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KOMpass 01/Sommer 2010

Erste Ausgabe von KOMpass, der Zeitung der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative – International (KOMintern) / Ausgabe 1 / Sommer 2010

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Es brodelt und kocht<br />

in ganz Europa<br />

„Nein, echt, so geht das nicht. Damit dürfen<br />

sie einfach nicht durchkommen!“<br />

schnaubt Yannis. „Sie“, das sind die griechische<br />

Regierung, die EU und der Internationale<br />

Währungsfonds (IWF). Yannis<br />

steht eingekeilt zwischen tausenden DemonstrantInnen<br />

am Omania-Platz im<br />

Athener Stadtzentrum. Er ruft abwechselnd<br />

Slogans Richtung Bühne und<br />

schwenkt die Fahne seiner Gewerkschaft<br />

PAME. „Pame“ ist griechisch und bedeutet:<br />

„Gehen wir!“. In der kommunistisch<br />

orientierten Gewerkschaftsfront sind die<br />

klassenbewussten Gewerkschaften Griechenland<br />

zusammengeschlossen.<br />

Die Wut der Streikenden, die sich gegen<br />

die Kahlschlagspläne wehren, lässt fast<br />

den Athener Boden erbeben. Erschüttert<br />

wurde die griechische Gesellschaft zuerst<br />

durch die Offenlegung der maroden<br />

Staatsfinanzen, dann durch die durch EU<br />

und IWF (mit-)diktierten Sparpläne der<br />

sozialdemokratischen Regierung. Massive<br />

Lohnkürzungen für öffentlich Bedienstete<br />

plus Einstellungsstopp, Erhöhung der<br />

Massensteuern, Pensionskürzungen – all<br />

das hat die Gewerkschaften auf den Plan<br />

gerufen. Tage- und wochenlang wurden<br />

Streiks durchgeführt. Tausende Werke und<br />

Betriebe, Baustellen und Schulen, Unis,<br />

Banken, U-Bahn- und Buslinien, die Häfen<br />

und Flughäfen, die gesamte Produktion<br />

des Landes lagen still. In Radio und Fernsehen<br />

fielen die Nachrichten aus: auch die<br />

Journalisten legten die Arbeit nieder.<br />

Hunderttausende Beschäftigte – GriechInnen<br />

Seite an Seite mit MigrantInnen<br />

– bei einer Streikbeteiligung von bis<br />

zu 90% waren im Ausstand. Die Streiks<br />

wurden von zahlreichen Demonstrationen<br />

in 59 Städten begleitet.<br />

Die skandalisierte Staatsverschuldung<br />

wird nun im Rahmen des allgegenwärtigen<br />

Wirtschaftskrisen-Mantras nach Einsparungen<br />

dazu benutzt, um einen Sozialkahlschlag<br />

sondergleichen zu betreiben.<br />

Durchschnittlich 600 Euro verliert jede/r<br />

GriechIn dadurch jährlich – obwohl schon<br />

jetzt das Einkommen ein Viertel aller<br />

Griechen unter der europäischen Armutsgrenze<br />

liegt! „Doch Griechenland ist<br />

reich, von Staatsbankrott können nur die<br />

reden, die das gesellschaftliche Potential<br />

dem Profitstreben des internationalen<br />

Kapitals preiszugeben bereit sind“, betont<br />

die PAME.<br />

Auf der Bühne am Omania-Platz wechseln<br />

die SprecherInnen. Giannis Tolis, Vorsitzender<br />

der Gewerkschaft Papier und<br />

Druck, erklärt: „Die Kräfte des Kapitals<br />

und ihre politischen Repräsentanten sind<br />

sich bewusst, dass sie im gleichen Maß,<br />

in dem sie die Arbeitenden unter Druck<br />

setzen, neue Lasten auf sich zu nehmen,<br />

auch Wut und Empörung verursachen.<br />

Sie fürchten sich vor der Aussicht auf<br />

eine allgemeine Erhebung, deswegen bilden<br />

sie alle zusammen eine gemeinsame<br />

Front: Regierung, Unternehmer, Opposition,<br />

zusammen mit allen Parteien der<br />

EU-Einbahnstrasse. Sie irren sich, wenn<br />

sie meinen, dass sie den Willen des Volkes<br />

lenken können, wenn dieser in die Kanäle<br />

des Klassenkampfes einmündet. Die Geschichte<br />

hat gezeigt, dass der Fluss nicht<br />

zurück fließt“.<br />

Dimitris Agavanakis, Vertreter der PAME<br />

im Vorstand des Gewerkschaftsdachverbands<br />

für den öffentlichen Dienst: „Die<br />

PAME hat über die Abwehr des derzeitigen<br />

Angriffs hinaus eine Reihe von Forderungen<br />

– 1400 Euro Mindestlohn, 30 Jahre<br />

Lebensarbeitszeit, Vollzeitstellen für<br />

alle, etc. Die Arbeitskämpfe in Griechenland<br />

sind für alle Völker in Europa wichtig,<br />

denn ihnen drohen dieselben Maßnahmen.“<br />

Dimitris abschließend: „Unser Ziel<br />

sollte sein, dass sich alle Völker erheben,<br />

um diese moderne Form der Besatzung<br />

abzuschütteln, die uns von den jeweiligen<br />

nationalen Regierungen, aber auch von<br />

der EU aufgedrückt wird!“ Bauingenieur<br />

Yannis wird auch beim nächsten Streik<br />

dabei sein.<br />

Schauplatzwechsel: Madrid, Barcelona,<br />

Valencia. Zehntausende Menschen versammeln<br />

sich, um gegen die Pläne der Regierung<br />

zu protestieren. „Arbeiten bis 67?<br />

Die spinnen doch komplett!“ empört sich<br />

Alicia. Die Volksschullehrerin hat noch<br />

einige Arbeitsjahre vor, doch auch schon<br />

eine Burnout-Phase hinter sich. Weitere<br />

kraftvolle Bezeichnungen für Ministerpräsident<br />

Zapatero und seine Regierung<br />

lässt sie vom Stapel, und die umstehenden<br />

DemonstrantInnen stimmen mit ein. 84<br />

Prozent der SpanierInnen sind mit ihnen<br />

einer Meinung und lehnen die Erhöhung<br />

des Pensionsantrittsalters ab. Viele fordern<br />

aus Protest gegen die Heraufsetzung<br />

des Renteneintrittsalters und andere<br />

„Reform“pläne wie die Kürzung der Gehälter<br />

für öffentlich Angestellte um 5%<br />

und die Anhebung der Mehrwertsteuer<br />

einen Generalstreik. Sie sehen nicht ein,<br />

warum sie für die Krise zahlen sollen, die<br />

vom Kapital selbst verursacht wurde. Wie<br />

viele Arbeitende in ganz Europa – auch im<br />

Nachbarland Portugal:<br />

Der Müll in Lissabon wird nicht abgeholt,<br />

Unterricht fällt in den Schulen aus und<br />

Krankenhäuser arbeiten in Notbesetzung.<br />

Die MitarbeiterInnen des öffentlichen<br />

Dienstes in Portugal streiken gegen die<br />

Sparmaßnahmen der „sozialistischen“ Regierung.<br />

Die öffentlichen Verkehrsmit-<br />

Solidaritätsdemo TEKEL-ArbeiterInnen/Wien

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