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Nummer 6 8. Februar 2013 - sz-media.de - Süddeutsche Zeitung

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Peter <strong>de</strong>r Große ließ die ersten Kanäle in Sankt Petersburg einrichten,<br />

seine Tochter Elisabeth holte einen italienischen Architekten und Carrara-Marmor in die Stadt.<br />

Kein Wun<strong>de</strong>r, dass viele Ecken <strong>de</strong>r Stadt an Venedig erinnern.<br />

Schuld und<br />

Sühne war<br />

<strong>de</strong>r erste<br />

Roman seines<br />

Uropas,<br />

<strong>de</strong>n Dmitri las.<br />

»Aber ich<br />

war zu jung<br />

und zu dumm,<br />

um ihn zu<br />

verstehen«<br />

S t a d t s c h r e i b e r Lange hat Dmitri<br />

Andrejewitsch Dostojewski seinen Nachnamen<br />

als Fluch empfun<strong>de</strong>n. Seine Mutter<br />

hat ihm als Kind von seinem berühmten<br />

Urgroßvater erzählt und ihn<br />

gewarnt, er solle das lieber für sich behalten.<br />

Ein kluger Rat, so schien es: Wegen<br />

dieses Namens ist Dmitris Vater 1931<br />

kurz verhaftet wor<strong>de</strong>n, und auch in<br />

Dmitris Schule sei <strong>de</strong>r Name Dostojewski<br />

lange verpönt gewesen, kein einziges<br />

seiner Bücher sei auf <strong>de</strong>m Lehrplan aufgetaucht.<br />

So war das an einigen sowjetischen<br />

Schulen zur Stalin- und Chruschtschow-<br />

Zeit. Die Dämonen etwa, die Geschichte<br />

einer Verschwörung, wur<strong>de</strong> erst En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Siebzigerjahre neu aufgelegt, zu unwägbar<br />

schien die Wirkung dieses Buchs.<br />

Dmitri ist so klein wie sein Urgroßvater<br />

und auch im Gesicht meint man<br />

sofort eine Ähnlichkeit ent<strong>de</strong>cken zu<br />

können: die gleichen tiefen Augenhöhlen,<br />

leicht eingefallene Wangen, das dünne<br />

Haar, ein ähnlicher altrussischer Bart.<br />

Dmitri ist mit 67 allerdings schon sieben<br />

Jahre älter als Fjodor zum Zeitpunkt seines<br />

To<strong>de</strong>s.<br />

Das erste Buch aus <strong>de</strong>m Werk seines<br />

Urgroßvaters, das Dmitri las, war Schuld<br />

und Sühne, <strong>de</strong>r in Sankt Petersburg spielen<strong>de</strong><br />

psychologische Kriminalroman<br />

um <strong>de</strong>n Mör<strong>de</strong>r Rodion Raskolnikow.<br />

»Ich war damals 19 Jahre alt, zu jung<br />

und dumm, um es zu verstehen«, sagt er,<br />

er legte es bald wie<strong>de</strong>r weg. Schuld und<br />

Sühne, neu<strong>de</strong>utsch: »Verbrechen und<br />

Strafe«, gilt als Dostojewskis populärster<br />

Roman. Den Hinterhof, wo Raskolnikow<br />

wohnte, kann man heute noch besuchen,<br />

ebenso wie die letzte Wohnung Fjodor<br />

Dostojewskis, aus <strong>de</strong>r man 1971 ein Museum<br />

gemacht hat.<br />

Dmitris Vater trug im Krieg immer eine<br />

Büste von seinem Großvater Fjodor bei<br />

sich, als Glücksbringer. Dmitri dagegen<br />

begann erst in <strong>de</strong>n Sechzigerjahren, seinen<br />

Familiennamen zu schätzen. Er war<br />

ohne höheren Schulabschluss zur Armee<br />

gegegangen, zu DDR-Zeiten in Potsdam<br />

stationiert, später auf Kuba, arbeitete<br />

nach seiner Rückkehr als Straßenbahnführer<br />

und schlug sich mit kleineren<br />

Reparaturjobs durch. Aber er wur<strong>de</strong> eingela<strong>de</strong>n<br />

in die ganze Welt. Zu Tagungen<br />

<strong>de</strong>r Dostojewski-Gesellschaft, zu Dreharbeiten<br />

einiger Dokumentarsendungen<br />

über das Leben <strong>de</strong>s Urgroßvaters. 1964<br />

war er für eine BBC-Dokumentation in<br />

Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n, er ging abends ins Kasino<br />

und gewann mit <strong>de</strong>m System, das <strong>de</strong>r<br />

Urgroßvater in seinem Roman Der Spieler<br />

skizziert hatte, 190 Mark, viel Geld in <strong>de</strong>r<br />

damaligen Zeit. 1981 bekam Dmitri<br />

24 Süd<strong>de</strong>utsche <strong>Zeitung</strong> Magazin

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