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1 Michael Schneider STAREZ SILUAN VOM BERG ... - Kath.de

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in Gott und die »Entblößung« durchlei<strong>de</strong>t, begegnet in seinem eigenen Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Gekreuzigten,<br />

<strong>de</strong>r ihn lehrt, allem zu entsagen, was er besitzt. Die geistige Vereinigung <strong>de</strong>r Seele mit Christus,<br />

<strong>de</strong>m gekreuzigten und auferstan<strong>de</strong>nen Herrn, vollzieht sich also nicht in geistlicher Lust und Freu<strong>de</strong><br />

und Empfindung, son<strong>de</strong>rn im erlebten Kreuzestod, sinnlich und geistig. Am En<strong>de</strong> dieses Prozesses<br />

steht <strong>de</strong>r in Christus Erlöste, <strong>de</strong>r jedoch kein verklärter, mit Offenbarungen und Visionen ausge-<br />

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zeichneter Mensch ist, son<strong>de</strong>rn an seinem Leib die Wundmale Christi trägt. Erfahren im Glauben<br />

ist ein Wi<strong>de</strong>r-Fahren, und christliche Praxis be<strong>de</strong>utet nicht allein Han<strong>de</strong>ln, son<strong>de</strong>rn auch »Lei<strong>de</strong>n«:<br />

»Nicht das Selbstverständliche, son<strong>de</strong>rn ‘das Ärgernis’ <strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rspenstigen Wirklichkeit wird zum<br />

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Interpretationsprinzip <strong>de</strong>r Wirklichkeit.« Solches wirkt »kritisch« in einer Gesellschaft und Kirche,<br />

die »apathisch« lebt, mit immer <strong>de</strong>zidierter vorgebrachtem Trauer- und Melancholieverbot.<br />

Thérèse von Lisieux weist darauf hin, daß auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Berufung einzig <strong>de</strong>r Einklang mit <strong>de</strong>m<br />

Willen Gottes zählt. Die Erkenntnis <strong>de</strong>s göttlichen Willens ist, so Thérèse, für je<strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ntisch mit<br />

seiner Sendung, die Gott ihm gibt; wobei die empfangene Sendung wie<strong>de</strong>rum eins ist mit <strong>de</strong>r vom<br />

einzelnen zu verwirklichen<strong>de</strong>n Heiligkeit<br />

, selbst wenn sie in die Erfahrung <strong>de</strong>s Nichtkönnens führt,<br />

die wohl zu <strong>de</strong>n bittersten Erfahrungen eines Berufungsweges gehört.<br />

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Je<strong>de</strong> christliche Erfahrung mit Gott, selbst die seiner Verborgenheit, en<strong>de</strong>t bei keiner Verneinung,<br />

da alles Sprechen über Gott auf <strong>de</strong>r Inkarnation beruht, also auf einem positiven und geschichtlichen<br />

Faktum. Dies hat seine Be<strong>de</strong>utung für die Krisenerfahrung <strong>de</strong>s Glaubensweges, wie Johannes<br />

Tauler sie beschreibt: Die »Ähnlichkeit« zu Gott kann in <strong>de</strong>r »Arbeit <strong>de</strong>r Nacht« zur neuen »Unähnlichkeit«<br />

wer<strong>de</strong>n, aber nicht aufgrund einer neuen, größeren Distanz zwischen Gott und<br />

Mensch, son<strong>de</strong>rn um Raum zu schaffen für eine noch größere Nähe und »Ähnlichkeit« mit Gott.<br />

Dieser Ähnlichkeit hat Gott sein ihm eigenes Prägemal gegeben, nämlich die Erniedrigung und das<br />

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Kreuz, welche Garant dafür sind, daß Gott selbst im Wi<strong>de</strong>rspruch sich entspricht. Wer Gottes<br />

»Ähnlichkeit« erfährt, sieht sich hineingenommen in die Gott eigene »Unähnlichkeit« von Menschwerdung<br />

und Kreuz, von »I<strong>de</strong>ntität in <strong>de</strong>r Entäußerung«. Auf dieser Linie zeigen alle vorgestellten<br />

Zeugen - wenn auch auf unterschiedliche Weise -, daß sie durch die leidvollen Erfahrungen <strong>de</strong>s<br />

dunklen Gottes auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Nachfolge in die zunehmen<strong>de</strong> »Verähnlichung« mit <strong>de</strong>m Menschgewor<strong>de</strong>nen<br />

geführt wur<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihnen in <strong>de</strong>r Erfahrung <strong>de</strong>r Gottes-Nacht schon zu Beginn ihres<br />

Lebens in <strong>de</strong>r Nachfolge Anteil gab an <strong>de</strong>r ihm eigenen »Unähnlichkeit«.<br />

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23<br />

Diesen Weg hat Bonaventura überzeugend dargestellt in seinen Ausführungen über das Lebensen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s heiligen Franziskus, die<br />

auch in theologischer Hinsicht von großer Be<strong>de</strong>utung sind. - Vgl. M. <strong>Schnei<strong>de</strong>r</strong>, »Christus ist unsere Logik!« Zur Verhältnisbestimmung<br />

von Theologie und Nachfolge bei Bonaventura, Köln 1999, bes. 35ff.<br />

E. Schillebeeckx, Menschen. Die Geschichte von Gott, Freiburg-Basel-Wien 1990, 53.<br />

Thérèse erinnert an die Worte von P. Pichon: »Erinnern Sie sich an jene Worte <strong>de</strong>s Paters: ‘Die Märtyrer litten in Freu<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />

König <strong>de</strong>r Märtyrer aber mit Traurigkeit.’« (Brief vom 17. September 1896 an Schwester Marie du Sacré Coeur: »Les martyrs<br />

ont souffert avec joie et le Roi <strong>de</strong>s Martyrs a souffert avec tristesse.« Das Wort stammt vom 13.10.1887.<br />

E. Jüngel, Metaphorische Wahrheit. Erwägungen zur theologischen Relevanz <strong>de</strong>r Metapher als Beitrag zur Hermeneutik einer narrativen<br />

Theologie, in: EvTh, Son<strong>de</strong>rheft (München 1974) 71-122, hier 117.<br />

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