D. Kowalski
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Grußwort zur Eröffnung des 17. Seminar „Kunststoffrecycling in Sachsen“ am 20.05.2008<br />
Hans-Dieter <strong>Kowalski</strong>, Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />
Leiter des Referates Wertstoffwirtschaft<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
ich darf Sie für das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft zum 17.<br />
Seminar „Kunststoffrecycling in Sachsen“ in Dresden recht herzlich begrüßen.<br />
Mein Dank für die Einladung und das zustande kommen dieser Veranstaltung gilt wieder vor<br />
allem Herrn Dr. Lohmann und seinem Team, denen es immer wieder gelingt kompetente Referenten<br />
mit aktuellen Themen für diese Veranstaltung zu gewinnen.<br />
Die Abfallwirtschaft ist nach wie vor in Bewegung. Wie lässt sich der momentane Stand skizzieren?<br />
Waren wir als Bundesländer nach dem Jahr 2005 optimistisch, dass es mit dem Verbot<br />
zur Ablagerung unbehandelter Abfälle gelungen sei, einen guten Rahmen für die Fortentwicklung<br />
der Abfallwirtschaft zur nachhaltigen Kreislauf- und Wertstoffwirtschaft zu schaffen, so<br />
müssen wir heute konstatieren, dass der Weg dahin eher mühsam ist. Unstreitig tut Abfallwirtschaft<br />
nach wie vor Not. Die Preise für Rohstoffe lehren uns, dass die Nachfrage groß und<br />
das Angebot endlich ist. Dies sollte eigentlich Anreiz sein, nachgefragte Stoffe aus dem Abfall<br />
durch Trennen und Sortieren als Rohstoffe zurück zu gewinnen. Für eine Reihe von Stoffen<br />
sind positive Marktwerte gegeben. Nicht zuletzt weil deutsche Abfallwirtschaft hoch<br />
technisiert und hoch organisiert ist, hat sie das Zeug zum Exportschlager. Dennoch kämpft die<br />
Bewirtschaftung von Abfällen in der öffentlichen Wahrnehmung mit Skandalen, die uns zeigen,<br />
wie schwierig eine konsequente geordnete Abfallwirtschaft ist. In Neapel sehen wir<br />
brennende Abfallberge, weil die staatliche oder hoheitliche Steuerung der Abfallentsorgung<br />
über Jahre versagt hat, und ein aus meiner Sicht unverzichtbares Maß an Vertrauen der Bevölkerung<br />
in legales, staatlich überwachtes Handeln unwiederbringlich verloren wurde.<br />
Ähnlich das öffentliche Bild prägend, wenn auch in ihren Auswirkungen weniger gravierend,<br />
sind die nicht rechtskonformen Verfüllungen von Abgrabungen, die in den letzten Monaten<br />
aufgedeckt wurden. In Sachsen bietet die illegale Entsorgung von kontaminierten Gummiabfällen<br />
in Schießwällen in Mügeln seit Wochen regional Gesprächsstoff. Wenig positiv präsentiert<br />
sich auch der Kampf ums Altpapier zwischen gewerblichen und kommunalen Entsorgern.<br />
All diese Beispiele zeigen, dass wir noch in einem wenig stabilen System geordneter<br />
und nachhaltig wirksamer Abfallentsorgung leben und dass die rechtlich fein ziselierten Grenzen<br />
in der Abfallentsorgung zwischen abfallpolitisch gewollt und rechtlich zulässig und illegal<br />
und wirtschaftlich zerstörerisch unbedingt durch ein Mindestmaß an staatlicher Überwa-
chung gewährleistet werden müssen. Hierfür muss bei allen notwendigen Organisationsoptimierungen<br />
auch weiter ausreichend fachlich kompetentes Personal zur Verfügung stehen.<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
Welche weiteren Unwägbarkeiten weg von der Abfallbeseitigung auf dem Weg zu mehr<br />
Wertstoffwirtschaft liegen vor uns? Am 01.06.2008 beginnt die Vorregistrierungsphase gemäß<br />
der REACH-Verordnung. Es ist zu erwarten, dass die vielfache Verunsicherung über die<br />
Auswirkungen der Verordnung in der Recyclingbranche und insbesondere bei den<br />
Kunststoffrecyclern noch eine Weile anhalten wird.<br />
Das SMUL empfiehlt allen Unternehmen zunächst zu prüfen, ob sie grundsätzlich in den Anwendungsbereich<br />
der Verordnung fallen, da sie Stoffe im Sinne der Verordnung in Verkehr<br />
bringen. Solange wie nur mit Abfällen umgegangen wird, die in dafür zugelassenen Anlagen<br />
behandelt oder dafür zugelassenen Anlagen zugeführt werden, gilt die Ausnahme von der<br />
REACH-Verordnung. Werden Stoffe Anlagen nicht als Abfälle zugeführt und durch die Anlagentechnik<br />
stofflich umgewandelt, spricht vieles für die Anwendung von REACH. Insofern<br />
sollte von der Vorregistrierung Gebrauch gemacht werden. Die Vorregistrierung soll bis zum<br />
01.12.2008 dauern.<br />
Es ist zu erwarten, dass danach die heiße Phase von REACH beginnt, in der sich insbesondere<br />
für Hersteller von Sekundärrohstoffen klären wird oder klären muss, für welche Stoffe von<br />
den Hauptherstellern eines Stoffes die Arbeiten zur Erfüllung der Pflichten nach REACH<br />
durchgeführt werden und für welche Stoffe, die z. B. als Bestandteil eines Kunststoffrecyclates<br />
bekannt sind, die notwendigen Daten fehlen.<br />
Da eher von einem defensiven Verhalten mittelständisch organisierter Kunststoffrecyclingbetriebe<br />
auszugehen ist, ist durch REACH für einen gewissen Zeitraum wohl mit einem Rückgang<br />
bestenfalls mit einem Stagnieren des Kunststoffrecyclings zu rechnen. Hinsichtlich der<br />
Vorgänge und der weiteren Entwicklung werden insbesondere die Homepages des Umweltbundesamtes<br />
und der Chemikalienbehörden der Bundesländer aufmerksam zu beobachten<br />
sein. Für Sachsen gibt es Hinweise über die Homepage des Freistaates.<br />
Weiterhin prägend für die Abfallwirtschaft wird die voraussichtlich im Sommer verabschiedete<br />
Abfallrahmenrichtlinie der EU sein. Derzeit befasst sich die Kommission mit den Änderungsvorschlägen<br />
des Parlamentes aus der 1.Lesung. Die noch erfolgenden Änderungen werden<br />
aber nicht zu Entwicklungen zugunsten ursprünglicher Positionen der Bundesländer und<br />
des BMU führen. Ausgehend von den deutlichen Wünschen des Parlamentes z.B. nach verbindlichen<br />
Vermeidungszielen bezüglich des gesamten Abfallaufkommens und von Recyclingquoten<br />
für Siedlungs-, Bau-, und Abbruchabfälle, von der Ausgestaltung der „5-Stufen-<br />
Hierarchie“ als allgemeine Regel mit erschwerter Abweichungsmöglichkeit sowie starker
Bindung des Verwertungsbegriffes an ökologische Kriterien ist eher von weiteren Bürokratie-<br />
Baustellen und Bedarf an Begriffsklärungen auszugehen, als von der Fortentwicklung der europäischen<br />
Abfallwirtschaft zu einem Bestandteil der europäischen Rohstoffwirtschaft.<br />
Gewaltige Stoff- und Energiepotentiale, die in den Abfallströmen stecken und den Materialbedarf<br />
in den sich entwickelnden neuen Mitgliedsstaaten der EU unterstützen könnten, werden<br />
damit nicht genutzt, sondern verschwinden wohl für viele Jahre in gemischten Abfalldeponien.<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
mit diesen wenigen Beispielen wollte ich zeigen, dass es bis zu einer nachhaltigen Stoff- und<br />
Kreislaufwirtschaft noch ein ordentlicher Weg ist, der von den erfahrenen Fachleuten und der<br />
Umweltpolitik noch viel Argumentations- und Überzeugungsarbeit verlangt.<br />
Aber wie heißt es so schön:<br />
Auch jede große Reise beginnt mit dem ersten Schritt.<br />
In diesem Sinne wünsche ich der heutigen Veranstaltung interessante Beiträge der Referenten,<br />
angeregte Diskussionen und uns allen einen hohen Informationsgewinn.<br />
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.