Liebe Kolleginnen und Kollegen - BWF - Betreutes Wohnen in ...
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<strong>Liebe</strong> Leser<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Leser,<br />
September 2013<br />
2008 begann die Deutsche Gesellschaft<br />
für Soziale Psychiatrie damit,<br />
„DENK-AN-STÖSSE“ zu veröffentlichen,<br />
Problembeschreibungen der<br />
psychiatrischen Versorgung mit<br />
Forderungen zu Verbesserungen.<br />
Dadurch sollen die Bed<strong>in</strong>gungen für<br />
seelisch kranke Menschen <strong>und</strong> ihre<br />
Angehörigen, aber auch für Psychiatrie-Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />
verbessert<br />
werden. Bisher s<strong>in</strong>d 13 DENK-AN-<br />
STÖSSE erschienen, etwa zu den<br />
Themen Trialog, Psychotherapie,<br />
Persönliches Budget oder Neuroleptika-Therapie.<br />
Nr.14 f<strong>in</strong>det Ihr <strong>in</strong><br />
dieser Ausgabe: zur Durchsetzung<br />
e<strong>in</strong>heitlicher Standards im <strong>BWF</strong>.<br />
Wir f<strong>in</strong>den, dass es e<strong>in</strong>e zeitgemäße<br />
Weiterentwicklung der nebenstehenden<br />
Resolution von 1988 ist.<br />
Damit auch Nicht-Rhe<strong>in</strong>länder etwas<br />
zu lachen haben: e<strong>in</strong>e weitere<br />
zeitgemäße Weiterentwicklung verdanken<br />
wir dem E<strong>in</strong>satz nordrhe<strong>in</strong>westfälischer<br />
Amtsschimmel. Das<br />
Heimgesetz <strong>in</strong> unserem B<strong>und</strong>esland,<br />
das bislang mit dem Kurztitel<br />
„Wohn- <strong>und</strong> Teilhabegesetz (WTG)“<br />
auskam, wird gerade fortgeschrieben<br />
<strong>und</strong> dabei politisch korrekt umbenannt<br />
<strong>in</strong> „GEPA“: „Gesetz zur<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Stärkung e<strong>in</strong>er<br />
demographiefesten, teilhabeorientierten<br />
Infrastruktur <strong>und</strong> zur Weiterentwicklung<br />
<strong>und</strong> Sicherung der<br />
Qualität von Wohn- <strong>und</strong> Betreuungsangeboten<br />
für ältere Menschen,<br />
pflegebedürftige Menschen,<br />
Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung <strong>und</strong><br />
ihren Angehörigen“. Ihr seht, auch<br />
wir wurden von der Hitzewelle erwischt.<br />
Herzliche Grüße<br />
Jo Becker
Durchsetzung e<strong>in</strong>heitlicher Standards<br />
<strong>und</strong> Regeln für das Betreute <strong>Wohnen</strong><br />
<strong>in</strong> Familien (<strong>BWF</strong>) !<br />
Daran nehmen wir Anstoß:<br />
Unter Betreuten <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien (<strong>BWF</strong>) versteht<br />
man die Betreuung von Menschen mit psychischen<br />
oder geistigen Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Gastfamilie r<strong>und</strong> um die Uhr. Die Familien werden<br />
von e<strong>in</strong>em Fachdienst begleitet. Sie zeigen e<strong>in</strong><br />
hohes gesellschaftliches Engagement <strong>und</strong> leisten<br />
mit ihrer Betreuungsarbeit e<strong>in</strong>en beispielhaften<br />
Beitrag zur Inklusion. Diese verantwortungsvolle<br />
Arbeit der Familien wird zu niedrig honoriert.<br />
Durch den Aufenthalt <strong>in</strong> der Gastfamilie können<br />
vollstationäre Unterbr<strong>in</strong>gungen (Heim) vermieden<br />
<strong>und</strong> somit hohe Kosten e<strong>in</strong>gespart werden. Die<br />
Aufwandsentschädigung für die Betreuung ist für<br />
die Familien im Verhältnis zur geleisteten Arbeit<br />
aktuell viel zu niedrig angesetzt. Da die Klienten<br />
<strong>in</strong> der Gr<strong>und</strong>sicherung <strong>in</strong> der Regel als Haushaltsangehörige<br />
e<strong>in</strong>gestuft werden, können sie<br />
ke<strong>in</strong>en adäquaten Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt<br />
leisten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus fehlen b<strong>und</strong>esweit flächendeckende<br />
Angebote des <strong>BWF</strong>. Auch gibt es <strong>in</strong> den<br />
B<strong>und</strong>esländern, <strong>in</strong> denen das <strong>BWF</strong> bereits etabliert<br />
ist, sehr unterschiedliche f<strong>in</strong>anzielle Regelungen.<br />
Wir fordern daher e<strong>in</strong> wirklich angemessenes Betreuungsentgelt<br />
für die Familien <strong>und</strong> e<strong>in</strong>heitliche<br />
Standards <strong>und</strong> Regelungen für das <strong>BWF</strong> b<strong>und</strong>esweit.<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>:<br />
Das <strong>BWF</strong> hat traditionell e<strong>in</strong>en schweren Stand<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Fachöffentlichkeit. Dass „Laien“-<br />
Familien erfolgreich Menschen mit psychischer<br />
Erkrankung oder geistiger Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong> die Gesellschaft<br />
<strong>in</strong>tegrieren können, wird immer noch<br />
nicht entsprechend gewürdigt. Dabei wird oft<br />
übersehen, welch enormes, auch therapeutisches<br />
Potential das Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „normalen“, gut überschaubaren<br />
Umgebung bietet <strong>und</strong> welche Qualität<br />
unsere Gastfamilien im H<strong>in</strong>blick auf Beziehungsgestaltung<br />
<strong>und</strong> Verlässlichkeit haben. Diese Unterschätzung<br />
führt häufig dazu, dass soziale<br />
Dienstleister das <strong>BWF</strong> als gute, <strong>in</strong> vielen Fällen<br />
sogar bessere Alternative zu professionell organisierten<br />
Angeboten für ihre Klientel nicht beachten.<br />
Die öffentliche Verwaltung sieht im Unterschied<br />
dazu das <strong>BWF</strong> oft lediglich als kostensparende<br />
Alternative zur stationären Unterbr<strong>in</strong>gung. Dazu<br />
kommt, dass die Entscheidungsträger der E<strong>in</strong>gliederungshilfe<br />
das <strong>BWF</strong> offensichtlich als e<strong>in</strong> Objekt<br />
möglichst „kreativer“ Vertragsgestaltung sehen.<br />
E<strong>in</strong>e bunte Mischung unterschiedlichster Richtl<strong>in</strong>ien<br />
ist die Folge.<br />
Beispiel:<br />
Aktuell liegt die Spanne des Betreuungsentgelts<br />
für die Gastfamilien je nach B<strong>und</strong>esland oder Kostenträger<br />
zwischen 350 <strong>und</strong> 720 € (Stand<br />
01/2013). Insbesondere der untere Satz ist absolut<br />
unangemessen.<br />
Beim <strong>BWF</strong> ist die Möglichkeit, bis zu 28 Tage im<br />
Jahr ohne Bewohner zu verbr<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>e wichtige<br />
E<strong>in</strong>richtung zur Erholung für Gastfamilien. Diese<br />
betreuungsfreie Zeit sollte weiter f<strong>in</strong>anziert werden.<br />
Nicht alle Leistungsträger tun dies.<br />
Die Kosten der Bewohner unterscheiden sich teilweise<br />
drastisch. So unterscheiden sich die Kosten<br />
der Unterkunft um ca. 300% <strong>in</strong> den diversen B<strong>und</strong>esländern.<br />
Auch der Regelsatz der Gr<strong>und</strong>sicherung<br />
bzw. der Hilfe zum Lebensunterhalt ist <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Region um das 1,5 fache höher als <strong>in</strong> der<br />
Nachbarregion.<br />
Dass die Entgelte der begleitenden Fachteams<br />
um mehr als 300% differieren kommt erschwerend<br />
h<strong>in</strong>zu. Wenig erstaunlich ist, dass f<strong>in</strong>anziell<br />
gut ausgestattete Teams <strong>in</strong> der Regel signifikant<br />
erfolgreicher vermitteln <strong>und</strong> betreuen.<br />
Die DGSP fordert:<br />
F<strong>in</strong>anzielle Besserstellung der Familien. Gastfamilien<br />
sollten m<strong>in</strong>destens 600 € pro Monat<br />
Betreuungsentgelt erhalten. Die sozialrechtliche<br />
Absicherung der Familien z.B. durch F<strong>in</strong>anzierung<br />
von Rentenbeiträgen ist zu gewährleisten.<br />
Die b<strong>und</strong>esweit flächendeckende Installierung<br />
<strong>und</strong> der Ausbau von Fachdiensten, die <strong>BWF</strong><br />
anbieten. Jeder sollte das Recht <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />
haben, <strong>BWF</strong> <strong>in</strong> Anspruch nehmen zu<br />
können.<br />
E<strong>in</strong>führung von b<strong>und</strong>esweit e<strong>in</strong>heitlichen Richtl<strong>in</strong>ien<br />
<strong>und</strong> M<strong>in</strong>deststandards. Diese müssen<br />
u.a. enthalten:<br />
- f<strong>in</strong>anziertes Probewohnen<br />
- betreuungsfreie Zeit für die Gastfamilien von<br />
28 Tagen – Weiterf<strong>in</strong>anzierung während der<br />
Abwesenheit der KlientInnen<br />
- Betreuungsschlüssel maximal 1:10<br />
- F<strong>in</strong>anzierung der Akquise-Arbeit der Betreuungsteams<br />
Die DGSP ist aktiv:<br />
In der DGSP gibt es seit 1997 e<strong>in</strong>en Fachausschuss,<br />
der sich u.a. mit folgenden Themen für<br />
das Betreute <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien e<strong>in</strong>setzt:<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Beratung, Unterstützung <strong>und</strong> Begleitung neuer<br />
Teams<br />
Mitorganisation von jährlichen Fachtagungen<br />
Inhaltliche <strong>und</strong> konzeptionelle Weiterentwicklung<br />
des <strong>BWF</strong><br />
Formulierung verb<strong>in</strong>dlicher Standards für das<br />
<strong>BWF</strong> b<strong>und</strong>esweit<br />
2
TUWAS – mit der DGSP:<br />
Wir suchen:<br />
Engagierte Teams, die sich aktiv an der b<strong>und</strong>esweiten<br />
Verbreitung des <strong>BWF</strong> beteiligen <strong>und</strong><br />
regional vernetzt arbeiten wollen<br />
Leistungsträger, die <strong>BWF</strong> <strong>in</strong> ihrem E<strong>in</strong>zugsgebiet<br />
aufbauen wollen. Wir liefern dazu die nötige<br />
Unterstützung. Weitere Infos auf der<br />
Homepage des <strong>BWF</strong>: www.bwf-<strong>in</strong>fo.de<br />
Vom Pflegek<strong>in</strong>d zum <strong>BWF</strong>-Klient<br />
Die Haustüre spr<strong>in</strong>gt auf <strong>und</strong> der fünfjährige Maximilian<br />
begrüßt se<strong>in</strong>en älteren Bruder Stephan<br />
freudestrahlend, bevor sich beide zu ihren Eltern<br />
an den Kaffeetisch setzen. Stephan Lorenz<br />
kommt gerade von der Arbeit <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Familie<br />
erwartet ihn schon.<br />
therapiert zu werden. Hierbei unterstützte zuletzt<br />
die Jugendhilfe Familie Lorenz. Doch als diese<br />
Hilfe mit dem 21. Geburtstag des jungen Mannes<br />
endete, war das Team für „<strong>Betreutes</strong> <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong><br />
Familien“ für Menschen mit Assistenzbedarf des<br />
Sozialwerks St. Georg aus Ascheberg gefragt.<br />
„Nachdem Frau Lorenz zu uns Kontakt aufgenommen<br />
hatte, haben wir geme<strong>in</strong>sam mit ihrem<br />
Sohn den Hilfebedarf klären <strong>und</strong> umgehend <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em S<strong>in</strong>ne handeln können“, erklärt Frau Umlauf<br />
vom <strong>BWF</strong>-Fachteam. „Das bedeutet, dass wir<br />
die Familie nun über das Sozialwerk nicht nur f<strong>in</strong>anziell,<br />
sondern vor allem auch <strong>in</strong> praktischer<br />
Weise entlasten können. Wir s<strong>in</strong>d bei organisatorischen,<br />
fachlichen als auch <strong>in</strong> persönlichen Fragen<br />
jederzeit erreichbar <strong>und</strong> begleiten sie“, erklärt<br />
die Sozialpädagog<strong>in</strong>.<br />
M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Monat sitzt Sozialpädagog<strong>in</strong><br />
Birgit Umlauf mit Stephan Lorenz <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Familie<br />
zusammen <strong>und</strong> bespricht aktuelle Anliegen.<br />
Familie Lorenz genießt die geme<strong>in</strong>same Zeit gerne <strong>in</strong><br />
ihrem großen Garten (von l<strong>in</strong>ks: Dagmar Lorenz,<br />
Maximilian Lorenz, Pascal Lorenz, Stephan Lorenz<br />
<strong>und</strong> W<strong>in</strong>fried Lorenz).<br />
zusammen <strong>und</strong> bespricht aktuelle Anliegen<br />
Der 23-Jährige lebt seit er nur wenige Wochen alt<br />
war bei Dagmar <strong>und</strong> W<strong>in</strong>fried Lorenz. Sie haben<br />
ihm als Pflegefamilie e<strong>in</strong> Zuhause gegeben <strong>und</strong><br />
s<strong>in</strong>d über die Jahre mit zwei weiteren Pflegek<strong>in</strong>dern,<br />
Maximilian <strong>und</strong> dem heute 19-jährigen<br />
Pascal, zu e<strong>in</strong>er Familie zusammengewachsen.<br />
Da Stephan Lorenz aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung<br />
<strong>und</strong> ausgeprägten Angstsymptomatik nicht alle<strong>in</strong>e<br />
leben kann, ist es für ihn entscheidend, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
vertraut strukturierten Umgebung zu leben <strong>und</strong><br />
Das Ehepaar Lorenz genießt die Freuden wie<br />
geme<strong>in</strong>same Musical- oder Theaterbesuche<br />
ebenso wie die kniffligeren Herausforderungen,<br />
die das Zusammenleben mit sich br<strong>in</strong>gt. „Wir s<strong>in</strong>d<br />
sehr erleichtert, dass wir <strong>in</strong> Frau Umlauf e<strong>in</strong>e<br />
kompetente Ansprechpartner<strong>in</strong> gef<strong>und</strong>en haben“,<br />
sagt die 51-jährige Dagmar Lorenz <strong>und</strong> schaut zu<br />
ihrem Sohn, der se<strong>in</strong>em Vater gerade e<strong>in</strong> Stück<br />
Kuchen herüberreicht. „Es ist e<strong>in</strong>fach gut zu wissen,<br />
dass noch jemand da ist, falls uns mal etwas<br />
passieren sollte oder Stephan über Angelegenheiten<br />
sprechen möchte, die er nicht mit uns, se<strong>in</strong>en<br />
Eltern, teilen möchte“, fügt sie an, während er<br />
lacht <strong>und</strong> nickt.<br />
Stephan Lorenz, da ist sich die <strong>BWF</strong>-Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
sicher, wird se<strong>in</strong>en Weg immer selbstbewusster<br />
weitergehen <strong>und</strong> sie noch mit se<strong>in</strong>er willensstarken<br />
Persönlichkeit überraschen – spätestens bei<br />
der nächsten Theatervorführung im Ort, bei der er<br />
leidenschaftlich gerne mitspielt.<br />
3
Im Laufe der Jahre fand e<strong>in</strong>e Ausweitung des<br />
<strong>BWF</strong> <strong>und</strong> damit auch der Vertretung im FA auf<br />
verschiedene Personenkreise statt. Waren 1998<br />
überwiegend Praktiker/<strong>in</strong>nen vertreten, die mit<br />
psychisch kranken Menschen arbeiteten, so<br />
kamen Mitarbeitende aus dem Bereich der Menschen<br />
mit geistiger Beh<strong>in</strong>derung h<strong>in</strong>zu. Weitere<br />
Klienten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen Menschen mit Suchterkrankungen<br />
sowie Senioren <strong>und</strong> Eltern-K<strong>in</strong>d-<br />
Betreuungen. Unter anderem aufgr<strong>und</strong> dieser<br />
größeren Vielfalt begann 2002 im FA die Diskussion<br />
um e<strong>in</strong>e Loslösung von alten Begrifflichkeiten.<br />
Die ursprüngliche Term<strong>in</strong>ologie „Psychiatrische<br />
Familienpflege <strong>und</strong> Familienpflege für Menschen<br />
mit geistiger Beh<strong>in</strong>derung“ hatte sich zu<br />
vielen anderen Bezeichnungen weiterentwickelt.<br />
2008 g<strong>in</strong>g die Empfehlung vom FA aus, „<strong>Betreutes</strong><br />
<strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien“ als b<strong>und</strong>esweit e<strong>in</strong>heitliche<br />
Bezeichnung zu wählen. Die Vernetzung <strong>in</strong><br />
den verschiedenen Regionen über die Regionalbeauftragten<br />
im FA entwickelte sich weiter zu<br />
heute 27 Mitgliedern aus 9 B<strong>und</strong>esländern sowie<br />
aus der Schweiz <strong>und</strong> Österreich.<br />
Stephan ist voller Tatendrang <strong>und</strong> Energie. Damit<br />
steckt er se<strong>in</strong>e gesamte Familie immer wieder an.<br />
Sab<strong>in</strong>e Loh – Freie Autor<strong>in</strong><br />
Am Scharfen Knick 11<br />
66049 Oberhausen<br />
Tel. 0177-55 37 873<br />
E-Mail: sab<strong>in</strong>eloh@gmx.de<br />
15 Jahre Fachausschuss <strong>BWF</strong>: Interessensvertretung,<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>und</strong> Qualitätssicherung<br />
Vor 15 Jahren begann alles mit 11 Gründungsmitgliedern<br />
aus 5 B<strong>und</strong>esländern. Die Praktiker/<strong>in</strong>nen<br />
der damals noch sogenannten „Familienpflege“<br />
sahen die Chance, als Fachausschuss<br />
der DGSP e<strong>in</strong>e b<strong>und</strong>esweite Vernetzung zu erreichen.<br />
Damit versprachen sie sich e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>e<br />
Steigerung des Bekanntheitsgrades des Betreuungsangebots.<br />
Andererseits erhofften sie sich e<strong>in</strong><br />
größeres politisches Gewicht bei der Forderung<br />
e<strong>in</strong>es flächendeckenden Ausbaus des <strong>BWF</strong> im<br />
gesamten B<strong>und</strong>esgebiet <strong>und</strong> bei der Durchsetzung<br />
von fachlichen M<strong>in</strong>deststandards. Der Fachausschuss<br />
sollte e<strong>in</strong> Gremium der Interessensvertretung,<br />
der Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> der Qualitätssicherung<br />
werden.<br />
Schon vor der Gründung des FA trafen sich seit<br />
1986 Praktiker/<strong>in</strong>nen des <strong>BWF</strong> zum fachlichen<br />
Austausch. Bis 2000 waren diese jährlichen Veranstaltungen<br />
als Arbeitstreffen gestaltet. Seitdem<br />
hat sich daraus e<strong>in</strong>e Fachtagung mit dem Charakter<br />
e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalen Kongresses entwickelt.<br />
Der FA steht der Planungsgruppe <strong>in</strong>haltlich <strong>und</strong><br />
mit organisatorischen Ratschlägen bei der Ausrichtung<br />
der <strong>BWF</strong>-B<strong>und</strong>estagung zur Seite <strong>und</strong><br />
trägt durch Workshops <strong>und</strong> Vorträge aus den eigenen<br />
Reihen zur Tagung bei.<br />
Neben e<strong>in</strong>er besseren Verankerung des <strong>BWF</strong> <strong>in</strong><br />
der Fachwelt richtete sich die Arbeit des FA auch<br />
an die breitere Öffentlichkeit. 2001 gab es erste<br />
Ansätze e<strong>in</strong>es Internetauftritts, seit 2008 unter der<br />
Adresse www.bwf-<strong>in</strong>fo.de. Als weiteres Medium<br />
gibt es seit 2008 das vier Mal im Jahr ersche<strong>in</strong>ende<br />
Informationsblatt „<strong>BWF</strong> aktuell“, das auch auf<br />
der Homepage abrufbar ist. Dieser R<strong>und</strong>brief <strong>in</strong>formiert<br />
anhand von Praxisbeispielen über <strong>BWF</strong>,<br />
räumt Fachberichten Platz e<strong>in</strong> <strong>und</strong> stellt aktuelle<br />
sozialpolitische Entwicklungen vor.<br />
E<strong>in</strong>e dieser Entwicklungen war die drohende Besteuerung<br />
der im Rahmen von <strong>BWF</strong> gezahlten<br />
Leistungen an die Gastfamilien. Es ist als Erfolg<br />
des FA zu sehen, dass diese Besteuerung 2009<br />
abgewendet werden konnte. Der FA erarbeitete<br />
die fachliche Stellungnahme zu diesem Thema,<br />
setzte die Proteste b<strong>und</strong>esweit <strong>in</strong> Gang <strong>und</strong> koord<strong>in</strong>ierte<br />
den Widerstand gegen die Versteuerung<br />
des Betreuungsgeldes. Mithilfe vieler Organisationen<br />
der freien Wohlfahrtspflege <strong>und</strong> der öffentlichen<br />
Hand gelang es, die B<strong>und</strong>esregierung zu<br />
e<strong>in</strong>er Gesetzesänderung zu bewegen, wodurch<br />
die Besteuerung der <strong>BWF</strong>-Leistungen b<strong>und</strong>esweit<br />
beendet wurde.<br />
Leider gelang es dem FA bislang nicht, b<strong>und</strong>esweit<br />
e<strong>in</strong>heitliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> verb<strong>in</strong>dliche<br />
M<strong>in</strong>deststandards im <strong>BWF</strong> durchzusetzen.<br />
2007 präsentierten Mitglieder des FA im<br />
Rahmen der <strong>BWF</strong>-B<strong>und</strong>estagung den „Gelsenkirchener<br />
Appell“, der zum flächendeckenden Aus-<br />
4
au des <strong>BWF</strong> als Standardangebot aufrief <strong>und</strong> auf<br />
dieser Tagung verabschiedet wurde. Bis heute<br />
gibt es jedoch noch „weiße Flecken“ <strong>in</strong> der BRD.<br />
Beratung <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g von neuen Teams <strong>und</strong><br />
Trägern f<strong>in</strong>det daher über den Beraterpool des FA<br />
ebenso statt wie das Angebot, Leistungsträger<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Richtl<strong>in</strong>iengestaltung <strong>und</strong> der F<strong>in</strong>anzierung<br />
von <strong>BWF</strong> zu beraten.<br />
Die Qualitätssicherung im <strong>BWF</strong> wurde vom FA<br />
unter anderem angegangen durch die Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>es Fragebogens, mit dem die Betreuungsqualität<br />
etwa e<strong>in</strong>mal im Jahr vom Fachdienst<br />
evaluiert werden kann (2005). 2009 folgte e<strong>in</strong>e<br />
Untersuchung zur Familienakquise. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
unterhält der FA seit 2009 auch Kontakte zur<br />
GREPFRA, e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Forschungsgruppe<br />
zu <strong>BWF</strong>.<br />
Interview mit e<strong>in</strong>em <strong>BWF</strong>-Gast im<br />
Pensionsalter<br />
OGG <strong>BWF</strong> <strong>in</strong> Bern hat zurzeit 130 Gastfamilien.<br />
Die meisten Gastfamilien s<strong>in</strong>d Bauernfamilien.<br />
Bei diesen leben aktuell 88 Dauergäste. Im vergangenen<br />
Jahr verbrachten außerdem 56 Gäste<br />
ihre Ferien oder e<strong>in</strong>ige Wochenenden bei e<strong>in</strong>er<br />
Familie.<br />
Nebst psychisch kranken <strong>und</strong> beh<strong>in</strong>derten Menschen<br />
leben auch Gäste im Pensionsalter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Gastfamilie <strong>und</strong> verbr<strong>in</strong>gen dort ihren Lebensabend.<br />
Aktuelle Entwicklungen wie die F<strong>in</strong>anzierung über<br />
das persönliche Budget oder Leistungsabrechnungen<br />
nach Fachleistungsst<strong>und</strong>en werfen neue<br />
Fragen auf, etwa e<strong>in</strong>e ausreichende F<strong>in</strong>anzierung<br />
der Vorlaufkosten. Mehrere konkurrierende <strong>BWF</strong>-<br />
Teams <strong>in</strong> der gleichen Region schwächen das<br />
Angebot, weil ke<strong>in</strong> Team e<strong>in</strong>e ausreichende Klientenzahl<br />
<strong>und</strong> <strong>BWF</strong>-Professionalisierung erreichen<br />
kann. Neben der Erfahrung mit dieser speziellen<br />
Betreuungsform bedarf es immer auch e<strong>in</strong>er ausreichenden<br />
Auswahl an Gastfamilien zur Vermittlung.<br />
So wird <strong>BWF</strong> <strong>in</strong> manchen Regionen zum<br />
Nebenbei-Angebot e<strong>in</strong>es Teams des Betreuten<br />
<strong>Wohnen</strong>s. Teilweise s<strong>in</strong>d auch verschiedene<br />
Teams <strong>in</strong> der gleichen Familie tätig. Der Anspruch<br />
auf Inklusion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em normalen Umfeld wird<br />
dadurch erschwert. Nicht nur die Klienten, auch<br />
die Gastfamilien benötigen e<strong>in</strong>e Betreuung, welche<br />
die <strong>in</strong>dividuellen familiären Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
würdigt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Professionalisierung des<br />
häuslichen Milieus vermeidet.<br />
Während <strong>BWF</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en traditionellen Stammländern<br />
Frankreich <strong>und</strong> Belgien seit Jahren schw<strong>in</strong>det<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> anderen Nachbarländern stagniert, ist<br />
<strong>in</strong> Deutschland seit über 10 Jahren e<strong>in</strong>e Renaissance<br />
des <strong>BWF</strong> zu beobachten. Die Vermittlungszahlen<br />
steigen von Jahr zu Jahr, besonders von<br />
Klienten mit geistigen Beh<strong>in</strong>derungen. Die beharrliche<br />
Arbeit des Fachausschuss <strong>BWF</strong> hat an dieser<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>en nicht ger<strong>in</strong>gen Anteil.<br />
Nach wie vor sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e flächendeckende<br />
Versorgung <strong>und</strong> b<strong>und</strong>ese<strong>in</strong>heitliche Standards<br />
vorrangige Ziele des FA zu bleiben. Interessensvertretung,<br />
Qualitätssicherung <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
werden auch die nächsten Jahre<br />
Schwerpunkte se<strong>in</strong>er Arbeit se<strong>in</strong>.<br />
Jo Becker, Nicola H<strong>in</strong>ker, Renate Neuenfeldt-<br />
Spickermann<br />
Mitglieder des FA <strong>BWF</strong><br />
Frau Arn, Sie haben schon verschiedenste<br />
Wohnformen ausprobiert. Sie hatten e<strong>in</strong>e<br />
Wohnung <strong>in</strong> der Stadt, lebten im Kloster, auf<br />
e<strong>in</strong>em Bauernhof <strong>und</strong> jetzt leben Sie seit fünf<br />
Jahren mit Frau Schmid <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>familienhaus<br />
<strong>in</strong> Meikirch. Warum diesen Wechsel?<br />
Nach e<strong>in</strong>em Nervenzusammenbruch musste ich<br />
zur Ruhe kommen <strong>und</strong> da hat jede Wohnform auf<br />
se<strong>in</strong>e Art zur Stabilisation beigetragen.<br />
5
Wie gefällt es Ihnen <strong>in</strong> Meikirch?<br />
Es gefällt mir hier sehr gut. Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Zweifrauenhaushalt<br />
<strong>und</strong> lachen viel zusammen.<br />
Wie muss man sich dieses Zusammenleben<br />
vorstellen?<br />
Ich wohne im zweiten Stock, <strong>und</strong> wenn ich etwas<br />
brauche oder mit Frau Schmid sprechen will, gehe<br />
ich <strong>in</strong> den unteren Stock, wo sich Frau Schmid<br />
mehrheitlich am Tag aufhält. Ich f<strong>in</strong>de sehr wichtig,<br />
dass wir beide unseren Freiraum haben.<br />
Frau Arn, Sie s<strong>in</strong>d Oma von e<strong>in</strong>em vierjährigen<br />
Knaben. Können Sie uns etwas über das Oma-<br />
Se<strong>in</strong> erzählen?<br />
Als Oma hat man oft e<strong>in</strong> lachendes <strong>und</strong> e<strong>in</strong> we<strong>in</strong>endes<br />
Auge.<br />
Wie ist das zu verstehen?<br />
Es ist schön zu sehen, wie das Enkelk<strong>in</strong>d grösser<br />
wird <strong>und</strong> sich entwickelt. Man erlebt viel Schönes<br />
mit ihnen. Aber immer wieder gibt es Zeiten, an<br />
denen sie auch krank s<strong>in</strong>d oder e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Unfall<br />
haben <strong>und</strong> da leidet man dann natürlich mit.<br />
Wie sieht e<strong>in</strong> „normaler“ Tagesablauf bei<br />
Ihnen aus?<br />
Da ich pensioniert b<strong>in</strong>, nehme ich alles e<strong>in</strong> wenig<br />
ruhiger <strong>und</strong> stehe auch später auf. Ich beschäftige<br />
mich mit Lesen, Schreiben von Karten <strong>und</strong> Briefen,<br />
Nähen <strong>und</strong> Stricken. Ich gehe auch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
geliebten Wald h<strong>in</strong>ter dem Haus spazieren,<br />
da sehe ich manchmal Rehe <strong>und</strong> Füchse. Dann<br />
arbeite ich gerne im Garten, telefoniere mit me<strong>in</strong>en<br />
Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Bekannten - <strong>und</strong> manchmal<br />
werde ich abgeholt, um e<strong>in</strong>en Ausflug zu machen.<br />
Diesen Donnerstag zum Beispiel kommen mich<br />
zwei Schulfre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen abholen.<br />
Ich sehe, Ihnen wird es nicht langweilig.<br />
Ne<strong>in</strong>, wirklich nicht. Es ist für mich ideal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Familie (mit Frau Schmid) zu wohnen, das gibt mir<br />
die nötige Sicherheit <strong>und</strong> darum auch Freiheit,<br />
auch für das Extravagante. Ich liebe es manchmal,<br />
extravagant zu se<strong>in</strong>, darum habe ich auch<br />
e<strong>in</strong>en weißen Regenschirm.<br />
Frau Arn, ich danke Ihnen vielmals für das <strong>in</strong>teressante<br />
Gespräch <strong>und</strong> wünsche Ihnen weiterh<strong>in</strong><br />
alles Gute.<br />
André L<strong>in</strong>er<br />
OGG <strong>Betreutes</strong> <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien<br />
Erlachstrasse 5<br />
CH – 3001 Bern<br />
E-Mail: andre.l<strong>in</strong>er@ogg.ch<br />
Es war aber dort e<strong>in</strong> Mensch, der lag<br />
acht<strong>und</strong>dreißig Jahre krank...<br />
Herr R. befand sich 38 Jahre <strong>in</strong> stationärer Unterbr<strong>in</strong>gung:<br />
26 Jahre auf e<strong>in</strong>er geschlossenen<br />
Station der psychiatrischen Kl<strong>in</strong>ik Arnsdorf <strong>und</strong><br />
12 Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wohnheim. Nach dieser langen<br />
Zeit entschied er schließlich, sich aufzumachen.<br />
„Ich wünsche mir e<strong>in</strong>en grünen Gürtel zum <strong>Wohnen</strong>,<br />
die Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen,<br />
Ansprechpartner, wenn es mir nicht gut<br />
geht, me<strong>in</strong>er Ruhe nachgehen zu können, ernst<br />
genommen zu werden, etwas gebraucht zu werden<br />
<strong>und</strong> nicht von anderen bestimmt zu werden.“<br />
Seit Herr R. bei der Gastfamilie wohnt, ist e<strong>in</strong>e<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung se<strong>in</strong>es Zustandes<br />
feststellbar. Er braucht beispielsweise bedeutend<br />
weniger Medikamente, Krankenhausaufenthalte<br />
kommen so gut wie gar nicht mehr vor. Er ist ruhiger,<br />
geduldiger <strong>und</strong> ausgeglichener geworden.<br />
Die gesamte Umgebung sche<strong>in</strong>t ihm gut zu tun.<br />
Er ist bei der Gastfamilie eben ke<strong>in</strong> Patient, sondern<br />
e<strong>in</strong> eigenständiger<br />
Mensch, der<br />
Unterstützung<br />
<strong>und</strong> Begleitung<br />
braucht.<br />
Und der sich<br />
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt, mit<br />
anfasst <strong>und</strong><br />
hilft. In se<strong>in</strong>em<br />
Alter hat<br />
er noch e<strong>in</strong>mal<br />
den Mut<br />
aufgebracht,<br />
die vertraute<br />
Umgebung zu<br />
verlassen, um<br />
sich auf etwas<br />
völlig<br />
Neues e<strong>in</strong>zulassen.<br />
Und<br />
es hat sich<br />
gelohnt.<br />
Dazu passt e<strong>in</strong>e Geschichte, die uns der christlich<br />
geprägte Gastvater bei unserem ersten Besuch<br />
erzählte. An dem Tag, an dem Herr R. nach 38<br />
Jahren stationärem Aufenthalt <strong>in</strong> die Gastfamilie<br />
gezogen ist, f<strong>in</strong>det der Gastvater <strong>in</strong> der Tageslosung<br />
e<strong>in</strong>e Geschichte aus dem Neuen Testament,<br />
die von e<strong>in</strong>em Menschen erzählt, der krank <strong>und</strong><br />
gelähmt darnieder liegt. Dem Kranken gel<strong>in</strong>gt es<br />
e<strong>in</strong>fach nicht aufzustehen <strong>und</strong> zum rettenden<br />
Wasser zu gelangen, obwohl er nur wenige<br />
Schritte braucht, um an den heilenden Bethesda-<br />
See zu gelangen. So verstreicht e<strong>in</strong> Jahr nach<br />
dem anderen, acht<strong>und</strong>dreißig an der Zahl. Der<br />
Kranke bleibt zurück, unbeachtet, verzweifelt,<br />
resigniert. Ke<strong>in</strong>er hilft ihm. Bis e<strong>in</strong>es Tages Jesus<br />
vor ihm steht. Aber statt ihn schnell ans Wasser<br />
zu tragen, fragt Jesus den Betroffenen, ob er wirklich<br />
ges<strong>und</strong> werden will, e<strong>in</strong>e Frage, die sich am<br />
Anfang e<strong>in</strong>er Veränderung jeder stellen muss.<br />
Die <strong>in</strong>nere Bereitschaft <strong>und</strong> Motivation ist also<br />
ausschlaggebend. So viel zu der Geschichte, die<br />
<strong>in</strong> Herrn R.‘s Leben e<strong>in</strong>e Wiederholung gef<strong>und</strong>en<br />
zu haben sche<strong>in</strong>t.<br />
6
Herr R. kann se<strong>in</strong>en Lebensabend <strong>in</strong> Ruhe <strong>und</strong><br />
Frieden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er warmherzigen Umgebung <strong>und</strong><br />
<strong>in</strong>mitten herrlicher Natur verleben. Er ist gerade<br />
70 Jahre geworden.<br />
Wenn ich<br />
heute die Gastfamilie<br />
besuche,<br />
freue ich mich<br />
immer wieder über<br />
die gute Entwicklung<br />
von Herrn R.<br />
<strong>und</strong> über die beständige<br />
Zuwendung<br />
durch den<br />
Gastvater. Es ist<br />
so schön zu sehen,<br />
dass <strong>Betreutes</strong><br />
<strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong><br />
Familien manchmal Menschen zusammen br<strong>in</strong>gt,<br />
die füre<strong>in</strong>ander da s<strong>in</strong>d. Und dass vielleicht noch<br />
mehr passiert, als wir wahrnehmen, auf e<strong>in</strong>er unsichtbaren,<br />
verborgenen Ebene.<br />
Tim Wolf<br />
<strong>Betreutes</strong> <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien<br />
GESOP GmbH<br />
Gasanstaltstr.10<br />
01237 Dresden<br />
Tel.: 0351-215 308 51<br />
E-Mail.: bwf@gesop-dresden.de<br />
Es war wie e<strong>in</strong> Sprung <strong>in</strong>s „Blaue“. Und e<strong>in</strong><br />
superschönes Ankommen bei Lotte im eigenen<br />
Zimmer. In den 2,5 Jahren bei ihr konnte ich mich<br />
sehr gut stabilisieren. Der ganz normale Alltag<br />
war, denke ich, das wichtigste. Und auch das<br />
Wissen, dass ich nicht alle<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>, war wichtig.<br />
Schön war auch, dass Lotte etwas davon<br />
verstand, mit „beh<strong>in</strong>derten“ Menschen<br />
umzugehen. Ich f<strong>in</strong>de sie hat nie daran gezweifelt,<br />
dass es bei mir wieder aufwärts geht.<br />
Nach e<strong>in</strong>er Weile habe ich e<strong>in</strong> Praktikum beim<br />
Centre Culturel Francais gemacht (ich b<strong>in</strong><br />
zweisprachig französisch-deutsch). Das hat mir<br />
auch viel Selbstbewusstse<strong>in</strong> zurückgegeben.<br />
Danach habe ich noch e<strong>in</strong>e Reha gemacht <strong>und</strong><br />
anschließend me<strong>in</strong>e Arbeitsstelle wiederaufgenommen.<br />
Ich habe bei Lotte gelernt, me<strong>in</strong>e<br />
Grenzen zu spüren <strong>und</strong> mich selbst e<strong>in</strong>zuschätzen.<br />
Me<strong>in</strong>e psychische Genesung hat recht<br />
viel Zeit gebraucht, aber sie hat sich total gelohnt<br />
(auch wenn ich das zwischendurch nicht immer so<br />
gesehen habe).<br />
<strong>BWF</strong> ... <strong>und</strong> zurück <strong>in</strong>s Leben!<br />
Die Anzeige des <strong>BWF</strong>-Teams lautete damals:<br />
Gastfamilie gesucht<br />
Jg. psychisch erkrankte Frau su. liebevolle<br />
Unterkunft <strong>in</strong> FR, bei Fam. od. E<strong>in</strong>zelperson,<br />
gerne mit H<strong>und</strong>, geg. Miete, Verpfleg.-u.<br />
Betreuungsgeld. Kontakt: Begleitetes<br />
<strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien, Tel: …<br />
Zunächst: wie kam ich überhaupt zum <strong>BWF</strong>?<br />
Ich war damals wegen Psychose <strong>und</strong><br />
Manie/Depression über 10 Monate <strong>in</strong> der<br />
Psychiatrie <strong>in</strong> der Freiburger Unikl<strong>in</strong>ik, als me<strong>in</strong>e<br />
Stationsärzt<strong>in</strong> mir von der Möglichkeit des<br />
begleiteten <strong>Wohnen</strong>s <strong>in</strong> Familien erzählt hat. Es<br />
war wie e<strong>in</strong> Strohhalm, den ich sofort ergriff. Es<br />
gab so lange nichts Beständiges mehr <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e<br />
Grübelattacken ganz existentieller Art hatten mich<br />
noch oft im Griff.<br />
Der Kontakt zu Lotte mit Hünd<strong>in</strong> Bashida wurde<br />
durch Frau Bümmerstede vom <strong>BWF</strong> hergestellt.<br />
Ich hatte bald e<strong>in</strong>e Woche Probewohnen. Wie<br />
aufregend! Wir haben Äpfel e<strong>in</strong>gemacht, wir<br />
waren e<strong>in</strong>kaufen <strong>und</strong> wir haben Bashida<br />
ausgeführt. Ich b<strong>in</strong> täglich zur tageskl<strong>in</strong>ischen<br />
Tonwerkstadt <strong>und</strong> der Ergotherapie. Nach 3 Tagen<br />
fragte mich Lotte, ob ich bei ihr bleiben möchte.<br />
Ich habe gleich zugesagt, wollte nicht mehr<br />
stationär aufgenommen werden!<br />
Anita <strong>und</strong> Bashida<br />
Ich b<strong>in</strong> Lotte sehr dankbar für Ihre Begleitung <strong>und</strong><br />
ihr Knowhow. Auch die Betreuung von Frau<br />
Bümmerstede war unheimlich hilfreich. Immer<br />
wieder schauen wo ich stehe bei me<strong>in</strong>en Höhen<br />
<strong>und</strong> Tiefen, praktische Hilfe (Bettkauf usw.) <strong>und</strong><br />
Hilfe beim Auszug nach 2,5 Jahren. Nun wohne<br />
ich ganz selbstständig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 2er WG <strong>und</strong> habe<br />
e<strong>in</strong>e süße Katze. Vielen Dank an dieser Stelle an<br />
alle Beteiligten me<strong>in</strong>er Genesung!<br />
Kontakt über:<br />
Marlies Bümmerstede<br />
Begleitetes <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien<br />
Belchenstrasse 13<br />
79189 Bad Kroz<strong>in</strong>gen<br />
Tel.: 07633- 95807-21<br />
E-Mail: marlies.buemmerstede@caritas-bh.de<br />
7
Pf<strong>in</strong>gstausflug mit unserem Gast vom<br />
<strong>BWF</strong> nach Bad Wildbad<br />
Wie schon letztes Jahr g<strong>in</strong>g es für Maria Giller<br />
<strong>und</strong> ihren Fre<strong>und</strong> Johann geme<strong>in</strong>sam mit unserer<br />
Familie (Gastfamilie<br />
im <strong>BWF</strong> seit<br />
2004) ab <strong>in</strong> den<br />
schönen Schwarzwald<br />
<strong>in</strong>s romantische<br />
Bad Wildbad.<br />
Bei strahlendem<br />
Sonnensche<strong>in</strong> begann<br />
die Reise am<br />
Pf<strong>in</strong>gstsamstag.<br />
Die Fahrt führte<br />
uns über die Autobahn<br />
bis nach<br />
Baden-Baden <strong>und</strong><br />
dann durch die<br />
schöne Gegend des Nordschwarzwaldes.<br />
Am Ziel angekommen, haben wir das Gepäck im<br />
Hotel Traube ausgeladen <strong>und</strong> anschließend<br />
zuerst die nähere Gegend erk<strong>und</strong>et. Das Wetter<br />
war ideal <strong>und</strong> so wurde der Nachmittag mit e<strong>in</strong>em<br />
schönen Ausflug verbracht. Am Abend folgte e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>er Bummel zum Kurpark, wo wir im<br />
Kurparkrestaurant auf der Terrasse das<br />
Abendessen e<strong>in</strong>genommen haben.<br />
Es war dann doch e<strong>in</strong> langer Tag. Wir g<strong>in</strong>gen früh<br />
<strong>in</strong> unsere Zimmer, um für den nächsten Tag<br />
gerüstet zu se<strong>in</strong>.<br />
Am Sonntag haben wir uns erst mal am<br />
Frühstücksbuffet gestärkt, denn anschließend<br />
g<strong>in</strong>g es auf Tour: Mit der Sommerbergbahn h<strong>in</strong>auf<br />
auf die Höhe, wo e<strong>in</strong> ausgedehnter Spaziergang<br />
durch den romantischen Wald mit toller Sicht aufs<br />
Enztal h<strong>in</strong>ab lockte. Runter g<strong>in</strong>g es wieder mit der<br />
Bahn, von wo aus man durch die<br />
Panoramafenster e<strong>in</strong>en tollen Blick auf die Stadt<br />
werfen konnte.<br />
Am Nachmittag stand e<strong>in</strong>e Fahrt mit der S- Bahn<br />
nach Pforzheim zum Kaffeetr<strong>in</strong>ken auf dem<br />
Programm. Leider war der Wettergott nicht milde<br />
gestimmt, denn dort angekommen, regnete es <strong>in</strong><br />
Strömen. Doch das hielt uns nicht von e<strong>in</strong>em<br />
Stadtbummel durch die Fußgängerzone ab.<br />
Mit aufgespannten Schirmen g<strong>in</strong>g es zurück zum<br />
Bahnhof <strong>und</strong> ab mit der Bahn nach Bad Wildbad.<br />
Hier war erst mal Relaxen angesagt, bis es Zeit<br />
für das Abendessen war.<br />
Gut gestärkt,<br />
aber auch müde,<br />
g<strong>in</strong>gen wir<br />
zurück <strong>in</strong>s Hotel<br />
<strong>und</strong> es dauerte<br />
nicht lange,<br />
bis es ab <strong>in</strong><br />
die Betten g<strong>in</strong>g.<br />
Pf<strong>in</strong>gstmontag<br />
war unser letzter<br />
Tag, an dem<br />
wir aber noch<br />
e<strong>in</strong> paar St<strong>und</strong>en<br />
<strong>in</strong> der bekannten<br />
Therme<br />
„Palais<br />
Thermal“ verbrachten.<br />
Schon während der Rückfahrt war uns allen klar:<br />
Der nächste geme<strong>in</strong>same Ausflug kommt bestimmt!!!<br />
Gastfamilie Haupt-Weber<br />
Kontakt über:<br />
Hannelore Schiedel<br />
Begleitetes <strong>Wohnen</strong> <strong>in</strong> Familien<br />
VERSE e.V.<br />
E-Mail: schiedel.bwf@gmx.de<br />
Redaktion Verteiler Layout<br />
Dr. Jo Becker <strong>BWF</strong> aktuell ersche<strong>in</strong>t Sab<strong>in</strong>e Dießenbacher<br />
Spix e.V.<br />
seit 2008 viermal im Jahr<br />
Kaiserr<strong>in</strong>g 16 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Auflage von 330 <strong>und</strong> Redaktionsschluss<br />
D-46483 Wesel wird kostenlos an Bitte schickt Eure Beiträge<br />
Telefon 0281-163330 <strong>BWF</strong>-Teams <strong>und</strong> für die nächste Ausgabe<br />
E-Mail: bwfaktuell@spix-ev.de Leistungsträger versandt bis 31.10.2013<br />
Alle früheren Ausgaben unter „Aktuelles“ auf www.bwf-<strong>in</strong>fo.de<br />
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