Masterarbeit approbiert_Ondrak_Georg_2013.pdf
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(2) Neutralität - Neutralität ist für den Bereich der Volkhochschul-Volksbildung vor allem als eine<br />
politische- (Lager-)Neutralität (vgl. Dvorak 1987: 37) zu deuten. Sie stellt sich im besonderem<br />
Maße als „Verbindendes Konzept der an sich unterschiedlich orientierten Volkshochschulen“ (Filla<br />
1991: 34) dar. „Basis sollte objektive Wissenschaftlichkeit und die Absenz aktueller Politik sein“<br />
(Filla 1991: 34). Individuen sollten sich, wie auch der frühe, wichtige Denker und Organisator der<br />
Wiener Volkshochschulbewegung Ludo Moritz Hartmann meinte, nicht unter dem Gesichtspunkt<br />
eines speziellen ethischen, moralischen oder religiösen Standpunktes heranbilden, sondern es<br />
sollte die eigene Intelligenz erweckt werden. Diese Intelligenz stand jedoch, wie bereits erörtert<br />
wurde, wiederum im Zeichen einer wissenschaftlichen Rationalität und Weltauffassung.<br />
In der Neutralität wurde auch der grundlegende Unterschied zwischen Volksbildung und<br />
sozialistischer ArbeiterInnenbildung gesehen (vgl. Stifter 2005: 60). Zweitere bildete unter<br />
anderem im Sinne einer politischen Ideologie ArbeiterInnen zu einem Klassenbewusstsein und<br />
schulte Funktionäre/-innen für ihre spätere politische Tätigkeit. Jedoch lag „das ‚politische‘ Moment<br />
der neutralen Volksbildung“, wie Christian Stifter meint „gerade in der Konzentration auf die<br />
angenommene ‚Objektivität und Neutralität‘ der modernen Wissenschaften“ (Stifter 2005: 62). Dem<br />
Prinzip der absoluten Unparteilichkeit lag also durchaus zweierlei zugrunde. Erstens der<br />
spätaufklärerische Glaube an eine quasi evolutionäre Verbesserung der Welt durch die<br />
gesellschaftliche Anwendung moderner (Natur-)Wissenschaft. Zweitens die doch nicht so ganz<br />
unpolitische Hoffnung „…dass eine möglichst breite gesellschaftliche Diffusion wissenschaftlicher<br />
Kenntnisse sowie deren aktive, selbsttätige Aneignung imstande wären, den Bewusstseinsstand<br />
der breiten Masse entsprechend anzuheben, sodass damit der Grundstein für eine moderne,<br />
egalitäre und auf rationalen Prinzipien beruhende Gesellschaftsordnung geschaffen würde“ (Stifter<br />
2005: 63).<br />
Insofern verliert natürlich die Behauptung völliger Neutralität an Konsequenz und ist auch unter<br />
dem Blickwinkel strategischer Bemühungen zu sehen. Ging es doch um multilaterale Handlungsund<br />
Unterstützungsoptionen durch die gesellschaftliche-politische Umwelt der Volkshochschul-<br />
Volksbildungsvereine. Während der Zeit der Monarchie und unter der Regierung des christlichkonservativen,<br />
antisemitischen Wiener Bürgermeister Karl Lueger, ging es auch darum mit<br />
aufklärerischer Volksbildungsarbeit trotzdem politisch unauffällig zu bleiben und als Bildungsverein<br />
unter teilweise widrigen Umständen überleben zu können. Die inhaltliche Politikabstinenz hatte<br />
„ihre Wurzeln zumindest in der Monarchie, auch in den politischen Umständen“ (Stifter 2005: 64)<br />
und kann zumindest zu dieser Zeit als pragmatisch, formelles Zugeständnis an die herrschende<br />
politische Umgebung gesehen werden. Diese Umstände änderten sich wie bereits erwähnt,<br />
während der Zeit der Ersten Republik des „Roten Wiens“.<br />
(3) Versöhnung der Klassen - „Es ist evident, dass dem Konzept einer wissenschaftlich<br />
orientierten Volksbildungsarbeit … eine klare bildungspolitische Absage an den Klassenkampf zu<br />
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