Lösungen zum 8. ¨Ubungsblatt
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Institut für Mathematik<br />
Sommersemester 2013<br />
Einführung in die Mengenlehre<br />
Weese/Scharfenberger-Fabian<br />
Lösungen <strong>zum</strong> <strong>8.</strong> Übungsblatt<br />
27.6.2013<br />
Aufgabe 1 (nur eine abzählbare dlO, 7 Punkte) Seien (D,
Die zusätzliche Behauptung versorgt noch den Fall, dass eine gegebene, abzählbare dlO<br />
(L,
Lösung. Ein Ordnungsisomorphismum überführt isolierte in isolierte und Häufungspunkte<br />
in Häufungspunkte. Die Ordnung K hat nur einen isolierten Punkt 1.5, wohingegen<br />
L zwei isolierte Punkte 200 und 300 hat.<br />
h) Es seien K = {−1} ∪ {q ∈ Q | 0 < q < 1} und L = {q ∈ Q | 0.5 ≤ q < 1} wieder durch<br />
die herkömmliche Ordnung geordnet. Ist K ∼ = L?<br />
Antwort. Ja, denn<br />
{<br />
0.5 , falls k=-1<br />
ϕ : K → L, k ↦→<br />
1 − k/2 , sonst<br />
ist ein Ordnungsisomorphismus. Der Punkt −1 ist in K das Infimum der Werte > 0,<br />
da kein größerer nicht-positiver Wert in K, existiert, wohl aber beliebig kleine positive<br />
Werte.<br />
Aufgabe 3 (die vollständige Hülle einer linearen Ordnung, 2+5+2+4 Punkte) Eine<br />
lineare Ordnung L heißt vollständig, wenn jede nach oben beschränkte Teilmenge von L ein<br />
Supremum in L besitzt und jede nach unten beschränkte Menge ein Infimum.<br />
a) Zeige, dass jede Wohlordnung (bzw. jede Ordinalzahl mit ∈) vollständig ist.<br />
Lösung. Jede nicht-leere, beschränkte Teilmenge X ⊂ α besitzt ein Supremum β :=<br />
⋃ {γ + 1 | γ ∈ X} ∈ α. Das Infimum ist sogar nach der Forderung, dass α durch ∈<br />
wohlgeordnet ist, ein Element von X.<br />
b) Zeige, dass es zu jeder linearen Ordnung L eine bis auf Isomorphie eindeutige Vervollständigung<br />
gibt, also<br />
• eine vollständige lineare Ordnung L,<br />
• in die sich L monoton einbetten lässt e : L → L,<br />
• und mit der Eigenschaft, dass wann immer f : L → K eine ordnungserhaltende<br />
Abbildung von L in eine vollständig lineare Ordnung K ist, es genau eine ordnungserhaltende<br />
Abbildung f : L → K mit f = f ◦ e gibt.<br />
(Bemerkung. Die Eindeutigkeit bis auf Isomorphie folgt aus der letzten Forderung. Ist<br />
˜L eine zweite Vervollständigung mit Einbettung ε und wird die auf ˜L erweiterte Abbildung<br />
mit ˜f beszeichnet, so ist ẽ = ε −1 ein Isomorphismus.<br />
Tipp. I.d.R. macht man das mit sog. Dedekindschen Schnitten, d.s. beschränkte Anfangsstücke<br />
von L. Diese sind durch ⊂ linear angeordnet.)<br />
Lösung. Setze L := {X ⊆ L | X ist beschränktes Anfangsstück von L} und betrachte<br />
die lO (L, ⊂). Für jede nach oben beschränkte Teilmenge Z ⊂ L ist Y := ⋃ Z ein<br />
beschränktes Anfangsstück von L, also selbst in L und es ist natürlich X ⊆ Y für alle<br />
X ∈ Z. Damit ist Y ober Schranke von Z. Ist V < Y , also V ⊂ Y , so gibt es ein X ∈ Z<br />
mit X ⊈ V . Also ist V keine obere Schranke von Z. Damit ist Y das Supremum von Z.<br />
Ist Z nach unten beschränkt, so zeigt man analog, dass Y = ⋂ Z (≠ ∅, da Z nach unten<br />
beschränkt) das Infimum von Z ist.<br />
Durch<br />
e : L → L, x ↦→ {u ∈ L | u ≤ x}
ist die ordnungserhaltende Einbettung gegeben. Ist schließlich K eine vollständige lineare<br />
Ordnung und f : L → K ordnungserhaltend, so ist durch<br />
f : L → K,<br />
X ↦→ sup{f(x) | x ∈ X}<br />
K<br />
eine ordnungserhaltende Fortsetzung von f auf L gegeben. Sei ˜f eine weitere Fortsetzung<br />
von f auf L und X ∈ L. Dann ist<br />
˜f(X) = sup{f(x) | x ∈ X} = X<br />
also ˜f = f und die Fortsetzung somit eindeutig.<br />
c) Zeige, dass |L| ≤ 2 |L| .<br />
Lösung. Das folgt direkt aus der Eindeutigkeit der Vervollständigung und der Möglichkeit<br />
diese wio oben als Teilmenge der Potenzmenge zu konsturieren.<br />
d) Sei L eine lineare Ordnung, die keine Häufungspunkte besitzt. Dann sind L und L<br />
gleichmächtig.<br />
(Tipp. Im komplizierten Falle ist L isomorph zu einer Produktordnung K × Z oder<br />
ω + (K × Z).)<br />
Lösung. Da endliche lO’n bereits vollständig sind, müssen wir nur unendliche lOn L<br />
betrachten. Wir nehmen zunächst an, L habe keine Endpunkte und zeigen, dass es in<br />
der Tat eine lO K gibt, so dass L ∼ = K × Z ist. Dazu faktorisieren wir L nach der<br />
Äquivalenzrelation ≈, wobei<br />
x ≈ y : ⇐⇒ |(x, y) L | < ℵ 0<br />
also werden x und y identifiziert, wenn nur endlich viele Elemente zwischen ihnen liegen.<br />
Die Faktormenge K = {[x] ≈ | x ∈ L} ist linear geordnet durch<br />
und wir haben<br />
[x] ≈ < K [y] ≈ : ⇐⇒ x ≉ y und x < L y<br />
L ∼ = K × Z<br />
weil die einzelnen ≈-Klassen jeweils isomorph sind zu Z.<br />
Hat L einen oder zwei Endpunkte, so entsteht wenn wir aus L die endlich Anfangsbzw.<br />
Endstücke entfernen ein lO ohne Endpunkte. Ein unterer Endpunkt führt also auf<br />
ein Anfangsstück von L, das isomorph ist zu ω, während ein oberer Endpunkt auf ein<br />
Endstück führt, das isomorph ist zu ω ∗ , der umgekehrten natürlichen Ordnung.<br />
In jedem Fall müssen zur Vervollständigung von L pro Z-Block i.d.R. ein Supremum<br />
hinzugefügt werden und beim untersten evtl. noch ein Infimum, falls noch ein Anfangsstück<br />
∼ = ω darunterliegt. Alles in allem müssen also maximal |K| + 1 Punkte adjungiert<br />
werden, womit |L| = |L| für diese Sorte von linearen Ordnungen bewiesen wäre.<br />
Aufgabe 4 (Zusatzaufgabe, 5 Punkte) Man sagt, eine lineare Ordnung (L,
a) Zeige, dass Q die c.c.c. hat.<br />
Lösung. Es gibt nur abzählbar viele Paare rationaler Zahlen und daher auch nur abzählbar<br />
viele offene Intervalle.<br />
b) Zeige, dass (ω 1 , ∈ ) nicht die c.c.c. hat.<br />
Lösung. Es gibt ℵ 1 viele abzählbare Nachfolgerordinalzahlen, und jede von ihnen ist<br />
einziges Element eines offenen Intervalls.<br />
c) Beweise: Hat L die c.c.c., so auch die Vervollständigung L. Folgere, dass R die c.c.c. hat.<br />
Lösung. Sei F = {I α | α < ω 1 eine überabzählbare, disjunkte Familie offener, nichtleerer<br />
Intervalle I α = (a α , b α ) L von L. Wir zeigen, dass es dann auch eine ebenso große<br />
disjunkte Familie in L gibt. Dazu verschieben wir dei Intervallgrenzen wie folgt, um von<br />
I α <strong>zum</strong> Intervall J α von L überzugehen: Sind die Grenzen von I α beide in rng(e), so sei<br />
J α = I α ∩ L. Ansonst können wir I α verkleinern zu einem offenen Teilintervall, dessen<br />
Grenzen in rng(e) liegen und wir nehmen diese neuen Grenzen als Grenzen des Intervalls<br />
J α von L. Da die Intervalle höchstens verkleinert wurden, ist die Disjunktheit erhalten,<br />
und L erfüllt demnach mit L nicht die abzählbare Antikettenbedingung.<br />
d) Beweise: Hat L die c.c.c., so ist |L| ≤ 2 ℵ 0<br />
.<br />
(Tipp. Zeige: Es gibt keine streng monotone Funktion ρ : ω 1 → L, aber L hat eine dichte<br />
Teilmenge der Mächtigkeit ℵ 1 .)<br />
bf Lösung. Wir nehmen o.B.d.A. an, dass L eine vollständige dlO ist und wenden uns<br />
zunächst den beiden Aussagen im Tipp zu.<br />
Wäre f : ω 1 → L streng wachsend, so wären die Intervalle (λ + 2n, λ + 2n + 2) =<br />
{λ + 2n + 1} mit λ < ω 1 LimesOZ und n ∈ ω allesamt disjunkt und offen. Dies steht<br />
aber im Widerspruch zur c.c.c.<br />
Für den zweiten Teil des Tipps konstruieren wir rekursiv einen sog. Partitionsbaum von L.<br />
Dazu zerlegen wir L an einer Stelle x ∈ L in ein Anfangsstück J 0 = {y ∈ L | y < x} und<br />
ein Endstück J 1 = {y ∈ L | x < y}. Die beiden untersten Stufen des Baums sind dann<br />
{L} bzw. durch {J 0 , J 1 }. Im weiteren zerlgen wir beim Übergang zur Nachfolgerstufe<br />
α + 1 stets alle in Stufe α auftretenden Intervalle bzw. Anfangs- oder Endstücke von L<br />
nach demselben Schema jeweils ein Anfangs- und ein Endstück. Haben wir alle Stufen<br />
für α unterhalb der LimesOZ λ konstruiert, so betrachten wir für Stufe λ zunächst<br />
die Folgen (I α | α < λ), bei welchen I α in Stufe α des Partitionsbaumes liegt und so<br />
dass für α < β gilt, dass I β ⊂ I α . Ist das offene Innere der Schnittmenge ⋂ α < λI α<br />
nicht leer, so wird dies ein Element der Stufe λ sein. Da jede Stufe des Baumes eine<br />
disjunkte Familie offener Intervalle von L ist, müssen sämtliche Stufen aus abzählbar<br />
vielen Intervallen bestehen. Schließlich zeigen wir, dass es keine Folge (I α | α < ω 1 ) wie<br />
oben gibt, also mit I α in Stufe α und α < β ⇒ I α ⊃ I β . Gäbe es nämlich eine solche<br />
Folge von Intervallen, so würde mindestens eine der beiden Folgen der oberen bzw. der<br />
unteren Intervallgrenzen der I α = (a α , b α ) eine streng monotone Teilfolge der Länge ω 1<br />
haben, was im Widerspruch zur c.c.c. steht. Die dichte Teilmenge Q ⊆ L erhalten wir<br />
dann, indem wir die Intervallgrenzen der ≤ ℵ 1 vielen Intervalle im Partitionsbaum von<br />
L einsammeln (beachte: L ist als vollständig vorausgesetzt, so dass auch die Elemente<br />
der Limesstufen Intervallgrenzen in L haben):<br />
Q := {a, b | I = (a, b) L ist im Partitionsbaum}<br />
Wäre Q dann nicht dicht in L, so gäbe es x < y in L\Q mit (x, y)∩Q = ∅ und wir hätten<br />
für alle Intervalle (a, b) im Partitionsbaum, dass (a, b) entweder Obermenge von (x, y)
oder dazu disjunkt ist. Das würde aber bedeuten, dass wir in jeder Limesstufe λ < ω 1 ein<br />
Intervall (a, b) ⊆ (x, y) hätten und dann würde die Konstruktion doch nach ω 1 Schritten<br />
noch weitergehen. Dies steht im Widerspruch <strong>zum</strong> eben gezeigten.<br />
Schließlich beweisen wir die Mächtigkeitsabschätzung. Wegen der c.c.c. kann L höchstens<br />
abzählbar viele isolierte Punkte haben. Die Häufungspunkte hingegen lassen sich durch<br />
monotone Folgen (wachsend oder fallend) von Elementen einer dichten Teilmenge Q<br />
der Kardinalität ℵ 1 approximieren. Diese Folgen haben nur abzählbare Länge, und da<br />
wir jedem Häufungspunkt x von L eine solche abzählbare, monotone Folge in Q mit<br />
Supremum oder Infiumum = x zuweisen können, gilt |L| ≤ ℵ ℵ 0<br />
1 = 2 ℵ 0<br />
.<br />
(Bemerkung. Vor knapp 100 Jahren hat M.Y. Souslin gefragt, ob in der Charakterisierung<br />
der reellen Zahlen als (bis auf Isomorphie) einzige vollständige, dichte, lineare Ordnung mit<br />
einer abzählbaren dichten Teilmenge (nämlich Q) die Existenz der abzählbaren, dichten<br />
Teilmenge durch die c.c.c. ersetzt werden kann.<br />
Dieses sog. Souslin-Problem hat die Mengentheoretiker der darauffolgenden Jahrzehnte<br />
zu großen Weiterentwicklungen der Theorie und der Methoden angespornt und stellte sich<br />
letzten endes als unabhängig von ZFC heraus. D.h., es gibt Modelle der Mengenlehre, in denen<br />
jede vollständige dlO mit der c.c.c. isomorph zu R ist, und es gibt Modelle, in denen es<br />
sog. Souslin-Ordnungen gibt, d.s. dlO mit c.c.c., in welche die rationalen Zahlen nicht dicht<br />
eingebettet werden können.)