Die Giganten vom Genfer See - Erklärung von Bern
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Datum: 10.01.2013<br />
Ausgabe Schweiz<br />
WOZ<br />
8031 Zürich<br />
044/ 448 14 14<br />
www.woz.ch<br />
Le Monde diplomatique<br />
10.01.2013 Seite 1 / 3<br />
Auflage/ Seite 17502 / 11 5570<br />
Medienart: Print Ausgaben 50 / J. Themen-Nr.: 10476787<br />
310.26<br />
Medientyp: Spezial- und Hobbyzeitschriften<br />
Abo-Nr.: 1090655<br />
Auflage: 17'502<br />
Erscheinungsweise: monatlich<br />
Seite: 11<br />
Fläche: 98'149 mm²<br />
<strong>Die</strong> <strong>Giganten</strong> <strong>vom</strong> <strong>Genfer</strong> <strong>See</strong><br />
Internationale Rohstoffkonzerne nutzen die Steueroase Schweiz<br />
Marc Guöniat<br />
Man<br />
muss schon sehr genau<br />
hinsehen, um zwischen<br />
den vielen Anwaltskanzleien<br />
in den Rues Basses das<br />
kleine goldene Firmenschild <strong>von</strong> Gunvor<br />
zu entdecken. Im Gegensatz zu den<br />
Uhrmachern und Bankern, deren beleuchtete<br />
Schriftzüge die Uferstraßen<br />
des <strong>Genfer</strong> <strong>See</strong>s erhellen, ziehen Rohstoffhändler<br />
wie Gunvor, der auf russisches<br />
Öl spezialisiert ist, lieber nicht so<br />
viel Aufmerksamkeit auf sich.<br />
In den letzten zehn Jahren ist Genf<br />
neben London und Chicago zu einem<br />
der größten Umschlagplätze für Rohstoffe<br />
aufgestiegen. <strong>Die</strong> in der Öffentlichkeit<br />
weitgehend unbekannten Firmen<br />
wie Bunge, Louis Dreyfus, Gunvor,<br />
Mercuria oder Vitol, die mit Öl, Erzen<br />
und landwirtschaftlichen Produkten<br />
handeln, haben sich allesamt zwischen<br />
Lausanne und Genf angesiedelt. Andere<br />
Unternehmen wie der US-amerikanische<br />
Agrarkonzern Cargill sind hier<br />
schon seit Langem etabliert.<br />
Allein in Genf sitzen 400 Unternehmen<br />
mit fast 9000 Angestellten, die den<br />
Großteil der Märkte für Getreide, Kaffee,<br />
Öl und Zucker kontrollieren.' Ihr<br />
Gesamtumsatz beläuft sich auf 800 Milliarden<br />
Schweizer Franken (666 Milliarden<br />
Euro). Nur der Handel mit Kupfer,<br />
Zink und anderen Metallen konzentriert<br />
sich im deutschsprachigen<br />
Kanton Zug, wo etwa Glencore seinen<br />
Sitz hat.<br />
Gemessen am Umsatz ist Nestld<br />
längst nicht mehr das größte Schweizer<br />
Unternehmen. Der Traditionskonzern<br />
rutschte 2011 auf den vierten Platz -<br />
hinter Vitol, Glencore und Trafigura, die<br />
jeweils einen Jahresumsatz <strong>von</strong> 232, 145<br />
und 95 Milliarden Euro machen.<br />
<strong>Die</strong> russischen, französischen und<br />
amerikanischen Handelspartner der<br />
Schweizer Rohstoffriesen schätzen die<br />
Diskretion der Eidgenossenschaft, die<br />
Nähe <strong>von</strong> UN-Organisationen und den<br />
erstklassigen Bankenplatz. Auf seiner<br />
Website whygeneva.com wirbt der Kanton<br />
noch mit einem weiteren Argument<br />
für den Standort Genf: die vorteilhafte<br />
Besteuerung" in Verbindung mit Möglichkeiten<br />
zur Steueroptimierung".<br />
Eine krasse Untertreibung: Ein Unternehmen,<br />
das mindestens 80 Prozent<br />
seiner Umsätze im Ausland erwirtschaftet,<br />
muss nur 11,6 Prozent Steuern auf<br />
seine Gewinne abführen; in Frankreich<br />
und Belgien hingegen liegt der Unternehmenssteuersatz<br />
bei 33 Prozent, in<br />
Deutschland bei 29,8 Prozent. Für Unternehmen,<br />
die Rohstoffe <strong>von</strong> einem<br />
Ende der Welt ans andere befördern<br />
und da<strong>von</strong> nur einen verschwindend<br />
kleinen Teil in der Schweiz selbst verkaufen,<br />
ist das also ein geradezu maßgeschneidertes<br />
Steuermodell.<br />
Bis die Eidgenössische Finanzkontrolle<br />
und Radio TAevision Suisse begannen,<br />
Recherchen anzustellen, konnten<br />
diese Unternehmen, ähnlich wie unterm<br />
Bankgeheimnis, lange im Verborgenen<br />
agieren. Genfs Nachbarkanton<br />
Waadt war schon im vergangenen Februar<br />
in die Kritik geraten.<br />
Als der brasilianische Bergbaugigant<br />
Vale 2006 ein Tochterunternehmen<br />
in Saint-Prex gründete,' befreiten<br />
ihn die Waadtländer Behörden nicht<br />
nur <strong>von</strong> allen kantonalen und kommunalen<br />
Steuern, sondern erließen ihm<br />
auch 80 Prozent der Bündessteuern.<br />
Zudem berechneten sie die Steuern nur<br />
nach den Gewinnschätzungen der Konzernleitung<br />
- ohne nachträglich zu<br />
überprüfen, ob diese Schätzungen tatsächlich<br />
auch der Realität entsprachen.<br />
Auf diese Weise hat Vale nach eigener<br />
Aussage zwischen 2006 und<br />
2009 insgesamt 284 Millionen Franken<br />
(236 Millionen Euro) an Steuern bezahlt.<br />
Gemäß der Gewinne, die aus den<br />
38 Ländern, in denen der Konzern tätig<br />
ist, nach Saint-Prex flossen, hätten es<br />
mindestens 3 Milliarden Franken sein<br />
müssen.3<br />
Den Präsidenten der Geneva Trading<br />
and Shipping Association (GTSA),<br />
Jacques-Olivier Thomann, stört das<br />
nicht. Steuerlich liege die Schweiz in<br />
der Mitte des Pelotons" - hinter Dubai<br />
und Singapur. Zudem sei die Einkommensteuer<br />
in Genf alles andere als vorteilhaft.<br />
Dazu muss man Wissen, dass<br />
die leitenden Angestellten den größten<br />
Teil ihrer Vergütung als Bonuszahlungen<br />
ausgezahlt bekommen, wie uns ein<br />
Ölhändler, der anonym bleiben möchte,<br />
erklärt: Und die fließen in der Regel auf<br />
Offshore-Konten, wo sie vor dem Zugriff<br />
des Fiskus sicher sind." Anders ließe<br />
sich wohl kaum erklären, dass hier<br />
selbst einfache Buchhalter als Millionäre<br />
in Rente gehen.<br />
Mithilfe <strong>von</strong> cleveren Juristen entwickeln<br />
diese Buchhalter nämlich<br />
höchst raffinierte Steuersparmodelle<br />
für ihre Arbeitgeber. <strong>Die</strong> Firmen, die<br />
sich selbst gern als Rädchen im Getriebe<br />
des Welthandels darstellen, die doch<br />
nur Weizensäcke oder Ölfässer <strong>von</strong> A<br />
nach B befördern, schätzen exotische<br />
Gefilde. Ein auf den Ölhandel spezialisiertes<br />
Unternehmen wie Trafigura, das<br />
2006 in die Schlagzeilen geriet, nachdem<br />
sein Mietfrachter Probo Koala" im<br />
Hafen <strong>von</strong> Abidjan illegal große Mengen<br />
Giftmüll entsorgt hatte, hat 4o Niederlassungen<br />
in Steueroasen - <strong>von</strong> den<br />
Marshall-Inseln über die Bahamas bis<br />
Zypern.4<br />
Seit der Jahrtausendwende sind die<br />
Rohstoffpreise massiv gestiegen. Da<strong>von</strong><br />
wollten auch die Zwischenhändler profitieren.<br />
Damit sie die Preise für fossile<br />
Energieträger, Agrargüter und Erze direkt<br />
kontrollieren können, regeln sie<br />
nicht mehr nur den Zwischenhandel,<br />
sondern kaufen immer häufiger Tankstellen,<br />
Raffinerien, Anbauflächen und<br />
Bergwerke auf, um die Lieferkette hinabzusteigen<br />
bis zur Produktion oder hinaufzusteigen<br />
bis zum Vertrieb", erklärt<br />
der <strong>Genfer</strong> Wirtschaftsprofessor Emmanuel<br />
Fragni&e. Damit entfernen sich<br />
die Handelsfirmen <strong>von</strong> ihrem ursprünglichen<br />
Geschäftsfeld, der Logistik, und<br />
werden zu Produzenten, Rohstoffförde-<br />
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rern und Lieferanten. Umgekehrt steigen<br />
die traditionellen Produzenten wie<br />
Total, Xstrata und Vale ihrerseits ins Logistikgeschäft<br />
ein.<br />
<strong>Die</strong> größten Unternehmen können<br />
mittlerweile die Preise machen", erklärt<br />
Chris Hinde <strong>vom</strong> Mining Journal.5<br />
So verkauften 2010 Vitol und Trafig-ura<br />
pro Tag 8,1 Millionen Barrel Öl - das ist<br />
so viel, wie Saudi-Arabien und Venezuela<br />
zusammen exportierten. Glencore<br />
will bei diesem Wettbewerb um die<br />
Preisgestaltung nicht zurückstehen.<br />
Das Unternehmen kontrolliert 55 Prozent<br />
des weltweiten Zinkhandels und<br />
36 Prozent des Handels mit Kupfer.<br />
Haben es die Konzerne einmal so<br />
weit gebracht, werden sie zu geopolitischen<br />
Akteuren. 2011 belieferte Vitol<br />
die libyschen Rebellen bei ihrem<br />
Marsch auf Tripolis ebenso mit Öl wie<br />
das Regime <strong>von</strong> Baschar al-Assad in Syrien.<br />
Glencore wiederum hat nur drei<br />
Tage nach der Unabhängigkeit des<br />
Südsudans im Juli 2011 Handelsvereinbarungen<br />
mit der neuen Hauptstadt<br />
Juba abgeschlossen.6 In der Geschichte<br />
des Rohstoffhandels gibt es zahlreiche<br />
solcher Beispiele. Als Gegenleistung für<br />
ihr hochriskantes Engagement erhalten<br />
die Firmen lukrative Lieferverträge <strong>von</strong><br />
den Regierungen.<br />
Es gibt generell viele Händler, die<br />
sich oft in der Nähe <strong>von</strong> Krisenherden<br />
bewegen. Um die Märkte mit Rohstoffen<br />
zu versorgen, beschaffen sie sich<br />
ihre Waren manchmal bei Produzenten<br />
in problematischen Ländern. Aber der<br />
größte Teil der Transaktionen läuft über<br />
Ausschreibungen", erklärt Thomann,<br />
der übrigens früher einmal die Abteilung<br />
für Handelsfinanzierung bei der<br />
französischen Bank BNP Paribas geleitet<br />
hat, die auf diesem Gebiet weltweit<br />
die Nummer eins ist.<br />
Auf die Frage, ob bei diesen Transaktionen<br />
nicht manchmal auch Bestechung<br />
im Spiel ist, versichert er: Der<br />
Banker muss sich über den Ruf des Lieferanten,<br />
den Kaufpreis, den Zahlungsempfänger<br />
und das Umfeld des Geschäfts<br />
informieren. Er muss sich auch<br />
vergewissern, dass kein Handelsembargo<br />
oder irgendein Gesetz verletzt wird."<br />
Aber er kann offenbar nicht wissen<br />
(oder will es nicht wissen), ob ein Potentat<br />
die Zentralbank seines Landes mit<br />
seiner persönlichen Brieftasche verwechselt.<br />
Dennoch sah sich die Branche bislang<br />
nicht veranlasst, für mehr Transparenz<br />
auf den Rohstoffmärkten zu sorgen.<br />
Ich sehe keinen Grund für eine Regulierung<br />
des Handels", meint etwa<br />
Torbjörn Törnqvist, der VorstandsNorsitzende<br />
<strong>von</strong> Gunvor. Und Pierre Barbe,<br />
sein Kollege bei Totsa, der in Genf ansässigen<br />
Handelstochter des Ölkonzerns<br />
Total, ergänzt: Wir haben unsere<br />
Geheimnisse. Sie gehen nur das Gastland<br />
und uns etwas an."7<br />
Glencore praktiziert die Geheimhaltung<br />
schon lange: Bevor das Unternehmen<br />
1994 diesen Namen annahm<br />
(ein Akronym für Global Energy and<br />
Commodity Ressources), firmierte es<br />
noch unter dem Namen seines Gründers<br />
Marc Rich (Marc Rich + Co AG),<br />
einem aus Belgien stammenden Geschäftsmann,<br />
der eine Zeit lang in den<br />
Vereinigten Staaten lebte. <strong>Die</strong> Neutralität<br />
der Schweiz ermöglichte es ihm, sich<br />
über sämtliche Embargos hinwegzusetzen.<br />
Er machte Geschäfte mit dem<br />
Apartheidregime in Südafrika, dem<br />
Chomeini-Regime im Iran und dem<br />
Castro-Regime auf Kuba. Rich stand auf<br />
der Liste der zehn meistgesuchten Personen<br />
des FBI, bis er aus undurchsichtigen<br />
Gründen <strong>von</strong> Bill Clinton begnadigt<br />
wurde - an dessen letztem Tag als Präsident<br />
der USA.<br />
Im Mai 2011 trat Glencore jedoch<br />
mit einem teilweisen Börsengang in<br />
London und Hongkong an die Öffentlichkeit.<br />
<strong>Die</strong> gewaltige Kapitalspritze<br />
versetzte die Zuger Firma in,einen wahren<br />
Kaufrausch: <strong>Die</strong> spektakulärste<br />
Transaktion war die Fusion mit Xstrata,<br />
einem ebenfalls in Zug ansässigen Bergbaugiganten,<br />
den Glencore für 40 Milliarden<br />
Dollar erwarb. Der Börsengang<br />
machte sechs Manager und Anteilseigner<br />
<strong>von</strong> Glencore über Nacht zu Milliardären.<br />
Ian Taylor, der Chef <strong>von</strong> Vitol,<br />
würde trotzdem nicht dem Beispiel Non<br />
Glencore folgen. Ihn schrecke der Gedanke,<br />
ernorm viel Zeit mit Aktionären<br />
und mit Journalisten verbringen zu<br />
müssen".<br />
Seit der im November 2012 <strong>von</strong> der<br />
EU gebilligten Fusion hält Glencore-<br />
Vorstandschef Ivan Glasenberg ein Aktienpaket,<br />
dessen Wert in etwa der Hälfte<br />
des Bruttoinlandsprodukts <strong>von</strong> Sambia<br />
entspricht - laut Internationalem<br />
Währungsfonds 16,2 Milliarden Dollar<br />
im Jahr 2010. Sein Unternehmen besitzt<br />
mit Mopani Copper Mines (MCM) die<br />
größte Kupfer- und Kobaltmine in Sambia.8<br />
Das Bergbauunternehmen hat im<br />
letzten Jahr <strong>von</strong> sich reden gemacht,<br />
nachdem Details aus einem im Auftrag<br />
der sambischen Steuerbehörden erstellten<br />
Untersuchungsbericht publik wurden.9<br />
Zwischen 2005 und 2008 registrierten<br />
die Kanzleien Grant Thornton<br />
und Econ Pöyry demnach zahlreiche<br />
Unstimmigkeiten" in der Buchführung,<br />
die sich nur durch den Wunsch<br />
<strong>von</strong> MCM erklären ließen, seine Steuerlast<br />
zu drücken.<br />
Durch Preismanipulationen transferierte<br />
das Unternehmen Gewinne in<br />
die Schweiz, um sie zu den dortigen<br />
niedrigen Steuersätzen zu versteuern -<br />
zum Nachteil des sambischen Fiskus. In<br />
einer Pressemitteilung <strong>vom</strong> 2. Juni 2011<br />
bezeichnete der Zuger Konzern das in<br />
dem Dokument beschriebene Muster<br />
der Steuerhinterziehung als unzutreffend".<br />
Mehrere Nichtregierungsorganisationen<br />
haben trotzdem beim schweizerischen<br />
Kontaktpunkt der Organisation<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (OECD) Klage eingereicht.<br />
Allerdings deutet nichts daraufhin,<br />
dass dadurch die Ungestörtheit der<br />
Handelsunternehmen bedroht wäre.<br />
Schließlich hat die Schweiz darauf verzichtet,<br />
auf diesen Bereich das Geldwäschegesetz<br />
anzuwenden. Das Handelsgeschäft,<br />
seine Finanzierung und<br />
die damit verbundenen Zahlungen laufen<br />
über das Bankensystem, das dem<br />
Geldwäschegesetz unterliegt. Außerdem<br />
müssen die Gesellschaften sich an<br />
das schweizerische Strafgesetz halten,<br />
das Korruption verbietet", erklärt<br />
Jacques Olivier Thomann. Den Leiter<br />
der OECD-Arbeitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung,<br />
Mark Pieth, überzeugt<br />
das nicht. Er hält Glencores Machenschaften<br />
für Teil eines Skandals, an<br />
dem viele Firmen mit Sitz in der Schweiz<br />
teilhaben: <strong>Die</strong> entscheidenden Faktoren,<br />
die aus der Schweiz eine Drehschei-<br />
Medienbeobachtung<br />
Medienanalyse<br />
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be des internationalen Rohstoffhandels<br />
gemacht haben, sind das Bankgeheimnis<br />
und die sehr geringe Regulierungsbereitschaft<br />
unserer Politik", analysiert<br />
Pieth<br />
Ḋiese Konstellation mündet in ein<br />
typisch helvetisches Paradox. Auf der<br />
einen Seite propagiert die Schweiz die<br />
Menschenrechte und rühmt sich ihrer<br />
großzügigen Entwicklungshilfeleistungen.<br />
Auf der anderen Seite zieht sie<br />
durch eine aggressive Steuerpolitik<br />
Rohstoffhändler an, ohne sich darum<br />
zu kümmern, wie deren Niederlassungen<br />
in Entwicklungsländern agieren.<br />
<strong>Die</strong>se tiefe mentale und politische<br />
Diskrepanz ist kaum zu rechtfertigen.<br />
Und genau wie schon bei der Branche,<br />
die <strong>von</strong> der Steuerflucht lebt, ist die <strong>Bern</strong>er<br />
Regierung auch jetzt wieder nur<br />
unter Druck bereit, sich mit dem weltweiten<br />
Handel <strong>von</strong> Millionen Barrel Öl,<br />
vielen Tonnen Kupfer und Getreide zu<br />
beschäftigen, der virtuell über die<br />
Schweiz abgewickelt wird. Erst unmittelbar<br />
vor dem Kampagnenstart für die<br />
Petition Recht ohne Grenzen", die Unternehmen<br />
mit Sitz in der Schweiz gesetzlich<br />
zur Respektierung <strong>von</strong> Menschenrechten<br />
und Umweltschutzbestimmungen<br />
in aller Welt verpflichten<br />
wil1,1° hat der Bundesrat im Dezember<br />
2011 einen Bericht in Auftrag gegeben.'<br />
In einem Vortrag an der Universität<br />
Genf hat 12&ny Friedmann, Beauftragter<br />
für Wirtschaft und Menschenrechte des<br />
Eidgenössischen Departements für auswärtige<br />
Angelegenheiten, die offizielle<br />
Position der Schweiz dargelegt: Weil<br />
die schweizerischen Unternehmen <strong>von</strong><br />
unserem Image als Heimat der Menschenrechte<br />
profitieren, wollen wir<br />
nicht, dass sie dieses Image gefährden."<br />
Sie müssten verstehen, fügte er hinzu,<br />
dass die Sicherheit <strong>von</strong> Menschen und<br />
die Sicherheit <strong>von</strong> Investitionen zwei<br />
Seiten derselben Medaille sind, und sie<br />
müssen begreifen, dass ihre Machenschaften<br />
Folgen für ihre geschäftlichen<br />
Aktivitäten haben können."'<br />
Mark Pieth zufolge riskiert die<br />
Schweiz mit dem Rohstoffhandel einen<br />
ähnlichen Schaden für ihren guten Ruf,<br />
wie ihn bereits das Bankgeheimnis verursacht<br />
habe. <strong>Die</strong> Bemühungen zur Regulierung<br />
sind bislang bescheiden.<br />
Doch die Rohstoffhändler wehren sich<br />
schon jetzt mit Händen und Füßen. Einige<br />
haben bereits angedroht, ihre Geschäfte<br />
in freundlichere Gastländer wie<br />
Singapur oder Dubai zu verlagern. Anders<br />
als die Banken haben die Handelsgesellschaften<br />
schlanke Strukturen und<br />
können ihre Zelte schnell abbauen, um<br />
sie dort wieder aufzuschlagen, wo niedrigere<br />
Steuern und weniger Regeln auf<br />
sie warten.<br />
Geneva Trading and Shipping Association:<br />
www.gtsa.ch.<br />
2 Siehe dazu Philippe Revelli, Treffpunkt Rio", Le<br />
Monde diplomatique, Oktober 2010.<br />
3 Sendung ,.Mise au point", Radio Television Suisse,<br />
29. April 2012.<br />
4 <strong>Erklärung</strong> <strong>von</strong> <strong>Bern</strong>, Swiss Trading SA. La Suisse,<br />
le negoce et la malediction des matieres premiäres",<br />
Lausanne (Editions den bas) 2011.<br />
5 Reuters, 21. November 2011.<br />
Siehe dazu Gerard Prunier, Kleine Geschichte<br />
des Südsudan", Le Monde diplomatique, Februar<br />
2011.<br />
Reuters, 24. April 2012.<br />
8 Siehe dazu Jean-Christophe Servant, Kupfer aus<br />
Sambia", Le Monde diplomatique, Mai 2009.<br />
9 Der Bericht ist verfügbar unter www.amisdelaterre.org.<br />
www.droitsansfrontieres.ch.<br />
11 Antwort des Bundesrats <strong>vom</strong> 9. Dezember 2011<br />
auf Postulat 11.3803 der SP-Nationalrätin Hildegard<br />
Fässler-Osterwalder, <strong>Die</strong> Schweiz als Sitz <strong>von</strong> Rohstoff-Handelsfirmen":<br />
www.parlament.ch.<br />
12 Vortrag an der Universität Genf, 27. April 2012.<br />
Aus dem Französischen <strong>von</strong> Ursel Schäfer<br />
Marc Gueniat ist Journalist in Genf.<br />
Marion Wobst, Tyger, 2012, 01 auf Leinwand, 32 x 18 cm<br />
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