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Dr. Julian Weber, BMW - der f&e manager

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BEST PRACTICES<br />

Umzug in das Projekthaus, in dem auch<br />

die an<strong>der</strong>en Produktlinien angesiedelt<br />

sind. Spätestens hier war <strong>der</strong> Status des<br />

Think-Tank vorüber, denn irgendwann<br />

wird ja aus dem Projekt ein Serienprodukt,<br />

das sämtliche Anfor<strong>der</strong>ungen einer<br />

Serienproduktlinie erfüllen muss: Es gibt<br />

eine Zielvereinbarung, Werkzeuge und<br />

Kosten werden ausgelöst, und es muss ein<br />

Fahrzeug auf die Straße gebracht werden,<br />

das unsere Kunden fahren wollen. Damit<br />

wurde project i zur «normalen» Produktlinie,<br />

die nun unter <strong>der</strong> Marke <strong>BMW</strong> i die<br />

ersten Serienfahrzeuge <strong>BMW</strong> i3 und <strong>BMW</strong><br />

i8 auf die Straße bringt.<br />

Lediglich meine Abteilung «Innovationsprojekte<br />

E-Mobilität» hat heute noch eine<br />

Son<strong>der</strong>stellung und ist auch räumlich von<br />

<strong>der</strong> restlichen Produktlinie getrennt. Wir<br />

befassen uns weiterhin mit Innovationsthemen<br />

und sind üblicherweise nicht in<br />

die Serienprojekte eingebunden.<br />

Wohin geht die Reise mit project i<br />

mittel- o<strong>der</strong> langfristig?<br />

» Die Hochvoltspeicher sind in <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen Elektromobilität <strong>der</strong>zeit das<br />

wichtigste Forschungsfeld. Wir hätten sie<br />

gerne leichter, günstiger und mit höherer<br />

Kapazität. Aber auch <strong>der</strong> Leichtbau ist<br />

ein ganz wichtiges Thema. Je leichter das<br />

Fahrzeug ist, desto weiter kommt es.<br />

Welche weiteren Projekte verfolgen Sie?<br />

» Wir beschäftigen uns beispielsweise<br />

mit den gebrauchten Hochvoltspeichern.<br />

Was passiert damit, wenn sie gealtert sind<br />

und nicht mehr ihre anfängliche Kapazität<br />

haben? Wenn sie technologisch veralten,<br />

weil neue Batterien mit gleicher Größe<br />

und gleichem Preis die doppelte Kapazität<br />

liefern? Für die Wie<strong>der</strong>verwendung dieser<br />

Hochvoltspeicher, «Battery Second Life»<br />

genannt, untersuchen wir beispielsweise<br />

<strong>der</strong>en Einsatz in Energiesystemen. Als<br />

Netzprovi<strong>der</strong> nutzen Sie die Batterien als<br />

Puffer, um Lastspitzen auszugleichen. Damit<br />

lassen sich hohe Investitionen in den<br />

Netzausbau verzögern bzw. vermeiden. Es<br />

gibt aber auch Anwendungen im Kleinen:<br />

Mit den Batterien können Sie in Ihrem<br />

mit Solarkollektoren ausgestatteten Eigenheim<br />

die Energie wirklich speichern,<br />

müssen sie nicht zurückspeisen und nutzen<br />

sie nach Bedarf. Das lässt sich ausweiten<br />

bis hin zur Bereitstellung von<br />

Regelenergie: Wie sieht <strong>der</strong> Puffer aus, <strong>der</strong><br />

ein Speicherkraftwerk in <strong>der</strong> Größenordnung<br />

des Walchenseekraftwerks ersetzt?<br />

Das ist natürlich eine sehr nachhaltige<br />

und attraktive Art, mit nicht mehr<br />

gebrauchten Bauteilen eines Fahrzeugs<br />

umzugehen.<br />

Abseits des rein elektrischen Antriebsstrangs<br />

beschäftigt uns die individuelle<br />

Mobilität <strong>der</strong> Zukunft. Welche Dienstleistungen<br />

brauchen wir? Wollen unsere Kunden<br />

weiterhin das Auto im Eigentum o<strong>der</strong><br />

im Besitz haben, jeden Tag? Was können<br />

wir einem mo<strong>der</strong>nen Kunden anbieten,<br />

<strong>der</strong> das Auto nur dann haben will, wenn<br />

er es braucht? Ein Stellplatz in <strong>der</strong> City of<br />

London kostet schon heute etwa 800 Euro<br />

im Monat. Steht das Auto dann 25 Tage im<br />

Monat, lohnt sich we<strong>der</strong> die Leasingrate<br />

für das Fahrzeug noch die Miete für den<br />

Stellplatz. Daher überlegen wir gemeinsam<br />

mit an<strong>der</strong>en Fachabteilungen, welche<br />

Dienstleistungen die Mobilität nachhaltiger<br />

und mo<strong>der</strong>ner machen, weil sich die<br />

Kundenerwartung hier wirklich geän<strong>der</strong>t<br />

hat! 20- bis 25-Jährige, so zeigte eine<br />

Umfrage, können sich beispielsweise eher<br />

vorstellen, drei Monate ohne Auto als drei<br />

Monate ohne Mobiltelefon auszukommen.<br />

Dem gegenüber gehört <strong>der</strong> Personenkreis<br />

<strong>der</strong> Entschei<strong>der</strong> bei uns und bei an<strong>der</strong>en<br />

Automobilherstellern noch zu <strong>der</strong> Generation,<br />

für die <strong>der</strong> Erhalt des Führerscheins<br />

am 18. Geburtstag gleichzusetzen war mit<br />

<strong>der</strong> großen Freiheit. Heute sehen das die<br />

Kunden ganz an<strong>der</strong>s. Viele, längst volljährige<br />

Kin<strong>der</strong> von Kollegen haben beispielsweise<br />

überhaupt keinen Führerschein.<br />

Sie benötigen ihn nicht, weil sie in <strong>der</strong><br />

Stadt wohnen. Wie bieten wir auch diesen<br />

Menschen individuelle und nachhaltige<br />

Mobilität an?<br />

Haben Sie zu dieser Fragestellung<br />

Schwerpunktthemen mit entsprechendem<br />

Fokus?<br />

» Sicher, ein typisches Schwerpunktthema<br />

stellen die «alternativen Mobilitätsprodukte»<br />

dar. Dazu zählen Pedelecs, Scooter,<br />

Roller. Wie gelange ich – auch mit einem<br />

Premiumprodukt, aber alternativ zum<br />

Auto von A nach B? Wie verbinde ich mich<br />

mit dem öffentlichen Nahverkehr zumindest<br />

dort, wo dieser attraktiv und akzeptabel<br />

ist? In London gibt es kaum jemanden,<br />

<strong>der</strong> nicht mit <strong>der</strong> U-Bahn fahren würde.<br />

Aber vielleicht lassen sich zwischen<br />

Auto, U-Bahn und zu Hause noch an<strong>der</strong>e<br />

Produkte platzieren? Schließlich die nicht<br />

fahrzeuggebundenen Dienstleistungen:<br />

Wie finde ich einen Parkplatz o<strong>der</strong> eine<br />

«Spätestens im<br />

Projekthaus war <strong>der</strong><br />

Status des Think-Tank<br />

vorüber, denn irgendwann<br />

wird ja aus<br />

dem Projekt ein<br />

Serienprodukt,<br />

das sämtliche<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen einer<br />

Serienproduktlinie<br />

erfüllen muss.»<br />

Der <strong>BMW</strong> i3. Von Anfang an als<br />

Elektrofahrzeug konzipiert.<br />

FOTO UND ILLUSTRATION: <strong>BMW</strong> GROUP<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Weber</strong> und sein hochkreatives Team<br />

liefern innovative Lösungsansätze rund um die<br />

E-Mobilität. Die loftartigen Räumlichkeiten<br />

außerhalb des eigentlichen Entwicklungszentrums<br />

FIZ spiegeln das wi<strong>der</strong>.<br />

Ladestelle für Elektrofahrzeuge? Auch das<br />

Thema Carsharing, das wir mit <strong>Dr</strong>iveNow<br />

bereits etabliert haben, ist eine Dienstleistung<br />

von <strong>BMW</strong> i.<br />

Wie leben Sie Innovation, wie geben Sie<br />

das weiter?<br />

» Sowohl bei uns als auch im gesamten<br />

project i ist das tatsächlich eine Frage<br />

<strong>der</strong> Unternehmenskultur. Es kommt in<br />

erster Linie auf die Menschen an, die die<br />

Themen vorantreiben. Sind diese offen<br />

für Neues, gehen sie neue Lösungswege?<br />

Stellen sie den V8 als einzige Lösung für<br />

den sportlichen Fahrer auch einmal infrage?<br />

Nicht nur Produkte, auch Prozesse<br />

müssen hinterfragt werden: Gibt es einen<br />

noch effizienteren Weg für Abläufe in <strong>der</strong><br />

Entwicklung?<br />

Für mich ist die spannende Erkenntnis<br />

dieses Projektes, dass sich die ökonomische<br />

Nachhaltigkeit, also <strong>der</strong> Weg zum<br />

Profit, und die ökologische Nachhaltigkeit<br />

irgendwann die Hand reichen. Früher<br />

waren das Antipoden: die «bösen» Unternehmer,<br />

die nur Geld machen wollten auf<br />

<strong>der</strong> einen, die «guten» Umweltschützer auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Die Regeln des Lean<br />

Management wurden sicher nicht aus<br />

Nachhaltigkeitsgründen entwickelt. Doch<br />

irgendwann stellen Sie fest, dass Lean<br />

Management, Reengineering Processes<br />

o<strong>der</strong> «avoid waste» genau die Themen<br />

sind, die auch ökologisch nachhaltig sind.<br />

Und das ist spannend, wenn beide Seiten<br />

zusammenkommen und ein Thema das<br />

an<strong>der</strong>e ergibt.<br />

Einen ähnlichen Effekt haben wir produktseitig<br />

mit dem <strong>BMW</strong> i3 geschaffen.<br />

Das Auto wurde als Nullemissionsfahrzeug<br />

entwickelt. Nun gibt es Gott sei Dank<br />

bei <strong>BMW</strong> die einhellige Meinung, ein Auto<br />

müsse auch Spaß machen. «Nur» null<br />

Emissionen, das reicht nicht als<br />

Kriterium. Und plötzlich stellen Sie fest,<br />

dass es Menschen gibt, die das Auto<br />

gut finden, nicht weil, son<strong>der</strong>n obwohl<br />

es keine Emissionen hat. Weil es sehr<br />

dynamisch fährt, und weil Sie von Anfang<br />

an ein hohes <strong>Dr</strong>ehmoment, viel Komfort<br />

und reichlich Platz darin haben. Und auf<br />

einmal besitzt das Auto noch ganz an<strong>der</strong>e<br />

Merkmale, die beide Seiten bedienen: die<br />

<strong>der</strong> Ökologie, weil das Auto ganzheitlich<br />

nachhaltig ist, und die des Fahrspaßes,<br />

weil die Kunden feststellen, dass sie in<br />

<strong>der</strong> Stadt an je<strong>der</strong> Ampel die normalen<br />

Autos hinter sich lassen. Erst vor Kurzem<br />

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