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Schutzrechtsgebrauch und -missbrauch - Cleary Gottlieb Steen ...

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<strong>Schutzrechtsgebrauch</strong> <strong>und</strong> -<strong>missbrauch</strong><br />

Dr. Romina Polley, Partner, <strong>Cleary</strong> <strong>Gottlieb</strong> <strong>Steen</strong> & Hamilton LLP<br />

DGRI Jahrestagung - 15. November 2013<br />

© 2013 <strong>Cleary</strong> <strong>Gottlieb</strong> <strong>Steen</strong> & Hamilton LLP. All rights reserved.<br />

Throughout this presentation, “<strong>Cleary</strong> <strong>Gottlieb</strong>” and the “firm” refer to <strong>Cleary</strong> <strong>Gottlieb</strong> <strong>Steen</strong> & Hamilton LLP and its affiliated entities in certain jurisdictions, and the term “offices”<br />

includes offices of those affiliated entities.


Gliederung der Präsentation<br />

• Einleitung<br />

• Reverse payment settlements<br />

• Standardisierung<br />

• Patent leveraging<br />

- Unterlassungsklagen von SEP-Inhabern<br />

- Patent ambush<br />

- Patent trolls<br />

• Schlussfolgerung<br />

2


Schutzrechte <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht<br />

• Schutzrechte: Urheberrecht, Recht am eigenen Bild, Namensrecht,<br />

gewerbliche Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Marken etc.)<br />

• Software primär urheberrechtlich geschützt, dennoch immer öfter<br />

werden softwarebezogene Patente erteilt<br />

• Aktuelle Brennpunkte der Kartellrechtspraxis betreffen vornehmlich das<br />

Verhältnis Patente/Wettbewerbsrecht<br />

3


Schutzrechte <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht – Gr<strong>und</strong>sätze<br />

Schutzrechte:<br />

Eckpfeiler des<br />

Binnenmarkts <strong>und</strong><br />

der<br />

Innovationsförderung<br />

Hebel zum<br />

Markt<strong>missbrauch</strong> <strong>und</strong><br />

zum Ausschluss von<br />

Wettbewerbern<br />

• EU-Wettbewerbsrecht gr<strong>und</strong>sätzlich neutral gegenüber Schutzrechten<br />

‣ Art. 345 AEUV: „Die Verträge lassen die Eigentumsordnung in den<br />

verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt“<br />

• Wettbewerbliche Probleme auf Märkten mit hoher Schutzrechtsdichte <strong>und</strong><br />

aufeinander aufbauenden Technologien, z.B. Software- <strong>und</strong><br />

Arzneimittelmärkten<br />

4


Schutzrechte <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht – Der Ansatz der<br />

Kommission<br />

“We want to make sure with our control that<br />

Intellectual Property Rights are used to reward<br />

inventions and motivate innovation, not as tools to<br />

foreclose access or expansion in markets”<br />

Joaquín Almunia, Wettbewerbskommissar, 01.12.2011<br />

5


Reverse payment settlements


Reverse Payment Settlements (Patentvergleiche)<br />

Reverse<br />

Payment<br />

Settlements<br />

•Patentvergleichsvereinbarungen, die eine Zahlung des Patentinhabers an den<br />

mutmaßlichen Patentverletzer vorsehen, der im Gegenzug die Verletzung von<br />

Patenten des Patentinhabers unterlässt<br />

•Auch „Pay-for-Delay“-Vereinbarungen genannt<br />

Warum<br />

„reverse“ ?<br />

•Die Vergleichszahlung fließt in die entgegengesetzte Richtung dessen, was<br />

üblicherweise in einer Patentstreitigkeit erwartet wird<br />

•Zur Beilegung eines Patentstreits zahlt der mutmaßliche Verletzer üblicherweise<br />

Schadensersatz an den Patentinhaber<br />

Warum zahlt der<br />

Patentinhaber?<br />

•Ein Patentinhaber kann niemals zu 100 % sicher sein, dass die Gültigkeit seines<br />

Patents vom Gericht bestätigt wird oder dass das Gericht feststellt, dass das<br />

Generikum eine Patentverletzung darstellt<br />

•Ein Originalhersteller kann im Falle eines patentverletzenden Markteintritts vor<br />

Erwirkung einer vorläufigen Verfügung irreversiblen Schaden erleiden<br />

7


Hintergr<strong>und</strong> in der EU <strong>und</strong> in den USA<br />

Europäische Union<br />

• EU-Sektoruntersuchung Arzneimittel (Januar 2008 - Juli 2009)<br />

• Seit 2010: jährliche Überwachung von Patentvergleichen<br />

• Nach der Sektoruntersuchung Arzneimittel fünf Verfahren eingeleitet:<br />

• Fälle L<strong>und</strong>beck, Servier, Cephalon/Teva, J&J/Novartis <strong>und</strong> GSK<br />

• Juni 2013: Bußgeldbescheid gegen L<strong>und</strong>beck <strong>und</strong> 4 Generikahersteller (€ 146 Mio.)<br />

• Entscheidung im Fall Servier voraussichtlich vor Ablauf der Amtszeit Almunias<br />

Vereinigte Staaten<br />

• „Test des Schutzbereichs des Patents“ als Rechtmäßigkeitstest für Patentvergleiche bestätigt im Fall FTC ./.<br />

Actavis (11 th Circ.)<br />

• Am 17. Juni 2013 übernahm der Supreme Court (FTC ./. Actavis) die „Rule of Reason“ :<br />

• Die Wahrscheinlichkeit wettbewerbsbeschränkender Auswirkungen ist unter Berücksichtigung des „Umfangs<br />

[der reverse payments], ihrer Größenordnung im Vergleich zu den erwarteten zukünftigen Anwalts- <strong>und</strong><br />

Gerichtskosten des Zahlenden, ihrer Unabhängigkeit von anderen Dienstleistungen, für die sie eine Zahlung<br />

darstellen könnte, <strong>und</strong> des Nichtvorliegens einer anderen überzeugenden Begründung“ zu prüfen.<br />

8


Fall L<strong>und</strong>beck – Rechtsmittelverfahren<br />

Wichtigste Argumente der Kommission<br />

Wichtigste Gegenargumente von L<strong>und</strong>beck<br />

• Der Markteintritt mit patentverletzenden Produkten <strong>und</strong><br />

das Angreifen eines gültigen Patents sind Formen<br />

potenziellen Wettbewerbs<br />

• Die Zahlungen bedeuten, dass die Beschränkungen der<br />

Vereinbarungen nicht der Beurteilung der Stärke <strong>und</strong><br />

Verletzung des maßgeblichen Patents durch die Parteien<br />

entsprachen<br />

• Eine „größere“ Zahlung macht den Vergleich auch<br />

innerhalb des Schutzbereichs des Patents rechtswidrig<br />

• Vergleichsvereinbarungen seien<br />

Marktaufteilungsvereinbarungen vergleichbar zu denen im<br />

Irish Beef Fall<br />

• Die Vereinbarungen lagen außerhalb des Schutzbereichs<br />

des Patents – sie hinderten Generikahersteller am Verkauf<br />

von Citalopram<br />

• Kein neuartiger Verstoß, da es sich bei Reverse Payment<br />

Settlements um bezweckte Beschränkungen handelt<br />

• Art. 101 AEUV schützt nur den rechtmäßigen Wettbewerb;<br />

Patente gelten als gültig<br />

• Es gibt alternative Erklärungen für den Vermögenstransfer<br />

(Risikoasymmetrie, unterschiedliche Risikobereitschaft<br />

hinsichtlich zuführender Rechtsstreitigkeiten, irreversibler<br />

Schäden, etc.)<br />

• Test des Schutzbereichs des Patents ist im EU-Recht<br />

anerkannt<br />

• Irish Beef betraf keine Patente – die Parteien hatten<br />

keinen rechtmäßigen Anspruch, den Markteintritt zu<br />

verhindern<br />

• Die Vereinbarungen lagen innerhalb des Schutzbereichs<br />

der Patente – die Entscheidung berücksichtigt nicht die<br />

Gesamtheit der Umstände, die zu den Vereinbarungen<br />

geführt haben<br />

• Es gibt weder einen Präzedenzfall noch einen eindeutigen<br />

Standard für die Beurteilung von Reverse Payment<br />

Settlements<br />

9


Patentvergleiche sind keine Marktaufteilungskartelle<br />

Typisches Marktaufteilungskartell<br />

Patentvergleiche<br />

• Geheime Vereinbarungen oder<br />

abgestimmte Verhaltensweisen zwischen<br />

(mehreren) Wettbewerbern, um Gebiete,<br />

K<strong>und</strong>en oder Produkte aufzuteilen, oft für<br />

eine längere Zeit<br />

• Kartellmitglieder haben normalerweise<br />

keine relevanten Patente, <strong>und</strong> deswegen<br />

auch kein Recht den Markteintritt anderer<br />

auszuschließen<br />

• Kartelle schalten existierenden Wettbewerb<br />

aus<br />

• Vereinbarungen im Pharmabereich zur<br />

Streitbeilegung zwischen Original- <strong>und</strong><br />

Generikaherstellern<br />

• Originalhersteller sind Inhaber von<br />

Patenten (Ergebnis wesentlicher<br />

Innovationsbemühungen), haben also ein<br />

Recht auf Ausschluss von<br />

Patentverletzern<br />

• (Rechtmäßiger) Wettbewerb würde ohne<br />

die Patentvergleiche nicht existieren<br />

• Fehlende Vergleichbarkeit zu<br />

Marktaufteilungskartellen<br />

10


Patentvergleiche: Was gilt es zu beachten?<br />

• Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass Vergleiche mit einem erheblichen<br />

reverse payment kartellrechtswidrig seien, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder<br />

außerhalb des Schutzbereichs des Patents liegen<br />

• US Supreme Court stellt fest, dass es Alternativen zu reverse payments gibt, z. B.<br />

early entry-Vereinbarungen, die Markteintritt des Generikaherstellers vor Patentablauf<br />

ermöglichen<br />

• Jedoch fraglich, ob early entry-Vereinbarungen rechtmäßig, da sie auch Vermögenstransfer<br />

vorsehen können<br />

• „Erhebliche“ reverse payments sind zu vermeiden<br />

• Schmaler Grat zwischen „erheblichen“ reverse payments <strong>und</strong> Abfindungszahlungen / Zahlung<br />

von Anwalts- <strong>und</strong> Gerichtskosten<br />

• Vergleiche außerhalb des Schutzbereichs des Patents (selbst ohne Zahlung) sind<br />

rechtswidrig<br />

• Es wird seine Zeit dauern, bis Rechtssicherheit besteht<br />

• Rechtsstreitigkeiten werden auf beiden Seiten des Atlantiks voraussichtlich zunehmen<br />

11


Standardisierung


Pros <strong>und</strong> Cons von Standardisierungsvereinbarungen<br />

• Standardisierungsabkommen können zu Effizienzen führen<br />

- Ermöglichen Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Produkten<br />

- Verringern Markteintrittsschranken<br />

- Fördern Verbreitung von Technologien<br />

- Erleichtern zwischenstaatlichen Handel<br />

• Standardisierungsabkommen können aber auch zu<br />

Wettbewerbsbeschränkungen führen<br />

- Im Rahmen von Standardisierungsabkommen wählen Wettbewerber die<br />

Technologien aus, die zum Standard erhoben werden sollen<br />

13


Wettbewerbliche Bedenken der Standardisierung<br />

• Standardisierung kann zu folgenden wettbewerblichen Bedenken führen:<br />

- Standards könnten von Parteien als Kollusionsinstrument eingesetzt werden<br />

(z.B. Fall Belgische Waschmaschinen)<br />

- Standards können zu Marktverschließung führen<br />

• Standardisierung kann Marktmacht zu Gunsten der standardisierten<br />

Technologie schaffen<br />

- Gibt es mehrere alternative Technologien vor der Standardisierung, hat keine<br />

für sich Marktmacht ex ante<br />

- Verdrängung alternativer Technologien durch Standardisierung <strong>und</strong> Erfolg<br />

des Standards<br />

- SEP-Inhaber bekommt nach Aufnahme des SEP in den Standard ein zeitlich<br />

begrenztes „Monopol“<br />

14


Wettbewerbliche Bedenken der Standardisierung - Abhilfe<br />

• Patentoffenlegungsregeln der Standardisierungsorganisationen<br />

• Bindende FRAND-Verpflichtungserklärung über die Lizenzierung von<br />

Schutzrechten ex post<br />

- Zweck ist, die Ausübung von Marktmacht ex post zu verhindern<br />

- Horizontal-LL schaffen sicheren Hafen für Standardisierungsvereinbarungen,<br />

die FRAND-Verpflichtungserklärungen ihrer Parteien vorsehen<br />

• FRAND-Selbstverpflichtung:<br />

- Gegenleistung für die Aufnahme in den Standard<br />

- Ausfluss des Verbots des Missbrauchs einer durch das SEP regelmäßig<br />

begründeten Marktbeherrschung<br />

15


Was sind FRAND-Lizenzierungsbedingungen?<br />

• Eine Lizenz oder die verbindliche Erklärung, ein SEP zu lizenzieren:<br />

- Z.T. behauptet, FRAND-Erklärungen seien nicht-verbindliche Erklärungen über die Absicht<br />

Verhandlungen nach Treu <strong>und</strong> Glauben zu führen<br />

- Aber: Reine Absichtserklärung keine Selbstverpflichtung <strong>und</strong> damit keine Beschränkung der<br />

Ausübung von Marktmacht ex post<br />

• Zu diskriminierungsfreien Bedingungen<br />

- Gleichbehandlung sämtlicher Lizenznehmer<br />

- Entschädigungsfreie Verpflichtung des Lizenznehmers, Rechte an eigenen Verbesserungen an der<br />

lizenzierten Technologie <strong>und</strong>/oder die Patentgültigkeit nicht anzugreifen diskriminierend<br />

(Ungleichbehandlung von reichen <strong>und</strong> ärmeren Lizenznehmern)<br />

- Lizenzaustausch: Saldierung der Lizenzwerte sollte erlaubt sein<br />

• Zu fairen <strong>und</strong> zumutbaren Bedingungen<br />

- Benchmark: Lizenzgebühr, die in einer ex ante Verhandlung ausgehandelt worden wäre<br />

- Ex ante-Lizenzgebühr entspricht dem Zusatzwert, den die ausgewählte Technologie im Vergleich<br />

zur nächstbesten Alternative bietet, da der Wettbewerb jede zusätzliche Preiserhöhung schmälern<br />

würde<br />

16


Patent leveraging


Erhebung von Unterlassungsklagen als Marktmacht<strong>missbrauch</strong>?<br />

• Kernfrage: Beschränkt der standardessentielle Charakter eines Patents <strong>und</strong> die<br />

FRAND-Selbstverpflichtung seines Inhabers sein Recht, auf Unterlassung zu<br />

klagen?<br />

- „Kartellrechtseinwand“ aus der Sicht des Patentnutzers: Darf er dem SEP-Inhaber die<br />

kartellrechtliche Missbräuchlichkeit der Unterlassungsklage entgegenhalten?<br />

• Nach EuG in ITT Promedia (T-111/96) <strong>und</strong> Protegé International (T-119/09)<br />

verstößt eine (Unterlassungs-) Klage gegen Art. 102 AEUV, wenn sie:<br />

- Offensichtlich unbegründet ist;<br />

- Nur die Belästigung des Gegners bezweckt <strong>und</strong><br />

- Teil eines Plans zur Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt ist<br />

• Gr<strong>und</strong>recht auf wirksamen Rechtsschutz (Art. 47 der EU-Gr<strong>und</strong>rechtecharta)<br />

18


„Patentkrieg“ zwischen Samsung <strong>und</strong> Apple (1)<br />

• Samsungs Unterlassungsklage beim LG Mannheim gegen Apple (2011)<br />

Auslöser des Kommissionsverfahrens (Januar 2012)<br />

• Samsung hatte FRAND-Selbstverpflichtung über die streitigen, den UMTS-<br />

Mobilfunkstandard 3G betreffenden SEPs abgegeben<br />

• Dezember 2012: Kommission übermittelt SO an Samsung<br />

- Vorwurf: Samsungs Unterlassungsklage gegen Apple wegen angeblicher<br />

SEP-Verletzung verstoße gegen Art. 102 AEUV<br />

• Kommission: Unterlassungsklagen kartellrechtlich bedenklich, wenn:<br />

- Klagepatent ist SEP<br />

- SEP-Inhaber hat FRAND-Selbstverpflichtungserklärung abgegeben<br />

- Bereitschaft des Lizenzsuchers über eine FRAND-Lizenz zu verhandeln ist<br />

belegt<br />

19


„Patentkrieg“ zwischen Samsung <strong>und</strong> Apple (2)<br />

• Oktober 2013: Samsungs Angebot von EWR-bezogenen Zusagen<br />

- Samsung verpflichtet sich dazu, keine Unterlassungsklage in den nächsten 5<br />

Jahren im EWR einzureichen, wenn Lizenzsucher folgende<br />

Lizenzrahmenbedingungen annimmt:<br />

o Aushandlung der Lizenzgebühr zwischen Samsung <strong>und</strong> des Lizenzsuchers<br />

innerhalb von 12 Monaten<br />

o Falls Verhandlungen scheitern, Bestimmung der FRAND-Bedingungen durch einen<br />

Dritten (Gericht oder Schiedsrichter)<br />

o Falls keine Einigung in der Frage Gericht oder Schiedsrichter, FRAND-Bestimmung<br />

durch bindenden Schiedsgerichtsspruch<br />

• Bei Verbindlicherklärung wäre Lizenzsucher als „bereitwilliger Lizenzsucher“<br />

anzusehen<br />

• Über die Definition des „bereitwilligen Lizenzsuchers“ wird auch der EuGH im<br />

Vorabentscheidungsverfahren entscheiden müssen (C-170/13)<br />

20


Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Unterlassungsklagen<br />

durch SEP-Inhaber: Vergleich EU- / US-Ansatz<br />

EU<br />

• Fälle:<br />

• COMP/39.939 Samsung – Durchsetzung von<br />

UMTS-SEPs<br />

• COMP/39.985 Motorola – Durchsetzung von<br />

GPRS-SEPs<br />

• COMP/39.986 Motorola – Durchsetzung von<br />

ITU/ISO/IEC <strong>und</strong> IEEE-SEPs<br />

• Verfahrensstatus: SO in den ersten beiden Fällen<br />

gesendet<br />

• Kommission prüft, inwieweit Erhebung einer<br />

Unterlassungsklage durch den SEP-Inhaber gegen<br />

Art. 102 AEUV verstößt<br />

• Entwicklung eigenständiger Rechtmäßigkeitsprüfung,<br />

um ähnliches Ergebnis wie das FTC zu erreichen<br />

• Kommission missachtet dabei die ITT-Promedia <strong>und</strong><br />

Protegé International-Rechtsprechung des EuG<br />

USA<br />

• Fall: FTC/Google re Durchsetzung von MMI-SEPs<br />

• Vorwurf: Google hätte gegen ihre FRAND-<br />

Selbstverpflichtung verstoßen, indem sie<br />

Unterlassungsklagen gegen Nutzer ihrer SEPs<br />

einreichte, die bereit waren, eine Lizenz zu<br />

FRAND-Bedingungen zu erwerben<br />

• Verfahrensstatus: Vergleich von Google mit dem FTC<br />

im Januar 2013 unter Eingehung der Pflicht, keine<br />

Unterlassungsklagen gegen bereitwillige<br />

Lizenzsucher einzureichen in Bezug auf diejenigen<br />

SEPs, zu deren FRAND-Lizenzierung sich Google<br />

verpflichtet hat<br />

• FTCs Gr<strong>und</strong>lage NICHT Section 2 Sherman Act (das<br />

Pendant zu Art. 102 AEUV) SONDERN Section 5<br />

FTC Act (sowie in FTC/Actavis)<br />

• Section 5 FTC Act verbietet „unlautere oder<br />

irreführende Handlungen oder Praktiken im Handel<br />

oder die sich auf den Handel auswirken“<br />

• Keine vergleichbare Vorschrift im EU-Recht<br />

21


Kartellrechtseinwand: Divergenz zwischen EU <strong>und</strong> Deutschland<br />

• Voraussetzungen des Kartellrechtseinwands nach dem BGH in dem nicht ausdrücklich<br />

auf SEPs bezogenen Orange Book Standard -Urteil (KZR 39/06 (2009)):<br />

- Lizenzsucher hat ein unbedingtes Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrags<br />

unterbreitet, dessen Ablehnung eine Diskriminierung oder unbillige Behinderung<br />

darstellen würde<br />

- Lizenzsucher hat Lizenzgebühr für erfolgte Nutzung gezahlt oder hinterlegt<br />

• Unbedingtheit des Angebots nach dem OLG Karlsruhe umfasst auch Verzicht des<br />

Lizenzsuchers auf Einwendungen bezüglich der Unterlassungs- oder<br />

Schadensersatzpflicht (Beschl. v. 23.01.2012, Az.: 6 U 136/11)<br />

• Kommission missbilligt deutsche Auslegung der Voraussetzungen des<br />

Kartellrechtseinwands (Pressemitteilung v. 6.5.2013 in Sachen Motorola Mobility)<br />

• Mit Beschluss v. 21.3.2013 in Sachen Huawei/ZTE legte das LG Düsseldorf dem EuGH<br />

Fragen zur Klärung der Voraussetzungen des Kartellrechtseinwands vor<br />

22


Patent ambush („Patenthinterhalt“)<br />

• Absichtliche Verschleierung von essentiellen Patenten während eines<br />

Standardisierungsverfahrens, die von der normierten Technologie umfasst sind<br />

- Lock-in-Effekt für die Industrie nach Abschluss der Normensetzung<br />

- SEP-Inhaber verlangt unangemessen hohe Lizenzgebühren<br />

• Dennoch: Schutzrechte, die für die Ausarbeitung der Norm erforderlich sind,<br />

sollten gutgläubig offengelegt werden (Horizontal-LL, Rn. 286)<br />

• Kommissionsverfahren (COMP 38.636) gegen Rambus, Hersteller von<br />

SDRAM-Chips, eingeleitet in 2007<br />

- Vorwurf: Patent ambush<br />

• Verfahren in 2009 abgeschlossen durch Verbindlicherklärung der Verpflichtung<br />

von Rambus, die Lizenzgebühren zu kappen<br />

23


Patent trolls<br />

• Aufbau eines immaterialgüterrechtlichen Schutzportfolios (durch Anmeldung<br />

oder Zukauf) für sich kein Missbrauch<br />

• Patent trolls:<br />

- Nicht aktiv in F&E oder Produktion<br />

- Erwerben meistens ältere oder überholte Patente en masse für spätere<br />

Geltendmachung gegen Nutzer<br />

- Einreichung von Unterlassungsklagen als Strategie<br />

• Keine Abschreckung durch Gegenklagen – Streitbeilegung durch<br />

Lizenzaustauschverträge unmöglich<br />

• Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Verträge, mit denen patent trolls Patente<br />

erwerben?<br />

24<br />

• Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV?


Schlussfolgerungen<br />

• Patentvergleiche mit erheblichen reverse payments können gegen Art.<br />

101 AEUV verstoßen<br />

• Erhebung patentrechtlicher Unterlassungsklage durch FRANDbelastete<br />

SEP-Inhaber könnte gegen Art. 102 AEUV verstoßen<br />

• Kommission will angebliche Verstöße mit „theories of harm“ erfassen,<br />

die nicht immer voll in Einklang mit der Rechtsprechung der EU-<br />

Gerichte stehen<br />

25


NEW YORK<br />

WASHINGTON<br />

PARIS<br />

BRUSSELS<br />

LONDON<br />

MOSCOW<br />

FRANKFURT<br />

COLOGNE<br />

ROME<br />

MILAN<br />

HONG KONG<br />

BEIJING<br />

BUENOS AIRES<br />

SÃO PAULO<br />

ABU DHABI<br />

SEOUL<br />

www.clearygottlieb.com

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