Nummer 6 8. Februar 2013 - sz-media.de - Süddeutsche Zeitung
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Oben: Tierenteyn-Senf ist scharf, würzig und<br />
enthält keine Konservierungsstoffe. Darum wird er im<br />
La<strong>de</strong>n (Groentenmarkt 3) frisch ins Glas gefüllt.<br />
Rechts: Nicht einmal im Regen sieht<br />
Gent trist aus – im Gegenteil, es glänzt.<br />
Fotos: Peter <strong>de</strong> Krom<br />
B r ü c k e n Die sieben Brücken am alten<br />
Hafen von Gent heben sich nicht, son<strong>de</strong>rn<br />
drehen sich, wenn Schiffe passieren<br />
müssen. Den schönsten Blick hat man<br />
allerdings von <strong>de</strong>r Sint-Michielsbrug, die<br />
keine Drehbrücke mehr ist.<br />
S t a d t k u r a t o r Jan Hoet gilt als <strong>de</strong>r<br />
Noma<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n Ausstellungsmachern.<br />
Bekannt wur<strong>de</strong> er mit Chambres d’amis: Er<br />
überre<strong>de</strong>te 51 Genter Bürger aller Schichten<br />
und Stadtteile, je einen Künstler in<br />
ihre Wohnung zu lassen. »Displacement«<br />
nannte er diese I<strong>de</strong>e – kleine Verschiebungen,<br />
die entstehen, wenn das Vertraute<br />
neu erlebt wird. Die I<strong>de</strong>e nahm er mit<br />
nach Kassel auf die Documenta IX, <strong>de</strong>ren<br />
künstlerischer Leiter er 1992 war.<br />
E s s e n Waterzooi im Restaurant »Chez<br />
Léontine« (Vleeshuisbrug/Groentenmarkt<br />
10–11, Tel. 0032/9/225 06 80, www.chez<br />
leontine.be). Es liegt mitten in <strong>de</strong>r Stadt,<br />
direkt am Kanal und sieht dabei aus, als<br />
wäre es noch von <strong>de</strong>r Großmutter <strong>de</strong>s<br />
nicht mehr ganz jungen (aber sehr<br />
freundlichen) Wirts <strong>de</strong>koriert wor<strong>de</strong>n:<br />
Holzschuhe an <strong>de</strong>r vergilbten Wand,<br />
daneben ein Porzellankreuz, Hufeisen,<br />
Stiche <strong>de</strong>r belgischen Könige. Ein Bücherstapel<br />
stabilisiert <strong>de</strong>n Türrahmen.<br />
Der Wirt holt je<strong>de</strong>s Bier im Bierhuis nebenan.<br />
Waterzooi ist eine Hühnersuppe<br />
mit Lauch und Sellerie, was unspektakulär<br />
klingt, aber typisch belgisch ist. Sie<br />
ist sahnig und wird auch für eine Person<br />
in einer Terrine serviert – also besser keine<br />
Vorspeise bestellen.<br />
S c h l a f e n Himmlische Ruhe (und<br />
dazu viele <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Stadt raren Parkplätze)<br />
im »Hotel Poortackere Monasterium«<br />
(Ou<strong>de</strong> Houtlei 56, 0032/9/269 22 10, DZ<br />
ab 115 Euro, www.monasterium.be).<br />
Und morgens Gesang. Denn die Kirche,<br />
die zum alten Kloster gehört, ist noch in<br />
Betrieb.<br />
U n b e d i n g t in eine Kneipe gehen.<br />
Die Belgier sind große Kneipengänger,<br />
das merkt man ganz beson<strong>de</strong>rs in Gent.<br />
Vielleicht, weil die Stadt so klein ist und<br />
dabei voller Stu<strong>de</strong>nten. Nach <strong>de</strong>m Essen<br />
gehen alle, Jung und Alt, allein, zu zweit<br />
o<strong>de</strong>r in großen Gruppen, auf einen<br />
Schnaps in <strong>de</strong>n »Dreupelkot« (Groentenmarkt<br />
12, Tel. 00329/224 21 20, www.<br />
dreupelkot.be). Dreupel heißt Tropfen<br />
und <strong>de</strong>r Tropfen heißt Genever: Genever<br />
pur o<strong>de</strong>r mit Geschmack, die Bandbreite<br />
reicht von Kirsche bis Lebkuchen.<br />
Nach einem Glas davon verteilt man<br />
sich zügig auf die vielen an<strong>de</strong>ren Genter<br />
Kneipen – länger als auf einen Genever<br />
im »Dreupelkot« zu bleiben wäre ähnlich<br />
unpassend wie Weißwürste zum<br />
Aben<strong>de</strong>ssen in München.<br />
A u f k e i n e n F a l l mit durchgelaufenen<br />
Socken in die Kneipe »Dulle Griet«<br />
(Vrijdagmarkt 50, Tel. 0032/9/224 24 55,<br />
www.dullegriet.be) gehen. Dort gibt es<br />
Hun<strong>de</strong>rte Sorten Bier; eine davon wird<br />
in ein trompetenlanges Glas gezapft, das<br />
in einem Holzstän<strong>de</strong>r Halt fin<strong>de</strong>t. Diese<br />
Gläser sind so kostbar, dass <strong>de</strong>r Gast einen<br />
Schuh au<strong>sz</strong>iehen muss – das soll<br />
verhin<strong>de</strong>rn, dass er sich einfach mit <strong>de</strong>m<br />
Gefäß davonmacht. Der Schuh wird unter<br />
großem Geklingel, Gejohle und Geklatsche<br />
in einem Drahtkorb an die<br />
Decke <strong>de</strong>s Lokals gezogen. Wenn die eigenen<br />
Socken also nicht die frischesten<br />
sind, kann das unangenehm wer<strong>de</strong>n,<br />
und zwar für alle. Nach ein paar solcher<br />
Biere allerdings ist das auch wie<strong>de</strong>r egal.<br />
Und zwar allen. G A B R I E L A H E R P E L L<br />
Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin 15