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1 Michael Schneider STAREZ SILUAN VOM BERG ... - Kath.de

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in <strong>de</strong>r 'Hölle' und verzweifle nicht!«<br />

Wer Gott erwerben will, muß die Demut erwerben. Fortan betete Siluan nicht mehr nur für sich,<br />

son<strong>de</strong>rn für alle Menschen. »Unser Bru<strong>de</strong>r ist unser Leben«, sagte Starez Siluan: »Für die Menschen<br />

beten heißt sein Herzblut hergeben.« 8<br />

3. Die Erfahrung <strong>de</strong>r Glaubensnacht im Leben <strong>de</strong>s Starez Siluan<br />

Die östliche Theologie ist grundsätzlich von ihrem apophatischen Ansatz geprägt, aber in <strong>de</strong>r Praxis<br />

9<br />

<strong>de</strong>s Glaubenslebens bleibt ihr das Phänomen <strong>de</strong>r dunklen Nacht eher fremd. Es scheint, daß für die<br />

östliche Spiritualität die Erfahrung <strong>de</strong>s Dunkels mehr nach Art <strong>de</strong>r Akedia asketisch zu überwin<strong>de</strong>n<br />

ist, soweit mit ihr nicht schon <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>r Einigung beginnt. Deshalb läßt sich sagen, daß die<br />

Erfahrung <strong>de</strong>r Dunkelheit in <strong>de</strong>r östlichen Spiritualität fast wie ein »Unfall« erscheint, <strong>de</strong>n es rasch<br />

zu überwin<strong>de</strong>n gilt. Auf je<strong>de</strong>n Fall erhält in <strong>de</strong>r offiziellen Orthodoxie die Erfahrung <strong>de</strong>r Dunklen<br />

Nacht keine eigene Be<strong>de</strong>utung und ist als solche in <strong>de</strong>r Erfahrungspraxis geistlichen Lebens kaum<br />

bezeugt<br />

10<br />

; sie wird in eine Theologie <strong>de</strong>s ungeschaffenen Lichtes aufgehoben. In <strong>de</strong>r östlichen<br />

Spiritualität gibt es nur zwei charakteristische Fälle »mystischer Nacht«, nämlich bei <strong>de</strong>m heiligen<br />

Tichon von Voronez im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt und eben <strong>de</strong>m heiligen Starez Siluan aus <strong>de</strong>m vergangenen<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt. Wie wir gesehen haben, erhielt er mit <strong>de</strong>m Eintritt in das Mönchsleben nach wenigen<br />

Wochen von <strong>de</strong>r Gottesmutter eine beson<strong>de</strong>re Gebetsgna<strong>de</strong>, aber schon bald darauf geriet er über<br />

lange Zeit in Angst und Verzweiflung. Der Schrecken <strong>de</strong>r Hoffnungslosigkeit beherrscht fortan<br />

mehr und mehr sein Wesen. Er wird an die äußerste Grenze <strong>de</strong>r Verzweiflung geführt.<br />

Doch zunehmend lernt er, seine Erfahrung tiefer zu verstehen und zu <strong>de</strong>uten, wie sein Biograph<br />

Archimandrit Sophronius berichtet: »Die jahrhun<strong>de</strong>rtelange Erfahrung <strong>de</strong>r Väter zeigt, daß es drei<br />

Arten o<strong>de</strong>r Kategorien <strong>de</strong>r geistlichen Entwicklung eines Menschen gibt. Die meisten Menschen<br />

gehören zur ersten Kategorie: Sie sind zu Gott gekommen durch eine kurze Erfahrung göttlicher<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Zit. nach ebd., 40.44.<br />

Lossky schreibt hierzu: »Il est curieux noter que la ‘nuit mystique’ est étrangère à la spiritualité <strong>de</strong> l’Eglise orthodoxe. Les états<br />

semblables à ceux qui reçoivent cette appellation en Occi<strong>de</strong>nt portent chez les maîtres <strong>de</strong> spiritualité orientale le nom d’‘acedia’<br />

et sont envisagés comme un péché ou une tentation contre laquelle il faut lutter, en veillant constamment pour gar<strong>de</strong>r la lumière<br />

qui luit dans les ténèbres. L’‘acedia’ - ennui, tristesse qui aboutit au désespoir - est le péché par excellence (commencement<br />

<strong>de</strong> la mort éternelle)« (V. Lossky, A l’image et à la ressemblance <strong>de</strong> Dieu. Paris 1967, 54, Anm. 36). I. Hausherr macht mit V.<br />

Lossky darauf aufmerksam, daß im Osten die Akedia-Erfahrung jenen Ort einnimmt, <strong>de</strong>n im Westen die »Nacht <strong>de</strong>s Geistes«<br />

innehat (vgl. I. Hausherr, Les Leçons d’un contemplativ. Le Traité <strong>de</strong> l’Oraison d’Évagre le pontique, Paris 1960, 19).<br />

Die Zustän<strong>de</strong> und Erfahrungen <strong>de</strong>r Trockenheit und <strong>de</strong>r Dunklen Nacht haben in <strong>de</strong>r Spiritualität <strong>de</strong>r Ostkirche nicht <strong>de</strong>n gleichen<br />

Sinn wie im Abendland: »Die Trockenheit ist ein Krankheitszustand, <strong>de</strong>r nicht längere Zeit andauern darf; sie wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n<br />

asketischen und mystischen Schriftstellern <strong>de</strong>r orthodoxen Tradition niemals als notwendige und normale Etappe auf <strong>de</strong>m Weg<br />

<strong>de</strong>r Einigung betrachtet, son<strong>de</strong>rn eher als ein häufiger, aber immer gefährlicher Unfall auf diesem Weg« (V. Lossky, Die mystische<br />

Theologie <strong>de</strong>r morgenländischen Kirche. Graz-Wien-Köln 1961, 287). - Vgl. auch die Erfahrungen <strong>de</strong>s Dorotheus von Gaza (J.<br />

Pauli, Menschsein und Menschwer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r geistlichen Lehre <strong>de</strong>s Dorotheus von Gaza. St. Ottilien 1998, bes. 121ff.). Diese<br />

Differenz zwischen östlicher und westlicher Spiritualität ist in ihrer Be<strong>de</strong>utung bisher selten bedacht wor<strong>de</strong>n.<br />

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