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Heimkehr von 19 Milliarden - Griechenland-Net

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O U R I S M U S<br />

Mittwoch, 3. April 2013<br />

8<br />

T<br />

Die große Volkszählung <strong>von</strong> 2011<br />

brachte ans Licht, welche der<br />

325 „dimoi“ genannten, deutschen<br />

Landkreisen ähnlichen Verwaltungsbezirke<br />

<strong>Griechenland</strong>s am dünnsten<br />

besiedelt sind. Zwei der 25 Spitzenreiter<br />

in punkto Einsamkeit liegen auf<br />

der Peloponnes: die Demen Kalavryta<br />

und Gortynia, beide abseits der Küsten<br />

in den Bergen. Im Kreis Kalavryta,<br />

der zur Achaia mit der Hauptstadt<br />

Patras gehört, leben immerhin noch<br />

10,44 Einwohner auf dem Quadratkilometer.<br />

Der arkadische Kreis Gortynia<br />

bringt es gerade einmal auf<br />

9,62 Einw./km2. Zum Vergleich: In<br />

Deutschland drängen sich 229 Menschen<br />

auf 1x1 km, im gesamten <strong>Griechenland</strong><br />

immerhin noch 86.<br />

Von Klaus Bötig<br />

Fast überall in <strong>Griechenland</strong> leiden<br />

abgelegene Regionen seit Jahrzehnten<br />

unter der Landflucht. Daran ändern<br />

auch ein paar Rückkehrer nichts, die<br />

angesichts der Krise den Städten den<br />

Rücken kehren. Im Dimos Kalavryta<br />

schrumpfte die Bevölkerungszahl im<br />

ersten Jahrzehnt unseres Jahrtausends<br />

um 37 Prozent, im Dimos Gortynia gar<br />

um 45 Prozent. Auch Förderprogramme<br />

der EU, der Bau zahlreicher guter,<br />

traditioneller Hotels und Pensionen in<br />

etlichen Bergdörfern sowie die Attraktivität<br />

Kalavrytas als Wintersportort und<br />

des Lousios-Tals zwischen Dimitsana<br />

und dem antiken Gortys als Wandergebiet<br />

haben die Auszehrung bestenfalls<br />

ein wenig verlangsamt.<br />

Die Lockvögel: Kalavryta<br />

und das Lousios-Tal<br />

Erkundungen in den Demen Kalavryta und Dimitsana<br />

Wo die Peloponnes am einsamsten ist<br />

Die Kreisstadt Kalavryta ist kritischen<br />

Deutschen und Österreichern zumindest<br />

als Schauplatz eines der größten<br />

Wehrmachtverbrechen auf griechischem<br />

Boden bekannt. Auch die<br />

Griechen wissen natürlich darüber<br />

Bescheid. Sie kommen aber ganzjährig<br />

hauptsächlich ins 730 Meter hoch<br />

gelegene Städtchen, weil die Anreise<br />

mit der Zahnradbahn <strong>von</strong> der Küstensiedlung<br />

Diakopto her so atemberaubend<br />

schön ist, und im Winter,<br />

weil ganz in der Nähe am Chelmos<br />

auf bis über 2000 Meter Höhe eins<br />

der schneesichersten und am besten<br />

organisierten Wintersportgebiete<br />

<strong>Griechenland</strong>s liegt. An Winterwochenenden<br />

ist hier ohne Reservierung<br />

kaum ein freies Bett zu bekommen,<br />

Tavernen und Cafés sind gefüllt<br />

mit sportlichen jungen Leuten.<br />

Dimitsana ist weniger bekannt. In die<br />

Hauptstadt des Dimos Gortynia kommen<br />

vor allem im Sommer Touristen,<br />

die das immergrüne Lousios-Tal mit<br />

seinem ganzjährig rauschenden Bach<br />

und spektakulär gelegenen Klöstern<br />

auf bestens markierten Wegen durchwandern<br />

wollen. Das Hotelangebot<br />

ist hier bescheidener, die Auswahl an<br />

Tavernen geringer.<br />

Kalavryta im Februar 2013 (Fotos: GZkb)<br />

Viel Geschichte …<br />

Kreuzritter, Byzantiner, Venezianer<br />

und Osmanen haben in diesen einst<br />

schwer zugänglichen Bergregionen<br />

keine Spuren hinterlassen. Dafür war<br />

die Bergeinsamkeit ideal für christliche<br />

Mönche. Ihr asketisches Bestreben<br />

kommt auch durch die Bauweise<br />

mancher ihrer Klöster gut zum Ausdruck.<br />

Oft sind Eremitenhöhlen ihr<br />

Ursprung, wirken ihre vorgesetzten<br />

Fassaden wie an die Felswand geklebt.<br />

Das neungeschossige Mönchskloster<br />

Mega Spileo schmiegt sich so eng an<br />

eine 100 Meter senkrecht aufsteigende<br />

Wand, als wäre es mit ihm verwachsen.<br />

Historischer Kern des Konvents<br />

ist eine Felsgrotte auf Höhe der sechsten<br />

Etage, auf der auch die Klosterkirche<br />

steht. Hier fand im 8. Jahrhundert<br />

eine fromme Hirtin kaiserlichen<br />

Geblüts eine Marienikone, aus der<br />

die Gottesgebärerin zu ihr sprach.<br />

Daneben entspringt ein Quell –<br />

ganz irdische Notwendigkeit für eine<br />

Klostergründung. Noch abenteuerlicher<br />

wirkt das Kloster Agios Ioannis<br />

Prodromos hoch über dem linken<br />

Ufer des Lousios. Der langgestreckte<br />

sechsgeschossige Bau zwängt sich<br />

in einen waagerechten Felsspalt.<br />

Terrassen mit hölzernen Geländern<br />

künden vom Gottvertrauen der jetzt<br />

noch acht dort lebenden Mönche. Die<br />

Klosterkirche ist in eine Grotte hinein<br />

gebaut und stammt bereits aus<br />

dem Jahr 1167. Dem Johannes-Kloster<br />

gegenüber, etwa 30 Gehminuten<br />

entfernt, steht die Ruine des im<br />

10. Jahrhundert gegründeten Klosters<br />

Philosophou wie eingezwängt zwischen<br />

einer kleinen Felsterrasse und<br />

der nackten Felswand. Hier leben<br />

heute nur noch Eidechsen und Fledermäuse.<br />

Viel bekannter als diese drei Klöster<br />

ist freilich das Kloster Agia Lavra, das<br />

nur sieben Kilometer <strong>von</strong> Kalavryta<br />

entfernt ganz bequem erreichbar ist.<br />

Im 10. Jahrhundert gegründet, wurde<br />

es nach seiner Zerstörung durch die<br />

Wehrmacht nach dem Krieg völlig<br />

neu wieder aufgebaut. Es ist eine Art<br />

Nationalheiligtum: Hier rief Bischof<br />

Germanos <strong>von</strong> Patras am 25. März<br />

1821 die anwesenden griechischen<br />

Kämpfer zum Aufstand gegen die<br />

osmanische Fremdherrschaft auf. Der<br />

Tag ist bis heute einer der beiden<br />

griechischen Nationalfeiertage.<br />

Doch die beiden Demen haben nicht nur<br />

Klöster als historische Sehenswürdigkeiten<br />

zu bieten. Auch die Antike hinterließ<br />

ihre Spuren. Österreichische Archäologen<br />

legten am Weg <strong>von</strong> Kalavryta nach<br />

Dimitsana die Reste eines Artemis-Heiligtums<br />

und der Stadt Lousi in einem<br />

ringsum <strong>von</strong> Hochgebirge umschlossenen,<br />

fruchtbaren Tal frei. Und in Gortyna<br />

im Lousios-Tal brachten französische<br />

Archäologen nahe einer mittelalterlichen<br />

Brücke ein antikes Asklepios-Heiligtum<br />

ans Tageslicht. Dass die „Kurgäste“<br />

dort kalte Bäder im Fluss nahmen,<br />

legt schon dessen Name nahe: Lousios<br />

bedeutet „Badefluss“.<br />

►<br />

Bahnhof der Zahnradbahn in Kalavryta<br />

Der Ladonas-Stausee

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