KOSTENLOS! ZUM MITNEHMEN! - Cafe Oktober Barmbek
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<strong>KOSTENLOS</strong>! <strong>ZUM</strong> <strong>MITNEHMEN</strong>!<br />
No. 7 • JULI 2009<br />
COURIER<br />
Im OKTOBER und im BIG EASY S. 12, 13<br />
HERAUSGEGEBEN VON<br />
Karstadt vor dem Aus S. 9, 10 & 11<br />
Ein Kaiser mit Größenwahn S. 15<br />
Kohl satt S. 16<br />
Vor 30 Jahren starb John Wayne S. 17<br />
In frühen Cafés wurden Revulutionen ausgerufen S.4&5
4. JULI BIG EASY <strong>Barmbek</strong><br />
10. JULI BIG EASY Osterstraße<br />
11. JULI OKTOBER Schanze<br />
17. JULI OKTOBER Harburg<br />
24. JULI BIG EASY Alsterdorf<br />
31. JULI OKTOBER <strong>Barmbek</strong><br />
Night<br />
AB 20.00 UHR<br />
MIT KUBANISCHER MUSIK<br />
KUBANISCHEM TANZ<br />
KUBANISCHEN CIGARREN<br />
HAVANA-COCKTAILS<br />
DER PESO-AKTION<br />
UND UND UND...<br />
EINTRITT FREI!
AUF DAS EINE ODER ANDERE WORT<br />
ERLEBEN<br />
SIE IM JULI<br />
COURIER<br />
In frühen Cafés wurden<br />
Revolutionen ausgerufen ...S.4&5<br />
Was verbindet Ernst Thälmann<br />
mit Karl-Heinz Kurras?<br />
25 Mark Judas-Lohn ....S.6,7&8<br />
Welchen Karstadt-Filialen<br />
in Hamburg droht das Aus?<br />
Wie im Milieu Alt-Berliner<br />
Ringvereine ..........S.9,10&11<br />
Lob für die OKTOBER und BIG EASY von Ole von Beust, Olaf Scholz, Maria Böhmer<br />
LiebeGäste,<br />
zunächst hießen sie „Gastarbeiter“, heute<br />
Migranten. Wie sollen im Ausland lebende<br />
Deutsche genannt werden?<br />
„Krauts“? Es sind diese Themen, die<br />
immer aktuell sind: das Wetter, die<br />
Bundesliga und – die Integrations-Debatte.<br />
Worin unterscheidet sich der Berliner<br />
vom Bayern? Wo hinein sollte sich<br />
das Nicht-Deutsche integrieren, wenn<br />
nicht ins Deutsche? Es wird also viel<br />
geredet.<br />
„Migranten“ wurden in diesem Land<br />
geboren, sie wuchsen mit der „Sesamstraße“<br />
auf und mit Roy Black. Absolut<br />
nichts fühlte sich fremd an, alles war<br />
vertraut. Die Deutschen aber sprechen<br />
„Migranten“ nach wie vor auf das<br />
„Fremdsein“ an: Deutsch sei doch eine<br />
schwere Sprache, vor allem das Wetter<br />
nichts für einen, der aus einer wärmeren<br />
Gegend käme. Wieso soll es in Hamburg<br />
kälter sein als – im restlichen Deutschland?<br />
So werden Migranten zu „Fremden“,<br />
zumal einige Sozialarbeiter „Migranten“<br />
wie Behinderte behandeln. Eine<br />
„Migrantin“ bringt es auf den Punkt:<br />
„Ich bin nicht die ‚Andere‘. Ich beteilige<br />
mich nicht an der Integrations-Debatte.<br />
Ich esse Bienenstich und spreche norddeutschenDialekt.“<br />
In unseren Restaurants OKTOBER<br />
und BIG EASY herrscht Hochbetrieb.<br />
Gleichermaßen am Vormittag, mittags<br />
ohnehin, abends eh. In der Küche und im<br />
Service wirbeln Mitarbeiter aus Polen,<br />
Pakistan, Indien, Deutschland, Ghana<br />
oderderTürkei...<br />
Die„Amtssprache“istDeutsch.<br />
In unseren Restaurants arbeiten ca. 165<br />
Vollzeitkräfte und 15 Auszubildende aus<br />
mehrals30 Ländern.<br />
Hamburgs Erster Bürgermeister, Ole<br />
von Beust, hat unser seit mehr als einem<br />
Jahrzehnt bestehendes Engagement, Migranten<br />
in unsere Gesellschaft zu integrieren,<br />
im Juni gewürdigt: mit der Auszeichnung<br />
„Vielfalt in Ausbildung und<br />
Arbeit“. Zwölf Monate zuvor hat die<br />
Staatsministerin Maria Böhmer im Bundeskanzleramt<br />
die Migrations-VerpflichtungderOKTOBERwieBIG<br />
EASYanerkannt,<br />
und dem Initiator Ömer Merdin mit<br />
dem ersten Preis „Vielfalt als Chance“ gedankt,<br />
weshalb auch der Bundesarbeitsminister<br />
Olaf Scholz das BIG EASY in<br />
<strong>Barmbek</strong>besuchte.<br />
Ömer Merdin macht Menschen Hoffnung,<br />
die auf dem Ausbildungsmarkt<br />
sonst nur wenigAussichten hätten. Neben<br />
den OKTOBER und BIG EASY-Restaurants<br />
gibt es eine weitere Migranten-Erfolgsgeschichte:<br />
Die Fußballer der deutschen U 21 tragen<br />
Namen, die noch nicht jeder kennt:<br />
DennisAogo, Jerome Boateng, Änis Ben-<br />
Hatira, Gonzalo Castro, Sami Khedira,<br />
Mesut Özil, Ashkan Dejagah oder Chinedu<br />
Ede. Und einer von ihnen sagt das: „Ich<br />
komme aus einer muslimischen Familie<br />
und habe lediglich dann terroristische<br />
Phantasien, wenn ich in Deutschland mit<br />
einemCall-Centertelephonierenmuß.“<br />
Impressum:<br />
Telefon : 040 / 611 832-0<br />
Herausgegeben von<br />
Fax: 040 / 611 832-18<br />
<strong>Oktober</strong> Entertainment GmbH www. bigeasy-online.de<br />
Diesterwegstraße 1<br />
info@cafeoktober.de<br />
22305 Hamburg<br />
V.i.S.d.P.: Sücaattin Merdin<br />
Es gilt die Anzeigen-Preisliste Nr.1/Januar 2009<br />
Leserbriefe bitte an: merdin@cafeoktober.de<br />
3<br />
Was git’s zu essen<br />
im BIG EASY?. ............. S.12<br />
Und was im OKTOBER? .....S.13<br />
Was geschieht, wenn<br />
Geld auf Geld trifft?<br />
Dann gibt’s Blutergüsse ......S.14<br />
Kaiser Wilhelm II. träumte.<br />
Hier ein Kreuzer,<br />
da ein Schlachtschiff .........S.15<br />
Zu Unrecht verschrien:<br />
Geschichten vom Kohl-Dampf S. 16<br />
Vor 30 Jahren starb John Wayne.<br />
Ein echter Amerikaner. .......S.17<br />
Leserbriefe .................S.18<br />
Es lohnt sich, in unseren<br />
Restaurants einen Gelben Zettel<br />
für Lob oder Tadel auszufüllen.<br />
Sie können attraktive<br />
Preise gewinnen!<br />
Die Gewinner im April sind:<br />
1. Preis: 1 Essen für 2 Personen<br />
Kim Kielau, 22297 Hamburg<br />
2. Preis: 4 Freikarten für Hamburg Dungeon<br />
Anette Christoph, 21075 Hamburg<br />
3. Preis: 2 Freikarten für Hamburg Dungeon<br />
Birte Hellwig, 22119 Hamburg<br />
Also, beim nächsten Besuch im<br />
BIG EASY oder OKTOBER:<br />
Gelben Zettel einwerfen und gewinnen!
COURIER<br />
In frühen Cafés wurde nicht nur Kaffee getrunken,<br />
sondern emsig Zeitung gelesen und – „Revolutionen“ ausgerufen.<br />
DIE CAFÉTIERS KOMMEN<br />
Frühe Kaffee-Häuser waren nicht<br />
immer stubenrein, vorweg das des<br />
„Concessionärs“ Johann Lehmann<br />
in Hamburg. In seinem „Coffeebaum“ am<br />
Dammtorwall ging es 1795 zu wie in Sodom<br />
und Gomorrha: Huren bevölkerten<br />
Lehmanns Etablissement.Der Senat mußte<br />
den verruchten „Coffeebaum“ schließen,<br />
zum Leidwesen seiner Stammgäste<br />
– einiger hanseatischer Altvorderer<br />
höchstselbst. Der Skandal geriet freilich<br />
erst hundert Jahre später durch einen Geschlechtskrankheiten<br />
forschenden MedizineransTageslicht.<br />
Auch Friedrich der Große nutzte das<br />
Ambiente der Kaffee-Häuser, allerdings<br />
als „Wachtturm“. Aus dem in Paris begründeten<br />
Beruf eines „Cafétiers“ machte<br />
er einen Spitzel-Dienst. Deren Aufgabe:<br />
das „renitente“ Publikum im Auge zu behalten.<br />
Registrierten „Cafétiers“ alsdann<br />
„Aufbegehren“, eilten sie in den Lustgarten<br />
ins „Café Royal“, wo ein Gardeoffizier<br />
die Berichte aller „Cafétiers“ entgegennahm,<br />
um sie an den Soldatenkönig<br />
weiterzuleiten.<br />
Wer auch immer Kaffeebohnen eingelagert<br />
hatte – säckeweise wurden sie geklaut<br />
und an die Kaffee-Häuser verkauft,<br />
so an das legendäre „Opportunisten-Domizil“<br />
in Berlin, an die 1818 vom Schweizer<br />
Zuckerbäcker Giovanoli in der Charlottenstraße<br />
etablierte „Lesekonditorei“,<br />
wo das Politisieren zum guten Ton gehörte,<br />
denn der Freigeist bot seinen Gästen<br />
vor allem gedruckten Ungehorsam: den<br />
„Beobachter an der Spree“, den „Freimütige(n)“,<br />
die „Deutsche Volkszeitung für<br />
Stadt und Land“, die „Berliner Schnellpost“,<br />
den „Demokrat(en)“, das „Berliner<br />
Großmaul“, zuvörderst die anarchistische<br />
„Barrikade“.<br />
In der „Lesekonditorei“ finden sich die<br />
Geburtswehen der Sozialdemokratie. Ferdinand<br />
Lassalle, Gründer des Allgemeinen<br />
DeutschenArbeitervereins, hatte Giovanolis<br />
„Lesekonditorei“ zum konspirativen<br />
Treffpunkt bestimmt. Daß Lassalle<br />
während des Ausheckens seiner „Verschwörungs“-Theorien<br />
Butterkuchen<br />
verzehrte, Kaffee kännchenweise trank,<br />
bliebderObrigkeitverborgen.<br />
Die „Lesekonditorei“ war einmalig:<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg, 1920, erschienen<br />
in Berlin 124 Zeitungen – jeden<br />
Tag, selbst sonntags. Darunter einundzwanzig<br />
Titel drei Mal täglich (!). In der<br />
Café Bauer (in Berlin, um 1880): Wartesaal für betagte Witwen<br />
4
COURIER<br />
„Lesekonditorei“ lag jede Ausgabe in<br />
mehreren Exemplaren aus, selbst Vororts-<br />
Zeitungen wie der „Berlin-Moabiter Anzeiger“,<br />
das „Berlin-Schöneberger Tageblatt“,<br />
die „Neuköllnsche Zeitung“, der<br />
„Karlshorster Anzeiger“, das „Hohenschönhausener<br />
Lokalblatt“, der „Allgemeine<br />
Anzeiger für Buch und Zepernick“<br />
oder das „Alt-Glienicker Tageblatt“ – in<br />
der „Lesekonditorei“ stapelten sich täglich<br />
bis zu dreitausend Exemplare. Zwei<br />
Mitarbeiter waren damit beschäftigt, das<br />
Papierzuordnen.<br />
1825 eröffnete Johann Kranzler im Eckhaus<br />
Friedrichstraße/Unter den Linden<br />
seine „Hofconditorei“. Der Wiener Zukkerbäcker<br />
richtete das erste Raucherzimmer<br />
Berlins ein. Doch dem „Kranzler“ erwuchsen<br />
rührige Mitbewerber. Das „Romanische<br />
Café“ an der Gedächtsniskirche,<br />
das „Maenz“ und „Schwanneke“.<br />
1932 folgte Kranzlers Depandance auf<br />
dem Ku´damm, aber auch die seiner Gegenspieler:<br />
das „Café Größenwahn“, das<br />
„Café des Westens“. Vom „Kranzler“,<br />
Vergangene Hamburger Presse-Vielfalt: Kampf um Leser und Kaffee-Trinker<br />
bedauerlich, bedauerlich, blieb allerdings<br />
nichtvielübrig.<br />
Es tröstete mit Sahnehäubchen über den<br />
Kalten Krieg hinweg. Es galt fortan als Inbegriff<br />
für Freiheit und Wohlstand. In den<br />
80er Jahren ging es mit dem „Kranzler“<br />
allerdings bergab. Statt lebenshungriger<br />
Nachkriegswelt erblühte die Entspannungspolitik.<br />
Der „Wartesaal“ Berliner<br />
Witwen mutierte zur Touristenschleuse.<br />
Statt Kuchen kam Fertigkost auf den<br />
Tisch: „Putengeschnetzeltes im Reisnest“<br />
oder „Rinderroulade Bürgerliche Art auf<br />
Kaisergemüse“. 2000 mußte das „Kranzler“<br />
einer architektonischen Peinlichkeit<br />
weichen.<br />
Auch Hamburg verfügte über seine<br />
Lesestube.<br />
Einst tranken die Stammgäste des „Café<br />
Belvedere“ am Ballindamm (Ecke Bergstraße)<br />
aus ihren eigenen, ihren numerierten<br />
Tassen; immerhin hielt das Buffet<br />
mehr als fünfhundert auseinander.Wie die<br />
Berliner „Lesekonditorei“, legte auch das<br />
„Belvedere“ Lesestoff aus: Die „Hamburger<br />
Nachrichten“ (erschienen drei Mal<br />
täglich), den „Hamburgischen Correspondent(en)“,<br />
das „Hamburger Fremdenblatt“<br />
(zwei Mal täglich), das „Hamburger<br />
Echo“, die „Norddeutsche Zeitung“, den<br />
„Abend“. Die dreiundzwanzig Hamburger<br />
Tageszeitungen, ohne die Provinz-Titel<br />
(„Bergedorfer Zeitung“, „Altonaer Tageblatt“,<br />
„Curslacker Nachrichten“ oder<br />
den „Beobachter an der Alster“) – nach<br />
Berlin avancierte die Hansestadt zur<br />
zweitgrößten deutschen Zeitungs-Metropole.<br />
Hamburg schrieb, zusammen mit der alten<br />
Reichshauptstadt, deutsche Café- wie<br />
Presse-Geschichte. Und das „Belvedere“?<br />
Es wurde 1914 in „Kaffee Vaterland“<br />
umgetauft, 1972 abgerissen, um einer<br />
BankundeinerBoutiquePlatzzumachen.<br />
Heute erscheinen in der Hansestadt<br />
noch fünf Tageszeitungen. In Berlin sind<br />
es acht. In Deutschland gibt es auch keine<br />
„Lesekonditorei“ mehr. Wer solch eine<br />
sucht, muß nach Mailand fliegen und italienischkönnen.<br />
Einst eine Hamburger Größe: Meyer’s Kaffee Friedrich der Große: Spitzel eingestellt Kaffee-Genießer: nicht immer stubenrein<br />
5
COURIER<br />
Was verbindet Ernst Thälmann mit Karl-Heinz Kurras?<br />
Was Karl-Heinz Kurras mit Ernst Thälmann? Einiges.<br />
25 MARK JUDAS-LOHN<br />
Thälmann: im Morgengrauen erschossen<br />
In der Eppendorfer Tarpenbekstraße<br />
64, im Geburtshaus Ernst Thälmanns,<br />
trauert ein Häuflein altgedienter Genossen<br />
– am 16. April 1966 anläßlich des<br />
80. Geburtstages Thälmanns.<br />
Aus dem DDR-Exil eilt der vormalige<br />
KPD-Gesundheitssenator Friedrich Dettmann<br />
herbei. Theatralisch legt er einen<br />
Kranz nieder.Abends treffen sich die Mitglieder<br />
der illegalen KPD zur legalen Gedächtnisfeier<br />
– gegenüber dem Hauptbahnhof<br />
im Hotel „Reichshof“. Bei Bier,<br />
Doppelkorn und Zigarettenqualm wird<br />
zum wiederholten Mal der „ewige Klassenkampf“<br />
beschworen. Die Familienfeier<br />
bleibt aber friedlich. Der hanseatische<br />
Staatsschutz beweist Taktgefühl – ausnahmsweise<br />
kneift er beideAugen zu.<br />
Schnitt.<br />
Ein Jahr später, am 2. Juni 1967, stirbt<br />
Benno Ohnesorg. Der Todesschuß des<br />
West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras<br />
markiert den Beginn der Radikalisierung<br />
der Studentenbewegung, mit anschließendem<br />
Terror durch die RAF. Kurras<br />
ist Agent des Ministeriums für Staatssicherheit<br />
(MfS). Sein „Macher“ hockt in<br />
der (Ost-)Berliner MfS-Verwaltung am<br />
Prenzlauer Berg. Er ist Generalmajor, ein<br />
gewichtiger dazu. Er heißt Hans Fruck<br />
und läßt daneben Günter Guillaume als<br />
Perspektiv-Agenten in den Westen übersiedeln.<br />
Guillaume: „Kundschafter des Friedens“<br />
Sowjetisches Sieges-Poster:<br />
Ernst Thälmann verraten<br />
6<br />
Kurras: Sicherheitsrisiko in Ost wie in West<br />
Schnitt.<br />
Im Dezember 1967, nach weiteren<br />
sechs Monaten, übergibt in Ost-Berlin der<br />
stellvertretende Volkspolizei-Präsident<br />
seinem Nachfolger die Schlüssel zu einem<br />
Panzerschrank. Ein Mikrofilm wird<br />
entdeckt, einer mit ungeheurer Brisanz.<br />
Der Fund enthüllt – nach 35 Jahren – endlich<br />
die wahren Umstände der Verhaftung<br />
Ernst Thälmanns durch die Gestapo. Das<br />
geheime Thälmann-Dossier entzieht der<br />
MfS-Generalmajor Bruno Beater der offiziellen<br />
Geschichtsschreibung der DDR.<br />
Zu peinlich sind der SED die Hintergründe.<br />
Schnitt.<br />
Karl-Heinz Kurras steht vor Gericht. Er<br />
wird zwei Mal freigesprochen – aus Mangel<br />
an Beweisen. Doch jene Beweise, die<br />
Kurras belasten, werden von der West-<br />
Berliner Justiz heimlich entsorgt, Zeugenaussagen<br />
unterschlagen, eine Kurras<br />
entlarvende Tonaufnahme des Süddeutschen<br />
Rundfunks „aus Zeitmangel“ nicht<br />
zugelassen. Ein Skandal noch heute, der<br />
allerdings erklärbar ist: Der West-Berliner<br />
Justiz- und Polizeiapparat wird von<br />
Alt-Nazis beherrscht. Ihr Credo – wie zu<br />
braunen Zeiten: alles was „rot“ sei, gehöre<br />
„aufgehängt“.<br />
West-Berlin – ein brauner Sumpf<br />
Es ist Kalter Krieg. Und eben dieser<br />
Kalte Krieg schürt den Haß auf „Ulbricht<br />
und Konsorten“. Notwendigerweise entwickelt<br />
sich die Frontstadt West-Berlin zu<br />
einem antibolschewistischen Bollwerk,<br />
mit finsteren NS-Gesellen in den Schützengräben:<br />
Zum Leiter der Strafrechtsabteilung des<br />
Justizsenators avanciert Carl Creifelds.<br />
Während des Dritten Reiches wirkt er im<br />
Reichsjustizministerium an der „Reform“<br />
des Strafrechts mit. So werden die Fließband-Todesurteile<br />
des NS-Volksgerichts-
COURIER<br />
Giering: koordinierte die Thälmann-Fahndung Beater: unterschlug das Thälmann-Dossier Fruck: warb Kurras als Agenten an<br />
hofes „legalisiert“. Oder Heinz Günter<br />
Lell. Statt eines Staatsanwalts beim<br />
Volksgerichtshof gibt er nun den Oberstaatsanwalt<br />
in West-Berlin. Besonders<br />
braun geht es bei den West-Berliner Schupos<br />
zu. Jeder ist willkommen, der einstmals<br />
bei der Gestapo Kommunisten gejagt<br />
hat und seinen Chef Reinhard Heydrich<br />
zu einen nachahmenswertem Vorbild<br />
verklärt: Der SS-Sturmbannführer Johannes<br />
Altmann wird Kommissar der Politischen<br />
Polizei in West-Berlin, auch<br />
Martin Burkhardt, Konrad Heussner Regierungsoberinspektor,<br />
Willi Remer Polizeioberinspektor<br />
und so weiter und so<br />
weiter. Und Karl-Heinz Kurras? Er suggeriert,<br />
er sei einer von ihnen, er tarnt sich<br />
als paranoider Kommunisten-Hasser.<br />
In dieser braun-gefärbten Atmosphäre<br />
muß sich Karl-Heinz Kurras nicht fürchten.<br />
Im Gegenteil. Hätte Kurras neben<br />
Benno Ohnsorg einen weiteren „linksradikalen“<br />
Studikus niedergestreckt – der<br />
nationalsozialistische Sumpf in West-<br />
Berlin hätte aus Kurras einen noch größeren<br />
Helden gemacht. Hauptsache, Ulbrichts<br />
„5. Kolonne“ ende „in Auschwitz“,<br />
einer der Gründe, weshalb die<br />
ebenso NS-durchsetzte Gewerkschaft der<br />
Polizei dem Kurras-Advokaten Gerd Joachim<br />
Roos ohne Murren dessen Kostennoten<br />
in Höhe von 60.000 DM überweist<br />
– bis auf den Pfennig exakt jener Betrag,<br />
den auch der Rechtsanwalt Kurt Rosenfeld<br />
für Thälmanns Verteidigung erhalten<br />
soll. Doch der Advokat zieht die Flucht<br />
nach Frankreich vor. Ein Prozeß gegen<br />
Thälmann ist vom NS-Regime ohnehin<br />
nicht eingeplant.<br />
Kurras und Thälmann dienen demselben<br />
System. Thälmann dem Terroristen<br />
Stalin, Kurras dem DDR-Terrorinstrument<br />
Staatssicherheit. Und auch diese Parallele<br />
ist augenfällig: Erst nach Jahrzehnten<br />
kann die Festnahme Thälmanns re-<br />
Hanseatische Honoratioren (1936 vor dem Hamburger Michel): alles was „rot“ sei, gehöre „aufgehhängt“<br />
7
COURIER<br />
SS-Mann Otto: Freispruch auf Freispruch<br />
konstruiert werden, erst nach Jahrzehnten<br />
wird die nachrichtendienstliche Vita von<br />
Kurras aufgedeckt.<br />
Thälmann wird verbrannt<br />
Deutsche Stammtische bejubeln ihren<br />
neuen Führer. Seit dem 30. Januar 1933 ist<br />
Hitler an der Macht, während Ernst<br />
Thälmann in Berlin untertauchen muß.<br />
Der SS-Sturmbannführer Karl Giering<br />
von der Gestapo koordiniert die Fahndung<br />
nach dem KPD-Vorsitzenden. Er<br />
verfügt über genügend Spitzel, vor allem<br />
in der KPD. Er ist sich sicher: Thälmann<br />
werde alsbald zur Vernehmung vor ihm<br />
hocken. Genau das geschieht. Der Kommunist<br />
Hermann Hilligens denunziert<br />
Thälmann: dieser halte sich bei der Familie<br />
Kluczynski in der Lützower Straße 9 in<br />
Charlottenburg versteckt. Karl Giering<br />
triumphiert: Am Freitag, 3. März 1933,<br />
gegen 15.30 Uhr, läßt er Thälmann verhaften.<br />
Der Verräter Hilligens erhält sein<br />
Preisgeld – lächerliche 25 Reichsmark.<br />
Ein Judas-Lohn mutiert zum Taschengeld.<br />
19. August 1944, Bautzen, Flügel I,<br />
zweiter Stock, Zelle 11: Ernst Thälmann,<br />
ein durchaus tapferer, ein anständiger<br />
Mann, der unter nichts mehr als unter seinen<br />
O-Beinen leidet, wird nachts aus dem<br />
Schlaf gerissen, in einen schwarzen Mercedes<br />
gestoßen. Die protzige Limousine<br />
verschwindet im Nebel. Im Morgengrauen<br />
stoppt der Fahrer vor dem KZ Buchenwald.<br />
Gestapo-Angehörige drängen<br />
Thälmann aus dem Wagen, führen ihn in<br />
den Keller zum Krematorium. SS-Männer<br />
stürmen hinterher. Drei Schüsse fallen,<br />
dann ein vierter. Die Lichter im Krematorium<br />
brennen noch eine halbe Stunde.<br />
Thälmanns Leiche wird eingeäschert.<br />
Schließlich kehren die Mörder in die<br />
Reichshauptstadt zurück. Stolz melden<br />
sie Heinrich Himmler Vollzug.<br />
Schnitt.<br />
Die Bonner Justiz ahndet NS-Verbrechen<br />
halbherzig, vom spektakulären Auschwitz-Prozeß<br />
einmal abgesehen. Der<br />
Fall Thälmann zählt zu den beschämenden<br />
Beispielen, denn gegen Wolfgang<br />
Otto wird lediglich als „Mitwisser“ ermittelt,<br />
obwohl er als SS-Oberscharführer<br />
die rechte Hand des Buchenwalder Kommandanten<br />
Hermann Pister ist und ihm<br />
das Todesdrama Thälmann nicht verborgen<br />
geblieben sein kann.<br />
Otto ist Lehrer. Er bereitet in Geldern,<br />
nahe der deutsch-holländischen Grenze,<br />
Schüler auf das Abitur vor. Gegen Otto<br />
laufen mehrere Ermittlungsverfahren.<br />
Doch der Schulleiter, die Eltern, der<br />
Bürgermeister – sie alle stellen Wolfgang<br />
Otto brave Leumundszeugnisse aus. Die<br />
Bonner Republik ist halt noch braun.<br />
Die Verfahren gegen Otto werden immer<br />
wieder eingestellt, sogar die Staatsanwaltschaft<br />
bescheinigt dem Angeklagten,<br />
ein Prozeß würde für ihn eine „unzumutbarer<br />
Belastung“ werden. Und als Otto<br />
dennoch vor seinen Richtern steht, erfährt<br />
er einen perfekten Freispruch: der<br />
Nachweis, Otto hätte bei der heimtückischen<br />
Ermordung des KPD-Führers<br />
„selbst Hand angelegt“, sei nicht zu<br />
führen.<br />
Heydrich: ein Treppenwitz<br />
Ein Treppenwitz: Auf der einen Seite<br />
wird Kurras, der Wanderer zwischen zwei<br />
Welten, freigesprochen, auf der anderen<br />
ebenso der an der Hinrichtung Thälmanns<br />
involvierte Wolfgang Otto.<br />
Deutsche Geschichte absurd: Überreste<br />
des Dritten Reiches haben sich in der<br />
Bundesrepublik überwiegend unverfolgt<br />
einrichten können, während sich die DDR<br />
im wiedervereinigten Deutschland stetig<br />
entschuldigen muß.<br />
Ernst Thälmann (in Plötzensee, Anfang 1944): Tod im KZ-Buchenwald<br />
8
Rudolf Karstadt und Hermann Tietz gelten als wahre Erfinder des Kaufhauses.<br />
Was aber wird aus den Hamburger Karstadt-Niederlassungen?<br />
Den Filialen in Billstedt, Eimsbüttel, Harburg und Wandsbek droht das Aus.<br />
WIE IM MILIEU<br />
ALT-BERLINER<br />
RINGVEREINE<br />
COURIER<br />
Rudolf Karstadt war eine gewaltige<br />
Persönlichkeit, so wie sein 1929<br />
in Berlin-Kreuzberg eröffnetes<br />
Warenhaus, das größte der Welt: neun<br />
Etagen, 72.000 Quadratmeter (KaDeWe:<br />
30.000 Quadratmeter), 4.000 Mitarbeiter,<br />
zwei 56 Meter hohe Türme, 3.900 Quadratmeter<br />
Dachterrasse, drei LKW-Aufzüge,<br />
eigener U-Bahn-Anschluß.<br />
Es folgte die Weltwirtschaftskrise (Rudolf<br />
Karstadt verlor sein gesamtes Vermögen),<br />
darauf das Dritte Reich (830 jüdischeAngestellte,<br />
vier Vorstandsmitglieder<br />
und 47 Geschäftsführer wurden gefeuert),<br />
bis die Umsatz-Milliarden Karstadts<br />
erneut erstrahlten – als Symbol des<br />
bundesdeutschen Wirtschaftswunders.<br />
Doch dann ging es stetig bergab. Überforderte<br />
Freizeit-Manager gaben sich im<br />
Konzern die Klinke in die Hand. Sie<br />
agierten wie in einem Basar.<br />
Karstadt schluckte Neckermann, Karstadt<br />
und Quelle fusionierten zu KarstadtQuelle.<br />
Dann kam Thomas Middelhoff.<br />
Er verscherbelte Filialen, die zu Hertie<br />
mutierten, verpaßte dem Konzern dazu<br />
den absurden Kunstnamen Arcandor.<br />
Kenner wußten: Spätestens jetzt sei das<br />
Schicksal des traditionellen Konzerns<br />
endgültig besiegelt.<br />
Größenwahn, Profitgier, Spekulationslust<br />
samt Intransparenz – Middelhoff war<br />
ein Blender, Glücksritter, Bauernfänger,<br />
Zechpreller-Zentrale Karstadt (in Essen): verkauft, was nicht niet- und nagelfest war<br />
ein Zechpreller, der mit paranoider Penetranz<br />
immer nur sich selbst predigte: Er,<br />
lediglich er, habe Karstadt „kurz vor dem<br />
Abgrund“ gerettet. Aber Middelhoff verließ<br />
Karstadt exakt so, wie er den Konzern<br />
bei seinemAmtsantritt vorgefunden hatte,<br />
aber um Millionen von Euro reicher: als<br />
Sanierungsfall.<br />
Er hatte verkauft, was nicht niet- und<br />
9<br />
nagelfest war, es verstanden, mit Firmen<br />
zu handeln, nicht aber mit Unterwäsche,<br />
Handtaschen, Sakkos oder Waschmaschinen.<br />
Madeleine Schickedanz, die Erbin,<br />
verlor drei Milliarden, warf Middelhoff<br />
mit einer Abfindung von 2,3 Millionen<br />
Euro hinaus und teilt nun das Schicksal<br />
ihrer lieben „Kollegin“ Maria-Elisabeth<br />
Schaeffler.<br />
Karstadt-Gigant (in Berlin-Kreuzberg, 1929): mit eigenem U-Bahn-Anschuß
COURIER<br />
Fünf-Sterne-Bank: Das Kapital schätzt Tafelgeschirr, denn Essen und Trinken befördert das Vertrauen<br />
Madeleine Schickedanz, 1943 im Luftschutzbunker<br />
der Nürnberger Frauenklinik<br />
zur Welt gekommen, scheut die Öffentlichkeit<br />
wie der Teufel das Weihwasser.<br />
Sie lebt zurückgezogen in St. Moritz.<br />
Sie meidet die High Society, gilt als launenhaft,<br />
überließ den Platz im Aufsichtsrat<br />
erst ihrem ersten, dann ihrem zweiten,<br />
am Ende ihrem dritten Ehemann. Doch<br />
keiner kannte sich in der Branche aus. Im<br />
Gegenteil: KarstadtQuelle blutete mehr<br />
und mehr aus.<br />
Seit dem <strong>Oktober</strong> 2008 war es mit der<br />
Herrschaft der Madeleine Schickedanz<br />
ohnehin vorbei; sie mußte einen Teil ihrer<br />
KarstadtQuelle-Aktien versilbern – ihr<br />
Erbgut an das Bankhaus Sal. Oppenheim<br />
in Köln abtreten, ein Institut, das längst in<br />
negative Schlagzeilen geraten ist.<br />
Trickreiche Privat-Bankiers<br />
Wohlsortierte Kunden erfahren einen<br />
Service gleich eines Fünf-Sterne-Restaurants.<br />
Da wird ein „Grand Cru“ entkorkt<br />
oder ein wertvoller Brunello aus dem<br />
Montalcino dekantiert. Hauseigene Trüffel,<br />
die Spezialität des Hauses Sal. Oppenheim<br />
in den 20er Jahren, sind indes<br />
Geschichte. Aber die Symbolik hat überlebt.<br />
Das Kapital schätzt Tafelgeschirr. Essen<br />
und Trinken befördern Vertrauen. Gastrosophen<br />
unter sich.<br />
Wer auf 100.000 Euro achten muß, ein<br />
sechsstellig gefülltes Sparbuch als „Vermögen“<br />
mißversteht, der scheitert bei Sal.<br />
Oppenheim bereits am finster dreinblikkenden<br />
Pförtner. Dessen zwielichtige Optik<br />
erteilt dem Mittelstand demonstratives<br />
Hausverbot.<br />
Privat-Bankiers tragen klangvolle Namen:<br />
Rothschild, Sarasin, Warburg und –<br />
Sal. Oppenheim. Mit denen läßt sich trefflichst<br />
renommieren. Wer einen individuell<br />
bedruckten Orderscheck dieser Institute<br />
weitergibt, gilt etwas in der Finanzwelt.<br />
Dazu können sie schweigen. Niemand<br />
erfährt, wer ihre Kunden sind, woher<br />
ihr Reichtum kommt. Selbst die Aufhebung<br />
des Steuergeheimnisses, der Zugriff<br />
durch das Finanzamt – kein Problem.<br />
Sal. Oppenheim dirigiert Töchter in Luxemburg<br />
und in der Schweiz. Die trickreichen<br />
Finanz-Operationen einiger Privat-Bankiers<br />
sind legendär.<br />
Mehr als 500.000 Deutsche verfügen,<br />
nach einer Untersuchung Merill Lynchs,<br />
über ein Guthaben von mindestens einer<br />
Million Euro. Die will jede Bank verwalten.<br />
Doch bei den Reichen der Reichen<br />
beißen Großbanken auf Granit. Da helfen<br />
keine Ledersessel, kein van Gogh an der<br />
Wand, keine cubanische Zigarre, kein<br />
noch so raffiniertes Pfannen- oder Topfgericht,<br />
keine noch so kreative Edel-<br />
Prostituierte.<br />
Karstadt-Alltag heute: jetzt wird gebettelt<br />
Bei den Vermögenden hat selbst die<br />
Deutsche Bank das Image einer philiströsen<br />
Provinz-Sparkasse. Reiche legen<br />
Wert auf charismatische Persönlichkeiten.<br />
Häufig wechselnde Mitarbeiter mag<br />
der Geldadel nicht, einer der Gründe, daß<br />
die von Fluktuationen betroffenen Globalbanken<br />
gegenüber den privaten Instituten<br />
hoffnungslos unterlegen sind. Wer<br />
sein über Generationen aufgebautes Vermögen<br />
von einer seit Generationen bestehenden<br />
Familien-Bank verwalten läßt,<br />
legt halt dauerhaften Wert auf Tradition.<br />
Ganz gleich, ob dem Kunden Steuersorgen<br />
plagen, er eine Immobilie benötigt,<br />
einen Nachfolger für sein Unternehmen<br />
sucht, eine fiskalisch mindernde Stiftung<br />
auf den Weg bringen will – ein intimes<br />
„Family Office“ schreitet zur Tat. Intern<br />
werden solche Dienstleistungen wie im<br />
10
COURIER<br />
Thomas Middelhoff:<br />
„Vererber“ und „Stifter“<br />
Milieu Alt-Berliner Ringvereine interpretiert:<br />
als „Vererben“ und „Stiften“. Solche<br />
Dienstleistungen werden die Milliardärin<br />
Madeleine Schickedanz zu Sal. Oppenheim<br />
getrieben haben.<br />
Goldgräber<br />
Sal. Oppenheim brachte es zu einem<br />
weltweiten Player – mit Hilfe des Kölner<br />
Klüngels. Am 23. April 1998 schreckte<br />
das Institut die Konkurrenz auf: „Lothar<br />
Ruschmeier ... tritt in die Geschäftsleitung<br />
der Oppenheim-Esch Holding ein.“<br />
Nach dem Landesbeamten-Gesetz hätte<br />
dieser anrüchige Job-Deal gar nicht stattfinden<br />
dürfen. Kein Staatsanwalt leitete<br />
freilich ein Ermittlungsverfahren gegen<br />
Ruschmeier ein, der zuvor die öffentlichen<br />
Bauten Kölns kontrollierte und Josef<br />
Esch von Sal. Oppenheim Aufträge frei<br />
Haus zulieferte. Sal. Oppenheim steht für:<br />
man kennt sich, man verabredet sich, man<br />
handelt.<br />
Die unglaubliche Ruschmeier-Personalie<br />
enthüllte das erste Mal, daß überhaupt<br />
eine Immobilien-Holding Oppenheim-<br />
Esch existierte, die zusammen mit einem<br />
gelernten Maurerpolier etabliert wurde –<br />
mit Josef Esch als Kapitän.<br />
Kölner Ex-Bürgermeister Schramma, Esch:<br />
Genie und Testaments-Vollstrecker<br />
Middelhoff-Konzept:<br />
rein, raus – wieder raus, wieder rein<br />
im Hintergrund, hätte ein Thomas Middelhoff<br />
niemals Karstadt-Chef werden<br />
können.<br />
Die Esch-Praxis ist bewährt: Oppenheim-Esch-Fonds<br />
finanzieren Projekte<br />
vor, Bürgermeister garantieren die horrenden<br />
Mieten, die bis in die nächste Generation<br />
hinein zu zahlen sind. Im Fall der<br />
Madleine Schickedanz:<br />
Erbe futsch und Intensiv-Station<br />
Köln-Arena und des Rathauses muß die<br />
Stadt über 400 Millionen berappen, obwohl<br />
Köln bei einer Eigenfinanzierung<br />
mit Hilfe billiger Kommunalkredite<br />
wesentlich günstiger gefahren wäre.<br />
Middelhoffs Rolle ist pikant: Er hatte<br />
Karstadt-Immobilien verkauft, um dem<br />
Konzern Liquidität zu beschaffen. Käufer,<br />
neben einer Heuschrecke namens<br />
Highstreet – ein Oppenheim-Esch-Immobilienfonds.<br />
In eben diesen investierte<br />
Middelhoff privat. Zugespitzt heißt das:<br />
Während die abenteuerlich hohen Mieten<br />
Karstadt in den Konkurs rauschen ließen,<br />
füllte sich das Bankkonto Middelhoffs bei<br />
Sal. Oppenheim dank der Karstadt-Zinsen.<br />
Damit nicht genug. Die Finanzhai-<br />
Szene rieb sich eines neidischen Tages erneut<br />
dieAugen.<br />
In London wurde eine weitere Heuschrecke<br />
ausgerufen – „Berger Lahnstein<br />
Middelhoff & Partners“. Inhaber: Klar,<br />
Middelhoff höchstselbst, aber auch die<br />
Unternehmensberater Roland Berger wie<br />
Florian Lahnstein, Sohn des früheren<br />
SPD-Bundesfinanzministers Manfred<br />
Lahnstein.<br />
Eine bemerkenswerte Finanz-Operette.<br />
Ein DDR-Spion wird Millionär<br />
Die Karriere des Lothar Ruschmeier,<br />
eine der anrüchigsten Filzfiguren im<br />
Sumpf der Berliner Republik, begann im<br />
Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn. Im wohlhabenden<br />
Städtchen Troisdorf.<br />
Die Genossen wickelten konspirative<br />
Geschäfte nach Art eines Alexander<br />
Schalck-Golodkowski ab, mit dem Ehedem-Vertrauten<br />
Herbert Wehners und<br />
DDR-Spion Karl Wienand als führende<br />
Finanzkraft, der als Müllmakler Millionen<br />
anhäufte. Im Fahrwasser Wienands<br />
glückte die Karriere eines weiteren Genossen:<br />
die des Josef Esch, ein Genie<br />
Steuer sparender Geldanlagen, Testamentsvollstrecker<br />
der Madeleine Schikkedanz<br />
und, wichtiger noch – ohne Esch<br />
Karstadt in Auflösung: eine bemerkenzwerte Finanz-Operette<br />
11
COURIER<br />
(Änderungen vorbehalten)<br />
6. bis 12. Juli<br />
Pizza „Broccoli“<br />
mit Zwiebelringen und Broccoli<br />
Muschelnudeln vegetarisch<br />
mit Kaisergemüse<br />
in Tomaten-Sahnesauce<br />
Hacksteak<br />
mit Spinat-Rahmsauce,<br />
Kroketten<br />
Chili con carne<br />
Mit Reis und Crème fraîche<br />
Kabeljau-Filet<br />
Koriander-Curry-Rahmsauce,<br />
Reis, Salat<br />
13. bis 19. Juli<br />
Pizza „Carfioci“<br />
mit Artischocken, Salami<br />
und Käse<br />
Penne-Nudeln<br />
mit Schinken und Erbsen<br />
in Rahmsauce<br />
Hähnchenbrust<br />
mit Spinat in Rahmsauce,Reis<br />
Zwei Frikadellen<br />
Porree-Rahmsauce,<br />
Pommes frites<br />
Zander-Filet<br />
Porree-Apfel-Rahmsauce,<br />
Salzkartoffeln, Salat<br />
20. bis 26. Juli<br />
Pizza „Tonno“<br />
Mit Thunfisch und<br />
roten Zwiebeln<br />
Muschelnudeln<br />
Mit Spinat in Rahmsauce<br />
Kartoffel-Hack-Auflauf<br />
mit Porree und Möhren,<br />
mit Käse überbacken<br />
€ 4,90<br />
€ 5,00<br />
€ 6,00<br />
€ 6,50<br />
€ 6,80<br />
€ 4,90<br />
€ 5,50<br />
€ 5,90<br />
€ 6,00<br />
€ 6,80<br />
€ 4,50<br />
€ 5,50<br />
€ 6,00<br />
DAS KAFFEEGEDECK<br />
1 Stück Himbeerkuchen<br />
und 1 Becher-Kaffee ...... € 3,50<br />
MITTAGSTISCH<br />
GÜLTIG TÄGLICH BIS 17.00 UHR<br />
Rinder-Gulasch<br />
mit Paprika, dazu Spätzle<br />
Rotbarsch-Filet<br />
Zucchini-Walnuss-Rahmsauce,<br />
Salzkartoffeln, Salat<br />
27. Juli bis 2. August<br />
Pizza „Bolognese“<br />
belegt mit Rinderhack und<br />
Paprikastreifen<br />
Hähnchen-Brust<br />
mit Muschelnudeln<br />
in Tomatensauce<br />
Putensteak<br />
Estragon-Rahmsauce,<br />
Rösti-Ecken, Salat<br />
Hähnchen Cordon bleu<br />
mit Sauce Hollandaise,<br />
Potato Wedges<br />
Schollen-Filets<br />
Curry-Mandel-Dill-Rahmsauce,<br />
Reis, Salat<br />
€ 6,70<br />
€ 6,80<br />
€ 4,50<br />
€ 5,90<br />
€ 6,70<br />
€ 7,00<br />
€ 6,80<br />
Matjes-Saison<br />
Matjes „Hausfrauen-Art“<br />
Apfel-Sahnesauce,<br />
Bratkartoffeln ............... € 6,90<br />
Matjes<br />
mit gebratenen Speckbohnen,<br />
Bratkartoffeln ............... € 7,50<br />
Matjes<br />
auf gebuttertem Schwarzbrot,<br />
Zwiebelringe,<br />
Sahne-Meerrettich, Salat ....... € 5,90<br />
SÄMTLICHE GERICHTE<br />
AUCH GUT VERPACKT<br />
<strong>ZUM</strong> <strong>MITNEHMEN</strong>!<br />
Fuhlsbüttler Straße 113<br />
22305 Hamburg <strong>Barmbek</strong><br />
Telefon 040 / 69 79 50 12<br />
Täglich geöffnet<br />
von 8.00 Uhr morgens bis 4.00 Uhr früh<br />
Vor Sonn- und Feiertagen durchgehend<br />
Osterstraße 173<br />
20255 Hamburg Eimsbüttel<br />
Telefon 040 / 23 93 99 55<br />
Täglich geöffnet<br />
von 8.00 Uhr morgens bis 4.00 Uhr früh<br />
Heubergredder 38<br />
22297 Hamburg Alsterdorf<br />
Telefon 040 / 51 62 46<br />
Täglich geöffnet<br />
von 8.00 Uhr morgens bis 4.00 Uhr früh<br />
www.restaurant-bigeasy.de<br />
<br />
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<br />
<br />
<br />
<br />
€<br />
(ohne Getränke)<br />
Außer in Alsterdorf. Siehe S. 18<br />
12
DIE<br />
GÜLTIG TÄGLICH<br />
BIS 17.00 UHR<br />
COURIER<br />
MITTAGSKARTE<br />
(Änderungen vorbehalten)<br />
6. bis 12. Juli<br />
Pizza „Italia“<br />
Salami, Tomaten, Mozzarella. ... € 4,90<br />
Gnocchi-Gratin<br />
Gnocchi mit Spinat in<br />
Gorgonzola-Sauce,<br />
mit Käse überbacken .......... € 6,30<br />
Nackensteak<br />
mit Champignons, Zwiebeln,<br />
Bratkartoffeln. ............... € 7,00<br />
Rindergeschnetzeltes<br />
mit Paprika in Rahm, Kroketten . € 7,50<br />
Lachs-Steak<br />
Meerrettich-Sauce,<br />
Salzkartoffeln, Salat .......... € 6,50<br />
13. bis 19. Juli<br />
Pizza „Salmone“<br />
mit Räucherlachs und Broccoli . . € 4,90<br />
Chicken-Spinach<br />
in Curry-Tomatensauce, mit Reis € 6,50<br />
Auberginengemüse<br />
mit Maccheroni in Tomatensauce,<br />
mit Käse überbacken .......... € 6,00<br />
Rinderhacksteak (180 g)<br />
auf Schnittlauch in Rahm mit<br />
Bratkartoffeln. ............... € 7,20<br />
Zander-Filet<br />
auf Dillsauce, Reis, Salat ....... € 7,00<br />
20. bis 26. Juli<br />
Pizza „Picante“<br />
Rinderhack, Mais,<br />
Kidney-Bohnen .............. € 4,90<br />
Tortellini<br />
in Käse-Sahnesauce<br />
mit buntem Gemüse ........... € 5,80<br />
Gyros-Pfanne<br />
von Geflügelfleisch, Tzaziki,<br />
Pommes frites ............... € 6,50<br />
DAS KAFFEEGEDECK<br />
1 Stück Tiramisu-Schnitte<br />
und 1 Becher-Kaffee ...... € 3,50<br />
Saftige Schweinerückensteaks<br />
auf Pfeffersauce, mit<br />
grünen Bohnen und Kroketten. . . € 7,50<br />
Seelachs-Filet, paniert<br />
Pommes Frites, Remoulade,<br />
Zitronenecke, Salat ........... € 6,90<br />
27. Juli bis 2. August<br />
Pizza „Capri“<br />
Meeresfrüchte, Spinat,<br />
Knoblauch .................. € 4,90<br />
Penne-Nudeln<br />
mit buntem Gemüse<br />
in Gorgonzola-Sauce .......... € 6,00<br />
Hühner-Frikassee<br />
mit Champignons, Spargel,<br />
Erbsen, Reis ................. € 6,90<br />
Blumenkohl-Kartoffel-Auflauf<br />
mit Rinderhack in Rahm,<br />
mit Käse überbacken .......... € 6,50<br />
Fischfilet<br />
auf Dill-Senfsauce<br />
mit Salzkartoffeln und Salat. .... € 7,00<br />
Matjes-Saison<br />
Matjes „Hausfrauen-Art“<br />
Apfel-Sahnesauce,<br />
Bratkartoffeln ............... € 6,90<br />
Matjes<br />
mit gebratenen Speckbohnen,<br />
Bratkartoffeln ............... € 7,50<br />
Matjes<br />
auf gebuttertem Schwarzbrot,<br />
Zwiebelringe,<br />
Sahne-Meerrettich, Salat ....... € 5,90<br />
SÄMTLICHE GERICHTE<br />
AUCH GUT VERPACKT<br />
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Verschiedene Sorten Antipasti<br />
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Warme Gerichte<br />
Suppen zur Auswahl,<br />
Pasta mit Fleisch oder Gemüse<br />
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(OHNE GETRÄNKE)<br />
13
COURIER<br />
Was geschieht, wenn Geld auf Geld trifft?<br />
DANN GIBT’S BLUTERGÜSSE<br />
Krise? Kurzarbeit? Von wegen. „Wir suchen händeringend Drucker...“<br />
Theoretisch zahlt jeder Bundesbürger<br />
– Tag für Tag – um die 13.000<br />
Euro Zinsen an die Banken, eine<br />
„Gebühr“ dafür, daß er mit Euro zahlen<br />
darf. Täte er das nicht, wären die Institute<br />
überflüssig.<br />
Geld ähnelt dem Blutkreislauf. Es<br />
transportiert Leistungen. Doch was geschieht,<br />
wenn den Adern weniger Euro<br />
zufließen? Dann hängen sie am Tropf,<br />
dann muß der Mangel augenblicklich<br />
ausgeglichen und Geld gepumpt werden.<br />
Wer Geld hat, läßt es für sich arbeiten,<br />
ohne selbst arbeiten zu müssen. In Krisenzeiten<br />
produziert dieser alte Hut indes<br />
Blutergüsse. Um diesen Druckabfall abzufedern,<br />
schieben Pfandleiher frisches<br />
Geld in den Kreislauf. Nun türmen sich<br />
riesige Zinseinnahmen auf. Die Blutergüsse<br />
mehren sich.<br />
Blutergüsse, erzeugt von Banken und<br />
Börsen, initiieren eine gefährliche Eigendynamik<br />
– die fetten Zinsgewinne werden<br />
als zusätzliche Kredite weitergereicht.<br />
Fazit: je höher Schuldtürme wachsen,<br />
desto vermögender das Vermögen Vermögender.<br />
DieArmut nimmt zu.<br />
Solch ein Szenario kann für Zins-Barone<br />
böse Folgen haben, denn plötzlich<br />
finden sie immer weniger „Kunden“, die<br />
ihre Schulden samt Zinsen zurückzahlen<br />
können. Der Geldfluß gerät ins Stokken,das<br />
Wirtschaftssystem wird instabil.<br />
Folge: Einzelne Zellen – sprich: Unternehmen<br />
– können aus Geldmangel keine<br />
Gehälter mehr zahlen. Mitarbeiter<br />
werden entlassen.<br />
Die Verantwortung für die abgestorbenen<br />
Zellen, also für das Heer der Arbeitslosen,<br />
übernehmen noch lebende Zellen.<br />
Die geben ihnen zu essen und zu trinken,<br />
da das hübsche Gesamtsystem sonst mit<br />
einem Kreislaufkollaps zusammenbricht.<br />
Die Kaufkraft schwindet. Hunger und<br />
Durst aber lassen sich nur über weitere<br />
Kredite stillen und – höheren Zinsen, versteht<br />
sich.<br />
De facto hat gehortetes Geld jetzt keinen<br />
Wert mehr. Es „wandert“ aus: hin zu<br />
Rohstoffen, hin zum Öl, hin zu den<br />
Lebensmitteln. Hier trifft Geld auf Geld.<br />
Es kommt zu einem Zins-Orgasmus, zur<br />
Preis-Explosion, zur Inflation.<br />
Nicht die Existenz des Zinses ist das<br />
Problem, sondern das jener Gutsherren,<br />
die – wann immer sie wollen – dem Kreislauf<br />
beliebig Geld entziehen.<br />
Nun wissen Sie, warum wir Bundesbürger<br />
die Last der Milliarden-Verluste tragen<br />
müssen.Aber, wissen Sie auch das:<br />
Sollte eine Krankenkasse einmal pleite<br />
gehen, sollen weder der Bund noch die<br />
Länder zur Kasse gebeten werden. Wer<br />
dann? Wir, die Beitragszahler.<br />
DIE<br />
OK<br />
T<br />
TOBE R<br />
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COURIER<br />
Kaiser Wilhelm II. träumte.<br />
Sein Deutsches Reich sollte Großmacht werden.<br />
HIER EIN KREUZER,<br />
DA EIN SCHLACHTSCHIFF<br />
Erinnerungen an eine Zeit des Weltmacht-Wahns: reichsweite Begeisterung<br />
Im Juni 1900 kommen in Hamburg Delegierte<br />
des Deutschen Flottenvereins<br />
zusammen. Sie fordern eine schlagkräftige<br />
deutsche Kriegsmarine, mehr<br />
Kreuzer, mehr Schlachtschiffe. Der Flottenverein<br />
tritt für eine aggressive Weltmachtpolitik<br />
ein. Der Verein träumt, wie<br />
der flottenvernarrte deutsche Kaiser Wilhelm<br />
II. und sein Kanzler Bernhard Fürst<br />
von Bülow, von Feuerkraft, von nationaler<br />
Größe, von militärischer Stärke und<br />
von wirtschaftlichem Wohlstand.<br />
Das Deutsche Reich wollte der Seemacht<br />
Großbritannien das Fürchten beibringen,<br />
die Großmachtstellung in Europa<br />
samt politischer Weltgeltung zementieren.<br />
Vor allem Großadmiral Alfred von<br />
Tirpitz trieb seit der Jahrhundertwende<br />
den Bau von Großkampfschiffen der<br />
Hochseeflotte voran. Unter seiner Leitung<br />
wurde die deutsche Marine nach der<br />
britischen zur zweitgrößten der Welt.<br />
Mit Büchern und der Zeitschrift „Die<br />
Flotte“, mit Vortragsabenden und theatralischen<br />
Feierlichkeiten warb der Flottenverein<br />
um neue Mitglieder. Bildpostkarten<br />
mit Kriegsschiff-Motiven mutierten<br />
zu Massenartikeln. Sie sollten die Öffentlichkeit<br />
für die Flottenpolitik begeistern<br />
und die wachsende Schlagkraft der<br />
deutschen Marine verdeutlichen. Im Jahr<br />
seiner Gründung (1898) zählte der Flottenverein<br />
bereits 78 000 Mitglieder, bis<br />
1914 wuchsen sie auf 1,1 Millionen an.<br />
Die Unterstützer des Flottenvereins entstammten<br />
überwiegend dem Bildungsund<br />
Besitzbürgertum, in den Führungsgremien<br />
waren zuvörderst Adlige vertreten.<br />
Die Begeisterung des Kaisers für<br />
die Kriegsmarine war für viele Deutsche<br />
Anreiz genug, dem Flottenverein beizutreten,<br />
sichtbares Zeichen der Begeisterung<br />
die allgegenwärtige Matrosenkleidung<br />
für Kinder. Die breite Masse der<br />
Arbeiterinnen und Arbeiter konnte der<br />
Flottenverein zwar nicht erreichen, doch<br />
trugen auch deren Kinder diese um die<br />
Jahrhundertwende aufkommende Mode.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der<br />
Flottenverein 1919 in „Deutscher Seeverein“<br />
umbenannt. Die Nationalsozialisten<br />
lösten ihn dann 1934 auf.<br />
Seiner Majestät Kreuzer: als Postkarte allgegenwärtig<br />
15
COURIER<br />
Ein zu Unrecht verschrienes Gemüse: der Kohl.<br />
Doch jetzt stehen Kohl-Gläubige wieder Schlange.<br />
DIE GESCHICHTE<br />
VOM KOHL-DAMPF<br />
Türkisches Kohl-Feld „Ye þil Lahana“: rücksichtslos kalorienarm, fanatisch nährstoffreich<br />
Knapp 148 Millionen Russen können<br />
nicht irren. Sie lieben Kohl.<br />
Nur weil Kohl billig und ausgesprochengesundist?<br />
Bereits die Steinzeit-Menschen verspeisten<br />
Kohl. Selbst die Römer waren<br />
verrückt nach ihm. Sie züchteten ihren<br />
„Caput“, von dem der rheinische „Kappes“<br />
seinen Namen hat, im großen Stil.<br />
Die eroberungswütigen Ur-Lateiner organisierten<br />
die Verbreitung des Kohls. Die<br />
Legionen schleppten nicht nur ihre<br />
Schwerter mit, sondern ihr Grundnahrungsmittel:fuderweiseKohl.<br />
Erstaunlich ist die Vielfalt: Blumenkohl,Weißkohl,<br />
Rosenkohl, Rotkohl, Chinakohl,<br />
Brokkoli, Grünkohl, Spitzkohl,<br />
Wirsing,Kohlrabi.<br />
Kohl ist extrem haltbar, rücksichtslos<br />
kalorienarm, fanatisch nährstoffreich.<br />
Roh oder als Sauerkraut – Kohl explodiert<br />
zur reinsten Vitamin-Bombe. Folsäure,<br />
Phosphor, Kalzium, die Vitamine C und K<br />
– derart Kraftstrotzenderes hat Mutter NaturnichtoftimProgramm.<br />
Trotzdem: Kohl ist kein kulinarisches<br />
Idol, sondern ein höchst anrüchiges Gemüse.<br />
Das Problem beginnt beim Kochen,<br />
denn durch seinen durchschlagenden Gehalt<br />
an Senfölen dünstet die Küche zum<br />
Gotterbarmen. Gegarter Kohl kann sogar<br />
ein ganzes Mietshaus in Rage versetzen.<br />
Doch es gibt kleine Tricks. Großmütter<br />
haben sie in alten Kochbüchern hinterlassen.<br />
Das Mitkochen von Brotrinden oder<br />
Walnüssen mindert den üblen Geruch,<br />
auch die Beigabe von Kümmel oder<br />
FenchellindertdieroheGasentwicklung.<br />
16<br />
Grünkohl mit Pinkel kann einsam machen,<br />
denn frisch Verliebte oder passionierte<br />
Verführer sollten Kohl meiden, da<br />
Kohl-Geruch jede Liebesnacht ad absurdum<br />
führen kann. Ansonsten muß Kohl<br />
selbst für sprachliche Mißverständnisse<br />
geradestehen: Wirft jemand jemanden<br />
vor, er rede „Kappes“, dann meint er eigentlich„verkohlen“.<br />
Obwohl die Deutschen – jenseits des<br />
Ärmelkanals wie des großen Teiches – als<br />
„Krauts“ verschrieen sind, hat sich Michail<br />
Gorbatschow dennoch mit Helmut<br />
Kohl verbrüdert. Wohl auch deshalb, weil<br />
sich aus Kohl kaum etwas Grandioseres<br />
zaubern läßt als eine umwerfend-leckere<br />
Borschtsch-Suppe. Und nicht zu vergessen:<br />
das „Irish-Stew“, das portugisiesche<br />
„Caldio“...
COURIER<br />
Vor 30 Jahren starb John Wayne.<br />
EIN ECHTER<br />
AMERIKANER<br />
Aufrichtigkeit, Männlichkeit und<br />
penetranter Patriotismus waren<br />
im Film wie im Leben die Ideale,<br />
für die das Western-Idol gerade stand.<br />
Schließlich sein Tod am 12. Juni 1979 –<br />
eine gigantische Hollywood-Inszenierung.<br />
Als er auf dem Sterbebett lag, erschienen<br />
die ersten Sonderausgaben der<br />
Boulevardblätter, dann startet ein FernsehsenderdieersteRetrospektive.<br />
Ronald Reagan, späterer Präsident der<br />
USA und glückloser Mime, schwärmte<br />
von seinem Vorbild: „Niemand vertritt die<br />
Werte unseres Landes so wie er.“ Und<br />
auch der Präsident Jimmy Carter eilte ans<br />
Sterbebett. Wayne beichtete seine Sünden<br />
und läßt sich taufen. Dann stirbt er wie ein<br />
echter Amerikaner. Was ihn von vielen<br />
Helden Hollywoods abhebt: Er war Prototyp,keinIndustrieprodukt.<br />
Hohe Schauspielkunst war allerdings<br />
auch gar nicht gefordert. Der 1,92 Meter<br />
große Hüne verkörperte genau das, was<br />
man sich unter einem Westernhelden vorstellte:<br />
„Für mein Gefühl waren viele Western-Stars<br />
vor mir zu perfekt. Ich versuchte,<br />
einen Mann zu spielen, der sich<br />
schmutzig macht, der schwitzt, aber auch<br />
gerne Mädchen küßt. Der sauber kämpft,<br />
so lange es möglich ist, aber schmutzig ist,<br />
wennes nichtandersgeht.“<br />
Schlagkräftig und bibelfest, schnell bei<br />
der Hand mit der Winchester und einer<br />
Tracht Prügel für die widerspenstige Frau,<br />
stakst er durch seine Filme, das Klischee<br />
vomSinnbildamerikanischerGröße.<br />
Nach James Dean und Humphrey Bogart<br />
hat er den Mythos Hollywood repräsentiert.<br />
Aber während Dean und Bogart<br />
Leitbilder von Generationen von Geschlagenen,<br />
Unterlegenen und Verlorenen<br />
waren, ist Wayne die Inkarnation der militanten<br />
Reaktion, ein Held, der so recht für<br />
die amerikanische Kriegs-Propaganda geschaffen<br />
war: Korea, Vietnam und der<br />
ewigeKalteKrieg.<br />
17
COURIER<br />
LESERBRIEFE<br />
merdin@cafeoktober.de<br />
Selten hat die Redaktion solch eine<br />
Kontroverse ausgelöst – wie mit dem<br />
Plädoyer für die Raucher in der Juni-<br />
Ausgabe des HH-COURIER („Das<br />
Synonym für Freiheit“). Dabei überwogen<br />
die Zuschriften der Nicht-Raucher. Zwei<br />
bemerkenswerte Stellungnahmen wollen<br />
wir unseren Gästen nicht vorenthalten.<br />
In Ihrem Artikel „Das Synonym für Freiheit“ in<br />
Ihrer kostenlosen Zeitschrift „HH-Courier“<br />
schreiben Sie, daß Raucher, im Gegensatz<br />
zum Nichtraucher, über einen weiten<br />
Horizont verfügen.<br />
Als ehemalige Raucherin verwahre ich mich<br />
aufs Schärfste gegen diese Aussage.<br />
Seitdem ich nicht mehr rauche, hat sich mein<br />
Horizont keineswegs verengt. Im Gegenteil.<br />
Nun kreisen meine Gedanken nicht mehr um<br />
den stinkenden blauen Dunst, sondern ich<br />
kann mich freier auf die schönen Dinge des<br />
Lebens konzentrieren.<br />
Übrigens bin ich keine militante Ex-<br />
Raucherin, wie man uns gerne unterstellt.<br />
Wer mich in meiner Wohnung besucht, darf<br />
dort auch rauchen. Ich meide nur Plätze, an<br />
denen sich viele Raucher aufhalten.<br />
Gilt das schon als enger Horizont?<br />
Ich wünsche allen Rauchern, daß sie nicht<br />
so elend zugrunde gehen müssen wie meine<br />
jüngste Schwester, die am Himmelfahrtstag<br />
den Kampf gegen den Lungenkrebs verlor.<br />
Ruth Kuschmann<br />
Ich habe selten einen dermaßen ignoranten<br />
und dazu noch dümmeren Artikel zu diesem<br />
Thema gelesen. Der Autor verkennt<br />
vollkommen, worum es in Wirklichkeit geht.<br />
Denn es geht überhaupt nicht um ein<br />
allgemeines Rauchverbot – es geht einzig<br />
und allein um ein Verbot, Nichtraucher zum<br />
Mitrauchen zu zwingen und in ihrer<br />
Gesundheit zu schädigen. Und deshalb sind<br />
auch all diese idiotischen Fragen („Wann<br />
untersagt der Senat ungeschützten Sex?<br />
Wann ordnet der Senat die Fett- oder<br />
Zucker-Sperre an? Wann darf im <strong>Oktober</strong><br />
nur noch vegetarisch gegessen werden?<br />
Wann verbietet die Bürgerschaft das<br />
Nasebohren? Warum fehlen Warnungen auf<br />
Whisky-Flaschen, auf Autotüren oder auf der<br />
Tiefkühlpackung?“) reine Demagogie.<br />
Denn es gibt eine ganz einfache Antwort auf<br />
all diese Fragen: im Gegensatz zum<br />
Rauchen schädigt man nur sich selbst –<br />
einzig der Raucher zwingt seine<br />
Mitmenschen zum Mitrauchen.<br />
Also noch einmal, ganz langsam zum<br />
Mitschreiben, vielleicht begreift es ja doch<br />
noch mal der eine oder andere<br />
Genußraucher: es geht nicht um<br />
Raucherschutz, sondern um den<br />
Nichtraucherschutz. Denn mir als<br />
Nichtraucher (und auch dem Gesetzgeber)<br />
ist es vollkommen schnuppe, ob ein Raucher<br />
sich zu Tode raucht. Aber ich habe sehr wohl<br />
etwas dagegen, passiv mitrauchen zu<br />
müssen.<br />
Fazit für mich: laut Ihrem Artikel haben<br />
OKTOBER und BIG EASY ein riesengroßes<br />
Herz für Raucher. Nach fünf Jahren als<br />
Stammkunde im OKTOBER <strong>Barmbek</strong> ist<br />
deshalb für mich der Zeitpunkt gekommen,<br />
mir andere Lokalitäten zu suchen, denn ich<br />
habe kein Herz für Raucher.<br />
Hans-H. Meier<br />
<br />
<br />
5.Juli<br />
JAMM SHOT<br />
12. Juli<br />
MELANGE QUARTETT<br />
19. Juli<br />
ELB JAZZ TRIO<br />
26. Juli<br />
Steht noch nicht fest<br />
2. August<br />
HOT JAZZ STOMPERS<br />
Änderungen vorbehalten<br />
5.Juli<br />
THE SWINGING<br />
ALL STARS<br />
12. Juli<br />
ELB JAZZ TRIO<br />
19. Juli<br />
COQUETTE JAZZMEN<br />
26. Juli<br />
KIRSTEN BLÖTZ<br />
2. August<br />
MELANGE QUARTETT<br />
<strong>ZUM</strong> BRUNCH<br />
VON 11.00 BIS 14.00 UHR<br />
18<br />
Wegen einer (für uns wenig<br />
nachvollziehbaren) Behörden-<br />
Anordnung dürfen wir in<br />
Alsterdorf zur Zeit keine Live-<br />
Musik machen. Wir hoffen,<br />
dass hier bald wieder Live-<br />
Töne erklingen werden.<br />
Daher kostet der Brunch hier<br />
jetzt € 6,90 statt € 8,50<br />
Ihr BIG EASY-Team.
COURIER<br />
SAISONGERICHTE IM JULI<br />
MATJES<br />
Matjes „Hausfrauen-Art“<br />
Apfel-Sahnesauce, Bratkartoffeln, Salat<br />
€ 6,90<br />
Matjes mit gebratenen Speckbohnen,<br />
dazu Bratkartoffeln € 7,50<br />
Matjes auf Schwarzbrot,<br />
dazu Zwiebelringe,<br />
Sahne-Meerrettich, Salat € 5,90<br />
MATJES<br />
Änderungen vorbehalten<br />
COFFEE TO GO<br />
IN JEDEM<br />
€ 1,60<br />
19
SAL Y MANGO<br />
LIVE<br />
EINTRITT FREI!<br />
KUBANISCHE MUSIK<br />
KUBANISCHER TANZ<br />
4. JULI BIG EASY <strong>Barmbek</strong><br />
10. JULI BIG EASY Osterstraße<br />
11. JULI OKTOBER Schanze<br />
17. JULI OKTOBER Harburg<br />
24. JULI BIG EASY Alsterdorf<br />
31. JULI OKTOBER <strong>Barmbek</strong><br />
Änderungen vorbehalten