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FOOD LABOR<br />

Wasseraktivität – die unverzichtbare Hilfe zur<br />

Kontrolle und Verbesserung der Produktqualität<br />

Die Optimierung der Produktionsprozesse aber auch Verbesserungen der Lebensmittel hinsichtlich Qualität und<br />

Haltbarkeit sind Themenschwerpunkte von Qualitätsverantwortlichen bzw. Produktionsleiter in einem Betrieb.<br />

Ein bisher wenig berücksichtigter aber dennoch sehr wichtiger Messparameter kann hier hilfreich sein: Die Wasseraktivität.<br />

Als wichtiger Qualitätsindikator für die Nahrungsmittelindustrie sollte er mindestens Bestandteil der<br />

Endkontrolle sein und gehört zwingend in ein HACCP Konzept.<br />

n einem sonnigen Montagmorgen beim<br />

A Lebensmittelproduzenten Hans Muster<br />

Food AG: Laborant Meier hat soeben den Auftrag<br />

gefasst, erneute Stabilitäts- und Haltbarkeitstests<br />

für die neuen und auch wichtigsten<br />

Produkte der Firma zu machen, schliesslich legt<br />

die Firma grossen Wert auf die Produktqualität,<br />

damit sich das Produkt dem Endkunden<br />

im Regal des Supermarktes immer einwandfrei<br />

präsentiert. Zudem sollen Erkenntnisse für<br />

die Optimierung der Produktionsprozesse und<br />

-bedingungen gewonnen werden. Leider dauern<br />

solche Tests lange und sind ebenfalls arbeitsintensiv.<br />

Natürlich gefällt dies Laborant<br />

Meier nicht, würde er in diesen Tagen doch lieber<br />

früher den Arbeitsplatz verlassen. Er denkt<br />

nach: „Es muss doch etwas geben, was in einer<br />

solchen Situation zu machen ist“.<br />

In einer ruhigen Minute geht ihm ein Licht auf:<br />

„Ja, da war doch was“! Vor Jahren meinte er<br />

in der Ausbildung etwas von einem Messparameter<br />

gehört zu haben, welcher vieles über<br />

das Risiko einer mikrobiologischen Kontamination,<br />

Wachstum von Bakterien und Infos zu chemischen<br />

und physikalischen Eigenschaften eines<br />

Produktes liefern kann. Der Messparameter existiert<br />

tatsächlich, er ist jedoch noch nicht in allen<br />

Industrien bekannt und etabliert: Es ist die<br />

„Wasseraktivität“. „Aber worum geht es hier<br />

genau?“ Laborant Meier will es nun detailliert<br />

wissen und geht der Sache nach…<br />

Was ist „Wasseraktivität“?<br />

Spricht man von Wasser in einem Produkt,<br />

so sind zwei verschiedene „Arten“ von Wasser<br />

auszumachen, freies und gebundenes, wie<br />

dies schematisch in Abb. 1 dargestellt ist.<br />

Das „gebundene“ Wasser ist, wie der Name<br />

schon sagt, chemisch an das Produkt gebunden.<br />

Dies im Unterschied zum „freien“ Wasser,<br />

welches verschiedene Effekte und Prozesse (wie<br />

z. B. Wachstum von Mikroorganismen, Oxidationen,<br />

Maillard-Reaktionen usw) in einem Produkt<br />

fördert. Die Wasseraktivität ist ein Mass<br />

für die Verfügbarkeit von „freiem“ Wasser in<br />

einem Fest- oder Flüssigstoff – beispielsweise in<br />

Abb.1: Freies und gebundenes Wasser in einem Produkt<br />

Lebensmitteln – und darf nicht mit dem Wassergehalt<br />

(g Wasser/g Substrat), welcher die<br />

Menge an gebundenem und freiem Wasser beschreibt,<br />

verwechselt werden.<br />

Die Wasseraktivität oder auch Gleichgewichts-<br />

Feuchte wird als Aw-Wert angegeben und bewegt<br />

sich zwischen 0 bei absoluter Trockenheit<br />

und 1 bei kondensierender Feuchte. Nur<br />

dieser Anteil an Wasser beteiligt sich aktiv am<br />

Austausch mit der Umgebungsfeuchte und ist<br />

in Bezug auf die mikrobiologische Stabilität<br />

beziehungsweise die biologischen Funktionen<br />

der Mikroorganismen von großer Bedeutung.<br />

Der Aw-Wert ist ein wichtiges Maß bezüglich der<br />

Haltbarkeit von Lebensmitteln und beeinflusst das<br />

Vorkommen der Mikroorganismen<br />

(Verderbniserreger)<br />

Die Wasseraktivität nimmt zudem auch wesentlich<br />

Einfluss auf das chemische und physikalische<br />

Verhalten von Lebensmitteln.<br />

Wo kann die Wasseraktivitätsmessung<br />

eingesetzt werden?<br />

Grundsätzlich gibt es zwei Bereiche, wo<br />

die Wasseraktivitätsmessung eingesetzt werden<br />

kann. Am weitesten bekannt ist der Einsatz<br />

in der Qualitätssicherung und damit verbunden<br />

die Freigabe von Produktionschargen.<br />

Unabhängig davon, ob das Produkt nun<br />

Fleisch, Fisch, Backwaren, Schokolade, Teigwaren<br />

oder Milchprodukt (Käse, Joghurt etc.) ist,<br />

die Kenntnis des Aw-Wertes ist elementar. Bei<br />

Fleisch, Fleischerzeugnissen und Käse ist ein optimaler<br />

Aw-Wert wichtig für die Reifungsvorgänge<br />

und die Haltbarkeit. Auch für die Haltbarkeit<br />

von Dauerbackwaren spielt der Aw-<br />

Wert eine wichtige Rolle. Zusätzlich müssen oft<br />

auf Stufe Endprodukt definierte Limiten seitens<br />

des Lebensmittelgesetzes/-verordnung eingehalten<br />

werden oder es kann eine vereinfachte<br />

mikrobiologische Untersuchung des Produktes<br />

gemacht werden, falls der Aw-Wert unter einer<br />

gewissen Schwelle liegt. Bei Fleischprodukten<br />

beispielsweise liegt diese Schwelle bei < 0,92 aw.<br />

26 foodTechnologie Ausgabe 4/2012 September


FOOD LABOR<br />

Art Organismen Beispiele<br />

Mikroorganismen<br />

Verderbniserreger<br />

Indikatororganismen<br />

Pathogene Bakterien<br />

(Krankmacher)<br />

Milchsäurebakterien<br />

Brevibakterien<br />

Propionsäurebakterien<br />

Strep. lactis, Strep. cremonis<br />

Lactobacillen species<br />

Acetobacter<br />

Hefen<br />

Schimmelpilze<br />

Proteolytische Bakterien<br />

Lipolytische Bakterien<br />

Glycolytische Bakterien<br />

Escherichia coli<br />

Enterobakteriaceen<br />

Staphylokokkus aureus<br />

Krankheitserreger<br />

Lebensmittelvergiftung durch Toxine<br />

Joghurt, Quark<br />

Schmierkäse<br />

Emmentaler Käse<br />

Butter<br />

Salami<br />

Essig<br />

Brot, Bier, Wein<br />

Camembert, Roquefort<br />

Fleisch, Fisch<br />

Butter, Öl, Fett<br />

Früchte, Gemüse<br />

Fäkalverunreinigung<br />

Hygienemangel<br />

Kontakt mit Eiter (z.B. bei Verletzungen),<br />

Schleimhäuten des Nasen und<br />

Rachenraumes<br />

Salmonellen<br />

Campylobacter<br />

Listeria<br />

Botulismus<br />

Enterotoxine von<br />

Staphylokokkus aureus<br />

Aspergillus species<br />

Tabelle 1 (Quelle: Auszug aus www.laboratorium.lu.ch/lebensmittelhygiene.pdf)<br />

Aber Warum gerade 0,92 aw ? Betrachtet man<br />

die Daten, bei welchem Aw-Wert welche Bakterien<br />

oder Pilze wachsen können, so ist dies<br />

sehr schnell begründet. Über 0,92 aw (bei 25°C)<br />

wachsen vor allem Bakterien, welche gefährliche<br />

Gifte (Botulinum Toxin etc.) produzieren.<br />

Eine zweite Anwendung bildet dabei die Optimierung<br />

der Produktionskette und -prozesse.<br />

Häufig sind Heiz- und Kühlprozesse involviert,<br />

um Produkte haltbar zu machen und Bakterien<br />

oder Keime abzutöten (Hitze) oder zumindest<br />

deren Vermehrung zu stoppen (Kälte).<br />

Da eine Produktion ohne jeglichen Keim<br />

utopisch ist, wird der Aw-Wert nach diesem<br />

Prozessschritt überprüft, um im sicheren Bereich<br />

zu sein, so dass auch bei einem mikrobiologischen<br />

Zwischenfall (Kontamination) die<br />

einwandfreie Hygiene des Produktes gewährleistet<br />

ist und das Wachstum gefährlicher Bakterien<br />

durch den optimierten Aw-Wert verhindert<br />

wird.<br />

Ein weiterer, häufiger Prozessschritt ist die<br />

Trocknung, z. B. Warmluft-, Sprüh-, Gefrier-,<br />

Walzen- oder Vakuumtrocknung. Der grosse<br />

Nachteil dieser Prozesse sind die chemischen,<br />

physikalischen und strukturellen Änderungen<br />

im Produkt. Die Bestimmung des Aw-Messwertes<br />

des getrockneten Produktes hilft, die<br />

Entfeuchtungsparameter (Luftströmung, Temperatur,<br />

Durchlaufzeit) zu optimieren und ein<br />

einwandfreies Zwischenprodukt ohne Klumpen<br />

zu garantieren. Klumpen bergen das<br />

Risiko von Rohrverstopfungen und Wassereinschluss,<br />

woraus im Klumpen-Innern plötzlich<br />

hervorragende Bedingungen für mikrobiologisches<br />

Wachstum entstehen können.<br />

Nebst all den prozesstechnischen Optimierungsmöglichkeiten<br />

durch die Bestimmung des<br />

Aw-Wertes, liefert die Messung gleich noch<br />

eine weitere Info mit: Falls eine gewünschte<br />

Flora zur Herstellung/Reifung des Produktes<br />

notwendig ist, ist eine Kontrolle möglich, ob<br />

sich diese Flora bei den aktuellen Bedingungen<br />

ausbilden kann. Darüber hinaus beinhalten<br />

viele Nahrungsmittelherstellprozesse (z.B.<br />

Salami etc.) eine Fermentationsstufe, wobei<br />

gewünschte Bakterien wachsen sollen, ungewünschte<br />

jedoch nicht. (siehe Tabelle 1)<br />

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die<br />

Messung der Wasseraktivität einen wichtigen<br />

Schritt in Richtung Produktsicherheit und -qualität<br />

darstellt.<br />

Autor:<br />

Markus Bernasconi, Bachelor in Chemie<br />

und Nachdiplomstudium in Integrierte<br />

Mikrosysteme, Key Account & Product<br />

Manager, Novasina AG<br />

Weitere Informationen:<br />

www.novasina.com<br />

September Ausgabe 4/2012 foodTechnologie<br />

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