1 Mindeststandards für die schriftliche Reifeprüfung aus ... - Bifie
1 Mindeststandards für die schriftliche Reifeprüfung aus ... - Bifie
1 Mindeststandards für die schriftliche Reifeprüfung aus ... - Bifie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Mindeststandards</strong> für <strong>die</strong> <strong>schriftliche</strong> Reifeprüfung <strong>aus</strong> Griechisch und Latein<br />
Der österreichischen Unterrichtspraxis entsprechend, muss eine Schularbeit wiederholt<br />
werden, wenn mehr als <strong>die</strong> Hälfte der Schülerinnen und Schüler einer Klasse<br />
mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden. Die Lehrerinnen und Lehrer entwickelten<br />
mit der Zeit ein gutes Gespür dafür, welche Schularbeiten einer bestimmten Klasse<br />
zugemutet werden können, welche möglicherweise zu schwer sind und zu Problemen<br />
führen könnten. Bei der von zentraler Stelle vorgegebenen standardisierten<br />
<strong>schriftliche</strong>n Reifeprüfung (RP) kann <strong>die</strong>ses Verfahren <strong>aus</strong> nachvollziehbaren<br />
Gründen ab dem Schuljahr 2013/14 nicht mehr sinnvoll angewendet werden.<br />
Bei der Vorbereitung der neuen RP <strong>aus</strong> Griechisch und Latein war es also notwendig,<br />
Überlegungen zum Schwierigkeitsgrad der Testaufgaben anzustellen, <strong>die</strong> im Folgenden<br />
dargelegt werden. Nach (1.) einer theoretischen Einleitung zur Kompetenzorientierung<br />
und zur Bestimmung des Schwierigkeitsgrades im Allgemeinen folgt eine generelle<br />
Definition der Minimalanforderungen sowie (2.) eine spezielle Beschreibung<br />
<strong>die</strong>ser Anforderungen für das sechsjährige und das vierjährige Latein jeweils bezogen<br />
auf den Übersetzungs- und den Interpretationstext.<br />
1. Theoretische Überlegungen<br />
Die neue RP setzt sich zum Ziel, <strong>die</strong> Vergleichbarkeit von Schülerleistungen zu erhöhen.<br />
1 Dies verlangt einen Perspektivenwechsel vom normorientierten zum kriteriumsreferenzierten<br />
Testen: Leistungsmessungen sollen nicht von kleinen Referenzgruppen<br />
abhängen, 2 sondern sich an einem absoluten Standard orientieren.<br />
Während <strong>die</strong> lebenden Fremdsprachen auf <strong>die</strong> Vorgaben des „Gemeinsamen europäischen<br />
Referenzrahmens für Sprachen“ (GERS) zurückgreifen konnten, war es in<br />
den klassischen Sprachen Latein und Griechisch Aufgabe der Arbeitsgruppen SRP I<br />
und II, 3 ein Zielniveau für das sechsjährige, für das vierjährige Latein und für Griechisch<br />
zu definieren. Ergebnisse <strong>die</strong>ser Arbeit waren zum einen <strong>die</strong> Kompetenzmodelle<br />
(KM) 4 und zum anderen <strong>die</strong> Beschreibung des sogenannten minimal kompetenten<br />
Schülers bzw. der minimal kompetenten Schülerin (MKS). Im Folgenden<br />
1<br />
Vgl. http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/reifepruefung.xml (Stand: 08.01.2012).<br />
2<br />
Vgl. Ebel (1962, 18) nach Reinhard Hilke, Grundlagen normorientierter und kriteriumorientierter<br />
Tests, Eine kritische Auseinandersetzung mit der klassischen Testtheorie und den logistischen<br />
Testmodellen, Bern et al. 1980.<br />
3<br />
Friedrich Lošek, Vorarbeiten zu einer möglichen standardisierten Reifeprüfung (SRP) <strong>aus</strong> Latein<br />
und Griechisch, in: Circulare 2 / 2009, 2–4. Friedrich Lošek, SRP I. Standardisierte Reifeprüfung<br />
<strong>aus</strong> Latein und Griechisch, Arbeitsbericht der Projektgruppe des bmukk, in: Circulare 4 / 2009, 2–<br />
3. Friedrich Lošek, Latein im 21. Jahrhundert, Ein Grenzgang zwischen „toter Sprache“ und<br />
lebendigem Trendfach, Bilanz der Entwicklung in Österreich (mit Fokus auf den<br />
fächerverbindenden Unterricht), in: Erwin R<strong>aus</strong>cher (Hg.), Unterricht als Dialog, Von der<br />
Verbindung der Fächer zur Verbindung der Menschen (= Pädagogik für Niederösterreich; 4),<br />
Wolkersdorf 2011, 213–238.<br />
4<br />
https://www.bifie.at/node/771 und https://www.bifie.at/node/770 (Stand: 06.01.2012).<br />
1
werde einige <strong>die</strong>ser Beschreibung zugrundeliegende theoretische Überlegungen<br />
sowie ihr Entstehungsprozess vorgestellt.<br />
1.1. Kompetenzbegriff im Altsprachlichen Unterricht<br />
Als „Zauberwort“, das <strong>die</strong> bildungspolitischen Entwicklungen der vergangenen<br />
Jahre prägt, bezeichnet der Göttinger Fachdidaktiker Peter Kuhlmann 5 den Begriff<br />
der Kompetenzorientierung, deren Bedeutung für den Lateinunterricht er in seinem<br />
Beitrag „Kompetenzorientierung und Lateinunterricht in der Oberstufe“ 6 beschreibt:<br />
Das Neue gegenüber dem traditionellen lernziel- und inhaltsorientierten Unterricht liegt in dem<br />
Fokus auf dem praktischen Handeln und der sichtbaren Anwendung. Es geht im Wesentlichen<br />
nicht um Wissen bzw. Kenntnisse, sondern um „Fertigkeiten“. Zugleich geht es darum,<br />
bestimmte quantifizierbare Lernergebnisse (learning outcomes) im Sinne von Standards abtesten<br />
zu können. 7<br />
Das bedeutet, dass neben dem lernpsychologischen Ansatz, dementsprechend Schule<br />
nicht nur Wissen vermitteln soll, sondern auch kognitive Fertigkeiten und affektive<br />
Kompetenzen, der funktionalistische Ansatz mit seinem Fokus auf Qualitätssicherung<br />
und Evaluierung von Schulen eine zentrale Rolle spielt. 8<br />
Häufigster Kritikpunkt an der Kompetenzorientierung des Unterrichts ist <strong>die</strong><br />
Unterordnung des Wissens bzw. der Inhalte, <strong>die</strong> lediglich als Vehikel zur<br />
Überprüfung von Kompetenzen <strong>die</strong>nen. 9 Bonsen / Hey betonen jedoch, dass sich<br />
„der Aufbau eines Könnens […] nicht im inhaltslosen Raum, sondern in der<br />
Beschäftigung mit bedeutsamen Inhalten, <strong>die</strong> auch als solche thematisiert werden,<br />
[entwickelt].“ 10<br />
Der deutsche Bildungsforscher Friedrich E. Weinert versteht unter Kompetenzen das<br />
Zusammenspiel <strong>aus</strong> der Fähigkeit und der Bereitschaft, Probleme in<br />
5<br />
Peter Kuhlmann, Lateinunterricht vor neuen Her<strong>aus</strong>forderungen, 2008, 1 (<strong>aus</strong>: www.unigoettingen.de/de/80860.html,<br />
Stand: 06.01.2012).<br />
6<br />
Peter Kuhlmann, Kompetenzorientierung und Lateinunterricht in der Oberstufe, in: Forum<br />
Classicum 54, 2011, 114–123.<br />
7<br />
Kuhlmann 2011, 114.<br />
8<br />
Vgl. Elisabeth Bonsen, Gerhard Hey, Kompetenzorientiertes Lernen im Lateinunterricht, Kiel<br />
2006 (<strong>aus</strong>: www.faecher.lernnetz.de/links/materials/1169224974, Stand: 07.09.2010); Gerhard Hey,<br />
Kompetenzorientiertes Lernen im Lateinunterricht, in: Friedrich Maier, Kl<strong>aus</strong> Westphalen (Hg.),<br />
Lateinischer Sprachunterricht auf neuen Grundlagen I, Forschungsergebnisse <strong>aus</strong> Theorie und<br />
Praxis, Bamberg 2008 (= Auxilia 59), 97–127.<br />
9<br />
Vgl. u.a. Friedrich Maier, Latein – ein Fach ohne Identität? Das Kreuz mit der<br />
„Kompetenzorientierung“, in: FC 54, 3/2011, 199–204. und Helmut Meissner, Vom Ungenügen<br />
der Kompetenzorientierung im Gymnasialunterricht, FC 54, 3/2011, 205–215.<br />
10<br />
Bonsen / Hey (2006, 18). Solche Inhalte gibt in Österreich der modular aufgebaute Lehrplan vor.<br />
Für <strong>die</strong> <strong>schriftliche</strong> RP kamm jedoch nur sprachliches Wissen vor<strong>aus</strong>gesetzt werden.<br />
2
unterschiedlichen Situationen zu lösen. 11 Nun sind Übersetzen und Interpretieren<br />
bereits als „Problemlösungsoperationen“ 12 zu sehen: Auf dem Weg zur Übersetzung<br />
muss der Übersetzer, bezogen auf sein jeweiliges Ziel, sprachliche Probleme lösen,<br />
indem er Entscheidungen trifft. Die Lösungsansätze können dabei besser oder<br />
schlechter, richtig oder falsch sein. Das bedeutet, wie auch Kuhlmann feststellt, dass<br />
im altsprachlichen Unterricht schon immer neben Inhalten grundlegende<br />
Kompetenzen (Übersetzen und Interpretieren von originalsprachlichen Texten)<br />
vermittelt, trainiert und getestet wurden. 13<br />
Der erste Schritt hin zu einer kompetenzorientierten, standardisierten <strong>schriftliche</strong>n<br />
RP in Österreich war <strong>die</strong> Erstellung von KM durch <strong>die</strong> ministerielle Arbeitsgruppe<br />
SRP I, in der <strong>die</strong> beiden genannten Fertigkeiten „Übersetzen“ und „Lösen von<br />
Arbeitsaufgaben“, sowie das hierfür vor<strong>aus</strong>gesetzte sprachliche Wissen <strong>aus</strong>gehend<br />
von aktuellen fachdidaktischen Erkenntnissen und Anforderungen im Detail<br />
definiert wurden. 14 Die Ausrichtung der neuen Testaufgaben an den KM erforderte<br />
aber neben <strong>die</strong>ser qualitativen Beschreibung auch eine Quantifizierung dessen, was<br />
bei der <strong>schriftliche</strong>n RP im vierjährigen, im sechsjährigen Latein und in Griechisch<br />
vor<strong>aus</strong>gesetzt werden darf. Es war notwendig, Kompetenznive<strong>aus</strong> zu definieren.<br />
Das Konzept von Kompetenznive<strong>aus</strong> ist <strong>aus</strong> der Intention her<strong>aus</strong> entstanden, im Rahmen der<br />
Erhebung von Bildungsstandards 15 <strong>die</strong> Ergebnisse von Leistungstests kriteriumsorientiert (statt<br />
normorientiert) zu erfassen und zu interpretieren. […] Das Konzept von Kompetenznive<strong>aus</strong><br />
stellt einen Versuch dar, quantitative Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zugleich auch als<br />
qualitative Unterschiede hinsichtlich der kognitiven Ausstattung der Schüler zu erfassen. 16<br />
11<br />
Vgl. Friedrich E. Weinert, Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim und Basel 2001.<br />
12<br />
Hierzu siehe Wolfram Wilss, Kognition und Übersetzen, Zur Theorie und Praxis der<br />
menschlichen und der maschinellen Übersetzung, Tübingen 1988 (= Konzepte der Sprach- und<br />
Literaturwissenschaft; Bd. 41).<br />
13<br />
Vgl. Kuhlmann 2011, 114.<br />
14<br />
Siehe hierzu https://www.bifie.at/node/771 (Stand: 06.01.2012) und https://www.bifie.at/node/770<br />
(Stand: 06.01.2012).<br />
15<br />
vgl. auch http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/reifepruefung.xml (Stand 02.02.2012).<br />
Für Latein vgl. Renate Oswald, Grundkompetenzen für den Lateinunterricht der Unterstufe, in:<br />
Circulare 1/2012, 1.<br />
16<br />
Jürgen Rost, Definition von Kompetenznive<strong>aus</strong> mit Hilfe von Mischverteilungsmodellen, in:<br />
Bärbel Beck, Eckhard Klieme (Hgg.), Sprachliche Kompetenz, Konzepte und Messung, DESI-<br />
Stu<strong>die</strong> (Deutsch Englisch Schülerleistungen International), Weinheim und Basel 2007, 100–106<br />
(Zitat 100).<br />
3
1.2. Definition von Kompetenznive<strong>aus</strong> für <strong>die</strong> RP <strong>aus</strong> dem vierjährigen und dem<br />
sechsjährigen Latein<br />
Kompetenzen können als Kontinuum von Null („no proficiency“) bis 100 („perfect<br />
performance“) 17 verstanden werden. Dieses Kontinuum kann künstlich in einzelne<br />
Nive<strong>aus</strong>tufen unterteilt werden, wie es z.B. vom GERS (s.o.) her bekannt ist.<br />
Auch für Latein galt es, einen Abschnitt <strong>aus</strong> dem Kontinuum „Übersetzungskompetenz“<br />
bzw. „Interpretationskompetenz / Texterschließungskompetenz“ <strong>aus</strong>zuwählen,<br />
an dem sich <strong>die</strong> neue Aufgabenstellungen der <strong>schriftliche</strong> RP orientieren.<br />
Eine Kompetenzstufe definiert sich über einen sogenannten Maximalstandard und<br />
einen Minimalstandard. Während ersterer beschreibt, was bei einer Prüfung<br />
höchstens vor<strong>aus</strong>gesetzt werden darf, gibt der Minimalstandard vor, was ein<br />
Kandidat / eine Kandidatin mindestens leisten muss, um <strong>die</strong> Prüfung gerade noch zu<br />
bestehen.<br />
Mindeststandard<br />
Niveau<br />
1<br />
Niveau<br />
2<br />
Niveau<br />
3<br />
Niveau<br />
n<br />
Maximalstandard<br />
Grundsätzlich wird zwischen einem Soll-Standard – einem Ideal, das von außen<br />
gesetzt wird und typisch für das kriteriumsreferenzierte Testen ist – und einem Ist-<br />
Standard, der sich an einer Normgruppe orientiert, unterschieden. Für <strong>die</strong> neue<br />
<strong>schriftliche</strong> RP <strong>aus</strong> Latein wurden zwei Kompetenzstufen definiert: eine Zielstufe für<br />
<strong>die</strong> sechsjährige und eine für <strong>die</strong> vierjährige Variante. Bei der Niveaudefinition für<br />
<strong>die</strong> <strong>schriftliche</strong> RP <strong>aus</strong> Latein und Griechisch wurde folgende Vorgehensweise<br />
gewählt: Ein Team von erfahrenen Lehrpersonen bestimmt auf der Basis des gültigen<br />
Lehrplanes, was ein Schüler oder eine Schülerin nach vier oder sechs Jahren Latein<br />
können soll; es wurden zwei Kompetenzstufen definiert: eine Zielstufe für <strong>die</strong><br />
sechsjährige und eine für <strong>die</strong> vierjährige Variante. Als Korrektiv <strong>die</strong>ser<br />
Einschätzungen <strong>die</strong>nen <strong>die</strong> Ergebnisse von österreichweit durchgeführten<br />
Feldtestungen, <strong>die</strong> zeigen, was österreichische Latein- bzw. Griechischschülerinnen<br />
und -schüler der 8. Klassen derzeit tatsächlich können. Diese Ergebnisse sind<br />
allerdings nur begrenzt <strong>aus</strong>sagekräftig, da sich <strong>die</strong> Testgruppe bezüglich<br />
Vorbereitung und Motivation von der späteren Zielgruppe unterscheidet. 18<br />
17<br />
Vgl. hierzu Robert Glaser, Instructional Technology and the Measurement of Learning Outcomes.<br />
Some Questions. American Psychologist 118, 1963, 519–521 (<strong>aus</strong>: http://131.193.130.213/media/<br />
glaser_r_1963.pdf; Stand: 26.07.2010).<br />
18<br />
vgl. hierzu Hermann Niedermayr, Anna Pinter, Florian Schaffenrath, Vorstellung und Analyse<br />
der zweiten österreichweiten Feldtestung des Projektes „Standardisierte und kompetenz-<br />
4
1.3. Maximalstandard<br />
Der Maximalstandard wurde in Latein und Griechisch in den KM beschrieben. Hier<br />
sind alle Fertigkeiten und sprachlichen Phänomene taxativ aufgelistet, <strong>die</strong> bei der<br />
<strong>schriftliche</strong>n RP getestet und vor<strong>aus</strong>gesetzt werden. Aufgaben oder Textstellen, <strong>die</strong><br />
zusätzliches Wissen oder Können abverlangen, sind nicht zulässig bzw. müssen<br />
durch Angaben erklärt werden. Im KM für L4 kommt z.B. das Stilmittel „Trikolon“<br />
nicht vor; es darf also in den Arbeitsaufgaben des Interpretationsteils nicht danach<br />
gefragt werden. Ebenso sind z.B. verkürzte Perfektformen nicht genannt. Kommt<br />
eine solche im Übersetzungs- oder Interpretationstext vor, muss sie erklärt werden.<br />
1.4. Ermittlung des Minimalstandards<br />
Der Minimalstandard gibt an, was ein Schüler oder eine Schülerin können muss, um<br />
einen Test gerade noch positiv zu bestehen und damit als „minimal kompetent“ zu<br />
gelten. Da in Latein und Griechisch der cut-score, also <strong>die</strong> Bestehensmarke, bei 51%<br />
liegt, müssen 51% aller Testaufgaben für den MKS lösbar sein. Die Beschreibung<br />
eines Minimalstandards ist notwendig, um Jahr für Jahr vergleichbar und angemessen<br />
schwierige Tests erstellen zu können. Sie wird auf der Basis von schwierigkeitsgenerierenden<br />
Faktoren entwickelt, <strong>die</strong> entweder vor dem Hintergrund theoretischer<br />
Modelle, z.B. Annahmen der kontrastiven Linguistik, 19 oder auf der Basis von<br />
empirischen Untersuchungen, z.B. qualitative und quantitative Analyse von Schüler-<br />
(fehl)leistungen, 20 erschlossen werden können. Beide Faktoren spielen im Falle der<br />
<strong>schriftliche</strong>n RP <strong>aus</strong> Latein und Griechisch eine Rolle.<br />
Im „Lexikon zum Lateinunterricht“ 21 ist „Schwierigkeit“ als „<strong>die</strong> Summe aller<br />
Hindernisse, <strong>die</strong> Lehrer und Schüler beim Lehren und Lernen der lat. Sprache und<br />
beim Verstehen und Übersetzen lat. Texte zu überwinden haben“ definiert.<br />
orientierte Reifeprüfung <strong>aus</strong> Griechisch und Latein, Februar 2011, 2, <strong>aus</strong>:<br />
https://www.bifie.at/node/595 (Stand: 02.02.2012). SRP II, Bericht zur 3. Feldtestung in Latein<br />
(2011), <strong>aus</strong>: https://www.bifie.at/node/1583 (Stand: 20.03.2012).<br />
19<br />
Carl James, Zur Rechtfertigung der kontrastiven Linguistik, in: Gerhard Nickel (Hg.), Reader zur<br />
kontrastiven Linguistik, Frankfurt 1972, 21–38.<br />
20<br />
vgl. Hermann Niedermayr, Fehleranalyse und Fehlertherapie, in: Ianus 10, 1989, 24–39. Hermann<br />
Niedermayr, Standardisierung und Kompetenzorientierung im österreichischen Lateinunterricht,<br />
Erste Erfahrungen und mögliche didaktische Folgerungen, in: LF 72, 2010, 1–16. Rainer Nickel,<br />
Aus Fehlern lernen, in: AU 6/2000, 2–17.<br />
21<br />
Udo Frings, Hermann Keulen, Rainer Nickel (Hgg.), Lexikon zum Lateinunterricht, Freiburg und<br />
Würzburg 1981, 238.<br />
5
Solche Hindernisse sind einerseits textinhärent, andererseits spielen stets auch<br />
sogenannte situative Einflussfaktoren 22 eine wichtige Rolle: 23 Abhängig vom<br />
situativen Kontext, in dem ein Text übersetzt oder interpretiert werden soll, variiert<br />
das, was wir als „Schwierigkeit“ bezeichnen.<br />
In einer Testsituation ist <strong>die</strong> Schwierigkeit des Übersetzungstextes also immer in<br />
Relation zur Art und Strenge der Beurteilung zu sehen. Die Schwierigkeit einer<br />
Arbeitsaufgabe im Interpretationsteil ergibt sich <strong>aus</strong> der Art der geforderten<br />
Reaktion, der Schwierigkeit der Textstelle, auf <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> Aufgabe bezieht (zur<br />
Definition einer „leichten Textstelle“ s.u.), und <strong>aus</strong> der Art und Strenge der<br />
Beurteilung.<br />
Mehrere Aufgaben wurden an jeweils 100 bis 160 Schülerinnen und Schülern<br />
getestet. 24 Nach der Korrektur der Performanzen wurde der facility index, der<br />
empirische Schwierigkeitsgrad der einzelnen Items, statistisch ermittelt. So können<br />
grundsätzlich leichtere von schwierigeren Items unterschieden werden. Auf Basis<br />
einer <strong>aus</strong>führlichen Fehleranalyse wurden schwierigkeitsgenerierende Faktoren<br />
abgeleitet, <strong>die</strong> wiederum als Grundlage für <strong>die</strong> Einschätzung der Schwierigkeit<br />
weiterer Testaufgaben <strong>die</strong>nen sollen.<br />
Als bedeutendste textinhärente Schwierigkeitsfaktoren, <strong>die</strong> insbesondere für <strong>die</strong><br />
Einschätzung der Schwierigkeit des Übersetzungsteils bzw. der einzelnen<br />
Checkpoints relevant ist, können <strong>aus</strong>gehend von österreichweiten Feldtestungen und<br />
unter Berücksichtigung verschiedener Fachdidaktiker 25 folgende isoliert werden:<br />
22<br />
Dazu zählen z.B. auf den Übersetzer bezogene Faktoren, wie Alter, sprachlicher und kultureller<br />
Hintergrund, Bildung, Übersetzungstraining; auf <strong>die</strong> technische Durchführung bezogene Faktoren,<br />
wie der zeitliche Rahmen, <strong>die</strong> damit verbundene Möglichkeit der Revision, <strong>die</strong> Präsentation<br />
der Texte, <strong>die</strong> zur Verfügung gestellten Hilfsmittel (Vokabelangaben, Kommentierungen,<br />
Bildmaterial, Wörterbücher), das Ziel der Übersetzung (Übung, Prüfung, Auftragsarbeit) und <strong>die</strong><br />
darin verankerte Beurteilung der Performanzen.<br />
23<br />
Maier (1979, 126) unterscheidet zwischen äußeren und inneren, so genannten<br />
aufgabenimmanenten Faktoren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schwierigkeit maßgeblich bestimmen. Bei Wilss (1977,<br />
197) findet sich sogar eine Vierteilung der Übersetzungsschwierigkeiten und zwar in<br />
„sprachenspezifische“, „übersetzerspezifische“, „textsortenspezifische“ und<br />
„einzeltextspezifische Übersetzungsschwierigkeiten, <strong>die</strong> durch inhaltlich und/oder stilistisch<br />
komplizierte Ausdrucksweise des betreffenden Textautors bedingt sind.“<br />
24<br />
Österreichweite Feldtestungen wurden im Herbst 2009, im Herbst 2010 und im Herbst 2011<br />
durchgeführt. Dabei wurden jeweils zwei Reifeprüfungsaufgaben an 100 bis 160 Probanden<br />
getestet. Ergebnisse zur 2. Feldtestung in https://www.bifie.at/node/595 (Stand: 02.02.2012); zur 3.<br />
Feldtestung in https://www.bifie.at/node/1583 (Stand: 20.03.2012).<br />
25<br />
Zu schwierigkeitsgenerierenden Faktoren vgl. u.a. EPA (1975), Rainer Nickel, Schwierigkeit und<br />
Schwierigkeitsgrad, in: Wilhelm Höhn, Norbert Zink (Hgg.), Handbuch für den Lateinunterricht,<br />
Sekundarstufe II, Frankfurt am Main 1979, 178–190; Ulrich Tipp, Leistungserhebung und<br />
Leistungsbewertung, in: Joachim Gruber, Friedrich Maier (Hgg.), Fachdidaktisches Studium in<br />
der Lehrerfortbildung, Alte Sprachen 1, München 1979, 122–162.<br />
6
sprachlich / stilistisch<br />
• semantische, formale und funktionale Mehrdeutigkeit<br />
• inner- und zwischensprachliche Verwechselbarkeit<br />
• starke zwischensprachliche Kontraste<br />
• vom Deutschen abweichende Wortstellung<br />
• unvertraute Sprachformen<br />
inhaltlich<br />
• unvertrauter textpragmatischer Hintergrund<br />
• komplexe Gedankenführung<br />
Im Interpretationsteil kommen unterschiedliche Aufgabenformate zum Einsatz. 26<br />
Jedes einzelne Aufgabenformat kann sowohl einfach als auch schwierig zu lösen<br />
sein, je nachdem, wie <strong>die</strong> Fragestellung gestaltet ist. Allgemein kann angenommen<br />
werden, dass <strong>die</strong> Aufgabe schwierig ist,<br />
• wenn sich <strong>die</strong> Fragestellung auf eine schwierige Textpassage bezieht (s.u.),<br />
• wenn <strong>die</strong> Fragestellung eine hohe kognitive Leistung verlangt (z.B.<br />
Abstrahieren oder Konkretisieren, Kombinieren von verschiedenen<br />
Informationen),<br />
• wenn <strong>die</strong> richtige Antwort nur durch sehr genaue Analyse und durch<br />
Miteinbezug des Kontextes identifiziert werden kann, da eine oberflächliche<br />
Analyse <strong>die</strong> falsche Antwort (Distraktor) suggerieren würde.<br />
1.5. standard setting – Vergleichbarkeit der Aufgabenschwierigkeit<br />
Bei der Taskerstellung achten <strong>die</strong> Item-Writer darauf, dass 51% der Aufgaben der<br />
Beschreibung des Minimalstandards entsprechen. Im standard setting Verfahren, das<br />
von einem Team <strong>aus</strong> zwölf sogenannten Ratern durchgeführt wird, werden <strong>die</strong><br />
Aufgaben auf ihre Schwierigkeit hin eingeschätzt. Als Methode <strong>die</strong>nt das als Angoff<br />
rating bekannte und weit verbreitete Verfahren, 27 bei dem <strong>die</strong> Rater bei dichotomen<br />
Items bestimmen, ob der MKS <strong>die</strong>se vor<strong>aus</strong>sichtlich lösen kann oder nicht, bei<br />
polytomen Items, wie viele der Punkte vom MKS erreicht werden:<br />
A systematic procedure for deciding on the minimum raw scores for passing and honors might<br />
be developed as follows: keeping the hypothetical „minimally acceptable person“ in mind, one<br />
could go through the test item by item and decide whether such a person could answer<br />
correctly each item under consideration. If a score of one is given for each item answered<br />
26<br />
Vgl. https://www.bifie.at/node/1387 (Stand: 02.02.2012).<br />
27<br />
Vgl. hierzu Gregory J. Cizek, Michael B. Bunch, Standard Setting, A Guide to Establishing and<br />
Evaluating Performance Standards on Tests, Thousand Oaks, London, New Delhi 2007, 81–95.<br />
7
correctly by the hypothetical person and a score of zero is given for each item answered<br />
incorrectly by that person, the sum oft the item scores will equal the raw score earned by the<br />
„minimally acceptable person.“ 28<br />
Da der cut-score in der RP <strong>aus</strong> Griechisch und Latein nicht variiert wird, sollen in<br />
Summe jeweils 31 Punkte (von insgesamt 60) für den MKS erreichbar sein.<br />
Gegebenenfalls müssen Items angepasst, d.h. durch schwierigere oder leichtere<br />
ersetzt werden.<br />
Im Lauf der Entwicklung der neuen RP sind folgende praktischen Überlegungen entstanden,<br />
<strong>die</strong> konkretisieren sollen, was eine Kandidatin oder ein Kandidat mindestens<br />
können soll, um <strong>die</strong> RP zu bestehen.<br />
2. Spezielle Beschreibungen<br />
2.1. Definition des MKS im Bereich ÜT (sechsjähriges Latein)<br />
Der MKS kann auch in inhaltlich anspruchsvollen und komplexen Texten den Sinn<br />
von Passagen verstehen und wiedergeben sowie lexikalische, morphologische und<br />
syntaktische Phänomene erkennen und anhand <strong>die</strong>ser Informationen zu einer<br />
richtigen Übersetzung gelangen, wenn<br />
• der Kontext eine eindeutige Lösung nahelegt,<br />
• <strong>die</strong> folgenden Bedingungen mehrheitlich zutreffen:<br />
A) Sinn<br />
Der MKS kann den Sinn einer Sinneinheit erschließen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Einleitung präzise auf ihren Inhalt hinführt,<br />
• das Thema der Sinneinheit für <strong>die</strong> Kandidatinnen und Kandidaten<br />
nachvollziehbar und ihnen aufgrund ihrer Erfahrungswelt vertraut ist,<br />
• <strong>die</strong> Sinneinheit eine relativ geringe Informationsdichte aufweist,<br />
• <strong>die</strong> logischen Beziehungen im Text explizit <strong>aus</strong>gedrückt sind,<br />
• <strong>die</strong> Handlungsträgerinnen und -träger eindeutig identifizierbar sind,<br />
• <strong>die</strong> Schlüsselwörter der Sinneinheit den im Bereich „Lexik“ (s.u.) genannten<br />
Bedingungen gerecht werden,<br />
• <strong>die</strong> Wortstellung der Sinneinheit der im Deutschen üblichen nahe kommt,<br />
• <strong>die</strong> Übersetzung lexikalisch, morphologisch oder syntaktisch schwieriger<br />
Passagen durch Angaben erleichtert ist,<br />
28<br />
William H. Angoff, Scales, Norms, and Equivalent Scores, in: Robert L. Thorndike, Educational<br />
Measurement, Second Edition, Washington 1971, 508–600 (Zitat 514–515).<br />
8
• eine Sinneinheit inhaltlich nicht eng mit der vorangehenden Sinneinheit<br />
verflochten ist oder ein neues Thema eingeführt wird,<br />
• <strong>die</strong> Struktur eines Satzgefüges leicht nachvollziehbar ist (keine<br />
„Verschachtelung“).<br />
B) Lexik<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> kontextuell richtigen Wortbedeutungen erschließen, wenn<br />
• das Wort in lateinischen Texten häufig vorkommt,<br />
• <strong>die</strong> kontextuell richtige Wortbedeutung zu den gängigen Bedeutungen des<br />
Wortes gehört (z.B. Hervorhebung im Wörterbuch, keine Spezialbedeutung),<br />
• keine lautlichen und graphischen Verwechslungen naheliegen,<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (vgl. faux amis),<br />
• anzunehmen ist, dass das semantisch-pragmatische Konzept geläufig und <strong>die</strong><br />
deutsche Bezeichnung im Wortschatz der Kandidatin oder des Kandidaten<br />
aktiv verfügbar ist,<br />
• das Wort in einer Sinneinheit aufscheint, <strong>die</strong> den Kriterien von A) entspricht.<br />
C) Morphologie<br />
Der MKS kann Formen erkennen und richtig wiedergeben, wenn<br />
• sie nicht mit Homonymen verwechselt werden können,<br />
• sie durch den leicht nachvollziehbaren Kontext nahegelegt werden (z.B.<br />
Präpositionen, Verbvalenz, Kongruenz),<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (z.B. lat.<br />
Adverb im Positiv auf -iter – dt. Komparativ auf -er).<br />
(zum Verb)<br />
• keine Verwechslung naheliegt (currit – curret – currat; amavisti – amavistis),<br />
• kein Wechsel im Zeitverhältnis vorliegt,<br />
• weitere Indikatoren (z.B. Konnektoren, temporale Adverbien, explizit<br />
genannte Subjekte, Satzzeichen) auf P. N. T. M. D. hinweisen,<br />
• es sich um ein Verb mit regelmäßiger Stammbildung handelt.<br />
(zu Substantiv und Adjektiv)<br />
• es keine Verwechslungsmöglichkeit gibt (z.B. eindeutige Kasusendungen,<br />
Superlativ),<br />
• Indikatoren (z.B. Präpositionen, Wortstellung, Attribute, quam beim<br />
Komparativ) <strong>die</strong> Entschlüsselung der morphologischen Funktion nahelegen.<br />
9
(zum Pronomen)<br />
• es keine Verwechslungsmöglichkeit gibt,<br />
• Indikatoren <strong>die</strong> Entschlüsselung der morphologischen Funktion nahelegen,<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (z.B. his lat. –<br />
engl.).<br />
D) Syntax<br />
Der MKS kann syntaktische Phänomene übersetzen, wenn<br />
• der Kontext keine alternative Lösung suggeriert,<br />
• aufeinander zu beziehende Elemente in räumlicher Nähe zueinander stehen.<br />
Satzglieder<br />
Der MKS kann Satzglieder übersetzen, wenn<br />
• der Kontext keine alternative Lösung suggeriert,<br />
• das lateinische Verb denselben Kasus regiert wie seine deutsche<br />
Entsprechung.<br />
Kasuslehre<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Funktion eines lateinischen Kasus im Deutschen adäquat<br />
<strong>aus</strong>drücken, wenn<br />
• <strong>die</strong> Form des jeweiligen Kasus eindeutig erkennbar ist (siehe Punkt C),<br />
• ein semantischer Indikator eine bestimmte Übersetzung nahe legt (z.B. nocte<br />
Abl. temp.).<br />
Satzwertige Konstruktionen<br />
Der MKS kann einen AcI übersetzen, wenn<br />
• er von einem finiten Verb abhängig ist,<br />
• er keine weiteren satzwertigen Konstruktionen enthält,<br />
• Akkusativ und Infinitiv nahe beieinander stehen,<br />
• der Subjektsakkusativ eindeutig identifizierbar ist.<br />
Der MKS kann einen NcI übersetzen, wenn<br />
• er von dicitur, dicuntur, videtur und videntur abhängig ist,<br />
• er keine weiteren satzwertigen Konstruktionen enthält,<br />
• das Subjekt explizit genannt ist.<br />
10
Der MKS kann ein Pc übersetzen, wenn<br />
• das Bezugswort explizit im Satz genannt ist,<br />
• der Kontext kein alternatives Bezugswort suggeriert,<br />
• Partizip und Bezugswort derselben Deklinationsklasse angehören,<br />
• das Partizip nahe am Bezugswort steht.<br />
Der MKS kann einen Abl. abs. übersetzen, wenn<br />
• <strong>die</strong> beiden Komponenten räumlich nicht weit voneinander getrennt sind,<br />
• Partizip und Bezugswort derselben Deklinationsklasse angehören,<br />
• es sich um keine Sonderform handelt.<br />
Konstruktionen mit nd-Formen<br />
Der MKS kann nd-Formen in ihrer Funktion übersetzen, wenn<br />
• es sich um <strong>die</strong> Verbindung ad + nd-Form handelt,<br />
• es sich um eine nd-Form im Genitiv handelt (außer in Verbindung mit<br />
nachgestelltem c<strong>aus</strong>a oder gratia),<br />
• es sich um eine prädikative Gerundivkonstruktion mit esse handelt.<br />
Satzarten<br />
Der MKS kann konjunktivische Hauptsätze übersetzen, wenn<br />
• externe Indikatoren (z.B. utinam, Satzzeichen) eine bestimmte Übersetzung<br />
nahelegen,<br />
• sie Teil einer irrealen konditionalen Periode sind.<br />
Der MKS kann einen Relativsatz übersetzen, wenn<br />
• das Bezugswort unmittelbar vor dem Relativsatz steht,<br />
• das Relativpronomen an der Spitze des Gliedsatzes steht,<br />
• keine Verwechslungsmöglichkeiten (z.B. mit quam, quod) vorliegen,<br />
• das Relativpronomen im Gen. nicht von einem Ablativ abhängt,<br />
• das Relativpronomen im Abl. nicht von einem Verb, das den Ablativ regiert,<br />
abhängig ist,<br />
• der Kontext nicht ein anderes Bezugswort suggeriert.<br />
11
Der MKS kann konjunktivische Gliedsätze übersetzen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Konjunktion an der Spitze des Gliedsatzes steht,<br />
• ein Element des übergeordneten Satzes eine bestimmte Bedeutung der<br />
Konjunktion nahelegt,<br />
• <strong>die</strong> Konjunktionen in ihren Grundbedeutungen (z.B. ut „dass“; cum „als“,<br />
„nachdem“, „weil“) wiedergegeben werden können.<br />
Der MKS kann indirekte Fragesätze übersetzen, wenn<br />
• es sich um indirekte Ergänzungsfragen handelt.<br />
2.2. Definition des MKS im Bereich IT (sechsjähriges Latein)<br />
A) Sammeln und Auflisten<br />
Wortbildungselemente<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Bedeutung des Präfixes der häufigsten Bedeutung der jeweiligen<br />
Präposition entspricht,<br />
• <strong>die</strong> Form des Präfixes der jeweiligen Präposition entspricht (kein Binnenkonsonant<br />
wie z.B. bei red-) und das Grundwort kein seltenes Vokabel ist,<br />
• das Grundwort nicht stark verändert ist (z.B. Verkürzung, Lautwandel),<br />
• das zu bestimmende Suffix Bestandteil eines Wortes im Nominativ Sg. ist.<br />
Lehn- und Fremdwörter<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• der Beginn des gesuchten Wortes gleich oder ähnlich ist wie der des<br />
vorgegebenen Fremd- bzw. Lehnwortes,<br />
• wenn keine verlockenden Distraktoren (z.B. lateinische Wörter, <strong>die</strong> eine<br />
ähnliche Lautkombination aufweisen) vorhanden sind.<br />
Wortfamilien<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• der gemeinsame Stamm nicht zu stark verändert ist.<br />
12
Wortfelder<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Zahl der möglichen Lösungen <strong>die</strong> geforderte Zahl der Lösungen deutlich<br />
übersteigt,<br />
• <strong>die</strong> Lösungswörter bekannte und häufig verwendete Vokabel sind<br />
(vorzugsweise Nomina),<br />
• <strong>die</strong> Elemente keine allzu große Komplexität aufweisen (z.B. Einzelwörter).<br />
Sachfelder<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Zahl der möglichen Lösungen <strong>die</strong> geforderte Zahl der Lösungen deutlich<br />
übersteigt,<br />
• <strong>die</strong> Lösungswörter bekannte und häufig verwendete Vokabel sind<br />
(vorzugsweise Nomina),<br />
• <strong>die</strong> Elemente keine allzu große Komplexität aufweisen (z.B. Einzelwörter),<br />
• <strong>die</strong> Elemente des Sachfeldes konkret sind.<br />
Stilmittel<br />
Der MKS kann Beispiele für Alliterationen, Anaphern, Asyndeta, Hyperbata,<br />
Polysyndeta und rhetorische Fragen finden und zitieren.<br />
Der MKS kann Beispiele für Antithesen finden und zitieren, wenn<br />
• der Gegensatz im Text sprachlich markiert ist (z.B. aut – aut),<br />
• <strong>die</strong> Begriffe räumlich nicht allzu weit getrennt sind.<br />
B) Gliedern und Strukturieren<br />
Der MKS kann Sätze in Haupt-, und Gliedsätze gliedern, wenn<br />
• Anfang und Ende der Gliedsätze deutlich markiert sind (z.B. Konjunktionen,<br />
Satzzeichen).<br />
Der MKS kann satzwertige Konstruktionen erkennen und zitieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Bedingungen von „L6-ÜT D) Satzwertige Konstruktionen“ (s.o.) zutreffen.<br />
13
Der MKS kann einem Abschnitt des IT eine vorgegebene Überschrift korrekt<br />
zuordnen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Überschrift eine Zusammenfassung des Abschnittes ist,<br />
• sich der Abschnitt inhaltlich deutlich von anderen Passagen des IT<br />
unterscheidet,<br />
• zu dem Abschnitt kein Distraktor vorgegeben ist.<br />
Der MKS kann Inhaltsangaben zu einzelnen Abschnitten des IT richtig reihen, wenn<br />
• sich <strong>die</strong> Inhaltsangaben im Wortmaterial eng an <strong>die</strong> Passage halten,<br />
• <strong>die</strong> Inhaltsangabe <strong>die</strong> Textpassage nicht stark abstrahiert,<br />
• sich <strong>die</strong> Inhaltsangabe auf einen konkreten Sachverhalt bezieht.<br />
Der MKS kann den IT in Abschnitte einteilen und seine Entscheidung begründen,<br />
wenn<br />
• <strong>die</strong> Struktur des IT durch Indikatoren markiert ist.<br />
C) Zusammenfassen und Paraphrasieren<br />
Der MKS kann Sätze im Sinne des IT ergänzen, wenn<br />
• der vorgegebene Satzteil sich sehr eng an <strong>die</strong> Formulierung im Text hält,<br />
• <strong>die</strong> Struktur der Passage, <strong>aus</strong> der sich <strong>die</strong> Lösung erschließen lässt, einfach ist.<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Passage / den Text zusammenfassen, wenn<br />
• der zu bearbeitende Text von geringer sprachlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Akteure im Text eindeutig identifiziert werden können,<br />
• es sich um konkrete Inhalte handelt.<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Passage / den Text paraphrasieren, wenn<br />
• der zu bearbeitende Text von geringer sprachlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Akteure im Text eindeutig identifiziert werden können,<br />
• es sich um konkrete Inhalte handelt.<br />
14
D) Gegenüberstellen und Vergleichen<br />
geschlossene Formate<br />
Übersetzungsvarianten zu Satzteilen / Sätzen<br />
Der MKS kann <strong>aus</strong> vorgegebenen Übersetzungsvarianten <strong>die</strong> richtige <strong>aus</strong>wählen,<br />
wenn<br />
• <strong>die</strong> Lösung nicht <strong>aus</strong>schließlich <strong>aus</strong> dem Kontext zu erschließen ist,<br />
• <strong>die</strong> Distraktoren schwach sind (sich deutlich, d.h. durch mehrere Fehler, von<br />
der richtigen Übersetzung abheben oder eindeutig falsche Elemente<br />
enthalten).<br />
Übersetzungsvarianten von einzelnen Wörtern<br />
Der MKS kann <strong>aus</strong> vorgegebenen Bedeutungen <strong>die</strong> im Kontext richtige <strong>aus</strong>wählen,<br />
wenn<br />
• der notwendige Kontext kurz und wenig komplex ist,<br />
• <strong>die</strong> Distraktoren schwach sind.<br />
Richtig-falsch-Aufgaben<br />
Der MKS kann eine Aussage korrekt als richtig oder falsch einstufen, wenn<br />
• sich <strong>die</strong> Aussage auf eine leichte Textstelle bezieht,<br />
• <strong>die</strong> zu bewertende Aussage kurz und eindeutig ist,<br />
• es sich um keine durch Kombination verschiedener Textstellen zu<br />
erschließende Aussage handelt.<br />
Der MKS kann vorgegebenen Passagen <strong>aus</strong> einem Vergleichstext Passagen <strong>aus</strong> dem<br />
Interpretationstext zuordnen oder umgekehrt, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallele sehr eng / fast wörtlich ist,<br />
• es sich um überschaubare Einheiten handelt.<br />
offene Formate<br />
Der MKS kann Parallelen bzw. Unterschiede zwischen dem Interpretationstext und<br />
einem Vergleichstext finden, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallele sehr eng oder fast wörtlich ist,<br />
• der Unterschied an der Textoberfläche deutlich erkennbar ist,<br />
15
• keine Distraktoren im IT bzw. Vergleichstext zu finden sind,<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage oder der Vergleichstext von geringer sprachlicher<br />
oder inhaltlicher Komplexität ist.<br />
Der MKS kann einen Vergleichstext <strong>aus</strong>gehend von Leitfragen mit dem<br />
Interpretationstext in Beziehung setzen, wenn<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage im IT und im Vergleichstext von geringer sprachlicher<br />
oder inhaltlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Leitfrage konkrete Informationen <strong>aus</strong> dem IT oder dem Vergleichstext in<br />
den Blick nimmt.<br />
Der MKS kann Parallelen und Unterschiede zwischen dem IT und einer bildlichen<br />
Darstellung her<strong>aus</strong>arbeiten, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallelen bzw. Unterschiede an konkreten Objekten festzumachen sind.<br />
E) Belegen und Nachweisen<br />
Der MKS kann Argumente für oder gegen das Zutreffen von Sachverhalten und<br />
Aussagen durch Zitate <strong>aus</strong> dem IT stützen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Belegstelle von geringer sprachlicher oder inhaltlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Aufgabenstellung konkrete Informationen <strong>aus</strong> dem IT in den Blick nimmt.<br />
F) Kommentieren und Stellungnehmen<br />
Der MKS kann einen Text nach Leitfragen kommentieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Leitfrage konkrete Informationen <strong>aus</strong> dem IT oder anderen Texten in den<br />
Blick nimmt,<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage des IT von geringer sprachlicher oder inhaltlicher<br />
Komplexität ist.<br />
Der MKS kann zum IT oder zu Aussagen über den IT Stellung beziehen, wenn<br />
• das Gedankengut des Textes nicht zu weit von der Vorstellungswelt eines<br />
heutigen Schülers entfernt ist.<br />
16
G) Kreative Aufgaben<br />
Der MKS kann eine zu einer Kern<strong>aus</strong>sage des Textes passende Überschrift zum<br />
Interpretationstext formulieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Kern<strong>aus</strong>sage an der Oberfläche des Textes zu greifen ist.<br />
Der MKS kann Kreativaufgaben lösen, wenn<br />
• der verlangte Perspektivenwechsel einfach zu vollziehen ist,<br />
• <strong>die</strong> relevanten Passagen des IT und ggf. des Vergleichstextes von geringer<br />
sprachlicher oder inhaltlicher Komplexität sind.<br />
2.3. Definition des MKS im Bereich ÜT (vierjähriges Latein)<br />
Der MKS kann den Sinn von lateinischen Texten verstehen und wiedergeben und<br />
lexikalische, morphologische und syntaktische Phänomene erkennen und anhand<br />
<strong>die</strong>ser Informationen zu einer richtigen Übersetzung gelangen, wenn<br />
• der Kontext eine eindeutige Lösung nahelegt,<br />
• <strong>die</strong> folgenden Bedingungen mehrheitlich zutreffen:<br />
A) Sinn<br />
Der MKS kann den Sinn einer Sinneinheit erschließen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Einleitung präzise auf ihren Inhalt hinführt,<br />
• der Gesamtinhalt des Textes anschaulich bzw. leicht nachvollziehbar ist<br />
(narrative Passagen, Chronologie),<br />
• das Thema der Sinneinheit für <strong>die</strong> Kandidatinnen und Kandidaten<br />
nachvollziehbar und ihnen aufgrund ihrer Erfahrungswelt vertraut ist,<br />
• <strong>die</strong> Sinneinheit eine geringe Informationsdichte aufweist,<br />
• <strong>die</strong> logischen Beziehungen im Text explizit <strong>aus</strong>gedrückt sind,<br />
• <strong>die</strong> Handlungsträgerinnen und -träger eindeutig identifizierbar sind,<br />
• <strong>die</strong> Schlüsselwörter der Sinneinheit den im Bereich „Lexik“ (s.u.) genannten<br />
Bedingungen gerecht werden,<br />
• <strong>die</strong> Wortstellung der Sinneinheit der im Deutschen üblichen nahe kommt und<br />
eine lineare Deko<strong>die</strong>rung ermöglicht,<br />
• <strong>die</strong> Übersetzung lexikalisch, morphologisch oder syntaktisch schwieriger<br />
Passagen durch Angaben erleichtert ist,<br />
• eine Sinneinheit inhaltlich nicht eng mit der vorangehenden Sinneinheit<br />
verflochten ist oder ein neues Thema eingeführt wird,<br />
17
• <strong>die</strong> Struktur eines Satzgefüges leicht nachvollziehbar ist (keine<br />
„Verschachtelung“).<br />
B) Lexik<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> kontextuell richtigen Wortbedeutungen erschließen, wenn<br />
• das Wort in lateinischen Texten sehr häufig vorkommt,<br />
• das Bedeutungsspektrum des Wortes eng ist (geringe Polysemie),<br />
• <strong>die</strong> Bedeutung des Wortes im Wörterbuch leicht zu finden ist,<br />
• <strong>die</strong> kontextuell richtige Wortbedeutung zu den gängigen Bedeutungen des<br />
Wortes gehört,<br />
• keine lautlichen und graphischen Verwechslungen naheliegen,<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (vgl. faux amis),<br />
• anzunehmen ist, dass das semantisch-pragmatische Konzept geläufig und <strong>die</strong><br />
deutsche Bezeichnung im Wortschatz der Kandidatin oder des Kandidaten<br />
aktiv verfügbar ist,<br />
• das Wort in einer Sinneinheit aufscheint, <strong>die</strong> den Kriterien von A) entspricht.<br />
C) Morphologie<br />
Der MKS kann Formen erkennen und richtig wiedergeben, wenn<br />
• sie nicht mit Homonymen verwechselt werden können,<br />
• sie durch den leicht nachvollziehbaren Kontext nahegelegt werden (z.B. Präpositionen,<br />
Verbvalenz, Kongruenz),<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (z.B. lat.<br />
Adverb im Positiv auf -iter – dt. Komparativ auf -er).<br />
(zum Verb)<br />
• keine Verwechslung naheliegt (currit – curret – currat; amavisti – amavistis),<br />
• kein Wechsel im Zeitverhältnis vorliegt,<br />
• deutliche Indikatoren (z.B. Konnektoren, temporale Adverbien, explizit<br />
genannte Subjekte, Satzzeichen, eindeutige Tempusmarker) auf P. N. T. M. D.<br />
hinweisen,<br />
• es sich um ein Verb mit regelmäßiger Stammbildung handelt.<br />
(zu Substantiv und Adjektiv)<br />
• es keine Verwechslungsmöglichkeit gibt (z.B. eindeutige Kasusendungen,<br />
Superlativ),<br />
• der Kontext keinen alternativen Bezug suggeriert,<br />
18
• deutliche Indikatoren (z.B. Präpositionen, Wortstellung, Attribute <strong>aus</strong><br />
derselben Deklination in unmittelbarer Nähe, quam beim Komparativ) <strong>die</strong><br />
Entschlüsselung der morphologischen Funktion nahelegen.<br />
(zum Pronomen)<br />
• es keine Verwechslungsmöglichkeit gibt,<br />
• es sich um Formen handelt, <strong>die</strong> der a- / o-Deklination angehören,<br />
• der Kontext keinen alternativen Bezug suggeriert,<br />
• deutliche Indikatoren <strong>die</strong> Entschlüsselung der morphologischen Funktion<br />
nahelegen,<br />
• nicht <strong>aus</strong> anderen Sprachen fälschlich interferiert werden kann (z.B. his lat. –<br />
engl.).<br />
D) Syntax<br />
Der MKS kann syntaktische Phänomene übersetzen, wenn<br />
• der Kontext keine alternative Lösung suggeriert,<br />
• aufeinander zu beziehende Elemente in unmittelbarer räumlicher Nähe<br />
zueinander stehen.<br />
Satzglieder<br />
Der MKS kann Satzglieder übersetzen, wenn<br />
• der Kontext keine alternative Lösung suggeriert,<br />
• das lateinische Verb denselben Kasus regiert wie seine deutsche<br />
Entsprechung.<br />
Kasuslehre<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Funktion eines lateinischen Kasus im Deutschen adäquat<br />
<strong>aus</strong>drücken, wenn<br />
• <strong>die</strong> Form des jeweiligen Kasus eindeutig erkennbar ist (siehe Punkt C),<br />
• ein geläufiger semantischer Indikator eine bestimmte Übersetzung nahe legt<br />
(z.B. nocte Abl. temp.).<br />
Satzwertige Konstruktionen<br />
Der MKS kann einen AcI übersetzen, wenn<br />
• er von einem finiten Verb abhängig ist,<br />
• er keine Pronomina enthält,<br />
• er keine weiteren satzwertigen Konstruktionen enthält,<br />
• er keinen Infinitiv Präsens passiv enthält,<br />
19
• Akkusativ und Infinitiv sehr nahe beieinander stehen,<br />
• der Subjektsakkusativ eindeutig identifizierbar ist.<br />
Der MKS kann einen NcI übersetzen, wenn<br />
• er von dicitur, dicuntur abhängig ist,<br />
• er keine weiteren satzwertigen Konstruktionen enthält,<br />
• das Subjekt explizit genannt ist.<br />
Der MKS kann ein Pc übersetzen, wenn<br />
• das Bezugswort explizit im Satz genannt ist,<br />
• Bezugswort und Partizip durch maximal ein Satzglied getrennt sind,<br />
• der Kontext kein alternatives Bezugswort suggeriert,<br />
• Partizip und Bezugswort derselben Deklinationsklasse angehören,<br />
• Vorzeitigkeit vorliegt (PPP),<br />
• es sich nicht um das PP eines Deponens handelt.<br />
Der MKS kann einen Abl. abs. übersetzen, wenn<br />
• er an der Spitze des Satzes steht,<br />
• Bezugswort und Partizip durch maximal ein Satzglied getrennt sind,<br />
• Partizip und Bezugswort derselben Deklinationsklasse angehören,<br />
• Vorzeitigkeit vorliegt (PPP),<br />
• es sich nicht um das PP eines Deponens handelt.<br />
Konstruktionen mit nd-Formen<br />
Der MKS kann nd-Formen in ihrer Funktion übersetzen, wenn<br />
• es sich um <strong>die</strong> Verbindung ad + nd-Form handelt,<br />
• es sich um eine prädikative Gerundivkonstruktion mit esse handelt, <strong>die</strong> nicht<br />
im AcI steht.<br />
Satzarten<br />
Der MKS kann irreale Hauptsätze übersetzen, wenn<br />
• sie Teil einer konditionalen Periode sind.<br />
Der MKS kann einen Relativsatz übersetzen, wenn<br />
• das Bezugswort unmittelbar vor dem Relativsatz steht,<br />
• das Relativpronomen an der Spitze des Gliedsatzes steht,<br />
• keine Verwechslungsmöglichkeiten (z.B. mit quam, quod) vorliegen,<br />
20
• das Relativpronomen nicht im Genitiv steht,<br />
• das Relativpronomen im Abl. nicht von einem Verb, das den Ablativ regiert,<br />
abhängig ist,<br />
• der Kontext nicht ein anderes Bezugswort suggeriert.<br />
Der MKS kann konjunktivische Gliedsätze übersetzen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Konjunktion an der Spitze des Gliedsatzes steht,<br />
• ein Element des übergeordneten Satzes eine bestimmte Bedeutung der<br />
Konjunktion nahelegt,<br />
• <strong>die</strong> Konjunktionen in ihren Grundbedeutungen (z.B. ut „dass“; cum „als“,<br />
„nachdem“, „weil“) wiedergegeben werden können.<br />
Der MKS kann indirekte Fragesätze übersetzen, wenn<br />
• sie mit ubi, quando, cur oder quomodo eingeleitet werden,<br />
• externe Indikatoren das korrekte Zeitverhältnis nahelegen.<br />
2.4. Definition des MKS im Bereich IT (vierjähriges Latein)<br />
A) Sammeln und Auflisten<br />
Wortbildungselemente<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Bedeutung des Präfixes der häufigsten Bedeutung der jeweiligen<br />
Präposition entspricht,<br />
• <strong>die</strong> Form des Präfixes der jeweiligen Präposition entspricht (kein Binnenkonsonant<br />
wie z.B. bei red-) und das Grundwort kein seltenes Vokabel ist,<br />
• das Grundwort nicht stark verändert ist (z.B. Verkürzung, Lautwandel),<br />
• das zu bestimmende Suffix Bestandteil eines Wortes im Nominativ Sg. ist.<br />
Lehn- und Fremdwörter<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• der Beginn des gesuchten Wortes gleich ist wie der des vorgegebenen Fremdbzw.<br />
Lehnwortes,<br />
• keine verlockenden Distraktoren (lateinische Wörter, <strong>die</strong> eine ähnliche Lautkombination<br />
aufweisen) vorhanden sind,<br />
• anzunehmen ist, dass das Fremdwort Bestandteil seines passiven<br />
Wortschatzes ist.<br />
21
Wortfamilien<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Zahl der möglichen Lösungen <strong>die</strong> geforderte Zahl der Lösungen deutlich<br />
übersteigt,<br />
• der gemeinsame Stamm nicht verändert ist.<br />
Wortfelder<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Zahl der möglichen Lösungen <strong>die</strong> geforderte Zahl der Lösungen deutlich<br />
übersteigt,<br />
• <strong>die</strong> Lösungswörter sehr bekannte und häufig verwendete Vokabel sind<br />
(vorzugsweise Nomina),<br />
• <strong>die</strong> Elemente geringe Komplexität aufweisen (z.B. Einzelwörter).<br />
Sachfelder<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Aufgabe lösen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Zahl der möglichen Lösungen <strong>die</strong> geforderte Zahl der Lösungen deutlich<br />
übersteigt,<br />
• <strong>die</strong> Lösungswörter bekannte und häufig verwendete Vokabel sind<br />
(vorzugsweise Nomina),<br />
• <strong>die</strong> Elemente geringe Komplexität aufweisen (z.B. Einzelwörter),<br />
• <strong>die</strong> Elemente des Sachfeldes konkret sind.<br />
Stilmittel<br />
Der MKS kann Beispiele für Alliterationen, Anaphern, Asyndeta, Polysyndeta und<br />
rhetorische Fragen finden und zitieren.<br />
Der MKS kann Beispiele für Hyperbata finden und zitieren, wenn<br />
• im Text mehrere richtige Lösungen geboten werden,<br />
• <strong>die</strong> beiden aufeinander zu beziehenden Wörter derselben Deklinationsklasse<br />
angehören.<br />
Der MKS kann Beispiele für Antithesen finden und zitieren, wenn<br />
• der Gegensatz im Text deutlich sprachlich markiert ist (z.B. aut – aut),<br />
• <strong>die</strong> Begriffe nahe beieinander stehen,<br />
• <strong>die</strong> Begriffe geläufige Vokabel sind.<br />
22
B) Gliedern und Strukturieren<br />
Der MKS kann Sätze in Haupt- und Gliedsätze gliedern, wenn<br />
• Anfang und Ende der Gliedsätze deutlich markiert sind (z.B. Konjunktionen,<br />
Satzzeichen).<br />
Der MKS kann satzwertige Konstruktionen erkennen und zitieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Bedingungen von „L4-ÜT Satzwertige Konstruktionen“ (s.o.) zutreffen.<br />
Der MKS kann einem Abschnitt des IT eine vorgegebene Überschrift korrekt<br />
zuordnen, wenn<br />
• <strong>die</strong> Überschrift eine Zusammenfassung des Abschnittes ist,<br />
• sich der Abschnitt inhaltlich deutlich von anderen Passagen des IT<br />
unterscheidet,<br />
• der Abschnitt überschaubar ist,<br />
• zu dem Abschnitt kein Distraktor vorgegeben ist.<br />
Der MKS kann Inhaltsangaben zu einzelnen Abschnitten des IT richtig reihen, wenn<br />
• sich <strong>die</strong> Inhaltsangaben im Wortmaterial eng an <strong>die</strong> Passage halten,<br />
• <strong>die</strong> Inhaltsangaben <strong>die</strong> Textpassage nicht stark abstrahieren,<br />
• sich <strong>die</strong> Inhaltsangaben auf einen konkreten Sachverhalt beziehen.<br />
Der MKS kann den IT in Abschnitte einteilen und seine Entscheidung begründen,<br />
wenn<br />
• <strong>die</strong> Struktur des IT durch verschiedene Indikatoren mehrfach markiert ist,<br />
• <strong>die</strong> Begründung <strong>aus</strong> den Indikatoren unmittelbar abgeleitet werden kann.<br />
C) Zusammenfassen und Paraphrasieren<br />
Der MKS kann Sätze im Sinne des IT ergänzen, wenn<br />
• der vorgegebene Satzteil eine Formulierung des IT abbildet,<br />
• <strong>die</strong> Struktur der Passage, <strong>aus</strong> der sich <strong>die</strong> Lösung erschließen lässt, einfach ist.<br />
23
Der MKS kann <strong>die</strong> Passage / den Text zusammenfassen, wenn<br />
• der zu bearbeitende Text von geringer sprachlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Akteure im Text immer eindeutig identifiziert werden können,<br />
• es sich um konkrete Inhalte handelt.<br />
Der MKS kann <strong>die</strong> Passage / den Text paraphrasieren, wenn<br />
• der zu bearbeitende Text von geringer sprachlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Akteure im Text immer eindeutig identifiziert werden können,<br />
• es sich um konkrete Inhalte handelt.<br />
D) Gegenüberstellen und Vergleichen<br />
geschlossene Formate<br />
Übersetzungsvarianten zu Satzteilen / Sätzen<br />
Der MKS kann <strong>aus</strong> vorgegebenen Übersetzungsvarianten <strong>die</strong> richtige <strong>aus</strong>wählen,<br />
wenn<br />
• <strong>die</strong> Lösung nicht <strong>aus</strong>schließlich <strong>aus</strong> dem Kontext zu erschließen ist,<br />
• <strong>die</strong> Distraktoren schwach sind (sich deutlich, d.h. durch mehrere Fehler, von<br />
der richtigen Übersetzung abheben oder eindeutig falsche Elemente<br />
enthalten).<br />
Übersetzungsvarianten von einzelnen Wörtern<br />
Der MKS kann <strong>aus</strong> vorgegebenen Bedeutungen <strong>die</strong> im Kontext richtige <strong>aus</strong>wählen,<br />
wenn<br />
• der notwendige Kontext kurz und wenig komplex ist,<br />
• <strong>die</strong> Distraktoren schwach sind.<br />
Richtig-falsch-Aufgaben<br />
Der MKS kann eine Aussage als richtig oder falsch einstufen, wenn<br />
• sich <strong>die</strong> Aussage auf eine leichte Textstelle bezieht,<br />
• <strong>die</strong> zu bewertende Aussage kurz und eindeutig ist,<br />
• es sich um keine durch Kombination verschiedener Textstellen zu<br />
erschließende Aussage handelt.<br />
24
Der MKS kann vorgegebenen Passagen <strong>aus</strong> einem Vergleichstext Passagen <strong>aus</strong> dem<br />
Interpretationstext zuordnen oder umgekehrt, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallele sehr eng / fast wörtlich ist,<br />
• es sich um überschaubare Einheiten handelt.<br />
offene Formate<br />
Der MKS kann Parallelen bzw. Unterschiede zwischen dem Interpretationstext und<br />
einem Vergleichstext finden, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallele sehr eng oder fast wörtlich ist,<br />
• der Unterschied an der Textoberfläche deutlich erkennbar ist,<br />
• keine Distraktoren im IT bzw. Vergleichstext zu finden sind,<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage oder der Vergleichstext von sehr geringer sprachlicher<br />
oder inhaltlicher Komplexität ist.<br />
Der MKS kann einen Vergleichstext <strong>aus</strong>gehend von Leitfragen mit dem IT in<br />
Beziehung setzen, wenn<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage im IT und im Vergleichstext von geringer sprachlicher<br />
oder inhaltlicher Komplexität ist,<br />
• <strong>die</strong> Leitfrage konkrete Informationen <strong>aus</strong> dem IT oder dem Vergleichstext in<br />
den Blick nimmt.<br />
Der MKS kann Parallelen und Unterschiede zwischen dem IT und einer bildlichen<br />
Darstellung her<strong>aus</strong>arbeiten, wenn<br />
• <strong>die</strong> Parallelen bzw. Unterschiede an konkreten Objekten festzumachen sind.<br />
E) Kommentieren und Stellungnehmen<br />
Der MKS kann einen Text nach Leitfragen kommentieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Leitfrage konkrete Informationen <strong>aus</strong> dem IT oder anderen Texten in den<br />
Blick nimmt,<br />
• <strong>die</strong> betreffende Passage des IT von geringer sprachlicher oder inhaltlicher<br />
Komplexität ist.<br />
Der MKS kann zum IT oder zu Aussagen über den IT Stellung beziehen, wenn<br />
• das Gedankengut des Textes nicht zu weit von der Vorstellungswelt eines<br />
heutigen Schülers entfernt ist.<br />
25
F) Kreative Aufgaben<br />
Der MKS kann eine zu einer Kern<strong>aus</strong>sage des Textes passende Überschrift zum IT<br />
formulieren, wenn<br />
• <strong>die</strong> Kern<strong>aus</strong>sage an der Oberfläche des Textes zu greifen ist.<br />
Der MKS kann Kreativaufgaben lösen, wenn<br />
• der verlangte Perspektivenwechsel einfach zu vollziehen ist,<br />
• <strong>die</strong> relevanten Passagen des IT und ggf. des Vergleichstextes von geringer<br />
sprachlicher oder inhaltlicher Komplexität sind.<br />
26