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03. Giftfalle - unirep

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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

BGH, Urteil vom 12. August 1997, BGHSt 43, 177 – <strong>Giftfalle</strong><br />

Sachverhalt: In das Einfamilienhaus des Apothekers Anton ist eingebrochen<br />

worden. Die Beute wurde zum späteren Abtransport auf<br />

dem Speicher des Hauses in einem Versteck bereitgestellt. Der Täter<br />

hatte sich in der im Erdgeschoss gelegenen Küche warme Speisen zubereitet<br />

und auch aus einer Steingutflasche mit der Aufschrift „Echter<br />

Hiekes Bayerwaldbärwurz“ getrunken. Am Tag nach dem Einbruch<br />

tauscht der verärgerte Anton den restlichen Inhalt der Steingutflasche<br />

gegen die gleiche Menge eines hochgiftigen Stoffes aus und verschraubt<br />

anschließend die Flasche mit dem Originalverschluss. Im<br />

Wissen darum, dass bereits der Konsum kleinster Mengen des Gifts<br />

rasch zum Tod führen kann, stellt Anton die Flasche im Erdgeschoss<br />

seines Hauses in der Nähe der Haustür sichtbar in den Flur. Er erwartet,<br />

dass der unbekannte Einbrecher zurückkehren, die auf dem Speicher<br />

deponierte Beute abholen, wiederum aus der Flasche trinken und<br />

zu Tode kommen würde. Anschließend verlässt Anton das Haus. Zuvor<br />

veranlasst er jedoch, dass sich vier Polizeibeamte im Haus aufhalten,<br />

um den Einbrecher im Falle seiner Rückkehr festzunehmen. Von<br />

der aufgestellten Flasche mit dem Gift erzählt er diesen jedoch nichts.<br />

Als Anton später erkennt, dass auch die Polizeibeamten den vergifteten<br />

Bärwurz trinken könnten, ruft er die Polizeibeamten an und weist<br />

sie auf den giftigen Inhalt der Flasche hin. Am nächsten Morgen fordert<br />

ein Kriminalbeamter Anton telefonisch dazu auf, die Giftflasche<br />

zu beseitigen. Anton lehnt dies zunächst ab, erklärt sich aber auf die<br />

Drohung der Beamten, sein Verhalten sonst zur Anzeige zu bringen,<br />

schließlich damit einverstanden und entfernt die Flasche. Der Einbrecher<br />

erscheint nicht mehr am Tatort.<br />

Thema: Unmittelbares Ansetzen zum Versuch; Unmittelbares Ansetzen<br />

des mittelbaren Täters<br />

Materialien: Arbeitsblatt AT Nr. 30; Arbeitsblatt Examinatorium AT<br />

Nr. 1<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Lösungsübersicht<br />

A. Strafbarkeit Antons gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23, 12 Abs. 1<br />

StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Vorprüfung: Nichtvollendung und<br />

Strafbarkeit des Versuchs (+)<br />

2. Tatentschluss: dolus eventualis (+)<br />

3. Unmittelbares Ansetzen?<br />

Anton hat alles Erforderliche zur Tatbestandsverwirklichung<br />

getan, jetzt musste nur noch das Opfer handeln und sich selbst<br />

schädigen. Reicht das aus?<br />

a) nur dann, wenn Handlungen des Opfers unmittelbar in Tatbestandsverwirklichung<br />

einmünden.<br />

(–) da Einbrecher gar nicht gekommen ist.<br />

b) nur dann, wenn Opfer konkret gefährdet wird<br />

(–) da Einbrecher noch nicht gekommen ist.<br />

c) nur dann, wenn der Täter den Geschehensablauf bewusst<br />

aus der Hand gegeben hat oder das Opfer in einer Weise gefährdet<br />

wird, dass in einem engen raum-zeitlichen Zusammenhang<br />

mit der Tatbestandsverwirklichung auf seine Sphäre<br />

eingewirkt wird<br />

(+) da Anton das Haus verlassen und damit den Geschehensablauf<br />

aus seinen Händen gab.<br />

d) nur dann, wenn nach Vorstellung des Täters die Schwelle<br />

zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten wurde.<br />

Stellt der Täter dem Opfer eine Falle, so liegt unmittelbares<br />

Ansetzen nur vor, wenn nach Auffassung des Täters das Opfer<br />

mit Sicherheit erscheinen wird. Andernfalls liegt ein unmittelbares<br />

Ansetzen erst dann vor, wenn das Opfer tatsächlich<br />

erscheint und Anstalten macht, die selbstgefährdende<br />

Handlung auszuführen (so auch BGH)<br />

(–) denn Anton hielt es für nicht sehr wahrscheinlich,<br />

dass der Einbrecher gerade am nächsten Tag wieder kam.<br />

II./III. Rechtswidrigkeit und Schuld [nach Ansicht c)] (+)<br />

IV. Rücktritt: Keine Freiwilligkeit [nach Ansicht c)] (–)<br />

V. Ergebnis: §§ 212 I, 22 StGB [nach Ansicht c)] (+)<br />

B. Strafbarkeit Antons gemäß §§ 211, 22, 23 StGB (+)<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Lösungsvorschlag<br />

A. Strafbarkeit Antons gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23, 12 Abs. 1 StGB<br />

Indem Anton die Flasche mit dem vergifteten Inhalt aufgestellt hat,<br />

könnte er sich wegen eines versuchten Totschlags an dem unbekannten<br />

Einbrecher gemäß den §§ 212, 22, 23, 12 Abs. 1 StGB strafbar gemacht<br />

haben.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Vorprüfung<br />

Zur Tatvollendung ist es nicht gekommen, denn der tatbestandliche Erfolg,<br />

der Tod des Einbrechers, ist nicht eingetreten.<br />

Die Versuchsstrafbarkeit folgt aus dem Verbrechenscharakter des Totschlags,<br />

§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB.<br />

2. Tatentschluss<br />

Anton müsste entschlossen gewesen sein, den unbekannten Einbrecher<br />

zu töten. Erforderlich ist dazu, dass Anton wenigsten Eventualvorsatz<br />

hinsichtlich der Tötung eines Menschen gehabt hat. Anton müsste den<br />

Tod des Einbrechers daher mindestens für möglich gehalten und ihn<br />

billigend in Kauf genommen haben.<br />

Anton wusste, dass bereits geringe Mengen des Gifts zum Tod führen<br />

können. Er hielt es zumindest für möglich, dass der Einbrecher wiederkommen<br />

und – wie schon bei seinem ersten Einbruch – aus der Flasche<br />

trinken würde.<br />

Dass er im Bewusstsein dieser Umstände dennoch die Flasche in den<br />

Flur stellte, deutet darauf hin, dass er den Tod des Einbrechers auch<br />

gebilligt hat. Er hielt den Tod eines Menschen also für möglich und<br />

billigte dies und handelte somit jedenfalls mit Eventualvorsatz hinsichtlich<br />

einer Tötung.<br />

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3. Unmittelbares Ansetzen<br />

Anton müsste zudem nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung<br />

unmittelbar angesetzt haben, § 22 StGB.<br />

Dies ist hier problematisch, da einerseits Anton selbst alles Erforderliche<br />

getan hat, um den Einbrecher zu töten. Alle weiteren Schritte –<br />

nämlich das Trinken des Gifts – sollte das Opfer selbst ausführen.<br />

Andererseits wurde der Einbrecher durch das Aufstellen der Flasche<br />

selbst noch nicht unmittelbar gefährdet, es war ungewiss, ob und wann<br />

er in das Haus einbrechen und aus der Flasche trinken würde. Ob der<br />

Täter in derartigen Konstellationen bereits zur Tatbestandsverwirklichung<br />

angesetzt hat, ist umstritten.<br />

a) Eine Ansicht in der Literatur stellt vor allem auf das Opferverhalten<br />

ab. Der Versuch beginne in diesen Fällen erst dann, wenn das Opfer<br />

Handlungen ausführt, die unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung<br />

einmünden. Nach dieser Auffassung würde der Versuch in unserem Fall<br />

erst beginnen, wenn sich der Einbrecher tatsächlich anschickt, aus der<br />

Flasche zu trinken. Anton hätte also zum Totschlag noch nicht unmittelbar<br />

angesetzt.<br />

b) Nach anderer Ansicht soll der Versuch generell erst im Zeitpunkt der<br />

konkreten Gefährdung des geschützten Rechtsguts auf der Grundlage<br />

des Täterplans beginnen, wobei zwischen Täterhandlung und erwartetem<br />

Erfolgseintritt ein enger raum-zeitlicher Zusammenhang bestehen<br />

muss. Es dürfen keine wesentlichen Zwischenakte mehr erforderlich<br />

sein. Der Einbrecher hätte nach Aufstellen der <strong>Giftfalle</strong> erst noch in das<br />

von Polizisten bewachte Haus eindringen, die Flasche entdecken und<br />

dann auch noch daraus trinken müssen. Das Leben des Einbrechers war<br />

also noch nicht konkret gefährdet, da noch wesentliche Zwischenakte<br />

erforderlich waren. Nach dieser Auffassung setzt Anton allein durch<br />

das Aufstellen der Flasche ebenfalls noch nicht unmittelbar zur Tat an.<br />

c) Nach anderer Auffassung beginnt bei abgeschlossenem Täterhandeln<br />

das unmittelbare Ansetzen dann, wenn der Täter entweder den Geschehenslauf<br />

bewusst aus der Hand gibt oder das Opfer in einer Weise ge-<br />

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fährdet wird, dass in einem engen raum-zeitlichen Zusammenhang mit<br />

der Tatbestandsverwirklichung auf seine Sphäre eingewirkt wird. Da<br />

Anton nach dem Aufstellen der Flasche das Haus verlassen hat, hat er<br />

den weiteren Geschehensablauf bereits bewusst aus der Hand gegeben<br />

und damit nach dieser Ansicht bereits im Sinne des § 22 StGB unmittelbar<br />

zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt.<br />

d) Die Rechtsprechung vertritt eine vermittelnde Auffassung. Der Täter<br />

setzt dann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung an, wenn er nach<br />

seiner Vorstellung die Schwelle zum Jetzt-geht’s-los überschreitet.<br />

Nach Auffassung des BGH kann der Versuch bereits dann beginnen,<br />

wenn der Täter alles zur Erfolgsverwirklichung Erforderliche getan hat,<br />

ohne dass es zu einer akut gefährlichen Situation gekommen sein muss.<br />

Erforderlich ist dann jedoch, dass eine Gefährdung auf der Grundlage<br />

des Täterplans zeitnah eintreten soll.<br />

Hier hat Anton dem Einbrecher eine Falle gestellt. Bei der Aufstellung<br />

einer Falle für das Opfer wirkt der Angriff erst dann unmittelbar auf das<br />

geschützte Rechtsgut ein, wenn sich das Opfer in den Wirkungskreis<br />

des vorbereiteten Tatmittels begibt. Ob und wann dies der Fall ist, richtet<br />

sich nach dem Tatplan des Täters.<br />

Steht für den Täter fest, dass das Opfer zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

erscheinen und sein für den Taterfolg erforderliches Verhalten bewirken<br />

werde, so liegt eine unmittelbare Gefährdung bereits mit dem Abschluss<br />

der Tathandlung vor. Hält der Täter hingegen ein Erscheinen<br />

des Opfers im Wirkungskreis des Tatmittels für lediglich möglich oder<br />

sogar für ungewiss oder unwahrscheinlich, so wird das Rechtsgut nach<br />

dem Tatplan erst dann unmittelbar gefährdet, wenn das Opfer tatsächlich<br />

erscheint und Anstalten macht, die erwartete selbstschädigende<br />

Handlung vorzunehmen, so dass sich die Gefahr für das Opfer verdichtet.<br />

Vorliegend hat Anton zwar alles Erforderliche getan, was er zur Tötung<br />

des Einbrechers tun musste, doch stand eine Schädigung des Einbrechers<br />

nach seiner Vorstellung noch nicht unmittelbar bevor. Die Wiederkehr<br />

des Einbrechers war wegen des erhöhten Entdeckungsrisikos<br />

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zudem nicht sehr wahrscheinlich, zumindest war ein bestimmter Zeitpunkt<br />

des Erscheinens nicht ersichtlich. Auch ein Griff zur Giftflasche<br />

war angesichts der im Haus versteckten Polizisten kaum zu erwarten.<br />

Nach Auffassung der Rechtsprechung hat Anton daher noch nicht unmittelbar<br />

zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt.<br />

e) Hier kommt somit nur die unter c) angeführte Auffassung zu einer<br />

Strafbarkeit.<br />

Lösen kann man diesen Streit und die Problematik dadurch, dass man<br />

sich auf den Gedanken rückbesinnt, dass es sich hier um eine Situation<br />

handelt, die vergleichbar ist mit einer mittelbaren Täterschaft:<br />

Letztlich sollte das Opfer durch das Trinken als Werkzeug gegen sich<br />

selbst eingesetzt werden: Der Flaschenaufsteller ist demnach wie ein<br />

mittelbarer Täter, das Opfer wie der Tatmittler anzusehen.<br />

Bei der Frage, wann ein unmittelbares Ansetzen bei mittelbarer Täterschaft<br />

vorliegt, vertritt die h.M. die so genannte Rechtsgutsgefährdungstheorie.<br />

Das Versuchsstadium beginnt hiernach für den mittelbaren<br />

Täter dann, wenn er infolge seiner Einwirkung auf den Tatmittler<br />

das Rechtsgut unmittelbar gefährdet oder das Geschehen aus der Hand<br />

gibt und ohne weitere Einflussmöglichkeiten auf den Tatmittler überträgt.<br />

Erst dann, wenn der mittelbare Täter keine Einwirkungsmöglichkeiten<br />

mehr besitzt, das Geschehen also aus der Hand gibt, setzt er die Kausalkette<br />

vollständig in Gang. Nach der h.M. müsste also, da der Täter die<br />

Sache aus der Hand gegeben hat, ein unmittelbares Ansetzen angenommen<br />

werden. Daher ist konsequenterweise hier der dritten Meinung<br />

zu folgen und entgegen der Auffassung des BGH ein unmittelbares<br />

Ansetzen zu bejahen.<br />

II./III. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Es sind keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe ersichtlich.<br />

Zwar ließe sich daran denken, einen gegenwärtigen rechtswidrigen<br />

Angriff im Sinne von § 32 StGB oder zumindest eine gegenwärti-<br />

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ge Gefahr im Sinne der §§ 34, 35 StGB hinsichtlich Antons Eigentum<br />

anzunehmen. Jeweils war eine Tötung aber nicht das mildeste Mittel,<br />

um die Gefahr abzuwenden, da sich bereits Polizeibeamten im Haus<br />

aufhielten, um die Einbrecher festzunehmen, sodass die Tat auch<br />

rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde.<br />

IV. Rücktritt<br />

Zu denken während allerdings an einen strafbefreienden Rücktritt, da<br />

Anton die Flasche am Ende wieder entfernte.<br />

Entscheidend ist hier aber, dass der Rücktritt Antons nicht freiwillig<br />

war, da er durch heteronome Motive bestimmt wurde, weil der Polizeibeamte<br />

ihm mit einer Anzeige drohte und ansonsten die Flasche<br />

auch selbst entfernt hätte, ein Verhalten, mit dem Anton durchaus<br />

rechnen konnte.<br />

V. Ergebnis<br />

Anton hat sich wegen eines versuchten Totschlags an dem Einbrecher<br />

gemäß §§ 212, 22, 23, 12 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.<br />

B. Strafbarkeit Antons wegen versuchten Mordes gemäß §§ 211,<br />

22, 23 StGB<br />

Anton könnte auch wegen eines versuchten Mordes strafbar sein.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Auch ein Mord wurde nicht vollendet, ist aber als Verbrechen ebenso<br />

strafbar.<br />

2. Tatentschluss<br />

Anton müsste auch zu einem Mord entschlossen gewesen sein, d.h.<br />

Tatentschluss im Hinblick auf eines der in § 211 StGB genannten<br />

Mordmerkmale gehabt haben.<br />

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a) In Betracht kommt zunächst ein möglicher Tatentschluss hinsichtlich<br />

einer heimtückischen Begehungsweise. Hierzu müsste er Vorsatz<br />

hinsichtlich der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers und ein entsprechendes<br />

Ausnutzungsbewusstsein gehabt haben.<br />

Arglos ist, wer sich im Tatzeitpunkt keines Angriffs seitens des Täters<br />

versieht. Anton hatte Vorsatz hinsichtlich der Arglosigkeit des Einbrechers,<br />

denn er wusste und wollte, dass dieser mit keinem Angriff auf<br />

sein Leben rechnete. Er sollte völlig ahnungslos aus der Flasche trinken.<br />

Nach seiner Vorstellung sollte der Einbrecher auch wehrlos sein,<br />

denn Anton wusste und wollte, dass seine Verteidigungsmöglichkeit<br />

wegen seiner Arglosigkeit eingeschränkt war. Diese Arg- und Wehrlosigkeit<br />

wollte er auch bewusst ausnutzen.<br />

Zu einer anderen Einschätzung könnte man allerdings dann gelangen,<br />

wenn man einen Angreifer, der gerade dabei ist, eine Straftat zu begehen,<br />

stets als nicht (mehr) arglos ansieht. Während dies bei Delikten,<br />

bei denen der Täter unmittelbar mit seinem Opfer in Kontakt tritt<br />

durchaus angenommen werden kann, ist dies jedoch bei Delikten, die<br />

keinen unmittelbaren Opferkontakt voraussetzen (wie z.B. hier der<br />

Einbruchsdiebstahl) nicht angezeigt.<br />

b) Ferner könnte Anton Tatentschluss hinsichtlich einer gemeingefährlichen<br />

Begehungsweise gehabt haben. Das Mordmittel muss hierzu –<br />

nach der Vorstellung des Täters – geeignet gewesen sein, auf Grund<br />

seiner Unbeherrschbarkeit eine größere Zahl von Menschen zu gefährden.<br />

Hierbei ist mit der h.M. nicht auf die abstrakte Gemeingefährlichkeit<br />

abzustellen, sondern auf die Eignung zur Gefährdung aufgrund der<br />

konkreten Tatsituation und unter Berücksichtigung der Fähigkeiten<br />

des Täters (konkret-abstrakte Betrachtungsweise).<br />

Hier hat aber Anton jedenfalls subjektiv nicht eine Gefährdung der<br />

Allgemeinheit mit in Betracht gezogen.<br />

3. Wie oben liegt ein unmittelbares Ansetzen zum Mord hier vor.<br />

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II./III. Rechtswidrigkeit und Schuld liegen ebenfalls vor.<br />

IV. Ergebnis: Anton ist strafbar wegen versuchten Mordes.<br />

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