Folien Forum Arbeitsrecht - ADK
Folien Forum Arbeitsrecht - ADK
Folien Forum Arbeitsrecht - ADK
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BÜROGEMEINSCHAFT DER ARBEIT-<br />
GEBERVERBÄNDE<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
2
Das Team der Rechtsabteilung<br />
Dirk Seeliger<br />
Leiter der<br />
Rechtsabteilung<br />
Katja Hüser<br />
stellvertr.<br />
Leiterin der<br />
Rechtsabteilung<br />
Anke Wegel<br />
Anja Vollbrecht<br />
Sophie Thoss Sebastian Sokolowski Kristina Freiberg Sarina Baum<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
3
FORUM ARBEITSRECHT<br />
Zeitarbeit im Fokus der aktuellen<br />
Rechtsprechung und der betrieblichen<br />
Praxis<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
4
INHALTE<br />
1. Einführung und Branchenzuschläge<br />
(Referent Seeliger)<br />
2. Wesentliche Änderungen im AÜG seit 2011<br />
(Referentin Hüser)<br />
3. Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG<br />
(Referentin Freiberg)<br />
4. Tendenzen der Rechtsprechung zur Zeitarbeit<br />
(Referent Sokolowski)<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
5
ZAHLEN ZUR ZEITARBEIT<br />
• Die Beschäftigung in der Zeitarbeit in Deutschland ist in den letzten Jahren in<br />
der Tendenz mit hoher Dynamik gewachsen (in 2012: ca. 900.000 ZeitAN).<br />
• Seit Anfang/Mitte 2012 jedoch rückläufig, während die Beschäftigung<br />
insgesamt weiter steigt.<br />
• Der Anteil der Beschäftigten in der Zeitarbeit an allen sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten liegt derzeit unter 2,6 % (780.000 ZeitAN).<br />
• Die Leiharbeitnehmerüberlassung ist von hoher Dynamik geprägt:<br />
Im 1. Halbjahr 2012 wurden beispielsweise 500.000 Zeitarbeitsverhältnisse<br />
neu abgeschlossen und 550.000 Beschäftigungsverhältnisse beendet.<br />
• Knapp die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse endet nach weniger als drei<br />
Monaten.<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
6
ZAHL DER VERLEIHBETRIEBE NACH ANZAHL<br />
DER MITARBEITER<br />
2008 2012<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
7
ZEITARBEITSSTELLE ALS<br />
BESCHÄFTIGUNGSCHANCE<br />
• Zeitarbeit stellt eine Beschäftigungsperspektive für Arbeitslose, von<br />
Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer, Berufseinsteiger oder<br />
Berufsrückkehrer dar.<br />
• 64 % der neu abgeschlossenen Zeitarbeitsverhältnisse im<br />
Kalenderjahr 2012 wurden mit Personen geschlossen, die direkt<br />
zuvor keine Beschäftigung ausübten bzw. noch nie beschäftigt<br />
waren.<br />
• Jedoch enden etwa die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse nach<br />
weniger als drei Monaten:<br />
10 % der Beschäftigungsverhältnisse dauern weniger als 1 Woche<br />
37 % dauern 1 Woche bis 3 Monate<br />
54 % dauern 3 Monate und mehr.<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
8
BRANCHENZUSCHLÄGE<br />
TV BZ ME<br />
TV BZ<br />
Chemie<br />
TV BZ<br />
Kunststoff<br />
TV BZ<br />
Kautschuk<br />
Einsatzdauer<br />
Zuschläge in<br />
%<br />
Zuschläge in<br />
%<br />
Zuschläge in<br />
%<br />
Zuschläge in<br />
%<br />
*<br />
E1-E9 E1-<br />
E2<br />
E3-<br />
E4<br />
E6-<br />
E9<br />
E1-<br />
E2<br />
E3-<br />
E4<br />
E5 E6-<br />
E9<br />
E1-<br />
E2<br />
E3 E4-<br />
E6<br />
Ab 7. Woche:<br />
15 % 15 % 10 % 0 % 7% 4% 3% 0% 4% 3% 4% 0%<br />
E7-<br />
E9<br />
Ab 4. Monat:<br />
20 % 20% 14% 0% 10<br />
%<br />
Ab 6. Monat:<br />
30 % 30% 21% 0% 15<br />
%<br />
Ab 8.Monat<br />
45 % 45% 31% 0% 22<br />
%<br />
Ab 10. Monat<br />
50 % 50% 35% 0% 25<br />
%<br />
6% 4% 0% 7% 4% 7% 0%<br />
9% 6% 0% 10<br />
%<br />
13<br />
%<br />
15<br />
%<br />
9% 0% 13<br />
%<br />
10<br />
%<br />
0% 16<br />
%<br />
6% 10<br />
%<br />
9% 13<br />
%<br />
10<br />
%<br />
16<br />
%<br />
0%<br />
0%<br />
0%<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
9
WEITERE TARIFVERTRÄGE BRANCHENZUSCHLAG<br />
FÜR DIE BEREICHE:<br />
• Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
• Holz- und Kunststoff verarbeitende Industrie<br />
• Schienenverkehr und Eisenbahn<br />
• Druckindustrie und Papier, Pappe und Kunststoff<br />
verarbeitende Industrie<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Dirk Seeliger<br />
10
WESENTLICHE ÄNDERUNGEN IM<br />
ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZ<br />
SEIT 2011<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
11
ERSTES GESETZ ZUR ÄNDERUNG DES<br />
ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZES<br />
In Kraft getreten zum 30.04.2011:<br />
• Sog. Drehtürregelung<br />
• Lohnuntergrenze<br />
Umsetzung der Zeitarbeitsrichtlinie 2008/104/EG zum 01.12.2011:<br />
• Ausdehnung/ Modifizierung des Anwendungsbereiches<br />
• Erweiterte Informationspflichten<br />
• Erweitere Zugangsrechte für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb<br />
• Wegfall der Ausnahmeregelung für ehemals arbeitslose Arbeitnehmer<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
12
GESETZ ZUR ÄNDERUNG DES<br />
ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZES<br />
UND DES SCHWARZARBEITSBEKÄMPFUNGS-<br />
GESETZES<br />
in Kraft getreten zum 30.07.2011:<br />
Erweiterte Kontroll- und Sanktionsmechanismen, insbesondere<br />
• Verpflichtung des Verleihers, die für die Kontrolle der Mindestlohnverordnung<br />
erforderlichen Unterlagen für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung des<br />
Zeitarbeitnehmers in deutscher Sprache für zwei Jahre bereit zu halten.<br />
• Verpflichtung des Entleihers, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit des<br />
Zeitarbeitnehmers aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre<br />
lang aufzubewahren, wenn die Mindestlohnverordnung Anwendung findet.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
13
LOHNUNTERGRENZE UND<br />
DREHTÜRREGELUNG<br />
Abweichen vom Grundsatz des equal treatment / equal pay nur durch Tarifvertrag,<br />
wenn in diesem die in der Rechtsverordnung nach § 3a Abs.2 festgesetzten<br />
Mindeststundenentgelte eingehalten werden.<br />
Nicht tarifgebundene Arbeitgeber können tarifvertragliche Regelungen in Bezug nehmen.<br />
Aktuelles Mindeststundenentgelt seit dem 01.11.2012 bis 31.10.2013:<br />
8,19 Euro im Westen und<br />
7,50 Euro im Osten.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
14
LOHNUNTERGRENZE UND<br />
DREHTÜRREGELUNG<br />
Kein Abweichen vom Grundsatz des equal treatment / equal pay durch Tarifvertrag,<br />
wenn ein Leiharbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den<br />
Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem<br />
Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 AktG bildet, ausgeschieden ist.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
15
MODIFIZIERUNG DES ANWENDUNGSBEREICHS<br />
Neuregelungen in § 1 AÜG:<br />
• Erlaubnispflicht bei jeglicher Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen der wirtschaftlichen<br />
Tätigkeit des Arbeitgebers<br />
• Die Überlassung von Arbeitnehmern an den Entleiher erfolgt „vorübergehend“.<br />
Was bedeutet „vorübergehend“ und welche Folge hat ein nicht vorübergehender<br />
Einsatz?<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
16
MODIFIZIERUNG DES ANWENDUNGSBEREICHS<br />
Was bedeutet „vorübergehend“ und welche Folge hat ein nicht vorübergehender<br />
Einsatz?<br />
• LAG Berlin-Brandenburg v. 16.10.2012 – 7 Sa 1182/12:<br />
offen gelassen, ob eine vierjährige Überlassung an einen Entleiher<br />
vorübergehend ist<br />
Folge: selbst bei nicht vorübergehendem Einsatz kein Entstehen eines<br />
Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher<br />
• LAG Berlin-Brandenburg v. 09.01.2013 – 15 Sa 1635/12:<br />
Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen, für die keine<br />
Stammarbeitnehmer vorhanden sind, ist nicht vorübergehend.<br />
Folge: Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und<br />
Entleiher<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
17
MODIFIZIERUNG DES ANWENDUNGSBEREICHS<br />
Wie geht es weiter?<br />
Beim Bundesarbeitsgericht wurde jeweils Revision eingelegt gegen die<br />
Entscheidung der 7. Kammer (10 AZR 111/13) als auch der 15. Kammer (9 AZR<br />
268/13), so dass in absehbarer Zeit mit einer Klarstellung zu rechnen ist.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
18
MODIFIZIERUNG DES ANWENDUNGSBEREICHS<br />
Weitere Neuregelungen in § 1 und § 1a AÜG:<br />
Grds. keine Anwendung des AÜG bei Arbeitnehmerüberlassung<br />
• zwischen Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck<br />
der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird sowie<br />
• zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der<br />
Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.<br />
Keiner Erlaubnis bedarf ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten, der zur<br />
Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen an einen Arbeitgeber einen Arbeitnehmer,<br />
der nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, bis zur Dauer von<br />
zwölf Monaten überlässt, wenn er die Überlassung vorher schriftlich der Bundesagentur<br />
für Arbeit angezeigt hat.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
19
ERWEITERTE INFORMATIONS- UND<br />
ZUGANGSRECHTE<br />
• Leiharbeitnehmer sind über freie Stellen im Entleiherbetrieb zu informieren.<br />
• Leiharbeitnehmern ist Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder –diensten, wie<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Beförderungsmitteln,<br />
wie Stammarbeitnehmern zu gewähren,<br />
es sei denn, dass ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Katja Hüser<br />
20
MITBESTIMMUNGSRECHTE DES<br />
BETRIEBSRATES GEMÄß § 99 BETRVG<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
21
INFORMATIONSVERLANGEN DES BR/<br />
UNTERRICHTUNGSPFLICHTEN DES AG<br />
berechtigt nicht berechtigt teilweise berechtigt<br />
+ - + -<br />
1. Information über die Person<br />
BAG 09.03.2011 – 7 ABR 137/09<br />
auch wenn es dem AG nur auf die Qualifikation ankommt<br />
Name<br />
Alter<br />
Beruf<br />
Qualifikation<br />
Anschrift<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
22
INFORMATIONSVERLANGEN DES BR/<br />
UNTERRICHTUNGSPFLICHTEN DES AG<br />
2. Vorgesehener Arbeitsplatz im Betrieb<br />
BAG 14.03.1989 – 1 ABR 80/87; BAG 09.03.2011 – 7 ABR 137/09<br />
3. Vorgesehener Arbeitsumfang, Lage der Arbeitszeit<br />
• ergibt sich zumindest für Vollzeitbeschäftigte aus den vorhandenen<br />
Betriebsvereinbarungen (wenn abweichend mitteilen)<br />
• möglicherweise Eingreifen von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG<br />
• echtes Mitbestimmungsrecht, nicht nur Zustimmungsverweigerungsrecht<br />
4. Beabsichtigte Dauer des Einsatzes<br />
BAG 01.06.2011 – 7 ABR 18/10<br />
• Achtung: Begriff „vorübergehend“ tangiert<br />
• Begründung kann lauten: „wegen erhöhten Arbeitskräftebedarfs in Abteilung xy,<br />
dessen Ende noch nicht absehbar ist“<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
23
INFORMATIONSVERLANGEN DES BR/<br />
UNTERRICHTUNGSPFLICHTEN DES AG<br />
5. Vorlage der Arbeitnehmerüberlassungsverträge<br />
BAG 06.06.1978 – 1 ABR 66/75; BAG 23.01.2008 – 1 ABR 74/06<br />
Höhe des Entgelts muss nicht zwangsweise mitgeteilt werden<br />
6. Mitteilung, dass sich keine schwerbehinderten Bewerber gemeldet haben bzw. keine<br />
Nachricht über Bewerber durch die Agentur für Arbeit (oder keine gegenteilige<br />
Mitteilung, wenn unter den Bewerbern schwerbehinderte Menschen sind)<br />
7. Detaillierte Darlegung<br />
• nur beabsichtigte Dauer und unternehmerische Entscheidung des Einsatzes<br />
eines Leiharbeitnehmers<br />
• Keine Erklärung, warum sich für die Beschäftigungsform der Leiharbeit<br />
entschieden wurde, schon gar nicht detailliert<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
24
INFORMATIONSVERLANGEN DES BR/<br />
UNTERRICHTUNGSPFLICHTEN DES AG<br />
8. Ausschreibung nur bei vorherigem Verlangen des BR, was dieser auch generell im<br />
Voraus tun kann. Wenn darüber hinaus eine BV existiert, muss das dort genannte<br />
Verfahren eingehalten werden, auch bei Leiharbeitnehmern, wenn sie auf<br />
Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden sollen. Streitig, ob das auch für<br />
vorübergehende Einsätze gilt.<br />
Vorlage aller Bewerbungen, auch ungeeignete Bewerbungen, auch abgelehnte<br />
Bewerber, Aushändigung für höchstens eine Woche<br />
9. Vorlage des Arbeitsvertrages Leiharbeitnehmer – Verleiher<br />
BAG 01.06.2011 – 7 ABR 18/10<br />
kein Instrument der umfassenden Vertragskontrolle, schon für die eigenen<br />
Arbeitnehmer besteht der Anspruch nicht<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
25
INFORMATIONSVERLANGEN DES BR/<br />
UNTERRICHTUNGSPFLICHTEN DES AG<br />
10. Auswirkungen auf die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer<br />
• Auswirkungen auf Beschäftigungsmöglichkeiten von schwerbehinderten AN,<br />
leistungsgeminderten AN: nur bei Bedarf, insbesondere wenn eine solche<br />
leidensgerechte Beschäftigung gesucht wird und der Arbeitsplatz des<br />
Leiharbeitnehmers dem entspricht<br />
• Teilzeitbeschäftigte mit Erhöhungswünschen<br />
BAG 01.06.2011 – 7 ABR 117/09<br />
11. Nichtübernahme befristet Beschäftigter<br />
• nur interessant, wenn die Verträge gleichzeitig auslaufen und eine Eignung<br />
besteht<br />
• höchstens bei Bewerbungen des befristet Beschäftigten damit<br />
auseinandersetzen<br />
12. Nichtübernahme Auszubildender<br />
• automatisch keine Information nötig<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
26
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRÜNDE<br />
NACH § 99 ABS. 2 BETRVG<br />
Wortlaut des § 99 Abs. 2 BetrVG in Auszügen:<br />
Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn<br />
• 1. die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, (…) eine Bestimmung in einem<br />
Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung (…) verstoßen würde,<br />
• 3. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der<br />
personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden<br />
oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies (…) gerechtfertigt ist; (…),<br />
• 5. eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
27
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRÜNDE<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 1 BETRVG<br />
Betriebsräte können sich u.a. auf folgende Gesetzesverstöße berufen (Ziffer 1):<br />
• Fehlen der Überlassungserlaubnis beim Verleiher<br />
umstritten, bisher nicht vom BAG entschieden,<br />
Literatur bejaht Zustimmungsverweigerungsgrund nach Ziffer 1<br />
• Verstoß gegen das AÜG, insbesondere gegen das Merkmal „vorübergehend“ oder<br />
Nichtinformation der beschäftigten Leiharbeitnehmer über freie Arbeitsplätze (§ 13 a<br />
AÜG)<br />
• Verstoß gegen § 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX sowie das AGG<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
28
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNG WEGEN<br />
VERSTOßES GEGEN § 81 ABS. 1 S. 1 SGB IX<br />
• Eigentlich handelt es sich bei der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers nicht um<br />
einen Arbeitsplatz nach § 73 SGB IX.<br />
• Ein Verstoß gegen § 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX liegt dennoch vor, wenn vor der<br />
beantragten Zustimmung zur Einstellung des nicht schwerbehinderten (Leih-)<br />
Arbeitnehmers die Agentur für Arbeit nicht eingeschaltet wurde.<br />
BAG 23.06.2010 - 7 ABR 3/09<br />
• Außerdem besteht bei fehlender Einschaltung der Agentur für Arbeit die Vermutung,<br />
dass der Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung<br />
benachteiligt (BAG 12.09.2006, 9 AZR 807/05). In der Nichteinschaltung liegt daher der<br />
Gesetzesverstoß gegen das AGG.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
29
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRÜNDE<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 1 BETRVG<br />
Was bedeutet „vorübergehend“ und welche Folge hat ein nicht vorübergehender<br />
Einsatz?<br />
• LAG Niedersachsen v. 19.09.2012 – 17 TaBV 124/11:<br />
Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist nicht vorübergehend.<br />
Folge: Zustimmungsverweigerungsrecht für BR bei Einstellung<br />
• LAG Düsseldorf v. 02.10.2012 – 17 TaBV 38/12 und 17 TaBV 48/12:<br />
Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist vorübergehend.<br />
Es verbleibt allenfalls Missbrauchskontrolle.<br />
Folge: kein Zustimmungsverweigerungsrecht für BR bei Einstellung<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
30
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRÜNDE<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 1 BETRVG<br />
Wie geht es weiter?<br />
Beim Bundesarbeitsgericht wurde Rechtsbeschwerde eingelegt gegen die<br />
Entscheidung des LAG Niedersachsen (7 ABR 79/12) sowie gegen die<br />
Entscheidungen des LAG Düsseldorf (7 ABR 83/12 und 7 ABR 84/12), so dass in<br />
absehbarer Zeit mit einer Klarstellung zu rechnen ist.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
31
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRUND<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 3 BETRVG<br />
Betriebsräte können nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG widersprechen, wenn die<br />
Besorgnis besteht, dass in Folge der personellen Maßnahme Nachteile für beschäftigte<br />
Arbeitnehmer eintreten, z.B.:<br />
• durch Einarbeitung ständig wechselnder Leiharbeitnehmer „enorme Mehrbelastung“<br />
der Stammbelegschaft („durch Einarbeitung, Einweisung und Kontrolle inakzeptable<br />
Leistungsverdichtung“ oder „der Leistungs-/Prämienlohn wird durch diese<br />
Einarbeitungen gemindert“)<br />
• diese Argumente gehen ins Leere, da sich keine andere Situation darstellt, als wenn<br />
Arbeitnehmer eingestellt werden (befristet und/oder unbefristet)<br />
• Leistungslohn: möglicherweise kompensierende tarifvertragliche Regelungen<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
32
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRUND<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 3 BETRVG<br />
Weiterer behaupteter Grund für Benachteiligung der beschäftigten Arbeitnehmer:<br />
• „Die Belegschaft wird faktisch in drei Gruppen gespalten, nämlich in die<br />
Stammbelegschaft, die befristeten Arbeitnehmer/innen und die Leiharbeitnehmer. Dies<br />
erzeugt Spannungen in der Abteilung, die für alle Arbeitnehmer unzumutbar sind. Das<br />
Betriebsklima wird deutlich gestört.“<br />
• Dies wäre ein unsubstantiierter Widerspruch, § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG sieht als<br />
Voraussetzung „die durch Tatsachen begründete Besorgnis“ vor, diese ist hier nicht<br />
angeführt.<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
33
ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNGSGRUND<br />
NACH § 99 ABS. 2 ZIFFER 5 BETRVG<br />
Fehlende interne Stellenausschreibung gemäß § 93 BetrVG:<br />
• grds. Verweigerungsrecht, wenn der Arbeitgeber nach vorherigem Verlangen des<br />
Betriebsrates eine innerbetriebliche Stellenausschreibung unterlassen hat<br />
• BAG bejaht diesen Zustimmungsverweigerungsgrund bei der dauerhaften Besetzung<br />
eines Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer (BAG 01.02.2011, 1 ABR 79/09)<br />
• Bei der kurzzeitigen Besetzung von Arbeitsplätzen lässt das BAG die Frage offen, also<br />
rechtliche Situation unklar (Achtung: betriebliche Regelung in BV!)<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
34
FOLGE DER ZUSTIMMUNGSVERWEIGERUNG<br />
• Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens durch den Arbeitgeber vor dem<br />
Arbeitsgericht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG im Wege des Beschlussverfahrens<br />
• Vorläufige personelle Maßnahme gemäß § 100 BetrVG möglich:<br />
Darstellen der dringenden Erforderlichkeit der Maßnahme aus sachlichen Gründen<br />
bei unverzüglichem Bestreiten der dringenden Erforderlichkeit durch den BR:<br />
Einleiten eines Beschlussverfahrens beim Arbeitsgericht innerhalb von drei Tagen<br />
nach Reaktion des BR (Achtung: Frist TV LeiZ) auf Feststellung, dass die Maßnahme<br />
aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war<br />
während dieser Zeit darf die vorläufige personelle Maßnahme aufrechterhalten werden<br />
29.05.2013 Rechtsanwältin Kristina Freiberg<br />
35
ÜBERBLICK:<br />
TENDENZEN DER RECHTSPRECHUNG ZUR<br />
ZEITARBEIT<br />
• Zeitarbeitnehmer sind beim Betriebsgrößenbegriff gem. KSchG zu berücksichtigen. Es<br />
entsteht Kündigungsschutz auch im Kleinbetrieb: BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12 -<br />
• Zeitarbeitnehmer sind beim Betriebsgrößenbegriff gem. BetrVG zu berücksichtigen.<br />
Die Anzahl der (freigestellten) BR-Mitglieder steigt: BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11 –<br />
• Arbeitnehmer erlangen nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit die sog. „passive<br />
Wählbarkeit“ zum Betriebsratsmitglied. Dabei können Beschäftigungszeiten als<br />
Zeitarbeitnehmer zu berücksichtigen sein: BAG 10.10.2012 – 7 ABR 53/11 –<br />
• Anfechtung einer BR-Wahl möglich, wenn Beschäftigte nach § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG<br />
unberücksichtigt geblieben sind (Beamte, Soldaten, AN des öff. Dienstes).<br />
Entscheidend soll Begriff des „Tätigseins“ sein: BAG 12.09.2012 – 7 ABR 37/11 -<br />
Gefahr, dass demnächst Zeitarbeitnehmer und Werkvertragler einbezogen werden<br />
müssen?<br />
29.05.2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski 36
BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12<br />
ANWENDUNGSBEREICH DES KSCHG<br />
• § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG: Geltungsbereich<br />
„In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn<br />
oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer<br />
Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die<br />
Vorschriften des Ersten Abschnitts ….“<br />
• bisher galt: nur eigene Arbeitnehmer sind einzubeziehen<br />
• Nicht-Arbeitnehmer und nicht eigene Arbeitnehmer blieben bei der<br />
Größenbildung außen vor:<br />
•Freie Mitarbeiter / freelancer<br />
•Praktikanten<br />
•Zeitarbeitnehmer<br />
•Beschäftigte von Werkvertragspartnern<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
37
BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12<br />
ANWENDUNGSBEREICH DES KSCHG<br />
• nun jedoch das BAG:<br />
„Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb<br />
beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr<br />
Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf<br />
beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte<br />
Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.“<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
38
BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12<br />
ANWENDUNGSBEREICH DES KSCHG<br />
• an Sinn und Zweck orientierte Auslegung von § 23 Abs. 1 KSchG:<br />
„Das Nichtvorhandensein eines Arbeitsverhältnis steht der<br />
Berücksichtigung bei der Betriebsgrößenberechnung nicht<br />
entgegen. Kleinbetriebe sollen aus dem Anwendungsbereich des<br />
KSchG herausgenommen werden, um der dort häufig engen<br />
persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen<br />
Finanzausstattung und dem Aufwand wegen eines<br />
Kündigungsschutzprozesses Rechnung tragen. Dabei macht es<br />
keinen Unterschied, ob der Betrieb durch den Einsatz eigener<br />
oder entliehener Arbeitnehmer bewältigt wird.“<br />
Kritik: Interessenlage hinter dem Zeitarbeitnehmereinsatz bleibt<br />
unberücksichtigt. Das Näheverhältnis eines eigenen Arbeitsverhältnisses soll<br />
beim Zeitarbeitnehmereinsatz gerade vermieden werden. Außerdem erfolgt<br />
dieser oft wegen oder zur Vermeidung einer geringen Finanzausstattung.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
39
BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12<br />
• „in der Regel“ vorhandener Personalbedarf?<br />
<br />
<br />
„im allgemeinen“ den Betrieb kennzeichnende Zahl unter Berücksichtigung<br />
der zu erwartenden Entwicklung des Personalstands<br />
Merkmal „vorübergehend“ gem. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG?<br />
• BAG hat keine abändernde Sachentscheidung getroffen, sondern wegen obiger Frage<br />
an das LAG zur weiteren Ermittlung zurückverwiesen: waren die zum<br />
Kündigungszeitpunkt beschäftigten Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen<br />
Bedarfs beschäftigt?<br />
• LAG Nürnberg – 4 Sa 713/10 – wird im Lauf des Jahres 2013 neue Sachentscheidung<br />
unter Berücksichtigung der BAG-Auffassung treffen.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
40
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11<br />
ANZAHL DER BR-MITGLIEDER<br />
• § 9 BetrVG: Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel<br />
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,<br />
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,<br />
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern<br />
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,<br />
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,<br />
…,<br />
701 bis 1000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,<br />
1001 bis 1500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern<br />
…<br />
• gemeint ist aktives Wahlrecht, also die Möglichkeit der Stimmabgabe<br />
• Fall: 879 Stammarbeitnehmer, 292 Zeitarbeitnehmer. In den vorhergehenden<br />
acht Jahren wurden durchgehend mindestens 250 Zeitarbeiter beschäftigt. Es<br />
wurde ein BR mit 13 Mitgliedern gewählt. Die Wahl wurde von 14 Arbeitnehmern<br />
bis zum LAG erfolglos, beim BAG erfolgreich angefochten.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
41
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11<br />
ANZAHL DER BR-MITGLIEDER<br />
• Argumente des BAG:<br />
• Das Mitzählen bei den Schwellenwerten des i.S.d. § 9 BetrVG im<br />
Entleiherbetrieb ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des BetrVG.<br />
• Jedenfalls bei einer Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern kommt es<br />
nicht auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer an. Ab der Stufe<br />
„ 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern“<br />
stellt das Gesetz nicht mehr darauf ab, ob die Arbeitnehmer wahlberechtigt sind<br />
oder nicht.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
42
BAG 13.03.2013 – 7 ABR 69/11<br />
ANZAHL DER BR-MITGLIEDER<br />
• Kritik:<br />
• Kehrtwende gegen jahrelang bewährte Rechtsprechung<br />
• Abstellen nicht auf den Begriff der Arbeitnehmer, sondern auf die im Betrieb<br />
möglicherweise vorhandenen Arbeitsplätze ist systemwidrig und gegen Wortlaut<br />
des Gesetzes<br />
• Entscheidung entgegen mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, der ansonsten<br />
hätte eine Ausnahme normieren müssen wie bei aktivem Wahlrecht gem. § 7 S.<br />
2 BetrVG<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
43
KORRESPONDIEREND:<br />
BAG 18.10.2011 – 1 AZR 335/10<br />
Zeitarbeitnehmer sind auch bei den Schwellenwerten gem. § 111 BetrVG zu<br />
berücksichtigen, sofern sie länger als drei Monate im Betrieb des Entleihers<br />
eingesetzt werden.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
44
BAG 10.10.2012 – 7 ABR 53/11<br />
VORBESCHÄFTIGUNG ALS ZEITARBEITER<br />
• Der Beschluss:<br />
Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb sind auf die in § 8<br />
Abs. 1 S. 1 BetrVG vorausgesetzte sechsmonatige Betriebszugehörigkeit<br />
anzurechnen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die<br />
Überlassung ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet.<br />
• Der Sachverhalt:<br />
1.10.2009 – 31.12.2009: Leiharbeitnehmereinsatz<br />
01.01.2010: Übernahme in Arbeitsverhältnis<br />
16.03.2010: Vorschlagsliste mit sechs Kandidaten einschl. betr.<br />
Arbeitnehmer<br />
30.03.2010: Wahlvorstand weist Liste zurück; Widerspruch<br />
zurückgewiesen<br />
28.04.2010: Betriebsratswahl ohne betr. Kandidaten<br />
Anfechtung der BR-Wahl durch Listenvertreter in allen drei Instanzen erfolgreich !<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
45
BAG 10.10.2012 – 7 ABR 53/11<br />
VORBESCHÄFTIGUNG ALS ZEITARBEITER<br />
• Begründung des BAG:<br />
• Beim Begriff der Betriebszugehörigkeit werden nach § 8 Abs. 1 S. 2 BetrVG<br />
auch Zeiten in anderen Betrieben des Unternehmens/Konzerns angerechnet,<br />
wenn diese ohne zeitliche Unterbrechung erfolgten<br />
• Dasselbe soll nun (entgegen bisheriger Rechtsprechung und Wortlaut des<br />
Gesetzes) auch für vorhergehende Einsatzzeiten als Leiharbeitnehmer gelten,<br />
wenn die Beschäftigung ohne zeitliche Unterbrechung fortgesetzt wurde<br />
• Das Gesetz spreche von „Wahlberechtigten“ und nicht etwa von<br />
„wahlberechtigten Arbeitnehmern“ wie bei § 9 BetrVG; Leiharbeitnehmer sind<br />
wahlberechtigt gem. § 7 S. 2 BetrVG<br />
• Gesetzeszweck: Einbeziehung, Angleichung der Leiharbeitnehmer<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
46
BAG 12.09.2012 – 7 ABR 37/11<br />
„TÄTIG SEIN“ BEGRÜNDET AN-EIGENSCHAFT<br />
• § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG: Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und<br />
Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des<br />
öffentlichen Dienstes einschließlich der zur ihrer Berufsbildung Beschäftigten, die<br />
in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.<br />
• Die Entscheidung: die oben genannten Beschäftigten sind bei Schwellenwerten<br />
des BetrVG – so auch bei § 9 BetrVG (Zahl der Betriebsratsmitglieder abhängig<br />
von der Beschäftigtenzahl) zu berücksichtigen.<br />
• Das Tatbestandsmerkmal „Tätigsein“ iSd § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG knüpft an einen<br />
tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist nur die Betriebsangehörigkeit.<br />
• Betriebsangehörig sind alle Beschäftigte, die nach den allgemeinen in der<br />
Betriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die Betriebsorganisation<br />
eingegliedert sind.<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
47
BETRIEBSRATSWAHL 2014<br />
MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN<br />
• AG hat Wahlvorstand bei Erstellung des Wählerverzeichnisses zuzuarbeiten (§ 2<br />
WO)<br />
• Wahlvorstand hat Sorge zu tragen, dass nicht wahlberechtigte Zeitarbeitnehmer<br />
in der Wählerliste als solche ausgewiesen werden (§ 1 Abs. 3 S. 3 WO)<br />
• Es wird erhöhte Anforderungen an die Erstellung der Wählerliste geben.<br />
• Vorbeschäftigungszeiten neuer, eigener Mitarbeiter als Zeitarbeiter sind ggf.<br />
einzubeziehen.<br />
• In Einzelfällen kann der Abbau von Zeitarbeitskräften rechtzeitig vor der Wahl<br />
ratsam sein (Schwellenwerte); Problem: „in der Regel“<br />
• Es muss mit höherer Fehlerquote bei BR-Wahlen und kostenträchtiger<br />
Anfechtungsverfahren benachteiligter Bewerber gerechnet werden<br />
29. Mai 2013 Rechtsanwalt Sebastian Sokolowski<br />
48