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Fragen und Antworten - Ö1

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<strong>Ö1</strong> macht Schule.<br />

Ein Projekt von<br />

Die Sinnfrage – Wofür überhaupt leben?<br />

Radiokolleg / Teil 1 - 4<br />

Gestaltung: Ulrike Schmitzer<br />

Sendedatum: 18.– 21. März 2013<br />

Länge: je ca. 23 Minuten<br />

<strong>Fragen</strong> <strong>und</strong> <strong>Antworten</strong><br />

Teil 1<br />

1. Warum beschließt Klaus Rapf seinen Beruf als Informationstechniker aufzugeben <strong>und</strong><br />

Biobauer zu werden?<br />

Schon als junger Mensch wollte Klaus Rapf mit seinem Handeln <strong>und</strong> Tun den Menschen etwas<br />

Gutes im Alltag geben. Er hoffte mit Hilfe der Informationstechnologie den Alltag der Menschen<br />

zu erleichtern. Doch es stellte sich ein unbefriedigendes Gefühl ein, da nach einem intensiven<br />

Arbeitstag häufig greifbare Resultate fehlten.<br />

Nun arbeitet er als Biobauer <strong>und</strong> ist im Vorstand des Vereins „Arche Noah“. Er erlebt seine Arbeit<br />

als sinnerfüllend.<br />

2. Welcher Aufgabe hat sich der Verein „Arche Noah“ verschrieben?<br />

Alte Kulturpflanzen sollen in ihrer Vielfalt erhalten bleiben <strong>und</strong> ihre Verbreitung soll gefördert werden.<br />

3. Laut der Sinnforscherin Tatjana Schnell von der Universität Innsbruck ist zu beobachten,<br />

dass die Verknüpfung von Arbeit <strong>und</strong> Sinn für die Menschen bedeutungsvoller geworden ist.<br />

Woran lässt sich das erkennen?<br />

Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass auch Menschen in Führungspositionen auf einen Teil ihres<br />

Einkommens verzichten würden, wenn sie dafür eine Tätigkeit ausüben könnten, die ihnen das<br />

Gefühl von Sinn vermittelt.<br />

Man kann auch beobachten, dass Jobangebote in Zeitungsinseraten häufig mit dem Attribut<br />

„sinnvolle Tätigkeit“ versehen werden.<br />

4. Was macht laut einer Studie von Tatjana Schnell Arbeit sinnvoll?<br />

Die Tätigkeit soll den Fähigkeiten der jeweiligen Person entsprechen; die Tätigkeit soll eine<br />

positive Auswirkung haben, auch z.B. in dem Sinne, dass die Qualität des Produktes von<br />

der Qualität des Tuns abhängig ist.<br />

Je höher das Gefühl der Eigenständigkeit bei der Ausführung der Arbeit ist, umso mehr erlebt<br />

die arbeitende Person ihr Tun als sinnerfüllend.<br />

© Diese Zusammenstellung: <strong>Ö1</strong> macht Schule /Mag. Christa Altrichter<br />

Ausschließlich zur nicht-kommerziellen Nutzung zu Unterrichtszwecken im Sinne des § 42 Abs 6 UrhG bereitgestellt. 1


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5. Was versteht man unter soziomoralischem Klima?<br />

Darunter versteht man das Kommunikationsklima in einem Unternehmen; in so einem<br />

Kommunikationsklima sollte es möglich sein, offen über bestehende Strukturen zu sprechen, auch<br />

Kritik zu üben <strong>und</strong> es sollte eine demokratische Struktur der Mitentscheidung <strong>und</strong> Mitbestimmung -<br />

unabhängig von der Hierarchie - vorhanden sein.<br />

6. Petra Otto änderte buchstäblich von einer Minute auf die andere ihr Leben. Was nennt sie<br />

selbst als ausschlaggebenden Gr<strong>und</strong> für ihre Entscheidung?<br />

Es war ein inneres Wissen, um ges<strong>und</strong> zu werden <strong>und</strong> ges<strong>und</strong> zu leben.<br />

7. Was hält viele Menschen davon ab, ihre berufliche Tätigkeit zu verändern, obwohl sie diese als<br />

nicht befriedigend erleben?<br />

Häufig sind es Existenzängste, die Menschen vor gr<strong>und</strong>legenden Veränderungen abhalten.<br />

Gäbe es ein bedingungsloses Gr<strong>und</strong>einkommen, würden viele Menschen den Mut aufbringen, sich<br />

einer anderen Tätigkeit zuzuwenden.<br />

8. Prinzipiell ist das Erleben von Sinn bei jeder Tätigkeit möglich. Nennen Sie Beispiele für<br />

Sinngebungen.<br />

Auch Fließbandarbeit kann als sinnvoll erlebt werden, z.B. das Bemühen, den Akkord zu schaffen.<br />

Erwerbstätigkeit, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, gibt ebenfalls ein Gefühl von Sinn.<br />

Ebenso wird das Erleben von Sozialkontakten in der Arbeitswelt als sinngebend empf<strong>und</strong>en.<br />

9. Was versteht man unter „Selbstverwirklichungsberufen“ <strong>und</strong> welche Nachteile können damit<br />

verb<strong>und</strong>en sein?<br />

Vor allem kreative Berufe gelten als Selbstverwirklichungsberufe, also Berufe, die das Ausleben der<br />

eigenen Fähigkeiten am meisten ermöglichen. Allerdings kann über der Sinnsuche übersehen<br />

werden, dass die Tätigkeit schlecht bezahlt wird <strong>und</strong> der Arbeitsplatz sehr unsicher ist. Diese<br />

Situation kann auch zur Selbstausbeutung führen.<br />

10. Was versteht man unter der „erweiterten Sinnfrage“ <strong>und</strong> dem Begriff der „Zorro-Moral“?<br />

Ein hochbezahlter Techniker z.B., der mit Hingabe seiner Tätigkeit nachgeht, fragt sich schließlich<br />

doch auch, ob das entwickelte Produkt der Umwelt schaden könnte oder eventuell für Kriegszwecke<br />

eingesetzt werden könnte.<br />

Der engagierte Sozialarbeiter überlegt, ob seine Arbeit mit Jugendlichen diese nur zu<br />

funktionierenden Mitgliedern einer krankmachenden Gesellschaft macht.<br />

Wenn sich berufstätige Menschen in ihrer Freizeit bei Organisationen engagieren, die möglicherweise<br />

sogar gegen das Unternehmen auftreten, in dem man beruflich tätig ist, dann spricht man<br />

von Zorro – Moral; man arbeitet z.B. für riesige Lebensmittelkonzerne <strong>und</strong> setzt sich bei NGOs für<br />

Vereine wie „Arche Noah“ ein.<br />

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11. Welche komplexen gesellschaftlichen Zusammenhänge verbergen sich hinter dem Wort<br />

„Ehrenamt“?<br />

Die ehrenamtliche Tätigkeit kann den Menschen Sinn geben.<br />

Man weiß aus Untersuchungen, dass Arbeitslose, die ehrenamtlich tätig sind, über eine bessere<br />

psychische Verfassung verfügen als Arbeitslose, die kein Ehrenamt übernehmen.<br />

Auch Pensionisten finden in ehrenamtlicher Tätigkeit wieder Erfüllung.<br />

Allerdings wären viele Aufgaben, die von ehrenamtlichen Mitarbeitern erledigt werden, vom Staat<br />

zu erfüllen. Auf diese Weise kann sich der Staat sehr unauffällig gewisser Aufgaben entziehen.<br />

Außerdem werden auch für ehrenamtliche Tätigkeiten zunehmend Weiterbildungen oder sogar<br />

Ausbildungen verlangt; auf diese Weise kommt es zur Vermischung von Erwerbstätigkeit <strong>und</strong><br />

Ehrenamt.<br />

Teil 2<br />

12. Wie heißt der Begründer der Logotherapie <strong>und</strong> welcher Gedanke steht im Mittelpunkt der<br />

Logotherapie?<br />

Viktor Frankl<br />

Der Mensch braucht das Gefühl, dass er einen Beitrag zum Gelingen der Welt leisten kann.<br />

Es ist sicher wichtig, dass der Mensch sagen kann: „Es geht mir gut.“ - Noch wichtiger<br />

ist es allerdings, dass er weiß: „Ich bin für etwas gut!“<br />

13. Wie beschreibt die Psychologin <strong>und</strong> Therapeutin Elisabeth Lukas die Logotherapie?<br />

Es handelt sich um alte Menschheitsweisheiten in psychologischer Sprache.<br />

14. Was meinte Viktor Frankl mit dem Begriff des „existenziellen Vakuums“?<br />

Die Menschen unserer Gesellschaft haben zwar genug zum Leben, aber es fehlt ihnen<br />

häufig das „Wofür“. Die Logotherapie spricht von einer Sinnentleerung des Lebens, die<br />

sich in Langeweile, Frustration, Überdruss oder einem Leeregefühl zeigt.<br />

15. Wie reagieren die Menschen auf dieses existenzielle Vakuum?<br />

neurotische Reaktion: Jagd nach Lust ( sexuelle Lust, Kauflust,.....)<br />

die Leere soll durch Lustgewinn gefüllt werden<br />

depressive Reaktion: die Menschen werden apathisch, sie resignieren, werden zynisch,<br />

sie verlieren die Lebensfreude<br />

16. Erklären Sie die Begriffe „Quarterlife-Crises“ <strong>und</strong> „Midlife-Crises“!<br />

Quarterlife-Crises: die jungen Menschen im Alter von 20 – 25 Jahren sehen keine Perspektiven<br />

Midlife-Crises: betroffen sind Menschen im Alter von 45 – 55 Jahren<br />

man hat vieles erlebt, ist beruflich gefestigt, hat eine Familie oder eine Beziehung,<br />

eine gewisse Sättigung tritt ein; man fragt sich: Und was kann jetzt noch kommen?<br />

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17. Anfang der 1930er Jahre war die Selbstmordrate unter jungen Leuten sehr hoch.<br />

Wie reagierte V. Frankl auf diese Situation?<br />

Er gründete Jugendberatungsstellen. Öffentlich waren Listen ausgehängt, auf denen die Namen<br />

<strong>und</strong> Adressen der Ärzte standen, die verzweifelte junge Menschen kostenlos in ihren privaten<br />

Wohnungen beraten würden.<br />

18. Auf welche Weise konnte den Jugendlichen geholfen werden?<br />

Auch V. Frankl konnte den Menschen keine Arbeit verschaffen, aber man konnte ihre<br />

Gedankengebäude neu strukturieren. Nicht nur Arbeit gibt Sinn, die unfreiwillige freie<br />

Zeit kann auch sinngebend genützt werden – wie, das muss individuell entschieden<br />

werden: der eine lernt eine Sprache, der andere hilft den jüdischen Friedhof zu<br />

betreuen, ein anderer unterstützt seine Großeltern, ...<br />

19. Wovon war V. Frankl als Anthropologe zutiefst überzeugt?<br />

Der Mensch ist ein Sinnsucher.<br />

Der Mensch kann unabhängig von seinem Alter, seiner Bildung, seiner Intelligenz, seiner<br />

Religion......Sinn finden.<br />

20. Der Mensch kann sich die Lebensbedingungen nicht immer aussuchen, aber trotzdem<br />

ist er laut V. Frankl verantwortlich für sein Leben – wie ist das zu verstehen?<br />

Wie der Mensch mit den ihn umgebenden Bedingungen umgeht, das kann der Mensch<br />

immer noch selbst entscheiden. Er hat in jeder St<strong>und</strong>e die Verantwortung dafür, wie<br />

er die nächste St<strong>und</strong>e, den Tag ... erleben wird.<br />

21. Wodurch unterscheidet sich die Logotherapie wesentlich von der Tiefenpsychologie?<br />

Die Tiefenpsychologie räumt dem Unbewussten <strong>und</strong> den Prägungen der Kindheit einen großen<br />

Raum ein, der das menschliche Handeln <strong>und</strong> Erleben bestimmt.<br />

Die Logotherapie gibt dem Menschen viel mehr Freiheit. Der Mensch ist nicht frei von seiner<br />

Bedingtheit, aber frei, dazu Stellung zu nehmen. Man kann den Kindheitsbedingungen<br />

z.B. auch entwachsen.<br />

22. V. Frankl wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert <strong>und</strong> 1944 nach Auschwitz.<br />

In welcher Weise hat er in diesem schwierigen Lebensabschnitt seine eigenen Thesen<br />

bewiesen?<br />

V. Frankl war sich sehr wohl dessen bewusst, dass die Chance zu überleben sehr, sehr gering<br />

war. Trotzdem versprach er sich selbst durchzuhalten. So zu leben, als gäbe es eine Garantie<br />

für das Überleben.<br />

Er spricht von einer Verantwortung durchzuhalten.<br />

23. Was ist eine laut V. Frankl notwendige Bedingung für das Überleben in Krisensituationen?<br />

Der Mensch braucht eine Ausrichtung auf die Zukunft; etwas, das in der Zukunft auf ihn wartet -<br />

das kann ein Mensch sein, das kann aber auch eine Aufgabe sein.<br />

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24. Wie ist Frankls Aussage zu verstehen, dass es zur Verantwortung des Menschen gehört,<br />

menschliches Leid in menschliche Leistung umzuwandeln?<br />

Der Mensch kann immer entscheiden, wie er auf eine bestimmte Situation reagiert <strong>und</strong><br />

auch im Angesicht des Todes ist verantwortungsvolles Handeln nicht nur möglich, sondern<br />

seiner Meinung nach gefordert.<br />

So haben manche Menschen im KZ dem anderen leidenden Menschen das letzte Stückchen<br />

Brot gestohlen, andere Menschen hingegen haben ihr letztes Stück geteilt.<br />

Es bleibt immer ein Stück Freiraum auf Herausforderungen zu reagieren.<br />

25. Viktor Frankl spricht von 3 Wegen zum Sinn. Skizzieren Sie stichwortartig diese Wege.<br />

Erlebniswerte:<br />

jeder Augenblick, jede St<strong>und</strong>e bietet Sinnmöglichkeiten;<br />

es gilt, dafür offen zu sein; z.B. für die Schönheit, die Wahrheit, einen<br />

anderen Menschen in seiner Einzigartigkeit – also zu lieben<br />

Schöpferische Werte:<br />

Einstellungswerte:<br />

eine Arbeit leisten, die man für sinnvoll hält;<br />

das kann, muss aber nicht eine künstlerische Tätigkeit sein,<br />

es geht darum, in welcher Haltung man die Arbeit leistet<br />

der Mensch kann seine Einstellung zu einer Lebenssituation selbst<br />

bestimmen, auch in der Krisensituation<br />

26. Wie kann der Mensch nun seinen eigenen Sinn im Leben finden?<br />

Wenn man sich etwas Ruhe gönnt, sich von äußeren Reizen frei hält <strong>und</strong> in sich hinein hört,<br />

dann regt sich die innere Stimme, das Gewissen. V. Frankl versteht unter Gewissen nicht das<br />

strenge Über-Ich, sondern das innere Sinnorgan. Es offenbart dem Menschen, wo er seinen<br />

Sinn finden kann.<br />

27. Jedes Leben hat seine eigenen Sinnmöglichkeiten. Was ist damit gemeint?<br />

Jede Lebenssituation beinhaltet Sinnmöglichkeiten. D.h. Möglichkeiten einen konstruktiven<br />

Beitrag für die Welt zu leisten – vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Wirklichkeit.<br />

28. Wie heißt V. Frankls Buch, das in den USA als eines der zehn einflussreichsten Bücher gilt?<br />

„Trotzdem Ja zum Leben sagen“<br />

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Teil 3<br />

29. Alfried Längle, Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Logotherapie, hat in seiner<br />

Jugend bei Viktor Frankl die Antwort auf die Frage der Vergänglichkeit gef<strong>und</strong>en.<br />

Wie erklärt V. Frankl den Sinn der Vergänglichkeit?<br />

Das „Vergangen – Sein“ ist vielleicht die sicherste Art des Seins, denn ich trage das Vergangene in<br />

mir, das kann mir niemand mehr nehmen.<br />

Es ist der Charakter des Lebens, dass das, was ist, vergeht. Aber gerade dieses „Vergehen des<br />

Seins“ fordert uns auf, ganz im Hier <strong>und</strong> Jetzt zu leben.<br />

30. Was ist heute das „Motto“ der Existenzanalyse?<br />

Dem Menschen soll geholfen werden, mit mehr innerer Zustimmung leben zu können.<br />

31. Wie erklärt Alfried Längle den Unterschied zwischen existenziellem Sinn <strong>und</strong> ontologischem<br />

Sinn?<br />

existenzieller Sinn: der Sinn des Augenblicks; die Anforderung der Situation;<br />

z.B. eine berufliche Entscheidung zu treffen oder die<br />

Frage, was meinem Leben Erfüllung gibt;<br />

ontologischer Sinn: Welchen Sinn hat Sein überhaupt?<br />

Gibt es ein letztes Wozu?<br />

32. Welche Auffassung hat Friedrich Nietzsche vom Sinn des Lebens?<br />

Der Mensch soll etwas Großes schaffen, etwas, das Zeichen setzt <strong>und</strong> fortgesetzt werden kann.<br />

Nietzsche konzentriert sich auf das große Individuum, z.B. große Künstler, bedeutende<br />

Wissenschafter, Entdecker.<br />

Die Frage nach dem Sinn des Daseins jedes Einzelnen stellt sich Nietzsche weniger.<br />

33. In der Moderne steht das Individuum im Vordergr<strong>und</strong>. Wie findet der Mensch Erfüllung in<br />

seinem Leben?<br />

Jeder Einzelne setzt sich Ziele <strong>und</strong> sieht den Sinn in der Erfüllung dieser Ziele. Man hat<br />

Erwartungen <strong>und</strong> möchte diese Erwartungen erfüllt sehen.<br />

Trotzdem ist der Mensch rückblickend nicht immer davon überzeugt, dass ihm die Erfüllung<br />

seiner Ziele tatsächlich gelungen ist. Sei es, weil das Leben zu kurz ist, andere der Erfüllung im<br />

Weg stehen oder die Kräfte nicht ausreichen.<br />

34. Der Philosoph Daniel T. <strong>und</strong> Ludwig Wittgenstein haben eine sehr ähnliche<br />

Ansicht über den Sinn des Lebens. Welche <strong>Antworten</strong> geben diese beiden Philosophen?<br />

Der Sinn des Lebens erfüllt sich dort am besten, wo man gar nicht an ihn denkt, wo sich diese<br />

Frage gar nicht stellt.<br />

Das Gefühl der völligen Vertiefung <strong>und</strong> des Aufgehens in dem, was man tut, ist bereits gelebter<br />

Sinn. Und dabei ist die Tätigkeit absolut unrelevant; was für den einen der 100m-Lauf ist, ist<br />

für den anderen die handwerkliche Tätigkeit.<br />

Schon Wittgenstein hat gesagt: Das Leben muss gelebt werden. Das Nachdenken darüber, steht<br />

dem Sinn entgegen.<br />

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35. Was verstand Viktor Frankl unter dem „unbewussten Gottesbezug“?<br />

Viktor Frankl war davon überzeugt, dass jeder Mensch einen Gottesbezug hat. Der religiöse<br />

Mensch ist sich dessen bewusst; aber auch der nicht religiöse Mensch hat einen unbewussten<br />

Gottesbezug, selbst der Atheist. Er nannte das auch unbewusste Religiosität.<br />

Heute würde man von Spiritualität sprechen.<br />

36. Wie stehen die Österreicher zu einem religiösen Glauben?<br />

Nur 2 – 4% der ÖsterreicherInnen bezeichnen sich als AtheistInnen. Die Menschen wenden sich<br />

zwar zunehmend von religiösen Institutionen ab, aber sie bekennen sich trotzdem zu einem<br />

Glauben.<br />

37. Was versteht die Sinnforscherin T. Schnell unter „implizierter Religiosität“?<br />

Bestimmte Bereiche im Leben werden wie eine Religion behandelt. Die Menschen folgen<br />

bestimmten Ritualen <strong>und</strong> hoffen auf Transzendierungserfahrungen.<br />

z.B. das Erleben des Eins-Seins mit der Natur; aber auch das Engagement bei Tierschutzorganisationen<br />

können gemeint sein;<br />

38. Wie beantwortet ein Evolutionsbiologe die Frage nach dem Sinn?<br />

Es gibt keinen höheren Sinn. Alle Lebewesen sind gleich wertvoll <strong>und</strong> biologische Vorgänge<br />

sind zweckvoll ohne höhere kosmische Absicht.<br />

Nur der Mensch denkt über den Sinn nach, weil er sich seiner Sterblichkeit bewusst ist.<br />

Der Glaube kann über dieses Wissen der Endlichkeit hinweg trösten <strong>und</strong> daher ist der Glaube an<br />

einen höheren Sinn für den Menschen Trost. Der Glaube schadet nicht <strong>und</strong> was nicht schadet,<br />

wird in der Evolution gefördert. Glaubensgemeinschaften fördern das<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl <strong>und</strong> somit ist dieser Anpassungsvorteil ein Teil der<br />

Sozialevolution des Menschen.<br />

39. Wie begründet der Philosoph Volker Gerhard seine Hinwendung zu Gott?<br />

Gott ist der Sinn des Sinns, den wir in unseren Handlungen suchen. Wir wissen nie, ob unser<br />

Handeln zu einem gewünschten Ende führt; z.B. in der Erziehung. Trotzdem nehmen wir die<br />

Aufgabe ernst. Der Erfolg unseres Tuns ergibt sich in Hinblick auf eine höhere Instanz, eine<br />

göttliche Instanz.<br />

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Teil 4<br />

40. Wie kann der Mensch laut Viktor Frankl auch im Leid Sinn finden?<br />

Niemand sucht sich Leid freiwillig aus. Ist es da, ist es eine weitere Bedingtheit des Lebens.<br />

Der Mensch hat die Wahl, wie er auf dieses Leid reagiert. Es geht nicht um die Frage „Warum<br />

leide ich?“, sondern um den Umgang mit dem Leid.<br />

41. Gesteht V. Frankl dem leidenden Menschen auch ein „Hadern mit dem Schicksal“ zu?<br />

Es ist nicht Aufgabe der Psychotherapie den Menschen so zu optimieren, dass er leben könnte<br />

als gäbe es kein Leid.<br />

Doch die Frage ist, ob das Leid das Wort hat oder die Person.<br />

42. Welche Erkenntnisse hat man aus einer Studie gewonnen, an der Frauen teilnahmen, die an<br />

Brustkrebs erkrankt waren?<br />

Die betroffenen Frauen leiden weniger an Depressionen, wenn sie sich in ihrem Menschensein<br />

gefordert fühlen. Es wird das Beispiel einer Frau gebracht, die während ihrer dritten<br />

Chemotherapie Frauen unterstützt, die gerade die erste Chemotherapie bekommen.<br />

Das Leben spricht uns immer Sinnmöglichkeiten zu.<br />

43. Hängt der Glaube an einen Sinn mit der Lebenszufriedenheit zusammen?<br />

Sinnerfüllt zu leben, tut den Menschen gut. An einen Sinn zu glauben, beruhigt die Menschen <strong>und</strong><br />

sie gehen mit einer größeren Ich – Stärke an die Verzweiflung heran.<br />

Die Lebenszufriedenheit ist größer, wenn man an einen Sinn glaubt.<br />

44. Gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die einem Menschen helfen, Sinn zu erleben?<br />

Prinzipiell gibt es keine Persönlichkeitsmerkmale, die es einem Menschen leichter machen, Sinn<br />

zu finden. Die Aufgabe stellt sich für jeden Menschen gleich.<br />

Etwas leichter haben es Menschen, die das Merkmal Extraversion in ihrer Persönlichkeitsstruktur<br />

aufweisen, d.h. es sind offene, optimistische Menschen.<br />

Aber letztlich ist es kein Merkmal, das bei einer Studie relevant hervorstechen würde.<br />

45. Was Viktor Frankl Leid nennt, ist bei Karl Jaspers die Grenzsituation. Was eröffnet sich<br />

möglicherweise dem Menschen, der durch Leid bzw. die Grenzsituation muss?<br />

Das Unerwartete, das brüchig gewordene Dasein durchbricht den Alltag <strong>und</strong> schärft den Blick für<br />

die Dinge. Diese „Existenzerhellung“ (Jaspers) ermöglicht mitunter eine bessere Beantwortung<br />

der Frage nach dem Sinn.<br />

46. Gerade im 4. Teil der Sendereihe erfahren wir von verschiedenen Menschen ihre Auffassung<br />

von Sinn. Wo sehen diese Menschen den Sinn in ihrem Leben?<br />

sich von gesellschaftlich akzeptierten Werten eines erfolgreichen Lebens zu verabschieden,<br />

Freizeitstress hinter sich lassen <strong>und</strong> das „Baumeln mit der Seele“ ohne schlechtem Gewissen<br />

zu erleben;<br />

gute tragende Fre<strong>und</strong>schaften, in denen man sich wortlos verstanden fühlt, geben dem Leben Sinn;<br />

die Beziehung zum Partner <strong>und</strong> auch die Suche nach der idealen Partnerschaft ist Sinn;<br />

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47. Wie ist V. Frankls Ausspruch „To make the best of it“ in Bezug auf die Sinnfrage zu<br />

verstehen?<br />

Sinn ist nicht definierbar. Sinn ist eine Fähigkeit, so mit den Bedingtheiten des Lebens umgehen<br />

zu können, dass etwas Wertvolles daraus entsteht.<br />

48. Sinnmöglichkeiten sind auch vergänglich. Was bedeutet das für den Menschen?<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich muss es den Menschen nicht belasten, wenn er Sinnmöglichkeiten „verpasst“ hat,<br />

das Leben bietet immer wieder neue Sinnmöglichkeiten.<br />

Allerdings ist die Vergänglichkeit der Sinnmöglichkeiten ein Appell an unsere Verantwortung.<br />

Man sollte sich vor einer provisorischen Lebenshaltung (alles, was ich tue, ist unverbindlich)<br />

schützen. Existenzielle <strong>Fragen</strong> sind nie unverbindlich.<br />

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