlagen wird. Da sich der dem Fremdkapital<br />

zugeordnete Anteil an der Fremdkapitalquote ohne Berücksichtigung von Pensionsverpflichtungen<br />

orientiert, ändert sich durch dieses Vorgehen die ausgewiesene Fremdkapitalquote<br />

nicht. Im Zahlenbeispiel gilt:<br />

Fremdkapitalquote, ohne Pensionsverpflichtungen = B / (A + B) = 42,9 %<br />

Fremdkapitalquote, pensionsadjustiert = O / (N + O) = 42,9 %<br />

Zur Berechnung der Netto-Fremdkapitalquote wird das Fremdkapital mit den kurzfristig<br />

verfügbaren Mitteln auf der Aktivseite (liquide Mittel und kurzfristige Wertpapieranlagen)<br />

saldiert. Hier ergeben sich bereits deshalb Verschiebungen, da sich durch die E<strong>in</strong>beziehungen<br />

von Pensionsverpflichtungen sowohl das Fremd- als auch das Gesamtkapital erhöhen, die<br />

kurzfristig verfügbaren Mittel aber <strong>in</strong> ihrer Höhe ke<strong>in</strong>esfalls steigen. Vielmehr s<strong>in</strong>ken sie<br />

sogar immer dann, wenn e<strong>in</strong> Teil dieser Mittel als überschüssig identifiziert wurde und<br />

deshalb im Rahmen der fiktiven Auslagerung dem Pensionsfonds zugerechnet wurde. In<br />

diesem Fall kann sich die Kennzahl deutlich verschlechtern, wie das Zahlenbeispiel zeigt: 35<br />

Netto-Fremdkapitalquote, ohne Pensionsverpfl. = (B – D) / (A + B – D) = 23,1 %<br />

Netto-Fremdkapitalquote, pensionsadjustiert = (O – P) / (N + O – P) = 36,6 %<br />

Die Entschuldungsquote wird von Moody’s def<strong>in</strong>iert als Quotient aus dem Reta<strong>in</strong>ed Cash<br />

Flow (operativer Cash Flow vor Work<strong>in</strong>g Capital-Veränderungen und nach Abzug von<br />

35 In Moody’s (1998), S. 8, s<strong>in</strong>d die Berechnungsformeln für die „normale“ und die pensionsadjustierte Netto-<br />

Fremdkapitalquote h<strong>in</strong>sichtlich der abgezogenen liquiden Mittel nicht konsistent. Zudem lässt sich das für<br />

die pensionsadjustierte Netto-Fremdkapitalquote angegebene Ergebnis nicht mit der Formel berechnen. Die<br />

hier verwendete Formel ist so gewählt, dass die Berechnung mit derjenigen für die „normale“ Kennzahl logisch<br />

übere<strong>in</strong>stimmt.


26<br />

Dividenden) und dem Fremdkapital. Durch die simulierte Auslagerung der Pensionsverpflichtungen<br />

verändert sich der Reta<strong>in</strong>ed Cash Flow, da die zahlungsunwirksame Erhöhung der<br />

Pensionsrückstellungen hier gedanklich zu e<strong>in</strong>er Auszahlung an den Pensionsfonds führt.<br />

Gleichzeitig steigt das Fremdkapital aufgrund der anteiligen Zurechnung der Pensionsrückstellungen.<br />

Durch das Zusammenwirken dieser beiden Effekte kann es zu e<strong>in</strong>er deutlichen<br />

Verschlechterung der Kennzahl kommen, wie sich im Zahlenbeispiel zeigt:<br />

Entschuldungsquote, ohne Pensionsverpflichtungen = L / B = 46,7 %<br />

Entschuldungsquote, pensionsadjustiert = (L – M) / O = 27,4 %<br />

Der Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad wird als Quotient aus dem Ergebnis vor Z<strong>in</strong>sen und Steuern (EBIT)<br />

und dem Z<strong>in</strong>saufwand des Unternehmens berechnet. Um die Pensionsverpflichtungen im<br />

EBIT zu berücksichtigen, sieht Moody’s vor, den im Pensionsaufwand enthaltenen Z<strong>in</strong>santeil<br />

zu addieren. Gleichzeitig soll der ausgewiesene Z<strong>in</strong>saufwand um die Verz<strong>in</strong>sung auf den als<br />

Fremdkapital gewerteten Teil der Pensionsrückstellungen h<strong>in</strong>zugerechnet werden. Durch die<br />

beiden gegenläufigen Effekte ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Aussage über die Veränderung der Kennzahl<br />

grundsätzlich nicht möglich. E<strong>in</strong>e Verbesserung der Kennzahl ist allerd<strong>in</strong>gs nur bei sehr<br />

niedrigem Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad zu erwarten. Im Zahlenbeispiel ergibt sich e<strong>in</strong>e Verschlechterung<br />

der Kennzahl:<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad, ohne Pensionsverpflichtungen = F / K = 4,17<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad, pensionsadjustiert = (F + H) / [K + (O – B) x J] = 3,54<br />

Das Zahlenbeispiel zeigt, dass sich die Kennzahlen mit Ausnahme der Fremdkapitalquote<br />

durch die E<strong>in</strong>beziehung der Pensionsverpflichtungen deutlich verschlechtern. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />

diese Aussage nur von begrenzter Aussagekraft, da die Kennzahlenberechnung ohne Berücksichtigung<br />

von Pensionsrückstellungen den bei deutschen Unternehmen nicht selten größten<br />

Posten auf der Passivseite gänzlich vernachlässigt.<br />

3.1.5 Weitergehende Analyseschritte<br />

Moody’s beschränkt sich bei der Analyse von Pensionsverpflichtungen nicht alle<strong>in</strong> auf die<br />

Berechnung der genannten Jahresabschlusskennzahlen. Zusätzlich wird auch untersucht, <strong>in</strong><br />

welchem Verhältnis die Verpflichtungen aufgrund von Pensionszusagen zum sonstigen<br />

Fremdkapital stehen. Hierbei ist <strong>in</strong>sbesondere die Rangfolge der verschiedenen Schuldpositionen<br />

im Insolvenzfall von Bedeutung. Moody’s weist hier zutreffend darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong>


27<br />

<strong>Deutsch</strong>land der Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG die Zahlungsverpflichtungen <strong>in</strong>solventer<br />

Unternehmen gegenüber den Versorgungsberechtigten übernimmt und dann gleichrangig mit<br />

anderen Gläubigern Forderungen an das Unternehmen stellt.<br />

3.2 Vorgehensweise von Standard & Poor’s<br />

3.2.1 Überblick<br />

Standard & Poor’s hat im März 2003 die beiden Arbeitspapiere „Adjust<strong>in</strong>g F<strong>in</strong>ancials for<br />

Postretirement Liabilities“ und „Standard & Poor’s Criteria for Assess<strong>in</strong>g Postretirement<br />

Obligations“ vorgelegt. 36 Alle folgenden Verweise auf die Vorgehensweise von Standard &<br />

Poor’s beziehen sich, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf diese Veröffentlichungen.<br />

In diesen Dokumenten legt Standard & Poor’s e<strong>in</strong>e grundlegende Veränderung im Umgang<br />

mit Pensionszusagen und ähnlichen Verpflichtungen (z.B. Gesundheitsfürsorgeverpflichtungen)<br />

dar. Während solche Verpflichtungen zuvor bei der Berechnung von Jahresabschlusskennzahlen<br />

überhaupt nicht berücksichtigt wurden, sollen sie nun mit dem Betrag, der nicht<br />

durch das Vermögen e<strong>in</strong>es externen Pensionsfonds gedeckt ist, vollständig dem Fremdkapital<br />

zugeschlagen werden. Generell ist die neue Vorgehensweise von Standard & Poor’s durch<br />

folgende Schritte gekennzeichnet:<br />

• Die im Jahresabschluss für die Pensionsverpflichtungen angegebenen Werte werden im<br />

H<strong>in</strong>blick auf die zugrunde gelegten Annahmen überprüft. Hierbei wird vor allem auf<br />

Konsistenz sowohl mit den Eigenschaften des analysierten Unternehmens als auch mit<br />

Vergleichsgrößen anderer Unternehmen geachtet.<br />

• Bilanziell nicht ausgewiesene Unterdeckungen von extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

werden dem Unternehmen zusätzlich als Pensionsrückstellung zugerechnet. Fondsüberdeckungen<br />

werden demgegenüber nicht berücksichtigt.<br />

• Die nach diesen Korrekturschritten ausgewiesenen Pensionsrückstellungen werden<br />

unabhängig davon, ob sie aufgrund e<strong>in</strong>er Unterdeckung e<strong>in</strong>es externen Pensionsfonds<br />

oder aufgrund <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter Pensionszusagen gebildet wurden, <strong>in</strong> voller Höhe dem<br />

Fremdkapital zugerechnet.<br />

36 Der Inhalt dieser Dokumente ist auch bereits <strong>in</strong> die von Standard & Poor’s veröffentlichte Dokumentation<br />

„Corporate Rat<strong>in</strong>gs Criteria“ e<strong>in</strong>bezogen worden, vgl. Standard & Poor’s (2003d), S. 107 ff.


28<br />

Im Folgenden werden diese Korrekturschritte detaillierter dargestellt und die Auswirkungen<br />

auf die Analysekennzahlen anhand des <strong>in</strong> Abschnitt 3.1.4 e<strong>in</strong>geführten Zahlenbeispiels<br />

veranschaulicht. Anschließend erfolgt <strong>in</strong> Abschnitt 3.3 e<strong>in</strong>e Gegenüberstellung der Ansätze<br />

von Moody’s und Standard & Poor’s.<br />

3.2.2 Ermittlung der Verpflichtungshöhe<br />

Um die für die Kennzahlenanalyse im Rahmen des Rat<strong>in</strong>gprozesses relevante Verpflichtungshöhe<br />

zu ermitteln, durchleuchtet Standard & Poor’s <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt die von den<br />

Unternehmen getroffenen Annahmen für verschiedene pensionsbezogenen Bewertungsparameter.<br />

Als wichtige Größen nennt Standard & Poor’s hier die erwarteten Lohn- und Gehaltssteigerungen,<br />

den Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß, die erwartete Rendite des Fondsvermögens bei externer<br />

F<strong>in</strong>anzierung und versicherungsmathematische Annahmen. Anpassungen werden wohl<br />

größtenteils durch pauschale Zu- und Abschläge vorgenommen. Beispielsweise geht Standard<br />

& Poor’s von e<strong>in</strong>er Barwertveränderung der Pensionsverpflichtung um 10% bis 15% pro<br />

Prozentpunkt aus, um den der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß verändert wird.<br />

Standard & Poor’s orientiert sich im Rahmen des Rat<strong>in</strong>gprozesses nicht an dem bilanziell<br />

ausgewiesenen Teil möglicher Deckungslücken, sondern ermittelt diese als Differenz zwischen<br />

dem angepassten Wert der Pensionsverpflichtung und dem aktuellen Wert des Fondsvermögens.<br />

Die Differenz zwischen der tatsächlichen Deckungslücke und dem bilanziell<br />

erfassten Teil wird unter Berücksichtigung latenter Steuern erfolgsneutral mit dem Eigenkapital<br />

verrechnet. Gleiches gilt für e<strong>in</strong>en bei e<strong>in</strong>er Bilanzierung nach US-GAAP möglicherweise<br />

ausgewiesenen Aktivposten. 37<br />

Vere<strong>in</strong>fachend fasst Standard & Poor’s dabei alle Pensionsfonds e<strong>in</strong>es Unternehmens zusammen<br />

und rechnet Über- und Unterdeckungen gegene<strong>in</strong>ander auf. Dies wird als zulässig erachtet,<br />

da sich auf lange Sicht Verschiebungen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Pensionsplänen e<strong>in</strong>es<br />

Unternehmens ergeben, <strong>in</strong>dem ger<strong>in</strong>gere Zuführungen an überdeckte Fonds und höhere<br />

Zuführungen an unterdeckte Fonds geleistet werden.<br />

Die auf diese Weise ermittelte Deckungslücke wird im Rahmen der Kennzahlenanalyse <strong>in</strong><br />

voller Höhe dem Fremdkapital zugerechnet. Dies gilt gleichermaßen für Unterdeckungen<br />

37 E<strong>in</strong>e detaillierte Darstellung der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach US-GAAP und weiteren<br />

Rechnungslegungssystemen erfolgt <strong>in</strong> Abschnitt 4.1.


29<br />

externer Fonds und für Rückstellungen aufgrund <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter Pensionszusagen, die<br />

naturgemäß <strong>in</strong> voller Höhe nicht durch das Vermögen e<strong>in</strong>es externen Fonds gedeckt s<strong>in</strong>d.<br />

S<strong>in</strong>d die Pensionsfonds e<strong>in</strong>es Unternehmens <strong>in</strong> der Summe überdeckt, hat dies nach dem<br />

Ansatz von Standard & Poor’s ke<strong>in</strong>e Konsequenzen für die Kennzahlenanalyse. E<strong>in</strong>e Zurechnung<br />

der Überdeckung zum Vermögen des Unternehmens wird abgelehnt, da die überschüssigen<br />

Mittel nicht kurzfristig vom Unternehmen genutzt werden können. Allerd<strong>in</strong>gs weist<br />

Standard & Poor’s darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situation die Auswirkungen auf künftige<br />

Cash Flows <strong>in</strong> der Analyse Berücksichtigung f<strong>in</strong>den sollten.<br />

3.2.3 E<strong>in</strong>fluss auf Analysekennzahlen<br />

Als wichtige Analysekennzahlen, die sich aufgrund der neuen Methodik zur Berücksichtigung<br />

von Pensionsverpflichtungen ändern, nennt Standard & Poor’s die Fremdkapitalquote, die<br />

Entschuldungsquote und den Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad. Zur Illustration der Auswirkungen soll<br />

wieder das obige Zahlenbeispiel betrachtet werden. Die hierbei verwendeten Zahlen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

der folgenden Tabelle noch e<strong>in</strong>mal aufgeführt.<br />

A Eigenkapital 2.000<br />

B Fremdkapital (ohne Pensionsrückstellungen) 1.500<br />

C Pensionsrückstellungen 2.000<br />

D Liquide Mittel 900<br />

E Umsatz 10.000<br />

F EBIT 500<br />

G Pensionsaufwand 300<br />

H davon Z<strong>in</strong>sen (0,06 x C) 120<br />

I davon Dienstzeitaufwand (G – H) 180<br />

J Fremdkapitalz<strong>in</strong>ssatz 8 %<br />

K Z<strong>in</strong>saufwand (J x B) 120<br />

L Funds From Operations 700<br />

M Veränderung der Pensionsrückstellungen 100<br />

Die von Standard & Poor’s als „Funds From Operations“ bezeichnete Größe kann hier vere<strong>in</strong>fachend<br />

als mit der von Moody’s als „Reta<strong>in</strong>ed Cash Flow“ bezeichneten Größe identisch


30<br />

angenommen werden. 38 Wie oben sei weiterh<strong>in</strong> unterstellt, die Pensionsverpflichtung sei so<br />

berechnet, dass ke<strong>in</strong> Anpassungsbedarf aufgrund der getroffenen Annahmen existiere. Weiterh<strong>in</strong><br />

soll sie bereits <strong>in</strong> voller Höhe als Rückstellung erfasst se<strong>in</strong>. Standard & Poor’s rechnet<br />

die Rückstellung für die Kennzahlenberechnung nach der neuen Methodik <strong>in</strong> voller Höhe dem<br />

Fremdkapital zu. Folglich ergibt sich:<br />

N Pensionsadjustiertes Eigenkapital (A) 2.000<br />

O Pensionsadjustiertes Fremdkapital (B + 2.000) 3.500<br />

Für die Fremdkapitalquote ergibt sich nun folgendes Bild:<br />

Fremdkapitalquote, ohne Pensionsverpflichtungen = B / (A + B) = 42,9 %<br />

Fremdkapitalquote, pensionsadjustiert = O / (N + O) = 63,6 %<br />

Um Vergleichbarkeit mit dem Ansatz von Moody’s zu erreichen, wird hier zusätzlich zu den<br />

von Standard & Poor’s genannten Kennzahlen auch die Netto-Fremdkapitalquote berechnet.<br />

Hierbei s<strong>in</strong>d nun auch nach der Pensionsadjustierung die gesamten kurzfristig verfügbaren<br />

Mittel abzuziehen, da ke<strong>in</strong>e gedankliche Auslagerung von Teilen davon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en externen<br />

Fonds erfolgt. Dementsprechend ergeben sich folgenden Kennzahlenwerte:<br />

Netto-Fremdkapitalquote, ohne Pensionsverpfl. = (B – D) / (A + B – D) = 23,1 %<br />

Netto-Fremdkapitalquote, pensionsadjustiert = (O – D) / (N + O – D) = 56,5 %<br />

Die Entschuldungsquote wird von Standard & Poor’s als Quotient aus den Funds From<br />

Operations und dem Fremdkapital def<strong>in</strong>iert. Die Funds From Operations s<strong>in</strong>d nur dann zu<br />

korrigieren, wenn zahlungswirksame Pensionsaufwendungen als Kapitalrückzahlung umklassifiziert<br />

werden. 39 Dies ist im Zahlenbeispiel nicht der Fall. Das Fremdkapital ist um die volle<br />

Höhe der ungedeckten Pensionsverpflichtungen zu erhöhen. Dementsprechend gilt für das<br />

Zahlenbeispiel:<br />

38 Die Funds from Operations s<strong>in</strong>d def<strong>in</strong>iert als: Net <strong>in</strong>come from cont<strong>in</strong>u<strong>in</strong>g operations plus depreciation,<br />

amortization, deferred <strong>in</strong>come taxes, and other non-cash items; der Reta<strong>in</strong>ed Cash Flow als: Operat<strong>in</strong>g cash<br />

flow before work<strong>in</strong>g capital uses m<strong>in</strong>us dividends paid. Für die hier unterstellten e<strong>in</strong>fachen Unternehmensstrukturen<br />

kann also von e<strong>in</strong>er Übere<strong>in</strong>stimmung ausgegangen werden, soweit im laufenden Jahr ke<strong>in</strong>e Dividenden<br />

ausbezahlt werden.<br />

39 Standard & Poor’s sieht dies vor, wenn Nachschusszahlungen an e<strong>in</strong>en Pensionsfonds geleistet werden, die<br />

die Summe aus Z<strong>in</strong>s- und Dienstzeitaufwendungen deutlich übersteigen und aufgrund fehlender Rückstellungen<br />

im laufenden Jahr aufwandswirksam s<strong>in</strong>d. Bei <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen kann es zu vergleichbaren<br />

Zahlungen nicht kommen, da Auszahlungen an die Pensionäre sowieso zu e<strong>in</strong>er erfolgsneutralen<br />

Verm<strong>in</strong>derung der Pensionsrückstellungen führen.


31<br />

Entschuldungsquote, ohne Pensionsverpflichtungen = L / B = 46,7 %<br />

Entschuldungsquote, pensionsadjustiert = L / O = 20,0 %<br />

Bei der Pensionsadjustierung des Z<strong>in</strong>sdeckungsgrads s<strong>in</strong>d nach Standard & Poor’s Zähler und<br />

Nenner zu modifizieren. Das EBIT ist um den Z<strong>in</strong>santeil des Pensionsaufwands zu erhöhen,<br />

um e<strong>in</strong>en vollständigen Ergebnisausweis vor Abzug von Z<strong>in</strong>sen herzustellen. Gleichzeitig ist<br />

der Z<strong>in</strong>saufwand um den gleichen Betrag zu erhöhen. Im Zahlenbeispiel ergeben sich folgende<br />

Kennzahlenwerte:<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad, ohne Pensionsverpflichtungen = F / K = 4,17<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad, pensionsadjustiert = (F + H) / (K + H) = 2,58<br />

Das Zahlenbeispiel verdeutlicht, dass der Methodenwechsel von Standard & Poor’s zu e<strong>in</strong>er<br />

erheblichen Verschlechterung aller betrachteten Analysekennzahlen führt. Dies könnte im<br />

Rat<strong>in</strong>gprozess durch e<strong>in</strong>e Anpassung der Referenzwerte kompensiert werden, die von Standard<br />

& Poor’s jedoch nicht vorgesehen ist:<br />

„Standard & Poor’s does not <strong>in</strong>tend to recalculate its published key <strong>in</strong>dustrial and<br />

utility f<strong>in</strong>ancial ratios […]. Because most U.S. companies’ pension plans were<br />

fully funded through the latter half of the 1990s, Standard & Poor’s believes such<br />

adjustments would not make a substantial difference to the published medians.“ 40<br />

Für US-amerikanische Unternehmen mit externer F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen ersche<strong>in</strong>t<br />

diese Argumentation durchaus e<strong>in</strong>leuchtend. Sie übersieht allerd<strong>in</strong>gs, dass Unternehmen mit<br />

<strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen auch während des Börsen-Booms der späten 1990er Jahre<br />

stets hohe Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> ihren Bilanzen ausgewiesen haben, die nicht <strong>in</strong> die<br />

Kennzahlenberechnung e<strong>in</strong>bezogen wurden. Die undifferenzierte Anwendung unveränderter<br />

Referenzwerte ersche<strong>in</strong>t vor diesem H<strong>in</strong>tergrund fraglich, zumal sie erhebliche Konsequenzen<br />

für das Rat<strong>in</strong>gergebnis haben kann.<br />

3.2.4 Weitergehende Analyseschritte<br />

Als über die Kennzahlenberechnung h<strong>in</strong>ausgehende Analyseschritte nennt Standard & Poor’s<br />

die Abschätzung künftiger Zahlungswirkungen aufgrund der Pensionszusagen und die Analyse<br />

der Rangfolge der Schuldpositionen im Insolvenzfall.<br />

40 Standard & Poor’s (2003a), S. 6.


32<br />

Im Rahmen der Analyse der künftigen Zahlungswirkungen betrachtet Standard & Poor’s vor<br />

allem das <strong>in</strong>stitutionelle Umfeld und die daraus erwachsende f<strong>in</strong>anzielle Flexibilität. Als<br />

Beispiele werden die <strong>in</strong> den USA durch den Employee Retirement and Income Security Act<br />

(ERISA) festgelegten M<strong>in</strong>destzahlungen an externe Pensionsfonds genannt, die den Unternehmen<br />

e<strong>in</strong>en relativ großen Spielraum bei der zeitlichen Umschichtung von Pensionszahlungen<br />

geben. Als besonderes starr werden <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen<br />

angesehen, da sowohl die Höhe als auch der Zeitpunkt der Pensionszahlungen durch die<br />

Ansprüche der Pensionäre bei Fälligkeit e<strong>in</strong>deutig festgelegt ist.<br />

Ebenfalls durch e<strong>in</strong>e Analyse des <strong>in</strong>stitutionellen Umfelds wird die Vor- bzw. Nachrangigkeit<br />

der Pensionsverpflichtungen beurteilt. Hierbei wird unterschieden, ob e<strong>in</strong> Unternehmen im<br />

Insolvenzfall liquidiert oder reorganisiert wird. Standard & Poor’s geht davon aus, dass <strong>in</strong><br />

letzterem Fall faktisch ke<strong>in</strong>e Gleichstellung der Pensionsverpflichtung mit anderen ungesicherten<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeiten erfolgt.<br />

3.3 Gegenüberstellung der Ansätze<br />

Die auf den öffentlich zugänglichen Informationen basierende Darstellung der Ansätze von<br />

Moody’s und Standard & Poor’s hat sowohl Geme<strong>in</strong>samkeiten als auch Unterschiede aufgezeigt.<br />

Die folgende Tabelle stellt die wesentlichen Punkte noch e<strong>in</strong>mal gegenüber.<br />

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Ansätze von Moody’s und Standard & Poor’s<br />

Analysebereich Moody’s Standard & Poor’s<br />

E<strong>in</strong>beziehung von<br />

Gehalts- und ggf. Rententrends<br />

Höhe des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes<br />

Erwartete Rendite des<br />

Fondsvermögens<br />

Versicherungsmathematische<br />

Annahmen<br />

E<strong>in</strong>fluss des Rechnungslegungssystems<br />

Bei e<strong>in</strong>er Bewertung ohne E<strong>in</strong>beziehung<br />

von Gehaltstrends erfolgt e<strong>in</strong>e pauschale<br />

Erhöhung der Pensionsverpflichtung um<br />

5% bis 15%. Korrekturen für die<br />

fehlende Berücksichtigung von Rententrends<br />

werden nicht genannt.<br />

Der verwendete Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß<br />

wird auf Konsistenz mit den Kapitalmarktgegebenheiten<br />

überprüft und die<br />

Bewertung ggf. durch pauschale Zubzw.<br />

Abschläge korrigiert.<br />

Annahmen werden auf Plausibilität<br />

überprüft und ggf. korrigiert.<br />

Vere<strong>in</strong>heitlichung erfolgt fallweise nach<br />

Diskussion mit Management.<br />

Erfassung der Deckungslücke unabhängig<br />

vom bilanziellen Ausweis als<br />

Differenz zwischen korrigierter Pensionsverpflichtung<br />

und ggf. Fondsvermögen.<br />

Die getroffenen Annahmen werden auf<br />

Plausibilität und <strong>in</strong>terne Konsistenz<br />

überprüft. Außerhalb des Toleranzbereichs<br />

liegende Annahmen werden<br />

durch pauschale Zu- bzw. Abschläge<br />

korrigiert.<br />

Vere<strong>in</strong>heitlichung wird als s<strong>in</strong>nvoll, aber<br />

praktisch kaum durchführbar erachtet.<br />

Erfassung der Deckungslücke unabhängig<br />

vom bilanziellen Ausweis als<br />

Differenz zwischen korrigierter Pensionsverpflichtung<br />

und ggf. Fondsvermögen.


33<br />

Behandlung von<br />

Deckungslücken<br />

Behandlung von Überdeckungen<br />

Weitergehende Analyseschritte<br />

Fiktive Auslagerung der korrigierten<br />

Rückstellung;<br />

bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung („unfunded“)<br />

wird Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und<br />

Eigenkapital, bei externer F<strong>in</strong>anzierung<br />

(„underfunded“) nur durch Fremdkapital<br />

unterstellt.<br />

Überdeckungen externer Fonds werden<br />

dem Unternehmen als liquide Mittel<br />

zugerechnet<br />

Vor-/Nachrangigkeit gegenüber anderen<br />

Schuldpositionen im Insolvenzfall<br />

Korrigierte Rückstellung wird <strong>in</strong> voller<br />

Höhe dem Fremdkapital zugerechnet.<br />

Ke<strong>in</strong>e Berücksichtigung von Überdeckungen<br />

im Rahmen der Kennzahlenberechnung<br />

Künftige Cash Flow-Wirkungen der<br />

Pensionsverpflichtungen;<br />

Vor-/Nachrangigkeit gegenüber anderen<br />

Schuldpositionen im Insolvenzfall<br />

Insgesamt zeigt sich, dass bei den ersten Analyseschritten große Geme<strong>in</strong>samkeiten der beiden<br />

Ansätze bestehen. Sowohl Moody’s als auch Standard & Poor’s überprüfen die bei der Berechnung<br />

der Pensionsverpflichtung getroffenen Annahmen und berücksichtigen hierbei<br />

Differenzen durch pauschale Zu- bzw. Abschläge. Unterschiede f<strong>in</strong>den sich hier nur im<br />

Detail, z.B. bei der Festlegung des Normalbereichs für die Annahmen und bei der Höhe der<br />

Zu- und Abschläge.<br />

Übere<strong>in</strong>stimmend lösen sich auch beide Rat<strong>in</strong>gagenturen von den bilanziell ausgewiesenen<br />

Werten und ermitteln e<strong>in</strong>e Unter- oder Überdeckung als Differenz zwischen der Pensionsverpflichtung<br />

und dem aktuellen Wert des ggf. vorhandenen Fondsvermögens. Standard &<br />

Poor’s legt hierbei <strong>in</strong> größerem Detail dar, welche Auswirkungen die Korrektur der Pensionsrückstellungen<br />

für andere Bilanzpositionen – <strong>in</strong>sbesondere das Eigenkapital, die latenten<br />

Steuern sowie e<strong>in</strong>en aufgrund der Pensionsbilanzierung nach US-GAAP ausgewiesenen<br />

immateriellen Vermögensgegenstand – hat. Bei Moody’s existieren solche detaillierten<br />

Ausführungen nur für britische (UK-GAAP) und <strong>in</strong>ternationale (IAS/IFRS) Bilanzierungsnormen.<br />

Identisch ist die Vorgehensweise von Moody’s und Standard & Poor’s auch bei der Behandlung<br />

von Deckungslücken externer Pensionsfonds. Beide rechnen diese dem Fremdkapital zu,<br />

wenn auch mit unterschiedlicher Begründung. Moody’s unterstellt e<strong>in</strong>e fiktive Auslagerung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Fonds bei gleichzeitiger Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremdkapital. Standard & Poor’s geht<br />

h<strong>in</strong>gegen grundsätzlich davon aus, dass Pensionsrückstellungen dem Fremdkapital zuzurechnen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Der zentrale Unterschied zwischen den beiden Vorgehensweisen liegt <strong>in</strong> der Berücksichtigung<br />

von Rückstellungen für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen. Während Standard & Poor’s


34<br />

diese genauso wie Deckungslücken externer Fonds dem Fremdkapital zurechnet, geht Moody’s<br />

hier mit Blick auf die <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit von e<strong>in</strong>er fiktiven Auslagerung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Fonds bei gleichzeitiger Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und Eigenkapital aus. Im Regelfall<br />

wird dabei e<strong>in</strong>e Ref<strong>in</strong>anzierung entsprechend der bisherigen Kapitalstruktur ohne Berücksichtigung<br />

von Pensionsverpflichtungen unterstellt. Durch diesen Unterschied kann es zu erheblichen<br />

Abweichungen bei zentralen Jahresabschlusskennzahlen kommen. Die folgende Tabelle<br />

fasst die oben im Zahlenbeispiel berechneten Kennzahlenwerte noch e<strong>in</strong>mal zusammen:<br />

Tabelle 2: Kennzahlenwerte im Zahlenbeispiel<br />

Kennzahl Moody’s S&P alt S&P neu<br />

Fremdkapitalquote 42,9 % 42,9 % 63,6 %<br />

Netto-Fremdkapitalquote 36,6 % 23,1 % 56,5 %<br />

Entschuldungsquote 27,4 % 46,7 % 20,0 %<br />

Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad 3,54 4,17 2,58<br />

E<strong>in</strong> weiterer Unterschied im Rahmen der Kennzahlenberechnung liegt <strong>in</strong> der Behandlung von<br />

Überdeckungen externer Pensionsfonds. Moody’s rechnet dem Unternehmen <strong>in</strong> Höhe der<br />

Überdeckung liquide Mittel zu. Standard & Poor’s sieht demgegenüber hierfür ke<strong>in</strong>e Rechtfertigung,<br />

da diese Mittel nicht kurzfristig zur Schuldendeckung verfügbar s<strong>in</strong>d. Durch die<br />

Auswirkungen auf die Höhe des Gesamtkapitals und die Höhe der kurzfristig verfügbaren<br />

Mittel können sich hierdurch Abweichungen bei den Kennzahlen Fremdkapitalquote und<br />

Netto-Fremdkapitalquote ergeben.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich weitergehender Analyseschritte gibt Standard & Poor’s explizit an, die Wirkung<br />

der Pensionszusagen auf künftige Zahlungen abzuschätzen. Bei Moody’s fehlt e<strong>in</strong> solcher<br />

H<strong>in</strong>weis, obwohl auch hier die künftige Cash Flow-Entwicklung von großer Bedeutung für<br />

das Rat<strong>in</strong>gergebnis ist. 41 Übere<strong>in</strong>stimmend geben beide Rat<strong>in</strong>gagenturen an, die Pensionsverpflichtungen<br />

auf Vor- bzw. Nachrangigkeit im Verhältnis zu anderen Schuldpositionen zu<br />

untersuchen.<br />

3.4 Zwischenfazit<br />

Die Darstellung der verschiedenen Vorgehensweisen zeigt e<strong>in</strong>en markanten Unterschied<br />

zwischen Moody’s und Fitch e<strong>in</strong>erseits und Standard & Poor’s andererseits: Während Moo-<br />

41 Vgl. Moody’s (1998), S. 9 ff.


35<br />

dy’s und Fitch Rückstellungen für Verpflichtungen aus <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

im Rahmen der <strong>in</strong>ternational vergleichenden Jahresabschlussanalyse anteilig dem Fremd- und<br />

Eigenkapital zuschlagen, rechnet Standard & Poor’s diese neuerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> voller Höhe dem<br />

Fremdkapital zu. Dieser Unterschied führt dazu, dass die betrachteten Jahresabschlusskennzahlen<br />

für Unternehmen mit solchen Rückstellungen nach dem Ansatz von Standard & Poor’s<br />

deutlich schlechter ausfallen als nach dem Ansatz von Moody’s und Fitch. Demgegenüber<br />

fallen nach der bis Anfang 2003 gültigen Vorgehensweise von Standard & Poor’s, d.h. unter<br />

vollständiger Vernachlässigung von Pensionsrückstellungen, alle Kennzahlenwerte besser<br />

oder zum<strong>in</strong>dest gleich gut wie bei Moody’s und Fitch aus.<br />

Diese Beobachtungen deuten auf mögliche Inkonsistenzen h<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> abschließendes Urteil über<br />

die verschiedenen Vorgehensweisen erlauben sie jedoch noch nicht. Die unterschiedlichen<br />

Kennzahlenwerte könnten beispielsweise durch unterschiedliche Referenzwerte ausgeglichen<br />

werden, so dass sich letztlich identische Rat<strong>in</strong>gergebnisse ergeben. In diesem Zusammenhang<br />

ersche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs bemerkenswert, dass Standard & Poor’s se<strong>in</strong>e Referenzwerte anlässlich<br />

des im Frühjahr 2003 vollzogen Methodenwechsels nicht verändert hat, obwohl Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen teilweise erhebliche Änderungen der Ist-<br />

Kennzahlenwerte erfahren haben. Die Kennzahlen von Unternehmen mit extern f<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen haben sich demgegenüber durch den Methodenwechsel überhaupt nur dann<br />

geändert, wenn die Pensionsfonds Deckungslücken aufweisen.<br />

In den folgenden Kapiteln werden die Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen e<strong>in</strong>er detaillierten<br />

Analyse unterzogen. Dabei steht vor allem der Umgang mit den unterschiedlichen Durchführungsformen,<br />

die den <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich erheblich erschweren, im<br />

Vordergrund.


36<br />

4 Pensionszusagen <strong>in</strong> der Bilanzanalyse<br />

In diesem Kapitel wird erörtert, wie Pensionszusagen bei der Analyse von Jahresabschlüssen<br />

berücksichtigt werden sollten, um e<strong>in</strong>en aussagekräftigen <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich<br />

zu ermöglichen. Um e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Beurteilung der im vorigen Kapitel beschriebenen<br />

Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen zu ermöglichen, wird im Folgenden die Untersuchungsperspektive<br />

von Fremdkapitalgebern e<strong>in</strong>genommen, deren primäres Analyseziel<br />

Aussagen über die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Unternehmens s<strong>in</strong>d.<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Schritt werden die unterschiedlichen, für deutsche Unternehmen relevanten<br />

Vorschriften zur Bilanzierung von Pensionszusagen nach den US-GAAP, den IAS/IFRS, dem<br />

HGB und dem deutschen Steuerrecht dargestellt und auf Anpassungsschritte h<strong>in</strong> durchleuchtet,<br />

die für den <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich notwendig s<strong>in</strong>d. Im zweiten Schritt<br />

wird dann die Ermittlung von Analysekennzahlen näher betrachtet, wobei Vergleichbarkeitsprobleme<br />

aufgrund unterschiedlicher Durchführungsformen von leistungsorientierten Pensionszusagen<br />

(<strong>in</strong>terne vs. externe F<strong>in</strong>anzierung) im Vordergrund stehen. Im Rahmen dieser<br />

Überlegungen erfolgt auch e<strong>in</strong>e Beurteilung der von den Rat<strong>in</strong>gagenturen vorgeschlagenen<br />

Kennzahlenvarianten. Abschließend wird für ausgewählte deutsche und US-amerikanische<br />

Unternehmen der E<strong>in</strong>fluss verschiedener Kennzahlendef<strong>in</strong>itionen aufgezeigt.<br />

4.1 Bilanzielle Abbildung von Pensionszusagen<br />

4.1.1 Relevante Regulierungsgrundlagen<br />

Für deutsche Unternehmen können je nach Rechtsform und Grad der Kapitalmarktorientierung<br />

unterschiedliche Rechnungslegungssysteme für den E<strong>in</strong>zel- und Konzernabschluss<br />

relevant werden. 42 Bevor im nächsten Abschnitt die jeweiligen Bilanzierungsvorschriften von<br />

Pensionszusagen näher betrachtet werden, soll hier zunächst e<strong>in</strong> kurzer Überblick über die<br />

relevanten <strong>in</strong>ternationalen und nationalen Regulierungsgrundlagen gegeben werden.<br />

4.1.1.1 Internationale Regulierungen (US-GAAP und IAS/IFRS)<br />

Die Bilanzierung von Pensionszusagen nach US-GAAP ist primär <strong>in</strong> den Standards SFAS 87<br />

"Employers'Account<strong>in</strong>g for Pensions" und SFAS 132 "Employers'Disclosures about Pensions<br />

and Other Postretirement Benefits" geregelt. Während SFAS 87 Bilanzierungsfragen <strong>in</strong><br />

42 Zur Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung vgl. Pellens (2001), S. 531 ff.


37<br />

den Vordergrund stellt, werden entsprechende Angabepflichten <strong>in</strong> SFAS 132 geregelt. SFAS<br />

87 wurde im Dezember 1985 als Ergebnis e<strong>in</strong>es durch starken Lobbyismus geprägten Standard-Sett<strong>in</strong>g-Prozesses<br />

und SFAS 132 im Februar 1998 verabschiedet. Beide Standards<br />

wurden <strong>in</strong>zwischen durch nachfolgende Standards <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelheiten modifiziert. Seit September<br />

2003 liegt e<strong>in</strong> aktueller Standardentwurf des FASB vor, durch den SFAS 132 ersetzt und<br />

SFAS 87 <strong>in</strong> Teilen geändert werden soll.<br />

Weitere Aspekte der betrieblichen Altersversorgung werden <strong>in</strong> SFAS 88 "Employers'Account<strong>in</strong>g<br />

for Settlements and Curtailments of Def<strong>in</strong>ed Benefit Pension Plans and for Term<strong>in</strong>ation<br />

Benefits" sowie SFAS 106 "Employers'Account<strong>in</strong>g for Postretirement Benefits Other<br />

Than Pensions" reguliert. Beide Standards orientieren sich stark an SFAS 87. Da sie für die<br />

bilanzielle Abbildung von Pensionsverpflichtungen von ke<strong>in</strong>er (SFAS 106) bzw. nur untergeordneter<br />

Bedeutung s<strong>in</strong>d (SFAS 88), werden sie im Folgenden nicht weiter betrachtet.<br />

Die zentrale Vorschrift für die Bilanzierung von Pensionszusagen nach IAS/IFRS f<strong>in</strong>det sich<br />

im zuletzt im Jahr 2000 überarbeiteten IAS 19 „Employee Benefits“. Dieser Standard regelt<br />

die bilanzielle Abbildung sämtlicher Leistungen an Arbeitnehmer. Hierunter fallen kurzfristig<br />

fällige Leistungen, wie z.B. Löhne, Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge etc., sowie<br />

Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Letztere umfassen Pensionszusagen als<br />

wichtige Teilmenge.<br />

4.1.1.2 <strong>Deutsch</strong>es Handels- und Steuerrecht<br />

Für die handelsbilanzielle Abbildung von Pensionszusagen ist zunächst Art. 28 EGHGB<br />

e<strong>in</strong>schlägig, der zwischen Neuzusagen (nach dem 31. Dezember 1986) und Altzusagen (vor<br />

dem 1. Januar 1987) differenziert. Hier wird i.V.m. den allgeme<strong>in</strong>en Ansatzvorschriften des<br />

§§ 246 Abs. 1, 249 HGB e<strong>in</strong>e Passivierungspflicht für Neuzusagen und e<strong>in</strong> Passivierungswahlrecht<br />

für Altzusagen formuliert.<br />

Das HGB selbst regelt die bilanzielle Abbildung von Pensionsverpflichtungen nicht vollumfänglich.<br />

Neben e<strong>in</strong>er nur bestimmte Rechtsformen treffenden Verpflichtung zum expliziten<br />

Ausweis der Passivposition "Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen"<br />

(§ 266 Abs. 3 Buchstabe B Nr. 1 HGB) existiert <strong>in</strong> § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB lediglich e<strong>in</strong>e<br />

Spezialvorschrift zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Diese regelt die Bewertung<br />

erst ab dem Zeitpunkt des Rentenbeg<strong>in</strong>ns, ab dem „e<strong>in</strong>e Gegenleistung nicht mehr zu erwarten<br />

ist“, da der entsprechende Arbeitnehmer aus dem aktiven Dienstverhältnis bereits ausge-


38<br />

schieden ist. Die Bewertung von Pensionsanwartschaften während der aktiven Dienstzeit des<br />

Arbeitnehmers ist unter Rückgriff auf allgeme<strong>in</strong>e Bewertungsgrundsätze für Rückstellungen<br />

(§ 253 Abs. 1 HGB) und den entsprechende Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung<br />

(GoB) vorzunehmen.<br />

Unter anderem um den Unternehmen die Kosten e<strong>in</strong>er doppelten Wertermittlung von Pensionsrückstellungen<br />

zu ersparen, wird bisher davon gegangen, dass die steuerrechtlichen Berechnungsvorschriften<br />

<strong>in</strong> § 6a EStG auch mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger<br />

Buchführung vere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d. Mit der Anfang der 1990er Jahre beg<strong>in</strong>nenden Internationalisierung<br />

der deutschen Konzernrechnungslegung s<strong>in</strong>d aber viele börsennotierte deutsche<br />

Unternehmen dazu übergegangen, ihre Pensionsrückstellungen im Konzernabschluss nach<br />

den Bewertungsvorschriften von SFAS 87 oder IAS 19 zu ermitteln. Mit E-DRS 19 liegt seit<br />

dem Frühjahr 2003 darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> erster Entwurf e<strong>in</strong>es Rechnungslegungsstandards des<br />

<strong>Deutsch</strong>en Standardisierungsrates (DSR) zu „Pensionsverpflichtungen und gleichartige<br />

Verpflichtungen im Konzernabschluss“ vor. Hierbei ist es e<strong>in</strong> erklärtes Anliegen des DSR,<br />

diesen handelsrechtlich weitgehend unregulierten Bereich an <strong>in</strong>ternational übliche Vorgehensweisen<br />

und damit an US-GAAP bzw. IAS/IFRS anzunähern.<br />

Das deutsche Steuerrecht enthält seit 1954 <strong>in</strong> § 6a EStG ausführliche Regulierungen zur<br />

Bilanzierung von Pensionszusagen. Diese Vorschrift ist bei der Gew<strong>in</strong>nermittlung durch<br />

Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG anzuwenden. Zu § 6a EStG ist von<br />

Seiten der F<strong>in</strong>anzverwaltung <strong>in</strong> R 41 EStR 2001 e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terpretierende Verwaltungsvorschrift<br />

erlassen worden.<br />

In § 6a Abs. 1 und 2 EStG werden bestimmte Voraussetzungen formuliert, unter denen für<br />

e<strong>in</strong>e Pensionsverpflichtung e<strong>in</strong>e Pensionsrückstellung gebildet wird. Später an Mitarbeiter zu<br />

zahlende Versorgungsleistungen können dadurch bereits während der aktiven Dienstzeit des<br />

Anspruchsberechtigten steuerlich als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Die zulässige<br />

Höhe der Pensionsrückstellung bestimmt sich nach § 6a Abs. 3 bis 5 EStG. Die Ansatz- und<br />

Bewertungsvorschriften des § 6a EStG s<strong>in</strong>d als Spezialvorschriften zu § 5 Abs. 1 EStG bzw.<br />

§ 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG aufzufassen.<br />

§ 6a EStG lässt den Grundsatz der Maßgeblichkeit unberührt. Dies hat zur Folge, dass Rückstellungen<br />

für Altzusagen vor dem 1. Januar 1987 nur dann steuerlich zulässig s<strong>in</strong>d, wenn sie<br />

auch <strong>in</strong> der HGB-Bilanz passiviert worden s<strong>in</strong>d.


39<br />

4.1.2 Bilanzierung beitragsorientierter Pensionszusagen<br />

Für die bilanzielle Abbildung von Pensionszusagen ist es von wesentlicher Bedeutung, ob es<br />

sich um beitragsorientierte (def<strong>in</strong>ed contribution pension plans) oder leistungsorientierte<br />

Pensionszusagen (def<strong>in</strong>ed benefit pension plans) handelt. Auf Erstere soll hier nur kurz<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden, da sie ke<strong>in</strong>e besonderen Bilanzierungsprobleme aufwerfen und darüber<br />

h<strong>in</strong>aus bei ihrer bilanziellen Behandlung ke<strong>in</strong>e nennenswerten Unterschiede zwischen den<br />

unterschiedlichen Rechnungslegungssytemen bestehen. 43<br />

Die <strong>in</strong> ihrer Höhe vertraglich festgelegten Zahlungen an den externen Versorgungsträger s<strong>in</strong>d<br />

bei planmäßiger Aufbr<strong>in</strong>gung ergebniswirksam als Pensionsaufwand zu verbuchen. Über<br />

diese Aufwandsbuchung h<strong>in</strong>ausgehende bilanzielle Konsequenzen ergeben sich nur dann,<br />

wenn das Unternehmen den vere<strong>in</strong>barten Zahlungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt.<br />

In diesem Fall werden rückständige Zahlungen als Schuld und im Voraus geleistete<br />

Zahlungen als Forderung bilanziert.<br />

4.1.3 Bilanzierung leistungsorientierter Pensionszusagen nach SFAS 87<br />

4.1.3.1 Anwartschaftsbarwertverfahren (projected unit credit method)<br />

Nach SFAS 87.17 soll die aufgrund von leistungsorientierten Pensionszusagen bestehende<br />

Pensionsverpflichtung (projected benefit obligation, PBO) jährlich mithilfe e<strong>in</strong>es versicherungsmathematischen<br />

Verfahrens als Barwert der bereits erdienten Pensionsleistungen ermittelt<br />

werden. Bei diesem Anwartschaftsbarwertverfahren (projected unit credit method, SFAS<br />

87.40) werden neben biometrisch-statistischen Daten wie Sterblichkeit, Invaliditätswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

oder Fluktuation vor allem auch künftig erwartete jährliche Gehalts- und<br />

Rentenerhöhungen des Arbeitnehmers berücksichtigt (SFAS 87.43-49). H<strong>in</strong>sichtlich des<br />

Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes (discount rate) stellt SFAS 87.44 auf den Z<strong>in</strong>s ab, zu dem die PBO am<br />

Stichtag abgelöst werden könnte (settlement rate). Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong>en langfristigen<br />

Marktz<strong>in</strong>s für Fremdkapitalanlagen, der das unternehmens<strong>in</strong>dividuelle Risiko widerspiegelt.<br />

Alternativ kann mit der Rendite erstklassiger festverz<strong>in</strong>slicher Anleihen e<strong>in</strong> Vergleichsmaßstab<br />

herangezogen werden, der auf e<strong>in</strong> relativ ger<strong>in</strong>ges Risiko bezogen ist.<br />

43 Zur Bilanzierung nach US-GAAP und IAS/IFRS vgl. im E<strong>in</strong>zelnen SFAS 87.63-66 bzw. IAS 19.43-47.<br />

Nach geltendem deutschen Recht bestehen ke<strong>in</strong>e speziellen Vorschriften für beitragsorientierte Pensionszusagen.


40<br />

Abbildung 7: PBO-Berechnung nach dem Anwartschaftsbarwertverfahren<br />

Pensionse<strong>in</strong>tritt<br />

Zusagezeitpunkt<br />

Berichtsperiode<br />

Dienstzeit, davon<br />

schon erarbeitet<br />

noch nicht erarbeitet<br />

Rente<br />

PBO<br />

Barwert bei<br />

Pensionse<strong>in</strong>tritt<br />

schon<br />

noch nicht<br />

erarbeitet<br />

erarbeitet<br />

Beim Anwartschaftsbarwertverfahren wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividualisierten Sicht der auf den<br />

Pensionse<strong>in</strong>trittsterm<strong>in</strong> abgez<strong>in</strong>ste Barwert der künftig erwarteten Pensionsleistungen zunächst<br />

auf den Anteil reduziert, der der seit der Pensionszusage bereits geleisteten Dienstzeit<br />

entspricht. E<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>eare Anteilsentwicklung über die Dienstjahre muss hierbei nicht zw<strong>in</strong>gend<br />

unterstellt werden, so dass frühere oder spätere Perioden <strong>in</strong> Abhängigkeit von e<strong>in</strong>em zuvor<br />

<strong>in</strong>dividuell festgelegten Leistungsplan (Benefit Formula) überproportional gewichtet werden<br />

können. 44 Der so errechnete Anteil an dem auf den Pensionse<strong>in</strong>trittsterm<strong>in</strong> bezogenen Barwert<br />

wird anschließend auf den Bilanzstichtag abgez<strong>in</strong>st (vgl. Abbildung 7).<br />

4.1.3.2 Berücksichtigung der F<strong>in</strong>anzierung<br />

Unabhängig davon, wie e<strong>in</strong> leistungsorientierter Pensionsplan f<strong>in</strong>anziert ist, muss letztendlich<br />

das Unternehmen sicherstellen, dass die Pensionsleistungen erbracht werden. Trotzdem<br />

besteht e<strong>in</strong> grundlegender Unterschied bei der bilanziellen Behandlung von <strong>in</strong>tern und extern<br />

f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen: Bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung ist die PBO ohne Saldierung mit den<br />

gegenüberstehenden Vermögensgegenständen auszuweisen, da es sich hierbei um Teile des<br />

Unternehmensvermögens handelt. Bei externer F<strong>in</strong>anzierung ist h<strong>in</strong>gegen nach SFAS 87 nur<br />

der Teil der PBO relevant, um den sie von dem beim externen Versorgungsträger angesammelten<br />

Deckungsstock abweicht. Im Grundsatz ist e<strong>in</strong>e Unterdeckung (Deckungsstock <<br />

PBO) zu passivieren und e<strong>in</strong>e Überdeckung (Deckungsstock > PBO) zu aktivieren.<br />

44 Vgl. Wolz (2000), S. 1374 f.; Schildbach (1999), S. 960.


41<br />

Abbildung 8: Über- und Unterdeckung von Pensionsverpflichtungen<br />

Unterdeckung<br />

Deckungsstock<br />

Deckungsstock<br />

Pensionsverpflichtung<br />

Überdeckung<br />

Die Art der F<strong>in</strong>anzierung determ<strong>in</strong>iert darüber h<strong>in</strong>aus auch, <strong>in</strong> welchem Ausmaß die im<br />

folgenden Abschnitt aufgezeigten Mechanismen zur Gew<strong>in</strong>nglättung <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />

werden können. In beiden Fällen ist die PBO nicht zw<strong>in</strong>gend <strong>in</strong> voller Höhe auszuweisen, da<br />

außerplanmäßige Veränderungen der PBO erst mit großer zeitlicher Verzögerung <strong>in</strong> die<br />

Gew<strong>in</strong>n- und Verlustrechnung e<strong>in</strong>fließen. Bei externer F<strong>in</strong>anzierung greifen zusätzlich auch<br />

Glättungsmechanismen bei der Bewertung des Deckungsstocks.<br />

4.1.3.3 Ermittlung des Pensionsaufwands<br />

Im Grundsatz ergibt sich der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr zu berücksichtigende Pensionsaufwand aus den<br />

Veränderungen der PBO und des Deckungsstocks bei externer F<strong>in</strong>anzierung bzw. aus der<br />

Veränderung der PBO bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung. Elementare Bestandteile des Pensionsaufwands<br />

s<strong>in</strong>d dabei unabhängig von der Art der F<strong>in</strong>anzierung die folgenden Aufwandskomponenten:<br />

• Die laufenden Dienstzeitaufwendungen (service cost) spiegeln den Zuwachs der Pensionsverpflichtung<br />

aufgrund zusätzlicher künftiger Pensionsleistungen wider, die sich die<br />

aktiven Arbeitnehmer durch ihre Arbeit während der Periode erdient haben.<br />

• Z<strong>in</strong>saufwendungen (<strong>in</strong>terest cost) entstehen alle<strong>in</strong> durch das zeitliche Näherrücken der<br />

künftigen Pensionsleistungen, die hierdurch weniger stark abgez<strong>in</strong>st werden. Die Z<strong>in</strong>saufwendungen<br />

ergeben sich als Produkt aus der Pensionsverpflichtung zu Periodenbeg<strong>in</strong>n<br />

und dem zur Diskontierung verwendeten Z<strong>in</strong>sfuß.<br />

Bei externer F<strong>in</strong>anzierung steht diesen Aufwandskomponenten der Ertrag aus dem Deckungsstock<br />

(return on plan assets) entgegen, der mit den Dienstzeit- und Z<strong>in</strong>saufwendungen zu


42<br />

saldieren ist. Entsprechen sich PBO und Deckungsstock zu Periodenbeg<strong>in</strong>n und br<strong>in</strong>gt das<br />

vom Versorgungsträger angelegte Vermögen e<strong>in</strong>e Rendite <strong>in</strong> Höhe des zur Diskontierung der<br />

PBO verwendeten Z<strong>in</strong>sfußes, hebt der Ertrag aus dem Deckungsstock die Z<strong>in</strong>saufwendungen<br />

genau auf.<br />

Weitere im Pensionsaufwand zusammengefasste Aufwands- und Ertragskomponenten s<strong>in</strong>d<br />

Aufwendungen bzw. Erträge aufgrund von veränderten versicherungsmathematischen Annahmen<br />

bei der Berechnung der PBO (actuarial ga<strong>in</strong> or loss), außerplanmäßig anfallende,<br />

nachzuverrechnende Dienstzeitaufwendungen (prior service cost) sowie PBO-Änderungen<br />

aufgrund der erstmaligen Anwendung von SFAS 87 (transition amounts).<br />

Die Summe der genannten Aufwands- und Ertragskomponenten stellt die Veränderung der<br />

PBO bzw. des Saldos aus PBO und Deckungsstock dar, die grundsätzlich die Höhe des<br />

Pensionsaufwands (net periodic pension cost) determ<strong>in</strong>iert. Allerd<strong>in</strong>gs sieht SFAS 87.20-34<br />

für alle Aufwands- und Ertragskomponenten mit Ausnahme der Dienstzeit- und der Z<strong>in</strong>saufwendungen<br />

Glättungsmechanismen vor, die zu erheblichen Verschiebungen <strong>in</strong> andere Perioden<br />

führen können. Im E<strong>in</strong>zelnen s<strong>in</strong>d hier folgende Mechanismen zu nennen:<br />

• Anstelle des tatsächlichen Anlageerfolgs des Deckungsstocks (actual return on plan<br />

assets), der sich aus erhaltenen Z<strong>in</strong>sen und Dividenden sowie realisierten oder unrealisierten<br />

Marktwertschwankungen des vom Versorgungsträger <strong>in</strong>vestierten Vermögens zusammensetzt,<br />

ist gem. SFAS 87.29-34 der erwartete Anlageerfolg des Deckungsstocks (expected<br />

return on plan assets) <strong>in</strong> den Pensionsaufwand e<strong>in</strong>zubeziehen. Dieser leitet sich nach<br />

SFAS 87.30 aus den zu Periodenbeg<strong>in</strong>n vorherrschenden Markterwartungen für den<br />

verbleibenden Zeitraum oder aus Durchschnittswerten vergangener Entwicklungen ab.<br />

Die Abweichungen zwischen erwartetem und tatsächlichem Erfolg des Deckungsstocks<br />

(unexpected ga<strong>in</strong>s or losses on plan assets) werden als bislang unrealisierte Gew<strong>in</strong>ne bzw.<br />

Verluste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Nebenbuch vorgetragen und nur nach dem sog. Corridor Approach<br />

erfolgswirksam berücksichtigt (SFAS 87.32). In das Ergebnis fließen sie erst dann e<strong>in</strong>,<br />

wenn ihr Saldo 10% der PBO oder 10% des höheren Marktwerts (market-related value 45 )<br />

des externen Deckungsstocks übersteigt. Nur die überschießende Differenz wird über die<br />

erwartete durchschnittliche Restdienstzeit der betroffenen Arbeitnehmer verteilt.<br />

• Aufwendungen und Erträge aus der Änderung versicherungsmathematischer Annahmen<br />

(actuarial ga<strong>in</strong>s or losses) werden ebenfalls als unrealisierte Gew<strong>in</strong>ne bzw. Verluste <strong>in</strong> ei-<br />

45 Dieser entspricht i.d.R. dem Fair Value.


43<br />

ner Nebenrechnung vorgetragen und nur nach dem Corridor Approach erfolgswirksam berücksichtigt<br />

(SFAS 87.32).<br />

• Auch außerplanmäßig anfallende, nachzuverrechnende Dienstzeitaufwendungen (prior<br />

service cost) werden nicht unmittelbar <strong>in</strong> voller Höhe <strong>in</strong> den Pensionsaufwand e<strong>in</strong>bezogen.<br />

Vielmehr werden diese rückwirkenden Anpassungen bereits erfolgter Pensionszusagen<br />

i.d.R. über die erwartete Restdienstzeit der betroffenen Arbeitnehmer verteilt (SFAS<br />

87.24-28).<br />

• PBO-Änderungen aufgrund der erstmaligen Anwendung von SFAS 87 (transition<br />

amounts) s<strong>in</strong>d nach SFAS 87.77 grundsätzlich über die durchschnittliche Restdienstzeit<br />

der von dem Plan profitierenden Arbeitnehmer zu verteilen.<br />

Der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Periode ausgewiesene Pensionsaufwand ergibt sich als Summe aus den genannten<br />

Aufwands- und Ertragskomponenten unter Berücksichtigung der verschiedenen Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen.<br />

Insbesondere der Corridor Approach führt hierbei dazu, dass der<br />

tatsächlich ausgewiesene Pensionsaufwand erheblich von der Veränderung der unbere<strong>in</strong>igten<br />

PBO bzw. des Saldos aus PBO und Marktwert des Deckungsstocks abweichen kann.<br />

4.1.3.4 Ausweis<br />

Der Ausweis des nach Anwendung der Glättungsmechanismen bilanziell relevanten Teils der<br />

PBO bzw. des Saldos aus PBO und Deckungsstock erfolgt <strong>in</strong> verschiedenen Bilanzpositionen<br />

auf der Aktiv- und Passivseite.<br />

Ist bei externer F<strong>in</strong>anzierung die Summe der Zahlungen des Unternehmens an den externen<br />

Versorgungsträger größer oder kle<strong>in</strong>er als der bislang unter Berücksichtigung der Glättungsmechanismen<br />

angefallene Pensionsaufwand, ist die Differenz nach SFAS 87.35 zw<strong>in</strong>gend <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Aktivposten (bei Überdeckung: prepaid pension cost) oder Passivposten (bei Unterdeckung:<br />

unfunded accrued pension cost) zu erfassen. Bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung ist demgegenüber<br />

die gesamte unter Berücksichtigung der Glättungsmechanismen berechnete PBO zu<br />

passivieren. Auszahlungen an die Pensionäre m<strong>in</strong>dern die Rückstellungshöhe.<br />

Nicht zw<strong>in</strong>gend <strong>in</strong> der Bilanz ausgewiesen werden demgegenüber Beträge, um die die Differenz<br />

zwischen dem aktuellen Wert der PBO und dem Marktwert des Deckungsstocks (funded<br />

status) die Differenz zwischen dem bereits angefallenen Pensionsaufwand und den Zahlungen<br />

an den Versorgungsträger übersteigt. Nach SFAS 87.35-38 kommt der Ausweis e<strong>in</strong>es zusätzlichen<br />

Betrags auf der Passivseite nur dann <strong>in</strong> Betracht, wenn der Marktwert des Deckungs-


44<br />

stocks sogar die sog. Accumulated Benefit Obligation (ABO, SFAS 87.18) unterschreitet. Die<br />

ABO entspricht den am Periodenende erdienten Teil des – im Gegensatz zur PBO – ohne<br />

Gehaltstrends berechneten Anwartschaftsbarwert der Pensionsverpflichtung. Der Betrag, um<br />

den die ABO den Marktwert des Deckungsstocks übersteigt wird als M<strong>in</strong>imum Liability<br />

bezeichnet.<br />

Unterschreitet der Marktwert des Deckungsstocks die ABO, ist zu prüfen, ob die M<strong>in</strong>imum<br />

Liability größer als e<strong>in</strong> etwaiger Passivposten Unfunded Accrued Pension Cost ist. 46 Ist dies<br />

der Fall ist der übersteigende Betrag als Additional M<strong>in</strong>imum Liability zusätzlich zu passivieren.<br />

Der Ausweis dieses Betrags erfolgt dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Summe mit möglicherweise bereits<br />

vorhandenen Pensionsrückstellungen. Die Additional M<strong>in</strong>imum Liability darf erfolgsneutral<br />

gebildet werden. Die Gegenbuchung erfolgt grundsätzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unter den immateriellen<br />

Vermögenswerten auszuweisenden Aktivposten (<strong>in</strong>tangible asset – deferred pension cost), so<br />

dass das Eigenkapital unberührt bleibt. Übersteigt die Additional M<strong>in</strong>imum Liability allerd<strong>in</strong>gs<br />

die Summe aus bisher nicht erfolgswirksam erfasstem nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand<br />

(unrecognized prior service cost) und umstellungsbed<strong>in</strong>gter Unterdeckung<br />

(unrecognized <strong>in</strong>itial net obligation), so ist der überschießende Betrag ebenfalls erfolgsneutral,<br />

nun aber eigenkapitalm<strong>in</strong>dernd im Other Comprehensive Income zu erfassen.<br />

Außerhalb der Rechenwerke, <strong>in</strong> den Notes, s<strong>in</strong>d zahlreiche weitere Informationen zu liefern,<br />

die Aufschluss über die tatsächliche Höhe der PBO und den Marktwert des Deckungsstocks<br />

geben. Der Umfang der dabei zu veröffentlichenden Daten wird durch den seit September<br />

2003 vorliegenden Standardentwurf „Employers’ Disclosures about Pensions and Other<br />

Postretirement Obligations“ noch ausgeweitet. Nach den bislang geltenden Regeln <strong>in</strong> SFAS<br />

132 s<strong>in</strong>d u.a. wesentliche Berechnungsannahmen wie der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß, die erwartete<br />

Rendite des Fondsvermögens sowie Gehalts- und Rententrends zu veröffentlichen. Außerdem<br />

ist die Deckungslücke (funded status) zum Bilanzstichtag zu beziffern und <strong>in</strong> die bilanziell<br />

erfasste sowie die nicht erfasste Teilmenge zu unterteilen. Dabei ist auch die Veränderung der<br />

Additional M<strong>in</strong>imum Liability und ihre Auswirkung auf die aktivierten immateriellen Werte<br />

und das Other Comprehensive Income zu quantifizieren. Zudem ist der Pensionsaufwand<br />

offen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Bestandteile aufzugliedern. In dem aktuellen Standardentwurf werden darüber<br />

h<strong>in</strong>aus weitere Offenlegungen, z.B. über das Fondsvermögen und die erwarteten Cash Flows,<br />

46 Existiert gleichzeitig zum Passivposten Unfunded Accrued Pension Cost auch e<strong>in</strong> Aktivposten Prepaid<br />

Pension Cost ist der Saldo dieser beiden Beträge der M<strong>in</strong>imum Liability gegenüber zu stellen.


45<br />

verlangt. Nicht mehr vorgesehen ist h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e bislang zu veröffentlichende Überleitungsrechnung,<br />

<strong>in</strong> der die Veränderungen der PBO und des Marktwerts des Deckungsstocks <strong>in</strong>nerhalb<br />

der betrachteten Periode erklärt werden. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die bislang <strong>in</strong> der Überleitungsrechnung<br />

präsentierten Daten an anderer Stelle anzugeben.<br />

4.1.3.5 Fallstudien: General Motors Corp. und ThyssenKrupp AG<br />

Zur Veranschaulichung der komplexen Bilanzierungsregeln nach US-GAAP werden im<br />

Folgenden zwei Unternehmen als Fallstudien näher betrachtet. Ausgewählt wurden hierzu die<br />

General Motors Corp. als e<strong>in</strong> Unternehmen mit sehr hohen fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

und die ThyssenKrupp AG als e<strong>in</strong> Unternehmen, das <strong>in</strong> hohem Maße über <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte<br />

Pensionszusagen verfügt.<br />

Die Pensionsfonds der General Motors Corp. (GM) wiesen am Ende des Geschäftsjahrs 2002<br />

e<strong>in</strong>e Deckungslücke von rund 25.440 Mio. US$ auf. 47 In der Bilanz ist diese Unterdeckung<br />

nach US-GAAP jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend <strong>in</strong> voller Höhe zu erfassen. Wie bei vielen anderen<br />

Unternehmen entwickelt sich der negative Funded Status bei GM stattdessen durch die <strong>in</strong><br />

SFAS 87 vorgesehenen Gew<strong>in</strong>nglättungspositionen zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e aktivische Zwischengröße,<br />

die e<strong>in</strong>e „fiktive Überdeckung“ anzeigt. Erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt greifen die Vorschriften<br />

zur M<strong>in</strong>imum Liability, die die aktivische Zwischengröße durch erfolgsneutrale<br />

Verrechnung wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e passivische „Endgröße“ überführen.<br />

Abbildung 9 verdeutlicht diese beiden Schritte: Die PBO (92.243 Mio. US$) wird durch den<br />

Deckungsstock (66.803 Mio. US$) nur zum Teil gedeckt, so dass der negative Funded Status<br />

von 25.440 Mio. US$ verbleibt. Im Nebenbuch werden drei Positionen erfolgsneutral vorgetragen,<br />

die <strong>in</strong> der Summe e<strong>in</strong>en Betrag von 46.753 Mio. US$ ergeben. Es handelt sich dabei<br />

um e<strong>in</strong>en unrealisierten Verlust (unrecognized asset loss) von 40.014 Mio. US$, um nachzuverrechnenden<br />

Dienstzeitaufwand (unrecognized prior service cost) <strong>in</strong> Höhe von 6.692 Mio.<br />

US$ und um e<strong>in</strong>e Umstellungsdifferenz (unrecognized transition obligation) <strong>in</strong> Höhe von 46<br />

Mio. US$. Durch Gegenrechnung dieser Positionen wird aus der Deckungslücke zunächst<br />

e<strong>in</strong>e aktivische Zwischengröße <strong>in</strong> Höhe von 21.313 Mio. US$.<br />

47 Im Sommer 2003 hat GM e<strong>in</strong>e Anleihe im Volumen von rund 17,5 Mrd. US$ begeben, um die Deckungslücke<br />

der Pensionsfonds zu verr<strong>in</strong>gern. Hierdurch wird es im Konzernabschluss für das Jahr 2003 zu e<strong>in</strong>er<br />

deutlich veränderten Darstellung der Pensionsverpflichtungen kommen.


46<br />

Abbildung 9: Überleitung der Deckungslücke auf bilanziell erfasste Positionen (GM)<br />

66.803<br />

Unterdeckung<br />

- 25.440<br />

PBO<br />

92.243<br />

Deckungsstock<br />

Deckungsstock<br />

66.803<br />

Bilanzielle<br />

Glättung<br />

46.753<br />

PBO<br />

92.243<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

Intangible<br />

Asset<br />

6.692<br />

neg. EK: Other<br />

Comprehensive<br />

Income<br />

37.164<br />

Bilanz<br />

Saldo:<br />

Prepaid/Accrued<br />

Pension Cost<br />

22.543<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

Deckungsstock<br />

66.803<br />

Bilanzielle<br />

Glättung<br />

46.753<br />

PBO<br />

92.243<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

Wie Abbildung 10 verdeutlicht, wirken die Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen auf zweierlei<br />

Weise: Zum e<strong>in</strong>en wird die PBO <strong>in</strong> Höhe von Unrecognized Prior Service Cost, Unrecognized<br />

Transition Obligation und Unrecognized Liability Loss gem<strong>in</strong>dert. Zum anderen wird der<br />

Deckungsstock um den Unrecognized Asset Loss erhöht. Letzteres f<strong>in</strong>giert den Deckungsstock<br />

<strong>in</strong> der Höhe, <strong>in</strong> der er vorliegen würde, wenn die <strong>in</strong> den Vorjahren und im aktuellen Jahr<br />

jeweils erwarteten Fondsrenditen tatsächlich e<strong>in</strong>getreten wären.<br />

Abbildung 10: Wirkung der Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen (GM)<br />

PBO<br />

92.243<br />

Deckungsstock<br />

66.803<br />

Unterdeckung<br />

- 25.440<br />

+<br />

Bilanzielle<br />

Glättungsmechanismen<br />

46.753<br />

=<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

PBO<br />

92.243 Deckungsstock<br />

66.803<br />

Fiktiver Deckungsstock, wenn der<br />

Expected Return <strong>in</strong> den Vorjahren<br />

jeweils realisiert worden wäre.<br />

Unrec. PSC<br />

6.739**<br />

Unr. Asset Loss<br />

40.014*<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

* Annahme: Unrecognized Actuarial Loss von 40.014 entfällt <strong>in</strong> voller Höhe auf<br />

Asset Loss. ** Inkl. Unrecognized Transition Obligation.


47<br />

Hätte der <strong>in</strong> den Pensionsfonds von GM angesammelte Deckungsstock <strong>in</strong> den Vorjahren<br />

jeweils die erwartete Rendite von rund 10% erwirtschaftet, so läge se<strong>in</strong> Wert heute nicht bei<br />

66.803, sondern bei (66.803 + 40.014 =) 106.817 Mio. US$. Aus diesem erhöhten Deckungsstock<br />

wäre e<strong>in</strong>e um die Unrecognized Prior Service Cost sowie den Umstellungseffekt ger<strong>in</strong>gere<br />

PBO von nur noch (92.243 – 6.693 – 46 =) 85.504 Mio. US$ zu tilgen. Die „fiktive<br />

Überdeckung“ von (106.817 – 85.504 =) 21.313 Mio. US$ entspricht der aktivischen Zwischengröße<br />

als Ergebnis des ersten Korrekturschrittes.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt ist <strong>in</strong> der Höhe des Betrags, um den die ABO den Deckungsstock<br />

übersteigt, die M<strong>in</strong>imum Liability zu bilden. Aufgrund dessen muss bei GM e<strong>in</strong> Passivposten<br />

<strong>in</strong> Höhe von (saldiert) 22.543 Mio. US$ angesetzt werden. Wie bereits <strong>in</strong> Abbildung 9 dargestellt,<br />

erfolgt der Übergang von der aktivischen Zwischengröße von 21.313 Mio. US$ zu der<br />

Passivspitze von 22.543 Mio. US$ ohne Berührung der Gew<strong>in</strong>n- und Verlustrechnung durch<br />

die E<strong>in</strong>buchung e<strong>in</strong>es immateriellen Vermögenswerts von 6.692 Mio. US$ sowie e<strong>in</strong>es<br />

negativen Other Comprehensive Income von 37.164 Mio. US$. 48 Abbildung 11 fasst diese<br />

Relationen abschließend zusammen.<br />

Abbildung 11: Ausweis der Deckungslücke mit oder ohne M<strong>in</strong>imum Liability (GM)<br />

- 0<br />

+<br />

Funded Status<br />

- 25.440<br />

Bilanzielle<br />

Glättung<br />

+ 46.753<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

„Passiv-Spitze“<br />

= unfunded ABO<br />

- 22.543<br />

ohne M<strong>in</strong>imum Liability<br />

mit M<strong>in</strong>imum Liability<br />

Intangible Asset 6.692<br />

(negatives) OCI 37.164<br />

Zwischengröße<br />

= 21.313<br />

-<br />

0<br />

+<br />

48 Diese Eigenkapitalm<strong>in</strong>derung ist <strong>in</strong> der Bilanz allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> voller Höhe, sondern lediglich um aktive<br />

latente Steuern gem<strong>in</strong>dert, sichtbar (SFAS 87.37). Dieser Nachsteuerbetrag, bei GM <strong>in</strong> Höhe von 23.215<br />

Mio. US$, wird als M<strong>in</strong>imum Pension Liability Adjustment <strong>in</strong>nerhalb des Accumulated Other Comprehensive<br />

Income/Loss im Eigenkapital ausgewiesen.


48<br />

Bei GM werden also letztlich 89% der tatsächlichen Deckungslücke (25.440 Mio. US$) als<br />

passivische Spitze (22.543 Mio. US$) bilanziell ausgewiesen. Dieser hohe Prozentsatz ist<br />

jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Alle<strong>in</strong> aufgrund der Tatsache, dass PBO und ABO hier eng beie<strong>in</strong>ander<br />

liegen, ist GM verpflichtet, e<strong>in</strong>e relativ hohe M<strong>in</strong>imum Liability zu bilden. Ohne e<strong>in</strong>e<br />

solche Verpflichtung erschiene bei GM aufgrund der beschriebenen Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen<br />

anstatt der Passivspitze e<strong>in</strong>e Aktivposition Prepaid Pension Cost <strong>in</strong> Höhe von 21.313<br />

Mio. US$ – trotz der enormen Unterdeckung der PBO um über 25 Mrd. US$!<br />

Die ThyssenKrupp AG (TK) verfügt nur <strong>in</strong> vergleichsweise ger<strong>in</strong>gem Umfang über extern<br />

f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen (zum 30.9.2002: 24% der Gesamt-PBO), die sich im Wesentlichen<br />

auf Zusagen der US-amerikanischen Tochterunternehmen beschränken. Wie GM bilanziert<br />

TK nach US-GAAP, verfügt aber aufgrund der ger<strong>in</strong>geren Bedeutung des Deckungsstocks<br />

nur über e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>geschränkten Spielraum für die Inanspruchnahme von Glättungsmechanismen.<br />

Um die Auswirkungen der US-GAAP-Regeln vergleichbar darzustellen, werden<br />

im Folgenden die TK-Zahlen <strong>in</strong> gleicher Weise wie die Zahlen von GM aufbereitet.<br />

Abbildung 12: Überleitung der Deckungslücke auf bilanziell erfasste Positionen (TK)<br />

Deckungsstock<br />

1.616<br />

Unterdeckung<br />

- 6.208<br />

PBO<br />

7.824<br />

Deckungsstock<br />

1.616<br />

Bilanzielle Glättung<br />

420<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

PBO<br />

7.824<br />

Intangible Asset<br />

72<br />

neg. EK: Other<br />

Comprehensive<br />

Income: 279<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

Saldo:<br />

Prepaid/Accrued<br />

Pension Cost<br />

6.139<br />

Deckungsstock<br />

1.616<br />

Bilanzielle Glättung<br />

420<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

PBO<br />

7.824<br />

Bilanz<br />

Bei TK steht der PBO von 7.824 Mio. Euro e<strong>in</strong> Deckungsstock von nur 1.616 Mio. Euro<br />

gegenüber. Die Unterdeckung ist damit prozentual deutlich höher als bei GM. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />

zu beachten, dass e<strong>in</strong> großer Teil der Deckungslücke aufgrund der <strong>in</strong>ternen F<strong>in</strong>anzierung der<br />

Pensionszusagen systemimmanent ist: Anders als GM hat TK für rund drei Viertel der PBO<br />

noch ke<strong>in</strong>e Zahlungen an e<strong>in</strong>en Fonds geleistet. Auffällig ist die deutlich ger<strong>in</strong>ge Wirkung der


49<br />

Glättungsmechanismen. Die Unterdeckung kann durch diese „nur“ um 420 Mio. Euro auf<br />

immer noch negative 5.788 Mio. Euro reduziert werden.<br />

Abbildung 13 verdeutlicht die Wirkung der Glättungmechanismen bei TK. Die PBO wird<br />

durch Unrecognized Prior Service Costs und Unrecognized Transition Obligations <strong>in</strong> Höhe<br />

von <strong>in</strong>sgesamt 121 Mio. Euro ger<strong>in</strong>gfügig verr<strong>in</strong>gert. Der Deckungsstock wird gleichzeitig<br />

um 299 Mio. Euro erhöht. Beide Effekte zusammen reichen aber bei weitem nicht aus, um die<br />

tatsächliche Unterdeckung wie bei GM <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e aktivische Zwischengröße zu verwandeln.<br />

Abbildung 13: Wirkung der Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen (TK)<br />

PBO<br />

7.824<br />

Deckungsstock<br />

1.616<br />

Unterdeckung<br />

- 6.208<br />

+<br />

Bilanzielle Glättungsmechanismen<br />

420<br />

=<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

PBO<br />

7.824<br />

Unrec. PSC<br />

121**<br />

Deckungsstock<br />

1.616<br />

Unr. Asset Loss<br />

299*<br />

Fiktiver Deckungsstock, wenn der<br />

Expected Return <strong>in</strong> den Vorjahren<br />

jeweils realisiert worden wäre.<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

* Annahme: Unrecognized Actuarial Loss entfällt <strong>in</strong> voller Höhe auf Asset Loss.<br />

** Inkl. Unrecognized Transition Obligation.<br />

Die ger<strong>in</strong>ge Wirkung der Gew<strong>in</strong>nglättungsmöglichkeiten zeigt sich auch im Bilanzausweis<br />

(Abbildung 12). Die passivische Zwischengröße von 5.788 Mio. Euro schlägt sich bilanziell<br />

vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sichtbaren Passivposition Accrued Pension Cost <strong>in</strong> Höhe von 6.139 Mio.<br />

Euro nieder, die auch <strong>in</strong> etwa der gesamten Unterdeckung (6.208 Mio. Euro) entspricht.<br />

Dieser Position stehen lediglich e<strong>in</strong> immaterieller Vermögenswert <strong>in</strong> Höhe von 72 Mio. Euro<br />

und negatives Other Comprehensive Income <strong>in</strong> Höhe von 299 Mio. Euro gegenüber.<br />

Die im Verhältnis zum ausgewiesenen Passivposten ger<strong>in</strong>ge Betragshöhe des immateriellen<br />

Vermögensgegenstands und der erfolgsneutralen Eigenkapitalbuchung weist auf die weitgehende<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung von M<strong>in</strong>imum Liability und passivischer Zwischengröße h<strong>in</strong>. Die<br />

über bereits gebildete Rückstellung h<strong>in</strong>ausgehende Additional M<strong>in</strong>imum Liability fällt deshalb<br />

bei TK kaum <strong>in</strong>s Gewicht (Abbildung 14). Bei GM hatte sich demgegenüber die aktivi-


50<br />

sche Zwischengröße erst durch die M<strong>in</strong>imum Liability wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Passivposition umgekehrt.<br />

Abbildung 14: Ausweis der Deckungslücke mit oder ohne M<strong>in</strong>imum Liability (TK)<br />

-<br />

Funded Status<br />

- 6.208<br />

Bilanzielle<br />

Glättung<br />

+ 420<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

0<br />

+<br />

ohne M<strong>in</strong>imum Liability<br />

mit M<strong>in</strong>imum Liability<br />

„Passiv-Spitze“<br />

= unfunded ABO<br />

- 6.139<br />

Intangible Asset 72<br />

(negatives) OCI 279<br />

Zwischengröße<br />

= -5.788<br />

-<br />

0<br />

+<br />

Die beiden Fallbeispiele zeigen auf, dass Unternehmen <strong>in</strong> sehr unterschiedlichem Maße von<br />

den <strong>in</strong> SFAS 87 vorgesehenen Glättungsmechanismen profitieren können. So kann die General<br />

Motors Corp. <strong>in</strong> sehr hohem Maße die Glättungsmechanismen zur Ergebnisverbesserung<br />

nutzen, was <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr hohen Bestand an bislang nur ergebnisneutral gebuchten<br />

Eigenkapitalm<strong>in</strong>derungen zum Ausdruck kommt. Auf den Bilanzausweis wirken sich die<br />

Glättungsmechanismen demgegenüber nicht so stark aus, da durch die M<strong>in</strong>imum Liability<br />

verh<strong>in</strong>dert wird, dass anstelle der tatsächlichen Unterdeckung e<strong>in</strong>e fiktive Überdeckung<br />

ausgewiesen wird. Die ThyssenKrupp AG kann die Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen aufgrund<br />

des hohen Anteils <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter Pensionszusagen nicht <strong>in</strong> gleichem Umfang nutzen.<br />

Zwar ist die bilanziell ausgewiesene Deckungslücke auch hier kle<strong>in</strong>er als der tatsächlich<br />

ungedeckte Anteil der PBO, erfolgsneutrale Rückstellungsbildungen s<strong>in</strong>d aber nur <strong>in</strong> wesentlich<br />

ger<strong>in</strong>gerem Maße möglich.


51<br />

4.1.4 Bilanzierung leistungsorientierter Pensionszusagen nach IAS/IFRS<br />

und deutschen Vorschriften<br />

4.1.4.1 Abweichungen zwischen IAS 19 und SFAS 87<br />

Die <strong>in</strong> IAS 19 „Employee Benefits“ enthaltenen Vorschriften zur Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen<br />

folgen im Wesentlichen den Regeln <strong>in</strong> SFAS 87 und 88, wenngleich sie nicht<br />

den <strong>in</strong> der US-amerikanischen Rechtstradition begründeten Detaillierungsgrad erreichen.<br />

Neben großen Übere<strong>in</strong>stimmungen existieren auch e<strong>in</strong>ige Unterschiede zu den US-GAAP-<br />

Regeln mit im E<strong>in</strong>zelfall erheblichen Konsequenzen.<br />

Unterschiede existieren bereits <strong>in</strong> der Abgrenzung von leistungsorientierten gegenüber beitragsorientierten<br />

Pensionszusagen. Insbesondere wenn mehrere Arbeitgeber-Unternehmen<br />

sich e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Pensionsfonds bedienen, kann es zu unterschiedlichen Zuordnungen<br />

kommen. Im Regelfall (IAS 19.29) sollen solche Gruppenkassen (multi-employer plans),<br />

sofern sie den Charakter leistungsorientierter Zusagen haben, ebenso wie andere leistungsorientierte<br />

Pensionsverpflichtungen bilanziert werden. Verpflichtungshöhe, Vermögensstock und<br />

Aufwandsbestandteile e<strong>in</strong>es solchen unternehmensübergreifenden Planes s<strong>in</strong>d damit von den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Arbeitgeber-Unternehmen proportional zu ihren jeweiligen Anteilen zu berücksichtigen.<br />

Stehen die für diese bilanzielle Behandlung benötigten Informationen allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

zur Verfügung, so s<strong>in</strong>d die entsprechenden Verpflichtungen als beitragsorientierte Zusagen<br />

gem. IAS 19.44-46 zu behandeln. Letztere Alternative stellt nach SFAS 87.68 den Regelfall<br />

bei der Bilanzierung von Gruppenkassen dar. 49 Nach SFAS 87.63 ist für die E<strong>in</strong>stufung als<br />

beitragsorientierter Pensionsplan zusätzlich erforderlich, dass e<strong>in</strong>e Zuordnung der Beiträge<br />

auf die <strong>in</strong>dividuellen Begünstigten möglich ist. Ferner können unterschiedliche Zuordnungen<br />

daraus resultieren, dass SFAS 87.11 die E<strong>in</strong>stufung als leistungsorientierter Pensionsplan an<br />

das Vorliegen expliziter Kriterien knüpft, während IAS 19.7 die Technik der Negativabgrenzung<br />

gegenüber beitragsorientierten Plänen wählt.<br />

Bei der Bilanzierung von leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen soll nach IAS 19 –<br />

ebenso wie nach SFAS 87 – die Bewertung der künftigen Pensionsleistungen nach dem<br />

Anwartschaftsbarwertverfahren erfolgen (IAS 19 Par. 64-66). Bei der Festlegung des Kalkulationsz<strong>in</strong>ssatzes<br />

ergibt sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e erste Besonderheit: Während nach IAS 19.78-82<br />

auf die Rendite qualitativ hochwertiger, der Pensionsverpflichtung laufzeitäquivalenter<br />

49 Vgl. hierzu auch Feld (2003), S. 580.


52<br />

Industrieobligationen (high quality corporate bonds; IAS 19.78) abzustellen ist, 50 s<strong>in</strong>d diese<br />

für den Kalkulationsz<strong>in</strong>s nach SFAS 87.44 nur ersatzweise dann relevant, wenn der unternehmens<strong>in</strong>dividuelle<br />

Z<strong>in</strong>s, zu dem die PBO am Stichtag abgelöst werden könnte (settlement<br />

rate), nicht feststellbar ist. Da Letzteres den Regelfall bilden dürfte, s<strong>in</strong>d große praktische<br />

Unterschiede zwischen IAS 19 und SFAS 87 allerd<strong>in</strong>gs nicht zu erwarten.<br />

Bei der Amortisation versicherungsmathematischer Gew<strong>in</strong>ne und Verluste ist – wie auch nach<br />

SFAS 87 – dem Corridor Approach zu folgen. E<strong>in</strong>e Besonderheit besteht dabei dar<strong>in</strong>, dass die<br />

Verteilung bei solchen Plänen, deren Berechtigte sich vorwiegend bereits im Ruhestand<br />

bef<strong>in</strong>den, nach SFAS 87.32 – im Gegensatz zu IAS 19 – nicht über die durchschnittliche<br />

Restdienstzeit, sondern über die durchschnittliche verbleibende Lebenserwartung zu erfolgen<br />

hat. Ähnliches gilt nach SFAS 87.25 für die Verteilung des nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwands<br />

(prior service cost).<br />

Eventuell aus der der Erstanwendung von IAS 19 (neue Fassung 2000) bzw. SFAS 87 resultierende<br />

Transitional Liabilities s<strong>in</strong>d ebenfalls unterschiedlich zu behandeln. Während IAS<br />

19.155 e<strong>in</strong> Wahlrecht zwischen erfolgswirksamer Soforterfassung und l<strong>in</strong>earer Amortisation<br />

über fünf Jahre gewährt, fordert SFAS 87.77 stets e<strong>in</strong>e Verteilung über die durchschnittliche<br />

Restdienstzeit der Versorgungsberechtigten oder, falls diese weniger als 15 Jahre beträgt, über<br />

15 Jahre. Auch hier ist für die Amortisation bei solchen Plänen, deren Berechtigte sich vorwiegend<br />

bereits im Ruhestand bef<strong>in</strong>den, nicht die durchschnittliche Restdienstzeit, sondern<br />

die durchschnittliche verbleibende Lebenserwartung maßgeblich.<br />

Der wohl wichtigste Unterschied zwischen IAS und US-Regeln besteht schließlich dar<strong>in</strong>, dass<br />

es für die <strong>in</strong> SFAS 87.35-38 enthaltene Pflicht zur Bildung e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>imum Liability <strong>in</strong> Höhe<br />

der sog. Unfunded ABO nach IAS 19 ke<strong>in</strong>e Parallele gibt. Aus diesem Grund kann es <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>zelfällen dazu kommen, dass selbst sehr große Deckungslücken wegen den auch <strong>in</strong> IAS 19<br />

enthaltenen Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen nicht zum Ausweis e<strong>in</strong>es Passivpostens für Pensionsverpflichtungen<br />

führen. So würde nach IAS 19 im obigen Fallbeispiel der General Motors<br />

Corp. die Zwischengröße von 21.313 Mio. US$ auf der Aktivseite ausgewiesen, obwohl<br />

tatsächlich e<strong>in</strong>e Deckungslücke von 25.440 Mio. US$ besteht.<br />

50 Ist e<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend liquider Markt für solche Wertpapiere nicht vorhanden, so ist gem. IAS 19.78 auf die<br />

Rendite von Staatsanleihen zurückzugreifen.


53<br />

4.1.4.2 Abweichungen zwischen HGB/E-DRS 19 und SFAS 87<br />

Die unter den Rückstellungen ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen s<strong>in</strong>d gem. § 253 Abs. 1<br />

HGB mit dem Betrag anzusetzen, „der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig<br />

ist.“ Nach herrschender Auffassung ist hierzu e<strong>in</strong> versicherungsmathematisches<br />

Verfahren von Nöten, mittels dessen e<strong>in</strong>e Pensionsrückstellung ratierlich anzusammeln ist,<br />

um bei Pensionsbeg<strong>in</strong>n den Barwert der Pensionsleistungen zu erreichen. Durch die bisherige<br />

Dom<strong>in</strong>anz des Steuerrechts ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang das sog. Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

angewendet worden – entweder <strong>in</strong> unmittelbarer Befolgung der steuerrechtlichen<br />

Regeln (Teilwertverfahren) oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er leicht modifizierten Form (Gegenwartswertverfahren)<br />

mit niedrigerem Z<strong>in</strong>s (i.d.R. m<strong>in</strong>destens 3%) und anderem Startzeitpunkt für die Rückstellungsberechnung<br />

(Pensionszusage). Die Unterschiede zwischen dem Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

und dem <strong>in</strong> SFAS 87 verwendeten Anwartschaftsbarwertverfahren werden <strong>in</strong><br />

Kap. 4.1.4.3 verdeutlicht.<br />

Grundlegende Änderungen zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung<br />

gegenüber der bisherigen Vorgehensweise s<strong>in</strong>d jedoch dann zu erwarten, wenn künftig vom<br />

DSR e<strong>in</strong> Rechnungslegungsstandard zur bilanziellen Behandlung von Pensionsverpflichtungen<br />

herausgegeben wird. Dies lässt E-DRS 19 vermuten, der sich <strong>in</strong> Teilen sehr stark an<br />

SFAS 87 und IAS 19 anlehnt und sich damit von der steuerrechtlichen Orientierung löst.<br />

Diese methodische Schwerpunktverlagerung wird mit der weiten Formulierung des § 253<br />

Abs. 1 HGB und mit den von steuerlichen Belangen losgelösten Zwecksetzungen e<strong>in</strong>es<br />

handelsrechtlichen Konzernabschlusses erklärt.<br />

E-DRS 19 sieht das Anwartschaftsbarwertverfahren (projected unit credit method) vor und<br />

berücksichtigt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch Gehalts- und Rententrends (E-DRS 19.20-28).<br />

Beim Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß verlangt E-DRS 19.24 e<strong>in</strong>e Orientierung an der Rendite fristadäquater<br />

erstklassiger Unternehmensanleihen <strong>in</strong> gleicher Währung und folgt damit nur der<br />

Alternativlösung von SFAS 87.44. Das unternehmens<strong>in</strong>dividuelle Risiko bleibt somit - wie<br />

bei IAS 19 - unberücksichtigt. Der zentrale Unterscheid zu SFAS 87 liegt jedoch <strong>in</strong> dem<br />

vollständigen Verzicht auf Gew<strong>in</strong>nglättungsmechanismen. Demnach wird zur Ermittlung der<br />

bilanziell relevanten Deckungslücke die PBO <strong>in</strong> voller Höhe berücksichtigt und – bei externer<br />

F<strong>in</strong>anzierung – die tatsächliche Entwicklung des Deckungsstocks zugrunde gelegt. Die<br />

Notwendigkeit zur Bildung e<strong>in</strong>er Additional M<strong>in</strong>imum Liability ist damit nicht gegeben. Es


54<br />

bleibt jedoch abzuwarten, ob E-DRS 19 <strong>in</strong> dieser Form wirklich als endgültiger Standard<br />

verabschiedet wird.<br />

4.1.4.3 Abweichungen zwischen § 6a EStG und SFAS 87<br />

Bei leistungsorientierten Pensionsplänen resultiert aus den bereits zugesagten späteren Pensionsleistungen<br />

auch aus steuerlicher Sicht zu jedem Bilanzstichtag e<strong>in</strong>e aktuelle Pensionsverpflichtung,<br />

deren Höhe und Fälligkeitszeitpunkt noch unsicher ist. § 6a EStG stellt zur Bewertung<br />

dieser Pensionsverpflichtung auf den Teilwert ab. Der Teilwert wird entsprechend e<strong>in</strong>es<br />

versicherungsmathematischen Verfahrens ermittelt, das e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Arbeitsleistung<br />

des pensionsberechtigten Arbeitnehmers unterstellt. Unter Anwendung der „anerkannten<br />

Regeln der Versicherungsmathematik“ (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) ist hieraus das Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

abgeleitet worden. Dieses Verfahren sieht vor, die künftigen, auf<br />

den Pensionse<strong>in</strong>trittsterm<strong>in</strong> abgez<strong>in</strong>sten Pensionsleistungen via Rückwärtsverteilungsfaktor<br />

gleichmäßig auf die Dienstjahre zu verteilen. Die nach SFAS 87 mögliche Ungleichgewichtung<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Perioden (Back- bzw. Frontload<strong>in</strong>g) ist damit nicht gegeben. Die <strong>in</strong> die<br />

Berechnung e<strong>in</strong>fließende Dienstzeit beg<strong>in</strong>nt bei Dienste<strong>in</strong>tritt, nicht jedoch vor dem 28.<br />

Lebensjahr (§ 6a Abs. 3 Satz 3, 6 EStG). Als Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß dient nach § 6a Abs. 3 Satz<br />

3 EStG e<strong>in</strong> fester Z<strong>in</strong>s von 6%. Gehalts- und Rententrends bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.<br />

Ungewisse künftige Leistungserhöhungen werden bei der Barwertberechnung<br />

erst dann berücksichtigt, „wenn sie e<strong>in</strong>getreten s<strong>in</strong>d“ (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 4 EStG).<br />

Abbildung 15: PBO-Berechnung nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

Pensionse<strong>in</strong>tritt<br />

Zusagezeitpunkt<br />

Berichtsperiode<br />

Dienstzeit<br />

Rente<br />

Teilwert<br />

Barwert bei<br />

Pensionse<strong>in</strong>tritt<br />

Ceteris paribus ergeben sich zwischen Anwartschaftsbarwert- und Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

nur ger<strong>in</strong>ge Betragsdifferenzen. Unterstellt man beim Anwartschaftsbarwertverfah-


55<br />

ren nach SFAS 87 e<strong>in</strong>e Gleichgewichtung aller Dienstjahre, wären beide Verfahren bei e<strong>in</strong>em<br />

Z<strong>in</strong>ssatz von 0% zwangsläufig identisch. Unter E<strong>in</strong>beziehung von Z<strong>in</strong>sen berechnet das<br />

Anwartschaftsbarwertverfahren <strong>in</strong>sbesondere zu Beg<strong>in</strong>n der Dienstzeit ger<strong>in</strong>gere Verpflichtungsbeträge,<br />

die jedoch bis zum Pensionse<strong>in</strong>trittsterm<strong>in</strong> ansteigen. Hier wirkt sich der Abz<strong>in</strong>sungseffekt<br />

<strong>in</strong> den ersten Perioden überproportional stark und <strong>in</strong> den späteren Perioden<br />

ger<strong>in</strong>ger aus als beim Anwartschaftsdeckungsverfahren. In der Tendenz verlagert das Anwartschaftsbarwertverfahren<br />

den Pensionsaufwand damit stärker auf die späteren Dienstjahre. 51<br />

Zur Veranschaulichung sei e<strong>in</strong> Zahlenbeispiel betrachtet. Um die Unterschiede <strong>in</strong> der Bewertungsmethodik<br />

herauszustellen, wird dabei von sonst gleichen Annahmen ausgegangen.<br />

E<strong>in</strong> Unternehmen sehe sich am 31. 12. 99 der Verpflichtung gegenüber, e<strong>in</strong>em Arbeitnehmer<br />

bei dessen Rentene<strong>in</strong>tritt am 31. 12. 02 e<strong>in</strong>en Betrag R von 10.000 GE zu zahlen.<br />

Berichtsperiode<br />

31. 12. 99<br />

Rente:<br />

10.000<br />

31. 12. 02<br />

Unter Verwendung e<strong>in</strong>es Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes i von 6% ergeben sich folgende Verpflichtungsbeträge<br />

B am 31. 12. 99:<br />

Anwartschaftsbarwertverfahren:<br />

R 1<br />

⋅<br />

n (1+<br />

i )<br />

10.000 1<br />

= ⋅<br />

3 1,06<br />

B ABV<br />

= =<br />

n−<br />

1<br />

2<br />

2.967 GE<br />

Anwartschaftsdeckungsverfahren (Teilwertverfahren): 52<br />

i<br />

0,06<br />

TWV<br />

= R ⋅ = 10.000 ⋅ = 10.000 ⋅0,314<br />

=<br />

n<br />

(1 + i) − 1 1,06 − 1<br />

B<br />

3<br />

3.141 GE<br />

Gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG darf die Pensionsrückstellung <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Wirtschaftsjahres<br />

höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am<br />

51 Zur Verdeutlichung vgl. die Gegenüberstellung versicherungsmathematischer Methoden bei Feld (2003), S.<br />

643-648; Postert/Wolz (1999), S. 2175-2176. Zum E<strong>in</strong>fluss der versicherungsmathematischen Methode auf<br />

die Verpflichtungshöhe vgl. auch Schipper/Weil (1982).<br />

52 Der Ausdruck<br />

i<br />

( 1+<br />

i )<br />

n −<br />

1<br />

wird als Rückwärtsverteilungsfaktor bezeichnet.


56<br />

Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht<br />

werden. Demzufolge ergibt sich der als Betriebsausgabe abzugsfähige Pensionsaufwand.<br />

§ 6a EStG sieht <strong>in</strong> begrenztem Ausmaße Glättungsmechanismen vor, die dazu führen, dass<br />

sich der Pensionsaufwand nicht zw<strong>in</strong>gend als Differenz der Teilwerte zweier aufe<strong>in</strong>ander<br />

folgender Bilanzstichtage ermittelt. Veränderungen aufgrund neuer oder geänderter biometrischer<br />

Rechnungsgrundlagen, neu zu erfassender Erstzusagen und starker Barwerterhöhungen<br />

(mehr als 25%) dürfen nach § 6a Abs. 4 Satz 2 bis 6 EStG auf (m<strong>in</strong>destens) drei Wirtschaftsjahre<br />

gleichmäßig verteilt werden. Interessanterweise s<strong>in</strong>d die steuerlichen Verteilungsrechte<br />

handelsrechtlich strittig, da sie dort gegen die Passivierungspflicht von Pensionsverpflichtungen<br />

verstoßen können.<br />

Im Zuge der steuerlichen Gew<strong>in</strong>nermittlung stehen Ausweisfragen im H<strong>in</strong>tergrund. Die<br />

Steuerbilanz folgt hierbei wohl der Handelsbilanz, die gem. § 266 Abs. 3 Buchstabe B Nr. 1<br />

HGB für Kapitalgesellschaften den expliziten Ausweis e<strong>in</strong>er Passivposition „Rückstellungen<br />

für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“ vorsieht.<br />

4.2 Bilanzanalytische Vorgehensweise<br />

4.2.1 Pensionsrückstellungen – Eigen- oder Fremdkapital?<br />

Durch Pensionsrückstellungen werden künftige Verpflichtungen e<strong>in</strong>es Unternehmens gegenüber<br />

se<strong>in</strong>en Mitarbeitern bilanziell abgebildet. Es handelt sich also um ungewisse Verb<strong>in</strong>dlichkeiten,<br />

die <strong>in</strong> allen betrachteten Rechnungslegungssystemen bilanziell als Teil des Fremdkapitals<br />

erfasst werden. Im Rahmen der Bilanzanalyse werden Pensionsrückstellungen jedoch<br />

mitunter als „eigenkapitalähnlich“ 53 bzw. als „Fremdkapital besonderer Art“ 54 angesehen:<br />

„Obwohl Pensionsrückstellungen e<strong>in</strong>deutig Fremdkapital s<strong>in</strong>d, wirken sie als<br />

langfristig verfügbares Kapital bis zum E<strong>in</strong>tritt der Fälligkeit der Verpflichtung<br />

wie Eigenkapital […] .“ 55<br />

53 Gräfer (1997), S. 79.<br />

54 Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für betriebliche Altersversorgung (2003), S. 2; Gohdes/Meier (2003), S. 1378.<br />

55 Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für betriebliche Altersversorgung (2003), S. 2.


57<br />

Es wird angeführt, aufgrund des besonderen Charakters der Pensionsrückstellungen sei e<strong>in</strong>e<br />

Gleichbehandlung mit dem sonstigen Fremdkapital nicht sachgerecht. Hierfür werden vor<br />

allem folgende Gründe genannt: 56<br />

• Das Kapital wird vom Betrieb selbst erwirtschaftet und nicht von außen zugeführt.<br />

• Im Vergleich zu anderem Fremdkapital verfügen Pensionsrückstellungen über sehr<br />

stabile Konditionen und haben e<strong>in</strong>e extrem lange Tilgungsdauer.<br />

• Die Gläubiger, d.h. die pensionsberechtigten Mitarbeiter, können ke<strong>in</strong>e Sondertilgung<br />

verlangen. Auch haben sie ke<strong>in</strong>e besonderen Besicherungs- oder Gläubigerrechte. Gleiches<br />

gilt für den Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG.<br />

Die angeführten Punkte s<strong>in</strong>d für sich genommen zutreffend. Allerd<strong>in</strong>gs stellen sie ke<strong>in</strong>e<br />

ausreichende Begründung dar, warum Pensionsrückstellungen im Rahmen der Bilanzanalyse<br />

nicht als Teil des Fremdkapitals erfasst werden sollten. Ke<strong>in</strong>e der genannten Besonderheiten<br />

ändert etwas daran, dass die Mittel im Laufe der Zeit an Dritte abgeführt werden müssen.<br />

Dementsprechend stellen Pensionsrückstellungen anders als das Eigenkapital ke<strong>in</strong>e Haftungsmasse<br />

des Unternehmens dar und s<strong>in</strong>d somit nicht geeignet, das Unternehmen bei<br />

dauerhaften Verlusten vor e<strong>in</strong>er Insolvenz zu schützen. Auch mit Blick auf die Rangfolge im<br />

Insolvenzfall ergeben sich ke<strong>in</strong>e Besonderheiten: Die Forderungen des Pensions-Sicherungs-<br />

Vere<strong>in</strong>s VVaG s<strong>in</strong>d gleichrangig mit anderen ungesicherten Verb<strong>in</strong>dlichkeiten.<br />

Zutreffend könnte e<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit von Eigenkapital und Pensionsrückstellungen allenfalls<br />

dann angenommen werden, wenn die Analyse alle<strong>in</strong> auf die Fristigkeit des Kapitals<br />

abstellt. Dies ist jedoch bei e<strong>in</strong>er Kennzahlenanalyse im Rat<strong>in</strong>gprozess nicht der Fall. Der<br />

Charakterisierung von Pensionsrückstellungen als eigenkapitalähnlich aufgrund ihrer Fristigkeit<br />

steht weiterh<strong>in</strong> entgegen, dass die gleiche Argumentation auch für langfristige F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

geführt werden könnte, die e<strong>in</strong>deutig Fremdkapitalcharakter besitzen.<br />

„Der Verweis auf die F<strong>in</strong>anzierungsfunktionen langfristiger Rückstellungen macht<br />

aus ihnen ke<strong>in</strong>e ‚eigenkapitalähnlichen Mittel’. Sonst würde dies genauso für<br />

langfristige Verb<strong>in</strong>dlichkeiten zutreffen. Das aber wird ernsthaft niemand fordern.<br />

Es liegt hier also e<strong>in</strong>e nicht s<strong>in</strong>nvolle Vermischung der Kapitalkategorien nach der<br />

56 Vgl. Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für betriebliche Altersversorgung (2003), S. 2; Gohdes/Meier (2003), S. 1377 f.


58<br />

Fristigkeit (langfristiges – kurz- und mittelfristiges Kapital) sowie nach der rechtlichen<br />

Stellung (Eigenkapital – Fremdkapital) vor.“ 57<br />

Dennoch ist die Fristigkeit verschiedener Fremdkapitalposten e<strong>in</strong> wichtiges Element der<br />

Insolvenzprognose. Innerhalb des Rat<strong>in</strong>gprozesses ist deshalb sicherzustellen, dass die besondere<br />

Langfristigkeit von Pensionsrückstellungen berücksichtigt wird und ke<strong>in</strong>e Gleichstellung<br />

etwa mit kurzfristigen Fremdkapitalpositionen erfolgt. Das Gleiche gilt auch im H<strong>in</strong>blick auf<br />

andere Eigenschaften von Pensionsrückstellungen, die sie von F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

unterscheiden. So kann das Fehlen von Akzelerationsregeln und Sondertilgungsrechten dazu<br />

führen, dass e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzierung über Pensionsrückstellungen den Unternehmen größere f<strong>in</strong>anzielle<br />

Stabilität verleiht als e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzierung mit Bankkrediten. Hier sche<strong>in</strong>en über die re<strong>in</strong>e<br />

Kennzahlenberechnung h<strong>in</strong>ausgehende Analyseschritte notwendig, die vor allem auch die<br />

Risikowirkung der Pensionszusagen und deren E<strong>in</strong>fluss auf die künftige Cash Flow-<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>beziehen. Letztere wird bei rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen stark<br />

von Faktoren wie dem Durchschnittsalter der Beschäftigten und der Pensionäre sowie dem<br />

künftigen Unternehmenswachstum bee<strong>in</strong>flusst und kann deshalb nicht pauschal beurteilt<br />

werden.<br />

Als Ergebnis und Ausgangsbasis für die weiteren Überlegungen bleibt festzuhalten, dass<br />

Pensionsrückstellungen sowohl <strong>in</strong> bilanzieller H<strong>in</strong>sicht als auch für Zwecke des Rat<strong>in</strong>gs als<br />

Fremdkapital anzusehen s<strong>in</strong>d. Sie bilden Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens gegenüber<br />

den eigenen Mitarbeitern ab und s<strong>in</strong>d nicht Teil der Haftungsmasse des Unternehmens.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass sich diese Aussage alle<strong>in</strong> auf tatsächlich vorhandene<br />

Verpflichtungen bezieht. Anders könnte die Wertung ausfallen, wenn im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Jahresabschlussanalyse mit Fiktionen wie z.B. der Auslagerung <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter Pensionszusagen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds gearbeitet wird, wie dies bei Moody’s und Fitch der Fall ist.<br />

Welche Annahmen hierbei über die – ebenfalls re<strong>in</strong> fiktive – Ref<strong>in</strong>anzierung zweckmäßig<br />

s<strong>in</strong>d, wird <strong>in</strong> Abschnitt 4.2.4 noch e<strong>in</strong>gehend betrachtet.<br />

4.2.2 Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter<br />

Die Darstellung der Bilanzierungsvorschriften hat h<strong>in</strong>sichtlich der Bewertungsparameter<br />

erhebliche Unterschiede zwischen den <strong>in</strong>ternationalen Rechnungslegungsvorschriften (US-<br />

GAAP, IAS/IFRS) und den deutschen Vorschriften (HGB, EStG) aufgezeigt. Tabelle 3 fasst<br />

57 Rehkugler/Poddig (1998), S. 50.


59<br />

die wesentlichen Unterschiede und ihren E<strong>in</strong>fluss auf den Barwert der Pensionsverpflichtung<br />

noch e<strong>in</strong>mal zusammen.<br />

Bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich s<strong>in</strong>d vor allem die unterschiedliche Berücksichtigung<br />

von Gehalts- und Rententrends sowie die Festlegung des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes<br />

von großer Bedeutung. Unterschiede aufgrund der Bewertungsmethodik führen demgegenüber<br />

nur zu relativ ger<strong>in</strong>gen Unterschieden, es sei denn, nach SFAS 87 bzw. IAS 19 wird<br />

von der Möglichkeit des Back- bzw. Frontload<strong>in</strong>g Gebrauch gemacht.<br />

Tabelle 3: Auswirkungen unterschiedlicher Bewertungsparameter<br />

Unterschied SFAS 87 /<br />

IAS 19<br />

Berücksichtigung<br />

von Gehalts- und<br />

ja<br />

ggf. Rententrends<br />

§ 6a EStG<br />

ne<strong>in</strong><br />

Pensionsverpflichtung<br />

nach SFAS 87 / IAS 19<br />

im Vergleich zum<br />

deutschen Ergebnis (c.p.)<br />

<br />

Orientierung am<br />

Kalkulations-<br />

langfristigen<br />

z<strong>in</strong>sfuß 6 %<br />

Kapitalmarktz<strong>in</strong>s<br />

abhängig von der<br />

Kapitalmarktsituation:<br />

<br />

/<br />

Bewertungsmethodik<br />

Anwartschaftsbarwertverfahren<br />

Anwartschaftsdeckungsverfahren<br />

<br />

Grundsätzlich sollten sich die Korrekturen der Verpflichtungshöhe an den unternehmens<strong>in</strong>dividuellen<br />

Gegebenheiten orientierten. E<strong>in</strong>e solche Vorgehensweise ist aber mit erheblichem<br />

Datenbeschaffungsaufwand und letztlich mit e<strong>in</strong>er vollständigen Neuberechnung der Pensionsverpflichtung<br />

verbunden. Die pauschalen Korrekturen der Rat<strong>in</strong>gagenturen z.B. zur<br />

nachträglichen Berücksichtigung von Gehaltstrends und zur Anpassung des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes<br />

umgehen diese Schwierigkeiten zwar zu Lasten der Genauigkeit, können aber ggf. unter<br />

Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten als angemessen erachtet werden.<br />

Bei externer F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen tritt nach US-GAAP und IAS/IFRS als<br />

weiterer zentraler Bewertungsparameter die erwartete Fondsrendite h<strong>in</strong>zu. Allerd<strong>in</strong>gs wirkt<br />

diese nicht auf die Verpflichtungshöhe, sondern auf den bilanziell relevanten Wert des Fondsvermögens<br />

und trägt damit <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie zur Gew<strong>in</strong>nglättung bei. Es sei deshalb hier auf den<br />

nächsten Abschnitt verwiesen, der sich dem Umgang mit Glättungsmechanismen widmet.


60<br />

4.2.3 Elim<strong>in</strong>ierung von Glättungsmechanismen<br />

Die betrachteten Rechnungslegungssysteme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> sehr unterschiedlichem Maße von Glättungsmechanismen<br />

geprägt. Während IAS 19 selbst vom Ausweis e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>imum Liability<br />

absieht und so e<strong>in</strong>e sehr starke Gew<strong>in</strong>nglättung erlaubt, lassen das deutsche Handels- und<br />

Steuerrecht bzw. der deutsche Standardentwurf E-DRS 19 nur wenige bzw. gar ke<strong>in</strong>e Glättungsmechanismen<br />

zu. Abbildung 16 fasst das Ausmaß der Glättungsmechanismen <strong>in</strong> den<br />

betrachteten Rechnungslegungssystemen zusammen.<br />

Abbildung 16: Glättungsmechanismen im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich<br />

sehr<br />

starke<br />

Glättung<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Glättung<br />

IAS/IFRS<br />

US-GAAP<br />

HGB/EStG<br />

E-DRS 19<br />

Glättung sowohl von unerwarteten Veränderungen des<br />

Fondsvermögens als auch von Veränderungen versicherungsmathematischer<br />

Annahmen durch den Corridor Approach.<br />

Glättung bei unerwarteten Veränderungen des Fondsvermögens<br />

und versicherungsmathematischen Annahmeveränderungen,<br />

jedoch Begrenzung durch den Ausweis e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>imum Liability.<br />

Gemäß EStG Glättung von versicherungsmathematischen<br />

Annahmeveränderungen über relativ kurze Zeiträume.<br />

Im Entwurf ke<strong>in</strong>e Glättungsmechanismen vorgesehen.<br />

Um die Bilanzdaten von Anwendern der verschiedenen Rechnungslegungssysteme vergleichbar<br />

zu machen, s<strong>in</strong>d sie im H<strong>in</strong>blick auf die Glättungsmechanismen zu vere<strong>in</strong>heitlichen.<br />

Alle<strong>in</strong> aufgrund der Datenverfügbarkeit ersche<strong>in</strong>t hierzu die Elim<strong>in</strong>ierung aller Glättungen<br />

geeigneter als das Here<strong>in</strong>rechnen von Glättungen <strong>in</strong> bislang nicht geglättete Größen. Die<br />

Elim<strong>in</strong>ierung aller Glättungen führt im Ergebnis dazu, dass der nicht durch externes Fondsvermögen<br />

gedeckte Teil der Pensionsverpflichtung vollständig als Rückstellung <strong>in</strong> der Bilanz<br />

erfasst wird. E<strong>in</strong> ggf. auf der Aktivseite angesetzter Vermögensgegenstand ist dabei ebenso<br />

mit dem Eigenkapital zu saldieren wie der vollständige bisher nicht bilanziell erfasste Teil<br />

der Pensionsverpflichtungen. Die Wirkungen auf das Eigenkapital werden jedoch durch das<br />

Entstehen aktiver latenter Steuern gedämpft.<br />

Vergleichbarkeitsprobleme werfen die Glättungsmechanismen aber nicht nur aufgrund der<br />

Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen auf. Bei e<strong>in</strong>em Vergleich von US-<br />

GAAP- bzw. IAS/IFRS-Anwendern untere<strong>in</strong>ander ist auch zu beachten, dass die Wirksamkeit<br />

der Glättungsmechanismen von der F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen abhängt (Tabelle 4).<br />

Veränderungen der Verpflichtungshöhe aufgrund veränderter versicherungsmathematischer


61<br />

Annahmen, nachträgliche Anpassungen des Dienstzeitaufwands und Umstellungseffekte<br />

können unabhängig von der Art der F<strong>in</strong>anzierung zeitlich verteilt werden. Der bedeutende<br />

Mechanismus zur Glättung von Wertschwankungen des Deckungsstocks greift demgegenüber<br />

nur bei externer F<strong>in</strong>anzierung.<br />

Tabelle 4:<br />

Glättungsmechanismen nach SFAS 87 bei extern und <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten-<br />

Pensionszusagen<br />

Position<br />

Erläuterung<br />

Periodisierungsvorschrift<br />

Actuarial<br />

Ga<strong>in</strong>/Loss<br />

Prior Service<br />

Cost<br />

Transitions<br />

Amounts<br />

Veränderung der PBO aufgrund<br />

veränderter versicherungsmathematischer<br />

Parameter<br />

Nachzuverrechnender<br />

Dienstzeitaufwand<br />

Unterschiedsbeträge aus<br />

erstmaliger Anwendung von<br />

SFAS 87<br />

Erfassung als Unrecognized Net<br />

Ga<strong>in</strong>/Loss und Verteilung nach<br />

dem Corridor Approach<br />

Verteilung über erwartete<br />

Restdienstzeit der betroffenen<br />

Arbeitnehmer<br />

Verteilung über m<strong>in</strong>destens<br />

15 Jahre<br />

auch bei<br />

<strong>in</strong>terner<br />

F<strong>in</strong>anzierung<br />

wirksam<br />

Unexpected<br />

Ga<strong>in</strong>/ Loss on<br />

Plan Assets<br />

Vom erwarteten Erfolg<br />

abweichende Veränderung<br />

des Fondsvermögens<br />

Erfassung als Unrecognized Net<br />

Ga<strong>in</strong>/Loss und Verteilung nach<br />

dem Corridor Approach<br />

nur bei<br />

externer<br />

F<strong>in</strong>anzierung<br />

wirksam<br />

Die Volatilität des externen Deckungsstocks kann durch die Glättungsmechanismen weitgehend<br />

aus Bilanz und Gew<strong>in</strong>n- und Verlustrechnung herausgehalten werden. Bei <strong>in</strong>terner<br />

F<strong>in</strong>anzierung stellt h<strong>in</strong>gegen das Unternehmensvermögen den Deckungsstock dar, dessen<br />

Wertänderungen entsprechend der Bilanzierungsregeln für das Anlage- und Umlaufvermögen<br />

abzubilden s<strong>in</strong>d. Besondere Glättungsmechanismen existieren selbst dann nicht, wenn Teile<br />

des Vermögens speziell zur Bedienung von Pensionszusagen vorgehalten werden. Besonders<br />

deutlich wird diese Problematik, wenn e<strong>in</strong> Unternehmen unterstellt wird, dass über e<strong>in</strong> sehr<br />

hohes, als <strong>in</strong>terner Pensionsfonds verwaltetes Wertpapiervermögen verfügt. Hierbei erlittene<br />

Verluste belasten das Ergebnis bzw. bei erfolgsneutraler Abschreibung der Wertpapiere<br />

zum<strong>in</strong>dest das Eigenkapital sofort. Erleidet e<strong>in</strong> externer Pensionsfonds die gleichen Verluste,<br />

werden diese erst bei Überschreiten des Korridors (10 % der PBO bzw. des höheren Marktwerts<br />

des Deckungsstocks) und auch dann nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung für das<br />

Unternehmen relevant.<br />

Um e<strong>in</strong>e Unternehmensvergleichbarkeit herzustellen, ersche<strong>in</strong>t auch hier die Elim<strong>in</strong>ierung der<br />

Glättungen geeigneter als e<strong>in</strong>e simulierte Glättung von Wertschwankungen des <strong>in</strong>ternen<br />

Deckungsvermögens. Letztere Vorgehensweise würde die Zuordnung von Vermögensgegens-


62<br />

tänden zu den Pensionsverpflichtungen erfordern. Mit Ausnahme von Unternehmen, die e<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong>ternen Pensionsfonds verwalten, ist e<strong>in</strong>e solche Zuordnung letztlich nur willkürlich möglich.<br />

Zudem wäre das erzielte Ergebnis stets mit e<strong>in</strong>er Vielzahl von Annahmen behaftet.<br />

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass unter dem Aspekt der <strong>in</strong>ternationalen Vergleichbarkeit die<br />

vollständige Elim<strong>in</strong>ierung des E<strong>in</strong>flusses von allen Glättungsmechanismen zw<strong>in</strong>gend zu<br />

fordern ist. Hierzu s<strong>in</strong>d die Auswirkungen sämtlicher Glättungsmechanismen unter Berücksichtigung<br />

von latenten Steuerwirkungen aus Bilanz und Gew<strong>in</strong>n- und Verlustrechnung zu<br />

elim<strong>in</strong>ieren und stattdessen Unterdeckungen <strong>in</strong> voller Höhe als Passivposten auszuweisen.<br />

Überdeckungen s<strong>in</strong>d entsprechend auf der Aktivseite auszuweisen. 58 Diese Korrekturschritte<br />

werden zum<strong>in</strong>dest für Unterdeckungen von allen Rat<strong>in</strong>gagenturen vorgenommen, so dass die<br />

Vorgehensweisen hier e<strong>in</strong>en zutreffenden Vergleich ermöglichen. Insbesondere Standard &<br />

Poor’s zeigt <strong>in</strong> den veröffentlichten Dokumenten detailliert auf, wie Ergebnis- und Bilanzgrößen<br />

unter Berücksichtigung von Steuereffekten zu korrigieren s<strong>in</strong>d.<br />

4.2.4 Brutto- versus Nettoausweis der Pensionsverpflichtung<br />

4.2.4.1 Problemstellung<br />

Neben der unterschiedlichen Wirksamkeit der Glättungsmechanismen resultiert aus den<br />

unterschiedlichen F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten der Pensionszusagen e<strong>in</strong> weiteres Vergleichbarkeitsproblem<br />

im Rahmen der <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensanalyse. Während Pensionsverpflichtungen<br />

aufgrund von <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen stets <strong>in</strong> voller Höhe als<br />

Rückstellung <strong>in</strong> der Bilanz auszuweisen s<strong>in</strong>d (Bruttoausweis der Pensionsverpflichtung), wird<br />

die Bilanz bei externer F<strong>in</strong>anzierung nur dann von Pensionszusagen berührt, wenn der Deckungsstock<br />

des Pensionsfonds größer oder kle<strong>in</strong>er als die Pensionsverpflichtung ist. Der<br />

Deckungsstock selbst wie auch die korrespondierende Pensionsrückstellung ersche<strong>in</strong>en nicht<br />

<strong>in</strong> der Unternehmensbilanz (Nettoausweis der Pensionsverpflichtung). 59 Dieser Unterschied<br />

58 Die Berücksichtigung e<strong>in</strong>er Überdeckung auf der Aktivseite macht allerd<strong>in</strong>gs nur dann S<strong>in</strong>n, wenn von<br />

e<strong>in</strong>er Unternehmensfortführung ausgegangen werden kann (Go<strong>in</strong>g-Concern-Prämisse). Steht das Unternehmen<br />

vor der Liquidation, können aus der Überdeckung resultierende Vorteile, wie z.B. ger<strong>in</strong>gere künftige<br />

Zahlungen an den Pensionsfonds, nicht mehr realisiert werden.<br />

59 Allerd<strong>in</strong>gs ist der Versorgungsträger im Rahmen des Konzernabschlusses zu berücksichtigen, sofern er dem<br />

Voll- oder Quotenkonsolidierungskreis des Mutterunternehmens zugerechnet wird. Dies ist jedoch <strong>in</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land selten der Fall, da Pensionsfonds oft als e<strong>in</strong>getragener Vere<strong>in</strong> oder als Versicherungsvere<strong>in</strong> auf<br />

Gegenseitigkeit und damit ohne Kapitalbeteiligung des Mutterunternehmens geführt werden.


63<br />

führt zu erheblichen Vergleichbarkeitsproblemen, die anhand des folgenden Zahlenbeispiels<br />

leicht nachvollzogen werden können:<br />

Zwei Unternehmen, e<strong>in</strong>es davon mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen (Unternehmen<br />

R1) und e<strong>in</strong>es mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen (Unternehmen F1), verfügen über<br />

Unternehmensvermögen mit identischem Risiko-Renditeprofil <strong>in</strong> Höhe von jeweils 100<br />

Gelde<strong>in</strong>heiten (GE). Unternehmen R1 f<strong>in</strong>anziert dieses Investitionsprogramm mit 30 GE<br />

Eigenkapital, 50 GE F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten und 20 GE Pensionsverpflichtungen. Unternehmen<br />

F1 hat das Investitionsprogramm demgegenüber mit 30 GE Eigenkapital und 70 GE<br />

F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten f<strong>in</strong>anziert. Die bei Unternehmen F1 ebenfalls vorhandenen Pensionsverpflichtungen<br />

<strong>in</strong> Höhe von 20 GE s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds ausgelagert worden, der ausschließlich<br />

<strong>in</strong> Anlagen <strong>in</strong>vestiert, die über das gleiche Investitionsrisiko verfügen wie das Unternehmensvermögen<br />

der beiden Gesellschaften. 60 Bei Unternehmen R1 s<strong>in</strong>d die Pensionsverpflichtungen<br />

<strong>in</strong> der Bilanz erfasst (Bruttoausweis), bei Unternehmen F1 werden demgegenüber die<br />

Pensionsverpflichtung und das Fondsvermögen bilanziell nicht ausgewiesen (Nettoausweis).<br />

Abbildung 17: Bilanzen der Unternehmen R1 und F1<br />

Unternehmen<br />

R1<br />

Unternehmen<br />

F1<br />

30<br />

Eigenkapital<br />

30<br />

Eigenkapital<br />

Unternehmensvermögen<br />

100<br />

50<br />

20<br />

F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

Pensionsverpflichtung<br />

Unternehmensvermögen<br />

100<br />

70<br />

F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

Pensionsverpflichtung<br />

Fondsvermögen<br />

20 20<br />

60 Beispielsweise könnte der Pensionsfonds <strong>in</strong> Aktien e<strong>in</strong>es dritten Unternehmens <strong>in</strong>vestieren, dass ebenfalls<br />

über das von den Unternehmen A und B realisierte Investitionsprogramm verfügt, jedoch vollständig mit<br />

Eigenkapital f<strong>in</strong>anziert ist. Das Investitionsrisiko der Aktien des dritten Unternehmens entspricht <strong>in</strong> diesem<br />

Fall dem Investitionsrisiko des von allen drei Unternehmen realisierten Investitionsprogramms. Durch die<br />

Annahme, dass der Pensionsfonds <strong>in</strong> Vermögensgegenstände mit gleichem Risiko <strong>in</strong>vestiert, kann hier von<br />

Diversifikationseffekten abstrahiert werden. Zum E<strong>in</strong>fluss des Kapitalanlagerisikos des Pensionsfonds auf<br />

das Gesamtrisiko vgl. <strong>in</strong>sb. Abschnitt 5.1.2.


64<br />

Bei e<strong>in</strong>er „naiven“ Kennzahlenberechnung anhand der ausgewiesenen Bilanzdaten verfügen<br />

beide Unternehmen über die gleiche Fremdkapitalquote (FKQ): 61<br />

FKQ R1, brutto = (50 + 20) / 100 = 0,70<br />

FKQ F1, netto = 70 / 100 = 0,70<br />

Geht man weiterh<strong>in</strong> davon aus, dass beide Unternehmen e<strong>in</strong> Ergebnis vor Z<strong>in</strong>sen und Steuern<br />

(EBIT) von 10 GE erwirtschaftet haben und der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß für die Pensionszusagen<br />

von 6% dem Fremdkapitalz<strong>in</strong>s entspricht, s<strong>in</strong>d auch die Z<strong>in</strong>sdeckungsgrade (ZDG) beider<br />

Unternehmen identisch: 62<br />

ZDG R1, brutto = 10 / [(50 + 20) x 0,06] = 2,38<br />

ZDG F1, netto = 10 / (70 x 0,06) =2,38<br />

Aufgrund der übere<strong>in</strong>stimmenden Kennzahlenwerte könnte von e<strong>in</strong>em identischen Insolvenzrisiko<br />

der beiden Unternehmen ausgegangen werden. Das Gegenteil kann jedoch leicht<br />

nachgewiesen werden: Hierzu sei angenommen, aus dem von beiden Unternehmen und dem<br />

Pensionsfonds realisierten Investitionsprogramm resultiere e<strong>in</strong> Verlust von 28 % auf das<br />

e<strong>in</strong>gesetzte Kapital. Unternehmen R1 erleidet <strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong>en Verlust von (100 x 0,28 =)<br />

28 GE, wodurch das Eigenkapital auf 2 GE s<strong>in</strong>kt; e<strong>in</strong> Überschuldungskonkurs wird also<br />

knapp vermieden. Unternehmen F1 erleidet ebenfalls e<strong>in</strong>en Verlust von 28 GE aus den<br />

eigenen Investitionen. Zusätzlich tritt aber beim Pensionsfonds e<strong>in</strong>e Unterdeckung von (20 x<br />

0,28 =) 5,6 GE auf. Soweit Unternehmen F1 hierfür sofort e<strong>in</strong>e bilanziell zu erfassende<br />

Rückstellung bilden muss, ist das Eigenkapital aufgezehrt und das Unternehmen muss Konkurs<br />

anmelden.<br />

4.2.4.2 Lösungsansätze im Überblick<br />

Die „naiv“ berechneten Kennzahlenwerte können im Zahlenbeispiel offensichtlich nicht als<br />

Indikator für die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit dienen. Für e<strong>in</strong>en zutreffenden Unternehmensvergleich<br />

s<strong>in</strong>d also Anpassungen vorzunehmen, so dass der tatsächlich existierende Unter-<br />

61 Zur Def<strong>in</strong>ition der Fremdkapitalquote vgl. 3.1.4.<br />

62 Zur Def<strong>in</strong>ition des Z<strong>in</strong>sdeckungsgrads vgl. 3.1.4.


65<br />

schied aus den Kennzahlen ersichtlich wird. Hierfür werden <strong>in</strong> der Literatur zur Bilanzanalyse<br />

folgende Alternativen vorgeschlagen: 63<br />

• Überführung der Nettobilanz des Unternehmens mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Bruttobilanz, die auch den Pensionsfonds und die Pensionsverpflichtung umfasst<br />

(Abbildung 18.a);<br />

• Transformation der Bruttobilanz des Unternehmens mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Nettobilanz durch Elim<strong>in</strong>ierung der Pensionsrückstellung und korrespondierender<br />

Vermögensteile (Abbildung 18.b1).<br />

Ausgangsbasis für beide Vergleichsalternativen sollten die bereits um Unterschiede bei den<br />

Bewertungsparametern der Pensionsverpflichtung sowie den E<strong>in</strong>fluss von Glättungsmechanismen<br />

bere<strong>in</strong>igten Bilanzen se<strong>in</strong>.<br />

Bei der ersten Alternative s<strong>in</strong>d das Fondsvermögen und die gesamte Pensionsverpflichtung<br />

durch Bilanzverlängerung <strong>in</strong> der Bilanz des extern f<strong>in</strong>anzierenden Unternehmens zu erfassen.<br />

Ist e<strong>in</strong>e Unter- bzw. Überdeckung des Fonds bereits voll bilanziell erfasst, kommt es durch<br />

den Übergang zum Bruttoausweis zu e<strong>in</strong>er Aktiv- und Passivmehrung <strong>in</strong> Höhe des durch<br />

Fondsvermögen gedeckten Teils der Pensionsverpflichtung. E<strong>in</strong>e bereits erfasste Überdeckung<br />

ist hierbei zu elim<strong>in</strong>ieren, um e<strong>in</strong>e Doppelterfassung des überschießenden Teils des<br />

Fondsvermögens zu vermeiden. E<strong>in</strong> besonderer Korrekturschritt ist notwendig, wenn der<br />

Pensionsfonds Aktien oder Fremdkapitaltitel des Trägerunternehmens hält. Bei der E<strong>in</strong>beziehung<br />

des Pensionsfonds <strong>in</strong> die Bilanz s<strong>in</strong>d diese Aktivposten mit den entsprechenden Passivposten<br />

zu saldieren.<br />

Bei der zweiten Alternative bleibt die Nettobilanz des Unternehmens mit fondsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen unverändert. Stattdessen s<strong>in</strong>d die Pensionsrückstellungen auf der Passivseite<br />

der Bilanz des Unternehmens mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen zu elim<strong>in</strong>ieren<br />

und die Aktivseite um e<strong>in</strong>en entsprechenden Betrag zu kürzen. Hierfür müssen Annahmen<br />

getroffen werden, welche Vermögensgegenstände den Pensionsrückstellungen zuzuordnen<br />

63 Vgl. auch Küt<strong>in</strong>g/Weber (2001), S. 551.


66<br />

s<strong>in</strong>d. Hierbei ist sowohl e<strong>in</strong>e Identifikation nach Kriterien wie der Fristigkeit und der Geldnähe<br />

als auch e<strong>in</strong>e pauschale Kürzung aller Vermögensgegenstände denkbar. 64<br />

Abbildung 18: Lösungsansätze im Überblick<br />

Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen<br />

Unternehmen<br />

mit extern f<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen<br />

a) Bruttobetrachtung<br />

EK<br />

EK<br />

EK<br />

UV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

b1) Nettobetrachtung<br />

mit Kürzung der Aktivseite<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

„UV“<br />

„FV“<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

FV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

b2) Nettobetrachtung<br />

mit fiktiver Auslagerung;<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung mit<br />

Fremd- und Eigenkapital<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

„EK“<br />

„F<strong>in</strong>V“<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

fikt. EK und fikt. F<strong>in</strong>V<br />

„FV“<br />

PV<br />

FV<br />

PV<br />

b3) Nettobetrachtung<br />

mit fiktiver Auslagerung;<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung nur mit<br />

Fremdkapital<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

PV<br />

UV<br />

EK<br />

„F<strong>in</strong>V“<br />

UV<br />

EK<br />

F<strong>in</strong>V<br />

fiktive F<strong>in</strong>V<br />

„FV“<br />

PV<br />

FV<br />

PV<br />

Legende: UV Unternehmensvermögen EK Eigenkapital<br />

FV Fondsvermögen F<strong>in</strong>V F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

PV<br />

Pensionsverpflichtungen<br />

„…“<br />

zu Analysezwecken modifizierte bzw. e<strong>in</strong>geführte Größen<br />

E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit ist <strong>in</strong> dem Vorgehen der Rat<strong>in</strong>gagenturen Moody’s und Fitch 65 zu<br />

sehen, die ebenfalls e<strong>in</strong>e Nettobetrachtung von Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

vornehmen (Abbildung 18.b2). Allerd<strong>in</strong>gs verwenden sie ke<strong>in</strong>e Fiktionen über die<br />

Zuordnung von Vermögensteilen zu den Pensionsverpflichtungen, sondern unterstellen e<strong>in</strong>e<br />

vollständige Auslagerung der Rückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds. Gleichzeitig wird angenommen,<br />

64 Zu verschiedenen Vorschlägen, welche Vermögensgegenstände den Pensionsverpflichtungen bei dieser<br />

Vorgehensweise zugerechnet werden sollten vgl. Burger/Schellberg (1995), S. 2437; Küt<strong>in</strong>g/Nardmann<br />

(1993), S. 1838; Ordelheide (1998), S. 519.<br />

65 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 3.1.


67<br />

dass die entstehende F<strong>in</strong>anzierungslücke anteilig mit Eigen- und Fremdkapital geschlossen<br />

wird. Auch die Vorgehensweise von Standard & Poor’s 66 kann <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden: Die Ref<strong>in</strong>anzierung der fiktiven Auslagerung erfolgt hier aber vollständig mit<br />

Fremdkapital (Abbildung 18.b3).<br />

4.2.4.3 Darstellung im Zahlenbeispiel<br />

Die verschiedenen Lösungsansätze werden im Folgenden anhand des oben e<strong>in</strong>geführten<br />

Zahlenbeispiels gegenübergestellt. Dabei steht zunächst die Vergleichbarkeit von Unternehmen<br />

mit unterschiedlich f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen im Vordergrund.<br />

Wählt man den ersten Lösungsansatz (Abbildung 18.a), ist die Nettobilanz von Unternehmen<br />

F1 auf die Bruttobetrachtung umzustellen. Hierdurch s<strong>in</strong>d folgende Änderungen zu beobachten:<br />

Auf der Aktivseite wird nun das Unternehmens- und das Fondsvermögen von <strong>in</strong>sgesamt<br />

120 GE ausgewiesen. Auf der Passivseite stehen dem 30 GE Eigenkapital, 70 GE Fremdkapital<br />

und 20 GE Pensionsverpflichtung gegenüber. Letztere s<strong>in</strong>d hier ihrem Charakter als<br />

ungewisse Verb<strong>in</strong>dlichkeit entsprechend vollständig dem Fremdkapital zuzuschlagen. Folglich<br />

gilt:<br />

FKQ F1, brutto = (70 + 20) / 120 = 0,75<br />

Die Fremdkapitalquote von Unternehmen R1 bleibt demgegenüber unverändert bei 0,70, da<br />

hier ja bereits <strong>in</strong> der Ausgangssituation e<strong>in</strong>e Bruttobetrachtung vorgelegen hat. Der Vergleich<br />

der beiden Fremdkapitalquoten spiegelt jetzt zutreffend das höhere Insolvenzrisiko von<br />

Unternehmen F1 wider.<br />

Unterstellt man weiterh<strong>in</strong>, dass das Fondsvermögen wie das Unternehmensvermögen e<strong>in</strong>e<br />

Rendite von 10% erbracht hat, kann auch der Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad für Unternehmen F1 neu<br />

berechnet werden:<br />

ZDG F1, brutto = (10 + 20 x 0,1) / [(70 + 20) x 0,06] = 2,22<br />

Für Unternehmen R1 bleibt der Wert wieder unverändert und beträgt 2,38. Auch der Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad<br />

spiegelt jetzt das höhere Insolvenzrisiko von Unternehmen F1 zutreffend wider.<br />

66 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 3.2.


68<br />

Folgt man dem zweiten Lösungsansatz (Abbildung 18.b1), ist die Bilanz des Unternehmens<br />

R1 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Nettobilanz zu transformieren. Dies hat folgende Auswirkungen: Auf der Passivseite<br />

s<strong>in</strong>d nur noch 30 GE Eigen- und 50 GE Fremdkapital ersichtlich. Entsprechend muss die<br />

Aktivseite auf 80 GE gekürzt werden. Hierbei sei e<strong>in</strong>e proportionale Kürzung aller Vermögensgegenstände<br />

unterstellt, so dass die Rendite des Unternehmensvermögens unverändert bei<br />

10% bleibt. Das noch dem Unternehmen zugerechnete EBIT beträgt folglich 8 GE. Unter<br />

Beachtung dieser Änderungen ergeben sich folgende Kennzahlenwerte für Unternehmen R1:<br />

FKQ R1, netto = 50 / 80 = 0,625<br />

ZDG R1, netto = 8 / (50 x 0,06) = 2,67<br />

Diesen Kennzahlenwerten stehen die ursprünglich für Unternehmen F1 berechneten Werte<br />

von FKQ F1, netto = 0,70 und ZDG F1, netto = 2,38 gegenüber. Die Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung<br />

liefert also tendenziell das richtige Signal e<strong>in</strong>es höheren Insolvenzrisikos von Unternehmen<br />

F1.<br />

Beim Lösungsansatz von Moody’s und Fitch (Abbildung 18.b2) ist die Pensionsrückstellung<br />

von Unternehmen R1 anteilig durch Eigen- und Fremdkapital zu ersetzen. Die Aufteilung soll<br />

sich dabei an der Kapitalstruktur ohne Pensionsrückstellungen orientieren. Dementsprechend<br />

s<strong>in</strong>d die 20 GE Pensionsrückstellung auf ( 30 / 80 x 20 =) 7,5 GE Eigen- und ( 50 / 80 x 20 =) 12,5<br />

GE Fremdkapital aufzuteilen. Dementsprechend ergeben sich folgende Kennzahlenwerte für<br />

Unternehmen R1:<br />

FKQ R1,Moody’s = (50 + 12,5) / 100 = 0,625<br />

ZDG R1, Moody’s = 10 / [(50 + 12,5) x 0,06] = 2,67<br />

Aufgrund der Orientierung an der Netto-Kapitalstruktur stimmen die Kennzahlenwerte mit<br />

denjenigen der Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung übere<strong>in</strong>. Insofern liefert auch die Vorgehensweise<br />

von Moody’s und Fitch tendenziell das richtige Signal über die Insolvenzrisiken<br />

der beiden Unternehmen.<br />

Der seit dem Frühjahr 2003 von Standard & Poor’s propagierte Lösungsansatz lässt sich als<br />

e<strong>in</strong>e fiktive Auslagerung der Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds bei vollständiger Ref<strong>in</strong>anzierung<br />

mit Fremdkapital <strong>in</strong>terpretieren (Abbildung 18.b3). In der Kennzahlenberechnung<br />

schlägt sich dies für Unternehmen R 1 wie folgt nieder:


69<br />

FKQ R1,S&P = (50 + 20) / 100 = 0,70<br />

ZDG R1, S&P = 10 / [(50 + 20) x 0,06] = 2,38<br />

Die nach dem Ansatz von Standard & Poor’s berechneten Kennzahlenwerte s<strong>in</strong>d identisch mit<br />

den für das Unternehmen F1 geltenden Vergleichsgrößen FKQ F1, netto = 0,70 und ZDG F1, netto =<br />

2,38. Folglich wird hier der falsche E<strong>in</strong>druck vermittelt, beide Unternehmen hätten das<br />

gleiche Insolvenzrisiko. Der Grund hierfür kann dar<strong>in</strong> gesehen werden, dass die von Standard<br />

& Poor’s vorgenommene Berechnung im Ergebnis mit der e<strong>in</strong>gangs gewählten „naiven“<br />

Vorgehensweise übere<strong>in</strong>stimmt: Bei <strong>in</strong>terner F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen wird die<br />

Pensionsverpflichtung voll als Teil des Fremdkapitals e<strong>in</strong>bezogen (Bruttobetrachtung),<br />

während bei externer F<strong>in</strong>anzierung <strong>in</strong> der Kennzahlenberechnung nur der nicht gedeckte Teil<br />

der Pensionsverpflichtung berücksichtigt wird (Nettobetrachtung). Insofern wird hier nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend zwischen Brutto- und Nettoausweis von Pensionsverpflichtungen differenziert.<br />

4.2.4.4 Weitergehende Beurteilung<br />

Das Zahlenbeispiel zeigt, dass drei der vier Lösungsansätze <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, zum<strong>in</strong>dest<br />

tendenziell das richtige Signal über das Insolvenzrisiko zu vermitteln. Tabelle 5 fasst die<br />

berechneten Kennzahlenwerte zusammen. Anhand dieser Werte erweisen sich die Bruttobetrachtung,<br />

die Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung und der Ansatz von Moody’s und Fitch als<br />

gleichwertig. Hiervon ausgehend soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, ob es<br />

bislang nicht betrachtete Faktoren gibt, die zu e<strong>in</strong>er differenzierteren Methodenbeurteilung<br />

führen.<br />

Als e<strong>in</strong> Kriterium zur Beurteilung der unterschiedlichen Vergleichsmethoden kann der E<strong>in</strong>fluss<br />

der jeweils zu treffenden Annahmen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> gravierender Vorteil der Bruttobetrachtung<br />

ist <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht, dass sie für die Vergleichbarmachung der Unternehmen mit <strong>in</strong>terner<br />

und externer Pensionsf<strong>in</strong>anzierung ohne wesentliche Fiktionen auskommt. Sie bildet für<br />

die wirtschaftliche E<strong>in</strong>heit (Unternehmen plus externen Pensionsfonds) die betriebliche<br />

Realität ökonomisch zutreffend ab. Bei Unternehmen mit leistungsorientierten Pensionsplänen<br />

und externer F<strong>in</strong>anzierung liegt e<strong>in</strong> für die Messung der Insolvenzgefährdung entscheidender<br />

Haftungsverbund zwischen Unternehmens- und Fondsvermögen vor. Von daher<br />

ersche<strong>in</strong>t für die Analyse der Kapitalstruktur dieser Unternehmen e<strong>in</strong>e Bruttobetrachtung<br />

geboten. Unerheblich ist hierfür, dass die betrachtete Gesellschaft auf das im Pensionfonds<br />

<strong>in</strong>vestierte Vermögen ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Leitung ausüben kann.


70<br />

Tabelle 5: Kennzahlenwerte im Überblick<br />

Berechnungsweise<br />

„naive“ Berechnung<br />

a) Bruttobetrachtung<br />

b1) Nettobetrachtung<br />

mit Bilanzkürzung<br />

b2) Nettobetrachtung<br />

mit Auslagerung<br />

(Moody’s / Fitch)<br />

b3) Nettobetrachtung<br />

mit Auslagerung<br />

(Standard & Poor’s)<br />

Unternehmen R1<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,625<br />

ZDG = 2,67<br />

FKQ = 0,625<br />

ZDG = 2,67<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

Kennzahlenwerte<br />

Unternehmen F1<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,75<br />

ZDG = 2,22<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

Signal über<br />

Insolvenzrisiko (IR)<br />

IR R1 = IR F1<br />

IR R1 < IR F1<br />

IR R1 < IR F1<br />

IR R1 < IR F1<br />

IR R1 = IR F1<br />

Bei der Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen Annahmen über die den Pensionsverpflichtungen<br />

zuzuordnenden Vermögensgegenstände notwendig. Hierbei können zwar der<br />

Anlagehorizont oder die Geldnähe als Anhaltspunkte dienen, letztlich ist die Auswahl aber <strong>in</strong><br />

jedem Fall willkürlich. Folglich besteht die Gefahr, dass die konsequente Umsetzung des<br />

Nettoansatzes andere Analysekennzahlen <strong>in</strong> ihrer Aussagekraft e<strong>in</strong>schränkt. Je nachdem,<br />

welche Vermögensgegenstände den Pensionsverpflichtungen zugerechnet werden, ergeben<br />

sich z.B. für die Anlagen<strong>in</strong>tensität unterschiedliche Kennzahlenwerte. Solche Verzerrungen<br />

s<strong>in</strong>d beim Ansatz von Moody’s und Fitch nicht zu befürchten, da er ohne e<strong>in</strong>e Kürzung der<br />

Aktivseite auskommt. Von zentraler Bedeutung ist stattdessen die Annahme über die Ref<strong>in</strong>anzierung<br />

der fiktiven Auslagerung. Die Orientierung an der Netto-Kapitalstruktur ist zwar<br />

e<strong>in</strong>e klar nachvollziehbare und objektivierbare, letztlich aber doch willkürliche Vorgehensweise.<br />

Genauso nachvollziehbar wäre beispielsweise die Orientierung an der bisherigen<br />

Brutto-Kapitalstruktur (<strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen als Teil des Fremdkapitals).<br />

Anders als bei der Bruttobetrachtung besteht bei den Nettobetrachtungen die Gefahr, dass die<br />

getroffenen Annahmen das Analyseergebnis verzerren. Als e<strong>in</strong> weiteres Argument für die<br />

Bruttobetrachtung kann auf den Bilanzierungsgrundsatz der Vollständigkeit verwiesen werden:<br />

Nur die Bruttobetrachtung bildet die Verpflichtung des Unternehmens <strong>in</strong> voller Höhe ab.<br />

Zudem bestehen Parallelen zum bilanzanalytischen Umgang mit anderen F<strong>in</strong>anzierungsformen,<br />

wie z.B. Operat<strong>in</strong>g Leases und Asset-backed Securities, die nach bisheriger Bilanzierungspraxis<br />

i.d.R. nicht bilanziell erfasst werden, aber für Analysezwecke „on balance“ geholt


71<br />

werden. Des Weiteren ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auf die aktuelle Diskussion um die<br />

bilanzielle Erfassung von Special Purpose Entities (SPE) bzw. Variable Interest Entities (VIE)<br />

zu verweisen, zu denen u.U. auch Pensionsfonds zu zählen s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong>e klare Aussage über die relative Vorziehenswürdigkeit beim Unternehmensvergleich kann<br />

aber trotz der genannten Argumente für die Bruttobetrachtung noch nicht getroffen werden.<br />

E<strong>in</strong>e solche E<strong>in</strong>schätzung wird erst möglich, wenn auch die Vergleichbarkeit mehrerer Unternehmen<br />

mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander bzw. mehrerer Unternehmen<br />

mit extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander betrachtet wird. Hierbei erweist sich<br />

die Bruttobetrachtung als überlegen, da nur sie das von den Eigen- und Fremdkapitalgebern<br />

getragene Kapitalstrukturrisiko vollständig abzubilden vermag. Bei den anderen beiden<br />

Methoden kann es h<strong>in</strong>gegen durch die fehlende Betrachtung der Pensionsverpflichtung zu<br />

systematischen Verzerrungen kommen. Zur Illustration dieses Zusammenhangs sei das obige<br />

Zahlenbeispiel <strong>in</strong> erweiterter Form betrachtet.<br />

Abbildung 19: Bilanzen der Unternehmen R2 und F2<br />

Unternehmen<br />

R2<br />

Unternehmen<br />

F2<br />

30<br />

Eigenkapital<br />

30<br />

Eigenkapital<br />

Unternehmensvermögen<br />

100<br />

30<br />

40<br />

F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dl.<br />

Pensionsverpflichtung<br />

Unternehmensvermögen<br />

100<br />

70<br />

F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

Pensionsverpflichtung<br />

Fondsvermögen<br />

40<br />

40<br />

Es werden zwei weitere Unternehmen R2 (rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusage) und F2<br />

(fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusage) analysiert, die über das gleiche Unternehmensvermögenvon<br />

100 GE wie die Unternehmen R1 und F1 verfügen. Alle vier Unternehmen weisen darüber<br />

h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> gleich hohes bilanzielles Eigenkapital von 30 GE auf. Abweichend von R1<br />

und F1 haben R2 und F2 aber Pensionsverpflichtungen <strong>in</strong> Höhe von jeweils 40 GE. Unternehmen<br />

R2 nutzt diese zur F<strong>in</strong>anzierung des eigenen Investitionsprogramms, während Unternehmen<br />

F2 die Pensionsverpflichtung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en vollgedeckten Pensionsfonds ausgelagert hat.<br />

Wie bei Unternehmen F1 soll der Pensionsfonds <strong>in</strong> solche Vermögensgegenstände <strong>in</strong>vestie-


72<br />

ren, die das gleiche Rendite-Risikoprofil aufweisen wie das bei allen Unternehmen identische<br />

Unternehmensvermögen.<br />

Für alle vier Unternehmen kann der Anteil des gesamten Vermögens, bei F1 und F2 bestehend<br />

aus Unternehmensvermögen und Fondsvermögen, berechnet werden, der durch Eigenkapital<br />

gedeckt ist. Bei den Unternehmen R1 und R2 beträgt dieser Anteil (30 / 100 =) 30 %,<br />

bei Unternehmen F1 (30 / 120 =) 25 % und bei Unternehmen F2 (30 / 140 =) 21,4 %. Da alle<br />

Unternehmen <strong>in</strong>klusive der Pensionsfonds über das gleiche Investitionsprogramm mit gleichem<br />

Risiko verfügen, kann aus diesen Prozentsätzen das Insolvenzrisiko (IR) abgeleitet<br />

werden. Dementsprechend ergibt sich folgende Rangfolge, die von den Kennzahlenwerten<br />

widergespiegelt werden sollte: IR R2 = IR R1 < IR F1 < IR F2 .<br />

In Tabelle 6 s<strong>in</strong>d die Kennzahlenwerte für alle vier Unternehmen ausgewiesen. Der Vollständigkeit<br />

halber wurde dabei auch die Berechnung aufgrund der (bere<strong>in</strong>igten) Ist-Bilanzen<br />

aufgenommen, die <strong>in</strong> der Modellrechnung zu den gleichen Kennzahlenwerten führt wie der<br />

Ansatz von Standard & Poor’s.<br />

Tabelle 6: Kennzahlenwerte für vier Vergleichsunternehmen<br />

Berechnungsweise<br />

Kennzahlenwerte<br />

Untern. R2 Untern. R1 Untern. F1 Untern. F2<br />

a) Bruttobetrachtung<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,75<br />

ZDG = 2,22<br />

FKQ = 0,79<br />

ZDG = 2,12<br />

b1) Nettobetrachtung<br />

mit Bilanzkürzung<br />

FKQ = 0,50<br />

ZDG = 3,33<br />

FKQ = 0,63<br />

ZDG = 2,67<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

b2) Nettobetrachtung<br />

mit Auslagerung<br />

(Moody’s / Fitch)<br />

FKQ = 0,50<br />

ZDG = 3,33<br />

FKQ = 0,63<br />

ZDG = 2,67<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

b3) Nettobetrachtung<br />

mit Auslagerung<br />

(Standard & Poor’s)<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

FKQ = 0,70<br />

ZDG = 2,38<br />

Die Kennzahlenwerte bestätigen erneut die oben getroffene Aussage, dass die Bruttobetrachtung<br />

(a), die Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung (b1) und der Ansatz von Moody’s und Fitch<br />

(b2) das richtige Signal über die Rangfolge der Unternehmen R1 und F1 geben. Blickt man<br />

jedoch auch auf die Unternehmen R2 und F2, zeigt sich, dass hier nur noch die Bruttobetrach-


73<br />

tung stets die richtige Rangfolge abzubilden vermag. Folglich ist h<strong>in</strong>sichtlich der hier im<br />

Vordergrund stehenden <strong>in</strong>ternationalen Vergleichbarkeit die Bruttobetrachtung von Pensionsverpflichtungen<br />

für die Bilanzanalyse generell zu bevorzugen.<br />

Trotz dieser e<strong>in</strong>deutigen Ergebnisse gehen alle hier betrachteten Rat<strong>in</strong>gagenturen bislang bei<br />

der Analyse von Unternehmen mit extern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen von e<strong>in</strong>er Nettobetrachtung<br />

aus. Unterstellt man, dass diese Grundhaltung trotz der aufgezeigten Probleme auch<br />

künftig bestehen bleibt, stellt sich die Frage, ob die e<strong>in</strong>gesetzten Methoden wenigstens für<br />

solche Unternehmen, die wie die Unternehmen R1 und F1 im Zahlenbeispiel e<strong>in</strong> identisches<br />

Verhältnis von Pensionsverpflichtungen zu Unternehmensvermögen aufweisen, stets zur<br />

gleichen Rangfolge wie die Bruttobetrachtung führen. Um dies zu überprüfen, sei erneut das<br />

Zahlenbeispiel betrachtet.<br />

Ergänzend zu oben sei e<strong>in</strong> weiteres Unternehmen F3 mit fondsf<strong>in</strong>anzierter Pensionszusage<br />

e<strong>in</strong>geführt, dessen Unternehmensvermögen von 100 GE mit 36 GE Eigen- und 64 GE F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

f<strong>in</strong>anziert ist. Zusätzlich besteht e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds ausgelagerte<br />

Pensionsverpflichtung von 20 GE. Auf der Basis der nicht angepassten Jahresabschlusszahlen<br />

weist F3 folgende Kennzahlenwerte auf:<br />

FKQ F3, netto = 64 / 100 = 0,64<br />

ZDG F3, netto = 10 / (64 x 0,06) = 2,60<br />

Bei e<strong>in</strong>er Jahresabschlussanalyse auf der Basis e<strong>in</strong>er Bruttorechung ergeben sich für F3<br />

h<strong>in</strong>gegen folgende Kennzahlenwerte:<br />

FKQ F3, brutto = (64 + 20) / 120 = 0,70<br />

ZDG F3, brutto = (10 + 20 x 0,1) / [(64 + 20) x 0,06] = 2,38<br />

Vergleicht man diese Kennzahlenwerte mit den oben berechneten Werten des Unternehmens<br />

R1 zeigt sich Folgendes: In der Bruttobetrachtung weisen beide Unternehmen die gleichen<br />

Werte auf (FKQ R1, brutto = 0,70; ZDG R1, brutto = 2,38), während die Nettobetrachtung e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

Insolvenzrisiko für Unternehmen R1 signalisiert (FKQ R1, netto = 0,625; ZDG R1, netto =<br />

2,67). Hieraus ist zu schließen, dass die beiden Vorgehensweisen nicht immer zum gleichen<br />

Analyseergebnis führen. Die Nettobetrachtung mit Bilanzkürzung und der im Ergebnis<br />

identische Ansatz von Moody’s und Fitch stellen also selbst unter der Ceteris-paribus-


74<br />

Bed<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>es identischen Verhältnisses von (<strong>in</strong>terner oder externer) Pensionsverpflichtung<br />

zu Unternehmensvermögen ke<strong>in</strong>e strukturerhaltende Abbildung dar.<br />

Fraglich ersche<strong>in</strong>t nun, ob sich die Nettobetrachtung mit fiktiver Auslagerung durch e<strong>in</strong>e<br />

veränderte Annahme über die Ref<strong>in</strong>anzierung so modifizieren lässt, dass e<strong>in</strong>e strukturerhaltende<br />

Abbildung gegeben ist. Hierzu müsste im Zahlenbeispiel die Bruttobilanz des Unternehmens<br />

R1 nach der fiktiven Auslagerung der Bruttobilanz des Unternehmens F1 entsprechen,<br />

da nur dann auch die um die Pensionsverpflichtungen gekürzten Nettobilanzen identisch<br />

s<strong>in</strong>d. Um dies zu erreichen, muss die Ref<strong>in</strong>anzierung nicht entsprechend der Ist-<br />

Kapitalstruktur ohne Pensionsrückstellungen, sondern gemäß der Ist-Kapitalstruktur <strong>in</strong>klusive<br />

der Pensionsrückstellungen erfolgen. Die vor der fiktiven Auslagerung tatsächlich vorhandenen<br />

Pensionsrückstellungen s<strong>in</strong>d dabei dem Fremdkapital zuzurechnen.<br />

Zur Veranschaulichung sei das Zahlenbeispiel betrachtet: In der Bilanz von Unternehmen R1<br />

s<strong>in</strong>d die Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Höhe von 20 GE durch ( 30 / 100 x 20 =) 6 GE Eigen- und<br />

( 70 / 100 x 20 =) 14 GE Fremdkapital zu ersetzen. Entsprechend ergeben sich folgende Kennzahlenwerte:<br />

FKQ R1, Moody’s modifiziert = (50 + 14) / 100 = 0,64<br />

ZDG R1, Moody’s modifiziert = 10 / [(50 + 14) x 0,06] = 2,60<br />

Es handelt sich hierbei um die gleichen Werte, die sich bei der Nettobetrachtung des Unternehmens<br />

F3 ergeben haben. Brutto- und Nettobetrachtung führen also jetzt <strong>in</strong> beiden Fällen<br />

zum gleichen Ergebnis.<br />

4.2.5 Diskussion der Ergebnisse<br />

Die Überlegungen zur Berücksichtigung von Pensionszusagen <strong>in</strong> der Bilanzanalyse haben mit<br />

Blick auf die <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Zusagen und Unternehmen mit externen Pensionsfonds zu folgenden Ergebnissen geführt:<br />

• Durch die Festlegung der Bewertungsparameter (<strong>in</strong>sb. Kalkulationsz<strong>in</strong>s, Gehaltstrends,<br />

erwartete Fondsrendite) können die bilanziell ausgewiesenen Pensionswerte erheblich bee<strong>in</strong>flusst<br />

werden. Um hier e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit sicherzustellen, sollten die<br />

Annahmen vere<strong>in</strong>heitlicht werden. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn die Unternehmen<br />

unterschiedliche nationale bzw. <strong>in</strong>ternationale Rechnungslegungssysteme verwenden.


75<br />

• Die Vergleichbarkeit von Jahresabschlussdaten wird zudem durch unterschiedliche Möglichkeiten<br />

zur Glättung von Veränderungen der Pensionsverpflichtung und des Fondsvermögens<br />

bee<strong>in</strong>flusst. Um <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit zu erreichen, sollte der E<strong>in</strong>fluss<br />

von Glättungsmechanismen elim<strong>in</strong>iert werden.<br />

• Intern bzw. rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen s<strong>in</strong>d nach gängiger Praxis vollständig<br />

(„brutto“), extern bzw. fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen h<strong>in</strong>gegen nur <strong>in</strong> Höhe e<strong>in</strong>er<br />

Unter- oder Überdeckung („netto“) bilanziell erfasst. Die Ist-Bilanzen unterschiedlich f<strong>in</strong>anzierender<br />

Unternehmen s<strong>in</strong>d daher ke<strong>in</strong>e zulässige Vergleichsbasis.<br />

Es hat sich gezeigt, dass die beiden zuerst genannten Problemkreise von den Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

soweit ersichtlich durch entsprechende Korrekturschritte weitgehend behoben werden. Die<br />

zur Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter vorgenommenen pauschalen Korrekturen<br />

s<strong>in</strong>d dabei unter Kosten-Nutzen-Aspekten als angemessen zu beurteilen.<br />

Problematisch ersche<strong>in</strong>t h<strong>in</strong>gegen der Umgang der Rat<strong>in</strong>gagenturen mit der Inkonsistenz der<br />

Betrachtungsebenen (Brutto- vs. Nettobetrachtung). Aus theoretischer Sicht erweist sich hier<br />

e<strong>in</strong>deutig die Bruttobetrachtung, bei der die Bilanz der fondsf<strong>in</strong>anzierenden Unternehmen<br />

jeweils um das Pensionsfondsvermögen und die Pensionsverpflichtung verlängert wird, als<br />

Benchmark-Methode. Diese Vorgehensweise kommt (1) ohne Fiktionen über Zuordnungen<br />

von Vermögen zu den Pensionsverpflichtungen bzw. über die Ref<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>er Auslagerung<br />

aus und kann (2) auch beim Vergleich mit jeweils anderen rückstellungs- bzw. fondsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Unternehmen unterschiedliche Kapitalstrukturrisiken berücksichtigen. Im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die von den Rat<strong>in</strong>gagenturen bisher verfolgten Ansätze ist demgegenüber zusammenfassend<br />

festzustellen:<br />

• Der Ansatz von Moody’s und Fitch liefert tendenziell das richtige Signal beim <strong>in</strong>ternationalen<br />

Vergleich von Unternehmen mit unterschiedlichen Durchführungswegen. E<strong>in</strong>e mit der<br />

Bruttobetrachtung identische Rangfolge ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Erhebliche Schwierigkeiten<br />

ergeben sich zudem beim Vergleich von Unternehmen mit identischen Durchführungswegen,<br />

wenn die Pensionsverpflichtungen relativ zum Unternehmensvermögen unterschiedlich<br />

hoch s<strong>in</strong>d.<br />

• Der seit dem Frühjahr 2003 gültige Ansatz von Standard & Poor’s kann beim <strong>in</strong>ternationalen<br />

Vergleich von Unternehmen mit unterschiedlichen Durchführungswegen zu stark verzerrten<br />

Ergebnissen führen. Bei e<strong>in</strong>em Vergleich von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander liefert er aber zutreffende Signale. Beim Ver-


76<br />

gleich von Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander ist nur bei<br />

identischem Verhältnis von Pensionsverpflichtungen zu Unternehmensvermögen e<strong>in</strong> zutreffender<br />

Vergleich gewährleistet.<br />

In e<strong>in</strong>em letzten Schritt wurde aufgezeigt, wie die Nettobetrachtung mit fiktiver Auslagerung<br />

der Pensionsverpflichtungen modifiziert werden kann, um e<strong>in</strong>e relativ zur Bruttobetrachtung<br />

strukturerhaltende Abbildung zu erreichen. Hierzu ist die durch die Auslagerung entstehende<br />

F<strong>in</strong>anzierungslücke entsprechend der tatsächlichen F<strong>in</strong>anzierungsstruktur <strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen<br />

anteilig mit Fremd- und Eigenkapital zu schließen. Als gleichwertiger<br />

Ersatz für die Bruttobetrachtung kann aber auch diese Vorgehensweise letztendlich nicht<br />

gelten, da sich die stets gleiche Rangfolge nur unter der Bed<strong>in</strong>gung ergibt, dass beide Unternehmen<br />

über e<strong>in</strong> identisches Verhältnis zwischen der Pensionsverpflichtung und dem Unternehmensvermögen<br />

verfügen. Ist dies nicht der Fall, ergeben sich ganz ähnliche Probleme wie<br />

bei den anderen Nettobetrachtungen.<br />

In der bisherigen Untersuchung wurde explizit davon ausgegegangen, dass die Pensionsfonds<br />

und die Unternehmen Investitionen mit gleichem Rendite-Risikoprofil realisieren. Hierdurch<br />

wurde die Untersuchung der verschiedenen Ansätze zur Ermittlung von Kapitalstrukturkennzahlen<br />

unter Ceteris-paribus-Bed<strong>in</strong>gungen ermöglicht. Tatsächlich kann aber auch die Anlagestrategie<br />

des Fonds e<strong>in</strong>en erheblichen E<strong>in</strong>fluss auf das Insolvenzrisiko des Unternehmens<br />

ausüben. Von daher ist im Rat<strong>in</strong>gprozess <strong>in</strong>sbesondere beim Vergleich von rückstellungs- und<br />

fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen auch das Anlagerisiko des Fonds mit e<strong>in</strong>zubeziehen. In<br />

diesem Zusammenhang wird auch die Forderung der <strong>in</strong>ternationalen Standard Setter nach<br />

e<strong>in</strong>er Veröffentlichung der detaillierten Zusammensetzung des Pensionfondsvermögens<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der angelegten Vermögenswerte, deren Laufzeiten und deren Rendite-<br />

Risikoprofil verständlich. 67 Die alle<strong>in</strong>ige Berechnung von Kennzahlen wie Fremdkapitalquote<br />

und Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad reicht hier kaum aus.<br />

Für die Analyse von Unternehmen mit tatsächlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds ausgelagerten Pensionszusagen<br />

ist e<strong>in</strong>e solche Erweiterung im Rahmen der Bruttobetrachtung pr<strong>in</strong>zipiell durch die<br />

Analyse der mit sämtlichen Vermögensteilen (Unternehmens- und Fondsvermögen) verbundenen<br />

Investitionsrisiken möglich. Hierbei dürften ke<strong>in</strong>e größeren Schwierigkeiten auftreten,<br />

als dies bei der üblichen Analyse der Investitionsrisiken e<strong>in</strong>es Unternehmens der Fall ist.<br />

67 Vgl. <strong>in</strong>sb. den Standardentwurf „Employers’ Disclosures about Pensions and Other Postretirement Benefits“<br />

des FASB vom September 2003.


77<br />

Anders sieht dies bei der Analyse von Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

aus, wenn diese e<strong>in</strong>er Nettobetrachtung mit fiktiver Auslagerung unterzogen werden. Durch<br />

die gedankliche Auslagerung der Pensionsverpflichtung wird implizit auch e<strong>in</strong> Fondsvermögen<br />

geschaffen. Um auch hier e<strong>in</strong>e Analyse der Investitionsrisiken zu ermöglichen, s<strong>in</strong>d<br />

Annahmen über die Anlagestrategie dieses fiktiven Fonds zu treffen. Dabei besteht die Gefahr,<br />

dass das Analyseergebnis durch die unterstellte Anlagestrategie verzerrt wird.<br />

Erste Anhaltspunkte h<strong>in</strong>sichtlich des Investitionsrisikos können Kennzahlen zur Analyse der<br />

Aktivseite, wie z.B. der Anteil e<strong>in</strong>zelner Vermögensarten (Sachanlagen, F<strong>in</strong>anzanlage) am<br />

Gesamtvermögen, geben. E<strong>in</strong>e umfassende Berücksichtigung von Investitionsrisiken kann<br />

jedoch alle<strong>in</strong> durch e<strong>in</strong>e Kennzahlenanalyse auf Basis von Jahresabschlussdaten nur schwer<br />

erreicht werden. Im fünften Kapitel wird mit e<strong>in</strong>em Simulationsmodell e<strong>in</strong> Instrument e<strong>in</strong>geführt,<br />

das tiefer gehende E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> diese Problematik verspricht. Auf e<strong>in</strong>e weitere Erörterung<br />

soll deshalb an dieser Stelle verzichtet werden.<br />

4.3 Empirische Untersuchung ausgewählter US-amerikanischer<br />

und deutscher Unternehmen<br />

4.3.1 Untersuchungsgesamtheit<br />

Um die praktische Bedeutung der hier herausgearbeiteten bilanzanalytischen Korrekturschritte<br />

aufzuzeigen, werden im Folgenden die Ergebnisse e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung von<br />

ausgewählten US-amerikanischen und deutschen Unternehmen aufgezeigt. In diese Untersuchung<br />

wurden e<strong>in</strong>bezogen:<br />

• alle im Dow Jones Industrial Average zusammengefassten Unternehmen, die im Jahresabschluss<br />

über leistungsorientierte Pensionszusagen berichten; 68<br />

• acht deutsche Unternehmen, die ihren Konzernabschluss direkt, d.h. ohne Überleitungsrechnung,<br />

nach US-GAAP erstellen; und<br />

• zwei deutsche Unternehmen, die IAS/IFRS im Konzernabschluss anwenden. 69<br />

68 Aufgrund fehlender leistungsorientierter Pensionszusagen bzw. fehlender Datenverfügbarkeit werden<br />

folgende Dow Jones-Unternehmen aus der Untersuchungsgesamtheit entfernt: Citigroup, Home Depot,<br />

McDonald’s, Microsoft und Wal Mart.<br />

69 Hierbei handelt es sich um die L<strong>in</strong>de AG und die <strong>Deutsch</strong>e Post World Net AG. Bei Letzterer wurde der<br />

zusätzlich im Geschäftsbericht veröffentlichte Konzernabschluss verwendet, <strong>in</strong> den die Postbank „at equity“<br />

e<strong>in</strong>bezogen wird.


78<br />

Tabelle 7: Bedeutung der Pensionsverpflichtungen im Untersuchungssample<br />

Angaben <strong>in</strong><br />

Mio. Euro bzw. Mio. US-$<br />

nicht durch externes<br />

Pensionsverpflichtung Fondsvermögen gedeckter Teil der<br />

Pensionsverpflichtung<br />

absolut <strong>in</strong> % vom EK absolut <strong>in</strong> %<br />

<strong>Deutsch</strong>e Unternehmen<br />

DaimlerChrysler 32.949 94,4% 8.405 25,5%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank 6.653 22,2% 357 5,4%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post 7.711 151,3% 5.801 75,2%<br />

E.ON 15.816 61,7% 10.339 65,4%<br />

FMC 171 6,1% 93 54,3%<br />

Inf<strong>in</strong>eon 259 4,2% 103 39,8%<br />

L<strong>in</strong>de 1.809 44,3% 1.156 63,9%<br />

SAP 188 6,5% 34 18,1%<br />

Siemens 19.492 82,9% 4.961 25,5%<br />

ThyssenKrupp 7.824 94,4% 6.208 79,3%<br />

US-Unternehmen<br />

3M Company 10.093 168,4% 2.110 20,9%<br />

Alcoa 9.360 94,3% 1.829 19,5%<br />

Altria 13.076 67,1% 2.993 22,9%<br />

Am Ex 1.845 13,3% 493 26,7%<br />

AT&T 14.985 121,7% -618 -4,1%<br />

Boe<strong>in</strong>g 35.971 467,4% 7.137 19,8%<br />

Caterpillar 9.361 171,1% 1.894 20,2%<br />

Coca Cola 2.182 18,5% 730 33,5%<br />

Du Pont 19.555 215,8% 4.445 22,7%<br />

Eastman Kodak 8.807 317,1% 1.212 13,8%<br />

Exxon Mobil 22.682 30,4% 11.331 50,0%<br />

General Electric 33.266 52,2% -4.545 -13,7%<br />

General Motors 92.243 1353,7% 25.440 27,6%<br />

Hewlett Packard 7.785 21,5% 2.660 34,2%<br />

Honeywell 11.660 130,6% 1.482 12,7%<br />

IBM 64.056 281,2% 6.435 10,0%<br />

Intel 270 0,8% 107 39,6%<br />

Intl Paper 7.111 96,4% 1.527 21,5%<br />

Johnson & John 6.051 26,7% 1.346 22,2%<br />

JP Morgan 5.570 13,2% 175 3,1%<br />

Merck & Co 4.410 24,2% 1.305 29,6%<br />

Procter & Gamble 2.970 21,7% 1.638 55,2%<br />

SBC Communications 26.148 78,8% 1.149 4,4%<br />

United Tech 13.925 166,7% 3.900 28,0%<br />

Walt Disney 2.388 10,2% 231 9,7%<br />

Die Daten für die US-amerikanischen Unternehmen wurden anhand der SEC-Formulare 10-K<br />

erhoben. Für die deutschen Unternehmen wurde soweit verfügbar auf die für ausländische<br />

Emittenten an US-Börsen geltenden SEC-Formulare 20-F zurückgegriffen. Für die übrigen


79<br />

deutschen Unternehmen wurde der Geschäftsbericht als Datengrundlage genutzt. Für alle<br />

Unternehmen wurden die Daten des <strong>in</strong> 2002 beendeten Geschäftsjahres herangezogen.<br />

Durch die subjektive Auswahl der Unternehmen können die Ergebnisse nicht als repräsentativ<br />

z.B. für e<strong>in</strong>en Vergleich von US-amerikanischen und deutschen Unternehmen angesehen<br />

werden. Dennoch s<strong>in</strong>d sie geeignet, e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck darüber zu vermitteln, welche Bedeutung<br />

den e<strong>in</strong>zelnen bilanzanalytischen Schritten zukommt.<br />

Um zunächst die allgeme<strong>in</strong>e Bedeutung der Pensionsverpflichtungen für die untersuchten<br />

Unternehmen aufzuzeigen, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 7 die Pensionsverpflichtungen der Unternehmen<br />

am Ende des Geschäftsjahres 2001/2002 bzw. 2002 als absolute Größe und <strong>in</strong> Prozent des<br />

bilanziellen Eigenkapitals aufgeführt.<br />

Um darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck von der Deckungssituation der Pensionsverpflichtung zu<br />

vermitteln, wird zudem der jeweils nicht durch externes Fondsvermögen gedeckte Teil der<br />

Pensionsverpflichtung als absolute Größe und <strong>in</strong> Prozent der gesamten Pensionsverpflichtung<br />

ausgewiesen. Bei den deutschen Unternehmen fallen die nicht durch e<strong>in</strong>en externen Fonds<br />

gedeckten Pensionsverpflichtungen naturgemäß hoch aus, da diese Gesellschaften bislang<br />

überwiegend rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen besitzen und nur selten Pensionsfonds<br />

<strong>in</strong> Anspruch nehmen. Die deutlich vone<strong>in</strong>ander abweichenden Deckungslücken können als<br />

e<strong>in</strong> Indiz dafür gewertet werden, wie wichtig die Berücksichtigung der <strong>in</strong>ternationalen Unterschiede<br />

bei der Pensionsf<strong>in</strong>anzierung <strong>in</strong> der Unternehmensanalyse ist.<br />

4.3.2 Bewertungsparameter<br />

Als wichtiger erster bilanzanalytischer Schritt wurde oben die Vere<strong>in</strong>heitlichung der verwendeten<br />

Bewertungsparameter identifiziert. In Tabelle 8 s<strong>in</strong>d mit dem Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß und<br />

der erwarteten Rendite des externen Fondsvermögens zwei zentrale Parameter für die untersuchten<br />

Unternehmen ausgewiesen. Darüber h<strong>in</strong>aus wurden auch Informationen über die<br />

E<strong>in</strong>beziehung von Gehalts- und ggf. Rententrends erhoben. Da alle Unternehmen US-GAAP<br />

bzw. IAS/IFRS-Anwender s<strong>in</strong>d, die solche Faktoren – anders als nach deutschem Handelsund<br />

Steuerrecht – e<strong>in</strong>beziehen müssen, s<strong>in</strong>d hier ke<strong>in</strong>e gravierenden Unterschiede zu beobachten.<br />

Schließlich wurden auch die versicherungsmathematischen Annahmen betrachtet.<br />

Aufgrund der sehr stark unternehmens<strong>in</strong>dividuellen Natur dieser Daten wäre e<strong>in</strong>e vergleichende<br />

Darstellung dieser Annahmen nur wenig aufschlussreich und wird deshalb hier unterlassen.


80<br />

Tabelle 8: Bewertungsparameter der untersuchten Unternehmen<br />

Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß<br />

Erwartete Fondsrendite<br />

2002 2001 Veränderung 2002 2001 Veränderung<br />

<strong>Deutsch</strong>e Unternehmen<br />

DaimlerChrysler 6,3% 6,7% -0,6% 9,0% 9,0% 0,0%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank 5,8% 6,1% -0,3% 6,7% 8,1% -1,4%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post 5,6% 5,6% 0,0% 3,6% 3,7% -0,1%<br />

E.ON 5,8% 5,8% 0,0% 5,8% 5,8% 0,0%<br />

FMC 6,5% 7,2% -0,7% 8,5% 10,0% -1,5%<br />

Inf<strong>in</strong>eon 6,1% 6,8% -0,7% 6,0% 9,0% -3,0%<br />

L<strong>in</strong>de 5,6% 6,3% -0,7% 7,3% 7,7% -0,4%<br />

SAP 5,5% 6,6% -1,1% 6,4% 7,3% -0,9%<br />

Siemens 6,0% 6,2% -0,2% 8,0% 8,8% -0,8%<br />

ThyssenKrupp 6,9% 7,2% -0,3% 9,0% 9,2% -0,2%<br />

US-Unternehmen<br />

3M Company 5,8% 6,2% -0,4% 8,1% 8,1% 0,0%<br />

Alcoa 6,8% 7,3% -0,5% 9,5% 9,5% 0,0%<br />

Altria 5,7% 6,2% -0,5% 8,4% 8,5% -0,1%<br />

Am Ex 6,2% 7,0% -0,8% 9,3% 9,5% -0,2%<br />

AT&T 6,5% 7,3% -0,8% 9,0% 9,5% -0,5%<br />

Boe<strong>in</strong>g 6,5% 7,0% -0,5% 9,0% 9,3% -0,3%<br />

Caterpillar 6,2% 6,6% -0,4% 8,7% 8,9% -0,2%<br />

Coca Cola 6,3% 6,3% 0,0% 8,3% 8,5% -0,2%<br />

Du Pont 6,8% 7,0% -0,2% 9,5% 9,5% 0,0%<br />

Eastman Kodak 6,0% 6,6% -0,6% 8,9% 9,0% -0,1%<br />

Exxon Mobil 5,5% 6,0% -0,5% 8,6% 8,9% -0,3%<br />

General Electric 6,8% 7,3% -0,5% 8,5% 9,5% -1,0%<br />

General Motors 6,5% 7,0% -0,5% 9,4% 9,5% -0,1%<br />

Hewlett Packard 5,5% 5,8% -0,3% 7,5% 8,3% -0,8%<br />

Honeywell 6,8% 7,3% -0,5% 10,0% 10,0% 0,0%<br />

IBM 6,1% 6,4% -0,3% 8,3% 8,8% -0,5%<br />

Intel 7,5% 7,6% -0,1% 8,8% 8,9% -0,1%<br />

Intl Paper 6,5% 7,3% -0,8% 9,3% 10,0% -0,7%<br />

Johnson & John 6,3% 6,6% -0,3% 8,3% 8,3% 0,0%<br />

JP Morgan 5,0% 5,8% -0,8% 6,3% 7,3% -1,0%<br />

Merck & Co 6,5% 7,3% -0,8% 10,0% 10,0% 0,0%<br />

Procter & Gamble 5,6% 5,9% -0,3% 8,6% 8,3% 0,3%<br />

SBC 6,8% 7,5% -0,7% 9,5% 9,5% 0,0%<br />

United Tech 6,6% 7,4% -0,8% 9,2% 9,6% -0,4%<br />

Walt Disney 7,2% 7,5% -0,3% 8,5% 9,5% -1,0%<br />

Die Auswertung zeigt teilweise deutliche Unterschiede <strong>in</strong> den angenommenen Größen. So<br />

reichen die im Jahr 2002 unterstellten Kalkulationsz<strong>in</strong>sfüße von 5,0 % bis 7,5 %. E<strong>in</strong>e Bandbreite<br />

von 2,5 Prozentpunkten mag auf den ersten Blick nicht allzu groß ersche<strong>in</strong>en. Entsprechend<br />

den von Moody’s und Standard & Poor’s unterstellten Sensitivitäten der Pensionsver-


81<br />

pflichtung auf Änderungen des Kalkulationsz<strong>in</strong>sfußes 70 kann dieser Unterschied allerd<strong>in</strong>gs<br />

bereits zu Barwertveränderungen zwischen 17,5 % und 37,5 % führen. Die beobachtete<br />

Bandbreite der Kalkulationsz<strong>in</strong>sfüße stellt also die Vergleichbarkeit der angegebenen Barwerte<br />

für die Pensionsverpflichtungen durchaus <strong>in</strong> Frage. Andererseits ist aber auch zu bedenken,<br />

dass unternehmens<strong>in</strong>dividuelle Gegebenheiten (z.B. hohes Engagement <strong>in</strong> Hoch<strong>in</strong>flationsländern)<br />

unterschiedliche Kalkulationsz<strong>in</strong>sfüße rechtfertigen können.<br />

Bei den erwarteten Fondsrenditen reicht die Bandbreite der beobachteten Werte von 3,6 % bis<br />

10,0 % und ist damit deutlich größer als bei den Kalkulationsz<strong>in</strong>sfüßen. Allerd<strong>in</strong>gs ist zu<br />

bedenken, dass hier noch stärker als beim Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß auf unternehmens<strong>in</strong>dividuelle<br />

Gegebenheiten zu achten ist. Insbesondere können unterschiedliche Anlagestrategien bzw.<br />

Anlagerestriktionen der Pensionsfonds zu unterschiedlichen Renditeerwartungen führen.<br />

Soweit unterschiedliche Erwartungen nicht durch die Zusammensetzung des Fondsvermögens<br />

erklärbar s<strong>in</strong>d, ersche<strong>in</strong>en Korrekturen angebracht. 71<br />

Interessanterweise geht <strong>in</strong> vielen Fällen e<strong>in</strong> hoher Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß mit e<strong>in</strong>er hohen erwarteten<br />

Rendite e<strong>in</strong>her. Beides führt tendenziell zu e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung der bilanziell ausgewiesenen<br />

Deckungslücken: Während e<strong>in</strong> hoher Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß die ausgewiesene Pensionsverpflichtung<br />

m<strong>in</strong>dert, steigert e<strong>in</strong>e hohe erwartete Rendite den angenommenen Wert des<br />

Fondsvermögens. Im Vergleich zu Unternehmen, die sowohl mit niedrigerem Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß<br />

als auch mit niedrigerer erwarteter Rendite rechnen, ergibt sich also e<strong>in</strong> doppelter<br />

bilanzpolitischer Effekt. Dieser greift umso stärker, je höher der Anteil der fondsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen bei e<strong>in</strong>em Unternehmen ist.<br />

Generell lässt sich feststellen, dass die erhobenen Daten durchaus Ansatzpunkte für detaillierte<br />

Analysen und ggf. für Korrekturen der Wertansätze geben. Hier wird jedoch auf solche<br />

Anpassungen verzichtet, da ke<strong>in</strong> im Verhältnis zum notwendigen Aufwand stehender Erkenntnisgew<strong>in</strong>n<br />

erwartet wird. Entsprechend s<strong>in</strong>d die weiter unten erzielten Ergebnisse mit<br />

entsprechender Vorsicht zu <strong>in</strong>terpretieren.<br />

70 Vgl. hierzu Abschnitte 3.1.2 und 3.2.2.<br />

71 In diesem Zusammenhang wird erneut die im aktuellen Standardentwurf des FASB enthaltene Forderung<br />

nach e<strong>in</strong>er detaillierten Veröffentlichung der Zusammensetzung des Pensionsfondsvermögens verständlich.


82<br />

4.3.3 Glättungsmechanismen<br />

Als zweiter wichtiger Analyseschritt wurde oben die Elim<strong>in</strong>ierung von Glättungsmechanismen<br />

herausgestellt. Dementsprechend werden für alle untersuchten Unternehmen die gleichen<br />

Schritte nachvollzogen, die bereits <strong>in</strong> Abschnitt 4.1.3.5 für zwei der Unternehmen exemplarisch<br />

aufgezeigt wurden. In Tabelle 9 wird die Überleitung von der vollständigen Deckungslücke,<br />

verstanden als Differenz zwischen dem aktuellen Wert der Pensionsverpflichtung und<br />

dem Marktwert des Fondsvermögens, h<strong>in</strong> zum bilanziell ausgewiesenen Passivposten aufgezeigt.<br />

Die Spalte Prepaid/Accrued Pension Cost zeigt den auf der Passivseite (negatives<br />

Vorzeichen) bzw. auf der Aktivseite (positives Vorzeichen) als Unter- oder Überdeckung<br />

ausgewiesenen Betrag an. Um den bilanziell nicht erfassten Teil der Deckungslücke zu<br />

ermitteln, ist dieser Betrag der gesamten Deckungslücke gegenüberzustellen. Der hieraus<br />

resultierende Betrag wird <strong>in</strong> der letzten Spalte als absolute Größe und <strong>in</strong> Prozent der Deckungslücke<br />

angegeben.<br />

Die Auswertung zeigt teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den tatsächlichen Unterbzw.<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen auch Überdeckungen und dem bilanziell ausgewiesenen Werten. In<br />

vielen Fällen wird aus e<strong>in</strong>er tatsächlichen Unterdeckung (negatives Vorzeichen <strong>in</strong> der Spalte<br />

„Deckungslücke“) e<strong>in</strong>e bilanziell ausgewiesene Überdeckung (positives Vorzeichen <strong>in</strong> der<br />

Spalte „Prepaid/Accrued Pensions Cost“). Die betragsmäßig größte Differenz ist hier bei IBM<br />

zu konstatieren: Anstelle e<strong>in</strong>er Unterdeckung von rund 6,4 Mrd. US$ wird bilanziell e<strong>in</strong>e<br />

Überdeckung von fast 15,6 Mrd. US$ angezeigt. Weiterh<strong>in</strong> ist festzustellen, dass die Glättungsmechanismen<br />

bei ke<strong>in</strong>em der Unternehmen zum Ausweis e<strong>in</strong>er schlechteren als der<br />

tatsächlichen Deckungssituation führen. Überraschenderweise gilt dies auch für die beiden<br />

Unternehmen mit e<strong>in</strong>er tatsächlichen Überdeckung. Hier ist der bilanziell auf der Aktivseite<br />

ausgewiesene Betrag mehr als doppelt (General Electric) bzw. fast dreimal (AT&T) so groß<br />

wie die tatsächliche Überdeckung.<br />

Auffällig ist, dass der nicht bilanziell erfasste Teil der Deckungslücken bei den deutschen<br />

Unternehmen im Durchschnitt deutlich niedriger ist als bei den US-amerikanischen Unternehmen.<br />

Ursache hierfür dürften <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

der deutschen Unternehmen und der damit deutlich e<strong>in</strong>geschränkte Spielraum zur Inanspruchnahme<br />

von Glättungsmechanismen se<strong>in</strong>.


83<br />

Tabelle 9: Bedeutung von Glättungsmechanismen im Untersuchungssample<br />

Angaben <strong>in</strong><br />

Mio. Euro bzw. Mio. US-$<br />

<strong>Deutsch</strong>e Unternehmen<br />

Nicht durch<br />

externes<br />

Vermögen<br />

gedeckter<br />

PBO-Anteil<br />

Glättungen<br />

(Summe)<br />

Zwischengröße<br />

(entspricht<br />

IAS 19-<br />

Ausweis)<br />

Intangible<br />

(US-GAAP)<br />

negatives<br />

OCI<br />

(US-GAAP)<br />

Prepaid/<br />

Accrued<br />

Pensions<br />

Cost (Saldo)<br />

bilanziell nicht erfasste<br />

Über- bzw.<br />

Unterdeckung<br />

absolut <strong>in</strong> %<br />

DaimlerChrysler -8.405 15.123 6.718 2.453 11.415 -7.150 -1.255 14,9%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank -357 893 536 0 0 536 -893 250,1%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post -5.801 168 -5.633 0 0 -5.633 -168 2,9%<br />

E.ON -10.339 1.955 -8.384 70 709 -9.163 -1.176 11,4%<br />

FMC -93 34 -59 0 29 -88 -5 5,5%<br />

Inf<strong>in</strong>eon -103 71 -32 0 33 -65 -38 36,9%<br />

L<strong>in</strong>de -1.156 133 -1.023 0 0 -1.023 -133 11,5%<br />

SAP -34 40 6 0 33 -27 -7 20,9%<br />

Siemens -4.961 10.540 5.579 110 8.829 -3.360 -1.601 32,3%<br />

ThyssenKrupp -6.208 420 -5.788 72 279 -6.139 -69 1,1%<br />

US-Unternehmen<br />

3M Company -2.110 3.284 1.174 116 1.953 -895 -1.215 57,6%<br />

Alcoa -1.829 1.929 100 102 1.412 -1.414 -415 22,7%<br />

Altria -2.993 3.889 896 0 0 896 -3.889 129,9%<br />

Am Ex -493 541 48 1 76 -29 -464 94,1%<br />

AT&T 618 2.484 3.102 456 305 2.341 -1.723 -278,8%<br />

Boe<strong>in</strong>g -7.137 13.401 6.264 770 6.271 -777 -6.360 89,1%<br />

Caterpillar -1.894 2.898 1.004 191 1.154 -341 -1.553 82,0%<br />

Coca Cola -730 649 -81 60 335 -476 -254 34,8%<br />

Du Pont -4.445 6.501 2.056 405 4.081 -2.430 -2.015 45,3%<br />

Eastman Kodak -1.212 1.856 644 117 667 -140 -1.072 88,4%<br />

Exxon Mobil -11.331 7.988 -3.343 639 4.958 -8.940 -2.391 21,1%<br />

General Electric 4.545 9.521 14.066 0 0 14.066 -9.521 -209,5%<br />

General Motors -25.440 46.753 21.313 6.692 37.164 -22.543 -2.897 11,4%<br />

Hewlett Packard -2.660 2.142 -518 0 570 -1.088 -1.572 59,1%<br />

Honeywell -1.482 4.023 2.541 0 0 2.541 -4.023 271,5%<br />

IBM -6.435 21.323 14.888 54 -745 15.579 -22.014 342,1%<br />

Intel -107 51 -56 2 6 -64 -43 40,2%<br />

Intl Paper -1.527 3.068 1.541 180 2.563 -1.202 -325 21,3%<br />

Johnson & John -1.346 1.708 362 13 33 316 -1.662 123,5%<br />

JP Morgan -175 1.760 1.585 0 0 1.585 -1.760 1005,7%<br />

Merck & Co -1.305 2.582 1.278 0 517 761 -2.066 158,3%<br />

Procter & Gamble -1.638 606 -1.032 18 106 -1.156 -482 29,4%<br />

SBC Communications -1.149 9.201 8.052 1.078 1.473 5.501 -6.650 578,8%<br />

United Tech -3.900 5.039 1.139 180 3.407 -2.448 -1.452 37,2%<br />

Walt Disney -231 424 193 0 70 123 -354 153,2%<br />

Es soll nun noch aufgezeigt werden, wie sich die vollständige bilanzielle Berücksichtigung<br />

der Deckungssituation auf den Vergleich der betrachteten Unternehmen auswirkt. Hierzu wird<br />

<strong>in</strong> Tabelle 10 e<strong>in</strong>e Rangfolge der Unternehmen entsprechend der Fremdkapitalquoten auf<br />

Basis ihrer Ist-Bilanzen und auf Basis der um pensionsbed<strong>in</strong>gte Glättungsmechanismen<br />

bere<strong>in</strong>igten Bilanzen präsentiert. Die benötigten Kapitalgrößen werden dabei vere<strong>in</strong>fachend<br />

wie folgt def<strong>in</strong>iert:


84<br />

Fremdkapital (Ist-Bilanz)<br />

Gesamtkapital (Ist-Bilanz)<br />

= Bilanzsumme (Ist-Bilanz) – Eigenkapital (Ist-Bilanz)<br />

= Bilanzsumme (Ist-Bilanz)<br />

Fremdkapital (ohne Glättung)<br />

Eigenkapital (ohne Glättung)<br />

Gesamtkapital (ohne Glättung)<br />

= Fremdkapital (Ist-Bilanz) – bilanzielle Pensionsrückstellung<br />

+ tatsächliche Unterdeckung<br />

= Eigenkapital (Ist-Bilanz) – immaterieller Vermögensgegenstand<br />

– (tatsächliche Unterdeckung – bilanzielle Pensionsrückstellung)<br />

+ (tatsächliche Überdeckung – bilanzielle Überdeckung)<br />

= Eigenkapital (ohne Glättung) + Fremdkapital (ohne Glättung)<br />

Diese Def<strong>in</strong>itionen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> zweierlei H<strong>in</strong>sicht stark vere<strong>in</strong>facht. Erstens ist die Def<strong>in</strong>ition des<br />

Fremdkapitals durch die Negativabgrenzung zum Eigenkapital sehr weit gefasst und be<strong>in</strong>haltet<br />

zahlreiche Posten, die von den Rat<strong>in</strong>gagenturen bei der Kapitalstrukturanalyse nicht<br />

betrachtet werden (Verb<strong>in</strong>dlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, kurzfristige Rückstellungen).<br />

Hierdurch s<strong>in</strong>d die berechneten Kennzahlenwerte nicht mit den von den Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

verwendeten Referenzwerten unmittelbar vergleichbar und auch die Rangfolge der<br />

Unternehmen kann anders ausfallen als bei Anwendung der Agentur-Def<strong>in</strong>ition. Um den<br />

E<strong>in</strong>fluss der Anpassungen speziell bei der Pensionsbilanzierung aufzuzeigen, reicht diese<br />

grobe Abschätzung des Fremdkapitals jedoch aus.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Vere<strong>in</strong>fachung liegt <strong>in</strong> der Vernachlässigung latenter Steuern. Auf deren E<strong>in</strong>beziehung<br />

wird verzichtet, da sie ohne erheblichen Mehraufwand bei der Datenerfassung nur<br />

pauschal mit e<strong>in</strong>em für alle Unternehmen e<strong>in</strong>heitlichen Steuersatz und unabhängig vom<br />

konkreten Design der Pensionspläne und deren steuerlicher Behandlung erfolgen könnte. Die<br />

berechneten Fremdkapitalquoten werden hierdurch tendenziell zu hoch ausgewiesen, da die<br />

E<strong>in</strong>beziehung latenter Steuern dazu führen würde, dass ger<strong>in</strong>gere Beträge vom Eigenkapital<br />

abgezogen werden. Gleichzeitig bliebe das Fremdkapital <strong>in</strong> der hier gewählten Def<strong>in</strong>ition<br />

gleich (beim Ansatz aktiver latenter Steuern) oder würde sogar s<strong>in</strong>ken (bei der Verm<strong>in</strong>derung<br />

bereits vorhandener passiver latenter Steuern). Durch die Vernachlässigung der latenten<br />

Steuern kann es auch zu Veränderungen der Rangfolge kommen, da ihr E<strong>in</strong>fluss von der<br />

relativen Größe des nicht bilanzierten Teils der Deckungslücke abhängt.<br />

Die Vere<strong>in</strong>fachungen bedeuten für die hier und <strong>in</strong> den folgenden Abschnitten angegebenen<br />

Rangfolgen, dass sie nicht zw<strong>in</strong>gend Aufschluss über die tatsächliche Rangfolge der Unternehmen<br />

im H<strong>in</strong>blick auf ihr Kapitalstrukturrisiko geben. Die Ergebnisse reichen aber aus, um<br />

die Bedeutung aufzuzeigen, die den e<strong>in</strong>zelnen Anpassungsschritten im Rahmen der Pensionsbilanzierung<br />

zukommt.


85<br />

Tabelle 10: Rangfolgeveränderung durch Elim<strong>in</strong>ierung von Glättungen<br />

Fremdkapitalquote aus den Ist-Bilanzen<br />

Fremdkapitalquote ohne Glättungsmechanismen<br />

Intel 19,8% Intel 19,9%<br />

Inf<strong>in</strong>eon 43,6% Inf<strong>in</strong>eon 43,9%<br />

Johnson & John 44,0% Johnson & John 47,7%<br />

Hewlett Packard 48,7% SAP 48,9%<br />

SAP 48,8% Hewlett Packard 50,9%<br />

Exxon Mobil 51,1% Exxon Mobil 52,9%<br />

Coca Cola 51,8% Coca Cola 53,0%<br />

Walt Disney 53,2% Walt Disney 53,7%<br />

FMC 58,6% FMC 58,7%<br />

3M Company 60,9% Merck & Co 65,5%<br />

Merck & Co 61,7% Procter & Gamble 67,6%<br />

SBC Comm. 65,1% L<strong>in</strong>de 67,6%<br />

Procter & Gamble 66,4% Alcoa 68,3%<br />

L<strong>in</strong>de 66,5% 3M Company 69,4%<br />

Alcoa 66,7% SBC Comm. 71,2%<br />

Honeywell 67,6% Siemens 72,0%<br />

Siemens 69,8% ThyssenKrupp 73,8%<br />

United Tech 71,3% United Tech 76,7%<br />

ThyssenKrupp 73,4% E.ON 78,4%<br />

Du Pont 73,8% Intl Paper 79,6%<br />

IBM 76,4% Honeywell 80,4%<br />

E.ON 77,3% Du Pont 80,6%<br />

AT&T 77,7% AT&T 80,9%<br />

Altria 77,7% <strong>Deutsch</strong>e Post 81,5%<br />

Intl Paper 78,2% Altria 82,0%<br />

Eastman Kodak 79,2% DaimlerChrysler 83,1%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post 80,9% Eastman Kodak 88,0%<br />

DaimlerChrysler 81,4% Caterpillar 88,6%<br />

Caterpillar 83,3% General Electric 90,4%<br />

Boe<strong>in</strong>g 85,3% Am Ex 91,5%<br />

General Electric 88,9% JP Morgan 94,6%<br />

Am Ex 91,2% <strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2%<br />

JP Morgan 94,4% Boe<strong>in</strong>g 98,9%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank 96,0% IBM 99,1%<br />

General Motors 98,2% General Motors 100,8%<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Elim<strong>in</strong>ierung der Glättungsmechanismen ist festzustellen, dass teils erhebliche<br />

Verschiebungen <strong>in</strong> der Rangfolge erkennbar s<strong>in</strong>d. Bei den deutschen Unternehmen<br />

kommt es <strong>in</strong> vielen Fällen zu großen Sprüngen nach oben und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall zu e<strong>in</strong>er Verschlechterung.<br />

Unter den US-amerikanischen Unternehmen kommt es teilweise zu großen<br />

Verschlechterungen. So rutscht IBM um 13 Plätze <strong>in</strong> der Rangfolge ab. Der Grund für diese<br />

unterschiedliche Entwicklung dürfte vor allem dar<strong>in</strong> liegen, dass bei deutschen Unternehmen<br />

die Pensionsverpflichtungen aufgrund der <strong>in</strong>ternen F<strong>in</strong>anzierung („unfunded“) größtenteils<br />

bilanziell ausgewiesen s<strong>in</strong>d, während bei vielen US-amerikanischen Unternehmen die De-


86<br />

ckungslücken aufgrund e<strong>in</strong>es geschrumpften Fondsvermögens („underfunded“) noch nicht<br />

oder erst zu ger<strong>in</strong>gen Teilen <strong>in</strong> die Ist-Bilanzen e<strong>in</strong>geflossen s<strong>in</strong>d.<br />

Insgesamt lässt die Betrachtung der Rangfolgen den Schluss zu, dass die Elim<strong>in</strong>ierung der<br />

Glättungsmechanismen e<strong>in</strong>en potenziell hohen E<strong>in</strong>fluss auf das Analyseergebnis haben kann.<br />

Dies trifft vor allem dann zu, wenn Unternehmen verglichen werden, die unterschiedliche<br />

F<strong>in</strong>anzierungskonzepte für die betrieblichen Pensionszusagen nutzen.<br />

4.3.4 Bruttoausweis der Pensionsverpflichtungen<br />

Oben wurde aufgezeigt, dass die Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsannahmen und die Elim<strong>in</strong>ierung<br />

von Glättungsmechanismen noch nicht ausreicht, um e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Vergleichsbasis<br />

von (1) Unternehmen mit unterschiedlich f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen und (2) Unternehmen<br />

mit unterschiedlich hohen fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen zu schaffen. Als geeigneter<br />

Lösungsansatz wurde hierfür die Bruttobetrachtung aller Unternehmen identifiziert. Hierzu<br />

s<strong>in</strong>d die bereits um den E<strong>in</strong>fluss von Glättungsmechanismen bere<strong>in</strong>igten Ist-Bilanzen von<br />

Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen auf der Aktivseite um das Fondsvermögen<br />

und auf der Passivseite um den noch nicht erfassten Teil der Pensionsverpflichtung zu<br />

erweitern. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der bere<strong>in</strong>igten Bilanz auf der Aktivseite ausgewiesene Überdeckung ist<br />

hierbei mit dem Fondsvermögen zu verrechnen.<br />

Die Bilanzen der untersuchten Unternehmen wurden aufbauend auf den bereits im vorherigen<br />

Abschnitt durchgeführten Bere<strong>in</strong>igungen zur Sicherstellung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Vergleichbarkeit<br />

allesamt <strong>in</strong> die Bruttobetrachtung überführt. Aus Tabelle 11 ist die Rangfolgeveränderung<br />

aufgrund des Übergangs von den bere<strong>in</strong>igten Ist-Bilanzen auf die Bruttobetrachtung<br />

ersichtlich. Die Rangfolge wurde wie oben anhand der Fremdkapitalquote ermittelt. Für die<br />

Bruttobetrachtung gelten dabei folgende Def<strong>in</strong>itionen:<br />

Fremdkapital (brutto)<br />

Gesamtkapital (brutto)<br />

= Fremdkapital (ohne Glättungen) – Unterdeckung + Pensionsverpflichtung<br />

= Bilanzsumme (ohne Glättungen) – Unterdeckung + Pensionsverpflichtung<br />

= Bilanzsumme (ohne Glättungen) – Überdeckung + Fondsvermögen<br />

Für die Aussagekraft der aufgrund dieser Def<strong>in</strong>itionen ermittelten Fremdkapitalquoten gelten<br />

erneut die im vorherigen Abschnitt formulierten E<strong>in</strong>schränkungen. E<strong>in</strong>e Aussagee<strong>in</strong>schränkung<br />

aus dem Übergang zur Bruttobetrachtung ergibt sich <strong>in</strong>sofern nicht, als lediglich e<strong>in</strong>e<br />

Bilanzverlängerung stattf<strong>in</strong>det.


87<br />

Tabelle 11: Rangfolgeveränderung durch Übergang auf Bruttobetrachtung<br />

Fremdkapitalquote ohne Glättungsmechanismen<br />

Fremdkapitalquote bei Bruttobetrachtung<br />

Intel 19,9% Intel 20,2%<br />

Inf<strong>in</strong>eon 43,9% Inf<strong>in</strong>eon 44,7%<br />

Johnson & John 47,7% SAP 50,3%<br />

SAP 48,9% Johnson & John 53,2%<br />

Hewlett Packard 50,9% Hewlett Packard 54,3%<br />

Exxon Mobil 52,9% Coca Cola 55,6%<br />

Coca Cola 53,0% Walt Disney 55,7%<br />

Walt Disney 53,7% Exxon Mobil 56,2%<br />

FMC 58,7% FMC 59,1%<br />

Merck & Co 65,5% Merck & Co 67,7%<br />

Procter & Gamble 67,6% Procter & Gamble 68,6%<br />

L<strong>in</strong>de 67,6% L<strong>in</strong>de 69,3%<br />

Alcoa 68,3% Alcoa 74,7%<br />

3M Company 69,4% ThyssenKrupp 75,1%<br />

SBC Comm. 71,2% Siemens 76,4%<br />

Siemens 72,0% SBC Comm. 77,6%<br />

ThyssenKrupp 73,8% E.ON 79,4%<br />

United Tech 76,7% 3M Company 79,9%<br />

E.ON 78,4% Intl Paper 82,5%<br />

Intl Paper 79,6% <strong>Deutsch</strong>e Post 82,7%<br />

Honeywell 80,4% United Tech 82,7%<br />

Du Pont 80,6% Altria 83,9%<br />

AT&T 80,9% DaimlerChrysler 85,1%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post 81,5% AT&T 85,1%<br />

Altria 82,0% Honeywell 86,1%<br />

DaimlerChrysler 83,1% Du Pont 86,5%<br />

Eastman Kodak 88,0% Caterpillar 90,7%<br />

Caterpillar 88,6% General Electric 91,0%<br />

General Electric 90,4% Am Ex 91,6%<br />

Am Ex 91,5% Eastman Kodak 92,4%<br />

JP Morgan 94,6% JP Morgan 94,7%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2% <strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2%<br />

Boe<strong>in</strong>g 98,9% Boe<strong>in</strong>g 99,3%<br />

IBM 99,1% IBM 99,5%<br />

General Motors 100,8% General Motors 100,6%<br />

Wie aus Tabelle 11 ersichtlich, kommt es durch den Übergang auf die Bruttobetrachtung zu<br />

teilweise erheblichen Verschiebungen <strong>in</strong> der Unternehmensrangfolge. Dieser notwendige<br />

Korrekturschritt hat offensichtlich e<strong>in</strong>en potenziell großen E<strong>in</strong>fluss auf das Analyseergebnis.<br />

4.3.5 Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

Abschließend sollen noch die Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen der hier präferierten<br />

Bruttobetrachtung gegenübergestellt werden (Tabelle 12). Dabei ist zu beachten, dass aus<br />

Vere<strong>in</strong>fachungsgründen alle nach der Elim<strong>in</strong>ierung von Glättungsmechanismen ausgewiese-


88<br />

nen Pensionsrückstellungen im Ansatz von Moody’s und Fitch anteilig dem Eigen- und<br />

Fremdkapital zugeschlagen wurden. E<strong>in</strong>e differenzierte Betrachtung von Pensionsrückstellungen<br />

für Deckungslücken externer Fonds und für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen würde<br />

die Fremdkapitalquoten der Unternehmen mit externer F<strong>in</strong>anzierung noch verschlechtern,<br />

wodurch sich die Rangfolgen verändern könnten. Diesem Nachteil der getroffenen Vere<strong>in</strong>fachung<br />

steht der Vorteil gegenüber, dass auf diese Weise die nach Moody’s und Fitch ermittelten<br />

Kennzahlen im Ergebnis mit dem alten Vorgehen von Standard & Poor’s (bis Frühjahr<br />

2003) übere<strong>in</strong>stimmen. Hier beobachtete Unterschiede lassen also auch Aussagen über die<br />

Auswirkungen des Methodenwechsels von Standard & Poor’s zu.<br />

Aus den berechneten Kennzahlenwerten lässt sich – wie zu erwarten – feststellen, dass entsprechend<br />

des Ansatzes von Moody’s und Fitch die niedrigsten Fremdkapitalquoten und nach<br />

der Bruttobetrachtung die höchsten Fremdkapitalquoten ausgewiesen werden. Soweit diese<br />

Werte anhand identischer Referenzwerte (Soll-Ist-Vergleich) beurteilt werden, können sich<br />

hieraus unterschiedliche E<strong>in</strong>schätzungen der Bonität ergeben. In E<strong>in</strong>zelfällen s<strong>in</strong>d auch große<br />

Unterschiede <strong>in</strong> der Rangfolge zu beobachten. Soweit die Beurteilung vor allem auf e<strong>in</strong>en<br />

Vergleich mit anderen Unternehmen abstellt, können sich auch hieraus unterschiedliche<br />

E<strong>in</strong>schätzungen ergeben.<br />

Insgesamt wird auch anhand der empirischen Daten deutlich, wie bedeutend die Angleichung<br />

der unterschiedlichen Ermittlungsmethoden und Bewertungsparameter für die bilanzielle<br />

Wertermittlung von Pensionszusagen ist. Selbst für Unternehmen mit vergleichbaren Rechnungslegungsystemen<br />

(US-GAAP und IAS/IFRS) ergibt sich zum Teil erheblicher bilanzieller<br />

Anpassungsbedarf. Darüber h<strong>in</strong>aus ist aus den empirischen Daten zu erkennen, dass e<strong>in</strong><br />

Vergleich von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten und fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

nur dann zulässig ist, wenn diese Unterschiede im Rahmen der Kennzahlenanalyse<br />

explizit berücksichtigt werden. Der hier präferierte Bruttoansatz zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit<br />

zeigt im E<strong>in</strong>zelfall deutliche Unterschiede <strong>in</strong> den Unternehmensrangfolgen<br />

gegenüber den von den Rat<strong>in</strong>gagenturen gewählten Vorgehensweisen.


89<br />

Tabelle 12: Bruttobetrachtung versus Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen<br />

Fremdkapitalquote bei<br />

Bruttobetrachtung<br />

Fremdkapitalquote<br />

Standard & Poor's<br />

Fremdkapitalquote<br />

Moody's / Fitch<br />

Intel 20,2% Intel 19,9% Intel 19,7%<br />

Inf<strong>in</strong>eon 44,7% Inf<strong>in</strong>eon 43,9% Inf<strong>in</strong>eon 43,4%<br />

SAP 50,3% Johnson & John 47,7% Johnson & John 45,9%<br />

Johnson & John 53,2% SAP 48,9% SAP 48,6%<br />

Hewlett Packard 54,3% Hewlett Packard 50,9% Hewlett Packard 49,0%<br />

Coca Cola 55,6% Exxon Mobil 52,9% Exxon Mobil 49,1%<br />

Walt Disney 55,7% Coca Cola 53,0% Coca Cola 51,6%<br />

Exxon Mobil 56,2% Walt Disney 53,7% Walt Disney 53,5%<br />

FMC 59,1% FMC 58,7% FMC 58,1%<br />

Merck & Co 67,7% Merck & Co 65,5% L<strong>in</strong>de 64,2%<br />

Procter & Gamble 68,6% Procter & Gamble 67,6% 3M Company 64,4%<br />

L<strong>in</strong>de 69,3% L<strong>in</strong>de 67,6% Merck & Co 64,5%<br />

Alcoa 74,7% Alcoa 68,3% Procter & Gamble 66,2%<br />

ThyssenKrupp 75,1% 3M Company 69,4% Alcoa 66,2%<br />

Siemens 76,4% SBC Comm. 71,2% ThyssenKrupp 67,3%<br />

SBC Comm. 77,6% Siemens 72,0% Siemens 70,1%<br />

E.ON 79,4% ThyssenKrupp 73,8% SBC Comm. 70,8%<br />

3M Company 79,9% United Tech 76,7% United Tech 73,1%<br />

Intl Paper 82,5% E.ON 78,4% E.ON 76,2%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Post 82,7% Intl Paper 79,6% <strong>Deutsch</strong>e Post 76,3%<br />

United Tech 82,7% Honeywell 80,4% Du Pont 77,7%<br />

Altria 83,9% Du Pont 80,6% Intl Paper 78,6%<br />

DaimlerChrysler 85,1% AT&T 80,9% Honeywell 79,2%<br />

AT&T 85,1% <strong>Deutsch</strong>e Post 81,5% AT&T 80,9%<br />

Honeywell 86,1% Altria 82,0% Altria 81,4%<br />

Du Pont 86,5% DaimlerChrysler 83,1% DaimlerChrysler 82,3%<br />

Caterpillar 90,7% Eastman Kodak 88,0% Eastman Kodak 86,8%<br />

General Electric 91,0% Caterpillar 88,6% Caterpillar 87,9%<br />

Am Ex 91,6% General Electric 90,4% General Electric 90,4%<br />

Eastman Kodak 92,4% Am Ex 91,5% Am Ex 91,5%<br />

JP Morgan 94,7% JP Morgan 94,6% JP Morgan 94,6%<br />

<strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2% <strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2% <strong>Deutsch</strong>e Bank 96,2%<br />

Boe<strong>in</strong>g 99,3% Boe<strong>in</strong>g 98,9% Boe<strong>in</strong>g 98,7%<br />

IBM 99,5% IBM 99,1% IBM 99,0%<br />

General Motors 100,6% General Motors 100,8% General Motors 100,8%


90<br />

5 Leistungsorientierte Pensionszusagen aus f<strong>in</strong>anzwirtschaftlicher<br />

Sicht<br />

Aufbauend auf den bislang erzielten Ergebnissen werden im Folgenden rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte<br />

und fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen aus f<strong>in</strong>anzwirtschaftlicher Sicht analysiert. Durch<br />

die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Simulationsmodells soll neben dem bereits im Rahmen der bilanzanalytischen<br />

Überlegungen betrachteten Kapitalstrukturrisiko auch das Investitionsrisiko des<br />

Unternehmens und das Anlagerisiko von Pensionsfonds im Portfoliokontext explizit e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden.<br />

Im Folgenden werden zunächst die Rentabilitäts- und Risikodimensionen der beiden Durchführungswege<br />

detailliert aufgezeigt. Anschließend erfolgen auf Basis realitätsnaher Annahmen<br />

umfangreiche Simulationen für unterschiedliche, typisierte Unternehmen. Mit Hilfe e<strong>in</strong>er<br />

risikoanalytischen Vorgehensweise werden Funktions- und Wirkungsweise der beiden Durchführungswege<br />

der betrieblichen Altersvorsorge bei Variation der Modellparameter im Zeitablauf<br />

mit H<strong>in</strong>blick auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit analysiert. Dabei werden unterschiedliche<br />

Kapitalstrukturen, Kapitalmarktentwicklungen etc. bei stochastischer Evolution des<br />

operativen Erfolgs vor Abzug der Pensionsaufwendungen modelliert. Die Modellstrukturen<br />

werden so gelegt, dass sie auf e<strong>in</strong>en direkten Vergleich der Behandlung von Pensionsrückstellungen<br />

<strong>in</strong> unterschiedlichen Rat<strong>in</strong>gverfahren abzielen. Primäres Ziel ist es, die Risikowirkung<br />

beider Durchführungswege bezüglich der Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit herauszuarbeiten und<br />

dadurch H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>e korrekte Rat<strong>in</strong>gmethodologie zu erhalten.<br />

5.1 Pensionsrückstellungen versus Pensionsfonds „angelsächsischen<br />

Typs“<br />

Aus e<strong>in</strong>zelbetrieblicher Sicht bzw. aus Sicht der Aktionäre stehen bei e<strong>in</strong>er Abwägung zwischen<br />

rückstellungs- oder fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen zwei Entscheidungsparameter<br />

im Vordergrund: Rendite und Risiko. In der Kapitalmarkttheorie gilt e<strong>in</strong>e Investition dann als<br />

dom<strong>in</strong>ant gegenüber e<strong>in</strong>er alternativen Investition, wenn sie bei gleichem Risiko e<strong>in</strong>e höhere<br />

erwartete Rendite oder bei gleicher erwarteter Rendite e<strong>in</strong> niedrigeres Risiko aufweist.<br />

5.1.1 Rentabilitätsdimension<br />

Die f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen von Pensionszusagen zeigen sich, wenn man sie bis zu den<br />

Ausschüttungen an die Eigentümer zurückverfolgt. Dies soll im Folgenden für die deutsche<br />

Rechtssituation geschehen. E<strong>in</strong> Unternehmen, das e<strong>in</strong>e rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszu-


91<br />

sage macht, wird verglichen mit e<strong>in</strong>em Unternehmen, das sich zur F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusage<br />

für e<strong>in</strong>en externen Pensionsfonds entscheidet.<br />

Bei e<strong>in</strong>er solchen Untersuchung können <strong>in</strong>sbesondere zwei Faktoren den Vergleich bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />

Dies s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en unterschiedliche Investitionsprogramme. Werden durch<br />

Rückstellungsbildung ausschüttungsgesperrte Mittel für Investitionsprojekte verwendet, die<br />

e<strong>in</strong> Unternehmen mit externem Deckungskapital nicht realisiert, werden die Ergebnisse<br />

verzerrt. Zum anderen s<strong>in</strong>d dies unterschiedliche Kapitalstrukturen. Berücksichtigt man diese<br />

nicht, entsteht das Problem unterschiedlicher F<strong>in</strong>anzierungsrisiken. 72<br />

Beide Probleme f<strong>in</strong>den im folgenden Modell Berücksichtigung. Unterschiedliche Investitionsprogramme<br />

werden dadurch ausgeschlossen, dass durch Rückstellungsbildung im Unternehmen<br />

gebundene Mittel anderes Fremdkapital ersetzen. 73 Die Investitionsprogramme und<br />

Investitionsrenditen beider Unternehmen bleiben somit identisch. Geht man davon aus, dass<br />

der Barwert zukünftiger Rentenleistungen das Kapitalstrukturrisiko nicht anders bee<strong>in</strong>flusst<br />

als der Barwert e<strong>in</strong>er Zahlungsverpflichtung gegenüber e<strong>in</strong>em Gläubiger, der nicht zugleich<br />

Arbeitnehmer ist, bleibt auch die Kapitalstruktur unverändert. 74<br />

Um beide Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge direkt mite<strong>in</strong>ander vergleichen<br />

zu können, wird e<strong>in</strong> 2-Perioden-Modell aufgestellt. Ausgangspunkt ist e<strong>in</strong> Zahlungsstrom<br />

von zwei Dividenden, die am Ende der Periode 1 und Ende der Periode 2 ausgeschüttet<br />

werden. Annahmegemäß gelangt der gesamte betriebliche Erfolg der Periode nach Abzug der<br />

Fremdkapitalz<strong>in</strong>sen zur Ausschüttung. 75 Unter Berücksichtigung e<strong>in</strong>es l<strong>in</strong>earen E<strong>in</strong>kommensteuersatzes<br />

ergibt sich der Barwert der Dividendenzahlungen aus folgender Gleichung: 76<br />

72 Beide Probleme berücksichtigt der Arbeitskreis „F<strong>in</strong>anzierung“ der Schmalenbach-Gesellschaft nicht. Vgl.<br />

Arbeitskreis „F<strong>in</strong>anzierung“ (1998), S. 44-45.<br />

73 Dies setzt die Annahme e<strong>in</strong>es funktionsfähigen Kapitalmarktes voraus. In e<strong>in</strong>em Umfeld, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e oder<br />

nur e<strong>in</strong>geschränkte Möglichkeiten e<strong>in</strong>er externen F<strong>in</strong>anzierung zur Verfügung stehen – wie es historisch<br />

vielfach für Nachkriegssituationen galt – s<strong>in</strong>d Direktzusagen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er aufgeschobenen Lohnauszahlung<br />

u.U. der e<strong>in</strong>zige Weg, zusätzliche, rentable Investitionen durchzuführen. Das vom Arbeitskreis „F<strong>in</strong>anzierung“<br />

der Schmalenbach-Gesellschaft vorgestellte Modell beruht implizit auf der Annahme, dass Unternehmen,<br />

die Direktzusagen machen, ke<strong>in</strong>e externen F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen,<br />

Unternehmen, die sich für Pensionsfonds entscheiden, jedoch Deckungskapitalien am Kapitalmarkt anlegen<br />

können. Vgl. Arbeitskreis „F<strong>in</strong>anzierung“ (1998), S. 44-45.<br />

74 Die Risikodimension wird differenzierter <strong>in</strong> Absatz 5.1.2 diskutiert.<br />

75 Um aus Vere<strong>in</strong>fachungsgründen die Höhe des Eigenkapitals und des Fremdkapitals konstant zu halten, wird<br />

davon ausgegangen, dass der betriebliche Bruttoerfolg die Fremdkapitalkosten übersteigt.<br />

76 Die Integration komplexer Steuerwirkungen würde ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Erkenntnisgew<strong>in</strong>n produzieren.


92<br />

PV<br />

DIV<br />

= Div<br />

0,t 0,1<br />

+ Div<br />

0,2<br />

(1)<br />

Div<br />

Div<br />

mit:<br />

0,1<br />

=<br />

=<br />

[ rI<br />

( E + D)<br />

− rD<br />

D]( 1−τ<br />

)<br />

1+<br />

r ( 1−τ<br />

)<br />

OC<br />

[ rI<br />

( E + D)<br />

− rD<br />

D]( 1−τ<br />

)<br />

[ 1+<br />

r ( −τ<br />

)] 2<br />

0,2<br />

OC<br />

1<br />

E<br />

D<br />

PV DIV o,t<br />

Div 0,t<br />

r I<br />

r D<br />

r oc<br />

<br />

= Equity<br />

= Debt<br />

= present value of dividend payments <strong>in</strong> t<br />

= present value of a dividend payment <strong>in</strong> t<br />

= return on <strong>in</strong>vestment<br />

= <strong>in</strong>terest rate on debt<br />

= opportunity cost<br />

= <strong>in</strong>come tax rate<br />

Untersucht werden die Auswirkungen e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Pensionszahlung am Ende der zweiten<br />

Periode auf den Barwert der Auszahlungsansprüche der Eigentümer. 77 Hierzu werden am<br />

Ende der ersten Periode e<strong>in</strong>malig Rückstellungen gebildet oder entsprechendes Deckungskapital<br />

an e<strong>in</strong>en Pensionsfonds übertragen. Die Höhe der Pensionsansprüche ist bei beiden<br />

Durchführungswegen identisch.<br />

Im Falle der Bildung von Pensionsrückstellungen reduziert sich der ausschüttungsfähige<br />

1<br />

Betrag <strong>in</strong> t=1 um den Barwert der Direktzusage PR :<br />

1+ r PR<br />

<br />

1 <br />

rI<br />

( E + D) − rD<br />

D − PR( 1−τ<br />

)<br />

PR <br />

1+<br />

rPR<br />

Div =<br />

<br />

0,1<br />

(2)<br />

1+<br />

r<br />

mit:<br />

OC<br />

( 1−τ<br />

)<br />

PR<br />

r PR<br />

= pension payment <strong>in</strong> t=2 (based on pension provisions)<br />

= calculatory discount rate for pension provisions<br />

77 Aus Vere<strong>in</strong>fachungsgründen folgen wir damit nicht dem Pr<strong>in</strong>zip der Berechnung „anteilig erworbener<br />

Anwartschaften“.


93<br />

Am Ende von t=1 wird Fremdkapital teilweise durch die Pensionsrückstellung ersetzt:<br />

D<br />

new<br />

1<br />

= D −<br />

1 + r<br />

PR<br />

PR<br />

(3)<br />

In der zweiten Periode reduzieren sich damit auch die an externe Gläubiger zu entrichtenden<br />

Fremdkapitalz<strong>in</strong>sen. Am Ende der Periode werden die Pensionsrückstellungen aufgelöst und<br />

die Pension <strong>in</strong> voller Höhe PR ausgezahlt.<br />

<br />

1<br />

1 <br />

r<br />

<br />

− + ( 1−τ<br />

)<br />

<br />

1<br />

−<br />

I<br />

E + Dnew<br />

+ PR rD<br />

Dnew<br />

PR PR<br />

<br />

+ rPR<br />

<br />

1+<br />

rPR<br />

Div =<br />

<br />

(4)<br />

PR<br />

0,2<br />

[ 1+<br />

r ( 1−τ<br />

)] 2<br />

OC<br />

Der Barwert der Dividendenzahlungen ergibt sich aus der Summe der beiden diskontierten<br />

Dividenden:<br />

PV<br />

= Div + Div<br />

(5)<br />

PR<br />

PR PR<br />

DIV0,<br />

t 0,1 0, 2<br />

Bei der Durchführung der betrieblichen Altersvorsorge über Pensionsfonds kommt es <strong>in</strong> t=1<br />

1<br />

zu e<strong>in</strong>em Mittelabfluss <strong>in</strong> Höhe von PF , entsprechend dem Barwert der zugesagten<br />

1+ r PF<br />

Pensionszahlung:<br />

<br />

1 <br />

rI<br />

( E + D) − rD<br />

D − PF ( 1 − τ )<br />

<br />

1 + r<br />

PF<br />

PF <br />

Div<br />

0,1<br />

=<br />

(6)<br />

1 + r<br />

mit:<br />

OC<br />

( 1 − τ )<br />

PF<br />

r PF<br />

= pension payment based on pension funds<br />

= calculatory discount rate for pension funds<br />

~ ,<br />

Entstehen aus der Anlage der Deckungsmittel am Kapitalmarkt Überschüsse ( r > )<br />

PF<br />

r PF<br />

fallen diese den Eigentümern zu. Liegt allerd<strong>in</strong>gs zum Zeitpunkt der Leistungserfüllung e<strong>in</strong>e<br />

Unterdeckung vor, geht diese zu Lasten der Eigenkapitalgeber:<br />

<br />

( ) ( ~ 1 <br />

rI<br />

E + D − rD<br />

D + rPF<br />

− rPF<br />

) PF( 1−τ<br />

)<br />

<br />

1+<br />

rPF<br />

Div =<br />

<br />

(7)<br />

PF<br />

0,2<br />

[ 1+<br />

r ( 1−τ<br />

)] 2<br />

OC


94<br />

Der Barwert ergibt sich aus der Summe der beiden diskontierten Dividendenzahlungen:<br />

PV<br />

PF<br />

DIV<br />

= Div + Div<br />

(8)<br />

PF<br />

0,1<br />

PF<br />

0,<br />

0, t 2<br />

Unter Rentabilitätsgesichtspunkten ist derjenige Durchführungsweg vorzuziehen, der den<br />

Eigentümern den höchsten Barwert verspricht. Um zu zeigen, wie sich alternative Ausprägungen<br />

der Variablen auf die Vorteilhaftigkeit der Durchführungswege auswirken, wird die<br />

Differenz aus Gleichung (5) und Gleichung (8) gebildet:<br />

∆ PV<br />

Div<br />

0, t<br />

= PV<br />

PR<br />

Div<br />

0, t<br />

− PV<br />

PF<br />

Div<br />

0, t<br />

= (9)<br />

PR PF PR PF<br />

Div0,1<br />

− Div0,1<br />

+ Div0,2<br />

− Div0,<br />

2<br />

Ist<br />

PV<br />

Div 0,t<br />

positiv, so ist aus Eigentümersicht e<strong>in</strong>e Direktzusage der Pensionen im Interesse<br />

der Eigentümer. Umgekehrt zeigt e<strong>in</strong>e negative Differenz die Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es Pensionsfonds.<br />

Aus Gleichung (9) ergibt sich:<br />

∆PVDiv0,<br />

t<br />

<br />

r<br />

<br />

=<br />

I<br />

( E + D) − r D − PR ( 1 − τ )<br />

D<br />

1 + r<br />

OC<br />

1<br />

1 + r<br />

PR<br />

( 1 − τ )<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

r<br />

<br />

−<br />

I<br />

( E + D) − r D − PF ( 1 − τ )<br />

D<br />

1 + r<br />

OC<br />

1<br />

1 + r<br />

PF<br />

( 1 − τ )<br />

<br />

<br />

<br />

+<br />

<br />

rI<br />

E + D<br />

<br />

new<br />

1<br />

+<br />

1+<br />

r<br />

PR<br />

PR<br />

– rD<br />

D<br />

<br />

[ 1+<br />

r ( 1– τ )]<br />

OC<br />

new<br />

1<br />

– PR +<br />

1+<br />

r<br />

2<br />

PR<br />

<br />

PR<br />

<br />

( 1– τ )<br />

–<br />

<br />

rI<br />

<br />

( E + D) – r D + ( ~ r – r ) PF ( 1– τ )<br />

D<br />

PF<br />

[ 1+<br />

r ( 1– τ )] 2<br />

OC<br />

PF<br />

1<br />

1+<br />

r<br />

PF<br />

<br />

<br />

<br />

(10)


95<br />

Auf den ersten Blick ersche<strong>in</strong>t auf Basis der Gleichung (10), die Frage, ob nun der Direktzusage<br />

oder dem Pensionsfonds unter Rentabilitätsgesichtspunkten der Vorzug gegeben werden<br />

sollte, nur im E<strong>in</strong>zelfall lösbar.<br />

Entscheidende Stellgrößen des 2-Perioden-Modells s<strong>in</strong>d die Rechnungsz<strong>in</strong>ssätze zur Festlegung<br />

der Rückstellungshöhe bzw. der Zuführungen zum Pensionsfonds, die realisierte Rendite<br />

des Pensionsfonds und die Höhe der Kreditz<strong>in</strong>sen. Liegt der Rechnungsz<strong>in</strong>s bei Pensionsfonds<br />

über dem der Direktzusage und wird er durch e<strong>in</strong>en entsprechenden Anlageerfolg am<br />

Kapitalmarkt bestätigt, s<strong>in</strong>d die Kapitalrückflüsse an die Eigentümer c.p. höher als bei e<strong>in</strong>er<br />

Direktzusage. Kann die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hohen Rechnungsz<strong>in</strong>s zum Ausdruck gebrachte hohe Erwartung<br />

an die Rendite externen Deckungskapitals nicht erfüllt werden und es stellt sich z.B. e<strong>in</strong>e<br />

Rendite lediglich <strong>in</strong> Höhe des Rechnungsz<strong>in</strong>ses von Direktzusagen e<strong>in</strong>, ist zwar die Auszahlung<br />

<strong>in</strong> t=1 höher, jedoch reduziert sich die Dividende <strong>in</strong> t=2 um die Nachschusspflicht der<br />

Eigentümer gegenüber dem Pensionsfonds.<br />

Unterstellt man vere<strong>in</strong>fachend, dass die Rechnungsz<strong>in</strong>ssätze für Direktzusage und Pensionsfonds<br />

identisch s<strong>in</strong>d ( r<br />

PR<br />

= r PF<br />

) lässt sich Gleichung (10) erheblich vere<strong>in</strong>fachen:<br />

( ~ 1 1−τ<br />

∆PVDiv<br />

= r − )<br />

0, D<br />

rPF<br />

PF<br />

(11)<br />

t<br />

1+<br />

r<br />

PF<br />

[ 1+<br />

r ( 1−τ<br />

)] 2<br />

OC<br />

Lediglich die Differenz zwischen dem Z<strong>in</strong>ssatz für Fremdkapital und der realisierten Rendite<br />

entscheidet dann über die Vorteilhaftigkeit. Erwirtschaftet der Pensionsfonds ke<strong>in</strong>e Rendite<br />

über den Fremdkapitalz<strong>in</strong>sen, s<strong>in</strong>d Pensionsrückstellungen unter Renditegesichtspunkten<br />

vorteilhaft und umgekehrt. 78<br />

E<strong>in</strong> 2-Perioden-Modell ist geeignet, die Wirkungsweise der unterschiedlichen Durchführungswege<br />

der betrieblichen Altersvorsorge grundsätzlich zu analysieren. Aufgrund des hohen<br />

Abstraktionsgrades bleiben hierbei jedoch e<strong>in</strong>e Vielzahl relevanter Fragestellungen unberücksichtigt.<br />

Dies gilt z.B. für die Auswirkungen unterschiedlicher Kapitalmarktentwicklungen<br />

auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit. Dies ist <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es geschlossenen Gleichungssystems<br />

nur schwer darstellbar und würde an sich auch nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Erkenntnisgew<strong>in</strong>n produ-<br />

78 Die Annahme identischer Risiken der beiden Unternehmen wird <strong>in</strong> Abschnitt 5.2.1.2 aufgehoben, <strong>in</strong>dem auf<br />

das Anlagerisiko des Pensionsfonds und den besonderen Fremdkapitalcharakter von Pensionsrückstellungen<br />

abgestellt wird.


96<br />

zieren. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird daher e<strong>in</strong>e Simulationsrechnung<br />

präferiert, die explizit auf die Risikodimensionen der e<strong>in</strong>zelnen Durchführungswege abstellt.<br />

Bevor im nächsten Abschnitt die Risikodimension analysiert wird, muss unter Rentabilitätsgesichtspunkten<br />

noch auf die mit beiden Durchführungswegen verbundenen Transaktionskosten<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden. Bei beiden Durchführungswegen ist es erforderlich, unter Berücksichtigung<br />

biometrischer Risiken, gesetzlicher Bestimmungen etc. die jährlichen Zuführungen<br />

zu ermitteln sowie mit entsprechendem Liquiditätsmanagement die Auszahlungen zu veranlassen.<br />

Beim Pensionsfonds entstehen zusätzliche Kosten durch das Anlagemanagement des<br />

Deckungskapitals und durch externe Kontrollen. Da ke<strong>in</strong>e exakten Zahlen hierzu vorliegen,<br />

die im E<strong>in</strong>zelfall schon <strong>in</strong> Abhängigkeit vom verwalteten Kapitalumfang variieren dürften,<br />

kann als Richtgröße 0,5 bis 1,0 % des verwalteten Vermögens verwendet werden. 79 Sicher ist<br />

wohl, dass e<strong>in</strong>e schrittweise Systemumstellung sowohl von <strong>in</strong>ländischen Banken wie auch<br />

von ausländischen Wettbewerbern als sehr attraktives Geschäftsfeld betrachtet wird. Offen<br />

bleibt hierbei zunächst, ob die damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Volkswirtschaft entstehenden Transaktionskosten<br />

tatsächlich auch e<strong>in</strong>en Mehrwert produzieren.<br />

5.1.2 Risikodimension<br />

Die Kritik an der F<strong>in</strong>anzierung über Pensionsrückstellungen setzt meist bei den mit ihr verbundenen<br />

Risiken für die Unternehmen an. Ökonomisch gesehen s<strong>in</strong>d Pensionsrückstellungen<br />

e<strong>in</strong> „Kredit der Arbeitnehmer“ an das Unternehmen. Unter Abstraktion der biometrischen<br />

Risiken besteht e<strong>in</strong> fester Auszahlungsanspruch <strong>in</strong> der Zukunft. Dabei s<strong>in</strong>d zwei Phasen zu<br />

unterscheiden: Aus Arbeitnehmersicht kommt es <strong>in</strong> der Ansparphase zu Zuführungen aufgrund<br />

neu erworbener Ansprüche sowie der Verz<strong>in</strong>sung bereits bestehender Ansprüche. In der<br />

Auszahlungsphase bestehen die Zahlungen an den Arbeitnehmer aus e<strong>in</strong>er Z<strong>in</strong>s- und e<strong>in</strong>er<br />

Tilgungskomponente. S<strong>in</strong>d die Zuführungen höher als die Auszahlungen, entsteht per Saldo<br />

e<strong>in</strong> Nettof<strong>in</strong>anzierungseffekt und umgekehrt.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Risikoanalyse ist zunächst die Frage zu stellen, ob Pensionsrückstellungen aus Sicht<br />

des Unternehmens e<strong>in</strong> höheres Risiko aufweisen als andere Formen des Fremdkapitals.<br />

Herrschende Me<strong>in</strong>ung ist, dass Pensionsrückstellungen, da sie ke<strong>in</strong>em Prolongationsrisiko<br />

und ke<strong>in</strong>em Z<strong>in</strong>sänderungsrisiko unterliegen und außerordentlich langfristig ausgelegt s<strong>in</strong>d,<br />

mit niedrigeren Risiken für das Unternehmen verbunden s<strong>in</strong>d als andere Formen von Fremd-<br />

79 Die Kosten könnten <strong>in</strong> der Größenordnung den Verwaltungsgebühren von Spezialfonds entsprechen.


97<br />

kapital und es sich damit um e<strong>in</strong>e Art „gnädiges“ Fremdkapital handelt. 80 H<strong>in</strong>zu kommt, dass<br />

Arbeitnehmer – anders als Gläubiger <strong>in</strong>sbesondere langfristiger Verb<strong>in</strong>dlichkeiten – weder<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Anlagepolitik nehmen können noch e<strong>in</strong>e Besicherung oder risikom<strong>in</strong>dernde<br />

Covenants durchsetzen können. Der <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land entsprechend den steuerlichen Bewertungsvorschriften<br />

üblicherweise gewählte Diskontierungssatz ist mit 6 % zudem niedriger als<br />

die langfristige Umlaufrendite, die über die letzten 40 Jahre bei ca. 7 % lag. 81 Wie bereits <strong>in</strong><br />

Abschnitt 4.2.1 ausgeführt, sollte der Charakter von Pensionsrückstellungen als i.d.R. außerordentlich<br />

langfristiges, ungesichertes Fremdkapital mit festem Z<strong>in</strong>s und sukzessive und gut<br />

planbaren „Tilgungszahlungen“ im Rat<strong>in</strong>gprozess speziell Berücksichtigung f<strong>in</strong>den. 82 Dabei<br />

sollte auch beachtet werden, dass Unternehmen mit hohen Pensionsrückstellungen oft über<br />

e<strong>in</strong>en hohen Bestand an f<strong>in</strong>anziellen Mitteln verfügen. Soweit den Pensionsrückstellungen<br />

durch e<strong>in</strong> aktives „asset-liability management“ e<strong>in</strong>deutig zuordenbare Vermögensgegenstände<br />

gegenübergestellt werden, sollte auch dies <strong>in</strong> die Beurteilung e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

E<strong>in</strong> immer wieder angeführtes Argument gegen Pensionsrückstellungen ist die mangelnde<br />

Diversifikation, wenn das Deckungskapital nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Unternehmen <strong>in</strong>vestiert wird,<br />

wie es bei der Pensionsrückstellung der Fall ist. Bei näherer Untersuchung muss man dabei<br />

unterscheiden zwischen der Sichtweise der Arbeitnehmer und der Unternehmung bzw. der<br />

Aktionäre.<br />

Aus Sicht der Arbeitnehmer spielt die Risikokomponente ke<strong>in</strong>e Rolle, da alle deutschen<br />

Unternehmen, die Pensionsrückstellungen bilden, beim Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG<br />

versicherungspflichtig s<strong>in</strong>d. Im Falle der Insolvenz f<strong>in</strong>det proportional zur Höhe der gesicherten<br />

Pensionsrückstellungen mit Beg<strong>in</strong>n der Auszahlung der Betriebsrente e<strong>in</strong>e Umlage auf<br />

alle Mitgliedsunternehmen statt. Damit haften alle Unternehmen, die Pensionsrückstellungen<br />

bilden, solidarisch für die Erfüllung der Verpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer. 83<br />

Anders sieht dies aus, wenn die <strong>in</strong>solvenzgesicherten, monatlichen Höchstbeträge e<strong>in</strong>er<br />

Betriebsrente überschritten werden. Dies ist allerd<strong>in</strong>gs nur bei e<strong>in</strong>er verschw<strong>in</strong>dend ger<strong>in</strong>gen<br />

80 E<strong>in</strong> Z<strong>in</strong>sänderungsrisiko besteht z.B. bei Veränderung der gesetzlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. Dies betrifft<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch Trägerunternehmen von Pensionsfonds.<br />

81 <strong>Deutsch</strong>e Bundesbank Kapitalmarktstatistik (2003) und frühere Ausgaben.<br />

82 Den vorliegenden Unterlagen der Rat<strong>in</strong>gagenturen war nur schwerlich zu entnehmen, welche Rolle die<br />

Fristigkeit von Fremdkapital im Rat<strong>in</strong>gprozess spielt. Unzweifelhaft handelt es sich dabei um e<strong>in</strong>en wichtigen<br />

Bauste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Rat<strong>in</strong>gs.<br />

83 Der Pensions-Sicherungs-Vere<strong>in</strong> VVaG ist ke<strong>in</strong> bevorrechtigter Massegläubiger.


98<br />

Anzahl von Arbeitnehmern der Fall, die gewöhnlich den höchsten Führungskreisen zuzurechnen<br />

s<strong>in</strong>d. 84<br />

Komplexer gestaltet sich die Situation für die Aktionäre. Entscheidet sich e<strong>in</strong> Unternehmen<br />

für e<strong>in</strong>e fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusage und e<strong>in</strong>er alternativen F<strong>in</strong>anzierung über „externes<br />

Fremdkapital“ anstelle der Direktzusage, entsteht für die Eigentümer im Falle e<strong>in</strong>er Unterdeckung<br />

e<strong>in</strong>e Nachschusspflicht, im Falle der Überdeckung erfolgt ökonomisch e<strong>in</strong>e Rückzahlung<br />

(z.B. <strong>in</strong> Form niedrigerer Beiträge). Im S<strong>in</strong>ne der Optionspreistheorie nimmt der Aktionär<br />

e<strong>in</strong>es Unternehmens, das Träger e<strong>in</strong>es Pensionsfonds ist, damit im Vergleich zu e<strong>in</strong>em<br />

rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Unternehmen zusätzlich e<strong>in</strong>e Long Call-Position und Short Put-<br />

Position e<strong>in</strong>, mit dem Auszahlungsanspruch der Arbeitnehmer als Basispreis und dem Wert<br />

der Assets des Pensionsfonds als Underly<strong>in</strong>g. Das Trägerunternehmen des Pensionsfonds<br />

unterliegt zusätzlich dem Anlagerisiko se<strong>in</strong>es Pensionsfonds. Aus Sicht der Arbeitnehmer <strong>in</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land ist dies wiederum unerheblich, da auch Betriebsrenten aus e<strong>in</strong>em Pensionsfonds<br />

<strong>in</strong>solvenzgeschützt s<strong>in</strong>d.<br />

Der mit e<strong>in</strong>em Pensionsfonds verbundene Diversifikationseffekt sei an e<strong>in</strong>em Beispiel erläutert.<br />

Ausgangspunkt ist e<strong>in</strong> Unternehmen mit e<strong>in</strong>er erwarteten Gesamtkapitalrendite von 8 %,<br />

die e<strong>in</strong>er Standardabweichung von ebenfalls 8 % unterliegt. Das Kapital setzt sich zu 30 %<br />

aus Eigenkapital, 20 % Pensionsrückstellung und 50 % (externem) Fremdkapital zusammen.<br />

Der Rechnungsz<strong>in</strong>s der Pensionsrückstellung liegt <strong>in</strong> Höhe der Fremdkapitalkosten bei 6 %: 85<br />

Unternehmen Pensionsrückstellung<br />

Aktiva 100 Gelde<strong>in</strong>heiten<br />

Gesamtkapitalrendite = 8 %<br />

Standardabweichung = 8 %<br />

Eigenkapital 30 GE<br />

Pensionsrückstellung 20 GE<br />

Fremdkapital 50 GE<br />

84 Die Praxisrelevanz der Höchstgrenzen zeigt sich jedoch dann, wenn das Top-Management e<strong>in</strong>er Unternehmung<br />

– vielleicht veranlasst durch e<strong>in</strong>e Neue<strong>in</strong>schätzung des Insolvenzrisikos – se<strong>in</strong>e eigenen Ansprüche<br />

aus dem Unternehmen ausgliedert und hierfür Organisationsformen wählt, die ke<strong>in</strong>en Rückgriff im Falle<br />

e<strong>in</strong>er Insolvenz gestatten. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Commerzbank AG.<br />

85 In Abschnitt 5.2 wird das skizzierte Beispiel e<strong>in</strong> Ausgangspunkt der Simulationen se<strong>in</strong>.


99<br />

Die erwartete Rendite des Eigenkapitals beträgt<br />

100 GE x 0,08 - 20 GE x 0,06 – 50 GE x 0,06 = 3,8 GE.<br />

Mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von 67 % liegt die Rendite des Eigenkapitals <strong>in</strong> der Bandbreite<br />

von 3,8 GE +/- 8 GE.<br />

Alternativ sei e<strong>in</strong> Unternehmen mit gleichen Ausgangsparametern betrachtet, das statt Pensionsrückstellungen<br />

externes Fremdkapital nutzt und Träger e<strong>in</strong>es Pensionsfonds ist. Annahmegemäß<br />

soll die erwartete Rendite des Pensionsfonds der des Fremdkapitals entsprechen. Die<br />

Standardabweichung soll bei lediglich 2 % liegen. Die Korrelation beträgt = 0,0. Hierbei<br />

könnte es sich z.B. um e<strong>in</strong>en Pensionsfonds handeln, der ausschließlich <strong>in</strong> Staatsanleihen<br />

<strong>in</strong>vestiert, deren Laufzeit mit den Pensionszahlungen gematcht ist.<br />

Unternehmen Pensionsfonds<br />

Aktiva 100 GE<br />

Eigenkapital 30 Gelde<strong>in</strong>heiten (GE)<br />

Gesamtkapitalrendite = 8 %<br />

Standardabweichung = 8 %<br />

Fremdkapital 70 GE<br />

Pensionsfonds<br />

Aktiva 20 GE<br />

= 6 %<br />

Pensionsverb<strong>in</strong>dlichkeiten 20 GE<br />

Rechnungsz<strong>in</strong>s 6 %<br />

= 2 %<br />

Um den Diversifikationseffekt bzw. das mit dem Pensionsfonds verbundene Risiko zu analysieren,<br />

wird – wie bei der oben präferierten bilanzanalytischen Bruttobetrachtung – der<br />

Pensionsfonds <strong>in</strong> die Bilanz des Trägerunternehmens <strong>in</strong>tegriert, wodurch es zu e<strong>in</strong>er Bilanzverlängerung<br />

kommt:


100<br />

Unternehmen Pensionsfonds <strong>in</strong>tegriert<br />

Aktiva 120 GE<br />

= 7,67 %<br />

= 6,675 %<br />

Eigenkapital 30 GE<br />

Fremdkapital 70 GE<br />

Pensionsverb<strong>in</strong>dlichkeiten 20 GE<br />

Die (prozentuale) Rendite der Aktivseite geht auf = 7,67 % aufgrund der niedrigeren Rendite<br />

der Assets des Pensionsfond zurück.<br />

Die erwartete absolute Rendite, die auf das Eigenkapital entfällt, bleibt jedoch gleich:<br />

120 GE x 0,0767 – 70 GE x 0,06 – 20 GE x 0,06 = 3,8 GE<br />

Das Risiko der Aktivseite verändert sich jedoch aufgrund der unterschiedlichen Risiken und<br />

der Korrelation (Diversifikationseffekt). So s<strong>in</strong>kt das Risiko der gesamten Aktiva von 8 % auf<br />

6,675 %. 86 In Gelde<strong>in</strong>heiten ausgedrückt steigt es jedoch von 8,00 GE auf 8,01 GE (120 GE x<br />

6,675 %).<br />

Mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von 67 % liegt die Rendite des Eigenkapitals <strong>in</strong> der Bandbreite<br />

von 3,8 GE +/- 8,01 GE. 87<br />

An dieser Stelle ersche<strong>in</strong>t es s<strong>in</strong>nvoll, nochmals auf das ursprünglich re<strong>in</strong> Rendite orientierte<br />

Modell des vorhergehenden Abschnitts e<strong>in</strong>zugehen. Das 2-Perioden-Modell basierte auf der<br />

Annahme, dass bei Unternehmen mit identischer Kapitalstruktur und identischem Investitionsprogramm<br />

der gleiche Diskontierungsz<strong>in</strong>ssatz bei der Wertermittlung von Auszahlungen<br />

an die Eigentümer zugrunde zu legen ist. Tatsächlich lassen sich bei der Vorteilhaftigkeitsbestimmung<br />

bis zur Vere<strong>in</strong>fachung mit Gleichung (11) auch unterschiedliche Diskontierungs-<br />

( ) 0,5<br />

86 Die Standardabweichung berechnet sich nach 2 2 2<br />

( ) 2 ( )<br />

= w + 1- w + 2w 1- w .<br />

gesamt 1 1 1 2 1 1 1 2<br />

Mit w 1 und (1-w 1 ) werden die jeweiligen Anteile am Gesamtportfolio bezeichnet.<br />

87 In den Simulationsrechnungen (Abschnitt 4.2) werden die unterschiedlichen Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten,<br />

die mit beiden Durchführungswegen verbunden s<strong>in</strong>d, für unterschiedliche Szenarien im Zeitablauf untersucht.


101<br />

z<strong>in</strong>ssätze verwenden, die das zusätzliche Risikopotenzial e<strong>in</strong>es Pensionsfonds, das im S<strong>in</strong>ne<br />

der Kapitalmarkttheorie immer auch als Chancenpotenzial zu verstehen ist, mit berücksichtigen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> könnte das niedrigere F<strong>in</strong>anzierungsrisiko von Pensionsrückstellungen im<br />

Vergleich zu anderen Formen des Fremdkapitals <strong>in</strong>tegriert werden. Klare Aussagen s<strong>in</strong>d dann<br />

aber – wie oben beschrieben – nur noch im E<strong>in</strong>zelfall möglich.<br />

Nimmt man zur Vere<strong>in</strong>fachung an, dass dem Trägerunternehmen durch den Pensionsfonds<br />

ke<strong>in</strong> zusätzliches Risiko im Vergleich zum „rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten“ Unternehmen entstehen<br />

soll, bleiben auch die Diskontierungsz<strong>in</strong>ssätze identisch. Gleichung (10) lässt sich zur<br />

Gleichung (11) reduzieren. Dann entscheidet lediglich die Differenz zwischen den Kosten des<br />

Fremdkapitals und der Rendite des Pensionsfonds über die relative Vorteilhaftigkeit. Die<br />

Annahme von ke<strong>in</strong>em zusätzlichen Risiko ist aber nur dann erfüllt, wenn für die Anlageform<br />

ke<strong>in</strong> Ausfallrisiko unterstellt werden kann. Äußerst fraglich ersche<strong>in</strong>t es jedoch, ob dann die<br />

Rendite des Pensionsfonds über den Fremdkapitalkosten des Unternehmens liegt. An e<strong>in</strong>em<br />

funktionsfähigen Kapitalmarkt ist immer zu erwarten, dass höhere Ertragschancen nur durch<br />

e<strong>in</strong> höheres Risiko „erkauft“ werden.<br />

Auch die Diskussion der Risikodimension legt es nahe, durch Simulationen unter Berücksichtigung<br />

von Kapitalmarktszenarien die Auswirkungen der <strong>in</strong>ternational sehr unterschiedlichen<br />

Durchführungswege auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Unternehmen zu untersuchen<br />

und dabei explizit Portfolio- bzw. Diversifikationseffekte mit e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

5.2 Simulation betrieblicher Pensionszusagen (PenSim)<br />

Um mit H<strong>in</strong>blick auf das Insolvenzrisiko Direktzusagen, verbunden mit der Bildung von<br />

Pensionsrückstellungen, und Pensionsfonds, die Kapitalmarktrisiken unterliegen, vergleichbar<br />

zu machen, bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum e<strong>in</strong>en die Integration von<br />

Pensionsfonds mit ihrem Anlagevermögen und Verpflichtungen <strong>in</strong> die Bilanz des Trägerunternehmens<br />

oder zum anderen die Simulation e<strong>in</strong>er Ausgliederung von Pensionsrückstellungen<br />

<strong>in</strong> Pensionsfonds und die dafür notwendige Gegenf<strong>in</strong>anzierung. Um klar unternehmerisches<br />

Investitionsrisiko und Kapitalmarktrisiken trennen zu können, wird der letztere Weg<br />

beschritten. 88 Dieser entspricht auch der (impliziten) Vorgehensweise der Rat<strong>in</strong>gagenturen bei<br />

e<strong>in</strong>er Unternehmensanalyse.<br />

88 Beide Verfahren führen zum gleichen Ergebnis, da es immer um die Erfassung aller Risiken geht, die auf<br />

das Eigenkapital e<strong>in</strong>wirken.


102<br />

Auf der Basis von Simulationen werden im Folgenden die Auswirkungen der beiden Durchführungswege<br />

der betrieblichen Altersvorsorge auf die Bonität typisierter Unternehmen bei<br />

stochastischer Evolution der operativen Periodenerfolge analysiert. In unterschiedlichen<br />

Szenarien wird auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit abgestellt. Die Kapitalmarktentwicklung<br />

entsteht ebenfalls aus stochastischen Ziehungen. Ziel ist es, die Auswirkungen des Anlagerisikos<br />

auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Trägerunternehmen von Pensionsfonds im<br />

Vergleich zu Unternehmen, die Pensionsrückstellungen bilden, zu verdeutlichen und e<strong>in</strong>en<br />

Weg aufzuzeigen beide Durchführungswege risikoanalytisch vergleichbar zu machen.<br />

5.2.1 Modellgrundlagen<br />

Ausgangspunkt der Simulationen s<strong>in</strong>d zwei Populationen mit jeweils 10.000 Unternehmen.<br />

Zum Startzeitpunkt s<strong>in</strong>d alle Unternehmen beider Populationen vollkommen identisch. Der<br />

e<strong>in</strong>zige Unterschied besteht im Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge: Die e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe bildet Pensionsrückstellungen (Population Pensionsrückstellung, PPR), die andere<br />

wählt den Pensionsfonds (Population Pensionsfonds, PPF). Der operative Periodenerfolg vor<br />

Abzug von Z<strong>in</strong>sen und Pensionsaufwendungen (Earn<strong>in</strong>gs Before Interest and Pensions, EBIP)<br />

entsteht durch stochastische Ziehungen aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung. Dadurch s<strong>in</strong>d die Umweltbed<strong>in</strong>gungen,<br />

d.h. das Investitionsrisiko, ebenfalls für beide Gruppen identisch. Aus den<br />

operativen Periodenerfolgen wird unter Berücksichtigung der betrieblichen Altersvorsorge<br />

und der Fremdkapitalkosten der Jahresüberschuss der Perioden errechnet. 89 Dabei werden den<br />

Simulationen unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der Anwartschaften und Pensionszahlungen<br />

zugrunde gelegt.<br />

In der Population Pensionsfonds (PPF) ersetzt (externes) Fremdkapital die Pensionsrückstellungen.<br />

Dadurch bleibt auch das Kapitalstrukturrisiko zwischen den beiden Unternehmensgruppen<br />

identisch. Diese Annahme ist notwendig, um e<strong>in</strong>en direkten Vergleich bei E<strong>in</strong>wirkung<br />

von Kapitalanlagerisiken vornehmen zu können und „Gleichgewichtslösungen“ zu<br />

erzielen. Damit wird zunächst nicht das ggf. niedrigere „Fremdkapitalrisiko“ von Pensionsrückstellungen<br />

berücksichtigt. 90 Weiterh<strong>in</strong> wird durch diese Annahme gleichzeitig die Folgewirkung<br />

e<strong>in</strong>er (theoretischen) Ausgliederung der Pensionsrückstellungen und e<strong>in</strong>er Gegenf<strong>in</strong>anzierung<br />

mit Fremdkapital aufgezeigt: Kann das Risiko nur konstant gehalten werden,<br />

89 Vgl. hierzu Tabelle 15.<br />

90 Siehe Abschnitt 4.2.1.


103<br />

wenn e<strong>in</strong>e teilweise Gegenf<strong>in</strong>anzierung durch Eigenkapital erfolgt, untermauert dies die<br />

Vorgehensweise e<strong>in</strong>er Aufteilung von Pensionsrückstellungen auf Eigen- und Fremdkapital<br />

bei der Kennzahlenberechnung (siehe Abschnitt 3.1 und 4.2.4). 91 Die risikoanalytische Qualifizierung<br />

von Teilen der Pensionsrückstellung als Eigenkapital ist dann im <strong>in</strong>ternationalen<br />

Vergleich e<strong>in</strong>e Alternative zur expliziten Erfassung der Risikodimension von Pensionsfonds<br />

im Rat<strong>in</strong>gprozess, der bisher nur auf e<strong>in</strong>e Über- bzw. Unterdeckung abstellt.<br />

Der Anlageerfolg der Pensionsfonds wird unter Berücksichtigung verschiedener Risikoklassen<br />

auf Basis realistischer Kapitalmarktrenditen und –volatilitäten simuliert. Über den hier<br />

gewählten Zeitraum von 50 Perioden entstehen für beide Populationen Migrationsmatrixen,<br />

die grundsätzlich den von Rat<strong>in</strong>gagenturen immer wieder bekannt gegebenen Tabellen mit expost<br />

Übergangs- und Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten entsprechen. 92 Aus diesen lässt sich der<br />

Anteil <strong>in</strong>solventer bzw. Insolvenz bedrohter Unternehmen <strong>in</strong> jeder Periode sowie auch die<br />

„Erholung“ (recovery) von Unternehmen im Zeitablauf ablesen. Das Simulationsprogramm<br />

(PenSim) setzt sich aus mehreren <strong>in</strong>teraktiv verknüpften Modulen zusammen, deren ökonomische<br />

Ausgestaltung im Folgenden kurz dargestellt wird.<br />

5.2.1.1 Modul typisierte Unternehmensentwicklungen<br />

Da die vorliegende Studie auf die klassische deutsche Industrie fokussiert, wird den Simulationen<br />

als Ausgangsbasis e<strong>in</strong>e typisierte Bilanzstruktur zugrundegelegt, die geeignet ist, <strong>in</strong><br />

ihren Relationen e<strong>in</strong>er Vielzahl großer deutscher Unternehmen zu entsprechen. Da annahmegemäß<br />

das Investitionsrisiko stets konstant bleibt, ist lediglich die Passivseite der Bilanz von<br />

Interesse. 93 Die Höhe des operativen Bruttoerfolgs (EBIP) wird für jedes Unternehmen der<br />

Population stochastisch aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung gezogen. 94 Tabelle 12 zeigt die Strukturmerkmale<br />

zum Startzeitpunkt. 95<br />

91 Das vorgestellte Verfahren erfordert zw<strong>in</strong>gend die Gegenüberstellung identischer Unternehmen. Bei<br />

unterschiedlichen Kapitalstrukturen s<strong>in</strong>d präzise Aussagen nicht möglich.<br />

92 Unternehmen können ihr Eigenkapital aufgrund der Dividendenausschüttungen jedoch nie über das<br />

Startniveau h<strong>in</strong>aus erhöhen. Beide Populationen sterben zwangsweise im Zeitablauf aus.<br />

93 Im H<strong>in</strong>blick auf die Fragestellung wäre bei e<strong>in</strong>er Variation des Investitionsrisikos ke<strong>in</strong> zusätzlicher Erkenntnisgew<strong>in</strong>n<br />

zu erwarten.<br />

94 Der absolute Betrag der EBIP ergibt sich aus der Multiplikation der gezogenen Rendite mit dem Gesamtkapital.<br />

Auf Cash Flow-Größen, wie den operativen Cash Flow und f<strong>in</strong>anziellen Cash Flow wird bewusst<br />

nicht abgestellt, da im Modellvergleich auf die M<strong>in</strong>derung des Eigenkapitals bei identischen Unternehmen<br />

abgestellt wird.<br />

95 E<strong>in</strong>e Vielzahl anderer Strukturen entsteht im Zeitablauf durch die stochastischen Ziehungen für 10.000<br />

Unternehmen <strong>in</strong> 50 Perioden.


104<br />

Tabelle 13: Unternehmenscharakteristika<br />

Bilanzstruktur E = 30%<br />

PR = 20%<br />

D = 50%<br />

Earn<strong>in</strong>gs Before Interest<br />

and Pensions<br />

(operativer Bruttoerfolg)<br />

= 8%<br />

= 8%<br />

E= Eigenkapital, PR= Pensionsrückstellung, D= Fremdkapital,<br />

= erwartete Rendite, = Standardabweichung<br />

5.2.1.2 Modul Pensionsfonds<br />

In t=0 ist der Pensionsfonds leistungskongruent mit Kapital ausgestattet. In den Folgeperioden<br />

unterliegt der Pensionsfonds e<strong>in</strong>em Kapitalanlagerisiko. Der Simulation werden exemplarisch<br />

zunächst drei Pensionsfonds mit unterschiedlichem Risiko zugrunde gelegt. Ohne<br />

Anlageregeln bezüglich der Aufteilung des Deckungskapitals auf Renten, Aktien und andere<br />

Asset-Klassen zu spezifizieren, werden Rendite-/Risikokomb<strong>in</strong>ationen festgelegt, die langfristigen<br />

Durchschnittswerten für Portfolioallokationen entsprechen. 96 Die Renditeentwicklung<br />

entsteht aus e<strong>in</strong>er stochastischen Ziehung aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung mit folgenden Parametern:<br />

Tabelle 14: Eigenschaften Pensionsfonds<br />

Pensionsfonds I II III<br />

Risikoprofil<br />

„sicherheitsorientiert“<br />

=6%<br />

=2%<br />

=0,0<br />

„renditeorientiert“<br />

=8%<br />

=5%<br />

=0,3<br />

„aggressiv“<br />

=10%<br />

=12%<br />

=0,7<br />

96 Entscheidend für e<strong>in</strong>e qualitative Erkenntnisgew<strong>in</strong>nung ist weniger die Höhe der e<strong>in</strong>zelnen Werte als<br />

vielmehr die grundsätzliche Existenz von Anlagerisiken.


105<br />

Die entscheidende Stellgröße im H<strong>in</strong>blick auf das Trägerunternehmen ist die erwartete Rendite<br />

und das Risiko des Pensionsfonds sowie die Korrelation zur Entwicklung des operativen<br />

Erfolgs vor Z<strong>in</strong>sen und Pensionsaufwendungen. Bei perfekten Korrelationen von +1 oder -1<br />

entsteht das Rendite-/Risikoprofil des Trägerunternehmens aus e<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>earkomb<strong>in</strong>ation mit<br />

der Rendite bzw. dem Risiko des Pensionsfonds. Beide Fälle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Realität jedoch nicht<br />

zu erwarten. Vielmehr treten e<strong>in</strong>e Vielzahl nichtl<strong>in</strong>earer Effekte zwischen den Parametern<br />

auf. 97<br />

Es wird unterstellt, dass das Rendite-/Risikoprofil von Pensionsfonds I aus e<strong>in</strong>er (fast)<br />

vollständigen Anlage des Deckungskapitals <strong>in</strong> Bonds, deren Laufzeit mit der der Verpflichtungen<br />

gematcht ist, entsteht. 98 Die Korrelation soll =0,0 betragen. E<strong>in</strong>e solche Anlagepolitik<br />

ist (vernünftigerweise) von e<strong>in</strong>em Trägerunternehmen zu erwarten, deren überwiegender Teil<br />

an Pensionsberechtigen bereits im Ruhestand ist. Pensionsfonds II legt <strong>in</strong> Bonds und Aktien<br />

an. Die Korrelation beträgt =0,3. Pensionsfonds III <strong>in</strong>vestiert e<strong>in</strong>en großen Teil <strong>in</strong> Aktien.<br />

Über den gesamtkonjunkturellen Zusammenhang liegt die Korrelation bei =0,7. 99<br />

5.2.1.3 Module betriebliche Altersvorsorge<br />

Ziel der Simulation ist es, die ökonomischen Effekte der beiden Durchführungswege im<br />

Zeitablauf unter verschiedenen Szenarien zu analysieren. Hierzu werden auf Basis des „Startunternehmens“<br />

(vgl. Abschnitt 5.1.2) drei Fälle unterschieden:<br />

Fall A: Als Basisszenario wird angenommen, dass die Höhe der Pensionsrückstellungen im<br />

Zeitablauf identisch bleibt, d.h. die Zuführungen für neu erworbene Pensionsansprüche<br />

zuzüglich der Verz<strong>in</strong>sung bestehender Ansprüche s<strong>in</strong>d gleich den Auszahlungen an Pensionäre.<br />

Aufgrund des identischen Rechnungsz<strong>in</strong>ssatzes entsprechen die Pensionsrückstellungen<br />

damit dem leistungskongruent notwendigen Deckungskapital des Pensionsfonds.<br />

Fall B: Neue Pensionszusagen werden nicht mehr e<strong>in</strong>gegangen. Über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 50<br />

Perioden bauen sich die Pensionsrückstellungen von 20 % des Gesamtkapitals kont<strong>in</strong>uierlich<br />

97 Die Autoren haben sich daher nicht für komplexe, nur theoretisch vorstellbare Beispiele entschieden,<br />

sondern versucht die Problematik anhand von drei Beispielen grundlegend zu erfassen.<br />

98 Dies stellt den Fall e<strong>in</strong>er sehr konservativ geführten Pensionskasse dar.<br />

99 Pensionsfonds III kann exemplarisch als aggressiver Pensionsfonds klassifiziert werden, wie sie sich<br />

vielfach <strong>in</strong> der angelsächsischen Welt f<strong>in</strong>den.


106<br />

auf 0 % ab. Die Kapitalstruktur bleibt durch die Gegenf<strong>in</strong>anzierung durch Fremdkapital<br />

unverändert. Die Leistungen des Pensionsfonds laufen identisch aus.<br />

Fall C: Die Pensionsrückstellungen steigen über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 30 Perioden von 20 %<br />

auf 40 % an und bleiben dann auf diesem Niveau (Fall A). Dies gilt im gleichen Maße für die<br />

Leistungsverpflichtungen aus dem Pensionsfonds.<br />

Der Rechnungsz<strong>in</strong>ssatz ist <strong>in</strong> beiden Gruppen mit 6 % p.a. identisch und entspricht dem Z<strong>in</strong>s<br />

für Fremdkapital.<br />

5.2.1.4 Migrationsmatrix<br />

Im Zeitablauf messen wir <strong>in</strong> beiden Populationen die Anzahl der Unternehmen, die <strong>in</strong>solvent<br />

werden. Hierzu wird der Jahresüberschuss berechnet (vgl. Tabelle 15). Ist dieser positiv, wird<br />

er als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet. 100 Ergibt sich e<strong>in</strong> negativer Jahresüberschuss,<br />

so geht dieser zu Lasten des Eigenkapitals. Damit verr<strong>in</strong>gert sich auch die Bezugsbasis<br />

(Gesamtkapital) zur Berechnung des operativen Bruttoerfolgs (EBIP) der Folgeperiode.<br />

E<strong>in</strong>e Dividende wird dann nicht gezahlt. Der Jahresüberschuss der Folgeperioden wird solange<br />

thesauriert bis die ursprüngliche Kapitalstruktur bzw. Bilanzsumme wieder erreicht ist.<br />

Sollte das Eigenkapital aufgebraucht se<strong>in</strong>, wird das entsprechende Unternehmen als <strong>in</strong>solvent<br />

aus der Population entfernt.<br />

Alle fünf Perioden wird e<strong>in</strong>e Stichtagsbetrachtung durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt werden<br />

mögliche Unter- oder Überdeckungen der Pensionsfonds den Unternehmen zugerechnet. 101<br />

Die Wertentwicklung der Pensionsfonds entspricht damit stets e<strong>in</strong>em Fünfjahresdurchschnitt.<br />

Damit werden die <strong>in</strong> der angelsächsischen Praxis üblichen Verfahren zur Glättung der Kapitalanlageergebnisse<br />

über mehrere Perioden berücksichtigt. Übersteigt allerd<strong>in</strong>gs die Unterdeckung<br />

des Pensionsfonds zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt das Eigenkapital des Trägerunternehmens, wird<br />

dieses als <strong>in</strong>solventes Unternehmen sofort aus der Population entfernt.<br />

100 In e<strong>in</strong>em vollkommenen Kapitalmarkt bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em modellhaften Kapitalmarkt stellt diese Annahme ke<strong>in</strong><br />

Problem dar, da die Dividendenpolitik irrelevant ist bzw. Dividenden <strong>in</strong> die Unternehmen re<strong>in</strong>vestiert werden<br />

können. E<strong>in</strong>e nur anteilige Ausschüttung würde das qualitative Ergebnis nicht verändern, Effekte jedoch<br />

weniger ausgeprägt auftreten lassen.<br />

101 Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Trägerunternehmen im Falle der Überdeckung ihre Zuführungen<br />

reduzieren können und im Falle e<strong>in</strong>er drohenden Insolvenz „überschüssiges“ Deckungskapital, z.B. im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er Kapitalerhöhung oder e<strong>in</strong>es nachrangigen Darlehens, zurückgeführt werden kann.


107<br />

Tabelle 15: Jahresüberschuss- bzw. Dividendenberechnung<br />

PPR<br />

PPF<br />

Earn<strong>in</strong>gs Before Interest and Pensions Earn<strong>in</strong>gs Before Interest and Pensions<br />

- Z<strong>in</strong>sen Fremdkapital - Z<strong>in</strong>sen Fremdkapital<br />

- Zuführung Pensionsrückstellung<br />

- Zuführung Pensionsfonds<br />

(neue Ansprüche + Verz<strong>in</strong>sung bestehender +/- Über-/Unterdeckung Pensionsfonds<br />

Verpflichtungen)<br />

+ Auflösung Pensionsrückstellung<br />

- Auszahlung Pensionen<br />

= Jahresüberschuss = Jahresüberschuss<br />

Um die Vergleichbarkeit der Populationen zu ermöglichen, ist die Höhe des Fremdkapitals,<br />

das im Falle von Direktzusagen aus externem Fremdkapital zuzüglich Pensionsrückstellungen<br />

besteht, fix. Alle Unternehmen mit positivem Jahresüberschuss bleiben damit identisch <strong>in</strong><br />

ihrem Investitionsvolumen und ihrer Kapitalstruktur. Bei gesunkener Eigenkapitalquote wird<br />

der Fremdkapitalz<strong>in</strong>s nicht erhöht. Dies hätte lediglich den Effekt, dass die Zahl der Insolvenzen<br />

<strong>in</strong> beiden Populationen ansteigt und e<strong>in</strong> zusätzliches, schwer zu <strong>in</strong>terpretierendes „Rauschen“<br />

<strong>in</strong> die Ergebnisse br<strong>in</strong>gt.<br />

Da im <strong>Zentrum</strong> der risikoanalytischen Analyse die E<strong>in</strong>wirkung von Kapitalmarktentwicklungen<br />

auf Trägerunternehmen von Pensionsfonds im Vergleich zu Unternehmen, die<br />

Pensionsrückstellungen bilden, steht, wird von steuerlichen Aspekten abstrahiert. Weiterh<strong>in</strong><br />

wird primär auf die Risikodimension bzw. Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit abgestellt, <strong>in</strong> die die<br />

Rentabilität der Unternehmen nur als e<strong>in</strong> Parameter e<strong>in</strong>geht.<br />

5.2.2 Simulationsergebnisse<br />

5.2.2.1 Fall A: Basisszenario<br />

Das Basisszenario beruht auf der Annahme, dass der Barwert der Pensionsverpflichtungen im<br />

Zeitablauf konstant bleibt. Tabelle 16 zeigt die Migrationsmatrix der Population Pensionsrückstellung<br />

(PPR). Die erste Zeile unterteilt den Untersuchungszeitraum von 50 Perioden <strong>in</strong><br />

zehn Betrachtungszeitpunkte. Die erste Spalte enthält die Höhe des Eigenkapitals. Die ursprüngliche<br />

volle Höhe beträgt 100. Die grau unterlegten viert- und drittletzten Zeilen geben


108<br />

die Anzahl der Unternehmen wieder, die jeweils <strong>in</strong> den betrachteten fünf Perioden bzw.<br />

kumuliert über den gesamten Zeitraum <strong>in</strong>solvent werden. Die letzten beiden Zeilen enthalten<br />

die durchschnittlichen Dividenden über jeweils 5 Perioden als Prozentsatz vom Eigenkapital<br />

am Ende der Periode bzw. bezogen auf das Eigenkapital der gesamten Population <strong>in</strong> t=0. In<br />

der Diskussion der Ergebnisse wird jedoch primär auf die Risikodimension abgestellt.<br />

Tabelle 16: Migrationsmatrix A_PPR<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8492 8198 8063 8018 7854 7796 7709 7701 7594 7484<br />

90-100 343 347 366 375 396 367 399 399 397 362<br />

80-90 294 322 390 290 343 322 339 293 300 331<br />

70-80 243 293 266 269 243 289 272 264 271 268<br />

60-70 180 235 207 195 234 258 216 232 202 206<br />

50-60 126 151 168 152 164 160 159 157 150 192<br />

40-50 114 120 128 144 121 148 132 117 146 114<br />

30-40 78 84 95 120 113 96 106 104 103 116<br />

20-30 42 67 68 66 85 87 93 70 73 86<br />

10-20 41 48 46 68 54 35 53 61 68 57<br />

0-10 17 42 39 39 46 36 39 38 46 44<br />

= 0 30 63 71 100 83 59 77 81 86 90<br />

kum.


109<br />

zurück, aber das größere, absolute Volumen risikobehafteter Aktiva überkompensiert diesen<br />

Effekt, so dass e<strong>in</strong> höheres Risiko auf das Eigenkapital wirkt. Über den gesamten Zeitraum<br />

von 50 Perioden werden ca. 80 Unternehmen mehr <strong>in</strong>solvent und damit ca. 10 % mehr als <strong>in</strong><br />

der PPR. Nach zwanzig Perioden liegt der Unterschied bei lediglich 13 Unternehmen, was <strong>in</strong><br />

etwa e<strong>in</strong>em Unterschied von 5 % entspricht. E<strong>in</strong> positiver Ergebnisbeitrag des Pensionsfonds<br />

ist nicht zu erwarten, da die erwartete Rendite dem Fremdkapitalz<strong>in</strong>s entspricht.<br />

Tabelle 17: Migrationsmatrix A_PPF_I<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8520 8117 8044 7929 7843 7687 7619 7547 7476 7412<br />

90-100 353 397 369 355 379 419 370 373 360 393<br />

80-90 264 327 315 331 333 356 337 316 334 315<br />

70-80 223 287 267 262 257 279 291 264 288 269<br />

60-70 206 215 217 227 208 204 241 225 224 196<br />

50-60 128 156 167 202 172 167 176 162 153 180<br />

40-50 94 140 140 128 150 130 132 173 143 140<br />

30-40 81 95 101 116 95 109 101 117 93 98<br />

20-30 44 92 86 78 70 80 81 71 98 74<br />

10-20 34 49 59 60 66 55 62 64 62 70<br />

0-10 17 27 42 35 51 44 28 47 33 37<br />

= 0 36 62 95 84 99 94 92 79 95 80<br />

kum.


110<br />

Tabelle 18: Migrationsmatrix A_PPF_II<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8628 8404 8215 8131 8073 7977 7983 7961 7863 7783<br />

90-100 312 323 348 338 355 356 321 309 327 324<br />

80-90 249 269 297 276 278 327 280 295 301 309<br />

70-80 228 232 243 235 243 236 234 243 213 244<br />

60-70 159 207 211 202 170 196 184 172 198 194<br />

50-60 124 141 173 188 166 175 153 155 145 131<br />

40-50 102 99 124 127 139 106 135 99 124 133<br />

30-40 55 99 82 106 85 83 98 102 97 79<br />

20-30 45 58 72 77 74 75 88 69 60 80<br />

10-20 38 42 39 42 53 45 45 36 52 35<br />

0-10 26 28 30 33 43 40 35 39 32 36<br />

= 0 34 64 68 79 76 63 60 76 68 64<br />

kum.


111<br />

kapitalien e<strong>in</strong>e Rendite deutlich über den Fremdkapitalkosten bei gleichzeitig niedrigerem<br />

Risiko und sehr ger<strong>in</strong>gen Korrelationen erwirtschaften.<br />

Tabelle 19 zeigt die Migrationsmatrix für die Trägerunternehmen des Pensionsfonds III. Die<br />

Rendite-/Risikokomb<strong>in</strong>ation ist mit =10% und =12% eher „aggressiv“ gewählt. Dennoch<br />

lassen die teilweise massiven Unterdeckungen von Pensionsfonds <strong>in</strong> den USA und UK, die <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren durch die Baisse am Aktienmarkt entstanden s<strong>in</strong>d, darauf schließen, dass<br />

vielfach derartige Risikoprofile gewählt wurden.<br />

Tabelle 19: Migrationsmatrix A_PPF_III<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8451 8040 7891 7797 7640 7549 7391 7307 7178 7078<br />

90-100 297 350 353 321 306 314 304 297 311 308<br />

80-90 275 294 267 242 275 251 276 253 249 235<br />

70-80 210 250 238 245 247 219 224 235 221 231<br />

60-70 173 195 213 199 197 194 205 203 196 182<br />

50-60 145 180 162 187 178 174 155 161 159 172<br />

40-50 121 127 130 153 136 140 144 126 110 129<br />

30-40 87 118 103 113 110 116 121 105 112 100<br />

20-30 62 92 109 93 84 99 92 98 95 72<br />

10-20 50 76 92 71 83 84 79 65 75 57<br />

0-10 31 54 70 64 73 47 47 50 55 50<br />

= 0 98 126 148 143 156 142 149 138 139 147<br />

kum.


112<br />

Simuliert man e<strong>in</strong>e Ausgliederung der Pensionsrückstellungen der PPR und Anlage der<br />

Deckungsmittel <strong>in</strong> Pensionsfonds III müsste die Gegenf<strong>in</strong>anzierung zu e<strong>in</strong>em Viertel aus<br />

Eigenkapital bestehen, d.h. die Eigenkapitalquote müsste von 30 % auf 35 % angehoben<br />

werden, um die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf gleichem Niveau zu halten (vgl. Tabelle<br />

20). 104 Dies bedeutet andererseits, dass bei e<strong>in</strong>em Rat<strong>in</strong>g <strong>in</strong> t=0 der PPR und der PPF_III, um<br />

tatsächlich e<strong>in</strong>en aussagekräftigen (<strong>in</strong>ternationalen) Vergleich zu ermöglichen, e<strong>in</strong> Viertel (5<br />

von 20 GE) der Pensionsrückstellungen der PPR risikoanalytisch <strong>in</strong> Eigenkapital „umqualifiziert“<br />

werden müssten. 105<br />

Tabelle 20: Migrationsmatrix A_PPF_III_EK 35<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8679 8381 8144 8134 8006 7886 7900 7886 7751 7636<br />

90-100 305 361 356 348 368 369 326 300 337 320<br />

80-90 262 286 285 288 308 290 287 282 304 274<br />

70-80 197 236 238 235 220 252 243 247 224 257<br />

60-70 168 177 232 187 203 231 198 184 212 214<br />

50-60 122 135 160 134 149 162 171 160 151 168<br />

40-50 83 96 133 130 116 114 119 116 109 150<br />

30-40 72 83 99 95 110 100 94 75 96 92<br />

20-30 41 72 81 85 79 86 62 71 76 63<br />

10-20 22 51 53 66 54 49 50 61 40 57<br />

0-10 18 29 50 35 40 37 38 34 39 35<br />

= 0 31 62 76 94 84 77 88 72 77 73<br />

kum.


113<br />

Abbildung 20: Vergleich der kumulierten Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten Fall A<br />

Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

14,00%<br />

13,00%<br />

12,00%<br />

11,00%<br />

10,00%<br />

9,00%<br />

8,00%<br />

7,00%<br />

6,00%<br />

5,00%<br />

4,00%<br />

3,00%<br />

2,00%<br />

1,00%<br />

0,00%<br />

PFIII<br />

PFII<br />

PFIII_EK_35%<br />

PR<br />

5<br />

15<br />

25<br />

35<br />

45<br />

Periode<br />

PR<br />

PFIII_EK_35%<br />

PFI<br />

PFII<br />

PFIII<br />

5.2.2.2 Fall B: Rückgang der Pensionsverpflichtungen<br />

Fall B behandelt die E<strong>in</strong>stellung von Pensionszusagen. Die Pensionsverpflichtungen aus<br />

Direktzusagen laufen über 50 Perioden aus. Alternativ besteht für den Pensionsfonds nach 50<br />

Perioden ke<strong>in</strong>e Leistungspflicht mehr. Tabelle 21 enthält die Migrationsmatrix für PPR. Im<br />

Vergleich zu Fall A geht die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit um ca. 10 % zurück. Das gleiche<br />

gilt für PPF_I. Die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit bleibt <strong>in</strong> der PPF_I über der der PPR (siehe<br />

Tabelle 28).<br />

In der PPF_II zeigt sich ebenfalls e<strong>in</strong> Rückgang der Insolvenzen um ca. 11 %. Die PPF_II<br />

schneidet wie <strong>in</strong> Fall A besser ab als die PPR (siehe Tabelle 30). 106<br />

106 Bei e<strong>in</strong>er Erhöhung des Risikos reicht wie <strong>in</strong> Fall A e<strong>in</strong> Rückgang der Korrelation von =0,3 auf =0,2 aus,<br />

um e<strong>in</strong>en Anstieg des Risikos des Pensionsfonds II von =5% auf =8% zu kompensieren. Vgl. Tabelle 32<br />

und Tabelle 33 im Anhang.


114<br />

Tabelle 21: Migrationsmatrix B_PPR<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8579 8257 8117 8028 7905 7926 7778 7769 7656 7638<br />

90-100 358 367 377 384 380 378 401 356 356 371<br />

80-90 292 317 285 304 318 331 322 319 346 334<br />

70-80 199 249 274 255 278 257 255 239 271 260<br />

60-70 171 184 211 220 213 201 222 223 198 178<br />

50-60 126 154 182 165 172 160 159 158 173 167<br />

40-50 77 131 123 133 127 116 136 123 116 128<br />

30-40 70 95 117 97 122 96 110 99 111 110<br />

20-30 52 59 80 81 73 69 72 81 80 68<br />

10-20 31 63 35 58 68 57 63 70 44 46<br />

0-10 22 39 46 38 39 34 42 44 54 36<br />

= 0 23 62 68 84 68 70 65 79 76 69<br />

kum.


115<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus wurde der Frage nachgegangen, um wie viel die Eigenkapitalquote angehoben<br />

werden müsste, um e<strong>in</strong>e vergleichbare Matrix wie für die PPR zu produzieren. „Trial and<br />

Error“ ergeben e<strong>in</strong>e bestmögliche Übere<strong>in</strong>stimmung bei e<strong>in</strong>er Erhöhung der Eigenkapitalquote<br />

von 30 % auf 34 %, e<strong>in</strong>em Prozentpunkt weniger als <strong>in</strong> Fall A (siehe Tabelle 23). 107<br />

Tabelle 23: Migrationsmatrix B_PPF_III_EK 34<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8687 8393 8169 8170 8041 7931 7954 7940 7853 7785<br />

90-100 296 353 357 328 368 347 325 331 367 340<br />

80-90 257 280 268 281 284 294 276 277 293 298<br />

70-80 193 227 234 239 226 246 244 239 214 262<br />

60-70 168 173 227 173 184 238 197 182 209 196<br />

50-60 116 136 152 134 148 141 149 147 136 167<br />

40-50 90 95 130 122 117 112 123 101 107 103<br />

30-40 67 85 100 95 107 96 85 73 87 73<br />

20-30 50 72 73 83 79 83 54 75 46 59<br />

10-20 25 50 59 65 52 51 54 41 44 31<br />

0-10 14 32 48 32 36 27 32 28 26 28<br />

= 0 37 67 79 95 80 76 73 59 52 40<br />

kum.


116<br />

Abbildung 21: Vergleich der kumulierten Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten Fall B<br />

PR<br />

Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

11,00%<br />

10,00%<br />

9,00%<br />

8,00%<br />

7,00%<br />

6,00%<br />

5,00%<br />

4,00%<br />

3,00%<br />

2,00%<br />

1,00%<br />

0,00%<br />

PFIII<br />

PFII<br />

PFIII_EK_34%<br />

PR<br />

5<br />

15<br />

25<br />

35<br />

45<br />

Periode<br />

PFIII_EK_34%<br />

PFI<br />

PFII<br />

PFIII<br />

5.2.2.3 Fall C: Anstieg der Pensionsverpflichtungen<br />

In Fall C steigen die Pensionsrückstellungen <strong>in</strong>nerhalb von dreißig Perioden von 20 % des<br />

Gesamtkapitals auf 40 % an und bleiben dann auf diesem Niveau. Die erhöhten Verpflichtungen<br />

spiegeln sich ebenso im Deckungskapital der Pensionsfonds wider. Wie zu erwarten,<br />

steigt die Insolvenzgefahr im Vergleich zu den vorhergehenden Fällen drastisch an. Für die<br />

PPR im Vergleich zu Fall A kommt es zu e<strong>in</strong>em Anstieg der kumulierten Insolvenzen von 70<br />

% bis 80 % (vgl. Abbildung 22). 108<br />

Wie <strong>in</strong> den Fällen A und B schneidet die PPF_I leicht schlechter und PPF_II leicht besser als<br />

die PPR ab. 109 Wesentlich <strong>in</strong>teressanter ist die Frage, was im Fall des riskanteren Pensionsfonds<br />

III passiert. Im Vergleich zur PPR steigt die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit um ca. das<br />

Doppelte an. Es reicht allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Erhöhung des Eigenkapitals von 30 % auf 36 %, e<strong>in</strong>em<br />

Prozentpunkt mehr als im Basisfall A, aus, um das erhöhte Insolvenzrisiko „abzufedern“. 110<br />

108 Vgl. Tabelle 34.<br />

109 Vgl. Tabelle 35 und Tabelle 37 im Anhang. Bei e<strong>in</strong>er Erhöhung des Risikos reicht wie im Fall A und B e<strong>in</strong><br />

Rückgang der Korrelation von =0,3 auf =0,2 aus, um e<strong>in</strong>en Anstieg des Risikos des Pensionsfonds II von<br />

=5% auf =8% zu kompensieren. Vgl. Tabelle 39 und Tabelle 40 im Anhang.<br />

110 Vgl. Tabelle 41 und Tabelle 42. In der PPF_I und PPF_II muss die Eigenkapitalquote um e<strong>in</strong>en Prozentpunkt<br />

verändert werden.


117<br />

Abbildung 22: Vergleich der kumulierten Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten Fall C<br />

Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

26,00%<br />

24,00%<br />

22,00%<br />

20,00%<br />

18,00%<br />

16,00%<br />

14,00%<br />

12,00%<br />

10,00%<br />

8,00%<br />

6,00%<br />

4,00%<br />

2,00%<br />

0,00%<br />

PFIII<br />

PFII<br />

PFIII_EK_36%<br />

PR<br />

5<br />

15<br />

25<br />

35<br />

45<br />

Periode<br />

PR<br />

PFIII_EK_36%<br />

PFI<br />

PFII<br />

PFIII<br />

5.2.3 Diskussion der Ergebnisse<br />

Um h<strong>in</strong>sichtlich des Insolvenzrisikos rückstellungs- und fondsf<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen<br />

vergleichbar zu machen, wurden <strong>in</strong> Abschnitt 5.2 für unterschiedliche Szenarien umfangreiche<br />

Simulationsrechnungen durchgeführt. Populationen von Unternehmen die e<strong>in</strong>e identische<br />

Kapitalstruktur und e<strong>in</strong> identisches Investitionsprogramm aufweisen, wurden e<strong>in</strong>ander im<br />

Zeitablauf gegenübergestellt. Der e<strong>in</strong>zige Unterschied besteht im Durchführungsweg der<br />

betrieblichen Altersvorsorge. E<strong>in</strong>e Population bildet Pensionsrückstellungen, die andere nutzt<br />

unterschiedliche Pensionsfonds. Alle Unternehmensgruppen unterliegen dem gleichen Investitionsrisiko,<br />

das stochastisch aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung entsteht. Der Anlageerfolg der<br />

Pensionsfonds wird unter Berücksichtigung unterschiedlicher Risikoklassen ebenfalls stochastisch<br />

aus Normalverteilungen gezogen. Dabei entstehen für die Trägerunternehmen von<br />

Pensionsfonds zwei Effekte: Besteht ke<strong>in</strong>e vollständig positive Korrelation der Renditeentwicklung<br />

zwischen den Investitionen des Unternehmens und den Vermögensgegenständen<br />

des Pensionsfonds kommt es zu e<strong>in</strong>em Diversifikationseffekt. Gleichzeitig steigt das absolute<br />

Volumen der risikobehafteten Vermögensgegenstände bei gleich bleibendem Eigenkapital des<br />

Unternehmens an. Ziel der Simulationen war es, die Auswirkung des Anlagerisikos von<br />

Pensionsfonds auf die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit isoliert im Vergleich zu Unternehmen zu<br />

erfassen, die Pensionsrückstellungen bilden. Weiterh<strong>in</strong> sollte e<strong>in</strong> Weg aufgezeigt werden, die<br />

beiden Durchführungswege risikoanalytisch vergleichbar zu machen. Hierzu wurden Migrati-


118<br />

onsmatrixen errechnet, die über 50 Perioden die Insolvenzen <strong>in</strong>nerhalb der e<strong>in</strong>zelnen Populationen<br />

anzeigen.<br />

Exemplarisch wurden drei Typen von Pensionsfonds gebildet. Der „sicherheitsorientierte“<br />

Pensionsfonds I wies e<strong>in</strong>e erwartete Rendite <strong>in</strong> Höhe der Fremdkapitalkosten bzw. des Rechnungsz<strong>in</strong>ssatzes<br />

auf. Es zeigte sich, dass der Anstieg der absoluten Höhe der risikobehafteten<br />

Assets trotz des sehr niedrigen Risikos des Fonds und e<strong>in</strong>er Korrelation von Null zu e<strong>in</strong>em<br />

leichtem Anstieg des Insolvenzrisikos im Zeitablauf führte. H<strong>in</strong>sichtlich des Rendite-<br />

Risikoprofils könnte es sich bei Pensionsfonds I um e<strong>in</strong>e konservativ geführte Pensionskasse<br />

handeln.<br />

Die Population, die sich für den „renditeorientierten“ Pensionsfonds II entschied, der sowohl<br />

<strong>in</strong> Renten als auch <strong>in</strong> Aktien <strong>in</strong>vestiert, unterliegt e<strong>in</strong>er leicht ger<strong>in</strong>geren Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

als die PPR. Die Simulationsrechnungen zeigen damit, dass das Insolvenzrisiko<br />

durch e<strong>in</strong>e Auslagerung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Pensionsfonds auch bei vollständiger<br />

Gegenf<strong>in</strong>anzierung mit Fremdkapital – zum<strong>in</strong>dest theoretisch – gesenkt werden kann. Dabei<br />

hängen die Ergebnisse entscheidend vom Risiko, von der Rendite und <strong>in</strong>sbesondere von der<br />

Korrelation des Pensionsfonds ab. Im Fall des Pensionsfonds II war die Rendite-Risiko-<br />

Komb<strong>in</strong>ation so gewählt, dass der Pensionsfonds an sich bereits dom<strong>in</strong>ant gegenüber dem<br />

Unternehmen war. Durch e<strong>in</strong>e niedrige Korrelation konnte schließlich erreicht werden, dass<br />

das Gesamtrisiko tatsächlich leicht zurückg<strong>in</strong>g. Es wurde daher das Risiko des Pensionsfonds<br />

II versuchsweise auf die gleiche Höhe wie beim Unternehmen selbst angehoben. Dann konnte<br />

e<strong>in</strong> gleich bleibendes oder sogar rückläufiges Risiko nur noch durch e<strong>in</strong>e Reduzierung der<br />

Korrelation erreicht werden. In den Simulationen können Rendite-Risikoparameter und<br />

Korrelationen e<strong>in</strong>fach festgelegt werden. In der Praxis ist allerd<strong>in</strong>gs nur im E<strong>in</strong>zelfall zu<br />

erwarten, dass Deckungskapitalien e<strong>in</strong>e Rendite deutlich über den Fremdkapitalkosten bei<br />

gleichzeitig sehr niedrigen Korrelationen zum Trägerunternehmen erzielen. Insgesamt betrachtet<br />

verändert sich die Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeit durch Nutzung der Pensionsfonds I<br />

und II bei vollständiger Gegenf<strong>in</strong>anzierung mit Fremdkapital im Vergleich zu Population<br />

Pensionsrückstellung erkennbar, aber letztlich nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Rahmen. E<strong>in</strong>e deutliche<br />

Senkung des Unternehmensrisikos ist nur bei Wahl extremer Parameter denkbar, die dann<br />

allerd<strong>in</strong>gs kaum noch realistisch se<strong>in</strong> dürften.<br />

In der Realität ist die ex ante Schätzung der notwendigen Parameter e<strong>in</strong> außerordentliches<br />

Problem. Kursverläufe folgen weitgehend Zufallsprozessen mit <strong>in</strong>stabilen Volatilitäten.


119<br />

Zudem treten extreme Kurse<strong>in</strong>brüche wesentlich häufiger auf, als dies bei e<strong>in</strong>er Normalverteilung<br />

der Fall wäre (Problem der fat tails). 111 Noch schwieriger dürfte sich die Schätzung der<br />

erwarteten Rendite der Assets des Unternehmens und deren Standardabweichung gestalten.<br />

Schaut man <strong>in</strong> die Praxis der Pensionsfonds, <strong>in</strong>sbesondere der angelsächsischen Welt, legen<br />

die aktuellen Probleme nahe, dass vielfach e<strong>in</strong>e Anlagepolitik gewählt wurde, die eher dem<br />

riskanten Risiko-Renditeprofil des Pensionsfonds III entspricht. 112 Für diesen entstehen <strong>in</strong><br />

allen Szenarien drastisch erhöhte Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten, sowohl im Vergleich zu<br />

Unternehmen mit Pensionsrückstellungen als auch zu den Trägern von Pensionsfonds I und II.<br />

Im Basisszenario steigt die Insolvenzgefahr durch den Pensionsfonds III um ca. 90 % gegenüber<br />

der PPR, im Fall B um ca. 63 % und im Fall C um ca. 100 %.<br />

Im Ausgangsszenario der Simulationen (t=0) s<strong>in</strong>d alle Unternehmen h<strong>in</strong>sichtlich ihres Investitionsprogramms<br />

und ihrer Kapitalstruktur identisch. Alle Pensionsfonds s<strong>in</strong>d zu 100 %<br />

gedeckt. Ordnet man Pensionsrückstellungen risikoanalytisch im Vergleich mit der Population<br />

Pensionsfonds vollständig dem Fremdkapital zu, erhalten alle Unternehmen das gleiche<br />

Rat<strong>in</strong>g, obwohl sie tatsächlich e<strong>in</strong>em systematisch unterschiedlichen Insolvenzrisiko unterliegen.<br />

E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung von Über- bzw. Unterdeckungen <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess ex post ersche<strong>in</strong>t<br />

zu kurz gegriffen, da sie nicht die Risikodimension e<strong>in</strong>er Anlage von Deckungsmitteln<br />

am Kapitalmarkt vorausschauend erfassen. 113 Geht man von realistischen Rendite-<br />

/Risikoprofilen der Pensionsfonds aus, wie sie sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den USA und UK e<strong>in</strong>gestellt<br />

haben, entstehen für die Trägerunternehmen erhebliche Kapitalanlagerisiken. Die<br />

Insolvenzgefahr steigt an. <strong>Deutsch</strong>e Unternehmen h<strong>in</strong>gegen, die Pensionsrückstellungen<br />

bilden, werden dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Rat<strong>in</strong>gprozess systematisch benachteiligt.<br />

111 Die Normalverteilung ist dennoch <strong>in</strong> der Kapitalmarkttheorie und <strong>in</strong> der empirischen Kapitalmarktforschung<br />

e<strong>in</strong>e übliche Annahme, die „elegante“ formale Modelldarstellung erlaubt, statistische Auswertungen<br />

erleichtert und oft e<strong>in</strong>e gute Approximation beobachteter Renditeentwicklungen ist.<br />

112 Standard & Poor’s geht davon aus, dass vielfach wesentlich weniger riskante Anlagestrategien verfolgt<br />

würden, wenn die Volatilität der Anlagemittel z.B. durch e<strong>in</strong>e Veränderung der Rechnungslegungsstandards<br />

stärker Berücksichtigung f<strong>in</strong>den würde. Vgl. Standard & Poor’s (2003b), S. 5.<br />

113 Es liegen ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise vor, dass Standard & Poors die Asset Allokation von Pensionsfonds mit e<strong>in</strong>em<br />

expliziten Bewertungsverfahren <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess e<strong>in</strong>bezieht. Standard & Poors selbst empfiehlt jedoch,<br />

dass die Asset Allokation von Pensionsfonds nicht nur auf freiwilliger Basis veröffentlicht werden sollte, da<br />

dies e<strong>in</strong> Ausgangspunkt se<strong>in</strong> könnte, Pensionsfonds zu identifizieren, die besonders hohen Anlagerisiken<br />

unterliegen. Vgl. Standard & Poors (2003b), S. 5. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass im E<strong>in</strong>zelfall <strong>in</strong> der<br />

Vergangenheit das Anlagerisiko zum<strong>in</strong>dest als qualitatives Rat<strong>in</strong>gkriterium e<strong>in</strong>e Rolle spielte.


120<br />

Rat<strong>in</strong>gverfahren müssen die unterschiedlichen Risikodimensionen der Durchführungswege<br />

der betrieblichen Altersvorsorge explizit e<strong>in</strong>beziehen, wie dies auch bei der Bewertung<br />

operativer Unternehmense<strong>in</strong>heiten stattf<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong>e Möglichkeit besteht dar<strong>in</strong>, den Wegfall<br />

des Anlagerisikos des Pensionsfonds im Falle der Bildung von Pensionsrückstellungen<br />

dadurch zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Kennzahlenanalyse Pensionsrückstellungen<br />

zum Teil dem Fremdkapital und zum (kle<strong>in</strong>eren) Teil dem Eigenkapital zugerechnet werden.<br />

114 In den Simulationen musste im Fall des Pensionsfonds III die Eigenkapitalquote je<br />

nach Szenario von 30 % auf 34 % bis 36 % erhöht werden, um e<strong>in</strong> gleich bleibendes Insolvenzrisiko<br />

zu erzielen. Dies entspricht e<strong>in</strong>er risikoanalytischen Umqualifizierung von ca.<br />

e<strong>in</strong>em Viertel der Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Eigenkapital. Da die Werte jedoch aus konkreten<br />

Zahlenbeispielen entstehen, können sie nur als erster H<strong>in</strong>weis <strong>in</strong>terpretiert werden. E<strong>in</strong>e<br />

pauschale Aufteilung wie sie von Moody’s und Fitch, entsprechend Bilanzrelationen von<br />

Eigenkapital und externem Fremdkapital vorgenommen wird, ersche<strong>in</strong>t willkürlich, ist aber<br />

u.U. e<strong>in</strong> pragmatischer Ansatz. Im vorliegenden Beispiel würde sich das Eigenkapital durch<br />

„Umqualifizierung“ von Teilen der Pensionsrückstellung nach der Methode von Moody’s und<br />

Fitch von 30 % auf 37,5 % erhöhen.<br />

Stuft man alternativ Pensionsrückstellungen risikoanalytisch vollständig als Fremdkapital e<strong>in</strong>,<br />

muss man e<strong>in</strong> Verfahren entwickeln, das die Risikodimension von Pensionsfonds besser <strong>in</strong><br />

den Rat<strong>in</strong>gprozess <strong>in</strong>tegriert. Vorstellbar wäre es, sich an etablierten Verfahren der Kreditwirtschaft<br />

zu orientieren, um die Risikowirkung auf das Eigenkapital der Trägerunternehmen<br />

von Pensionsfonds explizit zu erfassen. Steigt durch das Kapitalanlagerisiko e<strong>in</strong>es Pensionsfonds<br />

das Insolvenzrisiko an, g<strong>in</strong>ge dies zu Lasten des Trägerunternehmens im Rat<strong>in</strong>gprozess.<br />

Diese Alternative ist nach Me<strong>in</strong>ung der Gutachter e<strong>in</strong>deutig der ersteren vorzuziehen, da nicht<br />

auf die Risikodimension e<strong>in</strong>es hypothetischen Pensionsfonds abgestellt werden muss, sondern<br />

auf den real existierenden Pensionsfonds des Trägerunternehmens.<br />

Betrachtet man die Kosten der betrieblichen Altersvorsorge, ergibt sich, dass diese im Fall des<br />

Pensionsfonds III aufgrund der höheren durchschnittlichen Rendite des Deckungskapitals<br />

niedriger s<strong>in</strong>d als die der Population Pensionsrückstellung, was sich an den Eigenkapitalrenditen<br />

zeigt. Die höhere Rentabilität wird jedoch durch e<strong>in</strong> höheres Insolvenzrisiko erkauft.<br />

There’s no free lunch.<br />

114 Dies ersche<strong>in</strong>t nur zulässig, um bezüglich der unterschiedlichen Durchführungswege risikoanalytisch e<strong>in</strong>e<br />

Vergleichbarkeit herzustellen.


121<br />

Bei den Simulationen wurde das mit externem Fremdkapital verbundene F<strong>in</strong>anzierungsrisiko<br />

als identisch zu dem der Pensionsrückstellungen e<strong>in</strong>gestuft. Diese Annahme war notwendig,<br />

um e<strong>in</strong>e „Gleichgewichtslösung“ unter E<strong>in</strong>wirkung von Kapitalmarktrisiken herstellen zu<br />

können. Geht man davon aus, dass aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Pensionsrückstellungen<br />

die F<strong>in</strong>anzierungsrisiken niedriger s<strong>in</strong>d als bei anderen Formen des Fremdkapitals,<br />

verschieben sich die Ergebnisse weiter systematisch zu Gunsten der Unternehmen, die<br />

Direktzusagen erteilen.


122<br />

6 Zusammenfassung<br />

Ausgangspunkt des vorliegenden Forschungsgutachtens war die Fragestellung, wie Pensionszusagen<br />

im Rahmen <strong>in</strong>ternational vergleichender Unternehmensanalysen ökonomisch angemessen<br />

berücksichtigt werden können. Besondere Beachtung sollte dabei den unterschiedlichen<br />

Durchführungsformen leistungsorientierter Pensionszusagen geschenkt werden. Hierbei<br />

stehen sich extern bzw. fondsf<strong>in</strong>anzierte Zusagen und <strong>in</strong>tern bzw. rückstellungsf<strong>in</strong>anzierte<br />

Zusagen gegenüber. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse sollte e<strong>in</strong>e Wertung der von<br />

verschiedenen Rat<strong>in</strong>gagenturen vorgeschlagenen Kennzahlenberechnungen unter Berücksichtigung<br />

von Pensionsverpflichtungen ermöglicht werden.<br />

Die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen erfolgte auf Basis der<br />

allgeme<strong>in</strong> zugänglichen Veröffentlichungen der Agenturen. Dabei zeigten sich zahlreiche<br />

Geme<strong>in</strong>samkeiten: Alle Agenturen berücksichtigen <strong>in</strong>ternationale Unterschiede bei der Wahl<br />

der Bewertungsparameter (<strong>in</strong>sb. erwartete Gehaltssteigerungen, Kalkulationsz<strong>in</strong>sfuß) und<br />

lösen sich von bilanziellen Pensionswerten. Auch werden übere<strong>in</strong>stimmend Faktoren wie die<br />

Vor- bzw. Nachrangigkeit von Pensionsverb<strong>in</strong>dlichkeiten gegenüber sonstigem Fremdkapital<br />

berücksichtigt. Als zentraler Unterschied wurde demgegenüber der Umgang mit Pensionsrückstellungen,<br />

die aufgrund <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierter leistungsorientierter Pensionszusagen (unfunded<br />

pension plans) gebildet werden, identifiziert. Diese rechnet Standard & Poor’s neuerd<strong>in</strong>gs<br />

genauso wie Pensionsrückstellungen aufgrund von Deckungslücken externer Pensionsfonds<br />

(underfunded pension plans) <strong>in</strong> voller Höhe dem Fremdkapital zu. Moody’s und Fitch zählen<br />

Pensionsrückstellungen für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte leistungsorientierte Pensionszusagen h<strong>in</strong>gegen<br />

nur anteilig zum Fremdkapital. Um <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wird für<br />

die Kennzahlenberechnung e<strong>in</strong>e Auslagerung der Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds<br />

bei gleichzeitiger Ref<strong>in</strong>anzierung mit Fremd- und Eigenkapital unterstellt. Die Aufteilung<br />

dieser fiktiven Ref<strong>in</strong>anzierung soll sich dabei im Regelfall an dem bisherigen Verhältnis<br />

von Eigen- und sonstigem Fremdkapital (ohne Pensionsrückstellungen) orientieren.<br />

Die Vorgehensweisen führen zu unterschiedlichen Kennzahlenwerten, die durch unterschiedliche<br />

Referenzwerte im Rat<strong>in</strong>gprozess ausgeglichen werden müssen, um zu identischen<br />

Beurteilungen zu kommen. In diesem Zusammenhang ersche<strong>in</strong>t bemerkenswert, dass Standard<br />

& Poor’s se<strong>in</strong>e Referenzwerte anlässlich des im Frühjahr 2003 vollzogen Methodenwechsels<br />

nicht verändert hat, obwohl Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen<br />

teilweise erhebliche Änderungen der Ist-Kennzahlenwerte erfahren haben. Die Kennzahlen


123<br />

von Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen haben sich demgegenüber durch<br />

den Methodenwechsel nur dann geändert, wenn die Fonds Deckungslücken aufweisen.<br />

Die Untersuchung der Bilanzierungsregeln nach US-GAAP, IAS/IFRS, HGB und EStG hat<br />

gezeigt, dass Pensionsrückstellungen aus bilanzieller Sicht e<strong>in</strong>deutig „Fremdkapitalcharakter“<br />

besitzen. Die Bezeichnung von Pensionsrückstellungen als „eigenkapitalähnlich“ aufgrund<br />

ihrer Langfristigkeit stellt e<strong>in</strong>e unzulässige Vermischung der Kapitalkategorien nach der<br />

Fristigkeit (langfristiges vs. kurzfristiges Kapital) und nach der rechtlichen Stellung (Eigenvs.<br />

Fremdkapital) dar. Diese bilanzielle Charakterisierung von Pensionsrückstellungen als<br />

Fremdkapital muss allerd<strong>in</strong>gs nicht unmittelbar zu e<strong>in</strong>er Ablehnung der Rat<strong>in</strong>gansätze führen,<br />

die für Analysezwecke von e<strong>in</strong>er fiktiven Auslagerung der Rückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds<br />

bei gleichzeitiger Gegenf<strong>in</strong>anzierung am Kapitalmarkt unterstellen. Die teilweise<br />

Zurechnung von Pensionsrückstellungen zum Eigenkapital wird hier nicht durch den bilanziellen<br />

Charakter der Rückstellungen, sondern durch die Annahme über die Ref<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten<br />

des Unternehmens begründet.<br />

Durch die Untersuchung der Bilanzierungsregeln für Pensionszusagen wurden drei Problemkreise<br />

identifiziert, die im Rahmen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational vergleichenden Bonitätsanalyse anhand<br />

von Bilanzkennzahlen durch Anpassungsmaßnahmen zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d:<br />

1. Die <strong>in</strong>ternational unterschiedlichen Bilanzierungsregeln ermöglichen e<strong>in</strong>e große Bandbreite<br />

bei der Festlegung der Bewertungsparameter (<strong>in</strong>sb. Kalkulationsz<strong>in</strong>s, zu berücksichtigende<br />

Gehaltstrends, erwartete Fondsrendite bei externer F<strong>in</strong>anzierung, versicherungsmathematische<br />

Daten).<br />

2. Die Vergleichbarkeit von <strong>in</strong>ternationalen Jahresabschlussdaten wird durch unterschiedliche<br />

Möglichkeiten zur Glättung von Veränderungen der Pensionsverpflichtung und des<br />

ggf. vorhandenen externen Fondsvermögens bee<strong>in</strong>flusst.<br />

3. Intern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen s<strong>in</strong>d nach gängiger Praxis bilanziell vollständig (Bruttoausweis),<br />

extern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen h<strong>in</strong>gegen nur <strong>in</strong> Höhe e<strong>in</strong>er Unter- oder<br />

Überdeckung (Nettoausweis) zu erfassen. Dieser Unterschied wirkt sich <strong>in</strong>sbesondere auf<br />

Kapitalstrukturkennzahlen aus.<br />

Soweit aus den allgeme<strong>in</strong> zugänglichen Materialien ersichtlich, werden die ersten beiden<br />

Probleme von den Rat<strong>in</strong>gagenturen durch angemessene Korrekturschritte behoben. Die zur


124<br />

Vere<strong>in</strong>heitlichung der Bewertungsparameter vorgenommenen pauschalen Korrekturen s<strong>in</strong>d<br />

unter Kosten-Nutzen-Aspekten als h<strong>in</strong>reichend zu beurteilen.<br />

Wenig zufrieden stellend erweist sich h<strong>in</strong>gegen der Umgang mit den unterschiedlichen<br />

F<strong>in</strong>anzierungsformen leistungsorientierter Pensionszusagen. Hier werden Verzerrungen <strong>in</strong><br />

Kauf genommen, die betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen s<strong>in</strong>d. Es wurde gezeigt, dass<br />

aus theoretischer Sicht nur e<strong>in</strong>e Bruttobetrachtung (on-balance approach) aller Unternehmen<br />

richtige Signale über das Kapitalstrukturrisiko der Unternehmen liefert. Danach wären die<br />

Bilanzen der Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen auf der Aktivseite um das<br />

externe Fondsvermögen und auf der Passivseite um die Pensionsverpflichtung zu verlängern.<br />

Erst e<strong>in</strong>e derart korrigierte Bilanz ist mit den veröffentlichten Zahlen von Unternehmen mit<br />

<strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen h<strong>in</strong>sichtlich der Kapitalstruktur vergleichbar.<br />

Ke<strong>in</strong>e der von den Rat<strong>in</strong>gagenturen vorgeschlagenen Vorgehensweisen stimmt mit dieser<br />

Benchmark-Lösung übere<strong>in</strong>. Die stattdessen verfolgten Ansätze können zu abweichenden<br />

E<strong>in</strong>schätzungen des Kapitalstrukturrisikos führen:<br />

• Der Ansatz von Moody’s und Fitch mit anteiliger Zuordnung der Pensionsrückstellungen<br />

zum Eigenkapital liefert zwar tendenziell das richtige Signal beim Vergleich von Unternehmen<br />

mit unterschiedlichen Durchführungswegen der betrieblichen Pensionszusagen.<br />

E<strong>in</strong>e mit der Bruttobetrachtung identische Rangfolge ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Erhebliche<br />

Schwierigkeiten ergeben sich zudem beim Vergleich von Unternehmen mit identischen<br />

Durchführungswegen, wenn die Pensionsverpflichtungen relativ zum Unternehmensvermögen<br />

unterschiedlich hoch s<strong>in</strong>d.<br />

• Der seit dem Frühjahr 2003 gültige Ansatz von Standard & Poor’s kann beim Vergleich<br />

von Unternehmen mit unterschiedlichen Durchführungswegen stark verzerrte Ergebnisse<br />

liefern. E<strong>in</strong>e generell zutreffende E<strong>in</strong>schätzung gibt der neue Ansatz demgegenüber beim<br />

Vergleich von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten Unternehmen untere<strong>in</strong>ander.<br />

Beim Vergleich von Unternehmen mit fondsf<strong>in</strong>anzierten Pensionszusagen untere<strong>in</strong>ander ist<br />

dies nur bei identischem Verhältnis von Pensionsverpflichtungen zu Unternehmensvermögen<br />

gewährleistet.<br />

Nur für den Fall, dass die Rat<strong>in</strong>gagenturen auch künftig nicht auf die Bruttobetrachtung aller<br />

Unternehmen umstellen, wurde e<strong>in</strong>e Lösung für die Nettobetrachtung (off-balance approach)<br />

erarbeitet, die zum<strong>in</strong>dest für Unternehmen mit identischem Verhältnis von Pensionsverpflich-


125<br />

tung zu Unternehmensvermögen zu e<strong>in</strong>er strukturerhaltenden Abbildung führt. Hierzu ist die<br />

durch e<strong>in</strong>e fiktive Auslagerung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds entstehende<br />

F<strong>in</strong>anzierungslücke entsprechend der tatsächlichen Kapitalstruktur <strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen<br />

anteilig mit Fremd- und Eigenkapital zu schließen. Aufgrund der stark<br />

e<strong>in</strong>schränkenden Ceteris-paribus-Bed<strong>in</strong>gung ist aber auch diese Vorgehensweise nicht als<br />

adäquater Ersatz für die Bruttobetrachtung anzusehen.<br />

Die praktische Bedeutung der oben formulierten bilanziellen Anpassungsmaßnahmen wird<br />

nicht nur <strong>in</strong> Modellrechnungen, sondern auch anhand e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung von 36<br />

ausgewählten US-amerikanischen und deutschen Unternehmen veranschaulicht. Hierbei wird<br />

deutlich, dass selbst für Unternehmen mit vergleichbaren Rechnungslegungsystemen (US-<br />

GAAP und IAS/IFRS) erheblicher bilanzieller Anpassungsbedarf besteht, um e<strong>in</strong>e adäquate<br />

Vergleichsbasis zu schaffen. Werden die Anpassungsmaßnahmen unterlassen, kann es zu<br />

deutlich abweichenden Unternehmensrangfolgen kommen.<br />

Im Rahmen der bilanzanalytischen Überlegungen stand das Kapitalstrukturrisiko der Unternehmen,<br />

gemessen durch Kennzahlen wie die Fremdkapitalquote (leverage) und den Z<strong>in</strong>sdeckungsgrad<br />

(dynamic leverage), im Vordergrund. Mit e<strong>in</strong>er Auslagerung von Pensionszusagen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Pensionsfonds ist aber auch stets e<strong>in</strong> Anlagerisiko verbunden, das durch das<br />

Risiko-Renditeprofil der Fondsanlagen selbst und deren Korrelation zur Renditeentwicklung<br />

des Unternehmensvermögens charakterisiert ist. Diese Faktoren können erheblichen E<strong>in</strong>fluss<br />

auf das Insolvenzrisiko des Unternehmens haben, so dass e<strong>in</strong>e Vernachlässigung zu potenziell<br />

falschen Analyseergebnissen führt.<br />

Um die Wirkung des Anlagerisikos <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>zubeziehen, wurde auf Simulationsrechnungen<br />

zurückgegriffen. Hierdurch konnten die Auswirkungen der beiden Durchführungswege<br />

leistungsorientierter Pensionszusagen auf die Bonität typisierter Unternehmen bei<br />

stochastischer Evolution der operativen Periodenerfolge analysiert werden. Die Wertentwicklung<br />

unterschiedlicher Pensionsfonds entstand dabei durch Ziehungen aus e<strong>in</strong>er Normalverteilung.<br />

Über 50 Perioden wurden zwei Gruppen von jeweils 10.000 identischen Unternehmen<br />

gegenübergestellt, wobei für e<strong>in</strong>e der Gruppen e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzierung der Pensionszusagen über<br />

Fonds und für die die andere über Pensionsrückstellungen unterstellt wurde.<br />

Die durch die Simulationen gewonnenen Migrationsmatrizen lassen im E<strong>in</strong>zelnen folgende<br />

Schlussfolgerungen zu:


126<br />

1. Rat<strong>in</strong>gverfahren, die Pensionsrückstellungen bei e<strong>in</strong>em Vergleich mit Trägerunternehmen<br />

von Pensionsfonds vollständig dem Fremdkapital zurechnen, stufen Unternehmen, die<br />

völlig unterschiedlichen Insolvenzrisiken aufgrund des Durchführungswegs der betrieblichen<br />

Altersvorsorge unterliegen, identisch e<strong>in</strong>. Rat<strong>in</strong>gverfahren, die lediglich Über- bzw.<br />

Unterdeckungen von Pensionsfonds berücksichtigen, erfassen nicht die Risikodimension<br />

e<strong>in</strong>er Anlage von Deckungsmitteln am Kapitalmarkt, sondern stellen lediglich ex post auf<br />

realisierte Renditen ab.<br />

2. Das Insolvenzrisiko kann durch Auslagerung von Pensionsrückstellungen <strong>in</strong> Pensionsfonds<br />

und vollständiger Gegenf<strong>in</strong>anzierung mit Fremdkapital (theoretisch) gesenkt werden,<br />

wenn der Diversifikationseffekt das erhöhte Kapitalstrukturrisiko überkompensiert.<br />

Hierzu s<strong>in</strong>d jedoch exakte Schätzungen über die zukünftige Rendite- und Risikoentwicklung<br />

des Kapitalmarktes und des Trägerunternehmens sowie die Korrelation notwendig.<br />

Weiterh<strong>in</strong> müsste gewährleistet se<strong>in</strong>, dass Kapitalmarkt<strong>in</strong>strumente mit entsprechenden<br />

Rendite- und Risikomerkmalen überhaupt zur Verfügung stehen.<br />

3. Geht man von real angetroffenen Rendite-/Risikoprofilen der Pensionsfonds aus, wie sie<br />

sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den USA und Großbritannien e<strong>in</strong>gestellt haben, entstehen für die<br />

Trägerunternehmen erhebliche Kapitalanlagerisiken. Die Insolvenzgefahr steigt an. Dies<br />

wird jedoch nicht im Rat<strong>in</strong>gprozess berücksichtigt. <strong>Deutsch</strong>e Unternehmen h<strong>in</strong>gegen, die<br />

Pensionsrückstellungen bilden, werden dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rat<strong>in</strong>gverfahren, das Pensionsrückstellungen<br />

für <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierte Pensionszusagen vollständig dem Fremdkapital zurechnet,<br />

systematisch benachteiligt.<br />

Aus den Simulationen wird weiterh<strong>in</strong> deutlich, dass Rat<strong>in</strong>gverfahren die unterschiedlichen<br />

Risikodimensionen der Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge explizit mit<br />

e<strong>in</strong>beziehen müssen, wie dies auch bei der Bewertung operativer Unternehmense<strong>in</strong>heiten<br />

stattf<strong>in</strong>det. Hierzu müsste e<strong>in</strong> Verfahren entwickelt werden, das die Risikodimension von<br />

Pensionsfonds besser <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess <strong>in</strong>tegriert. Denkbar wäre, sich an etablierten<br />

Verfahren der Kreditwirtschaft zu orientieren, um die Risikowirkung auf das Eigenkapital der<br />

Trägerunternehmen von Pensionsfonds explizit zu erfassen. Steigt durch das Kapitalanlagerisiko<br />

e<strong>in</strong>es Pensionsfonds das Insolvenzrisiko an, g<strong>in</strong>ge dies zu Lasten des Trägerunternehmens<br />

im Rat<strong>in</strong>gprozess. Ohne e<strong>in</strong> solches System ist aus risikoanalytischer Sicht die Annahme,<br />

dass bei e<strong>in</strong>em Vergleich mit Trägerunternehmen von Pensionsfonds Pensionsrückstellungen<br />

vollständig dem Fremdkapital zuzurechnen s<strong>in</strong>d, irreführend und benachteiligt Unternehmen,<br />

die sich für den Durchführungsweg der Direktzusage entschieden haben.


127<br />

Wird auf e<strong>in</strong>e solche umfangreiche risikoanalytische Vorgehensweise verzichtet, besteht e<strong>in</strong>e<br />

zweite Möglichkeit dar<strong>in</strong>, die Pensionsrückstellungen <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierender Unternehmen bei<br />

der Berechnung von Jahresabschlusskennzahlen nicht vollständig dem Fremdkapital zuzurechnen.<br />

In den Simulationsrechnungen erfolgt dies dadurch, dass <strong>in</strong> der „Population Pensionsfonds“<br />

die Eigenkapitalquote so lange angehoben wurde, bis das Insolvenzrisiko auf e<strong>in</strong><br />

der „Population Pensionsrückstellung“ vergleichbares Niveau zurückgeht. Dieser Vorgang<br />

kann als risikoanalytisches Äquivalent zu der von Moody’s und Fitch unterstellten Ausgliederung<br />

von Pensionsrückstellungen und Gegenf<strong>in</strong>anzierung durch Eigen- und Fremdkapital<br />

angesehen werden. Aus risikoanalytischer Sichtweise sollten hierbei aber – neben dem durch<br />

das ursprüngliche Verhältnis von Eigenkapital und F<strong>in</strong>anzverb<strong>in</strong>dlichkeiten abgeschätzten<br />

Kapitalstrukturrisiko – auch die Anlagerisiken des Fondsvermögens und dessen Korrelation<br />

mit dem Unternehmensvermögen berücksichtigt werden.<br />

Um e<strong>in</strong>en ökonomisch s<strong>in</strong>nvollen Vergleich von Unternehmen mit unterschiedlich f<strong>in</strong>anzierten<br />

leistungsorientierten Pensionszusagen zu ermöglichen, sollte e<strong>in</strong>e ganzheitliche Betrachtung<br />

gewählt werden, die bei externer F<strong>in</strong>anzierung der Zusagen das Unternehmens- und<br />

Fondsvermögen <strong>in</strong>tegriert. Wird alle<strong>in</strong> das Kapitalstrukturrisiko betrachtet, wird dies durch<br />

die Betrachtung von Bruttobilanzen (on-balance approach) erreicht, bei denen die Unternehmensbilanz<br />

um das Fondsvermögen und die Pensionsverpflichtung erweitert wird. Die zusätzliche<br />

Betrachtung des Kapitalanlagerisikos des Pensionsfonds macht e<strong>in</strong>en risikoanalytischen<br />

Ansatz notwendig, der sich beispielsweise an etablierten Verfahren der F<strong>in</strong>anzwirtschaft<br />

orientieren kann.<br />

In den Vorgehensweisen der Rat<strong>in</strong>gagenturen ist e<strong>in</strong>e solche ganzheitliche Sichtweise offensichtlich<br />

bislang nicht verankert, sondern es erfolgt e<strong>in</strong>e Kennzahlenanalyse auf Grundlage<br />

e<strong>in</strong>er Nettobetrachtung (off-balance approach) der Pensionszusagen. Ändert sich dies nicht,<br />

sollten die Bilanzen von Unternehmen mit <strong>in</strong>tern f<strong>in</strong>anzierten Zusagen unter Annahme e<strong>in</strong>er<br />

fiktiven Auslagerung der Pensionsverpflichtung erstellt werden. Für die hierbei notwendige<br />

Ref<strong>in</strong>anzierung ist dabei e<strong>in</strong>e anteilige Eigen- und Fremdkapitalaufnahme zu unterstellen. Die<br />

Höhe des Eigenkapitalanteils hängt vom Kapitalstrukturrisiko des Unternehmens und dem<br />

Rendite-Risikoprofil des fiktiven Pensionsfonds ab. Wird auf e<strong>in</strong>e explizite Analyse der<br />

Investitionsrisiken des Fonds verzichtet, ist die Orientierung an der vorherigen Kapitalstruktur<br />

<strong>in</strong>klusive der Pensionsrückstellungen am besten geeignet. Hierdurch wird zum<strong>in</strong>dest das<br />

Kapitalstrukturrisiko strukturgleich zur Bruttobetrachtung berücksichtigt. Die Annahme e<strong>in</strong>er<br />

vollständigen Ref<strong>in</strong>anzierung des Auslagerungsvorgangs mit Fremdkapital führt demgegen-


128<br />

über zu e<strong>in</strong>er systematischen Benachteiligung von Unternehmen mit rückstellungsf<strong>in</strong>anzierten<br />

Pensionszusagen und verzerrt <strong>in</strong>sofern den <strong>in</strong>ternationalen Unternehmensvergleich.<br />

Unabhängig von der Art der Vorgehensweise besteht bei der Analyse von Pensionszusagen<br />

e<strong>in</strong> großer Informationsbedarf, der bislang nicht vollständig durch die Unternehmen erfüllt<br />

wird. Um die <strong>in</strong>ternationale Vergleichbarkeit der verschiedenen Durchführungsformen von<br />

Pensionszusagen sicherzustellen, ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>sgesamt höhere Transparenz zu fordern. Hierzu<br />

müssten die Unternehmen realistische Prognosen zum zukünftigen Verlauf der Pensionsverpflichtungen<br />

und den daraus resultierenden Zahlungen <strong>in</strong> ihren Geschäftsberichten veröffentlichen.<br />

In diesem Zusammenhang s<strong>in</strong>d die jüngsten Bestrebungen des FASB, die Angabepflichten<br />

zur Höhe und Zusammensetzung des Fondsvermögens und der Pensionsverpflichtung<br />

positiv zu bewerten. Darüber h<strong>in</strong>aus sollten die Veränderungen der Pensionsrückstellungen<br />

im Cash-Flow-Statement <strong>in</strong> ihre zahlungswirksamen (Auszahlungen an Pensionäre) und<br />

nicht zahlungswirksamen (Dienstzeit- und Z<strong>in</strong>saufwand) Bestandteile aufgeschlüsselt werden.<br />

Trägerunternehmen von Pensionsfonds sollten schließlich klare Angaben zur aktuellen (und<br />

zukünftigen) Anlagestrategie und auch zur Höhe und Zusammensetzung des tatsächlichen<br />

Fondsvermögens machen.


129<br />

Anhang: Migrationsmatrizen<br />

Tabelle 24: Migrationsmatrix A_PPF_I_EK_0,305<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8514 8205 7993 7931 7776 7760 7730 7671 7592 7535<br />

90-100 353 395 420 415 427 397 380 383 383 373<br />

80-90 276 306 330 293 359 333 337 342 331 325<br />

70-80 260 249 278 287 262 291 261 260 268 266<br />

60-70 171 216 197 228 224 203 224 213 210 237<br />

50-60 143 156 184 180 174 176 168 158 169 153<br />

40-50 84 137 150 146 142 121 136 138 125 126<br />

30-40 63 88 105 96 113 108 103 89 91 85<br />

20-30 44 67 86 81 91 88 75 73 77 76<br />

10-20 37 44 60 48 56 59 47 60 62 51<br />

0-10 16 37 37 48 43 45 38 34 33 28<br />

= 0 39 61 60 87 86 86 82 78 80 86<br />

kum.


130<br />

Tabelle 26: Migrationsmatrix A_PPF_II_ = 8%, = 8%, = 0,3<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8556 8303 8109 8000 7930 7817 7809 7761 7666 7542<br />

90-100 309 337 326 343 344 352 326 331 322 357<br />

80-90 258 260 321 279 299 315 293 274 272 293<br />

70-80 230 248 249 241 238 258 220 252 243 249<br />

60-70 168 206 207 207 204 207 196 198 199 196<br />

50-60 133 162 189 183 152 160 163 140 162 153<br />

40-50 105 115 133 154 141 147 148 118 113 111<br />

30-40 78 87 108 120 103 87 102 104 116 111<br />

20-30 39 80 60 80 74 72 69 71 67 69<br />

10-20 48 43 61 59 65 64 71 57 62 57<br />

0-10 28 34 31 27 45 32 34 33 29 34<br />

= 0 48 77 81 101 98 84 80 92 88 79<br />

kum.


131<br />

Tabelle 28: Migrationsmatrix B_PPF_I<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8543 8275 8033 7996 7919 7819 7791 7715 7728 7700<br />

90-100 370 382 407 380 394 374 370 362 364 363<br />

80-90 289 298 323 306 299 310 314 292 321 280<br />

70-80 236 241 286 267 256 269 267 270 248 229<br />

60-70 150 169 220 214 189 206 206 211 182 195<br />

50-60 124 171 164 182 169 174 167 155 139 146<br />

40-50 87 131 144 113 136 140 125 142 119 119<br />

30-40 69 96 93 100 115 95 103 109 84 87<br />

20-30 41 53 68 77 89 77 75 74 64 79<br />

10-20 28 49 41 58 53 56 44 55 62 45<br />

0-10 22 24 36 38 40 51 39 30 37 35<br />

= 0 41 70 74 84 72 88 70 86 67 70<br />

kum.


132<br />

Tabelle 30: Migrationsmatrix B_PPF_II<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 T=45 t=50<br />

100 8737 8432 8289 8245 8155 8107 8028 7964 7928 7772<br />

90-100 310 339 369 336 367 338 345 345 336 371<br />

80-90 252 286 311 295 291 288 303 266 261 300<br />

70-80 184 233 242 220 217 243 231 234 233 268<br />

60-70 162 181 199 203 202 227 185 218 208 211<br />

50-60 108 142 153 158 155 167 159 155 148 148<br />

40-50 78 112 98 126 123 93 126 119 114 111<br />

30-40 54 76 78 84 85 86 105 95 97 103<br />

20-30 40 45 50 56 51 51 54 70 64 53<br />

10-20 29 38 39 54 46 39 52 60 63 45<br />

0-10 16 32 41 27 34 28 27 40 37 40<br />

= 0 30 54 47 65 78 59 52 49 77 67<br />

kum.


133<br />

Tabelle 32: Migrationsmatrix B_PPF_II_ = 8%, = 8%, = 0,3<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8599 8371 8172 8081 8013 7912 7917 7890 7795 7720<br />

90-100 310 320 322 337 345 343 324 308 333 335<br />

80-90 248 261 317 273 295 325 282 296 311 302<br />

70-80 217 223 234 228 225 250 233 251 211 254<br />

60-70 165 217 211 201 187 194 181 172 198 185<br />

50-60 125 151 186 193 150 171 172 153 139 140<br />

40-50 110 110 123 133 153 123 129 102 128 127<br />

30-40 73 89 93 112 81 89 92 100 94 85<br />

20-30 38 73 66 81 88 69 79 70 60 74<br />

10-20 47 38 59 54 46 48 60 46 50 33<br />

0-10 22 32 27 25 51 41 27 30 33 34<br />

= 0 46 69 75 92 84 69 69 78 66 63<br />

kum.


134<br />

Tabelle 34: Migrationsmatrix C_PPR<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 7982 7472 7264 7048 6882 6721 7041 7125 7095 7013<br />

90-100 459 457 443 426 443 485 370 374 360 368<br />

80-90 377 443 431 431 400 378 362 305 314 307<br />

70-80 317 345 376 347 351 294 269 269 236 269<br />

60-70 237 283 286 323 290 275 230 213 230 213<br />

50-60 194 241 232 235 252 269 180 172 166 179<br />

40-50 136 181 168 202 217 194 168 129 131 113<br />

30-40 98 146 173 175 170 182 123 111 94 116<br />

20-30 60 108 132 124 138 130 123 91 82 80<br />

10-20 50 84 80 101 101 102 75 68 56 48<br />

0-10 33 56 72 91 82 86 59 48 47 34<br />

= 0 57 127 159 154 177 210 116 95 94 71<br />

kum.


135<br />

Tabelle 36: Migrationsmatrix C_PPF_I_EK_0,31<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8079 7509 7189 6996 6781 6544 7006 7154 7067 7007<br />

90-100 417 498 466 458 492 477 383 362 370 359<br />

80-90 387 417 386 441 400 413 380 300 332 284<br />

70-80 301 369 363 345 359 366 280 272 276 275<br />

60-70 227 284 308 307 325 325 245 233 228 236<br />

50-60 187 228 264 238 253 274 210 168 175 179<br />

40-50 134 175 192 203 198 214 163 141 117 141<br />

30-40 84 117 191 167 162 160 116 112 100 103<br />

20-30 77 107 137 120 132 149 96 84 82 68<br />

10-20 41 96 107 112 112 110 77 59 45 71<br />

0-10 24 46 63 93 74 83 50 35 41 37<br />

= 0 42 112 180 186 192 173 109 86 87 73<br />

kum.


136<br />

Tabelle 38: Migrationsmatrix C_PPF_II_EK_0,29<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8098 7722 7444 7268 7096 6897 7330 7372 7283 7221<br />

90-100 398 413 401 409 424 462 351 336 365 339<br />

80-90 322 328 336 339 333 362 276 268 261 266<br />

70-80 276 300 327 281 282 295 217 218 189 219<br />

60-70 221 248 263 246 256 241 185 159 174 167<br />

50-60 180 204 232 222 207 227 143 141 137 118<br />

40-50 134 170 184 180 185 165 148 91 104 107<br />

30-40 115 148 145 167 164 170 93 97 83 92<br />

20-30 83 103 130 150 125 94 84 70 55 71<br />

10-20 43 81 86 104 99 88 58 48 60 45<br />

0-10 48 56 63 80 62 54 49 31 36 30<br />

= 0 82 145 158 157 198 173 100 87 78 73<br />

kum.


137<br />

Tabelle 40: Migrationsmatrix C_PPF_II_ = 8%, = 8%, = 0,2<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8195 7741 7431 7253 7163 7083 7408 7425 7348 7230<br />

90-100 403 387 425 436 399 374 319 286 303 290<br />

80-90 315 375 377 332 371 332 256 261 240 259<br />

70-80 274 316 304 324 279 277 236 197 223 200<br />

60-70 213 251 283 282 242 242 177 175 170 174<br />

50-60 176 204 236 218 197 223 169 146 125 158<br />

40-50 137 186 188 199 190 168 129 129 117 127<br />

30-40 91 121 146 140 159 132 97 94 84 92<br />

20-30 62 109 97 118 124 90 84 62 87 74<br />

10-20 48 69 94 94 81 99 70 54 51 49<br />

0-10 34 60 64 67 81 71 35 49 29 50<br />

= 0 52 129 174 182 177 195 111 102 101 74<br />

kum.


138<br />

Tabelle 42: Migrationsmatrix PPF_C_III_EK_0,36<br />

EK-Höhe t=5 t=10 t=15 t=20 t=25 t=30 t=35 t=40 t=45 t=50<br />

100 8286 7779 7601 7424 7346 7233 7390 7336 7302 7212<br />

90-100 366 411 406 397 338 338 311 274 284 279<br />

80-90 308 356 368 338 319 317 259 269 241 235<br />

70-80 254 335 271 326 268 247 231 228 213 207<br />

60-70 221 236 246 244 276 253 206 182 188 171<br />

50-60 159 205 227 208 208 221 156 164 136 155<br />

40-50 113 150 175 169 177 154 141 138 112 105<br />

30-40 96 143 148 134 142 124 119 105 113 109<br />

20-30 74 106 122 113 115 101 88 86 85 85<br />

10-20 42 75 96 95 84 95 53 64 55 58<br />

0-10 32 49 48 63 62 58 60 55 59 54<br />

= 0 49 106 137 197 176 194 127 113 113 118<br />

kum.


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