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Zwischen Geist und Geld - Cadmus - European University Institute

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0. Einleitung<br />

handfeste finanzielle Interessen. Hauptsache ist, daB die Einschaltquote stimmt, an einer<br />

kiinstlerisch einwandfreien Wiedergabe des Werkes liegt ihnen wenig. Eine hohe Einschaltquote<br />

sichert Werbeeinnahmen <strong>und</strong> stellt- so die Argumentation der Femsehanstalten-<br />

wiederum <strong>Geld</strong>er zur Produktion neuer F~lme zur Verfiigung.<br />

Diese Zusammenhange zeigen, daB sich die Kompromittierung der Kunstschaffenden<br />

nicht einfach durch eine Klage wegen Verletzung des Urheberpersonlichkeitsrechts<br />

beseitigen laBt. Die Unfreiheit ist struktureller Natur <strong>und</strong> hat ihre Ursache in den Allokationsbedingungen<br />

der Filmproduktion. Analysieren wir namlich die Finanzierungsmodelle<br />

im Filmbereich, so stellen wir fest, daB nicht nur in Italien, sondem auch in der<br />

Schweiz ein GroBteil der Kinofilme von Fernsehanstalten bezahlt werden. Diese wiederum<br />

finanzieren sich (teilweise oder hauptsachlich) durch Einnahmen aus der Unterbrecherwerbung.<br />

Der Kreis schlieBt sich; die Gefahr scheint zu bestehen, daB letztlich wirtschaftliche<br />

Motive dariiber entscheiden, welche Filme produziert werden. Sind die<br />

Filmschaffenden aber auf den guten Willen der Fernsehanstalten angewiesen, wiirden<br />

sie am eigenenAst sagen, wollten sie gegen die Verletzung ihres Urheberrechtes klagen.<br />

Will man diesen strukturellen Problemen mit rechtlichen Mitteln begegnen, so bedarf<br />

es neuer Losungswege. Einen bemerkenswerten Ansatz z;eigt die Praxis italienischer<br />

Gerichte: das jeweils von den Filmschaffenden angerufene Urheberpersonlichkeitsrecht<br />

wurde regelmaBig im Lichte der Gr<strong>und</strong>rechte gepriift 36 • Eine Konkretisierung gesetzlicher<br />

Rechte durch Orientierung an den Leitwerten der Verfassung - im schweizerischen<br />

Recht umstritten- bringt den Vorteil einer Strukturierung der Interessenabwagung.<br />

Fraglich bleibt allerdings, ob im Rahmen einer gr<strong>und</strong>rechtsgeleiteten Argumentation<br />

auch iiberindividuelle, sprich systemische Probleme beriicksichtigt werden konnen.<br />

Diese Fragen sprengen den Rahmen einer Gr<strong>und</strong>rechtstheorie, welche sich b-isher<br />

auf individualzentrierte Konzepte stiitzt. Mit diesen traditionellen Ansatzen ist aber<br />

Unfreiheiten nicht zu begegnen, die ihre Ursache nicht im Verhalten individuierbarer<br />

Akteure haben. Gefordert ist eine Gr<strong>und</strong>rechtstheorie, die in der Lage ist, Gr<strong>und</strong>rechtswirkungen<br />

auf gesellschaftlicher Ebene zu integrieren. Das Phanomen Unterbrecherwerbung<br />

bildet somit AnlaB, die Gr<strong>und</strong>rechtstheorie im Hinblick auf die Losung komplexer<br />

gesellschaftspolitischer Fragen zu iiberdenken.<br />

36<br />

26<br />

Vgl. Collova, 1990, S. 199-228.

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