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80 bis 89 - Georg Britting

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Der plastische Wert ist zugunsten der Stimmungsbezeichnung „still" aufgegeben.<br />

Entscheidender aber wirkt noch, daß sich dadurch auch der Ursprung<br />

des Lichtes verändert hat: Zuerst ging er vorn „irdischen" Ding aus, wodurch<br />

das später unangetastete „weiß strömend" noch ganz andere Kraft besaß, danach<br />

ist das „Niederfallen-auf" zu jener säkularisiert-verwaschenen, konventionellen<br />

Gebärde des „Von-oben" geworden.<br />

III, 1 f. in der früheren Fassung ist bewegte Landschaft wie etwa in »Marsch<br />

der österlichen Wälder«:<br />

„Es rühren die Wälder die Flügel,<br />

Wandernd am Horizont."<br />

Das spätere:<br />

„Es rühren die Wälder die Flügel,<br />

Es blitzt der Fluß durch die Au."<br />

bringt eine vergleichsweise lahmere Zeilenparallelisierung und im Wort–<br />

schatz nur wiederholtes frühes 19. Jahrhundert.<br />

Für solche Überlagerungen der nachexpressionistischen Naturlyrik durch den<br />

älteren Ausdruck ist »Frühmorgens« nur ein Einzelbeispiel. Wie aber das<br />

Grundthema der zwanziger Jahre dabei übernommen und weitergespielt wird, so<br />

weisen andererseits einige in Rabe, Ross und Hahn beginnende Form–<br />

veränderungen bereits auf einen künftigen Werkabschnitt. Mit der Entfernung<br />

vorn nachexpressionistischen Bildgedicht setzt nämlich auf dieser Zwischen–<br />

stufe auch schon die Vergrößerung und Verfestigung der Formen ein.<br />

Monumentalität des Ganzen gleicht bereits bei den Titelgedichten »Rabe,<br />

Roß und Hahn« 324 die geringere Wucht des einzelnen aus. An die Stelle des<br />

sinnlichen Erlebnisses tritt lyrische Summierung, auch Abhandlung, Erfüllung<br />

eines selbstgestellten Themas, auf <strong>Britting</strong>sche Weise nicht unähnlich gleichzeitigen<br />

Themadurchführungen bei Weinheber. Die Wesensbestimmung wird<br />

jetzt ncu durch eine ausführliche, geradezu additive Verknüpfung von sichtbarer<br />

Tiergestalt und historischem Symbolbestand geleistet. Dabei unterstützt eine<br />

bewußt holprige Simplizität der Sprache, die einige frühere kräftige Mittel<br />

weitergrbraucht, den altertümlich-„heraldischen" Charakter dieses Tier-„Triptychons".<br />

das mit seinen Wappen-, Fahnen-, Siegel- und Münzbildern schon anl<br />

weitesten auf dem Weg zu dem späteren Sonettenzyklus Die Begegnung steht.<br />

Zu einer äußerlich gebundenen Form strebt das größere Gedicht »Verwilderter<br />

Bauplatz« mit nur zuletzt nicht mehr zusammengehaltenen sechszeiligen<br />

a-b-a-b-a-b-Strophen 325 Für das Größerwerden allein mag <strong>Britting</strong> auch<br />

noch besonders in den Legenden die Möglichkeit einer Episierung vorge–<br />

zeichnet gefunden haben. Er nutzt sie jetzt für »Die Schlangenkönigin«,<br />

»Wintermorgen am Fluß« und »Der Berg«. Das erste Gedicht, mit Schilf,<br />

Kommentar: Ausg- 1939, S. 55;<br />

GA 1, S. 184; frühere Fassung in:<br />

Das Innere Reich, Jg 3, 1936/37, S.<br />

1359.<br />

Kommentar: Ausg. 1939, S. 41;<br />

GA I, S. 173. Die Gartennatur dieses<br />

Gedichtes bietet übrigens eine<br />

mit Lehmann gemeinsame Entdekkung<br />

des Blühens aus dem Abfall,<br />

ein Motiv, an dem sich noch einmal<br />

der ganze Unterschied zwischen<br />

dem irdisch-prallen und dem ätherischen<br />

Geist der Naturlyrik zeigt.<br />

„Die Teller lichtfressend nach oben<br />

gedreht" wachsen bei <strong>Britting</strong> einige<br />

Sonnenblumen als „des Modernen<br />

lodernde Erben". - „Abwässer tränken<br />

ihn, ihn nähren Exkremente"<br />

und „auf schwanken Tisch setzt er<br />

sein Duftgericht in hellen Tellern"<br />

heißt es dagegen (1950) bei Lehmann<br />

vom Holunder (Wilhelm<br />

Lehmann: Meine Gedichtbücher,<br />

1957, S. 197).<br />

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