Fortbildungsartikel verfügbar (745 kB) - Heilberufe
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PflegeKolleg<br />
Obstipation<br />
TAB. 1 WANN LIEGT EINE OBSTIPATION VOR?<br />
Eine Obstipation liegt vor, wenn während mindestens drei Monaten im<br />
vorausgegangenen Halbjahr wenigstens zwei der folgenden Kriterien in<br />
mehr als 25% der Zeit erfüllt waren:<br />
▶▶Starkes Pressen beim Stuhlgang<br />
▶▶Klumpiger oder harter Stuhl<br />
▶▶Gefühl der inkompletten Entleerung<br />
▶▶Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockierung<br />
▶▶Manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation<br />
▶▶Weniger als drei Entleerungen pro Woche<br />
▶▶Kein weicher Stuhlgang ohne Laxantien<br />
▶▶Kein Reizdarmsyndrom<br />
Einteilung gemäß Rom III-Kriterien (mod. nach Longstreth)<br />
Literatur<br />
1. Belsey, J. Systematic<br />
review: impact of<br />
constipation on<br />
qualitiy of life in adults<br />
and children. Aliment<br />
Pharmacol Ther 2010:<br />
938-949<br />
2. Füsgen, I. Der ältere<br />
Patient: Problemorientierte<br />
Diagnostik und<br />
Therapie. Urban &<br />
Fischer Verlag,<br />
München, 2000<br />
3. Leitliniengruppe<br />
Hessen. Hausärztliche<br />
Leitlinien. Deutscher<br />
Ärzteverlag, Köln, 2009<br />
4. Longstreth, GF.<br />
Functional bowel<br />
disorders. Gastroenterology<br />
2006, 130<br />
(5): 273-279<br />
5. Primrose, WR.<br />
Prescribing patterns<br />
observed in registered<br />
nursing homes and<br />
long-stay geriatric<br />
wards. Age Ageing<br />
16.1.1987: 25-28<br />
6. Whitehead, WE.<br />
Report of an<br />
international<br />
workshop on<br />
management of<br />
constipation.<br />
Int J Gastroenterol<br />
1991; 4: 99-113<br />
Sekundäre Obstipationen<br />
Sekundäre Formen der Obstipation können durch<br />
eine Vielzahl von Krankheitsbildern verursacht werden<br />
(siehe Kasten) oder sie sind – besonders häufig<br />
– durch Nebenwirkungen von Medikamenten bedingt.<br />
Welchen Stellenwert hat Obstipation in der<br />
Praxis?<br />
Für die Betroffenen hat eine chronische Obstipation<br />
einen hohen Einfluss auf die Lebensqualität. Doch<br />
welchen Stellenwert nimmt das Beschwerdebild im<br />
Klinik- und Heimalltag ein? An einer bundesweiten<br />
Umfrage bezüglich der Prävalenz von Obstipationen<br />
und der damit verbundenen Probleme beteiligten<br />
sich 221 Pflegeheime. Nach Aussagen der Pflegedienstleiter<br />
leiden 36% der Bewohner an einer Obstipation.<br />
93% der Betroffenen erhalten Abführmittel<br />
und bei einem Viertel der Bewohner besteht neben<br />
der Obstipation auch eine gelegentliche Stuhlinkontinenz.<br />
Diese Angaben offenbaren deutliche Unterschiede<br />
zwischen den Einschätzungen von Pflegenden<br />
und der Einschätzung von Hausärzten. Knapp ein<br />
Viertel der Befragten sieht in der Koprostase ein vielschichtiges<br />
Problem, ein anderes Drittel sieht hierin<br />
eher die Ausnahme, als die Regel.<br />
Koprostase – mögliche Folge einer<br />
Obstipation<br />
Wird der in die Rektumampulle gelangte normale<br />
Stuhl nicht zeitgerecht entleert, kommt es aufgrund<br />
der längeren Verweildauer zu einer massiven Eindickung<br />
auch des nachfolgenden Stuhles und einer<br />
Größenzunahme des Stuhlbolus. Dieser kann rein<br />
mechanisch nicht mehr spontan entleert werden.<br />
Oberhalb der Passagestörung wird Stuhl verflüssigt<br />
und in geringen Mengen durchfallartig ausgeschieden<br />
(paradoxe Diarrhoe). Begleitende abdominelle Beschwerden<br />
sind oft mehrdeutig und geben Anlass zu<br />
Fehldiagnosen. Die Funktionsstörung lässt sich mittels<br />
digitaler rektaler Untersuchung bestätigen und<br />
kann bei frühzeitiger Diagnose durch moderne Laxanzien<br />
beherrscht werden. Doch eine nicht erkannte<br />
Koprostase führt insbesondere bei älteren Patienten<br />
zu einem bedrohlichen Krankheitsbild.<br />
Wenn die Betroffenen bei einer Koprostase noch<br />
selbst in der Lage sind, zum Beispiel mittels Medikamenten<br />
Abhilfe zu schaffen, finden sich in dieser<br />
Selbstmedikation am häufigsten Bisacodyl und Natriumpicosulfat.<br />
Wenn die Behandlungsmaßnahmen<br />
durch Ärzte verordnet werden, geschieht dies am<br />
häufigsten durch Laktulose oder Macrogol 3350 plus<br />
Elektrolyte. Wichtig sind in diesem Zusammenhang<br />
natürlich auch die nicht-medikamentösen Maßnahmen<br />
zur Vermeidung einer Koprostase.<br />
Letztlich bedeuten alle therapeutischen Maßnahmen,<br />
von Ernährungsumstellung über das Bereiten<br />
spezieller Getränke, Kolonmassagen, Einläufen oder<br />
anderem eine erhebliche zeitliche Belastung für das<br />
Pflegepersonal. Neben den zum Teil starken Beschwerden<br />
der Patienten unterstreicht dies den Bedarf<br />
am frühzeitigen Erkennen des Problems und an der<br />
Umsetzung von prophylaktischen Maßnahmen.<br />
Dr. med. Dag Schütz<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Chronische Obstipationen nehmen mit dem Alter<br />
stark zu. Beeinflussende Faktoren sind u.a. Ernährungsgewohnheiten,<br />
Mobilität und Multimorbidität.<br />
Je ausgeprägter der Verlust an Selbstständigkeit<br />
ist, desto häufiger wird das Beschwerdebild.<br />
▶▶Formal unterscheidet man primäre und sekundäre<br />
Obstipationen. Bei der primären Form lassen<br />
sich keine eindeutigen Organursachen finden.<br />
Häufigster Auslöser von sekundären Obstipationen<br />
sind chronische Krankheiten oder Medikamentennebenwirkungen.<br />
▶▶Wird der in die Rektumampulle gelangte Stuhl<br />
nicht zeitgerecht entleert, kann es zur Koprostase<br />
kommen. Diese kann bei alten Menschen zu<br />
einem bedrohlichen Krankheitsbild führen.<br />
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<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3)