Euroforum Newsletter Vergaberecht - HFK Rechtsanwälte
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Ausgabe 11 (1/2012)<br />
<strong>Euroforum</strong>-<strong>Newsletter</strong><br />
<strong>Vergaberecht</strong> 2012<br />
Ihr begleitender <strong>Newsletter</strong> zu den renommierten<br />
vergaberechtlichen Jahrestagungen und Seminaren!<br />
www.vergaberecht-euroforum.de
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Vergaberecht</strong> 2012<br />
S. 3<br />
Bewertung der EU-<strong>Vergaberecht</strong>sreform<br />
aus kommunaler Sicht<br />
Norbert Portz, Beigeordneter, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Bonn<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wir freuen uns, Ihnen die aktuelle Ausgabe unseres digitalen <strong>Newsletter</strong>s<br />
<strong>Vergaberecht</strong> zuzusenden.<br />
S. 6<br />
S. 8<br />
S. 10<br />
Strengere Prüfung der kartellrechtlichen Zulässigkeit von<br />
Bietergemeinschaften bei öffentlichen Auftragsvergaben<br />
Dr. Marc Gabriel LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
und Partner, Baker & McKenzie, Berlin<br />
Tariftreue- und Vergabegesetz NRW<br />
Carsten Steinert, Rechtsanwalt, Leiter Vergabe- und Beihilfenrecht,<br />
PricewaterhouseCoopers Legal AG, Düsseldorf<br />
Teststellung und Präsentation im Vergabeverfahren<br />
Dr. Susanne Mertens LL.M., Partnerin, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />
Henrik Baumann, Rechtsanwalt, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />
In der ersten Ausgabe des Jahres 2012 fi nden Sie wieder einen bunten Strauß<br />
an interessanten Artikeln zu aktuellen Themen, die die <strong>Vergaberecht</strong>swelt<br />
aktuell bewegen.<br />
An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei den Autoren für ihre<br />
Unterstützung bei der Gestaltung des <strong>Newsletter</strong>s. Wenn auch Sie einen<br />
Beitrag für den nächsten <strong>Newsletter</strong> leisten möchten oder Anregungen für<br />
Themen haben, erreichen Sie uns unter 02 11/96 86–35 26.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und freuen uns, Sie bei einer unserer<br />
Veranstaltungen zu begrüßen.<br />
Herzliche Grüße<br />
Ihr EUROFORUM-Team<br />
S. 12<br />
Risiken und Chancen von praktischen Erprobungen<br />
Prof. Dr. Ralf Leinemann, Partner, Leinemann & Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />
Dr. Thomas Kirch, Partner, Leinemann & Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />
S. 13<br />
BGH: Dienstleistungskonzessionen unterliegen<br />
nicht dem <strong>Vergaberecht</strong><br />
Aline Heurley, Rechtsanwältin, PricewaterhouseCoopers<br />
Legal AG, Düsseldorf<br />
Rechtsanwältin Bettina Cebulla<br />
Senior-Konferenz-Managerin Recht<br />
S. 14<br />
Endstation Nachunternehmer: Wie die Wahl des<br />
„falschen“ Nachunternehmers zum Ausschluss führt<br />
Dr. Annette Rosenkötter, Partnerin, FPS Rechtsanwälte &<br />
Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />
Aline Fritz, Rechtsanwältin, FPS Rechtsanwälte &<br />
Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />
Rechtsanwältin Luise Gerdemann<br />
Konferenzmanagerin Recht<br />
S. 15<br />
Neue Vergaberegeln in den Bereichen<br />
Verteidigung und Sicherheit<br />
Dr. Wolfram Krohn, Partner, Orrick Hölters & Elsing<br />
S.17<br />
Der Grundsatz des Gebotes der losweisen<br />
Vergabe und dessen Ausnahmen<br />
Dr. Daniela Hattenhauer, Partnerin, Heuking Kühn Lüer Wojtek,<br />
Düsseldorf/Frankfurt am Main<br />
Sebastian Gall, Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer Wojtek , Frankfurt am Main<br />
Weitere aktuelle Aufsätze finden Sie unter:<br />
www.vergaberecht-euroforum.de<br />
2<br />
<strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 8 (2/2010)
Bewertung der EU-<strong>Vergaberecht</strong>sreform<br />
aus kommunaler Sicht<br />
I. Hintergrund<br />
Die EU-Kommission hat am 20. Dezember 2011 ihre<br />
Vorschläge zur <strong>Vergaberecht</strong>sreform vorgelegt. Vor<br />
dem Hintergrund der Strategie „Europa 2020“ für ein<br />
intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum<br />
sollen zwei Ziele miteinander verbunden werden:<br />
Zum einen die Steigerung der Effizienz und eine<br />
Vereinfachung und Flexibilisierung von Vergabeverfahren;<br />
zum anderen soll auch die Möglichkeit geschaffen<br />
werden, die öffentliche Auftragsvergabe besser<br />
zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher<br />
Ziele, etwa im Umweltschutz oder im sozialen Bereich,<br />
zu nutzen.<br />
II. Aufteilung des Pakets auf drei<br />
EU-Richtlinienvorschläge<br />
Die EU-Kommission hat erstmalig eine Aufteilung des<br />
EU-Reformpakets auf drei Richtlinienvorschläge und<br />
damit auf eine mehr („Konzessionen“) als bisher vorgenommen.<br />
Im Einzelnen handelt es sich jeweils um eine<br />
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
• über die (allgemeine) Auftragsvergabe, Kom<br />
(2011) 896/2 (258 Seiten)<br />
• über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber<br />
im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung<br />
sowie der Postdienste, Kom<br />
(2011) 895 endgültig (182 Seiten) und<br />
• über die Konzessionsvergabe, Kom (2011) 897<br />
endgültig (98 Seiten).<br />
Diese drei Richtlinienvorschläge sind schon vom<br />
Umfang, aber auch vom Inhalt her, sehr komplex<br />
und als solche kein Beitrag zur Entbürokratisierung.<br />
Hinzu kommen die zusätzlich aufgenommenen und<br />
aus kommunaler Sicht nicht erforderlichen Regelungen,<br />
insbesondere im Bereich der interkommunalen<br />
Kooperationen sowie der (Dienstleistungs-)<br />
Konzessionen.<br />
III. Kurzbewertung des Vorschlags<br />
über die Auftragsvergabe<br />
Eine Kurzbewertung des EU-Richtlinienvorschlags<br />
über die (allgemeine) Auftragsvergabe lässt sich wie<br />
folgt zusammenfassen:<br />
• Anwendungsbereich und Auftragswertberechnung<br />
Der in Art. 1 Abs. 2 vorgenommene Projektbezug<br />
bei der Auftragsvergabe dürfte im Ergebnis auch<br />
maßgeblich für die Berechnung des geschätzten<br />
Werts (Schwellenwert) sein. Hiermit ist aber die negative<br />
Folge verbunden, dass bei einem Bauvorhaben<br />
sowohl die vorangehenden Planungsleistungen<br />
als auch die nachfolgende Bauausführung gemeinsam<br />
berechnet werden und daher auch sehr viel<br />
schneller der EU-Schwellenwert mit einer entsprechenden<br />
Bekanntmachungspfl icht im EU-Amtsblatt<br />
erreicht wird. Angesichts einer tatsächlichen Vergabe<br />
von nur ca. 1,5 % aller Aufträge oberhalb der<br />
Schwellenwerte an Bieter mit Sitz im Ausland ist<br />
aber eine derartige Zusammenfassung aller<br />
Leistungen (Projektbezug) nicht gerechtfertigt. Zudem<br />
wird hierdurch tendenziell einer Förderung von<br />
Gesamtvergaben (keine Trennung zwischen Planungsleistungen<br />
einerseits und Bauleistungen andererseits)<br />
und damit auch einer Mittelstandsunfreundlichkeit<br />
Vorschub geleistet.<br />
Der vorgeschlagene Wegfall der Unterscheidung zwischen<br />
sogenannten prioritären und nicht prioritären<br />
Dienstleistungen („A“- und „B“-Dienstleistungen) erscheint<br />
demgegenüber nicht empirisch begründet.<br />
Dies gilt erst recht, da weiterhin eine Differenzierung<br />
danach erfolgen soll, dass die üblichen Vergaberegeln<br />
zwar in Zukunft z. B. für Rechtsanwaltsleistungen,<br />
nicht aber für soziale Dienstleistungen geeignet<br />
sein sollen, sondern für diese weiter spezifische<br />
Regelungen erforderlich sind.<br />
•„Toolbox“-Konzept:<br />
Dieses Konzept (s. Art. 24 ff.) mit zwei grundlegenden<br />
Verfahrensformen (Offenes/Nichtoffenes<br />
Verfahren auf der einen sowie Verhandlungsverfahren,<br />
Wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft<br />
auf der anderen Seite) ist als „Instrumentenkasten“<br />
grundsätzlich zu begrüßen.<br />
Allerdings wird die Anwendung des Verhandlungsverfahrens<br />
nach Art. 27 des Vorschlags an zu einengende<br />
Voraussetzungen geknüpft. Allenfalls der<br />
Buchstabe e (spezifi sche Umstände, Wesensart<br />
oder Komplexität der Beschaffung, Risiken) beinhaltet<br />
eine Ausweitung der aktuellen Anwendungsfälle<br />
des Verhandlungsverfahrens, der aber wegen<br />
der unbestimmten Rechtsbegriffe in der Praxis mit<br />
Auslegungsschwierigkeiten verbunden ist.<br />
• Lockerung der Regelungen für subzentrale<br />
Vergabebehörden (Kommunen):<br />
Die Lockerung der Regelungen für subzentrale Vergabebehörden<br />
(s. etwa Art. 26 Nr. 4) bringt zwar<br />
mehr Freiheiten insbesondere für kommunale Beschaffung<br />
und ist daher im Grundsatz zu begrüßen.<br />
Wenn danach eine lokale Behörde als Aufruf zum<br />
Wettbewerb Vorinformationen veröffentlich hat,<br />
braucht diese nach dem EU-Vorschlag vor Einleitung<br />
des Vergabeverfahrens keine separate Auftragsbekanntmachung<br />
mehr zu veröffentlichen. Allerdings<br />
führt die Stärkung der Vorinformation<br />
dazu, dass sich die Unternehmen fortlaufend hierüber<br />
Kenntnis verschaffen müssen und ihre Kapazitäten<br />
bereits sehr frühzeitig auf zeitlich sehr viel<br />
später stattfi ndende Auftragsvergaben einrichten<br />
müssen. Dies erscheint praxisfremd. Hinzu kommt,<br />
dass eine Unterteilung auf verschiedene Arten von<br />
Auftraggebern nicht sachgerecht begründbar ist.<br />
• Modernisierung der Vergabeverfahren:<br />
Eine Flexibilisierung bei der Überprüfung zur Auswahl<br />
der Bieter einerseits und der Erteilung des Zuschlags<br />
andererseits (Auswahl- und Zuschlagskriterien)<br />
ist zu begrüßen (s. Art. 54 Nr. 3). Jedoch sind<br />
hier weitere Erleichterungen sinnvoll: Insbesondere<br />
die mit Ausschlussfolgen bei der Wertung der Angebote<br />
verbundene Vermengung zwischen den<br />
Auswahl- und den Zuschlagskriterien durch die Auftraggeber<br />
sollten künftig keinen zwingende Ausschlussgrund<br />
beinhalten.<br />
• Lebenszykluskosten, Produktionsprozess, Gütezeichen:<br />
Unter den strategischen Zielen von „Europa 2020“,<br />
insbesondere um umwelt- und soziale Aspekte verstärkt<br />
in das <strong>Vergaberecht</strong> einzubeziehen, können<br />
zukünftig vermehrt Lebenszykluskosten (s. Art. 67)<br />
berücksichtigt werden. Zudem können Auftraggeber<br />
spezielle Gütezeichen (s. Art. 41) bei ihren Beschaffungen<br />
verlangen. Speziell das Abverlangen<br />
von qualifi zierten Gütezeichen erleichtert Auftraggebern<br />
im Leistungsverzeichnis die rechtliche und<br />
tatsächliche Umsetzung einer umweltfreundlichen<br />
Vergabe und ist daher zu begrüßen.<br />
•Umgang mit ungewöhnlich niedrigen Angeboten:<br />
Die Regelung in Art. 69 über die Erläuterung ungewöhnlich<br />
niedriger Angebote in Koppelung an bestimmte<br />
Preisabstände (50 Prozent oder 20 Prozent)<br />
gehört nicht in das <strong>Vergaberecht</strong>, sondern<br />
3 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
allenfalls in Handlungsanleitungen und Empfehlungen.<br />
Diese strikten Prozentvorgaben werden der<br />
Vielgestaltigkeit der Angebotskalkulation von Bietern,<br />
insbesondere in „innovativen oder neuen Märkten“,<br />
in denen sich noch keine Preise „gesetzt“ haben<br />
und daher erhebliche Preisspannen durchaus<br />
üblich sind, nicht gerecht. Die eingrenzenden Regelungen<br />
über die Prozentvorgaben sollten daher<br />
gänzlich entfallen.<br />
•Regelung zur Auftragsänderungen während<br />
der Laufzeit:<br />
Die in Art. 72 vorgenommene Abgrenzung zwischen<br />
einer ausschreibungspfl ichtigen Neuvergabe<br />
bei wesentlicher Änderung der Bestimmungen<br />
eines öffentlichen Auftrags einerseits und einer<br />
nicht erforderlichen Neuvergabe bei nicht wesentlichen<br />
Änderungen andererseits ist sinnvoll, aber<br />
angesichts der dort (Abs. 4) normierten 5 %-Grenze<br />
(Auftragswert) zu einengend.<br />
•Ermöglichung einer direkten Bezahlung<br />
von Unterauftragnehmern:<br />
Die vorgeschlagene Möglichkeit für die Mitgliedstaaten,<br />
wonach Unterauftragnehmer vom Auftraggeber<br />
eine direkte Zahlung verlangen können (s.<br />
Art. 71 Nr. 2), entspricht nicht der rechtlichen Vorgabe<br />
in Deutschland, wonach der Auftraggeber ein<br />
unmittelbares Vertragsverhältnis nur mit seinem<br />
Hauptauftragnehmer hat. Insoweit stellt dieser Vorschlag<br />
eine nicht zu Ende gedachte und daher abzulehnende<br />
Neufassung dar.<br />
• Einrichtung einer nationalen Aufsichtsstelle:<br />
Die in Art. 84 für einen Mitgliedstaat vorgeschlagene<br />
und von diesem zu benennende „einzige unabhängige<br />
Stelle“, die für die Beaufsichtigung und<br />
Koordinierung der Durchführungstätigkeiten verantwortlich<br />
ist („Aufsichtsstelle“) entspricht nicht<br />
dem föderalen deutschen Staatsaufbau. So ist nicht<br />
vorstellbar, dass eine einzige „Superaufsichtsinstanz“<br />
in Deutschland die Vergaben der Städte und<br />
Gemeinden im Rahmen des dreigliedrigen deutschen<br />
Staatsaufbaus beaufsichtigen können soll.<br />
•Regelungen der Beziehungen zwischen öffentlichen<br />
Stellen (Interkommunale Zusammenarbeit)<br />
Die vorgeschlagene Regelung in Art. 11 über die<br />
Abgrenzung zur Anwendung bzw. Nichtanwendung<br />
des <strong>Vergaberecht</strong>s bei „Beziehungen zwischen öffentlichen<br />
Stellen“ betrifft sowohl die vertikale In-<br />
House-Vergabe als auch die horizontale Zusammenarbeit<br />
zwischen öffentlichen Auftraggebern.<br />
Der hier unternommene Versuch, durch eine abschließende<br />
Aufzählung die rechtlichen Voraussetzungen<br />
einer ausschreibungsfreien (vertikalen) In-<br />
House-Vergabe sowie eine ausschreibungsfreie<br />
horizontale Zusammenarbeit zwischen öffentlichen<br />
Auftraggebern einengend zu regeln geht teilweise<br />
über die Rechtsprechung des EuGH hinaus. Der<br />
Vorschlag ist daher aus kommunaler Sicht abzulehnen.<br />
Er beeinträchtigt die Organisationshoheit der<br />
Kommunen<br />
IV. Eigenständige EU-Richtlinie<br />
über Konzessionen<br />
• Grundsätzliche Positionen<br />
Die EU-Kommission hat eine eigenständige Richtlinie<br />
über die bisher von öffentlichen Auftragsvergaben<br />
nicht erfassten (Dienstleistungs-)Konzessionen<br />
vorgelegt. Die kommunalen Spitzenverbände wenden<br />
sich – in Übereinstimmung mit dem EU-Parlament<br />
und dem Bundesrat in Deutschland – gegen<br />
einen eigenständigen Gesetzgebungsvorschlag<br />
über Konzessionen. Dienstleistungskonzessionen<br />
erfassen neben dem Bereich der Abfallbeseitigung<br />
und der Wasserversorgung im kommunalen<br />
Bereich auch Rettungsdienstleistungen sowie die<br />
Breitbandversorgung und die Verpachtung kommunaler<br />
Liegenschaften für Photovoltaikanlagen.<br />
Für all diese Dienstleistungen würde eine Anwendung<br />
des <strong>Vergaberecht</strong>s eine Einengung der Flexibilität<br />
bedeuten.<br />
Speziell im Bereich der Wasserversorgung droht die<br />
Gefahr, dass durch das <strong>Vergaberecht</strong> eine Liberalisierung<br />
durch die Hintertür eintritt. Dies ist nachdrücklich<br />
abzulehnen. Insoweit besteht auch heute<br />
schon bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen<br />
kein rechtsfreier Raum. Hier müssen die Vorgaben<br />
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und<br />
auch das EU-Primärrecht beachtet werden (Gleichbehandlung,<br />
Transparenz, Wettbewerb). Zusätzliche<br />
Regelungen führen zur Infl exibilität. Sie sind<br />
daher nicht erforderlich. Zudem hat die Kommission<br />
nicht dargelegt, dass eine sekundärrechtliche<br />
Regelung der Dienstleistungskonzessionen auf EU-<br />
Ebene erforderlich ist.<br />
• Vertrag von Lissabon stärkt kommunale<br />
Selbstverwaltung<br />
Der weite Ermessenspielraum, der den nationalen,<br />
regionalen und insbesondere auch lokalen Stellen<br />
(Kommunen) durch den Vertrag von Lissabon zuerkannt<br />
worden ist, ist jedenfalls mit einer verfahrensrechtlichen<br />
Eingrenzung der Dienstleistungskonzessionen<br />
nicht vereinbar. Dies gilt erst recht für die<br />
Anwendung der EU-Rechtsmittelrichtlinie auf die<br />
Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und damit<br />
für die künftig gegebene Zuständigkeit von Vergabekammern<br />
in diesem Bereich. Die Besonderheiten<br />
der Dienstleistungskonzessionen fordern<br />
nach alledem in der Konsequenz die Beibehaltung<br />
der notwendigen Flexibilität und damit eine Nichtanwendung<br />
des <strong>Vergaberecht</strong>s.<br />
Norbert Portz,<br />
Beigeordneter, Deutscher<br />
Städte- und Gemeindebund, Bonn<br />
4 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
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Rd. 95 % der öffentlichen Vergaben werden unterhalb der EU-Schwellenwerte abgewickelt. Dafür<br />
bestehen aber keine verbindlichen Normen oder Musterentscheidungen. Haushaltsrechtlich sind die<br />
Vergabevorschriften von VOL/A und VOB/A zu beachten und es gibt diverse Verwaltungsvorschriften.<br />
Zuschlagsentscheidungen müssen jedoch auch unterhalb der Schwellenwerte mit Wertungssystemen<br />
und Gewichtungen begründet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass das <strong>Vergaberecht</strong><br />
ständig im Fluss ist und zahlreiche Neuerungen zu beachten sind. Vor diesem Hintergrund<br />
sind Kenntnisse des <strong>Vergaberecht</strong>s für Auftraggeber und Bieter unerlässlich.<br />
Außerdem gewinnt der Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte zunehmend an Bedeutung. Wie<br />
schützt sich der Auftraggeber gegen Anfechtungen und Schadensersatzansprüche? Wie soll der Bieter<br />
seine Rechte geltend machen?<br />
Auch die 2. Auflage des Werkes leitet Sie sicher durch alle Stationen des Vergabeverfahrens. Sie<br />
erhalten einen Überblick über die jeweiligen rechtlichen Anforderungen sowie die Rechtsschutzmöglichkeiten.<br />
Die Neuauflage trägt dem aktuellen Norm- und Entwicklungsstand des <strong>Vergaberecht</strong>s Rechnung.<br />
Sie berücksichtigt neue Beschaffungsaspekte, wie z.B. Fragen der Energieeffizienz, ebenso wie<br />
besondere Verpflichtungen bei der Wertung von Angeboten, deren Nichtbeachtung zum Ausschluss<br />
von Bietern führt.<br />
Zahlreiche Beispiele, Praxistipps und grafische Übersichten veranschaulichen das jeweilige Thema.<br />
AUS DEM INHALT<br />
Wann darf auf eine Ausschreibung<br />
verzichtet werden?<br />
Welche Angebote dürfen ausgeschlossen<br />
werden?<br />
Wie wird die Eignung der Bieter überprüft?<br />
Welche Kriterien sind bei der Prüfung<br />
der Angebote zu beachten?<br />
Wie werden Angebote gewertet? Wie<br />
funktioniert ein Wertungssys-tem mit<br />
Gewichtung?<br />
IHRE VORTEILE<br />
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tägliche Vergabegeschäft<br />
• Übersichtlicher Aufbau anhand der Stationen<br />
des Vergabeverfahrens<br />
• Zahlreiche Beispiele, Tipps, Übersichten<br />
und Checklisten. Insbesondere werden<br />
verschiedene Wertungssysteme mit Gewichtung<br />
vorgestellt und ihr Ablauf sowie<br />
ihre Anwendung erläutert.<br />
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Strengere Prüfung der kartellrechtlichen<br />
Zulässigkeit von Bietergemeinschaften<br />
bei öffentlichen Auftragsvergaben<br />
Die kartellrechtliche Zulässigkeit<br />
von Bietergemeinschaften<br />
Bietergemeinschaften sind Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen<br />
zur gemeinschaftlichen Abgabe eines Angebots<br />
mit dem Ziel, den durch die Verdingungsunterlagen beschriebenen<br />
Auftrag gemeinschaftlich zu erhalten und auszuführen.<br />
Die Rolle von Bietergemeinschaften liegt oft in<br />
einem Spannungsfeld einerseits zwischen der gewollten Erweiterung<br />
des Bieterwettbewerbs (gerade auch durch erweiterte<br />
Teilnahmemöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen,<br />
für die Bietergemeinschaftsbildungen eine Chance<br />
darstellen, im Wettbewerb mit Großkonzernen attraktive Angebote<br />
zu kalkulieren) und andererseits der kartellrechtlich<br />
begründeten latenten Gefahr unzulässiger Wettbewerbsbeschränkungen<br />
i.S.v. § 1 GWB (hierzu und zum Folgenden:<br />
Gabriel/Benecke/Geldsetzer, Die Bietergemeinschaft,<br />
2007, S. 11 Rdnr. 22 ff.). Letzteres ist insbesondere dann der<br />
Fall, wenn sich gleichartige Unternehmen derselben Branche<br />
zu einer Bietergemeinschaft zusammenschließen, die aufgrund<br />
ihrer Leistungsfähigkeit auch selbstständig in der<br />
Lage wären, ein eigenes Angebot abzugeben. Denn schließen<br />
sich zwei oder drei solcher Unternehmen zu einer Bietergemeinschaft<br />
zusammen und geben als solche ein Angebot<br />
ab, erhält der Auftraggeber ein oder zwei Angebote weniger,<br />
als bei jeweils individueller Ausschreibungsbeteiligung möglich<br />
gewesen wäre – eine Beschränkung des Wettbewerbs<br />
liegt auf der Hand. Der Verstoß einer Bietergemeinschaftsgründung<br />
gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender<br />
Verhaltensweisen hat einen Angebotsausschluss für diese<br />
Bietergemeinschaften gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 lit. d)<br />
VOB/A bzw. § 19 Abs. 3 lit. f) EG VOL/A zur Folge.<br />
Vor diesem Hintergrund entwickelte sich seit einer grundlegenden<br />
Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1983 eine einheitliche<br />
Rechtsprechungspraxis, welche Bietergemeinschaften<br />
auch zwischen leistungsstarken und<br />
branchengleichen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen<br />
für kartellrechtlich zulässig erklärte (vgl. dazu<br />
BGH, Urteil vom 13.12.1983, KRB 3/83; OLG Koblenz, Beschluss<br />
vom 29.12.2004, 1Verg 6/04; OLG Naumburg, Beschluss<br />
vom 21.12.2000, 1 Verg 10/00). Ausgangspunkt<br />
dieser Rechtsprechung ist die Feststellung, dass eine Wettbewerbsbeschränkung<br />
denknotwendig dann nicht vorliegen<br />
kann, wenn die beteiligten Unternehmen auf dem jeweiligen<br />
Markt überhaupt nicht im Wettbewerb miteinander stehen.<br />
Das ist einerseits grundsätzlich bei Unternehmen der Fall,<br />
die alleine schon objektiv in Ansehung des ausgeschriebenen<br />
Leistungsumfangs nicht in der Lage sind, ein erfolgversprechendes<br />
eigenes Angebot abzugeben. Darüber hinaus<br />
bestehe aber auch zwischen leistungsstarken<br />
Untenehmen dann kein (potentieller) Wettbewerb, wenn diese<br />
aus subjektiven Gründen deshalb kein eigenes Angebot<br />
abgegeben hätten, weil das nicht für „wirtschaftlich sinnvoll<br />
und kaufmännisch vernünftig“ befunden wurde. Bei dieser<br />
letztgenannten Erwägung lag in der Vergangenheit der Prüfungsschwerpunkt<br />
der Nachprüfungsinstanzen.<br />
Die aktuelle Entscheidung des<br />
OLG Düsseldorf<br />
Das OLG Düsseldorf stellte kürzlich in einem Beschluss vom<br />
09.11.2011 fest, dass die Eingehung einer Bietergemeinschaft<br />
in Bezug auf eine Auftragsvergabe im Allgemeinen<br />
die gegenseitige Verpflichtung beinhaltet, von der Abgabe<br />
eigener Angebote (bezogen auf die einzelnen Bietergemeinschaftsmitglieder)<br />
abzusehen – was grundsätzlich den Tatbestand<br />
einer Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB<br />
darstelle. Allerdings, so führt der Senat weiter aus, könne<br />
auch eine Bietergemeinschaft zwischen gleichartigen Unternehmen<br />
als wettbwerbsunschädlich angesehen werden, sofern<br />
kumulativ zwei Voraussetzungen vorlägen. Zum<br />
einen dürften die einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft<br />
objektiv nicht die zur Teilnahme an der Ausschreibung<br />
durch Abgabe eines Angebots erforderliche Leistungsfähigkeit<br />
aufweisen. Zum anderen sei in subjektiver Hinsicht<br />
zusätzlich darauf abzustellen, ob die Zusammenarbeit eine<br />
im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch<br />
vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung<br />
darstellt.<br />
Bewertung der Entscheidung und Ausblick<br />
Die bisherige Praxis der Rechtsprechung, Bietergemeinschaften<br />
zwischen selbstständig leistungsfähigen Unternehmen<br />
sehr weitgehend für kartellrechtlich zulässig zu erachten,<br />
sofern die Abgabe eines eigenen Angebots nicht<br />
wirtschaftlich sinnvoll und kaufmännisch vernünftig erscheint,<br />
führte im Ergebnis zu sehr niedrigen Nachweisanforderungen<br />
für die beteiligten Unternehmen sowie die Zulässigkeit<br />
der Bietergemeinschaftsbildung in der Vergabeakte<br />
dokumentierenden öffentlichen Auftraggeber. In diesem Zusammenhang<br />
genügte es oftmals bereits darzustellen, dass<br />
die Vorgaben der Verdingungsunterlagen ein Leistungsspektrum<br />
verlangt, das erheblich über das durchschnittliche Leistungsvermögen<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgeht<br />
(OLG Naumburg, Beschluss vom 21.12.2000, 1 Verg<br />
10/00) oder dass durch die Bietergemeinschaft Synergieeffekte<br />
durch Einsparungen wie die gemeinsame Nutzung vorhandener<br />
Standorte und die Ermöglichung besserer Einkaufsbedingungen<br />
erzielt werden (OLG Frankfurt am Main,<br />
Beschluss vom 27.06.2003, 11 Verg 2/03), bzw. eine Verteilung<br />
des wirtschaftlichen Risikos auf die beteiligten Unternehmen<br />
sowie Personaleinsparungen erreicht werden können<br />
(OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.06.2003,<br />
11 Verg 2/03). Diese Anforderungen waren nicht hoch; der<br />
Nachweis der kartellrechtlichen Zulässigkeit dementsprechend<br />
einfach.<br />
Diese Praxis wird vom OLG Düsseldorf nun nicht weiter verfolgt.<br />
Die Fokussierung auf das objektive Merkmal der selbstständigen<br />
Leistungsunfähigkeit als zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung<br />
führt zu einer generellen Unzulässigkeit von<br />
Bietergemeinschaft zwischen marktstarken Unternehmen<br />
derselben Branche – und zwar im Sinne einer Regelvermutung.<br />
Diese Konsequenz hat das OLG Düsseldorf bereits wenige<br />
Tage nach der Entscheidung vom 09.11.2011 mit<br />
einem nachfolgenden Beschluss gezogen (siehe OLG Düsseldorf,<br />
Beschluss vom 11.11.2011, Verg 92/11), in welchem<br />
der Senat hinsichtlich der kartellrechtlichen Zulässigkeit von<br />
Bietergemeinschaften ausschließlich auf das objektive Merkmal<br />
der hinreichenden Leistungsfähigkeit abstellt.<br />
Es ist daher festzuhalten, dass das OLG Düsseldorf jüngst einen<br />
deutlich verschärften Maßstab für die Beurteilung der<br />
kartellrechtlichen Zulässigkeit von Bietergemeinschaften bei<br />
öffentlichen Auftragsvergaben konstituiert hat. Damit einher<br />
geht sowohl eine deutlich erhöhte Darlegungslast für<br />
Bieter, als auch eine höchst praxisrelevante gesteigerte Prüfungs-<br />
und Dokumentationspflicht für öffentliche Auftraggeber.<br />
Die durch die Entscheidungen des OLG Düsseldorf faktisch<br />
eingeführte Regelvermutung der kartellrechtlichen<br />
Unzulässigkeit einer Bietergemeinschaft zwischen marktstarken<br />
Unternehmen derselben Branche darf künftig allerdings<br />
nicht dazu führen, Angebote solcher Bietergemeinschaften<br />
„vorwarnungslos“ von vornherein auszuschließen<br />
(vgl. zu den dahingehenden Vorgaben des EuGH: Gabriel,<br />
NZBau 2010, 225). Vielmehr muss den beteiligten Unternehmen<br />
im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens<br />
eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt werden, um die<br />
Vermutung einer Wettbewerbsbeschränkung auszuräumen.<br />
Letztlich wird somit eine an objektiven Kriterien ausgerichtete<br />
Einzelfallprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber erforderlich<br />
– und eine vertiefte Befassung mit den kartellrechtlichen<br />
Rahmenbedingungen für Unternehmenszusammenschlüsse,<br />
die in dieser Tragweite von<br />
Auftraggebern in der Vergangenheit im Regelfall nicht geleistet<br />
wurde.<br />
Dr. Marc Gabriel, LL.M., Rechtsanwalt,<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht und<br />
Partner, Baker & McKenzie, Berlin<br />
6 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
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7 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 9 (1/2011)
Tariftreue- und Vergabegesetz NRW<br />
Mit Datum vom 26.01.2012 wurde im Gesetz- und<br />
Verordnungsblatt NRW das Gesetz über die Sicherung<br />
von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb<br />
bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue-<br />
und Vergabegesetz - TVgG - NRW) verkündet.<br />
Das Gesetz tritt zum 01.05.2012 in Kraft.<br />
Das Gesetz verfolgt den Zweck, einen fairen Wettbewerb<br />
um das wirtschaftlichste Angebot bei der Vergabe<br />
öffentlicher Aufträge unter gleichzeitiger Berücksichtigung<br />
von Sozialverträglichkeit, Umweltschutz<br />
und Energieeffizienz sowie Qualität und Innovation der<br />
Angebote zu fördern und zu unterstützen. Ausgehend<br />
von einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2008<br />
(Urteil vom 03.04.2008, Rs. C-346/06), der einem öffentlichen<br />
Auftraggeber wegen Verstoßes gegen die<br />
Entsenderichtlinie und die Dienstleistungsfreiheit verbot,<br />
Bauaufträge nur an tariflohnzahlende Unternehmen<br />
zu vergeben, hat der Gesetzgeber mit dem TVgG<br />
NRW die vom EuGH gesetzten Spielräume ausgefüllt.<br />
Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns<br />
Mit dem Gesetz ist in erster Linie vorgesehen, dass öffentliche<br />
Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben<br />
werden dürfen, die ihren Beschäftigten einen<br />
Mindestlohn von € 8,62 pro Stunde zahlen. Öffentliche<br />
Aufträge im Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes<br />
dürfen nur an solche Unternehmen<br />
vergeben werden, die sich schriftlich<br />
verpflichten, wenigstens die Mindestarbeitsbedingungen<br />
und das Mindestentgelt zu gewähren, welche<br />
durch einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag<br />
vorgegeben werden.<br />
Nach Angaben der Landesregierung sollen die öffentlichen<br />
Auftraggeber und Unternehmen durch die Änderung<br />
des Vergabeverfahrens jedoch so gering wie<br />
möglich belastet werden. So ist beispielsweise vorgesehen,<br />
dass die Bieter zum Nachweis der geforderten<br />
Lohnhöhe gemäß § 4 Absatz 3 TVgG NRW künftig<br />
lediglich Eigenerklärungen abgeben und bestätigen<br />
müssen, dass sie die eingesetzten Mitarbeiter in Höhe<br />
des Mindestentgelts entlohnen. Überprüft werden<br />
müssen diese Angaben nur dann, wenn das Angebot<br />
unangemessen niedrig erscheint oder andere Anhaltspunkte<br />
vorliegen, wonach diese Erklärungen unzutreffend<br />
sind.<br />
Das Gesetz gilt auch für Aufträge im Personennahverkehr<br />
im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.<br />
Hier verpflichtet es zu einem Mindestlohn nach dem<br />
jeweils einschlägigen Tarifvertrag.<br />
Weitere vergaberechtliche<br />
Verpflichtungen<br />
Darüber hinaus werden öffentlichen Auftraggebern<br />
mit dem TVgG NRW vergaberechtliche Verpflichtungen<br />
auferlegt. So sollen bei der Vergabe von<br />
Aufträgen Kriterien des Umweltschutzes und der Energieeffizienz<br />
einfließen. Hinsichtlich der Kriterien des<br />
Umweltschutzes und der Energieeffizienz gilt für die<br />
Auftraggeber, dass bei der Bedarfsanalyse der Aspekt<br />
einer umweltfreundlichen und energieeffizienten<br />
Systemlösung stets zu berücksichtigen ist. Anschaffungen<br />
sind ggf. unter dem Lebenszyklusansatz zu<br />
berücksichtigen.<br />
Ferner sind auch soziale Kriterien zu beachten und bei<br />
der Ausführung des Auftrages haben sich Unternehmen<br />
schließlich schriftlich zu verpflichten, Maßnahmen<br />
zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf im eigenen<br />
Unternehmen einzuleiten oder durchzuführen.<br />
Mit dem TVgG NRW werden öffentliche Auftraggeber<br />
auch bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte<br />
zur Einhaltung bestimmter Kriterien verpflichtet.<br />
Unabhängig von einer etwaigen Ausschreibungspflicht<br />
gelten die Vorgaben aus dem TVgG NRW. Das<br />
Land will die Einhaltung der Kriterien aus diesem Gesetz<br />
genau nachprüfen. Die Landesregierung wird<br />
eine Prüfstelle aufbauen, die die Einhaltung der Tariftreue-<br />
und Mindestlohnstandards unabhängig<br />
überwachen soll. Bei Verstößen droht eine Geldbuße<br />
von bis zu € 50.000,00. Außerdem kann das Unternehmen<br />
bis zu drei Jahre von der öffentlichen Auftragsvergabe<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Carsten Steinert, Rechtsanwalt,<br />
Leiter Vergabe- und Beihilfenrecht,<br />
PricewaterhouseCoopers<br />
Legal AG, Düsseldorf<br />
8 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
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D1202199/NLV04-2012
Teststellung und Präsentation<br />
im Vergabeverfahren<br />
Mit zunehmender Vielfalt und Komplexität öffentlicher Beschaffungen,<br />
insbesondere bei IT-Vergaben, steigt das Bedürfnis,<br />
von Bietern und Auftragnehmern angebotene<br />
Leistungen vorab zu testen oder präsentieren zu lassen.<br />
Wie aber sind Teststellungen und Präsentationen zielgerecht<br />
und vergaberechtskonform in den Beschaffungsprozess<br />
zu integrieren?<br />
Teststellungen sind vergaberechtlich einer Bemusterung im<br />
allgemeinen Sinne gleichzusetzen, die grundsätzlich wie<br />
Bietererklärungen zu behandeln sind (VK Sachsen, Beschl.<br />
v. 19.05.2009 - 1/SVK/008-09; Beschl. v. 07.03.2008 -<br />
1/SVK/003-08; Beschl. v. 07.01.2008 - 1/SVK/077-07).<br />
Ungeachtet der Frage der rechtlichen Einordnung bedarf es<br />
aber aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers schon im<br />
Rahmen der Vergabevorbereitung einer Entscheidung, ob<br />
und in welchem Umfang die Teststellung überhaupt bereits<br />
im Vergabeverfahren oder erst nach Zuschlagserteilung<br />
- d.h. vor oder nach Vertragsschluss - erfolgen soll.<br />
In jedem Fall ist sicherzustellen, dass Inhalt und Bedeutung<br />
der Teststellung sowie die Auswahl der daran teilnehmenden<br />
Bieter im Vergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei<br />
festgelegt sind. Ist die Bewertung der<br />
Teststellung und ihrer Ergebnisse Bestandteil der Angebotswertung<br />
nach den Zuschlagskriterien ist das dafür vorgesehene<br />
Bewertungssystem rechtzeitig vor Angebotsabgabe<br />
allen Bietern so mitzuteilen, wie es für die Erstellung<br />
der Angebote und die Vorbereitung der Teststellung beeinflussen<br />
kann. Das für die Teststellung aufgestellte und bekannte<br />
gemachte Bewertungssystem (möglicherweise sogar<br />
Teststellung als „Entscheidungskriterium“ bei der<br />
Erweiterten Richtwertmethode gem. UfAB) muss die Vergleichbarkeit<br />
der Angebote und eine vergaberechtskonforme<br />
Angebotswertung gewährleisten.<br />
Präsentationen können sich im Gegensatz zu den meisten<br />
Teststellungen im vorgenannten Sinne inhaltlich nicht<br />
nur auf herzustellende oder zu liefernde Produkte, Technik<br />
oder sonstige qualitative und wirtschaftliche Aspekte<br />
der Leistungserbringung (fachlich-inhaltliche Angebotsvorstellung<br />
und -darstellung) beziehen, sondern (auch) auf<br />
Fragen der Eignung der sich bewerbenden bzw. bietenden<br />
Unternehmen.<br />
Bei der Durchführung von Präsentationen in Vergabeverfahren<br />
ist daher besondere Sorgfalt bei der Gestaltung deren<br />
Inhalts geboten. Einfluss auf die Angebotswertung<br />
nach den Zuschlagskriterien dürfen Präsentationen nur insoweit<br />
nehmen, wie Inhalte bewertet werden, die die Qualität<br />
und Wirtschaftlichkeit der Angebote betreffen. Fragen<br />
und Inhalte, die im Wesentlichen mit der Beurteilung der<br />
fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden<br />
Auftrags zusammenhängen (z.B. Erfahrung und<br />
Qualifikation des Unternehmens oder des zum Einsatz vorgesehenen<br />
Personals), sind als Zuschlagskriterien ausgeschlossen<br />
(EuGH, Urt. v. 12.11.2009 - Rs. C-199/07; Urt.<br />
v. 24.01.2008 - Rs. 532/06). So wurde jüngst die „Beschreibung<br />
des angewendeten Personalkonzepts“ als unzulässiges<br />
Zuschlagskriterium angesehen (OLG Karlsruhe, Beschl.<br />
v. 20.07.2011 - 15 Verg 6/11).<br />
Im Übrigen gelten für Präsentationen die zwingenden Mindeststandards<br />
an Transparenz und Nichtdiskriminierung<br />
gleichermaßen wie bei der Teststellung. Den Bietern muss<br />
von vornherein klar sein, welche Bedeutung welche Inhalte<br />
der Präsentation für die Angebotswertung und die Vergabeentscheidung<br />
haben.<br />
Für Teststellungen und Präsentationen sind stets deren<br />
zeitlicher, organisatorischer und personeller Ablauf festzu-<br />
Scheitert eine Teststellung, die nach Vertragsschluss vorgesehen<br />
war, oder verläuft eine solche fehlerhaft, bestehen<br />
ausschließlich die im geschlossenen Vertrag vereinbarten<br />
Sanktionen und Möglichkeiten der Fehlerbeseitigung (z.B.<br />
Nachbesserung, Mangelbeseitigung oder gar Kündigung).<br />
Eine Rückkehr ins vorangegangene Vergabeverfahren - wie<br />
der Rückgriff auf den zweitplatzierten Bieter oder der Einstieg<br />
in Nachverhandlungen mit anderen Bietern aus dem<br />
vorangegangenen Vergabeverfahren - kommt dabei grundsätzlich<br />
nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es bei Scheitern<br />
des Projekts mit einem einmal ausgewählten Projektpartner<br />
bei fortgesetzter Beschaffungsabsicht einer Neuausschreibung<br />
nach dem jeweils geltenden <strong>Vergaberecht</strong>.<br />
Für Teststellungen bereits im Vergabeverfahren bestehen<br />
verschiedene vergaberechtliche Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen zwei Grundarten<br />
der Teststellung: Die verifizierende und die wertende<br />
Teststellung (VK Sachsen, a.a.O.). Während die verifizierende<br />
Teststellung lediglich der Kontrolle dient, ob die angebotene<br />
Leistung die in der Leistungsbeschreibung vorgegebenen<br />
Kriterien erfüllt, hat die wertende Teststellung<br />
selbständige Bedeutung bei der Bewertung nach den Zuschlagskriterien.<br />
Soweit in den Vergabeunterlagen vorgesehen,<br />
können aus einer Teststellung resultierende Ergebnisse<br />
nicht nur in die formale Angebotswertung<br />
(insbesondere Prüfung auf unzulässige Änderungen an den<br />
Vergabe-/Vertragsunterlagen), sondern auch in die Bewertung<br />
nach den bekannt gemachten Zuschlagskriterien (Leistungspunkte<br />
im Sinne der UfAB V Version 2.0) einfließen.<br />
legen, der den Bietern so früh wie möglich im Vergabeverfahren<br />
mitzuteilen ist. Zudem ist ein angemessenes Verhältnis<br />
zwischen Aufwand auf Auftraggeber- und auf<br />
Bieterseite einerseits und angestrebten Nutzen der Teststellung<br />
bzw. Präsentation sicherzustellen. Bei maßgeschneiderter<br />
organisatorischer Planung und Einhaltung der vorstehenden<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen können<br />
Teststellungen und Präsentationen in Vergabeverfahren zu<br />
einer spürbaren Qualitäts- und Effizienzsteigerung führen.<br />
Dr. Susanne Mertens LL.M.,<br />
Partnerin, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP,<br />
Berlin<br />
Henrik Baumann,<br />
Rechtsanwalt, <strong>HFK</strong><br />
Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />
10 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
2<br />
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„Eine geniale Hilfestellung bei dem täglichen Entscheidungsprozess.“<br />
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17. Jahrestagung I Brennpunkt <strong>Vergaberecht</strong> I Bitte Faxen an: 02 11/96 86-40 40<br />
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D1202199/NLV04-2012
Risiken und Chancen von<br />
praktischen Erprobungen<br />
Die praktische Erprobung, also die Durchführung einer<br />
Teststellung, kann beim Einkauf durch die öffentliche<br />
Hand helfen, ein optimales Beschaffungsergebnis zu erreichen.<br />
So lässt sich die konkrete Produkteignung, Anwenderfreundlichkeit<br />
und auch Störungsanfälligkeit<br />
insbesondere bei technisch anspruchsvollen Beschaffungen<br />
vielfach nicht allein anhand der schriftlichen<br />
Angebote bewerten. Muss sich etwa eine zu beschaffende<br />
Hard- oder Software bei entsprechendem Schnittstellenrisiko<br />
in ein bereits bestehendes System integrieren,<br />
kann eine praktische Erprobung noch im laufenden Vergabeverfahren<br />
zeigen, ob ein angebotenes Produkt tatsächlich<br />
die erforderliche Kompatibilität aufweist.<br />
Ziele<br />
Teststellungen können eingesetzt werden, um die Angaben<br />
in den schriftlichen Angeboten zu überprüfen<br />
(verifizierende Teststellungen). Zeigt sich, dass ein Produkt<br />
den für die Teststellung geforderten Mindestanforderungen<br />
nicht genügt, so ist grundsätzlich das betroffene<br />
Angebot schon aus formalen Gründen nicht weiter<br />
berücksichtigungsfähig, da es den Vorgaben der Ausschreibung<br />
nicht entspricht. Sollen nach den Vergabeunterlagen<br />
im Rahmen der Teststellung nur konkrete,<br />
im Einzelnen benannte Anforderungen überprüft werden,<br />
ist der Auftraggeber hieran gebunden. Unterschreiten<br />
die Anforderungen der Teststellungen die<br />
technischen Vorgaben der Leistungsbeschreibung kann<br />
dies dazu führen, dass hieraus nicht auf die Untauglichkeit<br />
des Produkts geschlossen werden kann, wie das<br />
OLG München jüngst in einem Einzelfall klargestellt hat<br />
(03.11.2011, Verg 14/11). Es ist darauf zu achten,<br />
dass sich die Anforderungen der Teststellungen mit denen<br />
der Leistungsbeschreibung decken und keine niedrigeren,<br />
aber auch keine höheren Maßstäbe gesetzt<br />
werden.<br />
Die Ergebnisse einer Teststellung können auch im Rahmen<br />
der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auf<br />
der vierten Wertungsstufe Berücksichtigung finden.<br />
Dies setzt aber nicht nur voraus, dass zuvor die gegebenenfalls<br />
aufgestellten Mindestanforderungen im Rahmen<br />
der Teststellung erfolgreich bejaht wurden. Ein<br />
entsprechendes Vorgehen ist den Bietern auch mitzuteilen.<br />
Die Art und Weise der Bewertung der Ergebnisse<br />
der Teststellung im Rahmen der Zuschlagskriterien ist<br />
zu erläutern. Dabei kann eine positive Bewertung nicht<br />
auf das bloße Erfüllen der Mindestanforderung gestützt<br />
werden, da dies Voraussetzung dafür ist, dass ein Angebot<br />
überhaupt auf der vierten Wertungsstufe berücksichtigt<br />
wird. Eine wertende Beurteilung ist nur da möglich,<br />
wo auch entsprechende Freiräume für das Anbieten<br />
unterschiedlicher Leistungsqualitäten bestehen, etwa<br />
bei einer Übererfüllung von Mindestanforderungen.<br />
Zulässigkeit<br />
Es bestehen bei Lieferleistungen und auch bei Dienstleistungen<br />
mit einem Lieferanteil keine vergaberechtlichen<br />
Bedenken, dass Teststellungen vom Auftrageber<br />
im Vergabeverfahren durchgeführt werden. Allerdings<br />
muss ein entsprechendes Vorgehen durch den Auftragsgegenstand<br />
gedeckt sein. Eine Teststellung darf nicht<br />
dazu dienen, dem Auftraggeber erst einen Überblick<br />
über die im Markt verfügbaren Produkte oder deren<br />
Möglichkeiten zu verschaffen, da dies allein im Rahmen<br />
einer einem Vergabeverfahren vorgeschalteten Markterkundung<br />
zu geschehen hat.<br />
Der Aufwand einer Teststellung muss ferner in einem<br />
angemessenen Verhältnis zum Beschaffungsgegenstand<br />
und dem Aufwand der Bieter stehen. Der Auftraggeber<br />
muss ein berechtigtes Interesse an der Durchführung<br />
einer Teststellung haben, was auch im<br />
Vergabevermerk dokumentiert werden sollte. In der Regel<br />
ist eine Teststellung daher nur mit den Bietern der<br />
engeren Wahl durchzuführen. Kann sich durch die Teststellung<br />
die Wertungsreihenfolge noch ändern, sind<br />
alle Angebote einzubeziehen, die unter Berücksichtigung<br />
der möglichen Ergebnisse der Teststellung noch<br />
eine Chance auf den Zuschlag haben.<br />
Transparenz<br />
Ob und wie eine Teststellung durchgeführt wird, kann<br />
einer der Aspekte sein, anhand derer die Bieter entscheiden,<br />
ob sie sich an einem Vergabeverfahren beteiligen<br />
oder nicht. Bereits in der Vergabebekanntmachung<br />
sollte daher auf die beabsichtigte Durchführung<br />
einer Erprobung hingewiesen werden. Eine Detaillierung<br />
des Ablaufs der Teststellung kann den Vergabeunterlagen<br />
vorbehalten bleiben. Da die Durchführung der<br />
Teststellung bereits Einfluss auf die Auswahl der anzubietenden<br />
Produkte durch die Bieter haben kann,<br />
sollten die Anforderungen der Teststellung bereits mit<br />
der Aufforderung zur Angebotsabgabe und nicht erst<br />
im Rahmen der Einladung zur Teststellung mitgeteilt<br />
werden.<br />
An den mitgeteilten Ablauf einer Erprobung ist der öffentliche<br />
Auftragnehmer grundsätzlich gebunden. Eine<br />
spätere Änderung ist nur zulässig, wenn es hierfür einen<br />
rechtfertigenden Grund gibt und die zentralen Vergabegrundsätze<br />
gewahrt werden. Abweichungen müssen<br />
gegenüber allen Bietern, die zur Teststellung eingeladen<br />
sind, bekannt gemacht werden. Eine Bevor- oder<br />
Benachteiligung einzelner Bieter durch eine Änderung<br />
ist auszuschließen.<br />
Sowohl bei verifizierenden als auch bei wertenden Teststellungen<br />
können sich im Rahmen der Erprobung Probleme<br />
ergeben, etwa wegen nie auszuschließender Produktfehler<br />
im Einzelfall. Wie mit solchen Umständen<br />
umgegangen wird, sollte möglichst bereits mit den Vergabeunterlagen<br />
geklärt werden. Dies kann etwa die<br />
Frage betreffen, ob und in welchem Zeitraum einem<br />
Bieter die Gelegenheit gegeben wird, einen Fehler an<br />
seinem Produkt zu beheben. Zwar hat es das OLG Düsseldorf<br />
für zulässig gehalten, auch ohne einen entsprechenden<br />
Hinweis während einer Erprobung auftretende<br />
Defekte zu beseitigen, wenn diese ohne konstruktive<br />
Veränderungen an dem Gerät behoben werden können.<br />
Im konkreten Fall hatte die Vergabestelle einen einmonatigen<br />
Einsatz im Echtbetrieb vorgesehen, was zumindest<br />
konkludent auch die auch im Echtbetrieb bestehenden<br />
Möglichkeit einer Reparatur bedeutete<br />
(Beschluss vom 22.12.2010, VII, Verg 40/10). Im Interesse<br />
eines möglichst unangreifbaren Vergabeverfahrens<br />
sollte dies jedoch bereits in den Vergabeunterlagen<br />
geregelt werden.<br />
Fazit<br />
Insbesondere bei technisch anspruchsvollem Beschaffungsvorhaben<br />
sind Teststellungen vielfach ein effizientes<br />
Mittel, um als Auftraggeber eine optimale Beschaffung<br />
zu erreichen. Ein rechtsicheres<br />
Vergabeverfahren setzt auch insoweit – wie stets – eine<br />
sorgfältige Vorbereitung voraus. Der Auftraggeber<br />
muss klären, warum es ihm auf eine Teststellung ankommt<br />
und wie diese abläuft. Dies ist den Bietern mitzuteilen<br />
und auch in der Vergabeakte zu dokumentieren.<br />
Einer erfolgreichen Teststellung sollte dann nichts<br />
im Wege stehen.<br />
Prof. Dr. Ralf Leinemann,<br />
Partner, Leinemann & Partner<br />
Rechtsanwälte, Berlin<br />
Dr. Thomas Kirch,<br />
Rechtsanwalt, Leinemann &<br />
Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />
12 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
BGH: Dienstleistungskonzessionen<br />
unterliegen nicht dem <strong>Vergaberecht</strong><br />
Der BGH hatte in seinem Beschluss vom 23.01.2012<br />
(Az. X ZB 5/11) über die Frage zu entscheiden, welcher<br />
Rechtsweg für Streitigkeiten in Zusammenhang<br />
mit Dienstleistungskonzessionen zu beschreiten ist.<br />
Das Gericht hat die in Rede stehende Streitigkeit über<br />
den Abschluss einer Dienstleistungskonzession, die<br />
Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages<br />
war, den Verwaltungsgerichten zugewiesen.<br />
Sachverhalt<br />
Der Antragsteller erbrachte als privater Rettungsdienstleister<br />
für den bayerischen Rettungszweckverband<br />
Rettungsdienstleistungen. Der Zweckverband<br />
entschloss sich, die Rettungsdienstleistungen auf der<br />
Grundlage des § 13 BayRDG neu zu vergeben und<br />
kündigte den bestehenden Rettungsdienstvertrag mit<br />
dem Antragsteller.<br />
Im Zuge einer daraufhin vom Antragsteller angestrengten<br />
verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung<br />
zur Wirksamkeit der Kündigung schloss der<br />
Zweckverband mit anderen Anbietern Interimsverträge<br />
zur Sicherstellung des Rettungsdienstes. Auch hiergegen<br />
wandte sich der Antragsteller und strengte ein<br />
Nachprüfungsverfahren vor der örtlich zuständigen<br />
Vergabekammer an. Nach Auffassung des Antragstellers<br />
sollte der Rettungszweckverband verpflichtet werden,<br />
die Interimsverträge nicht ohne ein Verhandlungsverfahren<br />
und den Auftrag über die weitere<br />
Durchführung des Rettungsdienstes im Rahmen eines<br />
europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben. Die<br />
Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag als<br />
unzulässig mit der Begründung, dass die Übertragung<br />
des Rettungsdienstes gemäß § 13 BayRDG als Dienstleistungskonzession<br />
nicht dem <strong>Vergaberecht</strong> unterliege.<br />
Dagegen legte der Rettungsdienstleister sofortige<br />
Beschwerde beim OLG München ein. Auf dessen Vorabentscheidungsersuchen<br />
entschied der EuGH, dass<br />
die Beauftragung von Rettungsdienstleistungen nach<br />
Maßgabe des § 13 BayRDG als eine Dienstleistungskonzession<br />
im Sinne des Art. 1 Abs. 4 Richtlinie<br />
2004/18/EG zu qualifizieren ist. Das OLG hob den<br />
Beschluss der Vergabekammer daraufhin auf und verwies<br />
das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht.<br />
Der private Rettungsdienstleister erhob im Anschluss<br />
die vom OLG München zugelassene<br />
Rechtsbeschwerde zum BGH, mit dem er die Aufhebung<br />
des OLG-Beschluss sowie die Feststellung der<br />
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Vergabenachprüfungsinstanzen<br />
begehrt.<br />
Entscheidung<br />
Nach Auffassung der Bundesrichter ist auf Dienstleistungskonzessionen<br />
der vierte Teil des Gesetzes gegen<br />
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht anzuwenden.<br />
Bereits mit Beschluss vom 08.02.2011 (Az. X ZB<br />
4/10) hatte der Senat entschieden, dass Dienstleistungskonzessionen<br />
nicht vom Begriff des Dienstleistungsauftrags<br />
nach § 99 Abs. 1 GWB umfasst sind.<br />
Die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs für Streitigkeiten<br />
im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen<br />
richtet sich vielmehr danach, ob das streitige<br />
Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher<br />
Natur ist. Danach sind die ordentlichen Gerichte<br />
zuständig, wenn die Vergabe durch privatrechtlichen<br />
Vertrag erfolgt. Erfolgt die Vergabe hingegen in den<br />
Formen des öffentlichen Rechts, gehört der Rechtsstreit<br />
vor die Verwaltungsgerichte. Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen<br />
erfolgt gemäß § 13 Abs. 4<br />
BayRDG durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag,<br />
weshalb im vorliegenden Fall der Verwaltungsrechtsweg<br />
eröffnet ist.<br />
Fazit<br />
Bis zum Erlass der geplanten neuen Richtlinie über die<br />
Konzessionsvergabe (Dok. Kom (2011) 897/2 vom<br />
20.12.2011) dürfte die Entscheidung des BGH zumindest<br />
für die bislang noch nicht gesetzlich geregelte Dienstleistungskonzession<br />
mehr Rechtssicherheit schaffen.<br />
Die Entscheidung des BGH ist jedoch von solchen Fällen<br />
zu unterscheiden, in denen öffentliche Auftraggeber<br />
rechtswidrig von einer Dienstleistungskonzession ausgehen,<br />
obwohl es sich um einen Auftrag zur Vergabe von<br />
Dienstleistungen handelt. So beispielsweise der vom OLG<br />
Naumburg entschiedene Fall zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen<br />
nach dem sog. Submissionsmodell (Beschluss<br />
vom 04.11.2010 - Az. 1 Verg 10/10).<br />
Der Vergabesenat des OLG Naumburg stellte klar, dass<br />
die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach dem<br />
Submissionsmodell, wonach die Rettungsdienstorganisationen<br />
direkt vom öffentlichen Auftraggeber bezahlt werden,<br />
keine vergaberechtsfreien Dienstleistungskonzessionen,<br />
sondern Dienstleistungsaufträge sind, die den<br />
Regeln des europäischen <strong>Vergaberecht</strong>s unterliegen.<br />
Aline Heurley,<br />
Rechtsanwältin,<br />
PricewaterhouseCoopers<br />
Legal AG, Düsseldorf<br />
13 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
Endstation Nachunternehmer:<br />
Wie die Wahl des „falschen“<br />
Nachunternehmers zum Ausschluss führt<br />
Mal wieder hat eine Entscheidung des OLG Düsseldorf für<br />
viel Wirbel gesorgt: Am 16.11.2011 hat das OLG festgestellt,<br />
dass die Vorgabe einer mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit<br />
als Mindestanforderung auch für Nachunternehmer<br />
kleinerer Gewerke nicht unangemessen sei<br />
(Az. Verg 60/11).<br />
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde:<br />
Der Bund schrieb im Zusammenhang mit dem Neubau<br />
des Bundesinnenministeriums (Gesamtauftragswert über<br />
200 Mio. Euro) Baugruben- und Rohbauarbeiten EU-weit<br />
offen aus (Auftragswert ca. 30 Mio. Euro). In der Bekanntmachung<br />
waren weder Eignungsnachweise noch Mindestanforderungen<br />
genannt, sondern es wurde nur auf<br />
das Formblatt 124 des Vergabehandbuches des Bundes<br />
verwiesen. Hinweise auf Nachunternehmer enthält die<br />
Bekanntmachung nicht. Laut Aufforderung zur Angebotsabgabe<br />
musste von potentiellen Nachunternehmern auf<br />
Verlangen der Vergabestelle nur die Verpflichtungserklärung<br />
abgeben werden. Nach Angebotsabgabe forderte<br />
die Vergabestelle die Antragsstellerin auf, für das von ihr<br />
bei den Positionen „Verlegearbeiten Betonstahl“ (Auftragswert<br />
ca. 800.000 Euro) einzusetzendes Nachunternehmen<br />
nicht nur die Verpflichtungserklärung, sondern<br />
auch das Formblatt 124 abzugeben. Im Formblatt 124<br />
waren Angaben zur Geschäftstätigkeit in den letzten drei<br />
abgeschlossenen Geschäftsjahren sowie jeweils Umsatzangaben<br />
verlangt. Das Nachunternehmen machte nur<br />
Angaben für zwei Geschäftsjahre. Das Angebot der Antragstellerin<br />
wurde ausgeschlossen, weil das von ihr einzusetzende<br />
Nachunternehmen eine geschäftliche Tätigkeit<br />
nur in den letzten zwei Geschäftsjahren vorweisen konnte.<br />
Die darauf folgenden Schlagzeilen waren vorprogrammiert:<br />
„Newcomer ausgeschlossen“ (IBR 2012, 96) oder<br />
„Kleinere Nachunternehmergewerke bei Großbauvorhaben<br />
vor dem Aus?“ (IBR 2012, 159). Wie immer ist jedoch<br />
bei solchen Einzelfallentscheidung Vorsicht vor der Verallgemeinerung<br />
geboten. Der zugrundeliegende Fall weist<br />
Besonderheiten auf, die nicht auf jede Fallkonstellation<br />
übertragbar sind. Vielmehr lassen sich aus unserer Sicht<br />
folgende Schlüsse aus der Entscheidung ziehen:<br />
Die Forderung einer dreijährigen Geschäftstätigkeit<br />
1 war hier nur deshalb angemessen, weil, so das OLG<br />
Düsseldorf, es sich bei dem fraglichen Gewerk „Betonstahl<br />
Verlegearbeiten“ – unabhängig von der geringen Auftragssumme<br />
– bei einem Bauvorhaben der angegebenen<br />
Größenordnung um eine nicht lediglich untergeordnete<br />
oder weniger wichtige Bauleistung handelte. Dabei stellt<br />
das Gericht ganz im Lichte der EuGH-Rechtsprechung auf<br />
eine funktionale Betrachtung ab: Armierungsarbeiten betreffen<br />
die Tragfähigkeit des Bauwerkes und seien im<br />
Baubetrieb in enger Verzahnung mit vorhergehenden und<br />
darauf folgenden Bauleistungen auszuführen.<br />
Daraus folgt, dass das Ermessen des Auftraggebers, Mindestanforderungen<br />
für Nachunternehmer aufzustellen –<br />
wie generell – nicht unbegrenzt ist. Es wäre jedenfalls ein<br />
Ermessensfehlgebrauch bzw. sogar ein Ermessensausfall,<br />
als Konsequenz der Entscheidung nun für jeden Nachunternehmer<br />
alle Eignungsnachweise und Mindestanforderungen<br />
zu verlangen, die auch für die Bieter gelten. Denn<br />
maßgeblich war hier, dass es sich um ein besonders komplexes<br />
Bauvorhaben handelte und dass die fragliche Leistung<br />
nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung war.<br />
Nicht bekannt ist leider, wie mit den übrigen Nachunternehmen<br />
im der Entscheidung zugrundliegenden Vergabeverfahren<br />
umgegangen wurde, bzw. ob je nach Angemessenheit<br />
der Forderungen tatsächlich differenziert wurde<br />
(was eher nicht anzunehmen sein dürfte....).<br />
Dementsprechend müssen sich die Auftraggeber genau<br />
überlegen, für welche Nachunternehmerlei-<br />
2<br />
stungen sie welche Nachweise und Mindestanforderungen<br />
verlangen können und müssen. Denn das OLG<br />
Düsseldorf hat zu Recht festgestellt, dass der Auftraggeber<br />
zur Prüfung der Eignung der Nachunternehmer verpflichtet<br />
ist, da diese für einen Teil der dem Bieter obliegenden<br />
Bau- oder sonstigen Leistung gewissermaßen<br />
ersatzweise an dessen Stelle treten. Es verstehe sich von<br />
selbst, so das OLG Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung,<br />
dass der Nachunternehmer für die von ihm zu<br />
übernehmenden Teile der Leistung in fachlicher, persönlicher<br />
und wirtschaftlicher Hinsicht denselben Eignungsanforderungen<br />
zu genügen hat wie der Auftragnehmer<br />
für jenen Leistungsteil. Dies wird in der Praxis nicht immer<br />
so gehandhabt. Meistens begnügen sich die Auftraggeber<br />
damit, die Verpflichtungserklärungen einzusammeln. Auf<br />
die Überprüfung der Eignung der Nachunternehmer sollte<br />
in Zukunft stärker geachtet werden, denn auch die Konsequenz,<br />
die das OLG Düsseldorf aus der mangelnden Eignung<br />
des Nachunternehmens gezogen hat, ist klar: Das<br />
Angebot des Bieters ist zwingend auszuschließen!<br />
Problematisch ist nur, zu welchem Zeitpunkt der Auftraggeber<br />
die Festlegungen hinsichtlich Nachweise und Mindestanforderungen<br />
treffen muss. Die Entscheidung des<br />
OLG Düsseldorf ist in dieser Beziehung leider sehr zweifelhaft:<br />
Das Gericht scheint es als ausreichend zu betrachten,<br />
wenn erstmals in der Aufforderung (d.h. nicht in der Bekanntmachung)<br />
die Mindestanforderungen auch auf die<br />
Nachunternehmer bezogen werden (ganz zu schweigen<br />
von der Tatsache, dass in der Bekanntmachung selbst die<br />
Nachweise und Mindestanforderungen nicht genannt waren;<br />
hier fügt das OLG übrigens eine Öffnung ein, die weniger<br />
streng als die weitere jüngere Rechtsprechung ist,<br />
für die allein die ausdrückliche Benennung der verlangten<br />
Nachweise in der Bekanntmachung selbst den Publizitätsanforderungen<br />
genügte; nun soll auch der Verweis<br />
auf den Zugriff auf verlangte Nachweise über einen benannten<br />
Link ausreichen) .<br />
Auftraggebern ist dagegen dringend zu empfehlen, in<br />
einem offenen Verfahren schon in der Bekanntmachung<br />
genau zu definieren, welche Nachweise und welche Mindestanforderungen<br />
für welche Nachunternehmerleistungen<br />
zu erfüllen sind. Diese müssten dann nach Angebotsabgabe<br />
auf Verlangen des Auftraggebers abgegeben<br />
bzw. nachgewiesen werden. Ist eine genaue Festlegung<br />
nicht möglich, weil es für potentielle Nachunternehmereinsätze<br />
zu viele unterschiedliche Konstellationen<br />
gibt, sollte der Auftraggeber in der Bekanntmachung bekanntmachen,<br />
welche für die Bieter bekanntgemachten<br />
Kriterien/Anforderungen gegebenenfalls auch von den<br />
Nachunternehmern erfüllt werden müssen. Im Aufforderungsschreiben<br />
(nach Angebotsabgabe) müsste der Auftraggeber<br />
dann unter Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes<br />
von den Bietern die Nachweise/<br />
Mindestanforderungen verlangen, die jeweils angemessen<br />
sind.<br />
In Fällen wie dem OLG Düsseldorf, in denen sich weder<br />
aus der Bekanntmachung noch aus der Aufforde-<br />
3<br />
rung zur Angebotsabgabe zweifelsfrei ergibt, welche Eignungsanforderungen<br />
von Nachunternehmen zu erfüllen<br />
sind, ist Bietern dringend zu raten, rechtzeitig nachzufragen,<br />
welche Nachweise und welche Mindestanforderungen<br />
auch für Nachunternehmer gelten bzw. gelten könnten.<br />
Denn nur in Kenntnis der genauen Forderungen können sie<br />
den „richtigen“ Nachunternehmer finden und verpflichten.<br />
Ist der Nachunternehmer erst einmal gegenüber der Vergabestelle<br />
benannt, kann er nicht mehr ausgetauscht werden.<br />
Dr. Annette Rosenkötter,<br />
Partnerin, FPS Rechtsanwälte &<br />
Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />
Aline Fritz,<br />
Rechtsanwältin, FPS Rechtsanwälte<br />
& Notare Fritze Wicke Seelig,<br />
Frankfurt<br />
14 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
Neue Vergaberegeln in den Bereichen<br />
Verteidigung und Sicherheit<br />
Aufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit<br />
nehmen im <strong>Vergaberecht</strong> seit jeher eine Sonderrolle<br />
ein. Spezielle Sicherheitsanforderungen und Geheimschutz,<br />
aber auch verteidigungs- und<br />
wirtschaftspolitische Interessen stehen in vielen Fällen<br />
in echtem oder vermeintlichem Widerspruch zum<br />
Ziel einer transparenten und wettbewerblichen Auftragsvergabe.<br />
Das „klassische“ EU-<strong>Vergaberecht</strong> enthielt<br />
daher weitreichende Ausnahmen für verteidigungs-<br />
und sicherheitsrelevante Aufträge. Um die<br />
daraus resultierenden Lücken im europäischen Wettbewerb<br />
unter Wahrung der legitimen Sicherheitsinteressen<br />
der Mitgliedsstaaten zu schließen, hat die EU<br />
mit der Richtlinie 2009/81/EG ein spezielles<br />
Vergaberegime für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />
Aufträge geschaffen. Deutschland hat nunmehr<br />
durch Änderung des GWB den ersten Schritt<br />
zur förmlichen Umsetzung dieser Regelungen unternommen.<br />
Anwendungsbereich<br />
der Neuregelungen<br />
Die neuen Vergaberegeln gelten für „verteidigungsund<br />
sicherheitsrelevante Aufträge“. Das umfasst<br />
nicht nur Militärgüter, sondern auch zahlreiche zivile<br />
Beschaffungen, bei denen geheimschutzrelevante Informationen<br />
(sog. Verschlusssachen) eine Rolle spielen.<br />
Nach der Definition im neuen § 99 Abs. 7 bis 9<br />
GWB werden Aufträge erfasst, deren Gegenstand<br />
mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:<br />
(1.) Lieferung von Militärausrüstung, (2.) Lieferung<br />
von Ausrüstung im Rahmen eines sog. Verschlusssachenauftrags,<br />
(3.) sonstige Leistungen, die im unmittelbaren<br />
Zusammenhang mit den beiden vorstehenden<br />
Auftragsarten stehen und (4.) Bau- und<br />
Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder<br />
im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags.<br />
Wesentliche Bedeutung kommt dabei dem Begriff<br />
des „Verschlusssachenauftrags“ zu. Nach § 99 Abs. 9<br />
GWB ist das ein Auftrag für Sicherheitszwecke, bei<br />
dessen Ausführung Verschlusssachen im Sinne von §<br />
4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) oder<br />
entsprechender Landesbestimmungen verwendet<br />
werden, oder der solche Verschlusssachen erfordert<br />
oder beinhaltet. Dabei handelt es sich um Material,<br />
das eine Geheimschutzstufe („VS-Nur für den Dienstgebrauch“,<br />
„VS-Vertraulich“, „Geheim“ und „Streng<br />
geheim“) trägt. Somit kann bereits der Umstand, dass<br />
bei der Auftragsausführung derartige Verschlusssachen<br />
verwendet werden oder notwendig sind,<br />
zur Anwendbarkeit der neuen Regeln führen. Ob die<br />
Verschlusssachen im Einzelfall tatsächlich so sensibel<br />
sind, dass eine Nichtanwendung der klassischen<br />
Vergabevorschriften geboten erscheint, spielt<br />
keine Rolle.<br />
Allerdings führt die Verwendung von Verschlusssachen<br />
nicht in allen Fällen zur Anwendbarkeit der neuen<br />
Regeln. Zum einen setzt ein Verschlusssachenauftrag<br />
voraus, dass er Sicherheitszwecken dient. Ein<br />
Reinigungsauftrag für ein Geheimdienstgebäude dürfte<br />
daher auch dann nicht erfasst sein, wenn für ihn ein<br />
als Verschlusssache eingestufter Raumaufteilungsplan<br />
benötigt wird. Lieferungen im Rahmen eines Verschlussachenauftrags<br />
fallen nach § 99 Abs. 7 Nr. 2<br />
GWB zudem nur dann unter die neuen Vorschriften,<br />
wenn sie eine „Ausrüstung“ zum Gegenstand haben.<br />
Dieser Begriff wurde aus der Richtlinie 2009/81/EG<br />
übernommen und ist weder dort noch im deutschen<br />
Gesetz definiert; die Abgrenzung wird daher ggf. von<br />
der Rechtsprechung vorzunehmen sein. Bau- und<br />
Dienstleistungsaufträge, die im Rahmen von Verschlusssachenaufträgen<br />
vergeben werden, fallen dagegen<br />
stets unter die neuen Vorschriften.<br />
Ausnahmetatbestände<br />
Die neuen Vorschriften sollen die Lücken schließen,<br />
die sich für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />
Aufträge aus den Ausnahmevorschriften im früheren<br />
§ 100 Abs. 2 lit. d) GWB a.F. ergeben hatten. Diese<br />
Bestimmung enthielt u.a. Ausnahmen für Aufträge,<br />
die für geheim erklärt wurden, deren Ausführung besondere<br />
Sicherheitsmaßnahmen erfordert, oder bei<br />
denen der Einsatz der Streitkräfte, die Terrorismusbekämpfung<br />
oder wesentliche nationale Sicherheitsinteressen<br />
(u.a. bei der IT- und TK-Beschaffung) die<br />
Nichtanwendung des <strong>Vergaberecht</strong>s erforderten. Mit<br />
den Neuregelungen wurde nunmehr ein wesentlich<br />
differenzierteres (leider recht unübersichtliches) Ausnahme-Regelwerk<br />
geschaffen.<br />
§ 100 Abs. 6 GWB n.F. enthält zunächst eine generelle<br />
Ausnahme für alle Aufträge, bei denen die Anwendung<br />
des <strong>Vergaberecht</strong>s den Auftraggeber zwingen<br />
würde, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe wesentlichen<br />
Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik<br />
Deutschland widerspricht, oder die die Produktion<br />
oder den Handel mit „harten“ Rüstungsgütern im<br />
Sinne von Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV betreffen.<br />
Die weiteren Ausnahmetatbestände des § 100 Abs.<br />
2 lit. d) GWB a.F. wurden im Kern beibehalten (siehe<br />
§ 100 Abs. 8 GWB n.F.); sie gelten jedoch nicht mehr<br />
für verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge.<br />
Für verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge<br />
enthält § 100 c GWB einen eigenen Katalog von<br />
Ausnahmefällen. Diese decken sich teilweise mit den<br />
bekannten Ausnahmen aus § 100 Abs. 2 GWB a.F.<br />
Neu sind insbesondere eine Ausnahme für Aufträge<br />
für nachrichtendienstliche Tätigkeiten (§ 100 c Abs.<br />
2 Nr. 2 GWB), Aufträge im Rahmen eines Kooperationsprogramms<br />
mit anderen EU-Mitgliedsstaaten im<br />
Bereich Forschung und Entwicklung (§ 100 c Abs. 2<br />
Nr. 3 GWB) oder die an einen anderen EU-Mitgliedsstaat<br />
vergeben werden (§ 100 c Abs 2 Nr. 4 GWB)<br />
sowie Aufträge, die außerhalb der EU vergeben werden,<br />
insbesondere im Rahmen von Auslandseinsätzen<br />
der Streitkräfte (§ 100 c Abs. 3 GWB).<br />
Erleichterte Verfahrensregelungen<br />
Im Gegenzug zur Einbeziehung verteidigungs- und sicherheitsrelevanter<br />
Aufträge in das <strong>Vergaberecht</strong><br />
enthalten die Neuregelungen eine Reihe verfahrenstechnischer<br />
Besonderheiten und Erleichterungen, mit<br />
denen den staatlichen Sicherheitsinteressen Rechnung<br />
getragen werden soll. Dazu gehört vor allem die<br />
„Freigabe“ des Nichtoffenen Verfahrens und des Verhandlungsverfahrens<br />
als Regelverfahren (§ 101 Abs.<br />
7 GWB). Der Verzicht auf das offene Verfahren entspricht<br />
der Sensibilität der Aufträge. Ein Verfahren<br />
ohne Teilnahmewettbewerb bleibt indes auch bei verteidigungs-<br />
und sicherheitsrelevanten Aufträgen nur<br />
in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Diese ergeben<br />
sich aus Art. 28 der EG-Richtlinie, die bisher nicht<br />
in deutsches Recht umgesetzt wurde.<br />
Besondere Eignungsund<br />
Schutzanforderungen<br />
Mit Blick auf die besondere Sensibilität der Aufträge<br />
sieht die EG-Richtlinie vor, dass der Auftraggeber besondere<br />
Anforderungen zum Schutz der Informationssicherheit<br />
und der Versorgungssicherheit stellen<br />
kann. Die Anforderungen betreffen teils die Bietereignung<br />
(insbesondere zur Eignung von Unterauftragnehmern,<br />
zur Wahrung des Geheimschutzes sowie zur<br />
Wahrung der Versorgungssicherheit) und teils die<br />
15 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
Ausführungsbedingungen (z.B. zur Vorhaltung von<br />
Kapazitäten für eventuelle Bedarfssteigerungen).<br />
Diese Regeln wurden ebenfalls noch nicht in<br />
deutsches Recht umgesetzt.<br />
Rechtsschutz<br />
Eine entscheidende Neuerung ist, dass die Vergabe<br />
verteidigungs- und sicherheitsrelevanter Aufträge<br />
künftig dem regulären Rechtsschutz vor den Vergabekammern<br />
und Oberlandesgerichten (§§ 104 ff GWB)<br />
untersteht. Das ist ein Meilenstein. Denn aufgrund<br />
der Ausnahmenregelungen § 100 Abs. 2 GWB a.F.<br />
war dieser Bereich der Nachprüfung weitestgehend<br />
entzogen. Im Gegenzug wurden einige Vorschriften<br />
über das Nachprüfungsverfahren so angepasst, dass<br />
sie den Sicherheitsbedürfnissen der Mitgliedstaaten<br />
besser entsprechen. So wurden die Regelungen über<br />
die Aussetzung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung<br />
der Vergabekammer bzw. die Vorabgestattung<br />
des Zuschlags gemäß §§ 115, 121 GWB<br />
durch spezielle Regelungen ergänzt, wonach bei der<br />
Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse und<br />
den Bieterinteressen auch die besonderen Verteidigungs-<br />
und Sicherheitsinteressen des Staates zu berücksichtigen<br />
sind.<br />
Trotz dieser Vereinfachungen für Auftraggeber ist damit<br />
zu rechnen, dass die Einführung der neuen<br />
Rechtsschutzmöglichkeit den Wettbewerb im Bereich<br />
Verteidigung und Sicherheit verschärfen wird. Das<br />
gilt umso mehr, als das OLG Düsseldorf bereits deutlich<br />
gemacht hat, dass es die neuen Regelungen tendenziell<br />
eher streng auslegen wird (Beschluss v. 8.<br />
Juni 2011, VII-Verg 49/11).<br />
Weiterer Umsetzungsbedarf<br />
Bisher wurden erst die Vorschriften über den Anwendungsbereich<br />
und die Ausnahmetatbestände, die<br />
Verfahrensarten und den Rechtsschutz ins deutsche<br />
Recht übernommen. Die übrigen Regelungen werden<br />
erst mit der geplanten Einführung einer speziellen<br />
Vergabeverordnung für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />
Aufträge umgesetzt. Bis dahin ist die<br />
Richtlinie 2009/81/EG direkt anzuwenden. Das<br />
Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesbauministerium<br />
haben für ihre jeweiligen Geschäftsbereiche<br />
entsprechende Erlasse herausgegeben.<br />
Dr. Wolfram Krohn, Rechtsanwalt,<br />
Orrick Hölters & Elsing, Berlin<br />
16 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)
Der Grundsatz des Gebotes der<br />
losweisen Vergabe und dessen Ausnahmen<br />
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
(GWB) ordnet unter § 97 Absatz 3 an, dass ein Auftrag,<br />
der sich aus mehreren Einzelleistungen zusammensetzt<br />
(zum Beispiel eine Bau- und eine Lieferleistung),<br />
möglichst in einzelnen Teilleistungen<br />
vergeben werden soll. Bei diesen Teilleistungen<br />
spricht man von „Losen“.<br />
Förderung des Mittelstands<br />
Durch den Vorrang der losweisen Vergabe sollen die<br />
Interessen mittelständischer Unternehmen gefördert<br />
werden. Denn diese könnten mit ihren oftmals begrenzten<br />
Mitteln nicht um Großaufträge mit bieten.<br />
Nur dann, wenn einzelne Leistungen getrennt vergeben<br />
werden, ist es Unternehmen mit begrenzten Kapazitäten<br />
möglich, an diesem Wettbewerb teilzuhaben.<br />
Dies hilft auch dabei, den wettbewerblichen<br />
Vorteil der großen Unternehmen einzuschränken.<br />
Schwierigkeiten bei zu vielen Beteiligten<br />
Demgegenüber haben öffentliche Auftraggeber häufig<br />
das Ziel, Leistungen aus einer Hand zu erhalten.<br />
Hierdurch kann eine leichtere Projektabwicklung erreicht<br />
werden. Denn je größer die Zahl der zum Beispiel<br />
an einem Bauprojekt beteiligten Unternehmen<br />
ist, desto umständlicher sind die Koordination einzelner<br />
Gewerke und die anschließende Beseitigung von<br />
Mängeln. Im letzteren Fall wird nicht selten versucht,<br />
die Verantwortung für eine mangelhafte Bauleistung<br />
auf andere Beteiligte abzuwälzen. Erhält der öffentliche<br />
Auftraggeber die Leistung dagegen aus einer<br />
Hand, so ist ihm gegenüber nur ein einziger Vertragspartner<br />
verantwortlich, selbst dann, wenn sich dieser<br />
weiterer Subunternehmer bedient hat.<br />
Eine Berücksichtigung des Gebots der Losvergabe<br />
führt daher oft dazu, dass das Projekt gerade nicht<br />
auf die wirtschaftlich günstigste Weise bewältigt werden<br />
kann. Im Gegenteil: Es drohen im schlimmsten<br />
Fall enorme Verzögerungen und anschließend endlose<br />
Streitigkeiten.<br />
Aus diesem Grunde stellt sich in der Praxis häufig die<br />
Frage, ob auf eine Aufteilung des Auftrages in Lose<br />
verzichtet werden kann.<br />
Verzicht auf die Bildung von Losen<br />
Der Gesetzgeber hat von dem Grundsatz der Losvergabe<br />
Ausnahmen vorgesehen. Die Vorschrift des §<br />
97 Absatz 3 GWB wird unter anderem in § 5 Absatz<br />
2 Satz 2 VOB/A, § 2 Absatz 2 VOL/A, § 2 EG Absatz<br />
2 VOL/A durch die speziellen Vergabe- und Vertragsordnungen<br />
weiter ausgestaltet. In diesen ist geregelt,<br />
dass auf die Aufteilung in Lose verzichtet werden<br />
kann, wenn dies aus wirtschaftlichen oder technischen<br />
Gründen erforderlich ist.<br />
Als wirtschaftliche Gründe kommen beispielsweise<br />
eine schwierige Koordinierung der Gewerke, Gesichtspunkte<br />
einer einheitlichen Gewährleistung oder zu erwartende<br />
erhebliche Verzögerungen beim Bauablauf<br />
in Betracht (vgl. Kus in: Kulartz/Kus/Portz, Kommentar<br />
zum GWB-<strong>Vergaberecht</strong>, 2. Aufl. 2009, § 97, Rn.<br />
84 und 87 m.w.N.). Diese Fallgruppe erfasst also solche<br />
Situationen, in denen bei einer Aufteilung in Lose<br />
unverhältnismäßige Kostennachteile drohen würden.<br />
Technische Gründe, die für eine einheitliche Vergabe<br />
sprechen, sind insbesondere technische Abhängigkeiten<br />
beim Bauablauf (Kus in: Kulartz/Kus/Portz,<br />
Kommentar zum GWB-<strong>Vergaberecht</strong>, 2. Aufl. 2009, §<br />
97, Rn. 86) oder erhöhte Sicherheitsrisiken (vgl.<br />
Roth in: Müller-Wrede, Vergabe- und Vertragsordnung<br />
für Leistungen, § 2 EG, Rn. 96). Hier ist eine<br />
Aufteilung aus technischen Gründen entweder sinnlos<br />
oder gar gefährlich.<br />
Ein Fall des Verzichts auf die Bildung von Losen ist<br />
auch die sogenannte „Paketvergabe“. Dieser Begriff<br />
wird oft im Zusammenhang mit der Ausschreibung<br />
von Generalübernehmerleistungen genannt. Hierbei<br />
werden Planung und Bauausführung „im Paket“ an<br />
einen einzigen Bieter vergeben. Ein „Paket“ kann aber<br />
auch in Bezug auf verschiedene, langfristige Dienstleistungsverträge<br />
gebildet werden.<br />
Umfassende Abwägung und Begründung<br />
erforderlich<br />
Der öffentliche Auftraggeber hat die technischen<br />
oder wirtschaftlichen Gründe für den Verzicht auf die<br />
Losbildung nach Ausübung seines pflichtgemäßen<br />
Ermessens festzustellen. Ein einfacher Kostennachteil<br />
oder eine aufwändigere Projektabwicklung sind an<br />
sich für die Begründung nicht ausreichend. Vielmehr<br />
muss in der umfassenden Einzelfallabwägung entschieden<br />
werden, ob die für eine Gesamtvergabe<br />
sprechenden technischen oder wirtschaftlichen Gründe<br />
von solchem Gewicht sind, dass eine Aufteilung<br />
auf Lose für den öffentlichen Auftraggeber nicht hinnehmbar<br />
ist (vgl. Roth in: Müller-Wrede, Vergabe-<br />
und Vertragsordnung für Leistungen, § 2 EG, Rn. 95).<br />
Bei dieser Entscheidung steht der Vergabestelle<br />
aber auch ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (vgl.<br />
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2004, VII<br />
Verg 38/04).<br />
Im Rahmen der Ermessensausübung ist grundsätzlich<br />
von einem Vorrang der mittelständischen Interessen<br />
vor dem Interesse an einer einheitlichen Vergabe auszugehen.<br />
Die Mittelstandsförderung soll darin bestehen,<br />
nach Möglichkeit Chancengleichheit zwischen<br />
mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen<br />
herzustellen, in dem der aus der Größe des Unternehmens<br />
resultierende Wettbewerbsvorteil ausgeglichen<br />
wird (vgl. Diehr, in: Reidt/Stickler/Glahs,<br />
<strong>Vergaberecht</strong>, 3. Auflage 2011, § 97 GWB, Rn. 52).<br />
Die mittelständischen Interessen können aber oft dadurch<br />
ausreichende Berücksichtigung finden, dass<br />
Bietergemeinschaften mittelständischer Unternehmen<br />
zu dem Vergabeverfahren ausdrücklich zugelassen<br />
werden. Auf diese Weise haben auch solche Unternehmen<br />
eine Möglichkeit, sich an dem Wettbewerb<br />
zu beteiligen, die beispielsweise aufgrund begrenzter<br />
Personalkapazitäten nicht auf einen vollständigen<br />
Großauftrag bieten könnten.<br />
Dokumentation<br />
Die Begründung der Entscheidung, auf die Bildung<br />
von Losen zu verzichten, ist umfassend schriftlich festzuhalten.<br />
Dem öffentlichen Auftraggeber ist daher<br />
anzuraten, alle hierfür sprechenden Gründe in einen<br />
Vergabevermerk aufzunehmen und diesen anschließend<br />
in der Vergabeakte aufzubewahren.<br />
Dr. Daniela Hattenhauer,<br />
Partnerin, Heuking Kühn Lüer Wojtek,<br />
Düsseldorf/Frankfurt am Main<br />
Sebastian Gall,<br />
Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer<br />
Wojtek , Frankfurt am Main<br />
17 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)