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Einleitung<br />
Auch dann, wenn der geliebte Mensch im Krankenhaus oder<br />
Pflegeheim verstarb, ist eine Aufbahrung in den eigenen vier<br />
Wänden möglich. Ihn noch für ein paar Stunden zu Hause<br />
zu behalten, ihn selbst zu waschen und anzukleiden - mit der<br />
Lieblingsjeans und nicht mit der von Rüschen besetzten Bestattungswäsche.<br />
Hier fällt es leichter, den Emotionen freien Lauf<br />
zu lassen und zu realisieren, dass etwas Endgültiges eingetreten<br />
ist. Hemmungsloses Weinen, letzte Zwiegespräche mit dem Toten<br />
– dies alles geht besser zu Hause. Wenn möglich, kommen<br />
Verwandte und Freunde, gemeinsam hält man Totenwache und<br />
ist nicht mit seinem Leid allein.<br />
Daher interessieren sich immer mehr Menschen für neue und<br />
freiere Formen des letzten Abschieds, für mehr Mitbestimmung<br />
und alternative Bestattungsformen. Die Unzufriedenheit, die<br />
Angehörige manchmal nach einer Beisetzung fühlen, hat nicht<br />
nur mit dem Ablauf der Bestattungsfeierlichkeiten an sich zu<br />
tun, sondern auch damit, dass sie kaum in die Vorbereitung und<br />
Durchführung mit einbezogen waren.<br />
Den Abschied von einem geliebten Menschen in Würde zu<br />
vollziehen, ihm aber zugleich einen individuellen Ausdruck zu<br />
geben, ist ein zeitgemäßer Anspruch.<br />
Jeder Mensch lebt sein Leben auf seine ganz besondere, nur ihm<br />
eigene Art und Weise. Diese Individualität soll sich auch in der<br />
Trauerfeier zeigen. Wer sein ganzes Leben unkonventionell und<br />
jenseits der üblichen Normen verbrachte – warum sollte sich dies<br />
nicht auch widerspiegeln beim letzten Adieu?<br />
Das zentrale Element einer humanistischen Trauerfeier ist die<br />
Rede, weil durch sie die Einmaligkeit des gestorbenen Menschen<br />
in besonderer Weise hervorgehoben werden kann. Dabei geht es<br />
nicht um die Aufzählung von Lebensdaten oder das Abarbeiten<br />
eines Lebenslaufs. Nein, es sind vielmehr die kleinen Episoden,<br />
die die ganze Herrlichkeit, aber auch das Leid eines gelebten<br />
Lebens zum Ausdruck bringen. Ausgewählte Musik, Blumen, Fotos,<br />
Lyrik oder kurze Prosatexte, eine gemeinsame zeremonielle<br />
Handlung oder andere künstlerische Stilelemente unterstützen<br />
dieses Anliegen und können über Wort-, Trost- und Hoffnungslosigkeit<br />
hinweg helfen.<br />
Ein wichtiger Aspekt der Trauerarbeit ist es, aktiv am Abschiedszeremoniell<br />
mitwirken zu können. Warum also nicht engste Angehörige<br />
– wenn sie es wollen - ermutigen, Worte des Abschieds<br />
selbst zu sprechen, den Programmablauf der Feier künstlerisch<br />
gestaltet auszulegen, ein Gedicht zu lesen oder auf dem Lieblingsinstrument<br />
zu musizieren?<br />
Am Grab ihrer Tochter ließ eine Freundin weiße Tauben fliegen,<br />
eine Kollegin verteilte brennende Kerzen an alle Trauergäste, die<br />
ihre Mutter auf dem letzten Weg begleiteten, ein Bekannter ließ<br />
für seinen Freund, der an Aids gestorben war, Luftballons steigen<br />
und pflanzte auf sein Grab einen Baum.<br />
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