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Nummer 6 8. Februar 2013 - sz-media.de - Süddeutsche Zeitung

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<strong>Nummer</strong> 6 <strong>8.</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong>


Das Original - Der KOffer mit Den rillen<br />

1950 bringt RIMOWA <strong>de</strong>n ersten Koffer mit <strong>de</strong>n unverwechselbaren Rillen heraus. Seit<strong>de</strong>m hat sich dieser zu einem Kultobjekt<br />

entwickelt. Das original Reisegepäck von RIMOWA hat bis heute nichts von seiner Fa<strong>sz</strong>ination verloren. Es bleibt die Wahl all <strong>de</strong>rer,<br />

die das Außergewöhnliche suchen - wie Alessandra Ambrosio und Johannes Huebl.<br />

RIMOWA Stores Deutschland: Köln, München<br />

www.rimowa.com


Nur ein<br />

Augenblick<br />

und ich habe<br />

das Staunen<br />

wie<strong>de</strong>r ent<strong>de</strong>ckt.<br />

w w w . a u s t r i a . i n f o<br />

I h r e p e r s ö n l i c h e U r l a u b s b e r a t u n g<br />

g e b ü h r e n f r e i u n t e r 0 0 8 0 0 4 0 0 2 0 0 0 0 .


<strong>8.</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Am Karnevals-Wochenen<strong>de</strong> wird <strong>de</strong>r Markusplatz in<br />

Venedig wie immer überfüllt sein. Dem kann<br />

man auf elegante Art aus <strong>de</strong>m Weg gehen – in<strong>de</strong>m man<br />

einfach in ein an<strong>de</strong>res Venedig fährt. Denn viele<br />

Län<strong>de</strong>r und Regionen brüsten sich damit, ihre eigene<br />

Lagunenstadt zu haben. Wir haben 13 Orte in<br />

Europa besucht und überprüft, wie »das Venedig <strong>de</strong>s<br />

Nor<strong>de</strong>ns«, »das Venedig von Spanien«, »das Venedig<br />

Polens« im Vergleich mit <strong>de</strong>m italienischen Original<br />

abschnei<strong>de</strong>n: Wer hat die besten Brücken und<br />

Gon<strong>de</strong>ln – und wer bietet Besuchern noch viel mehr?<br />

10 Gent – das Venedig Belgiens.<br />

16 Île-sur-la-Sorgue – das Venedig<br />

Frankreichs.<br />

18 Wrocław – das Venedig Polens.<br />

A l l e i l l u s t r a t i o n : J E a n J U L L i E N<br />

Inhalt<br />

22 Sankt Petersburg – das Venedig<br />

Russlands.<br />

28 Empuriabrava – das Venedig Spaniens.<br />

28 Aveiro – das Venedig Portugals.<br />

E i n f a c h b e s s e r<br />

a n k o m m e n .<br />

Mit <strong>de</strong>r Bahn zu <strong>de</strong>n schönsten Seen<br />

Österreichs, z. B. an <strong>de</strong>n Wörthersee.<br />

33 Direktverbindungen nach Österreich täglich –<br />

4x direkt zum Wörthersee. Schnell, sicher, ohne<br />

Stress, ohne Stau und ohne Tankstopp. Richtig<br />

günstig mit <strong>de</strong>m Europa-Spezial – ab 39 Euro,<br />

solange <strong>de</strong>r Vorrat reicht.<br />

Eigene Kin<strong>de</strong>r/Enkel unter 15 Jahren fahren<br />

kostenlos mit (Eintrag auf <strong>de</strong>r Fahrkarte<br />

notwendig).<br />

Für eine ausgezeichnete Vor-Ort-Mobilität<br />

sorgen die Mobilitätskarten und Transferservices<br />

Ihrer Gastgeber.<br />

Titelfoto: Martin Parr / Magnum / Agentur Focus; Illustration: Jean Jullien<br />

19 Kopenhagen – das Venedig<br />

Dänemarks.<br />

19 Vilkovo – das Venedig <strong>de</strong>r Ukraine.<br />

20 Stockholm – das Venedig<br />

Schwe<strong>de</strong>ns.<br />

Diese Woche in unserer App<br />

30 Rovinj – das Venedig Kroatiens.<br />

32 Cambridge – das Venedig Englands.<br />

36 Amsterdam – das Venedig Hollands.<br />

38 Prag – das Venedig Tschechiens.<br />

6 Sagen Sie jetzt nichts 8 Die Gewissensfrage 40 Kosmos 41 Hotel Europa<br />

42 Das Kochquartett 44 Das Kreuz mit <strong>de</strong>n Worten, Gemischtes Doppel 45 Gewinnen,<br />

Impressum 46 Das Beste aus aller Welt<br />

Zu je<strong>de</strong>r Geschichte in diesem Heft hat sich <strong>de</strong>r französische<br />

Illustrator Jean Jullien eine Zeichnung einfallen lassen. In<br />

unserer App für iPad und Windows 8 stellt sich <strong>de</strong>r in London<br />

leben<strong>de</strong> Franzose in einem kleinen Film vor. Er tut das auf<br />

seine Weise: mit einem Stift, einem Blatt Papier und in nur<br />

einer Minute.<br />

www.bahn.<strong>de</strong>/oesterreich.


Sagen Sie jetzt nichts<br />

Name: Julia Jentsch Geboren: 20. <strong>Februar</strong><br />

1978 in Berlin Beruf: Schauspielerin<br />

Ausbildung: Hochschule für Schauspielkunst<br />

Ernst Busch, Berlin Status: Bin wie<strong>de</strong>r da!<br />

Lange Zeit fragte man sich: Was ist eigentlich aus Julia Jentsch gewor<strong>de</strong>n?<br />

Dieser großartigen jungen Schauspielerin, die 2005 für die<br />

Rolle <strong>de</strong>r Sophie Scholl im gleichnamigen Film nahezu je<strong>de</strong>n Preis<br />

als Beste Darstellerin (Silberner Bär, Deutscher Filmpreis, Europäischer<br />

Filmpreis u. a.) abgeräumt hat? Die Antwort ist einfach, aber<br />

schön: Sie verliebte sich, heiratete, zog in die Schweiz und wur<strong>de</strong><br />

Mutter. Zwischen 2006 und 2012 drehte sie meist nur einen Film pro<br />

Jahr (z. B. Effi Briest, 2009). Für eine gefragte Schauspielerin ist das<br />

nicht viel – und es ist riskant: Im Filmgeschäft gerät man schnell in<br />

Vergessenheit, wenn man keine Präsenz zeigt, zumal Julia Jentsch<br />

ohnehin nicht gern jenseits <strong>de</strong>r Bühne im Rampenlicht steht; Interviews<br />

gibt sie eher selten, ihre Babypause war bewusst gewählt. Doch<br />

jetzt ist die selbst verordnete Pause vorbei. Derzeit ist Jentsch gleich<br />

in drei Kinoproduktionen zu sehen: in Hannah Arendt, in The Strange<br />

Case of Wilhelm Reich und seit dieser Woche in Kokowääh 2. Wer sie<br />

live erleben will, kann das auch: ab <strong>de</strong>m 22. <strong>Februar</strong> im Schauspielhaus<br />

Zürich in Die Katze auf <strong>de</strong>m heißen Blechdach.<br />

Frau Jentsch, Sie gelten als medienscheu. Stehen Sie gera<strong>de</strong> mit<br />

Bauchschmerzen vor unserer Kamera?<br />

Die Berlinale 2005 nannte man »Julia-Jentsch-Festspiele«. Welches<br />

Gefühl verbin<strong>de</strong>n Sie mit Ihrem Durchbruch als Schauspielerin?<br />

Sie leben seit Jahren in <strong>de</strong>r Schweiz. Wie kommt Ihr Berliner Schlag<br />

bei <strong>de</strong>n Schweizern so an?<br />

Fotos: Tibor Bozi<br />

6 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Je<strong>de</strong> große Schauspielerin, je<strong>de</strong>r große Schauspieler hat ein beson<strong>de</strong>res<br />

Kennzeichen, das unverwechselbar macht. Was ist Ihres?<br />

Lesen Sie eigentlich je<strong>de</strong>s Drehbuch, das Ihnen zugeschickt wird?<br />

Außer <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s eigenen Kin<strong>de</strong>s – was sind die schönsten<br />

Momente für eine Schauspielerin während <strong>de</strong>r Babypause?<br />

Sehnen Sie sich manchmal nach <strong>de</strong>r Zeit, als Sie noch eine wenig<br />

bekannte Schauspielerin an <strong>de</strong>n Münchner Kammerspielen waren?<br />

Weitere Fragen und Bil<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n Sie auf www.<strong>sz</strong>-magazin.<strong>de</strong> und in unseren Tablet-Ausgaben.<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 7


Dr. Dr. Rainer Erlinger Die Gewissensfrage<br />

»Mein Exfreund, mit <strong>de</strong>m ich nichts mehr zu tun habe,<br />

hatte mir, als wir noch ein Paar waren, zum Geburtstag<br />

mal einen Sushi-Kurs geschenkt. Dieser Kurs ist aber<br />

niemals von mir besucht wor<strong>de</strong>n. Neulich war ich beim<br />

Japaner, wo mir klar wur<strong>de</strong>, dass ich <strong>de</strong>n Kurs nun<br />

doch gern machen wür<strong>de</strong>. Darf ich das Geschenk trotz<br />

Trennung einfor<strong>de</strong>rn?« K a r i n L . , B o n n<br />

Dies hier ist keine Sprachkolumne. Deshalb<br />

befasse ich mich für gewöhnlich auch nicht explizit<br />

mit einzelnen Formulierungen <strong>de</strong>r Frage,<br />

son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>m Kern <strong>de</strong>r Fragestellung, auf<br />

die ich eine Antwort zu fin<strong>de</strong>n versuche. Für<br />

gewöhnlich. Bei Ihnen jedoch bin ich über folgen<strong>de</strong>n<br />

Satz gestolpert: »Dieser Kurs ist aber<br />

niemals von mir besucht wor<strong>de</strong>n.« Inhaltlich<br />

ist er vollkommen klar, aber warum haben Sie<br />

ihn im Passiv geschrieben?<br />

Passiv heißt übersetzt »Lei<strong>de</strong>form«. Ich kenne<br />

Sie nicht persönlich, hoffe aber, dass <strong>de</strong>r Kurs<br />

nicht unter Ihrem Besuch gelitten hätte. Das<br />

Gleiche sollte für <strong>de</strong>n Kursleiter gelten. Lediglich<br />

für <strong>de</strong>n Fisch sehe ich kaum Hoffnung, er<br />

wird wohl so o<strong>de</strong>r so als Häppchen en<strong>de</strong>n.<br />

Das Passiv ist aber auch Stilmittel. Es kann helfen,<br />

<strong>de</strong>n Kurs in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund <strong>de</strong>s Satzes zu<br />

rücken. Schließlich ist <strong>de</strong>ssen Besuch ja Gegenstand<br />

<strong>de</strong>s Geschenkes und damit auch Ihrer<br />

Frage. Sie dagegen treten eher in <strong>de</strong>n Hintergrund.<br />

Und genau darüber bin ich gestolpert.<br />

Die Passivformulierung löst <strong>de</strong>n Besuch <strong>de</strong>s<br />

Kurses von Ihrer Person und distanziert Sie von<br />

<strong>de</strong>r Angelegenheit. Nur war das ursprünglich<br />

beim Schenken gera<strong>de</strong> nicht <strong>de</strong>r Fall. Ihr damaliger<br />

Freund hat Ihnen <strong>de</strong>n Kurs geschenkt,<br />

weil Sie zu <strong>de</strong>r Zeit seine Freundin waren. An<br />

<strong>de</strong>m Geschenk klebt also das Etikett Ihrer Partnerschaft,<br />

das auch durch Passivformulierungen<br />

nicht abgeht.<br />

Beziehungstechnisch wäre es eine Überlegung<br />

wert, wofür das Einfor<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Gutscheins nach<br />

<strong>de</strong>r Trennung spricht: dass Sie <strong>de</strong>rartige Angelegenheiten<br />

neutral handhaben können und sich<br />

somit von <strong>de</strong>r Beziehung gelöst haben – o<strong>de</strong>r<br />

dass Sie sprichwörtlich noch eine Rechnung<br />

offen haben? Vielleicht wäre es in <strong>de</strong>m Fall sogar<br />

eine gute Übung, um zu einem Abschluss zu<br />

gelangen. Nur weiß ich nicht, ob Ihnen dann<br />

das Sushi schmecken wird.<br />

Mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> einer Beziehung geht vieles unter,<br />

Erwartungen, Träume, die gemeinsame Zukunft.<br />

Es bleibt die gemeinsame Vergangenheit. Und<br />

genauso wür<strong>de</strong> ich die Geschenke behan<strong>de</strong>ln:<br />

Überreichte Geschenke sind nur in Ausnahmefällen<br />

zurückzugeben. Alles aber, was in die Zukunft<br />

gerichtet ist, geht mit <strong>de</strong>r Trennung unter<br />

und kann nicht mehr eingefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. O<strong>de</strong>r<br />

einfacher: Klappe zu, Affe tot.<br />

Haben Sie auch eine Gewissensfrage?<br />

Dann schreiben Sie an<br />

D r . D r . R a i n e r E r l i n g e r<br />

gewissensfrage@<strong>sz</strong>-magazin.<strong>de</strong><br />

lllustration: Serge Bloch; alle Autoren-Illustrationen: Grafilu<br />

8 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Träume …<br />

… leben.<br />

Spannen<strong>de</strong> Ausrüstungs- und Reisetipps von<br />

Globetrotter Experten zum Thema Wintertrekking<br />

unter www.4-Seasons.TV/wintertrekking


Der Chinese Ip Man macht <strong>de</strong>n<br />

motorisierten Touristenbooten<br />

in <strong>de</strong>n Grachten von Gent<br />

umweltfreundlich Konkurrenz.


Gent<br />

Der<br />

Klang<br />

<strong>de</strong>r<br />

Stille


Einen Hektar groß ist <strong>de</strong>r Vrijdagmarkt, so groß wie kein an<strong>de</strong>rer Platz<br />

in Gent. Bis heute ist dort immer freitags und auch samstagnachmittags Markt.<br />

Danach kehrt man ein: erst in die Pommesbu<strong>de</strong> von Jozef und dann<br />

zum Beispiel in die Kneipe »Dulle Griet«, mit 250 Biersorten im Angebot.<br />

W<br />

enn Ip Man seinen<br />

hölzernen<br />

Kahn durch die<br />

Kanäle <strong>de</strong>r belgischen<br />

Stadt Gent steuert, ist das eine Art<br />

Protest: gegen die vielen Motorboote, die<br />

vom Frühling bis in <strong>de</strong>n späten Herbst<br />

Millionen Touristen durch die Stadt schippern<br />

und dabei die Luft so verpesten, dass<br />

die Einheimischen im Sommer ihre Fenster<br />

schließen müssen.<br />

Ip Man ist kein Künstlername. Der<br />

58-jährige Mann stammt aus Hongkong,<br />

lebt seit dreißig Jahren in Gent und führt<br />

zusammen mit seiner Frau einen Naturkostla<strong>de</strong>n<br />

mit Restaurant. Auf die Frage,<br />

was ihn damals in die Hansestadt geführt<br />

hat, antwortet er: »Es ist so, wie Michelangelo<br />

gesagt hat: Eine Skulptur gibt es<br />

lange, bevor <strong>de</strong>r Mensch sie anfertigt.«<br />

Mehr sagt er nicht.<br />

Jetzt, im Winter und bei Dauerregen, ist<br />

Ip Man <strong>de</strong>r einzige Bootsmann, <strong>de</strong>r überhaupt<br />

hinausfährt. »Das Wetter ist kein Problem«,<br />

hatte er vorab am Telefon versprochen.<br />

»Es ist sogar poetisch. Sie wer<strong>de</strong>n<br />

das Gefühl haben, die ganze Stadt gehört<br />

Ihnen.« Spätnachmittags sind wir in seinem<br />

La<strong>de</strong>n verabre<strong>de</strong>t. Denn Gent sei am<br />

schönsten in <strong>de</strong>r Dämmerung, sagt er, wenn<br />

die Lichter angehen. Mit ihrer Beleuchtung<br />

hat die Stadt schon viele internationale<br />

Preise gewonnen, dabei entstand sie eigentlich<br />

aus <strong>de</strong>r Not: In <strong>de</strong>n Sechzigerjahren<br />

Gent ist<br />

am schönsten,<br />

wenn es<br />

dämmert<br />

wur<strong>de</strong>n in die Erdgeschosse <strong>de</strong>r schönen<br />

mittelalterlichen Häuser Geschäfte gebaut<br />

und die Fassa<strong>de</strong>n mit großen billigen Fenstern<br />

verschan<strong>de</strong>lt. Darum wer<strong>de</strong>n heute die<br />

Häuser <strong>de</strong>r gesamten Innenstadt nur vom<br />

ersten Stock aufwärts angeleuchtet.<br />

Ip Man, schwarzer Schnurrbart, die<br />

grauen Haare zum Zopf gebun<strong>de</strong>n, bestickte<br />

Weste, olivgrüne Gummistiefel,<br />

kübelt eimerweise Wasser aus seinem<br />

Boot, legt Decken auf die Holzplanken,<br />

lädt einen Korb mit Wärmflaschen, Wein<br />

und Knabbereien ein, zün<strong>de</strong>t zwei Laternen<br />

an, eine für hinten, eine für vorne,<br />

reicht <strong>de</strong>n Besuchern die Hand und geleitet<br />

sie an Bord. Dann bin<strong>de</strong>t er das Boot<br />

los, ganz vorsichtig, streicht zärtlich über<br />

seinen Bug, als wäre es lebendig, richtet<br />

sich auf, stößt sich vom Ufer ab und ru<strong>de</strong>rt<br />

kräftig los.<br />

Auf <strong>de</strong>n Straßen bleiben die Leute stehen<br />

und schauen, sie zücken ihre Kameras<br />

und Handys, von einer Brücke ruft einer<br />

»Hey, das ist nicht Venedig hier!« und<br />

lacht. Wie schnell man vom Touristen zur<br />

Touristenattraktion wird, an <strong>de</strong>r Seite von<br />

Ip Man, <strong>de</strong>r auf seinem Boot aussieht wie<br />

ein Wesen aus einer versunkenen Welt:<br />

stolz, unbeugsam, ein Rebell.<br />

Im Sommer, wenn all die Plastikboote<br />

auf <strong>de</strong>n Kanälen unterwegs sind, machen<br />

sich manche Touristen lustig über Ip Man.<br />

Weil er so langsam ist. Es haben auch<br />

schon welche leere Dosen o<strong>de</strong>r sonstigen<br />

Unrat auf sein Boot geworfen. Ip Man<br />

12 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


GROSSARTIGE<br />

MOMENTE<br />

Kein Booklet mit<br />

58 Filmtipps auf DVD und<br />

Blu-ray im Heft?<br />

Einfach downloa<strong>de</strong>n unter:<br />

www.fam-medien.<strong>de</strong><br />

ZUHAUSE ERLEBEN<br />

PRÄSENTIERT VON<br />

GEFÖRDERT<br />

DURCH


Oben: Wenn die Abenddämmerung<br />

sich über die Grachten<br />

senkt, macht Bootsmann Ip<br />

Man Pause unter dieserTrauerwei<strong>de</strong>.<br />

Unten: Ursprünglich war die<br />

Sint-Michielsbrug auch eine kleine<br />

Drehbrücke, doch dann<br />

wur<strong>de</strong> sie zu schmal für die zentrale<br />

Lage und 1903 neu erbaut.<br />

zuckt die Achseln. Die Welt kann er nicht<br />

än<strong>de</strong>rn.<br />

Ip Man hat zwei Boote, und seine Touren<br />

sind ein Non-Profit-Unternehmen.<br />

Der Rebell möchte nicht ru<strong>de</strong>rn müssen,<br />

wenn er keine Lust dazu hat. Er will keine<br />

Monologe halten müssen, wenn sowieso<br />

niemand zuhört. »Ich bin kein Touristenführer,<br />

son<strong>de</strong>rn Bootsmann«, sagt er. Dann<br />

schweigt er und steuert <strong>de</strong>n Kahn in die<br />

Äste einer Trauerwei<strong>de</strong> hinein, die trotz<br />

<strong>de</strong>s Winters noch ein paar Blätter hat, lässt<br />

sich im Schnei<strong>de</strong>rsitz nie<strong>de</strong>r, entkorkt <strong>de</strong>n<br />

Wein, füllt die Gläser. Gent bei Dunkelheit<br />

ist wirklich poetisch, mit seinen düsteren<br />

Straßen, gesäumt von all <strong>de</strong>n angestrahlten<br />

Häusern, die aussehen, als wür<strong>de</strong><br />

das Erdgeschoss fehlen.<br />

Der Regen hat nachgelassen. Beim<br />

Wein erzählt Ip Man nun doch ein bisschen<br />

von sich und von Gent: Die Stadt sei<br />

die Wiege <strong>de</strong>r grünen Bewegung und<br />

damit <strong>de</strong>r Naturkost, sagt er und erklärt<br />

damit vielleicht, was ihn hergeführt hat.<br />

Dann schlägt er ein Büchlein auf: Ghent in<br />

Haiku. »Silent travellers listening to the<br />

sound of silence«, liest er. Stille Reisen<strong>de</strong><br />

lauschen <strong>de</strong>m Klang <strong>de</strong>r Stille. 2010 hat er<br />

ein Haiku-Festival organisiert, Schriftsteller<br />

sind nachts mit seinen Booten durch<br />

Gent gefahren und haben gedichtet, ihre<br />

Verse wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>m Buch gesammelt, aus<br />

<strong>de</strong>m er vorliest. Vergangenes Jahr hat Ip<br />

Man eine Woche Tag und Nacht auf einem<br />

Boot verbracht und dann Künstler eingela<strong>de</strong>n,<br />

es ihm nachzutun. Eine Frau hat ein<br />

Zelt aufgeschlagen auf ihrem Boot, ein an<strong>de</strong>rer<br />

Künstler hat sich eine Bretterbu<strong>de</strong><br />

darauf gebaut. Je<strong>de</strong>n Sommer leiht Ip Man<br />

seine Boote Musikern, die klassische Konzerte<br />

auf <strong>de</strong>m Wasser geben. »Ich liebe<br />

Gent, ich möchte es verschönern.«<br />

Auf <strong>de</strong>m Weg zurück läuten die Kirchturmglocken<br />

sieben Uhr. Ip Man lächelt.<br />

»Sehen Sie, die Zeit vergeht schnell auf<br />

einem langsamen Boot.«<br />

Viadagio, Ip Man, Oudburg 38, 9000 Gent,<br />

Tel. 0032/9/225 07 86, www.viadagio.be<br />

14 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Oben: Tierenteyn-Senf ist scharf, würzig und<br />

enthält keine Konservierungsstoffe. Darum wird er im<br />

La<strong>de</strong>n (Groentenmarkt 3) frisch ins Glas gefüllt.<br />

Rechts: Nicht einmal im Regen sieht<br />

Gent trist aus – im Gegenteil, es glänzt.<br />

Fotos: Peter <strong>de</strong> Krom<br />

B r ü c k e n Die sieben Brücken am alten<br />

Hafen von Gent heben sich nicht, son<strong>de</strong>rn<br />

drehen sich, wenn Schiffe passieren<br />

müssen. Den schönsten Blick hat man<br />

allerdings von <strong>de</strong>r Sint-Michielsbrug, die<br />

keine Drehbrücke mehr ist.<br />

S t a d t k u r a t o r Jan Hoet gilt als <strong>de</strong>r<br />

Noma<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n Ausstellungsmachern.<br />

Bekannt wur<strong>de</strong> er mit Chambres d’amis: Er<br />

überre<strong>de</strong>te 51 Genter Bürger aller Schichten<br />

und Stadtteile, je einen Künstler in<br />

ihre Wohnung zu lassen. »Displacement«<br />

nannte er diese I<strong>de</strong>e – kleine Verschiebungen,<br />

die entstehen, wenn das Vertraute<br />

neu erlebt wird. Die I<strong>de</strong>e nahm er mit<br />

nach Kassel auf die Documenta IX, <strong>de</strong>ren<br />

künstlerischer Leiter er 1992 war.<br />

E s s e n Waterzooi im Restaurant »Chez<br />

Léontine« (Vleeshuisbrug/Groentenmarkt<br />

10–11, Tel. 0032/9/225 06 80, www.chez<br />

leontine.be). Es liegt mitten in <strong>de</strong>r Stadt,<br />

direkt am Kanal und sieht dabei aus, als<br />

wäre es noch von <strong>de</strong>r Großmutter <strong>de</strong>s<br />

nicht mehr ganz jungen (aber sehr<br />

freundlichen) Wirts <strong>de</strong>koriert wor<strong>de</strong>n:<br />

Holzschuhe an <strong>de</strong>r vergilbten Wand,<br />

daneben ein Porzellankreuz, Hufeisen,<br />

Stiche <strong>de</strong>r belgischen Könige. Ein Bücherstapel<br />

stabilisiert <strong>de</strong>n Türrahmen.<br />

Der Wirt holt je<strong>de</strong>s Bier im Bierhuis nebenan.<br />

Waterzooi ist eine Hühnersuppe<br />

mit Lauch und Sellerie, was unspektakulär<br />

klingt, aber typisch belgisch ist. Sie<br />

ist sahnig und wird auch für eine Person<br />

in einer Terrine serviert – also besser keine<br />

Vorspeise bestellen.<br />

S c h l a f e n Himmlische Ruhe (und<br />

dazu viele <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Stadt raren Parkplätze)<br />

im »Hotel Poortackere Monasterium«<br />

(Ou<strong>de</strong> Houtlei 56, 0032/9/269 22 10, DZ<br />

ab 115 Euro, www.monasterium.be).<br />

Und morgens Gesang. Denn die Kirche,<br />

die zum alten Kloster gehört, ist noch in<br />

Betrieb.<br />

U n b e d i n g t in eine Kneipe gehen.<br />

Die Belgier sind große Kneipengänger,<br />

das merkt man ganz beson<strong>de</strong>rs in Gent.<br />

Vielleicht, weil die Stadt so klein ist und<br />

dabei voller Stu<strong>de</strong>nten. Nach <strong>de</strong>m Essen<br />

gehen alle, Jung und Alt, allein, zu zweit<br />

o<strong>de</strong>r in großen Gruppen, auf einen<br />

Schnaps in <strong>de</strong>n »Dreupelkot« (Groentenmarkt<br />

12, Tel. 00329/224 21 20, www.<br />

dreupelkot.be). Dreupel heißt Tropfen<br />

und <strong>de</strong>r Tropfen heißt Genever: Genever<br />

pur o<strong>de</strong>r mit Geschmack, die Bandbreite<br />

reicht von Kirsche bis Lebkuchen.<br />

Nach einem Glas davon verteilt man<br />

sich zügig auf die vielen an<strong>de</strong>ren Genter<br />

Kneipen – länger als auf einen Genever<br />

im »Dreupelkot« zu bleiben wäre ähnlich<br />

unpassend wie Weißwürste zum<br />

Aben<strong>de</strong>ssen in München.<br />

A u f k e i n e n F a l l mit durchgelaufenen<br />

Socken in die Kneipe »Dulle Griet«<br />

(Vrijdagmarkt 50, Tel. 0032/9/224 24 55,<br />

www.dullegriet.be) gehen. Dort gibt es<br />

Hun<strong>de</strong>rte Sorten Bier; eine davon wird<br />

in ein trompetenlanges Glas gezapft, das<br />

in einem Holzstän<strong>de</strong>r Halt fin<strong>de</strong>t. Diese<br />

Gläser sind so kostbar, dass <strong>de</strong>r Gast einen<br />

Schuh au<strong>sz</strong>iehen muss – das soll<br />

verhin<strong>de</strong>rn, dass er sich einfach mit <strong>de</strong>m<br />

Gefäß davonmacht. Der Schuh wird unter<br />

großem Geklingel, Gejohle und Geklatsche<br />

in einem Drahtkorb an die<br />

Decke <strong>de</strong>s Lokals gezogen. Wenn die eigenen<br />

Socken also nicht die frischesten<br />

sind, kann das unangenehm wer<strong>de</strong>n,<br />

und zwar für alle. Nach ein paar solcher<br />

Biere allerdings ist das auch wie<strong>de</strong>r egal.<br />

Und zwar allen. G A B R I E L A H E R P E L L<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 15


îLE-sur-la-Sorgue<br />

Bitte alle sammeln: Sonntags wird<br />

die Kleinstadt in <strong>de</strong>r französischen<br />

Provence zum gigantischen<br />

Antiquitätenmarkt<br />

B r ü c k e n Die Altstadt von Îsle-sur-la-<br />

Sorgue in <strong>de</strong>r Provence liegt auf einer Insel,<br />

auf die 15 schmale Brücken, sechs öffentliche<br />

und acht private Stege führen –<br />

und ein umgestürzter Birkenstamm.<br />

G o n d e l n Es gibt sie, aber sie beför<strong>de</strong>rn<br />

keine Touristen, son<strong>de</strong>rn Waren.<br />

Erzeuger aus <strong>de</strong>r Region bringen ihre<br />

Produkte auf <strong>de</strong>m Wasserweg in die<br />

Kleinstadt und verkaufen sie direkt aus<br />

<strong>de</strong>m Kahn heraus. Auf <strong>de</strong>n Kanälen<br />

schippern also frische Austern in Körben,<br />

Blumenbün<strong>de</strong>l und Laven<strong>de</strong>lsäckchen,<br />

Honig in Fässern o<strong>de</strong>r Ziegenkäse<br />

und keine fotografieren<strong>de</strong>n Shortsträger.<br />

Dem Stadtbild tut das gut.<br />

E s s e n kann man sehr gut, nämlich<br />

provenzalisch mit Michelin-Stern im<br />

Restaurant »Le Vivier« (www.levivierrestaurant.com),<br />

o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs schön:<br />

zum Beispiel im Restaurant »Les Terrasses<br />

du Bassin« (www.lesterrassesdubassin.com)<br />

auf einem Steg über <strong>de</strong>m Kanal,<br />

mit Blick auf alte Wasserrä<strong>de</strong>r.<br />

S c h l a f e n Große Hotels gibt es nur<br />

außerhalb <strong>de</strong>r Insel. Wer auf <strong>de</strong>m von<br />

<strong>de</strong>n Kanälen <strong>de</strong>r Sorgue umspülten Teil<br />

<strong>de</strong>r Kleinstadt übernachten will, <strong>de</strong>r<br />

nimmt sich ein Gästezimmer. Sehr<br />

schön sind die im Stadtpalazzo von Carole<br />

und Joël; zwei Personen zahlen hier<br />

je nach Saison zwischen 150 und 290<br />

Euro und bekommen dafür ein individuell<br />

eingerichtetes Zimmer mit Terrasse,<br />

Pool-Zugang und einem Frühstück<br />

von zwei meinungsstarken Ex-Parisern<br />

im Ruhestand, Schimpfwort-Sprachkurs<br />

inklusive; www.lacarolisle.com<br />

U n b e d i n g t die Reise nach Îsle-sur-la-<br />

Sorgue über einen Sonntag planen, <strong>de</strong>nn<br />

dann ist <strong>de</strong>r ganze Ort ein Antiquitätenmarkt.<br />

Bis zu 800 Händler kommen dafür<br />

in die Kleinstadt. Und die stellen ihre<br />

Waren nicht einfach nur am Straßenrand<br />

auf, sie richten ganze Musterzimmer ein<br />

wie bei Ikea – nur eben auf <strong>de</strong>m Niveau<br />

von ELLE Décoration.<br />

A u f k e i n e n F a l L auf einen Mietwagen<br />

verzichten: In unter einer Stun<strong>de</strong><br />

Autofahrt erreicht man <strong>de</strong>n gotischen<br />

Papstpalast von Avignon, das Aquädukt<br />

Pont du Gard, und das beinahe 2000<br />

Jahre alte römische Theater in <strong>de</strong>r Stadt<br />

Orange. Wen das nicht interessiert, <strong>de</strong>r<br />

braucht trotz<strong>de</strong>m einen Wagen: um die<br />

ganzen Weingüter und Chocolaterien <strong>de</strong>r<br />

Region abzufahren. l a r a f r i t z s c h e<br />

Île-sur-la-Sorgue<br />

(www.oti-<strong>de</strong>lasorgue.fr)<br />

ist ein Klischee:<br />

Die Leute laufen mit<br />

Baguettes unter<br />

<strong>de</strong>m Arm herum, rauchen<br />

Gauloises, trinken<br />

Pastis.<br />

16 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Mein AIDA Jahr<br />

mit dir!<br />

VALENTINSGESCHENK<br />

Wir schenken Ihnen einen Ausflug:<br />

• Bei Buchung bis 19.02.<strong>2013</strong><br />

• Für ausgewählte Kurzreisen in<br />

Nor<strong>de</strong>uropa und im Mittelmeer<br />

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• Attraktive Sport- und<br />

Wellnessangebote<br />

• Entertainment <strong>de</strong>r Spitzenklasse<br />

• Kin<strong>de</strong>rbetreuung im Kids Club<br />

• Deutsch als Bordsprache<br />

• Trinkgel<strong>de</strong>r<br />

Liebe schenken: AIDA Kurzreisen im Frühling.<br />

Am 14. <strong>Februar</strong> ist Valentinstag. Überraschen Sie Ihren liebsten Menschen<br />

mit etwas ganz Beson<strong>de</strong>rem: einer AIDA Kurzreise! Damit schenken Sie<br />

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vom Feinsten, sagenhaft leckeres Essen, Romantik pur, Entspannung total.<br />

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Warnemün<strong>de</strong><br />

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nicht übertragbar o<strong>de</strong>r mit an<strong>de</strong>ren AIDA Aktionen o<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rtarifen<br />

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***2. Klasse ohne BahnCard


WrocŁaw Brücken gibt es<br />

mehr als genug im alten Breslau.<br />

Aber <strong>de</strong>r literarische Kommissar<br />

ist hier kein Netter wie Brunetti<br />

Der Altphilologe Marek Krajewski hat<br />

seinen Job als Uniprofessor hingeschmissen,<br />

um mehr Krimis schreiben zu können. Sechs<br />

sind bisher schon auf Deutsch erschienen.<br />

B r ü c k e n Eine 200 Meter lange Hängebrücke<br />

mit Stahlseilen stellte Anfang<br />

<strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts noch ein Wagnis für<br />

Ingenieure dar. Deswegen wollte man die<br />

Kaiserbrücke über die O<strong>de</strong>r einem beson<strong>de</strong>ren<br />

Härtetest unterziehen: Ein ganzes<br />

Regiment Kaiser Wilhelms II. sollte<br />

darüber hinwegmarschieren. Als <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utsche Ingenieur davon erfuhr, so geht<br />

die Legen<strong>de</strong>, sprang er eine Woche vor<br />

<strong>de</strong>m Test von seiner Brücke in <strong>de</strong>n Tod,<br />

aus Furcht, sich verrechnet zu haben.<br />

Doch die Brücke hielt, sie überstand sogar<br />

zwei Weltkriege. Je zwei kleine Türme<br />

stan<strong>de</strong>n an bei<strong>de</strong>n En<strong>de</strong>n. Der <strong>de</strong>utsche<br />

Komman<strong>de</strong>ur ließ sie sprengen und mit<br />

ihnen ein ganzes Wohnareal, nur damit<br />

ein einziges Flugzeug aus <strong>de</strong>m von Sowjetsoldaten<br />

belagerten Breslau starten konnte.<br />

Das Flugzeug stürzte über Tschechien<br />

ab, die Türme an <strong>de</strong>r Brücke wur<strong>de</strong>n nie<br />

wie<strong>de</strong>r aufgebaut. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fünfzigerjahre<br />

soll Polens berühmtester Kunstflieger<br />

unter <strong>de</strong>r Brücke hindurch geflogen<br />

sein, trotz strengsten Verbots. Die unverwüstliche<br />

Kaiserbrücke heißt heute<br />

Grunwald-Brücke und ist längst zum<br />

Wahrzeichen für die so oft umkämpfte<br />

Stadt gewor<strong>de</strong>n.<br />

G o n d e l n Kleine Wassertaxis pen<strong>de</strong>ln<br />

zwischen <strong>de</strong>n O<strong>de</strong>r-Inseln in <strong>de</strong>r Stadtmitte,<br />

auf <strong>de</strong>nen im Sommer oft Rockkonzerte<br />

stattfin<strong>de</strong>n. Größere Boote fahren<br />

zur sogenannten Jahrhun<strong>de</strong>rthalle<br />

am Stadtrand, einem Bauwerk <strong>de</strong>r unter<br />

Architekten berühmten Breslauer Mo<strong>de</strong>rne.<br />

Man kann an Deck essen, manchmal<br />

wer<strong>de</strong>n die Boote auch für Partys<br />

gemietet.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Kommissar Eberhard<br />

Mock ist auf <strong>de</strong>n ersten Blick kein<br />

netter Mensch: Er ist cholerisch und pedantisch,<br />

hat ein Alkoholproblem, besucht<br />

Prostituierte und ohrfeigt Frauen.<br />

Vor allem aber ist er: Deutscher. Die historischen<br />

Krimis <strong>de</strong>s Altphilologen Marek<br />

Krajewski, die im Vorkriegs-Breslau<br />

spielen, sind in Polen <strong>de</strong>nnoch so beliebt,<br />

dass sogar eigene Mock-Spaziergänge<br />

durch die Innenstadt Wrocławs angeboten<br />

wer<strong>de</strong>n. In Deutschland wur<strong>de</strong>n die<br />

Übersetzungen bei Dtv mehrmals auf die<br />

KrimiWelt-Bes tenliste gewählt.<br />

E s s e n »Restauracja Quchnia Polska«,<br />

(Rynek 20/21, Tel. 0048/71/343 56 17, www.<br />

quchniapolska.pl). Polnische Küche, die<br />

mehr zu bieten hat als Pierogi – aber die<br />

auch. Unbedingt das Tatar probieren.<br />

S c h l a f e n »Hotel Monopol«: Marlene<br />

Dietrich und Picasso wohnten hier, Hitler<br />

hielt eine Re<strong>de</strong> vom Balkon. Ausgezeichnetes<br />

Frühstück hinter großen Fenstern mit Blick<br />

auf die Oper. Ul. H. Modrzejewskiej 2, Tel.<br />

0048/71/772 37 77, www.monopolwroclaw.<br />

hotel.com.pl, DZ ab 100 Euro.<br />

U N B E D I N G T eine Oper sehen. Im Sommer<br />

gibt es einige Vorstellungen auf einer<br />

O<strong>de</strong>r-Insel in <strong>de</strong>r Innenstadt o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rthalle. An bei<strong>de</strong>n Orten ein unvergessliches<br />

Erlebnis.<br />

A U F K E I N E N F A L L Alkohol auf öffentlichen<br />

Plätzen trinken, das ist hier<br />

verboten. Bei Konzerten auf <strong>de</strong>n O<strong>de</strong>r-<br />

Inseln drückt die Polizei allerdings meist<br />

ein Auge zu. L A R S R E I C H A R D T<br />

18 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Vilkovo Das<br />

Venedig <strong>de</strong>r<br />

Ukraine: mehr<br />

Wasser als Wege<br />

B r ü c k e n In <strong>de</strong>r Kleinstadt am Ran<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Donau<strong>de</strong>ltas gibt es nur vier Straßen,<br />

aber dafür Hun<strong>de</strong>rte von Kanälen mit<br />

einer Gesamtlänge von vierzig Kilometern.<br />

Im Restaurant »Manfreds« isst man bei Leuten, die früher im <strong>de</strong>rzeit weltbesten<br />

Restaurant »Noma« gearbeitet haben – und man bekommt noch einen Tisch,<br />

ohne drei Monate vorher zu reservieren.<br />

Kopenhagen Hier am Öresund<br />

ist das Essen zehnmal besser als an <strong>de</strong>r<br />

Adria. Das hat einen einfachen Grund<br />

G o n d e l n Mietboote fahren hinaus zu<br />

<strong>de</strong>n Vogelreservaten im Delta; auf einer<br />

<strong>de</strong>r Inseln sollte man die regionale<br />

Fischsuppe essen und Rotwein aus Vilkovo<br />

trinken.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Der georgische Poet<br />

und Sänger Bulat Okudschawa schrieb<br />

1985 das berühmte Lied Vilkovoer Fantasie.<br />

S c h l a f e n Im Hotel – doch, wirklich<br />

– »Venedig«, Lenina 19, neun Zimmer,<br />

DZ ab 30 Euro, Tel. 0038/70 48 43/313 74.<br />

Fotos: Getty Images (1); Vario (1)<br />

B r ü c k e n Zwischen <strong>de</strong>r Altstadt und<br />

<strong>de</strong>n vorgelagerten Inseln Christianshavn<br />

und Amager gibt es eine Klappbrücke<br />

namens Knippelsbro. 40 000 Radfahrer<br />

kämpfen sich je<strong>de</strong>n Tag durch <strong>de</strong>n Wind<br />

auf die an<strong>de</strong>re Seite. Falls ich irgendwann<br />

mal im öffentlichen Dienst arbeiten<br />

sollte, wür<strong>de</strong> ich gern in ihrem<br />

hübschen Art-déco-Kupferturm mit <strong>de</strong>r<br />

grünen Patina als Brückenwärterin meinen<br />

Dienst tun.<br />

g o n d e l n Machen Sie eine Kanalrundfahrt<br />

in einem Netto-Boot o<strong>de</strong>r buchen<br />

Sie <strong>de</strong>n hellblauen »fliegen<strong>de</strong>n Fisch« –<br />

das Copenhagen Water Taxi.<br />

S t a d t s c h r e i b e r In Kopenhagen löst<br />

die von <strong>de</strong>r Autorin Sara Blæ<strong>de</strong>l erdachte<br />

Kommissarin Louise Rick schwierige Fälle.<br />

E s s e n Aus <strong>de</strong>m übermächtigen Schatten<br />

<strong>de</strong>s »Noma« zu treten und eine ähnlich<br />

hochrangige Küche anzubieten ist<br />

nicht so einfach. Doch das Dreigestirn<br />

aus <strong>de</strong>m Koch Christian F. Puglisi, <strong>de</strong>m<br />

Restaurantleiter Kim Rossen und <strong>de</strong>m<br />

Sommelier An<strong>de</strong>rs Fre<strong>de</strong>rik Steen haben<br />

das mit ihren bei<strong>de</strong>n Lokalen, <strong>de</strong>m »Manfreds«<br />

und <strong>de</strong>m »Relæ«, auf beeindrucken<strong>de</strong><br />

Weise geschafft. Vielleicht auch,<br />

weil sie alle drei schon im »Noma« gearbeitet<br />

haben. Ihre junge, schlichte Küche<br />

ist sehr originell.<br />

S c h l a f e n Im »Central Hotel & Café«,<br />

einem Hotel mit nur einem Zimmer.<br />

O<strong>de</strong>r im »Hotel Fox« (www.hotelfox.dk),<br />

in <strong>de</strong>m die 61 Zimmer von 21 verschie<strong>de</strong>nen<br />

Künstlern gestaltet wur<strong>de</strong>n. O<strong>de</strong>r<br />

im »Ibsens Hotel«, einem Boutique-Hotel,<br />

Ven<strong>de</strong>rs ga<strong>de</strong> 23, Tel. 0045/33/13 19 13,<br />

www.ibsenshotel.dk, DZ ab 100 Euro.<br />

u n b e d i n g t Kaffee trinken im »Coffee<br />

Collective« in <strong>de</strong>r Jægersborgga<strong>de</strong>. Sich<br />

im Design Museum of Denmark (Bredga<strong>de</strong><br />

68) dänische Möbel anschauen. Im<br />

»Crème <strong>de</strong> la crème« im Erdgeschoss <strong>de</strong>s<br />

Warenhauses Magasin du Nord (Kongens<br />

Nytorv 13) alle sechs Kuchen probieren.<br />

Die Galerien in Kødbyen besuchen.<br />

Ein mo<strong>de</strong>rnes dänisches smørrebrød<br />

bei »Aamans« (Øster Farimagsga<strong>de</strong><br />

10) kaufen und damit einen Rundgang<br />

durch die Freistadt Christiania machen.<br />

Zum Schluss noch das Tivoli besuchen<br />

und sich um Mitternacht das Feuerwerk<br />

anschauen (Mittwoch und Samstag).<br />

A u f k e i n e n F a l l vergessen, ein<br />

Fahrrad zu leihen. K i l l e E n n a<br />

E s s e n Im einzigen Lokal <strong>de</strong>s Ortes, <strong>de</strong>m<br />

Café im »Hotel Venedig«, in <strong>de</strong>m ukrainische<br />

Hausmannskost serviert wird.<br />

U n b e d i n g t ins Fischerei-Museum gehen.<br />

Wer genug hat von Flüssen und Kanälen,<br />

kann in Vilkovo erstaunlicherweise<br />

auch eine Straußenfarm besuchen.<br />

A u f k e i n e n F a l l die eigene Trinkfestigkeit<br />

überschätzen, <strong>de</strong>nn ein Gläschen<br />

Wodka wird <strong>de</strong>n Besuchern hier an<br />

je<strong>de</strong>r Ecke angeboten.<br />

<br />

A n d r e a s B e r n a r d<br />

Der letzte Ort an <strong>de</strong>r Donaumündung: Vilkovo,<br />

das »Venedig <strong>de</strong>r Ukraine«.<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 19


Stockholm Die Donna<br />

Leon von Schwe<strong>de</strong>n heißt<br />

Håkan Nesser. Ein Gespräch<br />

Cooles Szenevolk in Sö<strong>de</strong>rmalm (links) o<strong>de</strong>r kurzhosige Touristen aus Deutschland (rechts)?<br />

Die Wahrheit liegt dazwischen: romantische Gassen und fast mediterranes Flair im Herzen <strong>de</strong>r Stadt.<br />

B R Ü C K E N Vor allem große Autobrücken,<br />

für kleine Stege ist das Wasser zu<br />

gewaltig. In dieser Stadt steht man alle<br />

paar Meter vor einem riesigen Meeresarm<br />

o<strong>de</strong>r See – und muss ständig Umwege<br />

gehen. Aber keine Sorge: Man kann Stockholm<br />

gut erlaufen, man sollte nur wan<strong>de</strong>rtaugliche<br />

Schuhe anziehen.<br />

G O N D E L N Keine schmalen Boote mit<br />

singen<strong>de</strong>n Ringelhemdchenträgern, aber<br />

Ausflugsboote, und die nicht zu knapp.<br />

Großartig sind vor allem die Touren,<br />

die auch raus in die Schären gehen,<br />

die steinige, zerklüftete Insellandschaft.<br />

Nur ein paar Kilometer außerhalb Stockholms<br />

sieht es schon aus wie am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Welt.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Ganz Europa ist<br />

verrückt nach Schwe<strong>de</strong>nkrimis. Ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />

Autor ist Håkan Nesser. Der<br />

kommt eigentlich aus Uppsala, hat gera<strong>de</strong><br />

sieben Jahre in New York und London gelebt<br />

und wohnt erst seit ein paar Monaten<br />

in Stockholm. Bevor wir mit unseren Fragen<br />

anfangen, hat erst mal er eine.<br />

Sie wollen ausgerechnet im Winter über<br />

Stockholm sprechen? Es ist jetzt total ekelhaft,<br />

Schnee, Matsch, ständig dunkel!<br />

Warum sind Sie dann wie<strong>de</strong>r nach Schwe<strong>de</strong>n<br />

gezogen?<br />

Ich bin nun mal Schwe<strong>de</strong>. Heimat, verstehen<br />

Sie? Und in Amerika ist man als Schwe<strong>de</strong> ein<br />

Exot, die sagen immer, ah, Herr Nesser, bei<br />

Ihnen gibt es doch so gute Schokola<strong>de</strong>! Und<br />

die schönen Berge . . ! Dann muss ich erklären,<br />

dass es um ein an<strong>de</strong>res Land mit »Schw-« geht.<br />

Dafür habt ihr Deutschen allerdings erstaunlich<br />

präzise Vorstellungen von Schwe<strong>de</strong>n.<br />

Haben wir?<br />

Ich glaube, es gibt in Deutschland zwanzig<br />

Bücher von mir – und auf 18 davon ist<br />

auf <strong>de</strong>m Cover ein rotes Holzhäuschen mit<br />

weißen Fensterrahmen abgebil<strong>de</strong>t.<br />

Gefällt uns halt.<br />

Ja, aber Schwe<strong>de</strong>n ist schon ein bisschen<br />

mehr als das. Ich habe mich oft gefragt, wa-<br />

20 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Fotos: Corbis; Sara Chahrrour / FindingBerlin<br />

rum die Deutschen die schwedischen Krimis<br />

so mögen. Ich glaube, es liegt an Astrid<br />

Lindgren. Ihr wachst auf mit Bullerbü und<br />

Pippi Langstrumpf, und dann müsst ihr<br />

euch nicht groß umstellen, wenn ihr später<br />

Krimis lest. Genauso ist es mit <strong>de</strong>n Touristen:<br />

Die Deutschen kommen gern nach<br />

Schwe<strong>de</strong>n, weil es hier fast wie zu Hause<br />

ist. Aber eben nur fast.<br />

Was an Schwe<strong>de</strong>n haben Sie im Ausland<br />

vermisst?<br />

Meine Leibspeisen natürlich. Zimtschnecken<br />

– die müssen Sie in Stockholm unbedingt<br />

essen! Und Hering.<br />

In Schwe<strong>de</strong>n gibt es doch diesen alten<br />

Hering in <strong>de</strong>r Dose, die man kaum öffnen<br />

kann …<br />

Surströmming. Den meine ich nicht! Völlig<br />

wi<strong>de</strong>rlich. Wenn man die Dose öffnet, stinkt<br />

es so bestialisch, eine Latrine ist nichts dagegen.<br />

Meistens wird empfohlen, die Dose<br />

unter Wasser zu öffnen. Meine Frau liebt<br />

das Zeug. Ich sage, was soll <strong>de</strong>r Unsinn, das<br />

ist verfaulter Fisch – sie sagt, <strong>de</strong>r ist nicht<br />

verfault, <strong>de</strong>r ist fermentiert!<br />

Früher lebten Sie in Uppsala, jetzt in<br />

Stockholm. Wie lässt es sich an?<br />

Ich liebe es! Eine Stadt, die nahezu auf <strong>de</strong>m<br />

Wasser schwebt. Einmalig.<br />

Dafür ist es meistens kühl, auch im Sommer.<br />

Trotz<strong>de</strong>m sieht man hier bei je<strong>de</strong>m<br />

Wetter Menschen mit kurzen Hosen herumlaufen.<br />

Das sind alles <strong>de</strong>utsche Touristen.<br />

Wie bitte?<br />

Im Ernst! Kurze Hosen: <strong>de</strong>utsche Touristen.<br />

Gut angezogene Touristen: Italiener.<br />

Ihre drei Lieblingsorte in Stockholm?<br />

1. Besichtigen Sie das Stadshuset, das ist<br />

das Gebäu<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m die Nobelpreispartys<br />

stattfin<strong>de</strong>n. Ein atemberauben<strong>de</strong>r Bau.<br />

Und er liegt toll am Wasser.<br />

2. Spazieren Sie durch Sö<strong>de</strong>rmalm im<br />

Sü<strong>de</strong>n von Stockholms Zentrum, ein ehemaliges<br />

Arbeiterviertel. Da leben all die<br />

Schriftsteller und Künstler, da gibt es Cafés<br />

und kleine Lä<strong>de</strong>n, ganz wun<strong>de</strong>rbar. Einfach<br />

rumlaufen, Sie wer<strong>de</strong>n es lieben.<br />

3. Skeppsholmen. Das ist gleich beim Palast<br />

um die Ecke. Da gibt’s gute Museen, vor<br />

allem aber ist es eine sehr grüne Insel. Ein<br />

Platz <strong>de</strong>r Ruhe mittendrin. Dort gibt’s auch<br />

ein sehr schönes Hotel, das heißt einfach<br />

auch »Skeppsholmen«. Darin fühlen Sie<br />

sich wie auf <strong>de</strong>m Land.<br />

Was muss man unbedingt vermei<strong>de</strong>n?<br />

<strong>Februar</strong>.<br />

E S S E N Bitte einmal im »Nytorget Urban<br />

Deli« (Nytorget 4, Tel. 0046/8/59 90 91 80,<br />

Wenn Nesser abends mit<br />

<strong>de</strong>m Hund rausmuss, dann am liebsten<br />

durch Gamla Stan.<br />

www.urban<strong>de</strong>li.org) vorbeischauen, mitten<br />

in Sö<strong>de</strong>rmalm. Unschlagbare Kombination<br />

aus Restaurant und Geschäft:<br />

Wem die tollen Fischgerichte und die<br />

vielen vegetarischen Angebote schmecken,<br />

<strong>de</strong>r kann hier zum Regal gehen<br />

und sich alle Zutaten (und noch viel<br />

mehr) für die Küche zu Hause kaufen.<br />

S C H L A F E N Wer immer schon mal in<br />

einem Museum übernachten wollte: Das<br />

»Victory Hotel« (Lilla Nygatan 5, Tel.<br />

0046/8/50 64 00 00, www.victoryhotel.se,<br />

DZ ab 195 Euro) liegt absolut zentral in<br />

Gamla Stan, <strong>de</strong>m alten Stadtkern – und<br />

beherbergt eine gigantische Sammlung<br />

von Seefahrts-Memorabilien. Wie Urlaub<br />

auf <strong>de</strong>m Schiff, aber ohne das lästige<br />

Schwanken.<br />

U N B E D I N G T Håkan Nesser empfiehlt:<br />

Nachts, wenn die Touristen weg sind, durch<br />

Gamla Stan spazieren, lauter ehrwürdige<br />

Kirchen und schiefe Häuser. Bei Tag ist er<br />

eine überlaufene Puppenstube, bei Nacht<br />

entwickelt <strong>de</strong>r Ort eine ganz eigene Magie.<br />

Und dann wirkt Gamla Stan mit seinen<br />

engen Gassen wirklich ein bisschen wie<br />

Venedig.<br />

A U F K E I N E N F A L L Håkan Nesser<br />

warnt: Die Einkaufsstraße Drottninggatan<br />

ist grauenhaft, nur seelenlose Mo<strong>de</strong>ketten<br />

und Einheit<strong>sz</strong>eug. Diese Art von Fußgängerzone<br />

fin<strong>de</strong>n Sie in je<strong>de</strong>r großen<br />

Stadt, dafür müssen Sie nicht extra nach<br />

Stockholm reisen.<br />

<br />

M a x F e l l m a n n<br />

NICHTS BRINGT SIE<br />

SO NAH HERAN<br />

WIE IHRE GANZ<br />

PERSÖNLICHE EXPEDITION<br />

www.hlkf.<strong>de</strong>/expedition<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 21


Sankt petersburg<br />

Weiße Nächte: zu<br />

Besuch bei<br />

Dostojewskis Urenkel<br />

22 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Sankt Petersburg verdankt<br />

Fjodor Dostojewski<br />

literarischen Ruhm, sein<br />

Urenkel Dmitri Dostojewski<br />

jedoch verdankt ihm sein<br />

Leben: Dostojewskis japanischer<br />

Übersetzer beschaffte<br />

ihm einst ein teures<br />

Krebsmedikament. Dmitris<br />

Enkel ist <strong>de</strong>r vierte Fjodor<br />

Dostojewski.


Peter <strong>de</strong>r Große ließ die ersten Kanäle in Sankt Petersburg einrichten,<br />

seine Tochter Elisabeth holte einen italienischen Architekten und Carrara-Marmor in die Stadt.<br />

Kein Wun<strong>de</strong>r, dass viele Ecken <strong>de</strong>r Stadt an Venedig erinnern.<br />

Schuld und<br />

Sühne war<br />

<strong>de</strong>r erste<br />

Roman seines<br />

Uropas,<br />

<strong>de</strong>n Dmitri las.<br />

»Aber ich<br />

war zu jung<br />

und zu dumm,<br />

um ihn zu<br />

verstehen«<br />

S t a d t s c h r e i b e r Lange hat Dmitri<br />

Andrejewitsch Dostojewski seinen Nachnamen<br />

als Fluch empfun<strong>de</strong>n. Seine Mutter<br />

hat ihm als Kind von seinem berühmten<br />

Urgroßvater erzählt und ihn<br />

gewarnt, er solle das lieber für sich behalten.<br />

Ein kluger Rat, so schien es: Wegen<br />

dieses Namens ist Dmitris Vater 1931<br />

kurz verhaftet wor<strong>de</strong>n, und auch in<br />

Dmitris Schule sei <strong>de</strong>r Name Dostojewski<br />

lange verpönt gewesen, kein einziges<br />

seiner Bücher sei auf <strong>de</strong>m Lehrplan aufgetaucht.<br />

So war das an einigen sowjetischen<br />

Schulen zur Stalin- und Chruschtschow-<br />

Zeit. Die Dämonen etwa, die Geschichte<br />

einer Verschwörung, wur<strong>de</strong> erst En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Siebzigerjahre neu aufgelegt, zu unwägbar<br />

schien die Wirkung dieses Buchs.<br />

Dmitri ist so klein wie sein Urgroßvater<br />

und auch im Gesicht meint man<br />

sofort eine Ähnlichkeit ent<strong>de</strong>cken zu<br />

können: die gleichen tiefen Augenhöhlen,<br />

leicht eingefallene Wangen, das dünne<br />

Haar, ein ähnlicher altrussischer Bart.<br />

Dmitri ist mit 67 allerdings schon sieben<br />

Jahre älter als Fjodor zum Zeitpunkt seines<br />

To<strong>de</strong>s.<br />

Das erste Buch aus <strong>de</strong>m Werk seines<br />

Urgroßvaters, das Dmitri las, war Schuld<br />

und Sühne, <strong>de</strong>r in Sankt Petersburg spielen<strong>de</strong><br />

psychologische Kriminalroman<br />

um <strong>de</strong>n Mör<strong>de</strong>r Rodion Raskolnikow.<br />

»Ich war damals 19 Jahre alt, zu jung<br />

und dumm, um es zu verstehen«, sagt er,<br />

er legte es bald wie<strong>de</strong>r weg. Schuld und<br />

Sühne, neu<strong>de</strong>utsch: »Verbrechen und<br />

Strafe«, gilt als Dostojewskis populärster<br />

Roman. Den Hinterhof, wo Raskolnikow<br />

wohnte, kann man heute noch besuchen,<br />

ebenso wie die letzte Wohnung Fjodor<br />

Dostojewskis, aus <strong>de</strong>r man 1971 ein Museum<br />

gemacht hat.<br />

Dmitris Vater trug im Krieg immer eine<br />

Büste von seinem Großvater Fjodor bei<br />

sich, als Glücksbringer. Dmitri dagegen<br />

begann erst in <strong>de</strong>n Sechzigerjahren, seinen<br />

Familiennamen zu schätzen. Er war<br />

ohne höheren Schulabschluss zur Armee<br />

gegegangen, zu DDR-Zeiten in Potsdam<br />

stationiert, später auf Kuba, arbeitete<br />

nach seiner Rückkehr als Straßenbahnführer<br />

und schlug sich mit kleineren<br />

Reparaturjobs durch. Aber er wur<strong>de</strong> eingela<strong>de</strong>n<br />

in die ganze Welt. Zu Tagungen<br />

<strong>de</strong>r Dostojewski-Gesellschaft, zu Dreharbeiten<br />

einiger Dokumentarsendungen<br />

über das Leben <strong>de</strong>s Urgroßvaters. 1964<br />

war er für eine BBC-Dokumentation in<br />

Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n, er ging abends ins Kasino<br />

und gewann mit <strong>de</strong>m System, das <strong>de</strong>r<br />

Urgroßvater in seinem Roman Der Spieler<br />

skizziert hatte, 190 Mark, viel Geld in <strong>de</strong>r<br />

damaligen Zeit. 1981 bekam Dmitri<br />

24 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Krebs und brauchte dringend ein teures,<br />

für ihn unbezahlbares Medikament aus<br />

Japan. Dmitris Mutter bat <strong>de</strong>n japanischen<br />

Übersetzer um Hilfe, <strong>de</strong>r half<br />

gerne und schnell, Fjodor Dostojewski<br />

wird merkwürdigerweise in Japan wie<br />

ein Nationalheld verehrt. Dmitri wur<strong>de</strong><br />

geheilt und sagt heute: »Fjodor hat mir<br />

das Leben gerettet.«<br />

Inzwischen lebt Dmitri am Stadtrand<br />

von Sankt Petersburg, in einem Plattenbau<br />

auf 46 Quadratmetern, zusammen<br />

mit seiner Schwiegertochter und drei Enkelkin<strong>de</strong>rn.<br />

Er arbeitet schon lange nicht<br />

mehr, das Bein schmerzt immer wie<strong>de</strong>r.<br />

Manchmal fährt er ins Museum, um Literaturwissenschaftler<br />

und Touristen im<br />

Namen <strong>de</strong>r Familie zu begrüßen. Ganz<br />

selten empfängt er Besuch zu Hause in<br />

<strong>de</strong>r kleinen Küche inmitten <strong>de</strong>r toben<strong>de</strong>n<br />

Enkelkin<strong>de</strong>r.<br />

Sein Sohn Alexei arbeitet als Fährkapitän<br />

für ein Kloster, das auf einer Insel im<br />

Lagoda-See liegt; er kommt nur alle zwei<br />

Wochen nach Hause. Auch Alexei hat<br />

nie studiert, musste zur Armee, arbeitete<br />

kurze Zeit als Straßenbahnführer. Wenn<br />

Dmitris Bein ihn wie<strong>de</strong>r zwingt, zu Hause<br />

zu bleiben, schickt er Alexei als Vertreter<br />

<strong>de</strong>r Familie zu <strong>de</strong>n Tagungen in<br />

aller Welt. Die Dostojewskis haben seit<br />

<strong>de</strong>r Revolution 1917 keine Tantiemen erhalten,<br />

aber im Russland Putins sind <strong>de</strong>r<br />

Name <strong>de</strong>s Schriftstellers und seine Überlegungen<br />

zur russischen Nation so populär<br />

wie lange nicht mehr.<br />

Dmitris Enkeltochter war vier, als ihr<br />

die Eltern vom berühmten Vorfahren erzählten;<br />

sie verstand es noch nicht. Sein<br />

jüngster Enkel Fjodor ist gera<strong>de</strong> einmal<br />

zweieinhalb Jahre alt. Er ist <strong>de</strong>r vierte<br />

Fjodor Dostojewski, und die Familie ist<br />

glücklich, dass <strong>de</strong>r Nachname nun nicht<br />

aussterben wird. Die Familie Dostojewski<br />

führe ein glückliches Leben, sagt Dmitri.<br />

»Fjodor hat drei Dinge für alle seine Nachkommen<br />

besiegt: <strong>de</strong>n Alkohol, die Epilepsie<br />

und die Spielsucht.«<br />

Natürlich hat Dmitri inzwischen alles<br />

vom Urgroßvater gelesen. Immer noch ist<br />

Schuld und Sühne das Buch, über das fast<br />

alle mit ihm sprechen wollen. Dmitris<br />

Lieblingsbuch ist jedoch ein an<strong>de</strong>res: Die<br />

Brü<strong>de</strong>r Karamasow. »Wer die russische<br />

Seele kennenlernen und verstehen will,<br />

muss dieses Buch lesen. Die drei Brü<strong>de</strong>r<br />

symbolisieren alles, was uns Russen ausmacht:<br />

<strong>de</strong>n Glauben, <strong>de</strong>n Zweifel, die<br />

Rebellion.«<br />

B R Ü C K E N Nachts um halb zwölf wer<strong>de</strong>n<br />

während <strong>de</strong>r taghellen »weißen<br />

Nächte« im Sommer die Brücken hoch-<br />

Sankt Petersburg hat seine großen Literaten meist schlecht behan<strong>de</strong>lt, ihre<br />

Werke waren verboten o<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n missachtet. Bis heute ist Joseph Brodsky, immerhin<br />

Lite ratur-Nobelpreisträger, <strong>de</strong>r Stadtverwaltung kein Museum wert. Diese Ehre wur<strong>de</strong><br />

nur Fjodor Dostojewski – unten sein Wohnhaus – und Alexan<strong>de</strong>r Puschkin zuteil.<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 25


Putin verbringt gelegentlich<br />

ein privates Wochenen<strong>de</strong> auf einer<br />

Newa-Insel. Weil er nicht gern Boot<br />

fährt, lässt er sich einfliegen<br />

Oben: Geflügelte Löwen stehen an <strong>de</strong>r Fußgängerbrücke hinter <strong>de</strong>r<br />

Kasaner Kathedrale am Newski-Prospekt. Rechte Seite: Wer braucht schon Brücken,<br />

wenn man auch einfach übers Eis laufen kann?<br />

geklappt. Dutzen<strong>de</strong> Frachtschiffe fahren<br />

dann hintereinan<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Ostsee<br />

die Newa herauf in Richtung Ladoga-<br />

See und weiter über die von Stalin gebauten<br />

Kanäle – bis nach Moskau und<br />

über die Wolga bis ins Kaspische Meer.<br />

Den besten Blick auf diese Schiffspara<strong>de</strong><br />

hat man vor <strong>de</strong>r Schlossbrücke zwischen<br />

Basilius-Insel und Altstadt. Aktivisten<br />

aus <strong>de</strong>m Umfeld von Pussy Riot<br />

haben früher oft ihre Parolen auf die<br />

Brücken gemalt, immer kurz vor <strong>de</strong>m<br />

Hochklappen.<br />

G O N D E L N Die Stadt hat viele Inseln. Auf<br />

einer liegt die Resi<strong>de</strong>nz, in <strong>de</strong>r Wladimir<br />

Putin gelegentlich ein Privat-Wochenen<strong>de</strong><br />

verbringt. Putin fährt nicht gern Auto<br />

und auch nicht gern Boot, er fliegt am<br />

liebsten mit <strong>de</strong>m Hubschrauber ein – genau<br />

wie Roman Abramowitsch, <strong>de</strong>r<br />

gleich eine ganze Insel für sich allein hat.<br />

Überhaupt: Ins Boot steigen in Sankt<br />

Petersburg nur Verliebte o<strong>de</strong>r Touristen.<br />

Kleine Boote fahren im Sommer die ganze<br />

Nacht durch die Kanäle unter einigen<br />

<strong>de</strong>r 320 Brücken hindurch, vorbei auch<br />

an Puschkins letzter Wohnung. Man<br />

kann auf <strong>de</strong>n Booten essen. Große Tragflügelboote<br />

fahren hinaus zum prunkvollen<br />

Schloss Peterhof, dreißig Kilometer<br />

außerhalb <strong>de</strong>r Stadt.<br />

E S S E N Graf Grigorij Alexandrowitsch<br />

Stroganoff soll das Rezept für Bœuf<br />

Stroganoff En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 1<strong>8.</strong> Jahrhun<strong>de</strong>rts in<br />

Sankt Petersburg erfun<strong>de</strong>n haben, als er<br />

unerwartet Besuch bekam und sämtliche<br />

Küchenreste in die Pfanne warf – so lautet<br />

je<strong>de</strong>nfalls eine Version. Das Gericht<br />

ist nicht schwierig zuzubereiten: Man<br />

brät Filetspitzen vom Rind o<strong>de</strong>r Kalb<br />

mit Zwiebeln und je nach Rezept verschie<strong>de</strong>nen<br />

an<strong>de</strong>ren Zutaten an; immer<br />

ge hören Dill, saure Sahne und Gewürzgurken<br />

dazu, egal ob in die Sauce gemischt<br />

o<strong>de</strong>r als Extra-Beilage. In Sankt<br />

Petersburg hat je<strong>de</strong>r Koch sein eigenes<br />

Familien rezept, man kann es be<strong>de</strong>nkenlos<br />

in je<strong>de</strong>r Kneipe bestellen, es misslingt<br />

nie. Mein bestes Bœuf Stroganoff aß ich<br />

im Restaurant <strong>de</strong>s »Hotels Astoria«,<br />

einem alten Grandhotel mit gut erhaltenen<br />

Jugendstil-Möbeln, in <strong>de</strong>m schon<br />

Rasputin und etwas später Lenin aßen.<br />

In <strong>de</strong>r Sauce waren Pilze, wahrscheinlich<br />

war auch <strong>de</strong>r Cognac darin beson<strong>de</strong>rs<br />

gut, <strong>de</strong>r Kartoffelbrei war frisch gestampft,<br />

die Gewürzgurken waren als<br />

Salat angemacht, dazu wur<strong>de</strong>n Wodka<br />

und Bier gereicht. 39 Bolshaja Morskaja,<br />

Tel. 007/812/494 57 57, www.thehotelastoria.com<br />

S C H L A F E N Hotels in Sankt Petersburg<br />

und Moskau sind vergleichsweise teuer.<br />

Wer über Veranstalter wie zum Beispiel<br />

Studiosus Reisen Flug und Hotel<br />

bucht, bekommt in <strong>de</strong>r Regel günstigere<br />

Raten. »The Brothers Kara mazov« ist<br />

ein kleines Mittelklasse- Hotel, um die<br />

Ecke vom Dostojewski-Museum gelegen<br />

und teilweise mit Möbeln aus <strong>de</strong>m<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rt eingerichtet. Sehr gutes,<br />

preiswertes Hotelrestaurant. 11-Ay,<br />

Sotsialisticheskaya st., Tel. 007/812/<br />

335 11 85, DZ ab 125 Euro, www.karamazovhotel.com<br />

U N B E D I N G T die Eremitage besuchen.<br />

Man steht zwar auch im Winter zwei<br />

Stun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Schlange vor <strong>de</strong>r Kasse<br />

(wenn man ohne Reiseführer kommt),<br />

aber an diesem neben <strong>de</strong>m Louvre und<br />

<strong>de</strong>m Prado be<strong>de</strong>utendsten Kunstmuseum<br />

Europas führt kein Weg vorbei.<br />

A U F K E I N E N F A L L Wein bestellen, <strong>de</strong>r<br />

ist teuer in Russland. Oft meint man, <strong>de</strong>r<br />

Preis auf <strong>de</strong>r Karte wer<strong>de</strong> wohl für die ganze<br />

Flasche gelten, und erschrickt dann<br />

mächtig bei <strong>de</strong>r Rechnung.<br />

<br />

L A R S R E I C H A R D T<br />

Fotos: Alexan<strong>de</strong>r Gronsky / Institute<br />

26 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 27


empuriabrava<br />

Tradition? Das Venedig<br />

Kataloniens ist gera<strong>de</strong><br />

mal 45 Jahre alt<br />

B r ü c k e n Nur zwanzig Brücken überqueren<br />

das über dreißig Kilometer lange<br />

Kanalnetz von Empuriabrava. Die<br />

Einheimischen unterqueren sie <strong>de</strong>nn<br />

auch lieber mit ihren Booten: Je<strong>de</strong>s<br />

Haus hat eine eigene Anlegestelle.<br />

G o n d e l n Touristen können die Siedlung<br />

nahezu geräuschlos mit kleinen<br />

Elektrobooten erkun<strong>de</strong>n.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Carles Fages <strong>de</strong><br />

Climent schrieb Gedichte über die Region<br />

Empordà, die teilweise von seinem<br />

besten Freund Salvador Dalí illustriert<br />

wur<strong>de</strong>n. Fages starb allerdings schon<br />

1968, sodass er Empuriabrava kaum noch<br />

kennenlernen konnte. Denn das Venedig<br />

Kataloniens wur<strong>de</strong> erst 1967 gebaut, um<br />

kaufkräftige Touristen mit eigener Yacht<br />

aus <strong>de</strong>m Nor<strong>de</strong>n Europas anzuziehen.<br />

E s s e n »Sabores«, Av. Juan Carlos I, Portofino,<br />

58, Tel. 0034/972/45 05 34, saboresrestaurant.es.<br />

Katalanische Fusion-Küche,<br />

unbedingt die Sepia à la chef probieren.<br />

S c h l a f e n Hotel »Port Salins« direkt<br />

am Salinskanal, Av. Fages <strong>de</strong> Climent,<br />

10–15, www.hotelportsalins.com, Tel.<br />

0034/902/45 47 00, DZ ab 80 Euro.<br />

U n b e d i n g t Fallschirm springen. Wer<br />

sich das auf diesem größten Sprungplatz<br />

Europas nicht traut, kann in einem gläsernen<br />

Windkanal auch einen schönen Nervenkitzel<br />

erleben; www.skydiveempuriabrava.com<br />

A U F K E I N E N F A L L einem Vogel etwas<br />

zulei<strong>de</strong> tun. Empuriabrava liegt im Golf<br />

<strong>de</strong> Roses, einem Feuchtgebiet, das unter<br />

Naturschutz steht. A c h i m j e c h t<br />

Aveiro<br />

Es gibt tatsächlich<br />

Gon<strong>de</strong>ln in Portugal.<br />

Aber <strong>de</strong>r nette<br />

Stadtführer hat dazu<br />

eine eher<br />

ungewöhnliche<br />

Meinung<br />

B r ü c k e n gibt es einige, aber Verzeihung,<br />

ich habe sie we<strong>de</strong>r gezählt noch<br />

wollte ich sie <strong>de</strong>tailliert beschreiben,<br />

<strong>de</strong>nn so spektakulär ist die Gon<strong>de</strong>l-Rundfahrt<br />

(5 Euro, 45 Minuten) einfach nicht.<br />

José Nuno Guerra, mein sehr netter<br />

Stadtführer, sagt: »Ich mag <strong>de</strong>n Titel ›Venedig<br />

Portugals‹ nicht, er weckt falsche<br />

Vorstellungen.« José ist 30, war früher<br />

Unternehmensberater in Paris, bekam<br />

dann Heimweh und grün<strong>de</strong>te erst ein<br />

Hostel und dann das beste Restaurant <strong>de</strong>r<br />

Stadt (siehe unten). José rät: Keine Seufzerbrücke<br />

und keinen Markusplatz erwarten,<br />

sich lieber überraschen lassen.<br />

Das kann Aveiro besser als Venedig.<br />

Mein Haus, mein Boot, mein Anlegeplatz – in Empuriabrava<br />

folgt die nachbarliche Hackordnung ganz klaren Kriterien.<br />

G o n d e l n heißen hier »Moliceiros« und<br />

dienten früher zum Seetang-Fischen in<br />

<strong>de</strong>r riesigen Lagune, in <strong>de</strong>r Aveiro liegt.<br />

Der Seetang kam als Dünger auf die Fel<strong>de</strong>r.<br />

Heute nehmen die Bauern Kunstdünger,<br />

aus <strong>de</strong>n Gon<strong>de</strong>ln wur<strong>de</strong>n Ausflugsboote.<br />

Deren Bug zieren halb nackte Frauen –<br />

was einsame Fischer halt so malen.<br />

E s s e n »Seit letztem Jahr spürt man die<br />

Krise richtig im Land«, sagt José, <strong>de</strong>r<br />

trotz<strong>de</strong>m direkt am Fischmarkt sein »O<br />

Fotos: Mauritius; Getty Images<br />

28 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Bairro« im August 2012 eröffnet hat. Für<br />

portugiesische Verhältnisse etwas teurer,<br />

für <strong>de</strong>utsche günstig: 35 Euro für ein sehr<br />

leckeres Fünf-Gänge-Aben<strong>de</strong>ssen samt<br />

gutem Wein. Der junge Chefkoch Tiago<br />

Santos nimmt klassische Gerichte wie<br />

Tintenfischsalat und interpretiert sie neu<br />

(»O Bairro«, Largo da Praça do Peixe, 24).<br />

Tipp für ein schnelles Mittagessen: Im<br />

»Zé da Parreirinha«, Travessa Do Lavadouro<br />

10, kosten Suppe, Hauptgericht und<br />

Dessert zusammen 5 Euro. Einfach gut.<br />

S c h l a f e n Für Jüngere: Josés Hostel<br />

www.aveirorossiohostel.com bietet viel<br />

Charme für wenig Geld. Es gibt Doppelund<br />

Gruppenzimmer. Für Bessersituierte:<br />

das gediegene »Hotel Moliceiro«<br />

(www.hotelmoliceiro.pt). Die Gon<strong>de</strong>ltour<br />

startet gleich gegenüber.<br />

U n b e d i n g t Ovos Moles essen, eine Spezialität<br />

aus Eigelb und Zucker; BUGA-<br />

Rä<strong>de</strong>r leihen (umsonst, dafür miese Bremsen);<br />

abends im »Mercado Negro« vorbeischauen<br />

(Rua João Mendonça, 17), da gibt<br />

es Konzerte, Filme, Partys. Mit <strong>de</strong>m Mietwagen<br />

an <strong>de</strong>n Strand Costa Nova zum<br />

Surfen o<strong>de</strong>r in die nahe Großstadt Porto.<br />

A u f k e i n e n F a l l über das riesige<br />

Fußballstadion re<strong>de</strong>n. Das sieht mit seiner<br />

bunten Bemalung zwar lustig aus, ist aber<br />

ein Fiasko: gebaut zur Fußball-EM 2004,<br />

bis heute nicht abbezahlt und zu Heimspielen<br />

<strong>de</strong>s Erstligisten SC Beira-Mar spärlich<br />

besucht. M A R C B A U M A N N<br />

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<strong>de</strong>r feine Gaumen soll verwöhnt<br />

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Rovinj Venedig-Gefühl?<br />

Klar: Ganz Istrien wird doch als<br />

Klein-Italien gehan<strong>de</strong>lt<br />

B r ü c k e n Zwar hat das kroatische Rovinj<br />

im Mittel alter mal zu Venedig gehört,<br />

die Altstadt liegt auch auf einer Halbinsel<br />

– aber trotz<strong>de</strong>m gibt es keine einzige Brücke.<br />

Früher gab es mal eine, herüber vom<br />

Festland auf die Insel, aber als <strong>de</strong>r Kanal<br />

1763 zugeschüttet wur<strong>de</strong>, verschwand<br />

auch sie. Nur das Café »Al Ponto« erinnert<br />

noch heute an <strong>de</strong>n Übergang.<br />

ge Sänger Musikinstrumente mit ihrer<br />

Stimme imitieren: die »Bitinada«. Touristen<br />

können Batana-Fahrten und ein Essen<br />

im »Spacio« buchen.<br />

S t a d t m a l e r In <strong>de</strong>r Künstlergasse<br />

Grisia lebt <strong>de</strong>r 87-jährige Maler Bruno<br />

Mascarelli; er arbeitet seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fünfzigerjahre<br />

in Rovinj.<br />

G o n d e l n Auch Rovinj hat berühmte<br />

Boote, die flachbäuchigen Batanas: Sie<br />

wer<strong>de</strong>n geru<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r gesegelt. Wenn die<br />

Batana-Fischer früher von <strong>de</strong>r Arbeit kamen,<br />

trafen sie sich in einem »Spacio«,<br />

einem kellerartigen Raum, <strong>de</strong>n viele Häuser<br />

in Rovinj haben – zum Essen, Trinken,<br />

Singen. Heute segeln die Fischer bei Batana-Umzügen<br />

mit ihren traditionellen<br />

roten Zipfelmützen auf <strong>de</strong>m Kopf um die<br />

Halbinsel herum. Ihr Gesang dabei ist<br />

einzigartig: Weil sie früher beim Fischen<br />

nicht die Hän<strong>de</strong> für Musikinstrumente<br />

frei hatten, ist in Rovinj ein beson<strong>de</strong>rer<br />

A-capella-Gesang entstan<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>r eini-<br />

E s s e n In Istrien gibt es das ganze Jahr<br />

Trüffeln – und viel davon: In <strong>de</strong>n Konobe,<br />

<strong>de</strong>n kroatischen Wirtshäusern, bekommt<br />

man Trüffeln sogar auf Butterbrot serviert.<br />

Außer<strong>de</strong>m empfehlenswert: Meeresfrüchte<br />

und Fisch in allen Variationen und eine<br />

seltene Rin<strong>de</strong>rart, die es nur in Istrien gibt,<br />

das Boškarin. Um <strong>de</strong>ssen Fleisch zuzubereiten,<br />

brauchen Köche eine Son<strong>de</strong>rerlaubnis<br />

und eine spezielle Ausbildung.<br />

Legendär ist die mit Nippes vollgestopfte<br />

Konoba »Veli Jozé«, Svetoga Kriza 1, Altstadt,<br />

direkt am Wasser. Boškarin-Rind<br />

probiert man am besten im ein paar Kilometer<br />

entfernten Hotel »La Grisa« in Bale,<br />

www.la-grisa.com, DZ ab 78 Euro.<br />

Das ist doch… nein, das ist nicht <strong>de</strong>r<br />

Campanile vom Markusplatz, son<strong>de</strong>rn eine<br />

recht passable Kopie in Rovinj. Aber<br />

die dürfen das, <strong>de</strong>nn das Küstenstädtchen<br />

gehörte einst zur Republik Venedig.<br />

S c h l a f e n »Villa Tuttorotto«, Dvor Massatto<br />

4, Tel. 00385/52/81 51 81, www.villatuttorotto.com,<br />

www.schlosshotels.co.at<br />

– ein altes, vor Antiquitäten strotzen<strong>de</strong>s<br />

Herrenhaus. Um durch die schmalen<br />

Gassen <strong>de</strong>r autofreien Altstadt zum Hotel<br />

zu gelangen, erhält man eine Son<strong>de</strong>rgenehmigung<br />

– aber nur für die halbe Stun<strong>de</strong>,<br />

die man zum Ein- und Ausla<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Koffer braucht. Frühstück auf <strong>de</strong>m Balkon<br />

mit Meerblick, DZ ab 79 Euro.<br />

U n b e d i n g T in Restaurants die Hausweine<br />

bestellen: Weil Kroatien (noch) so<br />

wenig Wein exportiert, sind die gut. Die<br />

am weitesten verbreitete Rebe heißt Malvasia,<br />

aus <strong>de</strong>r auch aromatische Dessertweine<br />

produziert wer<strong>de</strong>n.<br />

A u f k e i n e n F a l l Taschentücher mit<br />

Duft kaufen. Die Kroaten nehmen Parfümierungen<br />

sehr ernst.<br />

<br />

K E R S T I N G R E I N E R<br />

Foto: Corbis<br />

30 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


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Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 31


cambridge<br />

Kälter als das Original.<br />

Und verregneter.<br />

Aber mit<br />

Seufzerbrücke<br />

Die Fälschung wird nicht ganz so oft fotografiert wie das Original,<br />

obwohl man ihr viel näher kommen kann: die Seufzerbrücke in Cambridge.<br />

B r ü c k e n Cambridge, zu Deutsch<br />

Cam-Brücke – da überrascht es wenig,<br />

dass die Universitätsstadt sowohl einen<br />

Fluss namens Cam zu bieten hat als auch<br />

23 Brücken, die hinüberführen. Die »Seufzerbrücke«<br />

<strong>de</strong>s St. John’s College ist eine<br />

<strong>de</strong>r berühmtesten. Sie hat wenig mit ihrer<br />

venezianischen Namensgeberin gemein,<br />

außer dass sie überdacht ist und fortwährend<br />

fotografiert wird. Es gibt interessantere<br />

Brücken, zum Beispiel die »Mathematical<br />

Bridge«. Bei <strong>de</strong>r gegenwärtigen<br />

Version von 1905 han<strong>de</strong>lt es sich bereits<br />

um die dritte, die an dieser Stelle nach<br />

Plänen von 1749 entstand. Sie beschreibt<br />

einen Bogen, besteht aber ausschließlich<br />

aus gera<strong>de</strong>n Holzbalken, die eine Reihe<br />

raffiniert berechneter Tangenten bil<strong>de</strong>n.<br />

Dass Isaac Newton persönlich die Brücke<br />

ohne eine einzige Schraube gebaut habe,<br />

ist allerdings eine Legen<strong>de</strong>.<br />

G O N D E L N Die flachen Punts – sie<br />

dienten früher <strong>de</strong>m Fischfang – ziehen<br />

seit Jahrhun<strong>de</strong>rten ihre Bahnen über <strong>de</strong>n<br />

Cam. Es herrscht so scharfe Konkurrenz<br />

zwischen Bootsbetreibern, die touristi-<br />

32 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 33


sche Flusstouren anbieten, dass die Stadt<br />

eine Punt Police einrichten musste. Die<br />

sorgt dafür, dass Profi-Punter einan<strong>de</strong>r<br />

nicht wie früher heimlich die Boote versenken.<br />

Am besten mietet man sich<br />

selbst ein Punt und stakt mithilfe einer<br />

Stange <strong>de</strong>n Cam entlang. Den schönsten<br />

Blick auf die Colleges hat man von <strong>de</strong>n<br />

»Backs« aus, <strong>de</strong>m malerischen Flussabschnitt<br />

zwischen Magdalene Bridge und<br />

Silver Street Bridge. Der Punter steht dabei<br />

auf <strong>de</strong>r »Box«, <strong>de</strong>m abgeflachten<br />

Bootsen<strong>de</strong>. Wer sich ins Boot stellt, hat<br />

das Punting wahrscheinlich in Oxford<br />

gelernt. Dort zeigt traditionell das abgeflachte<br />

En<strong>de</strong> nach vorn.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Seit seinem Debüt<br />

in »Cambridge Blue« 2009 ist Gary Goodhew,<br />

<strong>de</strong>r »jüngste Detektiv <strong>de</strong>r Parksi<strong>de</strong> Station«,<br />

in bisher vier Romanen auf Mör<strong>de</strong>rjagd gegangen.<br />

Eine Leserin schrieb an Goodhews<br />

Erfin<strong>de</strong>rin Alison Bruce, ihr habe »Cambridge<br />

Blue« beson<strong>de</strong>rs gefallen, weil eines<br />

<strong>de</strong>r Opfer »direkt vor meiner Haustüre ermor<strong>de</strong>t<br />

wird«.<br />

SZ-Magazin: Mrs. Bruce, ist Cambridge<br />

eine gute Stadt für Krimis?<br />

Alison Bruce: Als ich aus Swindon hierher<br />

zog, gab es zwar schon um die 120 Kriminalromane,<br />

die hier spielten, aber keinen<br />

Polizisten, <strong>de</strong>ssen Name mit <strong>de</strong>r Stadt verbun<strong>de</strong>n<br />

war wie <strong>de</strong>r von Inspektor Morse<br />

mit Oxford – ein Versäumnis. Ich hatte<br />

Detective Constable Goodhew schon als<br />

I<strong>de</strong>e im Kopf, und mir wur<strong>de</strong> schnell klar,<br />

dass er eine tiefe Verbun<strong>de</strong>nheit mit dieser<br />

Stadt empfin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.<br />

Er hat sein ganzes Leben in Cambridge<br />

verbracht.<br />

Ja, er hat als Kind alle Gassen mit <strong>de</strong>m<br />

Fahrrad erkun<strong>de</strong>t. Und er wollte seit<br />

seinem zwölften Geburtstag Polizist in<br />

Cambridge wer<strong>de</strong>n, um eine Art Wächter<br />

<strong>de</strong>r Stadt zu sein. Als Zugezogene musste<br />

ich mich also mit <strong>de</strong>r Umgebung bestens<br />

vertraut machen, um sie durch Garys<br />

Augen sehen zu können.<br />

Wie sehen Sie Cambridge heute?<br />

Mich fa<strong>sz</strong>inieren vor allem die Gegensätze<br />

dieser Stadt, alt und neu, international<br />

und provinziell. Man sieht Architektur aus<br />

allen Epochen seit <strong>de</strong>r Universitätsgründung<br />

im 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt, aber in diesen<br />

alten Gebäu<strong>de</strong>n wird Spitzenwissenschaft<br />

betrieben. Stu<strong>de</strong>nten aus <strong>de</strong>r ganzen Welt<br />

leben Seite an Seite mit Einheimischen,<br />

die nie woan<strong>de</strong>rs gewohnt haben.<br />

Und Ihre Bücher sollen all diese Aspekte<br />

zeigen?<br />

Ich erkun<strong>de</strong> Gegen<strong>de</strong>n abseits <strong>de</strong>r Touristengebiete<br />

o<strong>de</strong>r versuche Neues im<br />

vermeintlich Vertrauten zu ent<strong>de</strong>cken.<br />

Während meiner Recherche auf <strong>de</strong>m viktorianischen<br />

Mill-Road-Friedhof ist mir<br />

zum Beispiel aufgefallen, dass er wie eine<br />

Gitarre geformt ist. Das wussten nicht<br />

mal die Alteingesessenen.<br />

Etwas jünger und<br />

etwas blon<strong>de</strong>r als Donna Leon:<br />

Alison Bruce.<br />

»Mich<br />

fa<strong>sz</strong>inieren vor<br />

allem die<br />

Gegensätze<br />

dieser Stadt: alt<br />

und neu,<br />

international<br />

und<br />

provinziell«<br />

E S S E N An einem Frühlingsmorgen <strong>de</strong>s<br />

Jahres 1897 spazierten ein paar Stu<strong>de</strong>nten<br />

zum nahe gelegenen Dörfchen Grantchester.<br />

Dort wollten sie im »Orchard House«<br />

ihren Tee nehmen. Weil ausnahmsweise<br />

die Sonne schien, fragten sie die Landlady,<br />

Mrs. Stevenson, ob sie ihnen <strong>de</strong>n Tee nicht<br />

unter <strong>de</strong>n blühen<strong>de</strong>n Bäumen <strong>de</strong>s zum<br />

Haus gehörigen Obstgartens servieren könne.<br />

Das tat sie, und eine Tradition war geboren:<br />

Der »Orchard Tea Gar<strong>de</strong>n« ist fester<br />

Bestandteil je<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rung nach Grantchester.<br />

Selbst wenn die Obstbäume gera<strong>de</strong><br />

mal nicht blühen, ist ein Cream Tea mit<br />

Scones und Clotted Cream Pflicht. Natürlich<br />

gibt es dazu Sandwiches mit Gurke,<br />

mit Lachs und Streichkäse o<strong>de</strong>r mit »Coronation<br />

Chicken« (Curryhuhn mit Rosinen)<br />

sowie die unentbehrliche Backkartoffel.<br />

»The Orchard Tea Gar<strong>de</strong>n«, 45–47 Mill Way,<br />

Grantchester, Tel. 0044/1223/55 11 25; www.<br />

orchardgrantchester.com<br />

S C H L A F E N Eines <strong>de</strong>r Privilegien,<br />

die ein Cambridge-Studium mit sich<br />

bringt, sind die Stu<strong>de</strong>ntenunterkünfte,<br />

von <strong>de</strong>nen viele in <strong>de</strong>n historischen College-Gebäu<strong>de</strong>n<br />

liegen. Dass die zum Teil<br />

aus <strong>de</strong>m Mittelalter stammen<strong>de</strong>n Räumlichkeiten<br />

etwas schwer beheizbar sind,<br />

wird dadurch aufgewogen, dass man hier<br />

in <strong>de</strong>nselben Betten schläft wie illustre<br />

Alumni – darunter <strong>de</strong>r Dichter William<br />

Wordsworth, <strong>de</strong>r Schauspieler Stephen<br />

Fry und, nun ja, Prinz Charles. Gegessen<br />

wird in <strong>de</strong>r Hall, <strong>de</strong>m großen College-<br />

Speisesaal. Naturgemäß stehen Reisen<strong>de</strong>n<br />

die meisten Zimmer während <strong>de</strong>r Trimesterferien<br />

zur Verfügung, also von März bis<br />

April und von Juli bis September. Aber<br />

wer rechtzeitig bucht, hat das ganze Jahr<br />

über Gelegenheit, Cambridge-Stu<strong>de</strong>nt zu<br />

spielen. www.cambridgerooms.co.uk; DZ<br />

ab 68 Pfund inklusive Frühstück.<br />

U N B E D I N G T das Fitzwilliam-Museum<br />

besuchen, es hat eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />

Gemäl<strong>de</strong>sammlungen Großbritanniens,<br />

darunter eine unvergleichliche Auswahl<br />

von William-Turner-Aquarellen. Neuerdings<br />

ist in <strong>de</strong>r Ägypten-Abteilung auch<br />

wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r frisch renovierte Sarkophag<br />

<strong>de</strong>s Hor ausgestellt. Seine Brusthöhle<br />

wird von einer Konstruktion aus Legosteinen<br />

gestützt, für die <strong>de</strong>r Restaurator<br />

kürzlich einen Innovationspreis gewann.<br />

A U F K E I N E N F A L l versuchen, die<br />

Colleges auf gut Glück zu besichtigen.<br />

Oft wird man vom Pförtner abgewiesen,<br />

manchmal freundlich, nicht selten recht<br />

brüsk. Wer sich Demütigungen ersparen<br />

will, informiert sich vorab, welche Colleges<br />

wann für Touristen geöffnet sind,<br />

o<strong>de</strong>r besucht gleich einen <strong>de</strong>r frei zugänglichen<br />

Abendgottensdienste, zum<br />

Beispiel in <strong>de</strong>r spektakulären King’s College<br />

Chapel. A L E X A N D E R M E N D E N<br />

Foto Seite 33: Martin Parr/Magnum/Agentur Focus<br />

34 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Im Leben<br />

zähLen nIcht dIe mInuten,<br />

son<strong>de</strong>rn dIe momente.<br />

Es sind nicht die Minuten, Stun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>rTage eines Urlaubs, die in Erinnerung bleiben. Son<strong>de</strong>rn<br />

die Momente: <strong>de</strong>r Augenblick am Abend, an <strong>de</strong>m man sich schon auf Morgen freut. Die<br />

spannen<strong>de</strong> Geschichte die das Glas Wein erst so beson<strong>de</strong>rs macht. Der Sonnenuntergang<br />

mit <strong>de</strong>m eine neue Welt erwacht – <strong>de</strong>nn wie<strong>de</strong>r kehrt sich ein ganz beson<strong>de</strong>rer Tag zu einer<br />

unvergleichlichen Nacht.<br />

Beratung und Buchung in Ihrem Reisebüro o<strong>de</strong>r unter www.msc-kreuzfahrten.<strong>de</strong>


Amsterdam<br />

Bitte beachten:<br />

Verkehr auf<br />

<strong>de</strong>n Grachten<br />

B r ü c k e n Über 1500, die meisten gänzlich<br />

unspektakulär, weil sie nichts an<strong>de</strong>res<br />

tun, als ihren Zweck zu erfüllen.<br />

Die berühmteste ist die Magere Brug,<br />

eine hölzerne Zugbrücke über die Amstel<br />

und ein beliebtes Postkarten- und Filmmotiv<br />

(im James-Bond-Abenteuer Diamantenfieber<br />

von 1971 wird hier die Leiche<br />

einer gewissen Mrs. Whistler aus <strong>de</strong>m<br />

Fluss gezogen). Die futuristischste ist die<br />

Pythonbrug im Oostelijk Havengebied,<br />

eine feuerwehrrot gestrichene und sich<br />

schlängeln<strong>de</strong> Fußgängerbrücke. Zum<br />

Träumen, Ausruhen und Knutschen gut<br />

sind die bei<strong>de</strong>n Brücken dort, wo Brouwersgracht<br />

und Prinsengracht aufeinan<strong>de</strong>rstoßen:<br />

Auf <strong>de</strong>n Bänkchen in <strong>de</strong>r<br />

Nähe sitzen an lauen Aben<strong>de</strong>n Amsterdamer,<br />

<strong>de</strong>nen die Decke auf <strong>de</strong>n Kopf<br />

fällt, und gucken <strong>de</strong>m Straßentreiben zu.<br />

G o n d e l n Die beste Metho<strong>de</strong>, die Stadt<br />

auf <strong>de</strong>m Wasser zu erkun<strong>de</strong>n: selbst ein<br />

Boot mieten (für alles unter 15 Meter<br />

Länge braucht man keinen Bootsführerschein),<br />

einen Picknickkorb draufpacken,<br />

losschippern. Allerdings sollte man manövrieren<br />

können, <strong>de</strong>nn an warmen<br />

Tagen und an Wochenen<strong>de</strong>n staut sich<br />

<strong>de</strong>r Verkehr auf <strong>de</strong>n Kanälen. Die beste<br />

Adresse für begleitete Bootstouren war<br />

lange <strong>de</strong>r St. Nicolaas Boat Club of<br />

Amsterdam (www.amsterdamboatclub.<br />

com), ein Verein von Enthusiasten, die<br />

sich für die Erhaltung historischer Wasser<br />

fahrzeuge stark machen und Touristen<br />

gegen Spen<strong>de</strong>n gern mitnahmen. Doch<br />

weil die Stadt hartnäckig keine Konzession<br />

herausrückt, pausiert <strong>de</strong>r Betrieb. Die<br />

nicht ganz so exklusive Alternative: eine<br />

Tour bei einem <strong>de</strong>r zahlreichen kommerziellen<br />

Kanalrundfahrtsunternehmen.<br />

S t a d t s c h r e i b e r Adrianus Franciscus<br />

Theodorus van <strong>de</strong>r Heij<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n<br />

Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n als Star verehrt, schreibt so<br />

ausufernd, wie er heißt: Seine Romane<br />

haben oft 500, 600, 700 Seiten. Aber weil<br />

auch das nicht reicht, um die Geschichte<br />

(eigentlich Hun<strong>de</strong>rte von Geschichten)<br />

zu En<strong>de</strong> zu erzählen, wuchern sie zu<br />

Zyklen. Die zahnlose Zeit ist voluminöser<br />

als Prousts Ver lorene Zeit, Homo duplex<br />

soll noch monströser wer<strong>de</strong>n. Worum es<br />

in van <strong>de</strong>r Heij<strong>de</strong>ns wil<strong>de</strong>r, erfahrungshungriger,<br />

sprachmächtiger Literatur<br />

geht: Hausbesetzungen, Radrennfahrer,<br />

Beschaffungskriminalität, verwickelte Liebesgeschichten,<br />

Fußballhooligans, die<br />

Mondlandung, die Ausdünstungen von<br />

Cognacfässern. Nur so zum Beispiel. Und<br />

um Amsterdam, eine Stadt, die bei ihm<br />

für ein ganzes Universum steht.<br />

E s s e n Im »<strong>de</strong> Admiraal« (Herengracht<br />

319, www.proeflokaal<strong>de</strong>admiraal.nl).<br />

Nicht wegen <strong>de</strong>s Essens, obwohl es daran<br />

nicht das Geringste au<strong>sz</strong>usetzen gibt<br />

(Steak in Rotweinsauce, Hering), son<strong>de</strong>rn<br />

weil das »Admiraal« zur letzten Amster-<br />

Amsterdams Wun<strong>de</strong>r: Im bezaubern<strong>de</strong>n Lädchen<br />

The Otherist gibt es Mitbringsel aus <strong>de</strong>r Natur –<br />

und wem die innerstädtische Niedlichkeit<br />

auf die Nerven geht, ist mit <strong>de</strong>r futuristischen<br />

Pythonbrug (unten) bestens bedient.<br />

36 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Fotos: Peter <strong>de</strong> Krom<br />

damer Genever-Destillerie A. van Wees<br />

De Ooievaar gehört, <strong>de</strong>ren hervorragen<strong>de</strong>n<br />

Stoff man hier in traditionellem<br />

Ambiente probieren kann. Man sollte,<br />

unbedingt. Schließlich waren es die Hollän<strong>de</strong>r,<br />

die auf die gloriose I<strong>de</strong>e kamen,<br />

Korn mit Wachol<strong>de</strong>r zu aromatisieren –<br />

und so <strong>de</strong>n Vorläufer <strong>de</strong>s Gins erfan<strong>de</strong>n.<br />

S c h l a f e n Das neue Fünf-Sterne-Hotel<br />

»Andaz Amsterdam« in <strong>de</strong>r Prinsengracht<br />

(www.amsterdam.prinsengracht.<br />

andaz.hyatt.com, DZ ab 250 Euro) ist<br />

bis in die winzigsten Details vom Designer<br />

Marcel Wan<strong>de</strong>rs funky gestaltet:<br />

Lampen, die wie Himmelskörper aussehen,<br />

eine fünf Stockwerke hohe Tapete,<br />

auf <strong>de</strong>r man von <strong>de</strong>r Hölle in <strong>de</strong>n<br />

Himmel kommt, in <strong>de</strong>n Fluren statt uninspirierter<br />

Reproduktionen Monitore<br />

mit Vi<strong>de</strong>okunst. Ebenso schön: Das<br />

»Andaz« versteht sich auf eine Gastlichkeit,<br />

die man in vielen Hotels schmerzlich<br />

vermisst. WLAN und nicht alkoholische<br />

Getränke aus <strong>de</strong>r Minibar kosten<br />

nichts, auf <strong>de</strong>n Zimmern gibt es Espressomaschinen<br />

und gut ausgewählte<br />

Bücher, in <strong>de</strong>r Bibliothek kann man sich<br />

beim Lesen am Wein bedienen. So sollte<br />

es überall sein.<br />

U n b e d i n g t das im letzten Herbst wie<strong>de</strong>reröffnete<br />

Ste<strong>de</strong>lijk Museum (Museumplein<br />

10, www.ste<strong>de</strong>lijk.nl) mit seiner<br />

grandiosen Sammlung mo<strong>de</strong>rner Kunst<br />

(Malewitsch! De Stijl! CoBrA!) besuchen.<br />

Ein Fahrrad mieten. Sich am<br />

besten Apfelkuchen <strong>de</strong>r Stadt im »Café<br />

Winkel 43« (Noor<strong>de</strong>rmarkt 43, www.<br />

winkel43.nl) nahe <strong>de</strong>s Noor<strong>de</strong>rmarktes<br />

überfuttern. Sich vom winzigen La<strong>de</strong>n<br />

The Otherist (Leliegracht 6, www.otherist.com)<br />

verzaubern lassen, einer wie<br />

aus <strong>de</strong>r Zeit gefallenen Wun<strong>de</strong>rkammer:<br />

Es gibt Keramik-Miniaturen von Zweigen,<br />

gepresste Meeresalgen, raffinierten<br />

Schmuck.<br />

A u f k e i n e n F a l l die Ausstellung<br />

Vincent van Gogh in 3D (Beursplein 1,<br />

www.mydreamexhibition.com) besuchen<br />

– auch wenn <strong>de</strong>r Slogan, man könne<br />

hier van Gogh erfahren wie niemals<br />

zuvor, nicht gelogen ist. Ebenfalls vermei<strong>de</strong>n:<br />

die mit Käse o<strong>de</strong>r Erdnusspampe<br />

gefüllten Kroketten aus <strong>de</strong>n Automaten<br />

<strong>de</strong>r Fast-Food-Kette »Febo«. Eine<br />

Amsterdamer Institution, doch hinterher<br />

fühlt man sich, als hätte man Steine<br />

im Magen.<br />

P E T E R P R A S C H L<br />

Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 37


prag Ehrlich<br />

gesagt: Hier<br />

übertreiben sie es mit<br />

<strong>de</strong>m Thema<br />

»Venedig« etwas<br />

Hüh!: Die riesigen<br />

Baby-Statuen<br />

<strong>de</strong>s Bildhauers<br />

David Černý<br />

sind Wahrzeichen<br />

<strong>de</strong>r Kampa-Insel.<br />

S t a d t k ü n s t l e r Das Viertel zieht<br />

seit jeher Künstler wie <strong>de</strong>n Grafiker und<br />

Trickfilm-Pionier Jiří Trnka an. Seine Villa<br />

am Teufelsbach zählt zu <strong>de</strong>n schönsten<br />

Häusern <strong>de</strong>r Stadt. In einer rekonstruierten<br />

Mühle an <strong>de</strong>r Moldau beherbergt das<br />

Kampa-Museum die Sammlung <strong>de</strong>r<br />

tschechisch-amerikanischen Kunstmäzenin<br />

Meda Mládková. Vor <strong>de</strong>m Museum<br />

stehen die bronzenen Babies <strong>de</strong>s Bildhauers<br />

David Černý, <strong>de</strong>r das kleine Venedig<br />

wie kein an<strong>de</strong>rer prägt: In seiner Stammkneipe,<br />

einer alten Mühle am Teufelsbach,<br />

hat er die Theke gestaltet, ein surrealistisches<br />

Panoptikum in Kunstharz. Einen<br />

knappen Kilometer flussabwärts<br />

steht Černýs Statue Piss. Sie zeigt zwei<br />

lebensgroße männliche Gestalten, die<br />

beim Urinieren ein Bassin in <strong>de</strong>n Umrissen<br />

<strong>de</strong>r Tschechischen Republik füllen.<br />

Der Harndrang lässt sich per SMS übers<br />

Handy steuern.<br />

E s s e n »Lokál«: beste böhmische Wirtshausküche.<br />

Die Betreiber beziehen<br />

Fleisch und Gemüse aus <strong>de</strong>r Region, in<br />

Prag keine Selbstverständlichkeit. Míšeňská<br />

12, Malá Strana, Tel. 00420/257/<br />

21 20 14.<br />

S c h l a f e n Das »Mandarin Oriental«<br />

liegt in einem rekonstruierten Kloster<br />

aus <strong>de</strong>m 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt und ist kaum<br />

hun<strong>de</strong>rt Meter von <strong>de</strong>r Karlsbrücke entfernt.<br />

Nebovidská 1, Tel. 00420/233/<br />

08 88 88, www.mandarinoriental.com/<br />

prague, DZ ab 250 Euro. Viel günstiger<br />

übernachtet man im »Theatrino«, etwa<br />

vier Kilometer von <strong>de</strong>r Kampa entfernt,<br />

im Stadtteil Žižkov, <strong>de</strong>r für seine alternative<br />

Kultur- und Kneipen<strong>sz</strong>ene bekannt<br />

ist. »Prague Hotel Theatrino«, Borivojova<br />

53, Žižkov. Tel. 00420/227/03 18 94. DZ ab<br />

30 Euro.<br />

B r ü c k e n Ein Holzsteg und fünf gemauerte<br />

Brücken führen auf die kleine künstliche<br />

Insel Kampa zwischen Moldau und<br />

Teufelsbach, die vom Frem<strong>de</strong>nverkehrsamt<br />

recht offensiv als »Prager Venedig«<br />

(Pražské Benátky) vermarktet wird. Die<br />

Insel ist gera<strong>de</strong> mal 2,5 Hektar groß und<br />

wur<strong>de</strong> im Spätmittelalter aufgeschüttet.<br />

Die Karlsbrücke, die über sie hinweg auf<br />

die Altstadtseite führt, ist sogar noch älter.<br />

So alt, dass sie gleich einige Rekor<strong>de</strong> hält:<br />

älteste noch stehen<strong>de</strong> Brücke Prags, eine<br />

<strong>de</strong>r ältesten Steinbrücken Europas. Jahrhun<strong>de</strong>rtelang<br />

wur<strong>de</strong> die Legen<strong>de</strong> gepflegt,<br />

dass bei ihrem Bau <strong>de</strong>r Mörtel mit<br />

Eiern verstärkt wor<strong>de</strong>n sei. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen haben dies wi<strong>de</strong>rlegt<br />

– statt Eiern wur<strong>de</strong>n große Mengen<br />

Quark und Wein beigemischt.<br />

G o n d e l n Eine organisierte Bootsrundfahrt<br />

durch das »Prager Venedig« dauert<br />

eine Stun<strong>de</strong>, sie wird von einer »Prager<br />

Venedig GmbH« angeboten. Wer sich lieber<br />

selbstständig machen will: Tret- und<br />

Ru<strong>de</strong>rboote kann man ein Stück flussaufwärts<br />

an <strong>de</strong>r Moldau mieten. Nach Kampa<br />

hinein kommt man damit allerdings<br />

nicht, das verhin<strong>de</strong>rt das Wehr zwischen<br />

Legionen- und Karlsbrücke.<br />

U n b e d i n g t ein Glas im Stehen trinken<br />

im »Bistro Bruncvík« (Na Kampě 7), im<br />

Volksmund okýnko (Fensterchen) genannt,<br />

direkt unter <strong>de</strong>r Karlsbrücke und ein paar<br />

Schritte vom Teufelsbach. Den schottischen<br />

Bluessänger Stan »The Man« Wolarz<br />

und seine Bohemian Blues Band in<br />

ihrem Stammla<strong>de</strong>n hören, <strong>de</strong>m Jazzclub<br />

»U malého Glena« (Karmelitská 23, Tel.<br />

00420/257/53 17 17).<br />

A u f k e i n e n F a l l Bargeld in einer<br />

<strong>de</strong>r Wechselstuben auf <strong>de</strong>r Kleinseite<br />

wechseln. Obwohl »no commission« versprochen<br />

wird, zahlt man drauf und verliert<br />

bis zu zwanzig Prozent gegenüber<br />

<strong>de</strong>m amtlichen Kurs. Lieber per Geldkarte<br />

am Automaten Kronen abheben.<br />

Vorsicht auch bei <strong>de</strong>n Taxis, die in <strong>de</strong>r<br />

Mostecká-Straße unweit <strong>de</strong>r Karlsbrücke<br />

warten; die Preise sind oft überteuert.<br />

Besser im Lokal o<strong>de</strong>r Hotel ein Taxi rufen<br />

lassen.<br />

g e o r g p a c u r a r<br />

38 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


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aus »Gebrauchsanweisung für die Welt«<br />

von Andreas Altmann (Piper)<br />

Diese Reiseweste kann über<br />

<strong>de</strong>r Schulter o<strong>de</strong>r um <strong>de</strong>n Hals<br />

getragen wer<strong>de</strong>n und hat so viele<br />

Taschen und Fächer, dass sie<br />

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hat man die<br />

letzten weißen<br />

Flecken <strong>de</strong>r eig<br />

enen Reisebiografie<br />

immer<br />

im Blick.<br />

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Mo<strong>de</strong>fotografen<br />

kommen viel herum,<br />

sind nach<br />

getaner Arbeit<br />

aber auch schnell<br />

wie<strong>de</strong>r weg. An<strong>de</strong>rs<br />

Anne Menke:<br />

Sie zieht nach<br />

Feierabend los,<br />

um die Mo<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

zu dokumentieren.<br />

Die kann man<br />

jetzt in ihrem<br />

Buch See the<br />

World Beautiful<br />

bewun<strong>de</strong>rn.<br />

Mehr als nur Tourist sein:<br />

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Mitarbeit: Julia Christian; Photoshot (1)


Hot el<br />

Europa<br />

Aus Glas lassen sich nicht nur Vasen blasen, son<strong>de</strong>rn auch Mosaike legen – ebenfalls ein<br />

altes venezianisches Handwerk. Wer in <strong>de</strong>r Pension »Domus Orsoni« eincheckt, kann es lernen.<br />

Domus Orsoni,<br />

Canna regio 1045,<br />

Venedig, Tel. 0039/<br />

041/275 95 38, www.<br />

domusorsoni.it. DZ<br />

mit Frühstück ab<br />

80 Euro. Mosaikkurse<br />

(5 Tage) ab 500 Euro.<br />

»Domus Orsoni«<br />

Venedig, Italien<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r dunklen Gasse hätte man kein Hotel erwartet.<br />

Aber auf einer Tafel steht »Domus Orsoni«, als<br />

Mosaik aus bunten Glassteinen gelegt, und dann sieht<br />

man es auch: ein altes Herrenhaus, daneben ein verwunschener<br />

Garten, geschützt durch eine hohe Mauer. Hier<br />

lebte einst die Familie Orsoni, die seit <strong>de</strong>m 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Paläste und Kirchen mit Gold- und Glasmosaiken<br />

verschönert. Vor fast zehn Jahren machten sie ihr Wohnhaus<br />

zur Pension mit fünf einfachen Zimmern, doch<br />

ihre Werkstatt liegt immer noch neben <strong>de</strong>m Hotel im<br />

nördlichen Stadtteil Cannaregio. Die meisten großen<br />

Glaswerkstätten mussten schon im Mittelalter nach<br />

Murano abwan<strong>de</strong>rn. Die Orsonis kommen für ihre Mosaiksteinchen<br />

aber mit nur zwei kleinen Brennöfen aus<br />

und dürfen im Stadtzentrum arbeiten. Lucio Orsoni hat<br />

in dieser Werkstatt von seinem Großvater das Handwerk<br />

gelernt, er hat auch die Zimmer und Bä<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Gästehauses<br />

höchstpersönlich verschönert: weiße Räume mit<br />

gol<strong>de</strong>nen Mosaiken, die Bä<strong>de</strong>r bunt. Für die Gäste bietet<br />

er Mosaikkurse an: Nach einer Woche geduldigem Steinchenlegen<br />

nimmt man sein eigenes Stück Venedig mit<br />

nach Hause. <br />

D o r e t t e D e u t s c h<br />

Für alle, die wissen, dass man<br />

Für „Jura“ kein studium braucht.<br />

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Genuss ist eben auch eine Frage <strong>de</strong>r Technik und so wartet dieser Kaffee-E<strong>de</strong>l-<br />

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Kochquart<br />

et t<br />

Katerfrühstück von Tim Raue<br />

Alle Jahre wie<strong>de</strong>r braucht ein beträchtlicher<br />

Teil <strong>de</strong>r Bevölkerung am<br />

Aschermittwoch ein Katerfrühstück.<br />

Da an <strong>de</strong>m Morgen selber kaum einer in <strong>de</strong>r Lage sein dürfte, dies zuzubereiten,<br />

hier mein Rezept für <strong>de</strong>n Vortag. Nur die Eier müssen Sie<br />

frisch kochen, sie schmecken warm und wachsweich einfach am besten.<br />

Mit <strong>de</strong>r Béarnaise-Mayonnaise soll diese kleine Kalorienbombe die<br />

Magen säfte beruhigen, <strong>de</strong>r Blutorangensaft liefert Vitamine, und die<br />

Brioche bin<strong>de</strong>t alles.<br />

Eiersalat, Blutorangensaft<br />

und Brioche<br />

(für 2 Personen)<br />

6 Blutorangen, 20 g Ingwer, 4 EL<br />

Agavendicksaft, 4 Stängel Minze,<br />

4 Scheiben Brioche, 4 Eier<br />

Mayonnaise 1 Eigelb, 1 EL süßer<br />

Senf, 1 EL scharfer Senf, 6 Tropfen<br />

Tabasco, 100 ml Rapsöl, Salz, 1 TL<br />

gehackter Estragon, 1 TL gehackter<br />

Kerbel, 1 TL gehackter Sauerampfer,<br />

1 EL feinste kleine Kapern,<br />

2 EL Senfgurken, feinst gewürfelt,<br />

1 EL Estragonessig.<br />

Blutorangen pressen, Ingwer kleinschnei<strong>de</strong>n.<br />

Orangensaft mit <strong>de</strong>m<br />

Agavendicksaft verrühren und<br />

Minze sowie Ingwer dazugeben,<br />

ab<strong>de</strong>cken und über Nacht stehen<br />

lassen. Am Morgen passieren und<br />

kalt servieren. Brioche goldbraun<br />

toasten. 4 Eier wachsweich kochen,<br />

pellen und in ein Glas geben.<br />

Für die Mayonnaise Eigelb mit<br />

Senf und Tabasco verrühren, Rapsöl<br />

langsam einrühren. Mit einer<br />

Prise Salz abschmecken. Estragon,<br />

Kerbel, Sauerampfer, Kapern,<br />

Senfgurken, Estragonessig in die<br />

Mayonnaise einrühren. Kalt stellen,<br />

kalt servieren. Anrichten:<br />

Jeweils ein Ei auf eine Scheibe<br />

Brioche geben und mit <strong>de</strong>r Béarnaise-Mayonnaise<br />

überziehen.<br />

t i m r a u e kocht in seinem Berliner<br />

Restaurant »Tim Raue« und schreibt<br />

neben Anna Schwarzmann, Anna<br />

Sgroi und Christian Jürgens für unser<br />

Kochquartett. Nächste Woche:<br />

Marinierte Langostinos mit grüner<br />

Mango, Butternut-Kürbis und Limonenvinaigrette,<br />

von Anna Sgroi.<br />

Foodfoto: Reinhard Hunger; Styling: Volker Hobl; Porträt: Jo Jankowski<br />

42 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Sieben welten – eine reise.<br />

Venedig - Südtirol - St. Moritz-Tour<br />

Begeben Sie sich auf eine fa<strong>sz</strong>inieren<strong>de</strong> Reise zu 7 Welterben <strong>de</strong>r UNESCO.<br />

Von <strong>de</strong>n verträumten Kanälen Venedigs über die atemberauben<strong>de</strong>n Dolomiten<br />

bis hin zum Dach Europas in St. Moritz – ent<strong>de</strong>cken Sie mit Bahn und Bus<br />

einige <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Natur- und Kulturschätze Europas.<br />

AngebotE<br />

buchbar unter<br />

www.venice-stmoritz.COM<br />

Detaillierte Informationen zur Tour und zu <strong>de</strong>n Tickets fin<strong>de</strong>n Sie hier:<br />

www.venice-stmoritz.com<br />

Chancen kennen keine Grenzen.<br />

Europäische Union<br />

EFRE – Europäischer Fond für regionale Entwicklung


CUS Das Kreuz mit <strong>de</strong>n Worten<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

11 12 13<br />

14 15 16 17<br />

18 19 20 21<br />

22 23 24 25 26<br />

27 28 29<br />

30 31 32<br />

33 34<br />

35 36 37 38 39<br />

40 41 42 43<br />

44 45 46<br />

Patrick Fischer Gemischtes Doppel<br />

Schlipsweiber<br />

Schwipsleiber<br />

Noch mehr Gemischte Doppel fin<strong>de</strong>n Sie auf www.<strong>sz</strong>-magazin.<strong>de</strong>;<br />

dort können Sie auch selbst Vorschläge einreichen o<strong>de</strong>r bewerten.<br />

Papst, als er<br />

Priester wur<strong>de</strong><br />

Rüber 1 Buchung <strong>de</strong>r Versuchung<br />

11 Getrennt durch die<br />

Grenzen von Streiks und Streifen<br />

14 Département, das Depardieu<br />

freien Zugang nach Belgien<br />

böte: Siena rotiert 15 Geschlechzreif<br />

16 Ohne die Frau<br />

keine gue für englische Meister<br />

und ohne die kein <strong>de</strong>r für Band<br />

18 Die erdigen Brü<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Rocker<br />

19 Berlin, hängt schließlich<br />

an Bayerns Tropf 22 Ausdruck<br />

<strong>de</strong>r Zeichensprache beweist, wie<br />

Obelix Römer vermöbelte<br />

27 Umarmte Tarzan trotz Jane<br />

28 Margarinegürtel? AliMente<br />

im Kühlschrank, wartet nur, bis<br />

es finster wird! 30 Besser das als<br />

w!, meinten frühe Feministen<br />

32 Zusatzstoff fürs Nestlehäkchen<br />

33 Papst, als er Priester<br />

wur<strong>de</strong>, und <strong>de</strong>r Schuhbeck Alfons<br />

sowieso 35 Olympisch gezeust<br />

und zuständig für einen<br />

Titel aus Stieg Larssons Thrillogie<br />

36 Isst mit Latz lactosefrei, ist<br />

mit Latz lacostefrei 38 Kalt<br />

durch die Presse gegangen<br />

40 Bei Brunst Handreichung<br />

von Mensch zu Mensch 42 Es<br />

heißt doch auch Bert und nicht<br />

Bertie 43 Eine Zeit im Kloster –<br />

mit Madona? 44 Darum bringen,<br />

worum sie hier <strong>de</strong>nken<br />

müssen 45 So kolonialistisch<br />

wie Frankreichs mali-ziöses Eingreifen?<br />

46 A-Stadt, E-Garten, O-<br />

Wald, I-Potentatenattentattattag<br />

Runter 1 Umfallversicherung<br />

2 Auf Wespe getrimmt 3 Beginn<br />

<strong>de</strong>r Postandresse, amtlich für<br />

Glas 4 Arnie: Meinst jetzt naa<br />

o<strong>de</strong>r so weit i zähln glernt hab?<br />

5 Dem coolen Schwarzen fehlt’s<br />

zum r 6 Was nimmt Pio mit zu<br />

<strong>de</strong>n Aliens? 7 Frack-King 8 Ein<br />

Gramm mit Stop & Stil 9 Idéal,<br />

um in Monaco anzulegen – und<br />

noch mehr abzulegen 10 Nicht<br />

ohne meinen Brü<strong>de</strong>r (<strong>de</strong>r hoffte:<br />

Mein sei Himmelreich!) 12 Wie<br />

man Partner nicht mehr loslässt<br />

13 Wasserbauer bemäntelt nicht<br />

Unverfrorene 17 Meine beschei<strong>de</strong>ne<br />

Generation für viele Generationen!<br />

20 Mel<strong>de</strong>t man sich da<br />

nicht mit Riesen-Saurier am Telefon?<br />

21 Zum Rainfallerleben<br />

für Insi<strong>de</strong>r 23 Lässt uns nicht sitzen,<br />

ließe im Plural aufstehen<br />

24 Schiffshalter o<strong>de</strong>r die Gefolge<br />

von Alba 25 Wodurch Punktesammler<br />

noch mehr kriegen<br />

können 26 Tisch ohne Unterschied<br />

ist die Zeit <strong>de</strong>r Dolchstoßlegen<strong>de</strong><br />

29 Kannst se behalten,<br />

biste cool 31 Hahaerlebnis –<br />

ob Ärzte und Rammstein<br />

Heinos ertragen? 32 Die passt ja<br />

super zu Kärenine! mosert Leo<br />

34 Die wäre auch mit zig drin<br />

die Frau aller Frauen 37 – tredici<br />

= un giorno 39 Die eigentliche<br />

Vollendung unseres Daseins<br />

41 Die Nische macht das Meer:<br />

Ten written the American way<br />

43 Teilen sich Dino und Tyrannosaurus<br />

Rex<br />

Die Auflösung dieses Rätsels fin<strong>de</strong>n<br />

Sie im nächsten Heft – o<strong>de</strong>r<br />

Sie lösen es gleich digital: In <strong>de</strong>n<br />

Apps <strong>de</strong>r SZ auf <strong>de</strong>m iPad und<br />

auf allen Windows-8-Geräten können<br />

Sie sofort prüfen, ob Ihre<br />

Antworten richtig sind.<br />

Auflösung Kreuzworträtsel 5<br />

Rüber 1 mannigfaltig 11 Anaïs<br />

13 Riem 14 Adi 15 Gosse 16 unruhig<br />

17 Marienplatz 23 Na<strong>de</strong>lstiche<br />

27 Lloyds 29 Andy 30 Nu<br />

31 ein 32 Nie<strong>de</strong>rung 35 enorm<br />

38 Eta 39 No 40 Deal 42 Nil<br />

43 Padua 45 LSD 46 EAN 47 ab<br />

48 ASU 49 Nies 50 Nutz 51 eins<br />

Runter<br />

1 Magenlei<strong>de</strong>n 2 Anomalie<br />

3 NASA 4 Nis 5 Grüße 6 Finn<br />

7 Aer 8 LMU 9 Idi 10 Gig 12 Seil<br />

14 Aha 18 Reynolds 19 PIN<br />

20 LCD 21 Tenno 22 Zeughaus<br />

24 Don 25 ta<strong>de</strong>ln 26 Hyundai<br />

28 Dirnen 33 et 34 Raabe<br />

36 Nase 37 miau 41 Eli 43 Paz<br />

44 US<br />

Fotos: ddp (1); dpa (1)<br />

44 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Gewinnen <strong>sz</strong>-magazin.<strong>de</strong><br />

Action, bitte! In vielen Menschen schlummert ein Traum: Bühne statt Büro,<br />

Scheinwerfer statt Schreibtischstuhl, Applaus statt Tastaturgeklapper. Falls<br />

auch Sie glauben, dass Sie sich im Rampenlicht wohler fühlen wür<strong>de</strong>n als<br />

morgens um neun im Büro, möchten wir Ihnen diese Woche helfen, Ihre<br />

Bühnenqualitäten zur Entfaltung zu bringen. Zusammen mit 20th Century<br />

Fox la<strong>de</strong>n wir Sie zu einem Musical-Workshop für Erwachsene ein<br />

(www.33plus.info). Der Gewinner und eine Begleitperson nehmen vom<br />

15. bis 17. März an <strong>de</strong>r Hamburger »Stage School« an <strong>de</strong>m Workshop teil.<br />

Dabei stehen Gesang, Tanz und Schauspiel auf <strong>de</strong>m Programm, es unterrichten<br />

Profis mit viel Bühnenerfahrung. Der Hotelaufenthalt und die Bahnfahrt<br />

sind im Gewinn enthalten, außer<strong>de</strong>m gibt es zur Einstimmung noch drei<br />

DVDs aus <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> erschienenen, 21 Titel umfassen<strong>de</strong>n »Music Collection«<br />

von 20th Century Fox Home Entertainment, und zwar die Musical-Klassiker<br />

West Si<strong>de</strong> Story, Hair und Moulin Rouge.<br />

Teilnahmeschluss ist <strong>de</strong>r 13. <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong>. Mitarbeiter <strong>de</strong>r beteiligten Firmen dürfen<br />

nicht mitmachen. Der Rechtsweg sowie eine Barau<strong>sz</strong>ahlung <strong>de</strong>s Gewinns sind ausgeschlossen.<br />

I M P R E S S U M<br />

Chefredakteure Michael Ebert und Timm Klotzek<br />

Artdirector Thomas Kartsolis<br />

Chef vom Dienst Dirk Schönlebe<br />

Textchefin Susanne Schnei<strong>de</strong>r<br />

Redaktion Max Fellmann, Lara Fritzsche, Kerstin Greiner<br />

(Stil leben), Lars Reichardt, Rainer Stadler, Johannes Waechter<br />

Mitarbeit: Thomas Bärnthaler, Dr. Andreas Bernard,<br />

Christoph Ca<strong>de</strong>nbach, Tobias Haberl, Gabriela Herpell,<br />

Dr. Till Krause, Wolfgang Luef, Alexandros Stefanidis,<br />

Almut Vogel, Silke Wichert (Mo<strong>de</strong>leitung)<br />

Online Mitarbeit: Marc Baumann<br />

Autoren CUS, Dr. Dr. Rainer Erlinger, Axel Hacke,<br />

Dr. Malte Herwig, Christian Jürgens, Tobias Kniebe,<br />

Peter Praschl, Tim Raue, Roland Schulz,<br />

Anna Schwarzmann, Anna Sgroi<br />

Schlussredaktion Dr. Daniela Ptok<br />

Mitarbeit: Angelika Rauch<br />

Grafik Birthe Steinbeck<br />

Mitarbeit: David Henne, Anna Meyer, Daniel Schnitterbaum<br />

Bildredaktion<br />

Mitarbeit: Eva Fischer, Ralf Zimmermann<br />

Assistenz Regina Burkhard (Chefredaktion),<br />

Julia Wagner<br />

Redaktionsmarketing Angela Kesselring (Leitung);<br />

Mitarbeit: Babette Lorenzen<br />

Geschäftsführer Stefan Rohr<br />

Verlag Magazin Verlagsgesellschaft Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> mbH,<br />

Hultschiner Straße 8, 81677 München,<br />

Tel. 089/21 83 95 40, Fax 089/21 83 95 70,<br />

E-Mail: <strong>sz</strong>magazin@<strong>sz</strong>-magazin.<strong>de</strong><br />

Anzeigen Jürgen Maukner (Gesamtanzeigenleitung),<br />

verantwortlich für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r Anzeigen;<br />

Claudia Stelz (stellv.)<br />

Tel. 089/21 83 67 6, Fax 089/21 83 93 29<br />

Preisliste Nr. 14 – gültig ab 1.10.2012<br />

Kaufmännischer Bereich Marianne Igl<br />

Repro Compu<strong>media</strong> GmbH,<br />

Elsenheimerstraße 59, 80687 München<br />

Herstellung Hermann Weixler (Leitung)<br />

Druck Firmengruppe APPL, PRINT.Forum,<br />

Neulandstraße 40, 74889 Sinsheim<br />

Verantwortlich für <strong>de</strong>n redaktionellen Inhalt<br />

Michael Ebert und Timm Klotzek, Anschrift wie Verlag<br />

Der Verlag übernimmt für unverlangt eingesandte Unterlagen<br />

keine Haftung.<br />

Das Papier <strong>de</strong>s Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazins wird aus chlorfrei<br />

gebleichtem Zellstoff hergestellt.<br />

Bei Nichterscheinen durch höhere Gewalt o<strong>de</strong>r Streik kein Entschädigungsanspruch.<br />

Eine Verwertung <strong>de</strong>r urheberrechtlich geschützten<br />

Zeitschrift und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re durch Vervielfältigung o<strong>de</strong>r Verbreitung, ist ohne vorherige<br />

schriftliche Zustimmung <strong>de</strong>s Verlages unzulässig und strafbar,<br />

soweit sich aus <strong>de</strong>m Urheberrechtsgesetz nichts an<strong>de</strong>res ergibt.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re ist eine Einspeicherung o<strong>de</strong>r Verarbeitung <strong>de</strong>r auch<br />

in elektronischer Form vertriebenen Zeitschrift in Datensystemen<br />

ohne Zustimmung <strong>de</strong>s Verlages unzulässig.


Axel Hacke Das Beste aus aller Welt<br />

Wenn ich alles richtig verstan<strong>de</strong>n habe, wird<br />

es nicht mehr lange dauern, bis eines <strong>de</strong>r<br />

großen Paare <strong>de</strong>r Weltgeschichte für immer<br />

getrennt wird: das Auto und sein Fahrer.<br />

Schon jetzt besitzen viele Menschen in großen<br />

Städten keinen eigenen Wagen mehr; sie<br />

nehmen sich einen, wenn sie ihn brauchen:<br />

bei einem <strong>de</strong>r vielen Carsharing-Unternehmen,<br />

die ihre Autos in <strong>de</strong>n Straßen geparkt<br />

haben. Das ist ein hervorragen<strong>de</strong>r Gedanke,<br />

wenn auch ungewohnt für Leute meiner Generation,<br />

in <strong>de</strong>ren Kindheit die ersten gesprochenen<br />

Wörter oft nicht »Mama« o<strong>de</strong>r<br />

»Papa« waren, son<strong>de</strong>rn »Brumm-brumm«.<br />

Die Scheidung <strong>de</strong>s Autos vom Fahrer wird<br />

aber noch viel weiter gehen, dahin nämlich,<br />

dass das Auto gar keinen Fahrer mehr benötigt.<br />

Längst haben, wie ich <strong>de</strong>m Spiegel entnehme,<br />

einerseits sowohl Merce<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r<br />

Volkswagen als auch an<strong>de</strong>rerseits Google<br />

Techniken entwickelt, die es schon in fünf<br />

Jahren ermöglichen wer<strong>de</strong>n, serienreife<br />

Fahrzeuge anzubieten, die sich selbst über<br />

unsere Straßen chauffieren, während jener<br />

Mensch, <strong>de</strong>r sich einst »Fahrer« nannte, ein<br />

gutes Buch liest o<strong>de</strong>r eine Magazin-Kolumne.<br />

Das hat etwas Kränken<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>nn das Auto ist<br />

immer noch etwas an<strong>de</strong>res als ein Geschirrspülautomat,<br />

<strong>de</strong>ssen Dienste wir ohne je<strong>de</strong>n<br />

Verlust an Selbstbewusstsein annehmen.<br />

War das Kraftfahrzeug nicht immer eine Art<br />

Erweiterung unserer Persönlichkeit? Machte<br />

es Besitzer und Fahrer nicht zu mehr, als<br />

sie eigentlich waren? Und nun soll es we<strong>de</strong>r<br />

Besitzer noch Fahrer mehr geben? Nun sollen<br />

wir ein Auto besteigen in <strong>de</strong>m Gefühl,<br />

das wir darin nicht mehr wirklich gebraucht<br />

wer<strong>de</strong>n? In einem Gefühl von, wie soll ich<br />

sagen: Nutzlosigkeit?<br />

Interessant ist aber nun Folgen<strong>de</strong>s: dass <strong>de</strong>r<br />

Prozess <strong>de</strong>r Trennung einst selbstverständlich<br />

verbun<strong>de</strong>ner Paare längst auch an<strong>de</strong>rswo<br />

viel weiter fortgeschritten ist, als wir <strong>de</strong>nken.<br />

In <strong>de</strong>n USA fin<strong>de</strong>n zum Beispiel seit<br />

Jahren mit zunehmen<strong>de</strong>m Erfolg Springreit-<br />

Turniere ohne Pfer<strong>de</strong> statt, sogenannte<br />

»horseless horse shows«: Junge Menschen bezwingen<br />

dort einen Spring-Parcours zu Fuß.<br />

Sind nicht in Wetten, dass . . ? schon zwei Mal<br />

Menschen solo gegen die Kombination<br />

Reiter und Pferd angetreten? Ja, so ist es, einmal<br />

1983, wenn ich mich recht entsinne.<br />

Und dann wie<strong>de</strong>r 2011. Da gewann das Paar<br />

Mensch/Tier nur noch sehr knapp.<br />

Eine bestechen<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e, <strong>de</strong>nn warum soll<br />

man ein Pferd <strong>de</strong>n Strapazen <strong>de</strong>s Sports aussetzen,<br />

wenn <strong>de</strong>r Mensch diese doch auch<br />

allein bewältigen kann? Sehr gespannt bin<br />

ich nun, wie es sein wird, wenn dieser<br />

Grundgedanke bald auch auf das Dressurreiten<br />

ausgeweitet wird und die ersten von<br />

uns in graziös-gezügelten Traversalen, Piaffen<br />

und Pirouetten über <strong>de</strong>n Sand <strong>de</strong>r<br />

Dressur-Vierecke schweben. Und mit welcher<br />

Freu<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n wir sehen, wie muskulöse<br />

Herren, vor einen Sulky gespannt, in elegantem<br />

Trab von einer automatischen Peitsche<br />

gezüchtigt die Rennbahnen umkurven!<br />

Überhaupt scheint <strong>de</strong>r Sport das angemessene<br />

Feld zu sein für die Pioniere dieser<br />

Bewegung: Viele fragen sich schon lange,<br />

warum sich Menschen <strong>de</strong>n Anstrengungen<br />

<strong>de</strong>s Schachs aussetzen, wenn es längst Computer<br />

gibt, die viel besser spielen. Mensch<br />

und Schachbrett – eine im Grun<strong>de</strong> groteske<br />

Paarung! Wie ich übrigens auch fin<strong>de</strong>, dass<br />

man im Radsport aus <strong>de</strong>r absur<strong>de</strong>n Doperei<br />

die einzig wahre Konsequenz ziehen sollte:<br />

Radrennen ohne Radler. O<strong>de</strong>r könnte es die<br />

angemessene Strafe für Lance Armstrong<br />

sein, dass er die Tour <strong>de</strong> France allein und<br />

ungedopt zu Fuß bewältigen muss? Auch in<br />

<strong>de</strong>r Leichtathletik wäre Doping ja sinnlos,<br />

wenn Kugelstoßer nicht mehr schwere<br />

Kugeln herumwuchten müssten. Wenn es<br />

Speerwurf ohne Speer gäbe.<br />

Alles könnte so leicht sein.<br />

Außer<strong>de</strong>m bin ich sehr gespannt auf die<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Formel 1 in Zeiten, in<br />

<strong>de</strong>nen Herr Vettel in einem Carsharing-Fahrzeug<br />

ohne Lenkrad und Gaspedal mit<br />

automatischer Abstandsregulierung durchs<br />

Autodrom saust.<br />

Mit Wehmut <strong>de</strong>nkt A x e l H a c k e an<br />

sein erstes Auto zurück – einen Citroën<br />

2CV. Doch auch in <strong>de</strong>r »Ente« beschlich<br />

ihn gelegentlich das Gefühl einer existentiellen<br />

Nutzlosigkeit, etwa als ihm in <strong>de</strong>n<br />

Kasseler Bergen einmal bei strömen<strong>de</strong>m Regen<br />

im Gegenwind das Ver<strong>de</strong>ck wegflog.<br />

Illustration: Dirk Schmidt<br />

46 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin


Frühling<br />

Sommer<br />

Herbst<br />

Winter<br />

Mixen Sie <strong>de</strong>n<br />

Sommer auch<br />

im Winter.<br />

Was kommt dabei heraus, wenn das Süd<strong>de</strong>utsche<br />

<strong>Zeitung</strong> Magazin <strong>de</strong>m stilvollen Trinken ein Buch<br />

widmet? Ganz klar: Ein anregen<strong>de</strong>r Cocktail, gemixt<br />

aus ausgefallenen Rezept-I<strong>de</strong>en und klugen Texten.<br />

„Cocktails – Ein Jahrbuch“ bietet Anleitungen, Tipps<br />

und Tricks für beson<strong>de</strong>re Getränke zu je<strong>de</strong>r Jahre<strong>sz</strong>eit<br />

– kreiert von <strong>de</strong>n besten Barkeepern Europas.<br />

Ein Streifzug durch das Jahr mit <strong>de</strong>n besten Drinks<br />

für laue Sommeraben<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r winterliche Kamingespräche.<br />

Darauf: Prost, Santé, Cheers!<br />

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Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 47


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48 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin

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