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Euroforum Newsletter Vergaberecht - HFK Rechtsanwälte

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Ausgabe 11 (1/2012)<br />

<strong>Euroforum</strong>-<strong>Newsletter</strong><br />

<strong>Vergaberecht</strong> 2012<br />

Ihr begleitender <strong>Newsletter</strong> zu den renommierten<br />

vergaberechtlichen Jahrestagungen und Seminaren!<br />

www.vergaberecht-euroforum.de


Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Vergaberecht</strong> 2012<br />

S. 3<br />

Bewertung der EU-<strong>Vergaberecht</strong>sreform<br />

aus kommunaler Sicht<br />

Norbert Portz, Beigeordneter, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Bonn<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wir freuen uns, Ihnen die aktuelle Ausgabe unseres digitalen <strong>Newsletter</strong>s<br />

<strong>Vergaberecht</strong> zuzusenden.<br />

S. 6<br />

S. 8<br />

S. 10<br />

Strengere Prüfung der kartellrechtlichen Zulässigkeit von<br />

Bietergemeinschaften bei öffentlichen Auftragsvergaben<br />

Dr. Marc Gabriel LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

und Partner, Baker & McKenzie, Berlin<br />

Tariftreue- und Vergabegesetz NRW<br />

Carsten Steinert, Rechtsanwalt, Leiter Vergabe- und Beihilfenrecht,<br />

PricewaterhouseCoopers Legal AG, Düsseldorf<br />

Teststellung und Präsentation im Vergabeverfahren<br />

Dr. Susanne Mertens LL.M., Partnerin, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />

Henrik Baumann, Rechtsanwalt, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />

In der ersten Ausgabe des Jahres 2012 fi nden Sie wieder einen bunten Strauß<br />

an interessanten Artikeln zu aktuellen Themen, die die <strong>Vergaberecht</strong>swelt<br />

aktuell bewegen.<br />

An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei den Autoren für ihre<br />

Unterstützung bei der Gestaltung des <strong>Newsletter</strong>s. Wenn auch Sie einen<br />

Beitrag für den nächsten <strong>Newsletter</strong> leisten möchten oder Anregungen für<br />

Themen haben, erreichen Sie uns unter 02 11/96 86–35 26.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und freuen uns, Sie bei einer unserer<br />

Veranstaltungen zu begrüßen.<br />

Herzliche Grüße<br />

Ihr EUROFORUM-Team<br />

S. 12<br />

Risiken und Chancen von praktischen Erprobungen<br />

Prof. Dr. Ralf Leinemann, Partner, Leinemann & Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />

Dr. Thomas Kirch, Partner, Leinemann & Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />

S. 13<br />

BGH: Dienstleistungskonzessionen unterliegen<br />

nicht dem <strong>Vergaberecht</strong><br />

Aline Heurley, Rechtsanwältin, PricewaterhouseCoopers<br />

Legal AG, Düsseldorf<br />

Rechtsanwältin Bettina Cebulla<br />

Senior-Konferenz-Managerin Recht<br />

S. 14<br />

Endstation Nachunternehmer: Wie die Wahl des<br />

„falschen“ Nachunternehmers zum Ausschluss führt<br />

Dr. Annette Rosenkötter, Partnerin, FPS Rechtsanwälte &<br />

Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />

Aline Fritz, Rechtsanwältin, FPS Rechtsanwälte &<br />

Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />

Rechtsanwältin Luise Gerdemann<br />

Konferenzmanagerin Recht<br />

S. 15<br />

Neue Vergaberegeln in den Bereichen<br />

Verteidigung und Sicherheit<br />

Dr. Wolfram Krohn, Partner, Orrick Hölters & Elsing<br />

S.17<br />

Der Grundsatz des Gebotes der losweisen<br />

Vergabe und dessen Ausnahmen<br />

Dr. Daniela Hattenhauer, Partnerin, Heuking Kühn Lüer Wojtek,<br />

Düsseldorf/Frankfurt am Main<br />

Sebastian Gall, Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer Wojtek , Frankfurt am Main<br />

Weitere aktuelle Aufsätze finden Sie unter:<br />

www.vergaberecht-euroforum.de<br />

2<br />

<strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 8 (2/2010)


Bewertung der EU-<strong>Vergaberecht</strong>sreform<br />

aus kommunaler Sicht<br />

I. Hintergrund<br />

Die EU-Kommission hat am 20. Dezember 2011 ihre<br />

Vorschläge zur <strong>Vergaberecht</strong>sreform vorgelegt. Vor<br />

dem Hintergrund der Strategie „Europa 2020“ für ein<br />

intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum<br />

sollen zwei Ziele miteinander verbunden werden:<br />

Zum einen die Steigerung der Effizienz und eine<br />

Vereinfachung und Flexibilisierung von Vergabeverfahren;<br />

zum anderen soll auch die Möglichkeit geschaffen<br />

werden, die öffentliche Auftragsvergabe besser<br />

zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher<br />

Ziele, etwa im Umweltschutz oder im sozialen Bereich,<br />

zu nutzen.<br />

II. Aufteilung des Pakets auf drei<br />

EU-Richtlinienvorschläge<br />

Die EU-Kommission hat erstmalig eine Aufteilung des<br />

EU-Reformpakets auf drei Richtlinienvorschläge und<br />

damit auf eine mehr („Konzessionen“) als bisher vorgenommen.<br />

Im Einzelnen handelt es sich jeweils um eine<br />

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

• über die (allgemeine) Auftragsvergabe, Kom<br />

(2011) 896/2 (258 Seiten)<br />

• über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber<br />

im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung<br />

sowie der Postdienste, Kom<br />

(2011) 895 endgültig (182 Seiten) und<br />

• über die Konzessionsvergabe, Kom (2011) 897<br />

endgültig (98 Seiten).<br />

Diese drei Richtlinienvorschläge sind schon vom<br />

Umfang, aber auch vom Inhalt her, sehr komplex<br />

und als solche kein Beitrag zur Entbürokratisierung.<br />

Hinzu kommen die zusätzlich aufgenommenen und<br />

aus kommunaler Sicht nicht erforderlichen Regelungen,<br />

insbesondere im Bereich der interkommunalen<br />

Kooperationen sowie der (Dienstleistungs-)<br />

Konzessionen.<br />

III. Kurzbewertung des Vorschlags<br />

über die Auftragsvergabe<br />

Eine Kurzbewertung des EU-Richtlinienvorschlags<br />

über die (allgemeine) Auftragsvergabe lässt sich wie<br />

folgt zusammenfassen:<br />

• Anwendungsbereich und Auftragswertberechnung<br />

Der in Art. 1 Abs. 2 vorgenommene Projektbezug<br />

bei der Auftragsvergabe dürfte im Ergebnis auch<br />

maßgeblich für die Berechnung des geschätzten<br />

Werts (Schwellenwert) sein. Hiermit ist aber die negative<br />

Folge verbunden, dass bei einem Bauvorhaben<br />

sowohl die vorangehenden Planungsleistungen<br />

als auch die nachfolgende Bauausführung gemeinsam<br />

berechnet werden und daher auch sehr viel<br />

schneller der EU-Schwellenwert mit einer entsprechenden<br />

Bekanntmachungspfl icht im EU-Amtsblatt<br />

erreicht wird. Angesichts einer tatsächlichen Vergabe<br />

von nur ca. 1,5 % aller Aufträge oberhalb der<br />

Schwellenwerte an Bieter mit Sitz im Ausland ist<br />

aber eine derartige Zusammenfassung aller<br />

Leistungen (Projektbezug) nicht gerechtfertigt. Zudem<br />

wird hierdurch tendenziell einer Förderung von<br />

Gesamtvergaben (keine Trennung zwischen Planungsleistungen<br />

einerseits und Bauleistungen andererseits)<br />

und damit auch einer Mittelstandsunfreundlichkeit<br />

Vorschub geleistet.<br />

Der vorgeschlagene Wegfall der Unterscheidung zwischen<br />

sogenannten prioritären und nicht prioritären<br />

Dienstleistungen („A“- und „B“-Dienstleistungen) erscheint<br />

demgegenüber nicht empirisch begründet.<br />

Dies gilt erst recht, da weiterhin eine Differenzierung<br />

danach erfolgen soll, dass die üblichen Vergaberegeln<br />

zwar in Zukunft z. B. für Rechtsanwaltsleistungen,<br />

nicht aber für soziale Dienstleistungen geeignet<br />

sein sollen, sondern für diese weiter spezifische<br />

Regelungen erforderlich sind.<br />

•„Toolbox“-Konzept:<br />

Dieses Konzept (s. Art. 24 ff.) mit zwei grundlegenden<br />

Verfahrensformen (Offenes/Nichtoffenes<br />

Verfahren auf der einen sowie Verhandlungsverfahren,<br />

Wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft<br />

auf der anderen Seite) ist als „Instrumentenkasten“<br />

grundsätzlich zu begrüßen.<br />

Allerdings wird die Anwendung des Verhandlungsverfahrens<br />

nach Art. 27 des Vorschlags an zu einengende<br />

Voraussetzungen geknüpft. Allenfalls der<br />

Buchstabe e (spezifi sche Umstände, Wesensart<br />

oder Komplexität der Beschaffung, Risiken) beinhaltet<br />

eine Ausweitung der aktuellen Anwendungsfälle<br />

des Verhandlungsverfahrens, der aber wegen<br />

der unbestimmten Rechtsbegriffe in der Praxis mit<br />

Auslegungsschwierigkeiten verbunden ist.<br />

• Lockerung der Regelungen für subzentrale<br />

Vergabebehörden (Kommunen):<br />

Die Lockerung der Regelungen für subzentrale Vergabebehörden<br />

(s. etwa Art. 26 Nr. 4) bringt zwar<br />

mehr Freiheiten insbesondere für kommunale Beschaffung<br />

und ist daher im Grundsatz zu begrüßen.<br />

Wenn danach eine lokale Behörde als Aufruf zum<br />

Wettbewerb Vorinformationen veröffentlich hat,<br />

braucht diese nach dem EU-Vorschlag vor Einleitung<br />

des Vergabeverfahrens keine separate Auftragsbekanntmachung<br />

mehr zu veröffentlichen. Allerdings<br />

führt die Stärkung der Vorinformation<br />

dazu, dass sich die Unternehmen fortlaufend hierüber<br />

Kenntnis verschaffen müssen und ihre Kapazitäten<br />

bereits sehr frühzeitig auf zeitlich sehr viel<br />

später stattfi ndende Auftragsvergaben einrichten<br />

müssen. Dies erscheint praxisfremd. Hinzu kommt,<br />

dass eine Unterteilung auf verschiedene Arten von<br />

Auftraggebern nicht sachgerecht begründbar ist.<br />

• Modernisierung der Vergabeverfahren:<br />

Eine Flexibilisierung bei der Überprüfung zur Auswahl<br />

der Bieter einerseits und der Erteilung des Zuschlags<br />

andererseits (Auswahl- und Zuschlagskriterien)<br />

ist zu begrüßen (s. Art. 54 Nr. 3). Jedoch sind<br />

hier weitere Erleichterungen sinnvoll: Insbesondere<br />

die mit Ausschlussfolgen bei der Wertung der Angebote<br />

verbundene Vermengung zwischen den<br />

Auswahl- und den Zuschlagskriterien durch die Auftraggeber<br />

sollten künftig keinen zwingende Ausschlussgrund<br />

beinhalten.<br />

• Lebenszykluskosten, Produktionsprozess, Gütezeichen:<br />

Unter den strategischen Zielen von „Europa 2020“,<br />

insbesondere um umwelt- und soziale Aspekte verstärkt<br />

in das <strong>Vergaberecht</strong> einzubeziehen, können<br />

zukünftig vermehrt Lebenszykluskosten (s. Art. 67)<br />

berücksichtigt werden. Zudem können Auftraggeber<br />

spezielle Gütezeichen (s. Art. 41) bei ihren Beschaffungen<br />

verlangen. Speziell das Abverlangen<br />

von qualifi zierten Gütezeichen erleichtert Auftraggebern<br />

im Leistungsverzeichnis die rechtliche und<br />

tatsächliche Umsetzung einer umweltfreundlichen<br />

Vergabe und ist daher zu begrüßen.<br />

•Umgang mit ungewöhnlich niedrigen Angeboten:<br />

Die Regelung in Art. 69 über die Erläuterung ungewöhnlich<br />

niedriger Angebote in Koppelung an bestimmte<br />

Preisabstände (50 Prozent oder 20 Prozent)<br />

gehört nicht in das <strong>Vergaberecht</strong>, sondern<br />

3 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


allenfalls in Handlungsanleitungen und Empfehlungen.<br />

Diese strikten Prozentvorgaben werden der<br />

Vielgestaltigkeit der Angebotskalkulation von Bietern,<br />

insbesondere in „innovativen oder neuen Märkten“,<br />

in denen sich noch keine Preise „gesetzt“ haben<br />

und daher erhebliche Preisspannen durchaus<br />

üblich sind, nicht gerecht. Die eingrenzenden Regelungen<br />

über die Prozentvorgaben sollten daher<br />

gänzlich entfallen.<br />

•Regelung zur Auftragsänderungen während<br />

der Laufzeit:<br />

Die in Art. 72 vorgenommene Abgrenzung zwischen<br />

einer ausschreibungspfl ichtigen Neuvergabe<br />

bei wesentlicher Änderung der Bestimmungen<br />

eines öffentlichen Auftrags einerseits und einer<br />

nicht erforderlichen Neuvergabe bei nicht wesentlichen<br />

Änderungen andererseits ist sinnvoll, aber<br />

angesichts der dort (Abs. 4) normierten 5 %-Grenze<br />

(Auftragswert) zu einengend.<br />

•Ermöglichung einer direkten Bezahlung<br />

von Unterauftragnehmern:<br />

Die vorgeschlagene Möglichkeit für die Mitgliedstaaten,<br />

wonach Unterauftragnehmer vom Auftraggeber<br />

eine direkte Zahlung verlangen können (s.<br />

Art. 71 Nr. 2), entspricht nicht der rechtlichen Vorgabe<br />

in Deutschland, wonach der Auftraggeber ein<br />

unmittelbares Vertragsverhältnis nur mit seinem<br />

Hauptauftragnehmer hat. Insoweit stellt dieser Vorschlag<br />

eine nicht zu Ende gedachte und daher abzulehnende<br />

Neufassung dar.<br />

• Einrichtung einer nationalen Aufsichtsstelle:<br />

Die in Art. 84 für einen Mitgliedstaat vorgeschlagene<br />

und von diesem zu benennende „einzige unabhängige<br />

Stelle“, die für die Beaufsichtigung und<br />

Koordinierung der Durchführungstätigkeiten verantwortlich<br />

ist („Aufsichtsstelle“) entspricht nicht<br />

dem föderalen deutschen Staatsaufbau. So ist nicht<br />

vorstellbar, dass eine einzige „Superaufsichtsinstanz“<br />

in Deutschland die Vergaben der Städte und<br />

Gemeinden im Rahmen des dreigliedrigen deutschen<br />

Staatsaufbaus beaufsichtigen können soll.<br />

•Regelungen der Beziehungen zwischen öffentlichen<br />

Stellen (Interkommunale Zusammenarbeit)<br />

Die vorgeschlagene Regelung in Art. 11 über die<br />

Abgrenzung zur Anwendung bzw. Nichtanwendung<br />

des <strong>Vergaberecht</strong>s bei „Beziehungen zwischen öffentlichen<br />

Stellen“ betrifft sowohl die vertikale In-<br />

House-Vergabe als auch die horizontale Zusammenarbeit<br />

zwischen öffentlichen Auftraggebern.<br />

Der hier unternommene Versuch, durch eine abschließende<br />

Aufzählung die rechtlichen Voraussetzungen<br />

einer ausschreibungsfreien (vertikalen) In-<br />

House-Vergabe sowie eine ausschreibungsfreie<br />

horizontale Zusammenarbeit zwischen öffentlichen<br />

Auftraggebern einengend zu regeln geht teilweise<br />

über die Rechtsprechung des EuGH hinaus. Der<br />

Vorschlag ist daher aus kommunaler Sicht abzulehnen.<br />

Er beeinträchtigt die Organisationshoheit der<br />

Kommunen<br />

IV. Eigenständige EU-Richtlinie<br />

über Konzessionen<br />

• Grundsätzliche Positionen<br />

Die EU-Kommission hat eine eigenständige Richtlinie<br />

über die bisher von öffentlichen Auftragsvergaben<br />

nicht erfassten (Dienstleistungs-)Konzessionen<br />

vorgelegt. Die kommunalen Spitzenverbände wenden<br />

sich – in Übereinstimmung mit dem EU-Parlament<br />

und dem Bundesrat in Deutschland – gegen<br />

einen eigenständigen Gesetzgebungsvorschlag<br />

über Konzessionen. Dienstleistungskonzessionen<br />

erfassen neben dem Bereich der Abfallbeseitigung<br />

und der Wasserversorgung im kommunalen<br />

Bereich auch Rettungsdienstleistungen sowie die<br />

Breitbandversorgung und die Verpachtung kommunaler<br />

Liegenschaften für Photovoltaikanlagen.<br />

Für all diese Dienstleistungen würde eine Anwendung<br />

des <strong>Vergaberecht</strong>s eine Einengung der Flexibilität<br />

bedeuten.<br />

Speziell im Bereich der Wasserversorgung droht die<br />

Gefahr, dass durch das <strong>Vergaberecht</strong> eine Liberalisierung<br />

durch die Hintertür eintritt. Dies ist nachdrücklich<br />

abzulehnen. Insoweit besteht auch heute<br />

schon bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen<br />

kein rechtsfreier Raum. Hier müssen die Vorgaben<br />

des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und<br />

auch das EU-Primärrecht beachtet werden (Gleichbehandlung,<br />

Transparenz, Wettbewerb). Zusätzliche<br />

Regelungen führen zur Infl exibilität. Sie sind<br />

daher nicht erforderlich. Zudem hat die Kommission<br />

nicht dargelegt, dass eine sekundärrechtliche<br />

Regelung der Dienstleistungskonzessionen auf EU-<br />

Ebene erforderlich ist.<br />

• Vertrag von Lissabon stärkt kommunale<br />

Selbstverwaltung<br />

Der weite Ermessenspielraum, der den nationalen,<br />

regionalen und insbesondere auch lokalen Stellen<br />

(Kommunen) durch den Vertrag von Lissabon zuerkannt<br />

worden ist, ist jedenfalls mit einer verfahrensrechtlichen<br />

Eingrenzung der Dienstleistungskonzessionen<br />

nicht vereinbar. Dies gilt erst recht für die<br />

Anwendung der EU-Rechtsmittelrichtlinie auf die<br />

Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und damit<br />

für die künftig gegebene Zuständigkeit von Vergabekammern<br />

in diesem Bereich. Die Besonderheiten<br />

der Dienstleistungskonzessionen fordern<br />

nach alledem in der Konsequenz die Beibehaltung<br />

der notwendigen Flexibilität und damit eine Nichtanwendung<br />

des <strong>Vergaberecht</strong>s.<br />

Norbert Portz,<br />

Beigeordneter, Deutscher<br />

Städte- und Gemeindebund, Bonn<br />

4 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


Bau · Immobilien · Vergabe<br />

Mit zahlreichen Praxisbeispielen!<br />

Zeiss<br />

Sichere Vergabe<br />

unterhalb der<br />

Schwellenwerte<br />

mit CD-ROM<br />

2. Auflage<br />

Bau · Immobilien · Vergabe<br />

2. Auflage<br />

ISBN 978-3-8462-0023-0<br />

2. Auflage 2012, ca. 360 Seiten,<br />

16,5 x 24,4 cm, Buch mit CD (Softcover),<br />

49,80 €<br />

AUTORENINFO<br />

Dr. Christopher Zeiss, Referent<br />

im Bundesministerium der Justiz,<br />

Berlin<br />

ISBN 978-3-8462-0023-0<br />

Zeiss<br />

Sichere Vergabe<br />

unterhalb der<br />

Schwellenwerte<br />

Rd. 95 % der öffentlichen Vergaben werden unterhalb der EU-Schwellenwerte abgewickelt. Dafür<br />

bestehen aber keine verbindlichen Normen oder Musterentscheidungen. Haushaltsrechtlich sind die<br />

Vergabevorschriften von VOL/A und VOB/A zu beachten und es gibt diverse Verwaltungsvorschriften.<br />

Zuschlagsentscheidungen müssen jedoch auch unterhalb der Schwellenwerte mit Wertungssystemen<br />

und Gewichtungen begründet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass das <strong>Vergaberecht</strong><br />

ständig im Fluss ist und zahlreiche Neuerungen zu beachten sind. Vor diesem Hintergrund<br />

sind Kenntnisse des <strong>Vergaberecht</strong>s für Auftraggeber und Bieter unerlässlich.<br />

Außerdem gewinnt der Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte zunehmend an Bedeutung. Wie<br />

schützt sich der Auftraggeber gegen Anfechtungen und Schadensersatzansprüche? Wie soll der Bieter<br />

seine Rechte geltend machen?<br />

Auch die 2. Auflage des Werkes leitet Sie sicher durch alle Stationen des Vergabeverfahrens. Sie<br />

erhalten einen Überblick über die jeweiligen rechtlichen Anforderungen sowie die Rechtsschutzmöglichkeiten.<br />

Die Neuauflage trägt dem aktuellen Norm- und Entwicklungsstand des <strong>Vergaberecht</strong>s Rechnung.<br />

Sie berücksichtigt neue Beschaffungsaspekte, wie z.B. Fragen der Energieeffizienz, ebenso wie<br />

besondere Verpflichtungen bei der Wertung von Angeboten, deren Nichtbeachtung zum Ausschluss<br />

von Bietern führt.<br />

Zahlreiche Beispiele, Praxistipps und grafische Übersichten veranschaulichen das jeweilige Thema.<br />

AUS DEM INHALT<br />

Wann darf auf eine Ausschreibung<br />

verzichtet werden?<br />

Welche Angebote dürfen ausgeschlossen<br />

werden?<br />

Wie wird die Eignung der Bieter überprüft?<br />

Welche Kriterien sind bei der Prüfung<br />

der Angebote zu beachten?<br />

Wie werden Angebote gewertet? Wie<br />

funktioniert ein Wertungssys-tem mit<br />

Gewichtung?<br />

IHRE VORTEILE<br />

• Praktische Handlungsanleitung für das<br />

tägliche Vergabegeschäft<br />

• Übersichtlicher Aufbau anhand der Stationen<br />

des Vergabeverfahrens<br />

• Zahlreiche Beispiele, Tipps, Übersichten<br />

und Checklisten. Insbesondere werden<br />

verschiedene Wertungssysteme mit Gewichtung<br />

vorgestellt und ihr Ablauf sowie<br />

ihre Anwendung erläutert.<br />

• Nationale Vergabenormen auf CD-ROM<br />

• Glossar der wichtigsten vergaberechtlichen<br />

Begriffe auf CD-ROM<br />

Recht<br />

vielseitig!<br />

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Strengere Prüfung der kartellrechtlichen<br />

Zulässigkeit von Bietergemeinschaften<br />

bei öffentlichen Auftragsvergaben<br />

Die kartellrechtliche Zulässigkeit<br />

von Bietergemeinschaften<br />

Bietergemeinschaften sind Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen<br />

zur gemeinschaftlichen Abgabe eines Angebots<br />

mit dem Ziel, den durch die Verdingungsunterlagen beschriebenen<br />

Auftrag gemeinschaftlich zu erhalten und auszuführen.<br />

Die Rolle von Bietergemeinschaften liegt oft in<br />

einem Spannungsfeld einerseits zwischen der gewollten Erweiterung<br />

des Bieterwettbewerbs (gerade auch durch erweiterte<br />

Teilnahmemöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen,<br />

für die Bietergemeinschaftsbildungen eine Chance<br />

darstellen, im Wettbewerb mit Großkonzernen attraktive Angebote<br />

zu kalkulieren) und andererseits der kartellrechtlich<br />

begründeten latenten Gefahr unzulässiger Wettbewerbsbeschränkungen<br />

i.S.v. § 1 GWB (hierzu und zum Folgenden:<br />

Gabriel/Benecke/Geldsetzer, Die Bietergemeinschaft,<br />

2007, S. 11 Rdnr. 22 ff.). Letzteres ist insbesondere dann der<br />

Fall, wenn sich gleichartige Unternehmen derselben Branche<br />

zu einer Bietergemeinschaft zusammenschließen, die aufgrund<br />

ihrer Leistungsfähigkeit auch selbstständig in der<br />

Lage wären, ein eigenes Angebot abzugeben. Denn schließen<br />

sich zwei oder drei solcher Unternehmen zu einer Bietergemeinschaft<br />

zusammen und geben als solche ein Angebot<br />

ab, erhält der Auftraggeber ein oder zwei Angebote weniger,<br />

als bei jeweils individueller Ausschreibungsbeteiligung möglich<br />

gewesen wäre – eine Beschränkung des Wettbewerbs<br />

liegt auf der Hand. Der Verstoß einer Bietergemeinschaftsgründung<br />

gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender<br />

Verhaltensweisen hat einen Angebotsausschluss für diese<br />

Bietergemeinschaften gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 lit. d)<br />

VOB/A bzw. § 19 Abs. 3 lit. f) EG VOL/A zur Folge.<br />

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich seit einer grundlegenden<br />

Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1983 eine einheitliche<br />

Rechtsprechungspraxis, welche Bietergemeinschaften<br />

auch zwischen leistungsstarken und<br />

branchengleichen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen<br />

für kartellrechtlich zulässig erklärte (vgl. dazu<br />

BGH, Urteil vom 13.12.1983, KRB 3/83; OLG Koblenz, Beschluss<br />

vom 29.12.2004, 1Verg 6/04; OLG Naumburg, Beschluss<br />

vom 21.12.2000, 1 Verg 10/00). Ausgangspunkt<br />

dieser Rechtsprechung ist die Feststellung, dass eine Wettbewerbsbeschränkung<br />

denknotwendig dann nicht vorliegen<br />

kann, wenn die beteiligten Unternehmen auf dem jeweiligen<br />

Markt überhaupt nicht im Wettbewerb miteinander stehen.<br />

Das ist einerseits grundsätzlich bei Unternehmen der Fall,<br />

die alleine schon objektiv in Ansehung des ausgeschriebenen<br />

Leistungsumfangs nicht in der Lage sind, ein erfolgversprechendes<br />

eigenes Angebot abzugeben. Darüber hinaus<br />

bestehe aber auch zwischen leistungsstarken<br />

Untenehmen dann kein (potentieller) Wettbewerb, wenn diese<br />

aus subjektiven Gründen deshalb kein eigenes Angebot<br />

abgegeben hätten, weil das nicht für „wirtschaftlich sinnvoll<br />

und kaufmännisch vernünftig“ befunden wurde. Bei dieser<br />

letztgenannten Erwägung lag in der Vergangenheit der Prüfungsschwerpunkt<br />

der Nachprüfungsinstanzen.<br />

Die aktuelle Entscheidung des<br />

OLG Düsseldorf<br />

Das OLG Düsseldorf stellte kürzlich in einem Beschluss vom<br />

09.11.2011 fest, dass die Eingehung einer Bietergemeinschaft<br />

in Bezug auf eine Auftragsvergabe im Allgemeinen<br />

die gegenseitige Verpflichtung beinhaltet, von der Abgabe<br />

eigener Angebote (bezogen auf die einzelnen Bietergemeinschaftsmitglieder)<br />

abzusehen – was grundsätzlich den Tatbestand<br />

einer Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB<br />

darstelle. Allerdings, so führt der Senat weiter aus, könne<br />

auch eine Bietergemeinschaft zwischen gleichartigen Unternehmen<br />

als wettbwerbsunschädlich angesehen werden, sofern<br />

kumulativ zwei Voraussetzungen vorlägen. Zum<br />

einen dürften die einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft<br />

objektiv nicht die zur Teilnahme an der Ausschreibung<br />

durch Abgabe eines Angebots erforderliche Leistungsfähigkeit<br />

aufweisen. Zum anderen sei in subjektiver Hinsicht<br />

zusätzlich darauf abzustellen, ob die Zusammenarbeit eine<br />

im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch<br />

vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung<br />

darstellt.<br />

Bewertung der Entscheidung und Ausblick<br />

Die bisherige Praxis der Rechtsprechung, Bietergemeinschaften<br />

zwischen selbstständig leistungsfähigen Unternehmen<br />

sehr weitgehend für kartellrechtlich zulässig zu erachten,<br />

sofern die Abgabe eines eigenen Angebots nicht<br />

wirtschaftlich sinnvoll und kaufmännisch vernünftig erscheint,<br />

führte im Ergebnis zu sehr niedrigen Nachweisanforderungen<br />

für die beteiligten Unternehmen sowie die Zulässigkeit<br />

der Bietergemeinschaftsbildung in der Vergabeakte<br />

dokumentierenden öffentlichen Auftraggeber. In diesem Zusammenhang<br />

genügte es oftmals bereits darzustellen, dass<br />

die Vorgaben der Verdingungsunterlagen ein Leistungsspektrum<br />

verlangt, das erheblich über das durchschnittliche Leistungsvermögen<br />

kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgeht<br />

(OLG Naumburg, Beschluss vom 21.12.2000, 1 Verg<br />

10/00) oder dass durch die Bietergemeinschaft Synergieeffekte<br />

durch Einsparungen wie die gemeinsame Nutzung vorhandener<br />

Standorte und die Ermöglichung besserer Einkaufsbedingungen<br />

erzielt werden (OLG Frankfurt am Main,<br />

Beschluss vom 27.06.2003, 11 Verg 2/03), bzw. eine Verteilung<br />

des wirtschaftlichen Risikos auf die beteiligten Unternehmen<br />

sowie Personaleinsparungen erreicht werden können<br />

(OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.06.2003,<br />

11 Verg 2/03). Diese Anforderungen waren nicht hoch; der<br />

Nachweis der kartellrechtlichen Zulässigkeit dementsprechend<br />

einfach.<br />

Diese Praxis wird vom OLG Düsseldorf nun nicht weiter verfolgt.<br />

Die Fokussierung auf das objektive Merkmal der selbstständigen<br />

Leistungsunfähigkeit als zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung<br />

führt zu einer generellen Unzulässigkeit von<br />

Bietergemeinschaft zwischen marktstarken Unternehmen<br />

derselben Branche – und zwar im Sinne einer Regelvermutung.<br />

Diese Konsequenz hat das OLG Düsseldorf bereits wenige<br />

Tage nach der Entscheidung vom 09.11.2011 mit<br />

einem nachfolgenden Beschluss gezogen (siehe OLG Düsseldorf,<br />

Beschluss vom 11.11.2011, Verg 92/11), in welchem<br />

der Senat hinsichtlich der kartellrechtlichen Zulässigkeit von<br />

Bietergemeinschaften ausschließlich auf das objektive Merkmal<br />

der hinreichenden Leistungsfähigkeit abstellt.<br />

Es ist daher festzuhalten, dass das OLG Düsseldorf jüngst einen<br />

deutlich verschärften Maßstab für die Beurteilung der<br />

kartellrechtlichen Zulässigkeit von Bietergemeinschaften bei<br />

öffentlichen Auftragsvergaben konstituiert hat. Damit einher<br />

geht sowohl eine deutlich erhöhte Darlegungslast für<br />

Bieter, als auch eine höchst praxisrelevante gesteigerte Prüfungs-<br />

und Dokumentationspflicht für öffentliche Auftraggeber.<br />

Die durch die Entscheidungen des OLG Düsseldorf faktisch<br />

eingeführte Regelvermutung der kartellrechtlichen<br />

Unzulässigkeit einer Bietergemeinschaft zwischen marktstarken<br />

Unternehmen derselben Branche darf künftig allerdings<br />

nicht dazu führen, Angebote solcher Bietergemeinschaften<br />

„vorwarnungslos“ von vornherein auszuschließen<br />

(vgl. zu den dahingehenden Vorgaben des EuGH: Gabriel,<br />

NZBau 2010, 225). Vielmehr muss den beteiligten Unternehmen<br />

im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens<br />

eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt werden, um die<br />

Vermutung einer Wettbewerbsbeschränkung auszuräumen.<br />

Letztlich wird somit eine an objektiven Kriterien ausgerichtete<br />

Einzelfallprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber erforderlich<br />

– und eine vertiefte Befassung mit den kartellrechtlichen<br />

Rahmenbedingungen für Unternehmenszusammenschlüsse,<br />

die in dieser Tragweite von<br />

Auftraggebern in der Vergangenheit im Regelfall nicht geleistet<br />

wurde.<br />

Dr. Marc Gabriel, LL.M., Rechtsanwalt,<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht und<br />

Partner, Baker & McKenzie, Berlin<br />

6 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


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19. und 20. Juni 2012, Berlin<br />

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Hörnig, Helmholtz-Zentrum oltzZ<br />

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Prof. Dr. Martin Burgi, Ruhr-Universität Bochum<br />

Katrin Dietrich, MVV Energie AG<br />

Heinz-Peter Dicks, Oberlandesgericht Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Meinrad Dreher LL.M., Universität Mainz<br />

Bernhard Fett, Sächsisches Staatsministerium des Innern<br />

Dr. Gabriele Herlemann, Bundeskartellamt<br />

Prof. Dr. Heiko Höfler, Orrick Hölters & Elsing<br />

Nobert Portz, Deutscher Städte- und Gemeindebund<br />

Hermann Summa, Oberlandesgericht Koblenz<br />

Dr. Tobias Traupel, Ministerium für Wirtschaft,<br />

Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Dr. Klaus Wiedner, Europäische Kommission<br />

Ja, ich nehme teil am 19. und 20. Juni 2012 in Berlin zum Preis von € 1.999,– zzgl. MwSt. p.P.<br />

Vertreter von Behörden erhalten einen Sonderpreis von € 1.449,– zzgl. MwSt. p.P.<br />

[Ich kann jederzeit ohne zusätzliche Kosten einen Ersatzteilnehmer bestimmen.]<br />

Bitte senden Sie mir das Tagungsprogramm zu.<br />

Bitte informieren Sie mich über Sponsoring- und Ausstellungsmöglichkeiten.<br />

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Datum, Unterschrift<br />

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Ich habe Interesse an Informationen von EUROFORUM auch<br />

per E-Mail: per Fax: per Telefon: Ich möchte keine weiteren Informationen von EUROFORUM per Fax erhalten<br />

Telefax<br />

D1201213/Z0925<br />

Bitte per Fax an: 0211/96 86–4501 Info-Telefon: 0211/96 86–35 01 www.vergaberecht-euroforum.de<br />

7 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 9 (1/2011)


Tariftreue- und Vergabegesetz NRW<br />

Mit Datum vom 26.01.2012 wurde im Gesetz- und<br />

Verordnungsblatt NRW das Gesetz über die Sicherung<br />

von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb<br />

bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue-<br />

und Vergabegesetz - TVgG - NRW) verkündet.<br />

Das Gesetz tritt zum 01.05.2012 in Kraft.<br />

Das Gesetz verfolgt den Zweck, einen fairen Wettbewerb<br />

um das wirtschaftlichste Angebot bei der Vergabe<br />

öffentlicher Aufträge unter gleichzeitiger Berücksichtigung<br />

von Sozialverträglichkeit, Umweltschutz<br />

und Energieeffizienz sowie Qualität und Innovation der<br />

Angebote zu fördern und zu unterstützen. Ausgehend<br />

von einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2008<br />

(Urteil vom 03.04.2008, Rs. C-346/06), der einem öffentlichen<br />

Auftraggeber wegen Verstoßes gegen die<br />

Entsenderichtlinie und die Dienstleistungsfreiheit verbot,<br />

Bauaufträge nur an tariflohnzahlende Unternehmen<br />

zu vergeben, hat der Gesetzgeber mit dem TVgG<br />

NRW die vom EuGH gesetzten Spielräume ausgefüllt.<br />

Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns<br />

Mit dem Gesetz ist in erster Linie vorgesehen, dass öffentliche<br />

Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben<br />

werden dürfen, die ihren Beschäftigten einen<br />

Mindestlohn von € 8,62 pro Stunde zahlen. Öffentliche<br />

Aufträge im Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes<br />

dürfen nur an solche Unternehmen<br />

vergeben werden, die sich schriftlich<br />

verpflichten, wenigstens die Mindestarbeitsbedingungen<br />

und das Mindestentgelt zu gewähren, welche<br />

durch einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag<br />

vorgegeben werden.<br />

Nach Angaben der Landesregierung sollen die öffentlichen<br />

Auftraggeber und Unternehmen durch die Änderung<br />

des Vergabeverfahrens jedoch so gering wie<br />

möglich belastet werden. So ist beispielsweise vorgesehen,<br />

dass die Bieter zum Nachweis der geforderten<br />

Lohnhöhe gemäß § 4 Absatz 3 TVgG NRW künftig<br />

lediglich Eigenerklärungen abgeben und bestätigen<br />

müssen, dass sie die eingesetzten Mitarbeiter in Höhe<br />

des Mindestentgelts entlohnen. Überprüft werden<br />

müssen diese Angaben nur dann, wenn das Angebot<br />

unangemessen niedrig erscheint oder andere Anhaltspunkte<br />

vorliegen, wonach diese Erklärungen unzutreffend<br />

sind.<br />

Das Gesetz gilt auch für Aufträge im Personennahverkehr<br />

im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.<br />

Hier verpflichtet es zu einem Mindestlohn nach dem<br />

jeweils einschlägigen Tarifvertrag.<br />

Weitere vergaberechtliche<br />

Verpflichtungen<br />

Darüber hinaus werden öffentlichen Auftraggebern<br />

mit dem TVgG NRW vergaberechtliche Verpflichtungen<br />

auferlegt. So sollen bei der Vergabe von<br />

Aufträgen Kriterien des Umweltschutzes und der Energieeffizienz<br />

einfließen. Hinsichtlich der Kriterien des<br />

Umweltschutzes und der Energieeffizienz gilt für die<br />

Auftraggeber, dass bei der Bedarfsanalyse der Aspekt<br />

einer umweltfreundlichen und energieeffizienten<br />

Systemlösung stets zu berücksichtigen ist. Anschaffungen<br />

sind ggf. unter dem Lebenszyklusansatz zu<br />

berücksichtigen.<br />

Ferner sind auch soziale Kriterien zu beachten und bei<br />

der Ausführung des Auftrages haben sich Unternehmen<br />

schließlich schriftlich zu verpflichten, Maßnahmen<br />

zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf im eigenen<br />

Unternehmen einzuleiten oder durchzuführen.<br />

Mit dem TVgG NRW werden öffentliche Auftraggeber<br />

auch bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte<br />

zur Einhaltung bestimmter Kriterien verpflichtet.<br />

Unabhängig von einer etwaigen Ausschreibungspflicht<br />

gelten die Vorgaben aus dem TVgG NRW. Das<br />

Land will die Einhaltung der Kriterien aus diesem Gesetz<br />

genau nachprüfen. Die Landesregierung wird<br />

eine Prüfstelle aufbauen, die die Einhaltung der Tariftreue-<br />

und Mindestlohnstandards unabhängig<br />

überwachen soll. Bei Verstößen droht eine Geldbuße<br />

von bis zu € 50.000,00. Außerdem kann das Unternehmen<br />

bis zu drei Jahre von der öffentlichen Auftragsvergabe<br />

ausgeschlossen werden.<br />

Carsten Steinert, Rechtsanwalt,<br />

Leiter Vergabe- und Beihilfenrecht,<br />

PricewaterhouseCoopers<br />

Legal AG, Düsseldorf<br />

8 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


SEMINAR<br />

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[Wir nehmen Ihre Adressänderung auch gerne telefonisch auf: 02 11/96 86–33 33.]<br />

Info-Telefon: 02 11/96 86–35 36 Kirstin Brämswig<br />

E-Mail:<br />

kirstin.braemswig@euroforum.com<br />

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[P1105435M100]<br />

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Die Informa Deutschland SE darf mich über verschiedenste Angebote von sich,<br />

Konzern- und Partnerunternehmen wie folgt zu Werbezwecken informieren:<br />

Zusendung per E-Mail: Ja Nein Zusendung per Fax: Ja Nein<br />

Datum/Unterschrift<br />

D1202199/NLV04-2012


Teststellung und Präsentation<br />

im Vergabeverfahren<br />

Mit zunehmender Vielfalt und Komplexität öffentlicher Beschaffungen,<br />

insbesondere bei IT-Vergaben, steigt das Bedürfnis,<br />

von Bietern und Auftragnehmern angebotene<br />

Leistungen vorab zu testen oder präsentieren zu lassen.<br />

Wie aber sind Teststellungen und Präsentationen zielgerecht<br />

und vergaberechtskonform in den Beschaffungsprozess<br />

zu integrieren?<br />

Teststellungen sind vergaberechtlich einer Bemusterung im<br />

allgemeinen Sinne gleichzusetzen, die grundsätzlich wie<br />

Bietererklärungen zu behandeln sind (VK Sachsen, Beschl.<br />

v. 19.05.2009 - 1/SVK/008-09; Beschl. v. 07.03.2008 -<br />

1/SVK/003-08; Beschl. v. 07.01.2008 - 1/SVK/077-07).<br />

Ungeachtet der Frage der rechtlichen Einordnung bedarf es<br />

aber aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers schon im<br />

Rahmen der Vergabevorbereitung einer Entscheidung, ob<br />

und in welchem Umfang die Teststellung überhaupt bereits<br />

im Vergabeverfahren oder erst nach Zuschlagserteilung<br />

- d.h. vor oder nach Vertragsschluss - erfolgen soll.<br />

In jedem Fall ist sicherzustellen, dass Inhalt und Bedeutung<br />

der Teststellung sowie die Auswahl der daran teilnehmenden<br />

Bieter im Vergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei<br />

festgelegt sind. Ist die Bewertung der<br />

Teststellung und ihrer Ergebnisse Bestandteil der Angebotswertung<br />

nach den Zuschlagskriterien ist das dafür vorgesehene<br />

Bewertungssystem rechtzeitig vor Angebotsabgabe<br />

allen Bietern so mitzuteilen, wie es für die Erstellung<br />

der Angebote und die Vorbereitung der Teststellung beeinflussen<br />

kann. Das für die Teststellung aufgestellte und bekannte<br />

gemachte Bewertungssystem (möglicherweise sogar<br />

Teststellung als „Entscheidungskriterium“ bei der<br />

Erweiterten Richtwertmethode gem. UfAB) muss die Vergleichbarkeit<br />

der Angebote und eine vergaberechtskonforme<br />

Angebotswertung gewährleisten.<br />

Präsentationen können sich im Gegensatz zu den meisten<br />

Teststellungen im vorgenannten Sinne inhaltlich nicht<br />

nur auf herzustellende oder zu liefernde Produkte, Technik<br />

oder sonstige qualitative und wirtschaftliche Aspekte<br />

der Leistungserbringung (fachlich-inhaltliche Angebotsvorstellung<br />

und -darstellung) beziehen, sondern (auch) auf<br />

Fragen der Eignung der sich bewerbenden bzw. bietenden<br />

Unternehmen.<br />

Bei der Durchführung von Präsentationen in Vergabeverfahren<br />

ist daher besondere Sorgfalt bei der Gestaltung deren<br />

Inhalts geboten. Einfluss auf die Angebotswertung<br />

nach den Zuschlagskriterien dürfen Präsentationen nur insoweit<br />

nehmen, wie Inhalte bewertet werden, die die Qualität<br />

und Wirtschaftlichkeit der Angebote betreffen. Fragen<br />

und Inhalte, die im Wesentlichen mit der Beurteilung der<br />

fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden<br />

Auftrags zusammenhängen (z.B. Erfahrung und<br />

Qualifikation des Unternehmens oder des zum Einsatz vorgesehenen<br />

Personals), sind als Zuschlagskriterien ausgeschlossen<br />

(EuGH, Urt. v. 12.11.2009 - Rs. C-199/07; Urt.<br />

v. 24.01.2008 - Rs. 532/06). So wurde jüngst die „Beschreibung<br />

des angewendeten Personalkonzepts“ als unzulässiges<br />

Zuschlagskriterium angesehen (OLG Karlsruhe, Beschl.<br />

v. 20.07.2011 - 15 Verg 6/11).<br />

Im Übrigen gelten für Präsentationen die zwingenden Mindeststandards<br />

an Transparenz und Nichtdiskriminierung<br />

gleichermaßen wie bei der Teststellung. Den Bietern muss<br />

von vornherein klar sein, welche Bedeutung welche Inhalte<br />

der Präsentation für die Angebotswertung und die Vergabeentscheidung<br />

haben.<br />

Für Teststellungen und Präsentationen sind stets deren<br />

zeitlicher, organisatorischer und personeller Ablauf festzu-<br />

Scheitert eine Teststellung, die nach Vertragsschluss vorgesehen<br />

war, oder verläuft eine solche fehlerhaft, bestehen<br />

ausschließlich die im geschlossenen Vertrag vereinbarten<br />

Sanktionen und Möglichkeiten der Fehlerbeseitigung (z.B.<br />

Nachbesserung, Mangelbeseitigung oder gar Kündigung).<br />

Eine Rückkehr ins vorangegangene Vergabeverfahren - wie<br />

der Rückgriff auf den zweitplatzierten Bieter oder der Einstieg<br />

in Nachverhandlungen mit anderen Bietern aus dem<br />

vorangegangenen Vergabeverfahren - kommt dabei grundsätzlich<br />

nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es bei Scheitern<br />

des Projekts mit einem einmal ausgewählten Projektpartner<br />

bei fortgesetzter Beschaffungsabsicht einer Neuausschreibung<br />

nach dem jeweils geltenden <strong>Vergaberecht</strong>.<br />

Für Teststellungen bereits im Vergabeverfahren bestehen<br />

verschiedene vergaberechtliche Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen zwei Grundarten<br />

der Teststellung: Die verifizierende und die wertende<br />

Teststellung (VK Sachsen, a.a.O.). Während die verifizierende<br />

Teststellung lediglich der Kontrolle dient, ob die angebotene<br />

Leistung die in der Leistungsbeschreibung vorgegebenen<br />

Kriterien erfüllt, hat die wertende Teststellung<br />

selbständige Bedeutung bei der Bewertung nach den Zuschlagskriterien.<br />

Soweit in den Vergabeunterlagen vorgesehen,<br />

können aus einer Teststellung resultierende Ergebnisse<br />

nicht nur in die formale Angebotswertung<br />

(insbesondere Prüfung auf unzulässige Änderungen an den<br />

Vergabe-/Vertragsunterlagen), sondern auch in die Bewertung<br />

nach den bekannt gemachten Zuschlagskriterien (Leistungspunkte<br />

im Sinne der UfAB V Version 2.0) einfließen.<br />

legen, der den Bietern so früh wie möglich im Vergabeverfahren<br />

mitzuteilen ist. Zudem ist ein angemessenes Verhältnis<br />

zwischen Aufwand auf Auftraggeber- und auf<br />

Bieterseite einerseits und angestrebten Nutzen der Teststellung<br />

bzw. Präsentation sicherzustellen. Bei maßgeschneiderter<br />

organisatorischer Planung und Einhaltung der vorstehenden<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen können<br />

Teststellungen und Präsentationen in Vergabeverfahren zu<br />

einer spürbaren Qualitäts- und Effizienzsteigerung führen.<br />

Dr. Susanne Mertens LL.M.,<br />

Partnerin, <strong>HFK</strong> Rechtsanwälte LLP,<br />

Berlin<br />

Henrik Baumann,<br />

Rechtsanwalt, <strong>HFK</strong><br />

Rechtsanwälte LLP, Berlin<br />

10 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


2<br />

EUROFORUM<br />

S T U DIENPU N K T<br />

+<br />

1<br />

EUROFORUM<br />

S T U DIENPU N K T<br />

17. Jahrestagung<br />

Brennpunkt<br />

<strong>Vergaberecht</strong><br />

6. November 2012, Workshop I 7. und 8. November 2012, Konferenz<br />

Vorankündigung<br />

„Vermittelt Freude und Ehrfurcht am <strong>Vergaberecht</strong>, weiter so!“<br />

Thomas Harborth, Oberfi nanzdirektion Magdeburg<br />

„Eine geniale Hilfestellung bei dem täglichen Entscheidungsprozess.“<br />

Sabine Deiß, Rostocker Straßenbahn AG<br />

„Die richtige Mischung aus Theorie und Praxis zu den brennendsten Fragen des <strong>Vergaberecht</strong>s!“<br />

Maren Siegel, IT-Dienstleistungszentrum Berlin<br />

17. Jahrestagung I Brennpunkt <strong>Vergaberecht</strong> I Bitte Faxen an: 02 11/96 86-40 40<br />

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Datum/Unterschrift<br />

D1202199/NLV04-2012


Risiken und Chancen von<br />

praktischen Erprobungen<br />

Die praktische Erprobung, also die Durchführung einer<br />

Teststellung, kann beim Einkauf durch die öffentliche<br />

Hand helfen, ein optimales Beschaffungsergebnis zu erreichen.<br />

So lässt sich die konkrete Produkteignung, Anwenderfreundlichkeit<br />

und auch Störungsanfälligkeit<br />

insbesondere bei technisch anspruchsvollen Beschaffungen<br />

vielfach nicht allein anhand der schriftlichen<br />

Angebote bewerten. Muss sich etwa eine zu beschaffende<br />

Hard- oder Software bei entsprechendem Schnittstellenrisiko<br />

in ein bereits bestehendes System integrieren,<br />

kann eine praktische Erprobung noch im laufenden Vergabeverfahren<br />

zeigen, ob ein angebotenes Produkt tatsächlich<br />

die erforderliche Kompatibilität aufweist.<br />

Ziele<br />

Teststellungen können eingesetzt werden, um die Angaben<br />

in den schriftlichen Angeboten zu überprüfen<br />

(verifizierende Teststellungen). Zeigt sich, dass ein Produkt<br />

den für die Teststellung geforderten Mindestanforderungen<br />

nicht genügt, so ist grundsätzlich das betroffene<br />

Angebot schon aus formalen Gründen nicht weiter<br />

berücksichtigungsfähig, da es den Vorgaben der Ausschreibung<br />

nicht entspricht. Sollen nach den Vergabeunterlagen<br />

im Rahmen der Teststellung nur konkrete,<br />

im Einzelnen benannte Anforderungen überprüft werden,<br />

ist der Auftraggeber hieran gebunden. Unterschreiten<br />

die Anforderungen der Teststellungen die<br />

technischen Vorgaben der Leistungsbeschreibung kann<br />

dies dazu führen, dass hieraus nicht auf die Untauglichkeit<br />

des Produkts geschlossen werden kann, wie das<br />

OLG München jüngst in einem Einzelfall klargestellt hat<br />

(03.11.2011, Verg 14/11). Es ist darauf zu achten,<br />

dass sich die Anforderungen der Teststellungen mit denen<br />

der Leistungsbeschreibung decken und keine niedrigeren,<br />

aber auch keine höheren Maßstäbe gesetzt<br />

werden.<br />

Die Ergebnisse einer Teststellung können auch im Rahmen<br />

der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auf<br />

der vierten Wertungsstufe Berücksichtigung finden.<br />

Dies setzt aber nicht nur voraus, dass zuvor die gegebenenfalls<br />

aufgestellten Mindestanforderungen im Rahmen<br />

der Teststellung erfolgreich bejaht wurden. Ein<br />

entsprechendes Vorgehen ist den Bietern auch mitzuteilen.<br />

Die Art und Weise der Bewertung der Ergebnisse<br />

der Teststellung im Rahmen der Zuschlagskriterien ist<br />

zu erläutern. Dabei kann eine positive Bewertung nicht<br />

auf das bloße Erfüllen der Mindestanforderung gestützt<br />

werden, da dies Voraussetzung dafür ist, dass ein Angebot<br />

überhaupt auf der vierten Wertungsstufe berücksichtigt<br />

wird. Eine wertende Beurteilung ist nur da möglich,<br />

wo auch entsprechende Freiräume für das Anbieten<br />

unterschiedlicher Leistungsqualitäten bestehen, etwa<br />

bei einer Übererfüllung von Mindestanforderungen.<br />

Zulässigkeit<br />

Es bestehen bei Lieferleistungen und auch bei Dienstleistungen<br />

mit einem Lieferanteil keine vergaberechtlichen<br />

Bedenken, dass Teststellungen vom Auftrageber<br />

im Vergabeverfahren durchgeführt werden. Allerdings<br />

muss ein entsprechendes Vorgehen durch den Auftragsgegenstand<br />

gedeckt sein. Eine Teststellung darf nicht<br />

dazu dienen, dem Auftraggeber erst einen Überblick<br />

über die im Markt verfügbaren Produkte oder deren<br />

Möglichkeiten zu verschaffen, da dies allein im Rahmen<br />

einer einem Vergabeverfahren vorgeschalteten Markterkundung<br />

zu geschehen hat.<br />

Der Aufwand einer Teststellung muss ferner in einem<br />

angemessenen Verhältnis zum Beschaffungsgegenstand<br />

und dem Aufwand der Bieter stehen. Der Auftraggeber<br />

muss ein berechtigtes Interesse an der Durchführung<br />

einer Teststellung haben, was auch im<br />

Vergabevermerk dokumentiert werden sollte. In der Regel<br />

ist eine Teststellung daher nur mit den Bietern der<br />

engeren Wahl durchzuführen. Kann sich durch die Teststellung<br />

die Wertungsreihenfolge noch ändern, sind<br />

alle Angebote einzubeziehen, die unter Berücksichtigung<br />

der möglichen Ergebnisse der Teststellung noch<br />

eine Chance auf den Zuschlag haben.<br />

Transparenz<br />

Ob und wie eine Teststellung durchgeführt wird, kann<br />

einer der Aspekte sein, anhand derer die Bieter entscheiden,<br />

ob sie sich an einem Vergabeverfahren beteiligen<br />

oder nicht. Bereits in der Vergabebekanntmachung<br />

sollte daher auf die beabsichtigte Durchführung<br />

einer Erprobung hingewiesen werden. Eine Detaillierung<br />

des Ablaufs der Teststellung kann den Vergabeunterlagen<br />

vorbehalten bleiben. Da die Durchführung der<br />

Teststellung bereits Einfluss auf die Auswahl der anzubietenden<br />

Produkte durch die Bieter haben kann,<br />

sollten die Anforderungen der Teststellung bereits mit<br />

der Aufforderung zur Angebotsabgabe und nicht erst<br />

im Rahmen der Einladung zur Teststellung mitgeteilt<br />

werden.<br />

An den mitgeteilten Ablauf einer Erprobung ist der öffentliche<br />

Auftragnehmer grundsätzlich gebunden. Eine<br />

spätere Änderung ist nur zulässig, wenn es hierfür einen<br />

rechtfertigenden Grund gibt und die zentralen Vergabegrundsätze<br />

gewahrt werden. Abweichungen müssen<br />

gegenüber allen Bietern, die zur Teststellung eingeladen<br />

sind, bekannt gemacht werden. Eine Bevor- oder<br />

Benachteiligung einzelner Bieter durch eine Änderung<br />

ist auszuschließen.<br />

Sowohl bei verifizierenden als auch bei wertenden Teststellungen<br />

können sich im Rahmen der Erprobung Probleme<br />

ergeben, etwa wegen nie auszuschließender Produktfehler<br />

im Einzelfall. Wie mit solchen Umständen<br />

umgegangen wird, sollte möglichst bereits mit den Vergabeunterlagen<br />

geklärt werden. Dies kann etwa die<br />

Frage betreffen, ob und in welchem Zeitraum einem<br />

Bieter die Gelegenheit gegeben wird, einen Fehler an<br />

seinem Produkt zu beheben. Zwar hat es das OLG Düsseldorf<br />

für zulässig gehalten, auch ohne einen entsprechenden<br />

Hinweis während einer Erprobung auftretende<br />

Defekte zu beseitigen, wenn diese ohne konstruktive<br />

Veränderungen an dem Gerät behoben werden können.<br />

Im konkreten Fall hatte die Vergabestelle einen einmonatigen<br />

Einsatz im Echtbetrieb vorgesehen, was zumindest<br />

konkludent auch die auch im Echtbetrieb bestehenden<br />

Möglichkeit einer Reparatur bedeutete<br />

(Beschluss vom 22.12.2010, VII, Verg 40/10). Im Interesse<br />

eines möglichst unangreifbaren Vergabeverfahrens<br />

sollte dies jedoch bereits in den Vergabeunterlagen<br />

geregelt werden.<br />

Fazit<br />

Insbesondere bei technisch anspruchsvollem Beschaffungsvorhaben<br />

sind Teststellungen vielfach ein effizientes<br />

Mittel, um als Auftraggeber eine optimale Beschaffung<br />

zu erreichen. Ein rechtsicheres<br />

Vergabeverfahren setzt auch insoweit – wie stets – eine<br />

sorgfältige Vorbereitung voraus. Der Auftraggeber<br />

muss klären, warum es ihm auf eine Teststellung ankommt<br />

und wie diese abläuft. Dies ist den Bietern mitzuteilen<br />

und auch in der Vergabeakte zu dokumentieren.<br />

Einer erfolgreichen Teststellung sollte dann nichts<br />

im Wege stehen.<br />

Prof. Dr. Ralf Leinemann,<br />

Partner, Leinemann & Partner<br />

Rechtsanwälte, Berlin<br />

Dr. Thomas Kirch,<br />

Rechtsanwalt, Leinemann &<br />

Partner Rechtsanwälte, Berlin<br />

12 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


BGH: Dienstleistungskonzessionen<br />

unterliegen nicht dem <strong>Vergaberecht</strong><br />

Der BGH hatte in seinem Beschluss vom 23.01.2012<br />

(Az. X ZB 5/11) über die Frage zu entscheiden, welcher<br />

Rechtsweg für Streitigkeiten in Zusammenhang<br />

mit Dienstleistungskonzessionen zu beschreiten ist.<br />

Das Gericht hat die in Rede stehende Streitigkeit über<br />

den Abschluss einer Dienstleistungskonzession, die<br />

Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages<br />

war, den Verwaltungsgerichten zugewiesen.<br />

Sachverhalt<br />

Der Antragsteller erbrachte als privater Rettungsdienstleister<br />

für den bayerischen Rettungszweckverband<br />

Rettungsdienstleistungen. Der Zweckverband<br />

entschloss sich, die Rettungsdienstleistungen auf der<br />

Grundlage des § 13 BayRDG neu zu vergeben und<br />

kündigte den bestehenden Rettungsdienstvertrag mit<br />

dem Antragsteller.<br />

Im Zuge einer daraufhin vom Antragsteller angestrengten<br />

verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung<br />

zur Wirksamkeit der Kündigung schloss der<br />

Zweckverband mit anderen Anbietern Interimsverträge<br />

zur Sicherstellung des Rettungsdienstes. Auch hiergegen<br />

wandte sich der Antragsteller und strengte ein<br />

Nachprüfungsverfahren vor der örtlich zuständigen<br />

Vergabekammer an. Nach Auffassung des Antragstellers<br />

sollte der Rettungszweckverband verpflichtet werden,<br />

die Interimsverträge nicht ohne ein Verhandlungsverfahren<br />

und den Auftrag über die weitere<br />

Durchführung des Rettungsdienstes im Rahmen eines<br />

europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben. Die<br />

Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag als<br />

unzulässig mit der Begründung, dass die Übertragung<br />

des Rettungsdienstes gemäß § 13 BayRDG als Dienstleistungskonzession<br />

nicht dem <strong>Vergaberecht</strong> unterliege.<br />

Dagegen legte der Rettungsdienstleister sofortige<br />

Beschwerde beim OLG München ein. Auf dessen Vorabentscheidungsersuchen<br />

entschied der EuGH, dass<br />

die Beauftragung von Rettungsdienstleistungen nach<br />

Maßgabe des § 13 BayRDG als eine Dienstleistungskonzession<br />

im Sinne des Art. 1 Abs. 4 Richtlinie<br />

2004/18/EG zu qualifizieren ist. Das OLG hob den<br />

Beschluss der Vergabekammer daraufhin auf und verwies<br />

das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht.<br />

Der private Rettungsdienstleister erhob im Anschluss<br />

die vom OLG München zugelassene<br />

Rechtsbeschwerde zum BGH, mit dem er die Aufhebung<br />

des OLG-Beschluss sowie die Feststellung der<br />

Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Vergabenachprüfungsinstanzen<br />

begehrt.<br />

Entscheidung<br />

Nach Auffassung der Bundesrichter ist auf Dienstleistungskonzessionen<br />

der vierte Teil des Gesetzes gegen<br />

Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht anzuwenden.<br />

Bereits mit Beschluss vom 08.02.2011 (Az. X ZB<br />

4/10) hatte der Senat entschieden, dass Dienstleistungskonzessionen<br />

nicht vom Begriff des Dienstleistungsauftrags<br />

nach § 99 Abs. 1 GWB umfasst sind.<br />

Die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs für Streitigkeiten<br />

im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen<br />

richtet sich vielmehr danach, ob das streitige<br />

Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher<br />

Natur ist. Danach sind die ordentlichen Gerichte<br />

zuständig, wenn die Vergabe durch privatrechtlichen<br />

Vertrag erfolgt. Erfolgt die Vergabe hingegen in den<br />

Formen des öffentlichen Rechts, gehört der Rechtsstreit<br />

vor die Verwaltungsgerichte. Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen<br />

erfolgt gemäß § 13 Abs. 4<br />

BayRDG durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag,<br />

weshalb im vorliegenden Fall der Verwaltungsrechtsweg<br />

eröffnet ist.<br />

Fazit<br />

Bis zum Erlass der geplanten neuen Richtlinie über die<br />

Konzessionsvergabe (Dok. Kom (2011) 897/2 vom<br />

20.12.2011) dürfte die Entscheidung des BGH zumindest<br />

für die bislang noch nicht gesetzlich geregelte Dienstleistungskonzession<br />

mehr Rechtssicherheit schaffen.<br />

Die Entscheidung des BGH ist jedoch von solchen Fällen<br />

zu unterscheiden, in denen öffentliche Auftraggeber<br />

rechtswidrig von einer Dienstleistungskonzession ausgehen,<br />

obwohl es sich um einen Auftrag zur Vergabe von<br />

Dienstleistungen handelt. So beispielsweise der vom OLG<br />

Naumburg entschiedene Fall zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen<br />

nach dem sog. Submissionsmodell (Beschluss<br />

vom 04.11.2010 - Az. 1 Verg 10/10).<br />

Der Vergabesenat des OLG Naumburg stellte klar, dass<br />

die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach dem<br />

Submissionsmodell, wonach die Rettungsdienstorganisationen<br />

direkt vom öffentlichen Auftraggeber bezahlt werden,<br />

keine vergaberechtsfreien Dienstleistungskonzessionen,<br />

sondern Dienstleistungsaufträge sind, die den<br />

Regeln des europäischen <strong>Vergaberecht</strong>s unterliegen.<br />

Aline Heurley,<br />

Rechtsanwältin,<br />

PricewaterhouseCoopers<br />

Legal AG, Düsseldorf<br />

13 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


Endstation Nachunternehmer:<br />

Wie die Wahl des „falschen“<br />

Nachunternehmers zum Ausschluss führt<br />

Mal wieder hat eine Entscheidung des OLG Düsseldorf für<br />

viel Wirbel gesorgt: Am 16.11.2011 hat das OLG festgestellt,<br />

dass die Vorgabe einer mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit<br />

als Mindestanforderung auch für Nachunternehmer<br />

kleinerer Gewerke nicht unangemessen sei<br />

(Az. Verg 60/11).<br />

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde:<br />

Der Bund schrieb im Zusammenhang mit dem Neubau<br />

des Bundesinnenministeriums (Gesamtauftragswert über<br />

200 Mio. Euro) Baugruben- und Rohbauarbeiten EU-weit<br />

offen aus (Auftragswert ca. 30 Mio. Euro). In der Bekanntmachung<br />

waren weder Eignungsnachweise noch Mindestanforderungen<br />

genannt, sondern es wurde nur auf<br />

das Formblatt 124 des Vergabehandbuches des Bundes<br />

verwiesen. Hinweise auf Nachunternehmer enthält die<br />

Bekanntmachung nicht. Laut Aufforderung zur Angebotsabgabe<br />

musste von potentiellen Nachunternehmern auf<br />

Verlangen der Vergabestelle nur die Verpflichtungserklärung<br />

abgeben werden. Nach Angebotsabgabe forderte<br />

die Vergabestelle die Antragsstellerin auf, für das von ihr<br />

bei den Positionen „Verlegearbeiten Betonstahl“ (Auftragswert<br />

ca. 800.000 Euro) einzusetzendes Nachunternehmen<br />

nicht nur die Verpflichtungserklärung, sondern<br />

auch das Formblatt 124 abzugeben. Im Formblatt 124<br />

waren Angaben zur Geschäftstätigkeit in den letzten drei<br />

abgeschlossenen Geschäftsjahren sowie jeweils Umsatzangaben<br />

verlangt. Das Nachunternehmen machte nur<br />

Angaben für zwei Geschäftsjahre. Das Angebot der Antragstellerin<br />

wurde ausgeschlossen, weil das von ihr einzusetzende<br />

Nachunternehmen eine geschäftliche Tätigkeit<br />

nur in den letzten zwei Geschäftsjahren vorweisen konnte.<br />

Die darauf folgenden Schlagzeilen waren vorprogrammiert:<br />

„Newcomer ausgeschlossen“ (IBR 2012, 96) oder<br />

„Kleinere Nachunternehmergewerke bei Großbauvorhaben<br />

vor dem Aus?“ (IBR 2012, 159). Wie immer ist jedoch<br />

bei solchen Einzelfallentscheidung Vorsicht vor der Verallgemeinerung<br />

geboten. Der zugrundeliegende Fall weist<br />

Besonderheiten auf, die nicht auf jede Fallkonstellation<br />

übertragbar sind. Vielmehr lassen sich aus unserer Sicht<br />

folgende Schlüsse aus der Entscheidung ziehen:<br />

Die Forderung einer dreijährigen Geschäftstätigkeit<br />

1 war hier nur deshalb angemessen, weil, so das OLG<br />

Düsseldorf, es sich bei dem fraglichen Gewerk „Betonstahl<br />

Verlegearbeiten“ – unabhängig von der geringen Auftragssumme<br />

– bei einem Bauvorhaben der angegebenen<br />

Größenordnung um eine nicht lediglich untergeordnete<br />

oder weniger wichtige Bauleistung handelte. Dabei stellt<br />

das Gericht ganz im Lichte der EuGH-Rechtsprechung auf<br />

eine funktionale Betrachtung ab: Armierungsarbeiten betreffen<br />

die Tragfähigkeit des Bauwerkes und seien im<br />

Baubetrieb in enger Verzahnung mit vorhergehenden und<br />

darauf folgenden Bauleistungen auszuführen.<br />

Daraus folgt, dass das Ermessen des Auftraggebers, Mindestanforderungen<br />

für Nachunternehmer aufzustellen –<br />

wie generell – nicht unbegrenzt ist. Es wäre jedenfalls ein<br />

Ermessensfehlgebrauch bzw. sogar ein Ermessensausfall,<br />

als Konsequenz der Entscheidung nun für jeden Nachunternehmer<br />

alle Eignungsnachweise und Mindestanforderungen<br />

zu verlangen, die auch für die Bieter gelten. Denn<br />

maßgeblich war hier, dass es sich um ein besonders komplexes<br />

Bauvorhaben handelte und dass die fragliche Leistung<br />

nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung war.<br />

Nicht bekannt ist leider, wie mit den übrigen Nachunternehmen<br />

im der Entscheidung zugrundliegenden Vergabeverfahren<br />

umgegangen wurde, bzw. ob je nach Angemessenheit<br />

der Forderungen tatsächlich differenziert wurde<br />

(was eher nicht anzunehmen sein dürfte....).<br />

Dementsprechend müssen sich die Auftraggeber genau<br />

überlegen, für welche Nachunternehmerlei-<br />

2<br />

stungen sie welche Nachweise und Mindestanforderungen<br />

verlangen können und müssen. Denn das OLG<br />

Düsseldorf hat zu Recht festgestellt, dass der Auftraggeber<br />

zur Prüfung der Eignung der Nachunternehmer verpflichtet<br />

ist, da diese für einen Teil der dem Bieter obliegenden<br />

Bau- oder sonstigen Leistung gewissermaßen<br />

ersatzweise an dessen Stelle treten. Es verstehe sich von<br />

selbst, so das OLG Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung,<br />

dass der Nachunternehmer für die von ihm zu<br />

übernehmenden Teile der Leistung in fachlicher, persönlicher<br />

und wirtschaftlicher Hinsicht denselben Eignungsanforderungen<br />

zu genügen hat wie der Auftragnehmer<br />

für jenen Leistungsteil. Dies wird in der Praxis nicht immer<br />

so gehandhabt. Meistens begnügen sich die Auftraggeber<br />

damit, die Verpflichtungserklärungen einzusammeln. Auf<br />

die Überprüfung der Eignung der Nachunternehmer sollte<br />

in Zukunft stärker geachtet werden, denn auch die Konsequenz,<br />

die das OLG Düsseldorf aus der mangelnden Eignung<br />

des Nachunternehmens gezogen hat, ist klar: Das<br />

Angebot des Bieters ist zwingend auszuschließen!<br />

Problematisch ist nur, zu welchem Zeitpunkt der Auftraggeber<br />

die Festlegungen hinsichtlich Nachweise und Mindestanforderungen<br />

treffen muss. Die Entscheidung des<br />

OLG Düsseldorf ist in dieser Beziehung leider sehr zweifelhaft:<br />

Das Gericht scheint es als ausreichend zu betrachten,<br />

wenn erstmals in der Aufforderung (d.h. nicht in der Bekanntmachung)<br />

die Mindestanforderungen auch auf die<br />

Nachunternehmer bezogen werden (ganz zu schweigen<br />

von der Tatsache, dass in der Bekanntmachung selbst die<br />

Nachweise und Mindestanforderungen nicht genannt waren;<br />

hier fügt das OLG übrigens eine Öffnung ein, die weniger<br />

streng als die weitere jüngere Rechtsprechung ist,<br />

für die allein die ausdrückliche Benennung der verlangten<br />

Nachweise in der Bekanntmachung selbst den Publizitätsanforderungen<br />

genügte; nun soll auch der Verweis<br />

auf den Zugriff auf verlangte Nachweise über einen benannten<br />

Link ausreichen) .<br />

Auftraggebern ist dagegen dringend zu empfehlen, in<br />

einem offenen Verfahren schon in der Bekanntmachung<br />

genau zu definieren, welche Nachweise und welche Mindestanforderungen<br />

für welche Nachunternehmerleistungen<br />

zu erfüllen sind. Diese müssten dann nach Angebotsabgabe<br />

auf Verlangen des Auftraggebers abgegeben<br />

bzw. nachgewiesen werden. Ist eine genaue Festlegung<br />

nicht möglich, weil es für potentielle Nachunternehmereinsätze<br />

zu viele unterschiedliche Konstellationen<br />

gibt, sollte der Auftraggeber in der Bekanntmachung bekanntmachen,<br />

welche für die Bieter bekanntgemachten<br />

Kriterien/Anforderungen gegebenenfalls auch von den<br />

Nachunternehmern erfüllt werden müssen. Im Aufforderungsschreiben<br />

(nach Angebotsabgabe) müsste der Auftraggeber<br />

dann unter Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes<br />

von den Bietern die Nachweise/<br />

Mindestanforderungen verlangen, die jeweils angemessen<br />

sind.<br />

In Fällen wie dem OLG Düsseldorf, in denen sich weder<br />

aus der Bekanntmachung noch aus der Aufforde-<br />

3<br />

rung zur Angebotsabgabe zweifelsfrei ergibt, welche Eignungsanforderungen<br />

von Nachunternehmen zu erfüllen<br />

sind, ist Bietern dringend zu raten, rechtzeitig nachzufragen,<br />

welche Nachweise und welche Mindestanforderungen<br />

auch für Nachunternehmer gelten bzw. gelten könnten.<br />

Denn nur in Kenntnis der genauen Forderungen können sie<br />

den „richtigen“ Nachunternehmer finden und verpflichten.<br />

Ist der Nachunternehmer erst einmal gegenüber der Vergabestelle<br />

benannt, kann er nicht mehr ausgetauscht werden.<br />

Dr. Annette Rosenkötter,<br />

Partnerin, FPS Rechtsanwälte &<br />

Notare Fritze Wicke Seelig, Frankfurt<br />

Aline Fritz,<br />

Rechtsanwältin, FPS Rechtsanwälte<br />

& Notare Fritze Wicke Seelig,<br />

Frankfurt<br />

14 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


Neue Vergaberegeln in den Bereichen<br />

Verteidigung und Sicherheit<br />

Aufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit<br />

nehmen im <strong>Vergaberecht</strong> seit jeher eine Sonderrolle<br />

ein. Spezielle Sicherheitsanforderungen und Geheimschutz,<br />

aber auch verteidigungs- und<br />

wirtschaftspolitische Interessen stehen in vielen Fällen<br />

in echtem oder vermeintlichem Widerspruch zum<br />

Ziel einer transparenten und wettbewerblichen Auftragsvergabe.<br />

Das „klassische“ EU-<strong>Vergaberecht</strong> enthielt<br />

daher weitreichende Ausnahmen für verteidigungs-<br />

und sicherheitsrelevante Aufträge. Um die<br />

daraus resultierenden Lücken im europäischen Wettbewerb<br />

unter Wahrung der legitimen Sicherheitsinteressen<br />

der Mitgliedsstaaten zu schließen, hat die EU<br />

mit der Richtlinie 2009/81/EG ein spezielles<br />

Vergaberegime für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />

Aufträge geschaffen. Deutschland hat nunmehr<br />

durch Änderung des GWB den ersten Schritt<br />

zur förmlichen Umsetzung dieser Regelungen unternommen.<br />

Anwendungsbereich<br />

der Neuregelungen<br />

Die neuen Vergaberegeln gelten für „verteidigungsund<br />

sicherheitsrelevante Aufträge“. Das umfasst<br />

nicht nur Militärgüter, sondern auch zahlreiche zivile<br />

Beschaffungen, bei denen geheimschutzrelevante Informationen<br />

(sog. Verschlusssachen) eine Rolle spielen.<br />

Nach der Definition im neuen § 99 Abs. 7 bis 9<br />

GWB werden Aufträge erfasst, deren Gegenstand<br />

mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:<br />

(1.) Lieferung von Militärausrüstung, (2.) Lieferung<br />

von Ausrüstung im Rahmen eines sog. Verschlusssachenauftrags,<br />

(3.) sonstige Leistungen, die im unmittelbaren<br />

Zusammenhang mit den beiden vorstehenden<br />

Auftragsarten stehen und (4.) Bau- und<br />

Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder<br />

im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags.<br />

Wesentliche Bedeutung kommt dabei dem Begriff<br />

des „Verschlusssachenauftrags“ zu. Nach § 99 Abs. 9<br />

GWB ist das ein Auftrag für Sicherheitszwecke, bei<br />

dessen Ausführung Verschlusssachen im Sinne von §<br />

4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) oder<br />

entsprechender Landesbestimmungen verwendet<br />

werden, oder der solche Verschlusssachen erfordert<br />

oder beinhaltet. Dabei handelt es sich um Material,<br />

das eine Geheimschutzstufe („VS-Nur für den Dienstgebrauch“,<br />

„VS-Vertraulich“, „Geheim“ und „Streng<br />

geheim“) trägt. Somit kann bereits der Umstand, dass<br />

bei der Auftragsausführung derartige Verschlusssachen<br />

verwendet werden oder notwendig sind,<br />

zur Anwendbarkeit der neuen Regeln führen. Ob die<br />

Verschlusssachen im Einzelfall tatsächlich so sensibel<br />

sind, dass eine Nichtanwendung der klassischen<br />

Vergabevorschriften geboten erscheint, spielt<br />

keine Rolle.<br />

Allerdings führt die Verwendung von Verschlusssachen<br />

nicht in allen Fällen zur Anwendbarkeit der neuen<br />

Regeln. Zum einen setzt ein Verschlusssachenauftrag<br />

voraus, dass er Sicherheitszwecken dient. Ein<br />

Reinigungsauftrag für ein Geheimdienstgebäude dürfte<br />

daher auch dann nicht erfasst sein, wenn für ihn ein<br />

als Verschlusssache eingestufter Raumaufteilungsplan<br />

benötigt wird. Lieferungen im Rahmen eines Verschlussachenauftrags<br />

fallen nach § 99 Abs. 7 Nr. 2<br />

GWB zudem nur dann unter die neuen Vorschriften,<br />

wenn sie eine „Ausrüstung“ zum Gegenstand haben.<br />

Dieser Begriff wurde aus der Richtlinie 2009/81/EG<br />

übernommen und ist weder dort noch im deutschen<br />

Gesetz definiert; die Abgrenzung wird daher ggf. von<br />

der Rechtsprechung vorzunehmen sein. Bau- und<br />

Dienstleistungsaufträge, die im Rahmen von Verschlusssachenaufträgen<br />

vergeben werden, fallen dagegen<br />

stets unter die neuen Vorschriften.<br />

Ausnahmetatbestände<br />

Die neuen Vorschriften sollen die Lücken schließen,<br />

die sich für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />

Aufträge aus den Ausnahmevorschriften im früheren<br />

§ 100 Abs. 2 lit. d) GWB a.F. ergeben hatten. Diese<br />

Bestimmung enthielt u.a. Ausnahmen für Aufträge,<br />

die für geheim erklärt wurden, deren Ausführung besondere<br />

Sicherheitsmaßnahmen erfordert, oder bei<br />

denen der Einsatz der Streitkräfte, die Terrorismusbekämpfung<br />

oder wesentliche nationale Sicherheitsinteressen<br />

(u.a. bei der IT- und TK-Beschaffung) die<br />

Nichtanwendung des <strong>Vergaberecht</strong>s erforderten. Mit<br />

den Neuregelungen wurde nunmehr ein wesentlich<br />

differenzierteres (leider recht unübersichtliches) Ausnahme-Regelwerk<br />

geschaffen.<br />

§ 100 Abs. 6 GWB n.F. enthält zunächst eine generelle<br />

Ausnahme für alle Aufträge, bei denen die Anwendung<br />

des <strong>Vergaberecht</strong>s den Auftraggeber zwingen<br />

würde, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe wesentlichen<br />

Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik<br />

Deutschland widerspricht, oder die die Produktion<br />

oder den Handel mit „harten“ Rüstungsgütern im<br />

Sinne von Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV betreffen.<br />

Die weiteren Ausnahmetatbestände des § 100 Abs.<br />

2 lit. d) GWB a.F. wurden im Kern beibehalten (siehe<br />

§ 100 Abs. 8 GWB n.F.); sie gelten jedoch nicht mehr<br />

für verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge.<br />

Für verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge<br />

enthält § 100 c GWB einen eigenen Katalog von<br />

Ausnahmefällen. Diese decken sich teilweise mit den<br />

bekannten Ausnahmen aus § 100 Abs. 2 GWB a.F.<br />

Neu sind insbesondere eine Ausnahme für Aufträge<br />

für nachrichtendienstliche Tätigkeiten (§ 100 c Abs.<br />

2 Nr. 2 GWB), Aufträge im Rahmen eines Kooperationsprogramms<br />

mit anderen EU-Mitgliedsstaaten im<br />

Bereich Forschung und Entwicklung (§ 100 c Abs. 2<br />

Nr. 3 GWB) oder die an einen anderen EU-Mitgliedsstaat<br />

vergeben werden (§ 100 c Abs 2 Nr. 4 GWB)<br />

sowie Aufträge, die außerhalb der EU vergeben werden,<br />

insbesondere im Rahmen von Auslandseinsätzen<br />

der Streitkräfte (§ 100 c Abs. 3 GWB).<br />

Erleichterte Verfahrensregelungen<br />

Im Gegenzug zur Einbeziehung verteidigungs- und sicherheitsrelevanter<br />

Aufträge in das <strong>Vergaberecht</strong><br />

enthalten die Neuregelungen eine Reihe verfahrenstechnischer<br />

Besonderheiten und Erleichterungen, mit<br />

denen den staatlichen Sicherheitsinteressen Rechnung<br />

getragen werden soll. Dazu gehört vor allem die<br />

„Freigabe“ des Nichtoffenen Verfahrens und des Verhandlungsverfahrens<br />

als Regelverfahren (§ 101 Abs.<br />

7 GWB). Der Verzicht auf das offene Verfahren entspricht<br />

der Sensibilität der Aufträge. Ein Verfahren<br />

ohne Teilnahmewettbewerb bleibt indes auch bei verteidigungs-<br />

und sicherheitsrelevanten Aufträgen nur<br />

in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Diese ergeben<br />

sich aus Art. 28 der EG-Richtlinie, die bisher nicht<br />

in deutsches Recht umgesetzt wurde.<br />

Besondere Eignungsund<br />

Schutzanforderungen<br />

Mit Blick auf die besondere Sensibilität der Aufträge<br />

sieht die EG-Richtlinie vor, dass der Auftraggeber besondere<br />

Anforderungen zum Schutz der Informationssicherheit<br />

und der Versorgungssicherheit stellen<br />

kann. Die Anforderungen betreffen teils die Bietereignung<br />

(insbesondere zur Eignung von Unterauftragnehmern,<br />

zur Wahrung des Geheimschutzes sowie zur<br />

Wahrung der Versorgungssicherheit) und teils die<br />

15 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


Ausführungsbedingungen (z.B. zur Vorhaltung von<br />

Kapazitäten für eventuelle Bedarfssteigerungen).<br />

Diese Regeln wurden ebenfalls noch nicht in<br />

deutsches Recht umgesetzt.<br />

Rechtsschutz<br />

Eine entscheidende Neuerung ist, dass die Vergabe<br />

verteidigungs- und sicherheitsrelevanter Aufträge<br />

künftig dem regulären Rechtsschutz vor den Vergabekammern<br />

und Oberlandesgerichten (§§ 104 ff GWB)<br />

untersteht. Das ist ein Meilenstein. Denn aufgrund<br />

der Ausnahmenregelungen § 100 Abs. 2 GWB a.F.<br />

war dieser Bereich der Nachprüfung weitestgehend<br />

entzogen. Im Gegenzug wurden einige Vorschriften<br />

über das Nachprüfungsverfahren so angepasst, dass<br />

sie den Sicherheitsbedürfnissen der Mitgliedstaaten<br />

besser entsprechen. So wurden die Regelungen über<br />

die Aussetzung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung<br />

der Vergabekammer bzw. die Vorabgestattung<br />

des Zuschlags gemäß §§ 115, 121 GWB<br />

durch spezielle Regelungen ergänzt, wonach bei der<br />

Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse und<br />

den Bieterinteressen auch die besonderen Verteidigungs-<br />

und Sicherheitsinteressen des Staates zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

Trotz dieser Vereinfachungen für Auftraggeber ist damit<br />

zu rechnen, dass die Einführung der neuen<br />

Rechtsschutzmöglichkeit den Wettbewerb im Bereich<br />

Verteidigung und Sicherheit verschärfen wird. Das<br />

gilt umso mehr, als das OLG Düsseldorf bereits deutlich<br />

gemacht hat, dass es die neuen Regelungen tendenziell<br />

eher streng auslegen wird (Beschluss v. 8.<br />

Juni 2011, VII-Verg 49/11).<br />

Weiterer Umsetzungsbedarf<br />

Bisher wurden erst die Vorschriften über den Anwendungsbereich<br />

und die Ausnahmetatbestände, die<br />

Verfahrensarten und den Rechtsschutz ins deutsche<br />

Recht übernommen. Die übrigen Regelungen werden<br />

erst mit der geplanten Einführung einer speziellen<br />

Vergabeverordnung für verteidigungs- und sicherheitsrelevante<br />

Aufträge umgesetzt. Bis dahin ist die<br />

Richtlinie 2009/81/EG direkt anzuwenden. Das<br />

Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesbauministerium<br />

haben für ihre jeweiligen Geschäftsbereiche<br />

entsprechende Erlasse herausgegeben.<br />

Dr. Wolfram Krohn, Rechtsanwalt,<br />

Orrick Hölters & Elsing, Berlin<br />

16 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)


Der Grundsatz des Gebotes der<br />

losweisen Vergabe und dessen Ausnahmen<br />

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

(GWB) ordnet unter § 97 Absatz 3 an, dass ein Auftrag,<br />

der sich aus mehreren Einzelleistungen zusammensetzt<br />

(zum Beispiel eine Bau- und eine Lieferleistung),<br />

möglichst in einzelnen Teilleistungen<br />

vergeben werden soll. Bei diesen Teilleistungen<br />

spricht man von „Losen“.<br />

Förderung des Mittelstands<br />

Durch den Vorrang der losweisen Vergabe sollen die<br />

Interessen mittelständischer Unternehmen gefördert<br />

werden. Denn diese könnten mit ihren oftmals begrenzten<br />

Mitteln nicht um Großaufträge mit bieten.<br />

Nur dann, wenn einzelne Leistungen getrennt vergeben<br />

werden, ist es Unternehmen mit begrenzten Kapazitäten<br />

möglich, an diesem Wettbewerb teilzuhaben.<br />

Dies hilft auch dabei, den wettbewerblichen<br />

Vorteil der großen Unternehmen einzuschränken.<br />

Schwierigkeiten bei zu vielen Beteiligten<br />

Demgegenüber haben öffentliche Auftraggeber häufig<br />

das Ziel, Leistungen aus einer Hand zu erhalten.<br />

Hierdurch kann eine leichtere Projektabwicklung erreicht<br />

werden. Denn je größer die Zahl der zum Beispiel<br />

an einem Bauprojekt beteiligten Unternehmen<br />

ist, desto umständlicher sind die Koordination einzelner<br />

Gewerke und die anschließende Beseitigung von<br />

Mängeln. Im letzteren Fall wird nicht selten versucht,<br />

die Verantwortung für eine mangelhafte Bauleistung<br />

auf andere Beteiligte abzuwälzen. Erhält der öffentliche<br />

Auftraggeber die Leistung dagegen aus einer<br />

Hand, so ist ihm gegenüber nur ein einziger Vertragspartner<br />

verantwortlich, selbst dann, wenn sich dieser<br />

weiterer Subunternehmer bedient hat.<br />

Eine Berücksichtigung des Gebots der Losvergabe<br />

führt daher oft dazu, dass das Projekt gerade nicht<br />

auf die wirtschaftlich günstigste Weise bewältigt werden<br />

kann. Im Gegenteil: Es drohen im schlimmsten<br />

Fall enorme Verzögerungen und anschließend endlose<br />

Streitigkeiten.<br />

Aus diesem Grunde stellt sich in der Praxis häufig die<br />

Frage, ob auf eine Aufteilung des Auftrages in Lose<br />

verzichtet werden kann.<br />

Verzicht auf die Bildung von Losen<br />

Der Gesetzgeber hat von dem Grundsatz der Losvergabe<br />

Ausnahmen vorgesehen. Die Vorschrift des §<br />

97 Absatz 3 GWB wird unter anderem in § 5 Absatz<br />

2 Satz 2 VOB/A, § 2 Absatz 2 VOL/A, § 2 EG Absatz<br />

2 VOL/A durch die speziellen Vergabe- und Vertragsordnungen<br />

weiter ausgestaltet. In diesen ist geregelt,<br />

dass auf die Aufteilung in Lose verzichtet werden<br />

kann, wenn dies aus wirtschaftlichen oder technischen<br />

Gründen erforderlich ist.<br />

Als wirtschaftliche Gründe kommen beispielsweise<br />

eine schwierige Koordinierung der Gewerke, Gesichtspunkte<br />

einer einheitlichen Gewährleistung oder zu erwartende<br />

erhebliche Verzögerungen beim Bauablauf<br />

in Betracht (vgl. Kus in: Kulartz/Kus/Portz, Kommentar<br />

zum GWB-<strong>Vergaberecht</strong>, 2. Aufl. 2009, § 97, Rn.<br />

84 und 87 m.w.N.). Diese Fallgruppe erfasst also solche<br />

Situationen, in denen bei einer Aufteilung in Lose<br />

unverhältnismäßige Kostennachteile drohen würden.<br />

Technische Gründe, die für eine einheitliche Vergabe<br />

sprechen, sind insbesondere technische Abhängigkeiten<br />

beim Bauablauf (Kus in: Kulartz/Kus/Portz,<br />

Kommentar zum GWB-<strong>Vergaberecht</strong>, 2. Aufl. 2009, §<br />

97, Rn. 86) oder erhöhte Sicherheitsrisiken (vgl.<br />

Roth in: Müller-Wrede, Vergabe- und Vertragsordnung<br />

für Leistungen, § 2 EG, Rn. 96). Hier ist eine<br />

Aufteilung aus technischen Gründen entweder sinnlos<br />

oder gar gefährlich.<br />

Ein Fall des Verzichts auf die Bildung von Losen ist<br />

auch die sogenannte „Paketvergabe“. Dieser Begriff<br />

wird oft im Zusammenhang mit der Ausschreibung<br />

von Generalübernehmerleistungen genannt. Hierbei<br />

werden Planung und Bauausführung „im Paket“ an<br />

einen einzigen Bieter vergeben. Ein „Paket“ kann aber<br />

auch in Bezug auf verschiedene, langfristige Dienstleistungsverträge<br />

gebildet werden.<br />

Umfassende Abwägung und Begründung<br />

erforderlich<br />

Der öffentliche Auftraggeber hat die technischen<br />

oder wirtschaftlichen Gründe für den Verzicht auf die<br />

Losbildung nach Ausübung seines pflichtgemäßen<br />

Ermessens festzustellen. Ein einfacher Kostennachteil<br />

oder eine aufwändigere Projektabwicklung sind an<br />

sich für die Begründung nicht ausreichend. Vielmehr<br />

muss in der umfassenden Einzelfallabwägung entschieden<br />

werden, ob die für eine Gesamtvergabe<br />

sprechenden technischen oder wirtschaftlichen Gründe<br />

von solchem Gewicht sind, dass eine Aufteilung<br />

auf Lose für den öffentlichen Auftraggeber nicht hinnehmbar<br />

ist (vgl. Roth in: Müller-Wrede, Vergabe-<br />

und Vertragsordnung für Leistungen, § 2 EG, Rn. 95).<br />

Bei dieser Entscheidung steht der Vergabestelle<br />

aber auch ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (vgl.<br />

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2004, VII<br />

Verg 38/04).<br />

Im Rahmen der Ermessensausübung ist grundsätzlich<br />

von einem Vorrang der mittelständischen Interessen<br />

vor dem Interesse an einer einheitlichen Vergabe auszugehen.<br />

Die Mittelstandsförderung soll darin bestehen,<br />

nach Möglichkeit Chancengleichheit zwischen<br />

mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen<br />

herzustellen, in dem der aus der Größe des Unternehmens<br />

resultierende Wettbewerbsvorteil ausgeglichen<br />

wird (vgl. Diehr, in: Reidt/Stickler/Glahs,<br />

<strong>Vergaberecht</strong>, 3. Auflage 2011, § 97 GWB, Rn. 52).<br />

Die mittelständischen Interessen können aber oft dadurch<br />

ausreichende Berücksichtigung finden, dass<br />

Bietergemeinschaften mittelständischer Unternehmen<br />

zu dem Vergabeverfahren ausdrücklich zugelassen<br />

werden. Auf diese Weise haben auch solche Unternehmen<br />

eine Möglichkeit, sich an dem Wettbewerb<br />

zu beteiligen, die beispielsweise aufgrund begrenzter<br />

Personalkapazitäten nicht auf einen vollständigen<br />

Großauftrag bieten könnten.<br />

Dokumentation<br />

Die Begründung der Entscheidung, auf die Bildung<br />

von Losen zu verzichten, ist umfassend schriftlich festzuhalten.<br />

Dem öffentlichen Auftraggeber ist daher<br />

anzuraten, alle hierfür sprechenden Gründe in einen<br />

Vergabevermerk aufzunehmen und diesen anschließend<br />

in der Vergabeakte aufzubewahren.<br />

Dr. Daniela Hattenhauer,<br />

Partnerin, Heuking Kühn Lüer Wojtek,<br />

Düsseldorf/Frankfurt am Main<br />

Sebastian Gall,<br />

Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer<br />

Wojtek , Frankfurt am Main<br />

17 <strong>Newsletter</strong> <strong>Vergaberecht</strong>. Ausgabe 11 (1/2012)

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