Aktuelles - Tierheim München
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Information<br />
Ein „Leben“ in Anonymität<br />
Erinnern Sie sich noch an den Unfall<br />
auf der Autobahn bei Vaterstetten vor<br />
einigen Monaten, bei dem 700 Ferkel<br />
ums Leben kamen? Die Tiere sollten<br />
von Dänemark über Deutschland nach<br />
Italien zur Mast transportiert werden.<br />
Alle Medien berichteten darüber. In<br />
regelmäßigen Abständen erreichen<br />
uns derartige Meldungen –„39 Kälber<br />
sterben in brennendem Lastzug”,<br />
„LKW mit 95 Schweinen verunglückt”<br />
….<br />
Die Empörung ist jedes Mal groß, doch<br />
bald verdrängen wir solche Ereignisse<br />
wieder aus unserem Bewusstsein<br />
und beruhigen uns nach dem Motto<br />
„Schlimm, aber ich kann ja sowieso<br />
nichts daran ändern…”. Kaum jemand<br />
stellt sich die Frage: Woher kamen<br />
diese Tiere? Was für ein Leben hatten<br />
sie? Wohin werden sie transportiert?<br />
Und vor allem: Warum?<br />
Der Transport ist freilich nur ein kurzer<br />
Ausschnitt aus dem Leben unserer<br />
„Nutz”tiere. Aber der Transport ist der<br />
Moment, in denen wir diese Tiere kurz<br />
wahrnehmen – manchmal zumindest<br />
– wenn sie auf der Autobahn in großen<br />
LKWs an uns vorbeiziehen. LKWs<br />
beladen mit 200 „Schlacht”schweinen,<br />
40 „Schlacht”rindern oder 700<br />
Lämmer – namenlose Tiere, die<br />
wie selbstverständlich und ganz<br />
routinemäßig zum Schlachthof<br />
transportiert werden.<br />
Eingepfercht, verletzt, Hitze und Kälte<br />
ausgesetzt und immer öer verenden sie<br />
direkt auf dem Weg zum Schlachter. Unsere<br />
„Nutz”tiere.<br />
Hier ein kurzer Einblick in das<br />
„Leben” von „Mast”schweinen,<br />
„Mast”hühnern, „Milch”kühen und<br />
„Lege”hennen:<br />
„Mast”schweine<br />
Im letzten Jahr wurden in Deutschland<br />
über 58 Millionen Schweine<br />
geschlachtet 1 . Zu Gesicht bekommen<br />
haben wir keines von ihnen – oder<br />
erinnern Sie sich, jemals ein Schwein<br />
auf einer Wiese gesehen zu haben?<br />
In Bayern werden rund 69<br />
Prozent der Schweine in Ställen<br />
mit Vollspaltenboden gehalten. 2<br />
Das Gesetz erlaubt, dass z.B. ein<br />
„Mast”schwein von 100 kg nur einen<br />
Platz von 0,75m² im Stall hat. Die<br />
Enge und Langeweile in den Haltungen<br />
trägt zu Verhaltensstörungen wie<br />
Schwanzbeißen bei – daher werden<br />
bei nahezu allen konventionell<br />
gehaltenen Ferkeln in Deutschland<br />
die Schwänze kupiert 3 . Dies ist ohne<br />
Betäubung zulässig, sofern die Ferkel<br />
unter vier Tage alt sind. Anstatt an<br />
den widrigen Haltungsbedingungen<br />
etwas zu verändern, werden also<br />
die Tiere zurechtgestutzt. Um den<br />
Ebergeruch des Schweinefleisches zu<br />
vermeiden, der beim Konsumenten<br />
nicht gut ankommt, werden männliche<br />
„Mast”schweine in der Regel als Ferkel<br />
kastriert - in der konventionellen<br />
Schweinhaltung darf dies nach wie vor<br />
ohne Betäubung geschehen. Unseren<br />
Hund oder Kater würden wir niemals<br />
ohne Betäubung kastrieren lassen.<br />
Warum also ein Ferkel?<br />
Die Zucht von „Mast”schweinen wurde<br />
darauf ausgerichtet, dass die Tiere<br />
in möglichst kurzer Zeit möglichst<br />
viel Muskelmasse ansetzen. Das<br />
hohe Gewicht der extrem schnell<br />
wachsenden Muskelmasse führt<br />
zu Entzündungen des Knochenund<br />
Gelenkapparates sowie zu<br />
Kreislaufschwäche. Verbunden mit der<br />
verbreiteten Haltung auf Spaltenböden<br />
sind auch Klauenerkrankungen häufig<br />
anzutreffen.<br />
Wenn die Tiere nach etwa 6 Monaten<br />
das „Schlachtgewicht” von ca. 120<br />
kg erreicht haben, werden sie auf<br />
LKWs verladen, zum Schlachthof<br />
transportiert und getötet.<br />
Länderübergreifender Transport von<br />
„Schlacht”schweinen<br />
„Mast”hühner<br />
Über 67 Millionen 4 Masthühner<br />
leben gerade in diesem Augenblick in<br />
Deutschland - trotzdem sehen wir sie<br />
nicht. Die meisten von ihnen leben<br />
in Megahallen in drangvoller Enge<br />
- knapp 72 % dieser Tiere werden<br />
in Betrieben mit 50.000 und mehr<br />
Tieren 5 gehalten. Gemästet werden<br />
sowohl männliche als auch weibliche<br />
Tiere. Per Gesetz sind Besatzdichten<br />
von bis zu 39 kg pro Quadratmeter<br />
zulässig. Demnach müssen sich bis<br />
zu 26 Hühner einen Quadratmeter<br />
Platz teilen. Damit die Tiere in<br />
möglichst kurzer Zeit „schlachtreif”<br />
sind, werden Zuchtlinien verwendet,<br />
die auf extrem schnelles Wachstum<br />
mit sehr hohem Brustfleischanteil<br />
ausgerichtet sind. Als Küken wiegt ein<br />
Masthuhn ca. 45 Gramm. Nach einer<br />
„Kurzmast” von 29 Tagen erreicht<br />
es ein „Schlachtgewicht” von ca. 1,5<br />
kg. Ein Teil der Tiere wird bereits zu<br />
diesem Zeitpunkt geschlachtet, ein<br />
anderer nach einer „Langmast” von<br />
18 04|2013 Tierisches <strong>München</strong><br />
1 Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/<br />
TiereundtierischeErzeugung/Tabellen/AnzahlSchlachtungen.html<br />
2 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung https://www.statistik.bayern.de/presse/archiv/2010/285_<br />
2010.php<br />
3 Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft<br />
http://www.lfl.bayern.de/ilt/tierhaltung/schweine/029325/index.php<br />
4 Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/<br />
TiereundtierischeErzeugung/Tabellen/BetriebeGefluegelBestand.html<br />
5 Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/<br />
TiereundtierischeErzeugung/Tabellen/StrukturMasthuehnerBetriebe.html