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2 4 - Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.v.

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Neue Armut <strong>und</strong> ihre Folgen<br />

Jahresbericht 2004/05<br />

<strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Erzdiözese</strong> <strong>München</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Freising</strong> e.V.


Inhalt <strong>und</strong> Impressum<br />

Inhalt<br />

Vorwort des Vorstands Seite 3<br />

Neue Armut <strong>und</strong> ihre Folgen. Caritas tut Not.<br />

Dr. Elke Hümmeler Seite 4<br />

Wandlungsprozesse <strong>und</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungen gestalten<br />

Hans Lindenberger Seite 6<br />

Bleibt die soziale Gerechtigkeit auf <strong>der</strong> Strecke?<br />

Wilhelm Dräxler Seite 9<br />

Mit Strategie gegen die Not<br />

Johanna Schilling Seite 11<br />

Nur die schnelle Vermittlung hilft weiter<br />

Wolfgang Obermair Seite 14<br />

Aufgaben vor Ort verän<strong>der</strong>n sich<br />

Zahlen - Daten - Fakten 2004 Seite 17<br />

Hohe Qualität sorgt für Anerkennung<br />

Ludwig Mittermeier Seite 22<br />

Meine Wohnung kam mir fast wie<br />

ein Gefängnis vor...<br />

Norbert Huber / Willibald Strobel-Wintergerst Seite 24<br />

Kin<strong>der</strong>reich <strong>und</strong> ohne Arbeit in <strong>München</strong><br />

Axel Hannemann Seite 27<br />

Vom Managersessel in die Schuldnerfalle<br />

Susanne Liebmann / Michael Geiben Seite 30<br />

Arbeitssuche auf vier Rä<strong>der</strong>n<br />

Angelika Schmidbauer Seite 32<br />

Armut ist erblich<br />

Hubertus Janas Seite 36<br />

Wohin mit all‘ dem Geld?<br />

Dr. Thomas Steinforth Seite 39<br />

„Wert-volle“ Angebote<br />

Viola Treudler Seite 42<br />

Frauen für Führung motivieren <strong>und</strong> för<strong>der</strong>n<br />

Ab sofort finden Sie unseren aktuellen Jahresbericht 2004/05<br />

Kontakt<br />

Allgemeine Informationen<br />

Antonie Mousavi<br />

Telefon: (089) 5 51 69-260<br />

Spenden <strong>und</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />

Spen<strong>der</strong>betreuung:<br />

Monika Huber<br />

Telefon: (089) 5 51 69-222<br />

Mitglie<strong>der</strong>betreuung:<br />

Angela Pechel<br />

Telefon: (089) 5 51 69-465<br />

Hilfsprojekte im Ausland:<br />

Hubertus Janas<br />

Telefon: (089) 5 51 69-291<br />

Mobil: o1 70-561 40 75<br />

Spendenkonten:<br />

Liga-Bank <strong>München</strong><br />

Kto. 229 77 79<br />

BLZ 750 903 00<br />

Bank für Sozialwirtschaft<br />

Kto. 181 78 01<br />

BLZ 700 205 00<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong><br />

<strong>München</strong> <strong>und</strong> <strong>Freising</strong> e.V.<br />

Hirtenstraße 4, 80335 <strong>München</strong>,<br />

Abteilung Kommunikation <strong>und</strong><br />

Sozialmarketing, Leitung: Elmar Pabst<br />

Telefon: (089) 5 51 69-0<br />

Telefax: (089) 5 50 42 03<br />

eMail: info@caritasmuenchen.de<br />

Konzept <strong>und</strong> Redaktion:<br />

Ulrike Heidecke<br />

Referat für Öffentlichkeitsarbeit<br />

Fotos:<br />

Bildarchiv <strong>der</strong> Caritas<br />

Gestaltung:<br />

www.ideeeins.de, Augsburg<br />

Druck:<br />

www.senser-druck.de, Augsburg<br />

Juli 2005<br />

auch im Internet zum Nachlesen <strong>und</strong> Downloaden: www.caritasmuenchen.de


Neue Armut <strong>und</strong> ihre Folgen. Caritas tut Not.<br />

Hans Lindenberger Wolfgang Obermair<br />

Vorstand des Diözesan-<strong>Caritasverband</strong>s<br />

Vorwort des Vorstands<br />

Noch während dieser Jahresbericht entstand, hat sich die politische Landschaft in Deutschland verän<strong>der</strong>t.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> geplanten Neuwahlen im Herbst des Jahres werden Korrekturen bzw. Nachbesserungen an <strong>der</strong><br />

Arbeitsmarktreform Hartz IV vorgenommen. So sollen nach <strong>der</strong>zeitigem Stand ältere Erwerbslose künftig<br />

länger das vom Einkommen abhängige Arbeitslosengeld I beziehen, bevor sie auf das einheitliche Arbeits-<br />

losengeld II zurückgestuft werden.<br />

Abgesehen davon, dass in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Situation niemand voraussehen kann, welche Regelungen wie<br />

in die Praxis umgesetzt werden, wenn die B<strong>und</strong>esbürger neu gewählt haben, ist die Verlängerung von Über-<br />

gangsfristen allein sicher keine Lösung für Menschen, die vor allem eins wollen: Arbeit. Wichtiger wären<br />

langfristige Reformkonzepte, die Erwerbsfähige je<strong>der</strong> Qualifizierung <strong>und</strong> jeden Alters Beschäftigung bieten.<br />

Das wichtigste Prinzip bei einem wie auch immer vorangetriebenen Umbau sozialer Strukturen muss sein,<br />

Menschen nicht zu Almosenempfängern zu machen <strong>und</strong> unseren Sozialstaat zum reinen Fürsorgestaat.<br />

Menschen haben soziale Rechte, <strong>und</strong> dazu gehört vor allem das Recht auf Arbeit <strong>und</strong> infolge dessen das<br />

Recht auf Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit z. B., denn wer keine Arbeit hat, hat in <strong>der</strong> Regel auch keinen Zugang zu<br />

einer Vielzahl von Angeboten <strong>und</strong> Möglichkeiten, die besser Gestellten zur Verfügung stehen.<br />

Soziale Ausgrenzung droht aber nicht nur denjenigen, die ihre Arbeit verlieren, son<strong>der</strong>n auch jenen, die<br />

noch keine haben o<strong>der</strong> keine mehr brauchen - Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> alte Menschen - o<strong>der</strong> solchen, die von vornherein<br />

zu den Benachteiligten gehören - Flüchtlinge <strong>und</strong> ausländische Mitbürger z.B. Quer durch alle gesellschaft-<br />

lichen Schichten <strong>und</strong> Generationen macht sich eine neue Form von Armut breit, die wir nicht mehr in den<br />

Griff bekommen werden, wenn wir sie nicht zügig <strong>und</strong> nachhaltig bekämpfen.<br />

Die alte Gerechtigkeitsformel „Jedem das Seine“ darf nicht zur leeren Formel verkommen, <strong>und</strong> Solidarität<br />

passt heute mehr denn je in die Zeit. Solidarität for<strong>der</strong>t von einer Gesellschaft, dass die Starken für die<br />

Schwachen einstehen <strong>und</strong> dass die Benachteiligten eine Form <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung erfahren, die sie in die Lage<br />

versetzt, ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben zu führen. För<strong>der</strong>n <strong>und</strong> For<strong>der</strong>n müssen stets Hand<br />

in Hand gehen. Menschen Arbeit zu geben, bedeutet, sie ein Stück weit aus <strong>der</strong> Armutsfalle herauszuholen<br />

- als Caritas för<strong>der</strong>n wir deshalb Befähigungs- <strong>und</strong> Beschäftigungsinitiativen, die Menschen darin unter-<br />

stützen, ihre Lebenschancen zu ergreifen. Als Vorsorge vor dem Notfall <strong>und</strong> als Hilfe in <strong>der</strong> Not.<br />

Hans Lindenberger<br />

Wolfgang Obermair<br />

3


Dr. Elke Hümmeler<br />

Ordinariatsrätin<br />

<strong>und</strong> Vorsitzende<br />

des Caritasrats<br />

4<br />

Dr. Elke Hümmeler<br />

Wandlungsprozesse <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen gestalten<br />

Mit dem Weggang von Vorstand Dr. Albert Hauser <strong>und</strong> dem Ausscheiden von Vorstand Joachim Wiedemann<br />

ging das Jahr 2004 für den Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> mit einem regelrechten „Silvesterknall“ zu Ende:<br />

Während Joachim Wiedemann sich nach elfjährigem erfolgreichen Wirken in den wohlverdienten Ruhe-<br />

stand verabschiedete, war Dr. Albert Hauser von <strong>der</strong> Sächsischen Landesregierung zum Staatssekretär im<br />

Dresdener Sozialministerium ernannt worden. Damit stand nach dem Amtswechsel an <strong>der</strong> Verbandsspitze<br />

im Jahr zuvor ein Revirement gleich auf zwei Vorstandspositionen an.<br />

Das gleichzeitige Ausscheiden von zwei Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n stellte die Caritas in <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> zwar vor<br />

eine Umbruchsituation, die jedoch durch die Bestellung von Wolfgang Obermair (48) zum neuen Vorstands-<br />

mitglied ab 1. Januar 2005 schnell aufgefangen werden konnte. Gemeinsam mit Caritasdirektor Monsignore<br />

Lindenberger führt er den Verband als verantwortlicher Vorstand für die Trägereinrichtungen <strong>und</strong> Beteili-<br />

gungen sowie kommissarisch das Wirtschaftsressort bis zur Bestellung eines neuen dritten Vorstands.<br />

Wolfgang Obermair, bis dahin verantwortlicher Geschäftsführer des Caritas-Instituts für Bildung <strong>und</strong> Ent-<br />

wicklung, gehört <strong>der</strong> Caritas seit fast 25 Jahren an. Ursprünglich aus <strong>der</strong> Altenpflege kommend, ist er ein<br />

praxiserfahrener Mann <strong>der</strong> Tat, <strong>der</strong> sich als innovativer Gestalter notwendiger Verän<strong>der</strong>ungsprozesse einen<br />

Namen gemacht hat. Als Verantwortlicher für Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung hat er wesentlich an<br />

<strong>der</strong> Neuorganisation des Diözesan-<strong>Caritasverband</strong>s in den Jahren 1991 <strong>und</strong> 1997 mitgewirkt.<br />

In einer Zeit, in <strong>der</strong> unser Sozialstaat vor einschneidenden Verän<strong>der</strong>ungen steht, braucht die Caritas eine<br />

Führung, die Verän<strong>der</strong>ungen, Wandlungsprozesse <strong>und</strong> Umbau verträglich gestalten kann. Kardinal Wetter<br />

hat in seiner programmatischen sozialpolitischen Silvesterpredigt zum Jahreswechsel 2004/05 gesagt:<br />

„Humanität ist keine starre Größe, ..., sie muss immer neu lebendig gehalten werden.“ Die Lebendigkeit<br />

<strong>der</strong> Caritas in <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> kündet von diesem notwendigen, ständigen Anpassungsprozess. Insbeson-<br />

<strong>der</strong>e ihr Engagement in Bereichen, die von Staat <strong>und</strong> Kommunen nicht ausreichend finanziert werden - z. B.<br />

Sozialstationen - o<strong>der</strong> auch gar nicht finanziert werden - z. B. die gemeindeorientierte Sozialarbeit - beweist,<br />

dass die Caritas nah am Nächsten ist.<br />

Die humane Ausrichtung des Verbands zeigt sich nach außen durch die Hinwendung zum hilfebedürftigen<br />

Menschen, nach innen durch ein partnerschaftliches Miteinan<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen,<br />

die hochengagiert <strong>und</strong> professionell tätig sind. Unter <strong>der</strong> Führung des ehemaligen Vorstandsgremiums mit<br />

Caritasdirektor Prälat Neuhauser, Dr. Albert Hauser <strong>und</strong> Joachim Wiedemann ist die Caritas zu einer großen<br />

Non-Profit-Organisation geworden, die ihre Aufgaben inhaltlich, aber auch finanziell verantwortlich, in<br />

hervorragen<strong>der</strong> Weise ausgeführt hat. Die <strong>Erzdiözese</strong> ist stolz auf ihren <strong>Caritasverband</strong>. Er steht gut da,<br />

<strong>und</strong> er nimmt seinen Auftrag, Lebensäußerung <strong>der</strong> Kirche zu sein, ernst. Er ist in unseren Pfarreien verwur-<br />

zelt <strong>und</strong> wird von ihnen getragen. Das beste Zeichen dafür ist das große Engagement, mit dem Pfarreien,<br />

Dekanate <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Diözesanrat <strong>der</strong> Katholiken die Aktivitäten des DiCV begleiten. In Zeiten knapperer<br />

Gel<strong>der</strong> erfahren die Menschen, dass Caritas Kirche <strong>und</strong> Kirche Caritas ist.


�<br />

��<br />

Angeschlossene Fachverbände<br />

IN VIA Kath. Mädchensozialarbeit e.V.<br />

Diözesanverband <strong>München</strong> u. <strong>Freising</strong><br />

Goethestraße 9, 80336 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 28 28 24<br />

Telefax: (089) 28 84 13<br />

invia.muenchen@t-online.de<br />

Katholische Jugendfürsorge <strong>der</strong><br />

<strong>Erzdiözese</strong> <strong>München</strong> u. <strong>Freising</strong> e.V.<br />

Adlzreiterstraße 22, 80337 <strong>München</strong><br />

agke@kjf-muenchen.de<br />

Telefon: (089) 74 64 7-0<br />

Telefax: (089) 74 64 7-278<br />

Katholischer Männerfürsorgeverein<br />

<strong>München</strong> e.V.<br />

Lindwurmstraße 75 (Rgb.),<br />

80337 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 5 14 18-0<br />

Telefax: (089) 5 14 18-36<br />

christa.slama@kmfv.de<br />

www.obdachlosenhilfe.de<br />

Organigramm / angeschlossene Fachverbände<br />

Katholisches Jugendsozialwerk<br />

<strong>München</strong> e.V.<br />

Forstenrie<strong>der</strong> Allee 107<br />

81476 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 74 51 53-0<br />

Telefax: (089) 74 51 53-19<br />

gst@kyw.de<br />

Kreuzb<strong>und</strong> e.V.<br />

Dachauer Straße 5/IV<br />

80335 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 59 08 37 77<br />

info@kreuzb<strong>und</strong>-muenchen.de<br />

Malteser Hilfsdienst e.V.<br />

Streitfeldstraße 1<br />

81673 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 4 36 08-0<br />

Telefax: (089) 43 68 02 09<br />

werner.sonntag@maltanet.de<br />

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Sozialdienst katholischer<br />

Frauen e.V., <strong>München</strong><br />

Marsstraße 5<br />

80335 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 5 59 81-0<br />

Telefax: (089) 5 59 81-266<br />

info@skf-muenchen.de<br />

www.skf-muenchen.de<br />

St.-Elisabethen-Verein (KdöR)<br />

Allgäuer Straße 34<br />

81475 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 7 45 09 0-0<br />

Telefax: (089) 7 59 63 65<br />

St.-Vinzentinus-Zentralverein<br />

(KdöR)<br />

Oettingenstraße 16<br />

80538 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 21 66 6-0<br />

Telefax: (089) 21 66 6-55 70<br />

5


Hans Lindenberger<br />

Caritasdirektor<br />

Vorstand Ressort I<br />

Spitzenverband <strong>und</strong><br />

Fachqualität<br />

6<br />

Hans Lindenberger<br />

Bleibt die soziale Gerechtigkeit auf <strong>der</strong> Strecke?<br />

Chancengleichheit ist nach wie vor eine For<strong>der</strong>ung an den Staat<br />

Immer mehr Menschen haben inzwischen keine Arbeit mehr, viele seit vielen Jahren - sie sind Langzeitar-<br />

beitslose. Parallel zum permanenten Anstieg <strong>der</strong> Arbeitslosenquote in Deutschland haben sich das Ver-<br />

ständnis von Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> das Bild <strong>der</strong> Arbeitslosen in den vergangenen zehn Jahren gewandelt.<br />

Während früher viele noch weggeschaut <strong>und</strong> sich gedacht o<strong>der</strong> gar gesagt haben „selbst schuld“, ist spä-<br />

testens seit <strong>der</strong> Krise in <strong>der</strong> Bau- <strong>und</strong> <strong>der</strong> IT-Branche klar: r<strong>und</strong> 5 Millionen Menschen können nicht „einfach<br />

nur faul“ sein. Auch die Annahme, dass man sich nur ausreichend um Arbeit bemühen müsse, um welche<br />

zu erhalten, hat sich längst als brüchig erwiesen. Wenn in einer Branche o<strong>der</strong> einer Region zu wenig Stellen<br />

angeboten werden, haben viele eben keine Chance.<br />

Arbeitslosigkeit ist mehr als die Einbuße des Ein-<br />

kommens, die nur eine unter mehreren Folgeer-<br />

scheinungen ist - wenn auch die zentrale. Mit dem<br />

Verlust seiner Arbeit wird ein Mensch aus seiner<br />

gewohnten sozialen Ordnung herauskatapultiert.<br />

Im Extremfall führt das zur vollständigen Zerstö-<br />

rung seiner bisherigen sozialen Strukturen: keine<br />

Alltagsroutine mit geregelten Abläufen mehr, kein<br />

Eingeb<strong>und</strong>ensein in die Gemeinschaft von Arbeits-<br />

teams, keine Teilhabe an sinnerfüllten Verwirkli-<br />

chungschancen, keine Teilnahme am gesellschaft-<br />

lichen Leben.<br />

Eine Reduzierung des Lebens auf das reine Dasein<br />

aber verursacht bei den Betroffenen im schlimms-<br />

ten Fall verheerende innere Verwüstungen. Arbeit<br />

zu haben <strong>und</strong> damit Geld, um die eigene Existenz<br />

selbständig finanzieren zu können, ist eines <strong>der</strong><br />

zentralen Elemente im Leben des Einzelnen. Fällt<br />

es weg, verliert <strong>der</strong> Mensch ein Stück seines Selbst-<br />

verständnisses <strong>und</strong> Selbstvertrauens. Der Verlust<br />

von Arbeit ist deshalb auch ein Verlust von Würde.<br />

Hinzu kommt, dass Armut unter bestimmten Um-<br />

ständen „erblich“ werden kann, d.h. wenn den<br />

Eltern dauerhaft nicht genügend Geld zum Leben<br />

bleibt, setzt sich diese Tendenz in <strong>der</strong> nächsten<br />

Generation fort.<br />

In einer Zeit, in <strong>der</strong> Politiker, Sozialwissenschaftler<br />

<strong>und</strong> Philosophen beinah weltweit nach Wegen,<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> Methoden suchen, um wie<strong>der</strong><br />

mehr Menschen „in Lohn <strong>und</strong> Brot“ zu bringen,<br />

muss dieser persönliche, psychisch-emotionale<br />

Hintergr<strong>und</strong> in die Überlegungen einfließen, denn<br />

nur dann kann man beurteilen, welche reformeri-<br />

schen Ansätze o<strong>der</strong> Umsetzungen ein Schritt in die<br />

richtige Richtung sind o<strong>der</strong> sein könnten.<br />

Die Lage ist ernst, <strong>und</strong> die Zeit drängt<br />

Die hohe Arbeitslosigkeit bringt steigende Ausga-<br />

ben <strong>und</strong> fehlende Einnahmen <strong>der</strong> Sozialversiche-<br />

rungen mit sich. Die Vorstellung, dieses Problem<br />

mit <strong>der</strong> Kürzung von Höhe <strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Arbeits-<br />

losenunterstützung beheben zu können, erfüllt sich<br />

bisher nicht, weil nicht genügend offene Stellen<br />

vorhanden sind. So werden diejenigen, die ihre<br />

Arbeit verloren haben, doppelt bestraft, in dem sie<br />

nun auch noch weniger Geld für die Sicherung ih-<br />

rer Lebensverhältnisse bekommen.<br />

Das wirft die Frage nach dem rechten Verständnis<br />

von Sozialpolitik auf: Ist sie ein Instrument <strong>der</strong> Le-<br />

bensstandardsicherung, eine gesellschaftliche Ver-<br />

pflichtung gegenüber den Benachteiligten, ein Ge-<br />

bot <strong>der</strong> Nächstenliebe? O<strong>der</strong> dient sie <strong>der</strong> ökono-<br />

mischen Optimierung? Mo<strong>der</strong>ne Sozialpolitik ist<br />

viel mehr als das: sie gibt den Menschen Gr<strong>und</strong>si-<br />

cherung <strong>und</strong> -sicherheit im demokratischen Sinn<br />

<strong>und</strong> sorgt für gleiche Lebenschancen. Diese Gr<strong>und</strong>-<br />

sicherheit ist in Artikel 22 <strong>der</strong> Allgemeinen Erklä-<br />

rung <strong>der</strong> Menschenrechte fest geschrieben. In die-<br />

sem Sinne gehören Demokratie <strong>und</strong> Sozialstaat<br />

untrennbar zusammen, <strong>und</strong> die Qualität des mo-<br />

<strong>der</strong>nen Sozialstaats zeigt sich darin, wie demo-<br />

kratisch die Reformen sind, die von <strong>der</strong> Politik be-<br />

schlossen werden.


Wer heute den Sozialstaat „umbaut“, muss sich<br />

an dem Anspruch messen lassen, ob es gelingt,<br />

alle Kräfte <strong>der</strong> Gesellschaft gleichermaßen an den<br />

Mo<strong>der</strong>nisierungsprozessen zu beteiligen <strong>und</strong> die<br />

Lasten solidarisch auf alle zu verteilen. Und er<br />

muss glaubwürdig sein - in seinen Begründungen<br />

für die Notwendigkeit ebenso wie in seinen Ver-<br />

sprechungen des Erfolgs. Wie glaubwürdig ist aber,<br />

wer trotz aller verän<strong>der</strong>ten Bedingungen in einer<br />

globalisierten <strong>und</strong> digitalisierten Welt behauptet,<br />

dass es eigentlich genügend Arbeitsplätze gebe<br />

<strong>und</strong> es nur eine Frage <strong>der</strong> Zeit sei, bis diese gefun-<br />

den werden?<br />

Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer vom<br />

B<strong>und</strong>esverband <strong>der</strong> Deutschen Industrie, bringt es<br />

auf den Punkt, wenn er davon spricht, dass unsere<br />

Politiker zu viele unrealistische Versprechungen<br />

machen. Er sagt: „Es wäre vernünftiger zu sagen:<br />

Wir haben Probleme, wir können sie meistern,<br />

aber dafür brauchen wir Zeit.“ (DIE ZEIT Nr.23 vom<br />

2. Juni 2005).<br />

An<strong>der</strong>erseits haben wir in <strong>der</strong> bedrängenden Situ-<br />

ation, in <strong>der</strong> sich unsere Gesellschaft befindet,<br />

keine Zeit mehr zu verlieren. Denn während je<strong>der</strong><br />

darauf wartet, dass <strong>der</strong> beabsichtigte Effekt <strong>der</strong><br />

Reformen endlich eintritt, bleibt aus, was wirklich<br />

getan werden müsste - nämlich darüber nachzu-<br />

denken, wie eine neue Arbeitsgesellschaft ausse-<br />

hen könnte, die jenseits von Kapital <strong>und</strong> Markt<br />

Arbeit als Arbeit für die Gemeinschaft definiert.<br />

Reformen müssen ihren Zweck erfüllen, um<br />

gerechtfertigt zu sein<br />

Wohlverstanden: es geht nicht darum, Einschrän-<br />

kungen o<strong>der</strong> Kürzungen von Sozialleistungen von<br />

vornherein zu verdammen. Es ist nicht automatisch<br />

ungerecht, „soziale Opfer“ zu bringen, denn ohne<br />

Opfer wird sich die Tür in eine bessere Zukunft<br />

nicht öffnen lassen.<br />

Der Vorsitzende <strong>der</strong> Deutschen Bischofskonferenz,<br />

Kardinal Lehmann, hat soziale Gerechtigkeit als die<br />

„Eigenschaft des Gemeinwesens“ definiert, „dem<br />

Einzelnen zu helfen“. Weil sie an die Leistungsbe-<br />

reitschaft des Einzelnen geb<strong>und</strong>en sei, könne sie<br />

nicht statisch sein, d.h. was „sozial gerecht“ sei,<br />

müsse situationsbedingt immer wie<strong>der</strong> neu formu-<br />

liert werden.<br />

Insofern sind, unter bestimmten Umständen, auch<br />

Reformen gerechtfertigt, die mit Einschränkungen<br />

<strong>und</strong> Zumutungen einher gehen. Fraglich ist jedoch,<br />

ob die aktuellen Reformen ihren Zweck erfüllen.<br />

Die Zusammenführung von Sozialhilfe <strong>und</strong> Arbeits-<br />

losengeld, von <strong>der</strong> Caritas seit Jahren gefor<strong>der</strong>t, ist<br />

zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Alles<br />

an<strong>der</strong>e muss sich erst noch erweisen.<br />

Wer angesichts <strong>der</strong> Auswirkungen weltweiter Glo-<br />

balisierung soziale Gerechtigkeit erhalten will,<br />

muss sich über einen Abbau sozialer Rechte <strong>und</strong><br />

Leistungen hinaus innovative Gesamtkonzepte ein-<br />

fallen lassen - Konzepte, die auch Ungewöhnliches<br />

zu denken wagen <strong>und</strong> in denen die Frage nach <strong>der</strong><br />

Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht rhetorisch<br />

gestellt wird, son<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong> ernst gemeint ist.<br />

An erster Stelle steht hier die seit Jahren anhalten-<br />

de Steuersenkungsdiskussion. Während die Sozi-<br />

alabgabenquote in Deutschland sehr hoch ist, ist<br />

die Steuerquote seit 1965 nicht mehr gestiegen.<br />

Beschäftigungspolitisch notwendig, sagen Exper-<br />

ten, wäre eine radikale Senkung <strong>der</strong> Sozialbeiträ-<br />

ge, die jedoch nicht durch Kürzungen bei den So-<br />

zialleistungen zu erreichen sei, son<strong>der</strong>n durch eine<br />

Verlagerung <strong>der</strong> Finanzierungslast vor allem auf die<br />

Einkommensteuer. Stattdessen erleben wir seit<br />

Jahren eine fortgesetzte Debatte über die Senkung<br />

von Unternehmenssteuern.<br />

„Vorfahrt für Arbeit“, wie sie B<strong>und</strong>espräsident<br />

Köhler for<strong>der</strong>t, funktioniert aber nur, wenn zum<br />

Beispiel ein Steuersystem geschaffen würde, das<br />

Unternehmensgewinne, die in Arbeitsplätze rein-<br />

vestiert werden, niedriger besteuert als solche, die<br />

ausschließlich <strong>der</strong> Gewinnmaximierung dienen.<br />

Damit auch wir uns unsere Sozialstandards in Zu-<br />

kunft leisten können, müssen wir weitere Antwor-<br />

ten finden. Dazu gehört, uns mit dem Gedanken<br />

vertraut zu machen, dass die Umbrüche, die unsere<br />

Gesellschaft <strong>der</strong>zeit erlebt, kein vorübergehen<strong>der</strong><br />

Zustand sind, son<strong>der</strong>n ein Strukturwandel, <strong>der</strong> uns<br />

dauerhaft begleiten wird.<br />

7


8<br />

Globalisierung, Digitalisierung, Wandel von <strong>der</strong><br />

Produktions- zur Wissensgesellschaft, Alterung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung sind hier die wesentlichen Stichwor-<br />

te, die das Hintergr<strong>und</strong>szenario abgeben, vor dem<br />

sich <strong>der</strong> Streit über die richtige Wachstumspolitik<br />

in Deutschland abspielt.<br />

Wer über die Bedeutung technologischer Innova-<br />

tionen für das Wirtschaftswachstum diskutiert,<br />

muss im Blick behalten, dass Wachstum nachhaltig<br />

mehr Beschäftigung schafft, <strong>und</strong> es sich Deutsch-<br />

land deshalb nicht leisten kann, den Anschluss in<br />

diese Richtung zu verpassen.<br />

Armut hat neue Gesichter<br />

Trotz aller wirtschaftlichen Engpässe <strong>und</strong> individu-<br />

ellen Verarmungstendenzen wird niemand ernst-<br />

haft behaupten wollen, dass Deutschland ein ar-<br />

mes Land sei. Im Gegenteil – es gibt auch einen<br />

immensen Reichtum <strong>und</strong> ein hohes Aufkommen an<br />

privatem Vermögen in unserem Land. Aber es gibt<br />

eben auch immer mehr Armut, <strong>und</strong> zwar eine Form<br />

von Armut, die ihr Gesicht verän<strong>der</strong>t. (Lesen Sie<br />

dazu die verschiedenen Beiträge in diesem Heft).<br />

Im Gegensatz zu den klassischen Formen von Ar-<br />

mut in Dritte-Welt-Län<strong>der</strong>n z.B. hat Armut bei uns<br />

eine Qualität, die sich hinter scheinbarer Normali-<br />

tät versteckt: <strong>der</strong> arbeitslose Akademiker, <strong>der</strong> Ju-<br />

gendliche, <strong>der</strong> trotz intensiven Bemühens keinen<br />

Ausbildungsplatz findet, die allein Erziehende, die<br />

mit ihrem Halbtagsjob nicht über die R<strong>und</strong>en<br />

kommt, <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>te Mensch, <strong>der</strong> von jedem<br />

Arbeitgeber abgelehnt wird, Familien, die sich die<br />

teuren Mieten nicht leisten können usw.<br />

Die Diskrepanz zwischen denen, die viel haben,<br />

<strong>und</strong> denen, die wenig bis gar nichts haben, wird<br />

immer größer. Das leistet nicht nur dem Neidfak-<br />

tor Vorschub, son<strong>der</strong>n ist auch in dem Moment<br />

zutiefst ungerecht, in dem die Politik Maßnahmen<br />

beschließt, die vor allem die „kleinen Leute“ be-<br />

lasten. Caritas-Mitarbeiter in den Einrichtungen vor<br />

Ort berichten über eine erhebliche Zunahme von<br />

Ratsuchenden, die nicht nur frustriert sind, weil sie<br />

mit den neuen Hartz IV-Regelungen nicht zurecht-<br />

kommen, son<strong>der</strong>n auch verzweifelt <strong>und</strong> mutlos an-<br />

gesichts <strong>der</strong> Ungewissheit ihrer Zukunft <strong>und</strong> des<br />

Mangels an Perspektive.<br />

Soziale Gerechtigkeit durch Innovation<br />

Reformen sind nötig, um die Schräglage <strong>der</strong> Gesell-<br />

schaft zu korrigieren. Das schließt Einschnitte ein.<br />

Aber keine Einschränkung, keine Reform darf so<br />

weit gehen, dass sie einseitig die Schwächsten ei-<br />

ner Gesellschaft belastet, diejenigen, die ohnehin<br />

schon die Leidtragenden sind. Wenn Reformen zu<br />

einer Kampfansage an die Arbeitslosen, Kranken<br />

<strong>und</strong> Armen werden, wenn Familien, die zu allererst<br />

die Lasten des sozialen Systems tragen, dafür nur<br />

Nachteile ernten <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> zum Armutsrisiko<br />

werden, dann droht Reformen die Ausweitung zu<br />

einem Skandal. Hier müssen so bald wie möglich<br />

Korrekturen erfolgen.<br />

Parallel zur zügigen Fort- <strong>und</strong> Durchsetzung von<br />

Hartz IV in allen geplanten Komponenten, dem<br />

För<strong>der</strong>n wie dem For<strong>der</strong>n, muss eine Wirtschafts-<br />

reform die Schaffung neuer Arbeitsplätze forcieren.<br />

Soziale Gerechtigkeit ist nicht durch den Abbau<br />

des Sozialstaats zu erreichen, son<strong>der</strong>n durch in-<br />

novative Reformen, bei denen alle an <strong>der</strong> Finanzie-<br />

rung <strong>und</strong> an den Leistungen <strong>der</strong> Sozialversiche-<br />

rungen beteiligt werden.<br />

Quellenangaben<br />

„Wie sozial bleibt die Demokratie“. Vortrag von<br />

Bischof Kamphaus auf dem ökumenischen<br />

Betriebsräteempfang in Frankfurt am 18.11.2004<br />

Soziale Gerechtigkeit Spielball aktueller Sozialpolitik,<br />

Friedhelm Hengsbach SJ.,<br />

Frankfurt am Main, 12.01.2005<br />

„Erklärung zur Reform des Sozialstaats“ von<br />

Kardinal Lehmann, Zeitung <strong>der</strong> Katholischen<br />

Akademie in Berlin Nr. 4/2004<br />

„10 verbreitete Unwahrheiten im Umgang mit dem<br />

Skandal Arbeitslosigkeit, <strong>und</strong> wie Sie ihnen wi<strong>der</strong>stehen<br />

können“ http://rs.betriebsseelsorge.de/<br />

engpass/arbeitslosigkeit.html<br />

„Kein schöner Land. Die Zerstörung <strong>der</strong><br />

sozialen Gerechtigkeit“ von Heribert Prantl,<br />

Droemer Verlag, 2005


Mit Strategie gegen die Not<br />

Aus <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Projektgruppe „Skandal Arbeitslosigkeit“<br />

Wilhelm Dräxler<br />

Dass Millionen Menschen keinen dauerhaften Arbeitsplatz finden, <strong>der</strong> sie <strong>und</strong> ihre Familie ernährt, stand<br />

auch im Mittelpunkt <strong>der</strong> Silvesterpredigt 2004 von Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter, <strong>der</strong> die hohe Ar-<br />

beitslosigkeit in Deutschland als den zentralen Skandal unserer Gesellschaft bezeichnete <strong>und</strong> einfor<strong>der</strong>te,<br />

dass man sich nicht damit abfinden dürfe. In diesem Sinne wurde im <strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> Mün-<br />

chen <strong>und</strong> <strong>Freising</strong> eine Projektgruppe ins Leben gerufen, die aktiv gegen die stagnierende <strong>und</strong> depressive<br />

Situation auf dem Arbeitsmarkt vorgehen will. Dem Appell des Kardinals folgend erhielt das Projekt den<br />

Namen „Skandal Arbeitslosigkeit“.<br />

In <strong>der</strong> Tat ist es nicht hinnehmbar, dass Millionen<br />

Menschen in Deutschland vom Zugang zur Erwerbs-<br />

arbeit ausgeschlossen sind. Noch schlimmer ist,<br />

dass nach <strong>der</strong>zeitigem Stand die Hartz IV-Reform<br />

ihre Ziele grandios zu verfehlen droht, zum Beispiel<br />

dadurch, dass die Zahl erwerbsfähiger Hartz-IV-<br />

Empfänger mittlerweile um fast eine Million höher<br />

ist als geplant <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Höhepunkt offenbar<br />

noch nicht erreicht ist. Experten erwarten, dass die<br />

Ziffer <strong>der</strong> Langzeitarbeitslosen um weitere 5 Pro-<br />

zent steigen wird, wenn auch die Anträge durch<br />

sind, die zeitverzögert bearbeitet wurden.<br />

Für Personen mit Vermittlungshin<strong>der</strong>nissen (z.B.<br />

Alter, keine geeignete Ausbildung, keine berufs-<br />

spezifische Qualifikation, ohne Schulabschluss,<br />

Behin<strong>der</strong>ung, Migrationshintergr<strong>und</strong> etc.) ist es<br />

beson<strong>der</strong>s schwierig, wie<strong>der</strong> in den Arbeitsmarkt<br />

hineinzufinden, wenn sie einmal aus dem Prozess<br />

herausgefallen sind. Und beson<strong>der</strong>s erschreckend<br />

ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Jungen Men-<br />

schen, die keinen Schulabschluss haben o<strong>der</strong> die<br />

mit an<strong>der</strong>en Problematiken (Suchtprobleme, sozi-<br />

ale Defizite, Sprachprobleme etc.) zu kämpfen ha-<br />

ben, ist <strong>der</strong> Zugang zum Arbeitsmarkt in <strong>der</strong> Regel<br />

von vorneherein verschlossen. (Lesen Sie dazu<br />

auch den Beitrag von Angelika Schmidbauer ab<br />

Seite 32).<br />

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit als<br />

breite Querschnittsaufgabe<br />

Hauptziel <strong>der</strong> Projektgruppe, in <strong>der</strong> Caritasdirektor<br />

Hans Lindenberger persönlich mitwirkt, ist die Ent-<br />

wicklung einer strategisch geplanten <strong>und</strong> vernetz-<br />

ten Vorgehensweise innerhalb des Diözesanver-<br />

bands, um den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit<br />

zu einer breiten Querschnittsaufgabe zu machen.<br />

Deshalb arbeiten Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbei-<br />

ter aus verschiedenen Bereichen <strong>der</strong> Caritas in <strong>der</strong><br />

Projektgruppe mit.<br />

Zeichen setzen für beson<strong>der</strong>s<br />

Benachteiligte<br />

Mit <strong>der</strong> Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten<br />

sieht sich <strong>der</strong> <strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> mit<br />

seinen angeschlossenen Einrichtungen vor die Auf-<br />

gabe gestellt, für beson<strong>der</strong>s Benachteiligte, die<br />

von Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt bedroht<br />

sind, ein Zeichen zu setzen. Der <strong>Caritasverband</strong><br />

bietet deshalb Arbeitslosen, die nach <strong>der</strong> neuen<br />

Gesetzgebung ab 2005 Arbeitslosengeld II bezie-<br />

hen, Arbeitsmöglichkeiten im sozialen Bereich an.<br />

Er will auf diese Weise daran mitwirken, dass die<br />

Wilhelm Dräxler<br />

Referent Soziale Arbeit<br />

<strong>und</strong> Projektleiter<br />

„Skandal Arbeitslosigkeit“<br />

9


10<br />

Betroffenen durch eine Tätigkeit, die sinnvoll ist,<br />

ihren Fähigkeiten entspricht <strong>und</strong> ihr Selbstbe-<br />

wusstsein stärkt, einen besseren Zugang zum Ar-<br />

beitsmarkt finden.<br />

Der <strong>Caritasverband</strong> sieht in den Betroffenen enga-<br />

gierte Menschen, die arbeiten wollen. Eine wesent-<br />

liche Bedingung für die Bereitstellung von Arbeits-<br />

gelegenheiten ist deshalb, dass die eingesetzten<br />

Personen neben einer Beschäftigung auch eine<br />

Qualifizierung erhalten.<br />

Einige <strong>der</strong> Zielsetzungen im einzelnen: � Aufbau eines standardisierten Informa-<br />

tions- <strong>und</strong> Austauschsystems, um alle<br />

Einrichtungen über aktuelle Entwicklun-<br />

gen zu informieren <strong>und</strong> einen breiten<br />

Wissens- <strong>und</strong> Ideentransfer innerhalb<br />

des Verbands zu ermöglichen.<br />

� Einbindung <strong>der</strong> Caritas in die lokalen<br />

Strukturen, um als kompetenter Partner<br />

bei <strong>der</strong> Integration von Arbeitslosen in<br />

den Arbeitsmarkt mitwirken zu können.<br />

� Verbreitung erworbener interner Kom-<br />

petenzen, z.B. mit Arbeitsprojekten wie<br />

„Rentabel“ (s. Bericht auf Seite 22)<br />

<strong>und</strong> Know-how-Transfer.<br />

� Übernahme <strong>der</strong> Anwaltschaft <strong>der</strong> von<br />

Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen<br />

(„Sprachrohr sein“)<br />

� Einrichtung, Akquisition <strong>und</strong> Betreuung<br />

von Angeboten <strong>der</strong> Arbeitsgelegenheiten<br />

(1-Euro-Jobs); insbeson<strong>der</strong>e die Koordi-<br />

nierung innerhalb des katholischen<br />

Bereichs - u.a.m.


Nur die schnelle Vermittlung hilft weiter<br />

Auswirkungen von Hartz IV auf Beschäftigungsträger<br />

Johanna Schilling<br />

Der Erfolg <strong>und</strong> die Akzeptanz <strong>der</strong> Hartz IV-Reform hängen wesentlich von zwei Faktoren ab: <strong>der</strong> Schaffung<br />

von Arbeitsplätzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vermittlung <strong>der</strong> vorhandenen Arbeit. Während die Caritas den ersten Faktor nur<br />

einfor<strong>der</strong>n kann, kann sie den zweiten ganz konkret mit beeinflussen. Deshalb hat sich <strong>der</strong> Münchner<br />

<strong>Caritasverband</strong> sehr früh entschlossen, sein Know-how aktiv in die Umsetzung von Hartz IV einzubringen<br />

<strong>und</strong> gemeinsam mit seiner Tochter, <strong>der</strong> Weißer Rabe GmbH, einem großen <strong>und</strong> qualifizierten Beschäfti-<br />

gungsbetrieb auf dem zweiten Arbeitsmarkt, eine zentrale Vermittlungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsstelle für<br />

Arbeitsgelegenheiten nach §16 (3) SGB II im dezentralen Verb<strong>und</strong>system des <strong>Caritasverband</strong>s <strong>der</strong> Erzdiö-<br />

zese <strong>München</strong> <strong>und</strong> <strong>Freising</strong> gegründet.<br />

Nur, wenn je<strong>der</strong> Arbeitslosengeld-II-Empfänger,<br />

<strong>der</strong> drei St<strong>und</strong>en am Tag arbeiten kann, auch die<br />

Gelegenheit dazu erhält, kann Hartz IV überhaupt<br />

greifen. Deshalb müssen zunächst genügend 1-Euro-<br />

Jobs zur Verfügung gestellt werden. Allein in Mün-<br />

chen rechnet die Kommune mit siebzigtausend Ein-<br />

zelpersonen, die in 1-Euro-Jobs zu vermitteln sind.<br />

Die aus Hartz IV resultierenden Maßnahmen wer-<br />

den in <strong>der</strong> Landeshauptstadt <strong>München</strong> <strong>und</strong> in an-<br />

<strong>der</strong>en Städten <strong>und</strong> Landkreisen im Bereich <strong>der</strong><br />

<strong>Erzdiözese</strong> in unterschiedlicher Geschwindigkeit<br />

seit Januar 2005 umgesetzt. Für den Diözesan-<br />

<strong>Caritasverband</strong> ergeben sich daraus in <strong>der</strong> Praxis<br />

auf allen Ebenen Konsequenzen, angefangen bei<br />

<strong>der</strong> Beratung von Arbeitslosen <strong>und</strong> Arbeitslosen-<br />

geld II-Empfängern über die Hilfestellung bei An-<br />

trägen <strong>und</strong> Formularen bis hin zu Interventionen<br />

bei den offiziellen Stellen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> zuständigen ARGE<br />

sowie zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten in<br />

unterschiedlichen Einrichtungen <strong>und</strong> Diensten.<br />

In <strong>München</strong> hat die Caritas r<strong>und</strong> 110 Arbeitsgele-<br />

genheiten in unterschiedlichen Einrichtungen ge-<br />

schaffen. Im gesamtverbandlichen Bereich wer-<br />

den r<strong>und</strong> 300 Stellen angeboten: in Altenhilfe-<br />

<strong>und</strong> Behin<strong>der</strong>teneinrichtungen, in Caritaszentren,<br />

Beratungseinrichtungen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>gärten. Die<br />

Art <strong>der</strong> Beschäftigungen reicht von einfachen Hilfs-<br />

tätigkeiten in Klei<strong>der</strong>kammern, Hilfen im Haus-<br />

halt, Bring- <strong>und</strong> Holdiensten über Verwaltungstä-<br />

tigkeiten wie Telefon- <strong>und</strong> Schreibdienste, Dolmet-<br />

scherdienste bis zu höher qualifizierten Aufgaben<br />

im Medien- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeitsbereich.<br />

Individuelle Qualifizierung <strong>der</strong> Zusatzjobber<br />

gewährleisten<br />

Die vom Diözesanverband <strong>und</strong> <strong>der</strong> Weißer Rabe<br />

GmbH ins Leben gerufene Vermittlungsstelle<br />

agiert als Schnittstelle zwischen ARGE, Einrich-<br />

tungen <strong>und</strong> interessierten Arbeitslosen. Damit<br />

soll zum einen eine passgenaue Vermittlung von<br />

Arbeitsgelegenheiten erreicht <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en<br />

die tatsächliche individuelle Qualifizierung <strong>der</strong><br />

Zusatzjobber gewährleistet werden. Denn diese<br />

Menschen sind nicht als billige Hilfskräfte o<strong>der</strong><br />

günstige Alternative zu teuren Neueinstellungen<br />

zu mißbrauchen.<br />

Die Vermittlungsstelle hat <strong>der</strong> Münchner ARGE im<br />

ersten Quartal 2005 die Stellenangebote <strong>der</strong> Ein-<br />

richtungen vorgelegt. Diese halten einen ausge-<br />

feilten Vertragsentwurf für die Arbeitsgelegenhei-<br />

ten bereit. Die Caritas-Mitarbeiter erwarten ihre<br />

neuen „Kollegen auf Zeit“ <strong>und</strong> sind bereit, ihrer-<br />

seits einiges an Mühe in die nötige Einarbeitung<br />

zu investieren – auch dieser Aspekt <strong>der</strong> „Zusatz-<br />

Johanna Schilling<br />

Geschäftsführerin<br />

<strong>der</strong> Weißer Rabe GmbH<br />

11


12<br />

jobs“ muss beleuchtet werden, denn was für die<br />

einen ein willkommener Wie<strong>der</strong>-Einstieg in die<br />

Teilhabe am Erwerbsleben ist, bedeutet für die an-<br />

<strong>der</strong>en einen Mehraufwand an Arbeit.<br />

Lei<strong>der</strong> hat die Umsetzung <strong>der</strong> neuen Strukturen<br />

von Sozialreferat <strong>und</strong> Agentur für Arbeit in Mün-<br />

chen ganze sechs Monate in Anspruch genommen,<br />

so dass die Caritas-Einrichtungen in <strong>der</strong> Landes-<br />

hauptstadt erst ab Juni mit <strong>der</strong> Zuteilung „ihrer“<br />

1-Euro-Jobber rechnen können. Bis dahin, so die<br />

Zusage <strong>der</strong> Kommune, soll die Umwandlung <strong>der</strong><br />

BSHG-Stellen, die vorrangig behandelt wurde, ab-<br />

geschlossen sein.<br />

Mit seinem Prinzip des For<strong>der</strong>ns <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ns ist<br />

Hartz IV zunächst ein aus sozialer <strong>und</strong> ethischer<br />

Sicht gerechtes Konzept. Allerdings darf das För-<br />

<strong>der</strong>n nicht zugunsten des For<strong>der</strong>ns in den Hinter-<br />

gr<strong>und</strong> treten, da wir sonst Gefahr laufen, dass Ver-<br />

antwortungen einseitig verteilt <strong>und</strong> Menschen mit<br />

ihren Sorgen <strong>und</strong> Ängsten allein gelassen werden.<br />

Genau das aber geschieht momentan, <strong>und</strong> des-<br />

halb wird Hartz IV von <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>und</strong> den<br />

Medien zunehmend kritisiert. Es ist verständlich,<br />

wenn nach sechsmonatigem Warten auf eine Ar-<br />

beitsgelegenheit <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Qua-<br />

lifizierung Hoffnung <strong>der</strong> Verärgerung weicht. So<br />

führt die Umsetzung eigentlich guter <strong>und</strong> sozial<br />

richtiger Ansätze zu einer Schieflage, die nur<br />

durch schnelle Vermittlung durch die Arbeitsge-<br />

meinschaften korrigiert werden kann.<br />

Auch als Caritas sind wir von dieser Entwicklung<br />

irritiert. Deshalb nehmen wir die kommunalen<br />

Stellen in die Pflicht <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n alle Beteiligten<br />

auf, die einmal begonnene Reform mit Beginn <strong>der</strong><br />

zweiten Jahreshälfte zügig <strong>und</strong> effizient umzuset-<br />

zen - im Interesse unserer Klienten, aber auch, um<br />

den nötigen sozialen Umbau nicht zu gefährden.<br />

Beschäftigungsbetriebe müssen aufrecht<br />

erhalten werden<br />

In einem weiteren Bereich ist die Caritas ganz un-<br />

mittelbar von <strong>der</strong> Arbeitsmarktreform betroffen.<br />

Wir bieten eine Reihe von Beschäftigungsprojek-<br />

ten für Menschen an, die durch alle Raster <strong>der</strong> Ar-<br />

beitsvermittlung fallen - <strong>und</strong> das nicht erst seit<br />

Hartz IV: Langzeitarbeitslose mit psychischen Be-<br />

hin<strong>der</strong>ungen, zum Beispiel. Diese so genannten<br />

BSHG (B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz)-Stellen fallen durch<br />

die Reform völlig weg; auch die bisherigen ABM-<br />

Stellen sind rückläufig. An ihre Stelle treten die<br />

1-Euro-Jobs bzw. werden reguläre Beschäftigungs-<br />

verhältnisse in 1-Euro-Jobs umgewandelt.<br />

Im Gegensatz zu den BSHG- wie auch ABM-Model-<br />

len begründet <strong>der</strong> 1-Euro-Job jedoch kein regulä-<br />

res Arbeitsverhältnis. Es ist deshalb zu befürch-<br />

ten, dass die Motivation <strong>der</strong> „Mitarbeitenden“<br />

geringer sein wird. Dies hat u. a. Auswirkungen auf<br />

die Qualität <strong>der</strong> Dienstleistung <strong>und</strong> führt zu finan-<br />

ziellen Einbußen in den Beschäftigungsbetrieben.<br />

Die Folge: Beschäftigungsbetriebe als Arbeitgeber<br />

für individuell beeinträchtigte <strong>und</strong> sozial benach-<br />

teiligte Menschen werden zusehends vom Markt<br />

verschwinden, da die Finanzierung nicht mehr ge-<br />

sichert ist. Die gesellschaftliche wie auch die ar-<br />

beitsmarktpolitische Perspektive dieser Menschen<br />

wäre hierdurch stark gefährdet.<br />

Die Caritas sieht es deshalb als ihre anwaltliche<br />

Pflicht an, dieser Entwicklung entgegen zu treten.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> spielen Beschäftigungsprojek-<br />

te bzw. Integrationsfirmen eine bedeutende Rolle,<br />

da sie die nötigen Instrumentarien <strong>und</strong> das Know-<br />

how besitzen, um diese Zielgruppen zu beschäfti-<br />

gen. In diesem Zusammenhang muss erwähnt<br />

werden, dass diese Projekte <strong>und</strong> Firmen zahl-<br />

reiche Dauerarbeitsplätze für schwer behin<strong>der</strong>te<br />

Menschen geschaffen haben, die ihnen eine be-<br />

rufliche wie auch persönliche Lebensperspektive<br />

bieten. Der Weiße Rabe hat mehr als 20 Dauer-<br />

arbeitsplätze geschaffen.


Probleme mit <strong>der</strong> Finanzierung auf allen Ebenen<br />

� För<strong>der</strong>ung durch die Kommune<br />

<strong>München</strong>:<br />

Es ist unklar, ob die Stadt <strong>München</strong> im Jahr<br />

2006 freiwillige Leistungen in Höhe von 33 Mio.<br />

Euro an die Beschäftigungsprojekte erbringt.<br />

Mit Wegfall des BSHG entfällt für die Kommune<br />

die Finanzverantwortung für Leistungen „Hilfe<br />

zur Arbeit“. Im Stadtrat in <strong>und</strong> zwischen den<br />

Fraktionen werden kontroverse Debatten über<br />

das Einbringen bzw. den Rückzug <strong>der</strong> Kommu-<br />

ne aus dieser För<strong>der</strong>ung diskutiert. Für die Be-<br />

schäftigungsträger bedeuten die freiwilligen<br />

Leistungen in vielen Fällen das wirtschaftliche<br />

Überleben; für die Zielgruppen ein angemesse-<br />

nes <strong>und</strong> notwendiges Instrumentarium zur<br />

Sicherung <strong>der</strong> beruflichen Perspektive.<br />

� Problematik <strong>der</strong> Co-Finanzierung:<br />

Die Beschäftigungsprojekte haben in <strong>der</strong> Regel<br />

ein kompliziertes Finanzierungssystem, in dem<br />

die Leistungen diverser Zuschussgeber aufein-<br />

an<strong>der</strong> aufbauen <strong>und</strong> aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt<br />

sind:<br />

Der Bezirk Oberbayern z.B. för<strong>der</strong>t sozialversi-<br />

cherungspflichtige Beschäftigung psychisch<br />

kranker Menschen, das Integrationsamt sozial-<br />

versicherunsgspflichtige Beschäftigung von<br />

schwer behin<strong>der</strong>ten Menschen. Zusatzjobs<br />

stellen keine sozialversicherungspflichtige Be-<br />

schäftigung dar, so dass den Trägern zum Über-<br />

leben notwendige För<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kom-<br />

mune <strong>München</strong> Drittmittel in Höhe von mehre-<br />

ren 100.000 Euro verloren gehen. Deshalb hat<br />

sich die ARGE <strong>München</strong> nun doch für die Schaf-<br />

fung von ca. 250 ABM-Stellen entschlossen.<br />

Jedoch sind diese bis zum heutigen Tag nicht<br />

eingerichtet, was finanzielle Ausfälle seit ca. 5<br />

Monaten für die Beschäftigungsprojekte be-<br />

deutet.<br />

� Hat man bei Gestaltung <strong>und</strong> Verab-<br />

schiedung an Menschen mit multiplen<br />

Vermittlungshemmnissen gedacht?<br />

Leistungen nach dem SGB II erhalten Men-<br />

schen, die erwerbsfähig sind. „Erwerbsfähig<br />

ist, wer nicht wegen Krankheit o<strong>der</strong> Behinde-<br />

rung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter<br />

den üblichen Bedingungen des allgemeinen<br />

Arbeitsmarktes mindestens drei St<strong>und</strong>en täg-<br />

lich erwerbsfähig zu sein“ (§ 8 SGB II). Die In-<br />

strumentarien des SGB II haben die Priorität,<br />

d.h. 1. Arbeitsmarkt <strong>und</strong> bisher kurze Maßnah-<br />

medauer in den Beschäftigungsprojekten (6<br />

Monate). Der Gesetzgeber hat jedoch die Tat-<br />

sache außer Acht gelassen, dass Menschen mit<br />

multiplen Vermittlungshemmnissen (z.B. psy-<br />

chisch Kranke) durchaus erwerbsfähig sind, je-<br />

doch in <strong>der</strong> Regel nicht bereits nach 6 Monaten<br />

<strong>und</strong> auch nur schwierig in den ersten Arbeits-<br />

markt zu integrieren sind. Viele Unternehmen<br />

zahlen lieber die Ausgleichabgabe als schwer<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen einzustellen. (Solange<br />

Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl von schwer<br />

behin<strong>der</strong>ten Menschen nicht beschäftigen (Be-<br />

schäftigungspflicht, § 71 SGB IX), haben sie für<br />

jeden unbesetzten Pflichtplatz eine Ausgleichs-<br />

abgabe zu entrichten (§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB IX)<br />

Die Höhe <strong>der</strong> Ausgleichsabgabe beträgt je<br />

Monat <strong>und</strong> unbesetztem Pflichtplatz:<br />

• 105 Euro bei einer Beschäftigungsquote<br />

ab 3% bis unter 5%<br />

• 180 Euro bei einer Beschäftigungsquote<br />

ab 2% bis unter 3%<br />

• 260 Euro bei einer Beschäftigungsquote<br />

unter 2%<br />

Sonstige Beschäftigungsanreize EGZ (Einglie-<br />

<strong>der</strong>ungszuschuss) o<strong>der</strong> MLA (Min<strong>der</strong>leistungs-<br />

ausgleich) werden sukzessive eingeschränkt,<br />

da <strong>der</strong> För<strong>der</strong>umfang zurückgefahren wird.<br />

13


Wolfgang Obermair<br />

Vorstand Ressort II<br />

Trägereinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Beteiligungen<br />

14<br />

Wolfgang Obermair<br />

Aufgaben vor Ort verän<strong>der</strong>n sich<br />

Dem sozialen Wandel müssen gestaltende Impulse gegeben werden<br />

Wenn in Politik <strong>und</strong> in Öffentlichkeit vom sozialen Wandel gesprochen wird, den unsere Gesellschaft zur<br />

Zeit erlebt, wirft das ein ganz bestimmtes Licht auf diese Entwicklung. Wandel ist ein passives Geschehen,<br />

das heißt, es wird etwas von außen bewegt, ohne die Möglichkeit <strong>der</strong> Einflussnahme. Und in <strong>der</strong> Tat ist das<br />

häufig <strong>der</strong> Fall: Einsparungen, Kürzungen, Streichungen beschneiden das soziale Angebot für die Men-<br />

schen, <strong>und</strong> wer davon abhängig ist, erlebt einen Wandel seines Lebens - lei<strong>der</strong> allzu oft hin zur Verschlech-<br />

terung. Im Gegensatz zum Wandel ist die Verän<strong>der</strong>ung ein aktives Geschehen. Verän<strong>der</strong>ung bedeutet kre-<br />

ative Anpassung an gesellschaftliche Umstrukturierungen <strong>und</strong> lösungsorientierte Weiterentwicklung.<br />

Die freie Wohlfahrtspflege hat innerhalb<br />

<strong>der</strong> sozialen Gesellschaft eine wichtige<br />

Funktion als Erbringer sozialer Dienstleis-<br />

tungen <strong>und</strong> sozialer Arbeit. Mit einem jähr-<br />

lichen Umsatz von 55 Milliarden Euro <strong>und</strong><br />

1.284 100 Beschäftigten – das sind 3,5%<br />

<strong>der</strong> sozialabgabepflichtigen Arbeitnehmer<br />

in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik - ist sie ein wichtiger<br />

volkswirtschaftlicher Faktor.<br />

Darüber hinaus ist sie eine tragende Säule<br />

des Sozialstaats, weil sie die jeweiligen po-<br />

litischen Entwicklungen kritisch <strong>und</strong> aus<br />

<strong>der</strong> Perspektive anwaltschaftlichen Enga-<br />

gements für die gesellschaftlichen Rand-<br />

gruppen dieses Staats begleitet.<br />

Unter diesen Voraussetzungen haben wir zum ei-<br />

nen ein ökonomisches Interesse daran, dem sozi-<br />

alen Wandel verän<strong>der</strong>nde Impulse zu geben, zum<br />

an<strong>der</strong>en betrachten wir das bewusste Handeln zur<br />

Sicherung des Sozialen Friedens als unsere mora-<br />

lische Pflicht <strong>und</strong> einen Beitrag, den unsere sozi-<br />

alstaatliche Verfassung braucht.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist festzustellen, dass sich<br />

die aktuelle Diskussion um die Notwendigkeit, un-<br />

seren Sozialstaat umzubauen, im Ungleichgewicht<br />

befindet, denn sie ist einseitig auf das Thema Kos-<br />

teneinsparung fokussiert. Dadurch drohen essen-<br />

tielle Werte aus dem Blick zu geraten, die unsere<br />

Gesellschaft seit <strong>der</strong> Nachkriegszeit geprägt <strong>und</strong><br />

ihre menschlich-soziale Qualität ausgemacht ha-<br />

ben. Die Art <strong>und</strong> Weise, wie eine Gesellschaft mit<br />

ihren hilfebedürftigen Mitglie<strong>der</strong>n umgeht, mit al-<br />

ten Menschen, mit Behin<strong>der</strong>ten, mit Familien <strong>und</strong><br />

Kin<strong>der</strong>n, prägt nicht nur ihr Bild in <strong>der</strong> Öffentlich-<br />

keit, son<strong>der</strong>n ist auch ein Garant für ein stabiles<br />

soziales System <strong>und</strong> somit eine wesentliche wirt-<br />

schaftliche Komponente. Nur eine ausgeglichene<br />

Gesellschaft hat die nötige Stabilität, um wirt-<br />

schaftliche Engpässe langfristig zu überwinden<br />

<strong>und</strong> sich verän<strong>der</strong>ten Gegebenheiten konstruktiv<br />

anzupassen.<br />

Wie begegnet die Freie Wohlfahrtspflege<br />

dem Verän<strong>der</strong>ungsdruck?<br />

Die demographische Entwicklung in Deutschland<br />

weist eine beunruhigende, manche Sozialexperten<br />

sprechen von einer dramatischen, Tendenz auf. Bis<br />

zum Jahr 2020, so die Prognosen, ist bereits fast<br />

je<strong>der</strong> zweite B<strong>und</strong>esbürger über 60. Dazu steigt die<br />

Zahl <strong>der</strong> Singles stetig an. Das bedeutet eine deut-<br />

liche Verringerung familiärer Bindungen <strong>und</strong> damit<br />

einen Wegfall von privaten Sicherungen <strong>und</strong> Ver-<br />

antwortlichkeiten in sozialen Notsituationen.<br />

Schon jetzt sind die Sozialkassen deutlich über-<br />

lastet. Die Agenda 2010 hat mit ihrem zögerlichen<br />

Bemühen um soziale Verän<strong>der</strong>ungen bislang vor<br />

allem Einschnitte in das soziale Sicherungssystem<br />

gebracht, aber noch keine finanziellen Entlastun-<br />

gen. Die aktuelle politische Situation mit ihrer Un-<br />

gewißheit eines möglichen Regierungswechsels<br />

verstärkt die Unsicherheit im Hinblick auf die drin-<br />

gend notwendigen Reformen. Zu diesen innenpo-<br />

litischen Problemen kommen weitere auf europä-


ischer Ebene, die mit dem kulturellen <strong>und</strong> wirt-<br />

schaftlichen Wandel im Zuge des europäischen<br />

Einigungsprozesses einher gehen.<br />

Wie begegnet die Freie Wohlfahrtspflege diesem<br />

Szenario? Als <strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> Mün-<br />

chen <strong>und</strong> <strong>Freising</strong> ist uns vor allem wichtig, unser<br />

Engagement nicht im Jammern <strong>und</strong> Klagen über<br />

bestehende Verhältnisse zu erschöpfen. Das ist<br />

we<strong>der</strong> politisch sinnvoll noch ethisch vertretbar.<br />

In unserer Eigenschaft als Helfer <strong>und</strong> Anwalt <strong>der</strong><br />

Bedürftigen verfolgen wir soziale Entwicklungen,<br />

gesellschaftliche Trends <strong>und</strong> politische Maßnah-<br />

men unter dem Aspekt <strong>der</strong> Auswirkungen auf das<br />

soziale Klima <strong>und</strong> kommentieren <strong>und</strong> kritisieren<br />

sie in diesem Sinn. Dazu bieten wir sozial verträg-<br />

liche Lösungsvorschläge an.<br />

Wir halten den Kontakt sowohl zur Politik als auch<br />

zu den Entscheidungsträgern im öffentlichen <strong>und</strong><br />

sozialen Bereich <strong>und</strong> bleiben mit unserer Arbeit<br />

immer am Puls <strong>der</strong> Gesellschaft: Nah. Am Nächsten.<br />

Das schließt ein flexibles Anpassen an die verän-<br />

<strong>der</strong>ten Rahmenbedingungen ein, denen die sozia-<br />

le Landschaft in den letzten 2o Jahren unterworfen<br />

war. So hat zum Beispiel auch im sozialen Dienst-<br />

leistungsbereich <strong>der</strong> Wettbewerb Einzug gehalten,<br />

dem wir durch einen fortwährenden Prozess von<br />

Umstrukturierungsmaßnahmen Rechnung tragen,<br />

die dazu dienen, unsere Effizienz zu steigern <strong>und</strong><br />

gleichzeitig die Kompetenz <strong>und</strong> Qualität <strong>der</strong> Arbeit<br />

vor Ort sicherzustellen.<br />

Durch die Öffnung Europas sind alle Märkte mitei-<br />

nan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> auch die Angebote im so-<br />

zialen Bereich nicht mehr auf einzelne Län<strong>der</strong> be-<br />

grenzt. Freie gemeinnützige Träger werden in ab-<br />

sehbarer Zeit immer stärker in Konkurrenz treten.<br />

Das erfor<strong>der</strong>t europaweit wettbewerbstaugliche<br />

Konzeptionen in den sozialen Dienstleistungsbe-<br />

reichen <strong>der</strong> Zukunft.<br />

Unser Anliegen ist es, unsere Leistungen noch<br />

transparenter zu machen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Konkurrenz<br />

<strong>der</strong> freien Träger zu profilieren - sowohl unseren<br />

Kooperationspartnern gegenüber als auch im Hin-<br />

blick darauf, dass auch die hilfesuchenden Men-<br />

schen berechtigte Ansprüche auf Qualität, Leistung<br />

<strong>und</strong> Menschlichkeit haben.<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen werden zu Schwer-<br />

punkten in <strong>der</strong> operativen Arbeit<br />

Die Zukunft beginnt heute - wir reagieren<br />

auf die gesellschaftlichen Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

indem wir die größten Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu Schwerpunkten unserer Arbeit machen:<br />

1. „Wohnen im Alter“<br />

2. Arbeitslosigkeit<br />

3. Kin<strong>der</strong>tagesbetreuung<br />

„Wohnen im Alter“ bedeutet für viele Menschen<br />

einschneidende Verän<strong>der</strong>ungen in ihrer gewohn-<br />

ten Lebenssituation. Wenn die Familie fehlt, in <strong>der</strong><br />

Menschen auch im Alter geborgen leben können,<br />

müssen an<strong>der</strong>e Rahmenbedingungen geschaffen<br />

werden, die einen Lebensabend in Würde <strong>und</strong> An-<br />

nehmlichkeit ermöglichen. Dazu gehören unter-<br />

schiedliche Wohnformen für Senioren, eine maß-<br />

geschnei<strong>der</strong>te, auf die jeweiligen Bedürfnisse <strong>der</strong><br />

Menschen abgestimmte Betreuung, eine qualitativ<br />

ausgezeichnete, garantiert sichere <strong>und</strong> vertrauens-<br />

volle Pflege - in <strong>der</strong> gewohnten Umgebung, <strong>der</strong><br />

eigenen Wohnung o<strong>der</strong> einem komfortablen, an-<br />

genehmen <strong>und</strong> zugleich fürsorglichen Haus.<br />

Unser <strong>Caritasverband</strong> hat mit seinen Einrichtungen<br />

<strong>der</strong> Altenpflege, den Altenheimen, den Sozialsta-<br />

tionen <strong>und</strong> Caritas-Zentren ein Konzept entwickelt,<br />

das Senioren heute <strong>und</strong> in Zukunft diese Perspek-<br />

tiven ermöglicht. Ob sich Handeln tatsächlich an<br />

dem auch in <strong>der</strong> Politik oft beschworenen „christ-<br />

lichen Menschenbild“ orientiert, zeigt sich nicht<br />

zuletzt <strong>und</strong> ganz konkret im Umgang mit alten,<br />

hochbetagten <strong>und</strong> sterbenden Menschen: Die Ca-<br />

ritas wendet sich mit ihrem differenzierten <strong>und</strong> be-<br />

dürfnisorientierten Angebot gegen alle Versuche,<br />

alte Menschen als Belastung zu sehen <strong>und</strong> aus<br />

dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen.<br />

Arbeitslosigkeit mag eine globale Erscheinung<br />

sein, dennoch bleibt sie ein sozialer Skandal. Zur<br />

Unterstützung <strong>der</strong> sozialen Reformen haben wir im<br />

<strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> eigene Konzepte<br />

entwickelt <strong>und</strong> stellen Ausbildungsplätze in den<br />

eigenen Einrichtungen bereit. Wir qualifizieren<br />

15


16<br />

Langzeitarbeitslose, um ihnen den Wie<strong>der</strong>ein-<br />

stieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern bzw. zu<br />

ermöglichen (Lesen Sie dazu auch die Beiträge<br />

von Johanna Schilling <strong>und</strong> Ludwig Mittermeier auf<br />

den Seiten 11 <strong>und</strong> 22)<br />

Darüber hinaus begleiten wir die Entwicklung von<br />

Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Arbeitspolitik kritisch <strong>und</strong> ak-<br />

tiv, denn auf Gr<strong>und</strong> unserer Erfahrung, die sich aus<br />

<strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> Menschen speist,<br />

sind wir nicht nur qualifizierte Berater für Hilfesu-<br />

chende <strong>und</strong> von Arbeitslosigkeit Betroffene, son-<br />

<strong>der</strong>n auch für Politiker <strong>und</strong> Entscheidungsträger.<br />

Die Caritas hat in ihrem Engagement nicht zuletzt<br />

diejenigen im Blick, die es auf dem Arbeitsmarkt<br />

aufgr<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>er „Handicaps“ beson<strong>der</strong>s<br />

schwer haben - auch in dieser Option zeigt sich die<br />

beson<strong>der</strong>e Wertorientierung <strong>der</strong> Caritas.<br />

Eine ausreichende <strong>und</strong> gute Kin<strong>der</strong>tagesbetreuung<br />

schließlich ist Gr<strong>und</strong>voraussetzung für eine funk-<br />

tionierende, sozial intakte Gesellschaft. Nur wenn<br />

die Betreuung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gesichert ist, können<br />

beide Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen - in<br />

wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das für viele<br />

Familien von existentieller Bedeutung. An<strong>der</strong>er-<br />

seits brauchen wir in Deutschland ebenso wie in<br />

den an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n mehr Kin<strong>der</strong>.<br />

Aber nur die Aussicht auf eine gesicherte Betreu-<br />

ung <strong>und</strong> eine gute schulische Laufbahn kann, zu-<br />

sammen mit den entsprechenden finanziellen Un-<br />

terstützungen, ein Anreiz für junge Paare sein, Kin-<br />

<strong>der</strong> zu bekommen.<br />

Auch bei uns gibt es einen großen Nachholbedarf<br />

bei <strong>der</strong> Bereitstellung von Betreuungsplätzen für<br />

0 bis 3-jährige. Im Rahmen <strong>der</strong> Kostendiskussion<br />

bieten Kommunen vermehrt die Übergabe eigener<br />

Kin<strong>der</strong>betreuungsstätten an. Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

des kommenden Bayerischen Kin<strong>der</strong>tagesstätten-<br />

gesetzes weitet unser <strong>Caritasverband</strong> seine Kom-<br />

petenz im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesbetreuung kon-<br />

sequent aus: in unseren Kin<strong>der</strong>tagesstätten, un-<br />

seren Horten, unseren Jugendzentren, den Heilpä-<br />

dagogischen Tagesstätten <strong>und</strong> unserem Kin<strong>der</strong>dorf<br />

Irschenberg. Unser Ziel ist es, mit an<strong>der</strong>en katho-<br />

lischen Trägern zusammen zu wirken <strong>und</strong> dabei<br />

auch die pastorale Einbindung zu intensivieren,<br />

also den sozialen <strong>und</strong> den pastoralen Auftrag von<br />

vornherein miteinan<strong>der</strong> zu verbinden. Kin<strong>der</strong> sind<br />

unsere Zukunft, deshalb müssen wir ihnen eine<br />

gute Zukunft ermöglichen. Von klein auf.<br />

Kompetenz aus christlichem<br />

Verständnis heraus<br />

Im <strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> <strong>München</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Freising</strong> arbeiten aktuell mehr als 6.500 Mitarbei-<br />

terinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter in insgesamt 6 Geschäfts-<br />

bereichen: dem Institut für Bildung <strong>und</strong> Entwick-<br />

lung, den Altenheimen, den Behin<strong>der</strong>teneinrich-<br />

tungen <strong>und</strong> in den Caritaszentren mit ihren vielfäl-<br />

tigen Diensten. Als Vorstand halten wir zu allen<br />

Einrichtungen Kontakt, denn nur, wenn wir wissen,<br />

wie es an <strong>der</strong> Basis aussieht, können wir die rich-<br />

tigen Schritte einleiten. Dazu gehören regelmäßi-<br />

ge Besuche des Vorstands „VorOrt“.<br />

Unser <strong>Caritasverband</strong> ist seit Jahren Vorreiter in<br />

einer mitarbeiterorientierten <strong>und</strong> innovativen Per-<br />

sonalentwicklung, die ein wesentlicher Faktor bei<br />

<strong>der</strong> aktiven Gestaltung <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozesse<br />

des Verbands war <strong>und</strong> ist. Zu einem mo<strong>der</strong>nen,<br />

wettbewerbsfähigen Unternehmen gehören nicht<br />

nur Transparenz in allen Bereichen, son<strong>der</strong>n auch<br />

<strong>der</strong> Wille, sich offen <strong>und</strong> flexibel auf neue Voraus-<br />

setzungen einzustellen, ohne bewährte Kompe-<br />

tenzen <strong>und</strong> ureigene Traditionen aus dem Auge zu<br />

verlieren.<br />

Die Orientierung am christlichen Menschenbild<br />

gibt unserem Streben nach bestmöglicher Quali-<br />

tät in <strong>der</strong> Betreuung, <strong>der</strong> Beratung, <strong>der</strong> Pflege <strong>und</strong><br />

im anwaltschaftlichen Engagement den konkreten<br />

Sinn, als Wohlfahrtsverband <strong>der</strong> katholischen Kir-<br />

che immer Nah. Am Nächsten zu sein: Nah an den<br />

Nöten, den Sorgen <strong>und</strong> den Bedürfnissen <strong>der</strong> Men-<br />

schen. Dieser christliche Impuls, <strong>der</strong> die Caritas<br />

auszeichnet, ist die Gr<strong>und</strong>lage, aus <strong>der</strong> heraus wir<br />

wirtschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen verantwortungsvoll<br />

gestalten <strong>und</strong> umsetzen - für eine soziale Zukunft<br />

unserer Gesellschaft.


Hohe Qualität sorgt für Anerkennung<br />

Diözesanverband festigt Marktstellung<br />

Zahlen - Daten - Fakten<br />

Nach <strong>der</strong> schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in den drei Jahren zuvor zog die Konjunktur 2004 in<br />

Deutschland erstmals wie<strong>der</strong> stärker an. Die Impulse, die zu einem realen Anstieg des Bruttoinlandspro-<br />

dukts von 1,7% führten, kamen vor allem vom Außenhandel, während die Inlandsnachfrage weiter hinter<br />

den Erwartungen zurückblieb. Ausschlaggebend dafür waren die anhaltenden Unsicherheiten <strong>der</strong> Men-<br />

schen in Bezug auf die Renten- <strong>und</strong> Krankenversicherung. Auch die Angst um den Arbeitsplatz <strong>und</strong> die<br />

zusätzlichen Belastungen <strong>der</strong> privaten Haushalte durch die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenver-<br />

sicherung (höhere Zuzahlungen, Praxisgebühr) sowie Preissteigerungen bei Energie <strong>und</strong> Treibstoffen<br />

spielten eine Rolle.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> war nicht mit nennens-<br />

werten Verbesserungen <strong>der</strong> Rahmenbedingungen<br />

zu rechnen, die für das Handeln gemeinnütziger<br />

Verbände wie <strong>der</strong> Caritas bestimmend sind. Wich-<br />

tigster Faktor waren die anhaltenden finanziellen<br />

Probleme <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte; hinzu kamen<br />

weitere Störfaktoren wie zum Beispiel die wie<strong>der</strong>-<br />

kehrende Diskussion über die Absenkung von<br />

Qualitätsstandards in <strong>der</strong> Sozialarbeit.<br />

Trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen ist<br />

es gelungen, die Marktstellung des Diözesan-<br />

<strong>Caritasverband</strong>s als großer regionaler Anbieter<br />

sozialer Dienstleistungen zu festigen.<br />

Ausschlaggebend dafür war einerseits die hohe<br />

Qualität <strong>der</strong> erbrachten Leistungen <strong>und</strong> die damit<br />

zusammenhängende hohe Anerkennung in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit, an<strong>der</strong>erseits wirkten sich auch die<br />

geringe Preissteigerungsrate <strong>und</strong> die mo<strong>der</strong>aten<br />

Tariferhöhungen positiv aus.<br />

Das gesetzte Ziel, die Beratung <strong>und</strong> Unterstüt-<br />

zung bedürftiger Menschen durch wirtschaft-<br />

lichen Erfolg nachhaltig zu gewährleisten <strong>und</strong> Ent-<br />

wicklungen in <strong>der</strong> Sozialpolitik zu begleiten <strong>und</strong><br />

zu för<strong>der</strong>n, konnte daher auch im Berichtsjahr<br />

konsequent verfolgt werden.<br />

17<br />

Zahlen - Daten - Fakten 2004


18<br />

Insgesamt positives Geschäftsjahr 2004<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> Erträge <strong>und</strong> Aufwendungen über einen Dreijahreszeitraum<br />

zeigt nachfolgende Übersicht:<br />

Angesichts <strong>der</strong> Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Refinan-<br />

zierung <strong>der</strong> bezuschussten Beratungsdienste <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> ambulanten Pflegedienste verlief das Geschäfts-<br />

jahr erwartungsgemäß.<br />

Die Ergebnisverbesserung resultiert aus mehre-<br />

ren Faktoren. Zum einen konnte das Finanzergeb-<br />

nis erheblich gesteigert werden; die eingetretene<br />

Erhöhung von T€ 1.293 ist auf eine Beruhigung<br />

<strong>der</strong> Kapitalmärkte zurückzuführen. Zum an<strong>der</strong>en<br />

war auch eine erfreuliche Zunahme <strong>der</strong> Schenkun-<br />

gen <strong>und</strong> Erbschaften zu verzeichnen, die zu einer<br />

Zunahme von T€ 457 im ideellen Bereich führte.<br />

Die Umsatzerlöse aus Pflege- <strong>und</strong> Betreuungs-<br />

leistungen in stationären <strong>und</strong> teilstationären<br />

Einrichtungen konnten auf 200,9 Mio € (Vorjahr<br />

189,1 Mio €) gesteigert werden. Neben einer Erhö-<br />

hung <strong>der</strong> verfügbaren Plätze waren auch Entgelt-<br />

anpassungen sowie eine insgesamt verbesserte<br />

Auslastung <strong>der</strong> Einrichtungen dafür verantwort-<br />

lich. Die Abnahme um T € 2.474 bei den Zuweisun-<br />

gen <strong>und</strong> Zuschüssen rührt im Wesentlichen von<br />

<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zuschussrichtlinien <strong>der</strong> staat-<br />

lichen <strong>und</strong> kommunalen Zuschussgeber her. Die<br />

sonstigen betrieblichen Erträge blieben nahezu<br />

unverän<strong>der</strong>t.<br />

Verän<strong>der</strong>ung<br />

2004 2003 2002 2004 2003<br />

T € T € T € T € %<br />

Erträge aus Pflege <strong>und</strong> Betreuung 200.900 189.084 175.980 11.816 6,2<br />

Zuweisungen <strong>und</strong> Zuschüsse 52.059 54.533 55.630 - 2.474 - 4,5<br />

Auflösung Investitionszuschüsse 1.200 1.094 1.039 106 9,7<br />

Zinsen <strong>und</strong> ähnliche Erträge 2.949 2.623 3.281 326 12,4<br />

Ideelle Erträge 7.485 7.476 6.319 9 0,1<br />

Sonstige betriebliche Erträge 13.082 10.778 10.714 2.304 21,4<br />

277.675 265.588 252.963 12.087 4,6<br />

Personalaufwand 201.366 194.407 182.235 6.959 3,6<br />

Sachaufwand 32.639 32.317 31.268 322 1,0<br />

Unterstützungen 735 1.183 2.093 - 448 - 37,9<br />

Instandhaltungen 7.211 6.401 7.361 - 810 - 12,7<br />

Abschreibungen 11.047 12.044 12.903 - 997 - 8,3<br />

Zinsen <strong>und</strong> ähnliche Aufwendungen 1.735 1.763 1.874 - 28 - 1,6<br />

Sonstige betriebliche Aufwendungen 20.764 16.703 17.561 4.061 24,3<br />

275.497 264.818 255.295 10.679 4,0<br />

Jahresergebnis vor Verwendung 2.178 770 - 2.332 1.408<br />

Der Personalaufwand erhöhte sich um 3,6 Prozent<br />

auf 201,4 Mio €; die Personalaufwandsquote blieb<br />

mit 72,5 Prozent (Vorjahr 72,0%) <strong>der</strong> Gesamtlei-<br />

tung nahezu unverän<strong>der</strong>t. Auch <strong>der</strong> Sachaufwand<br />

blieb unverän<strong>der</strong>t; bei den sonstigen betrieblichen<br />

Aufwendungen kam es zu einer Zunahme um<br />

4,06 Mio €, die im Wesentlichen auf eine Erhö-<br />

hung <strong>der</strong> Rückstellungen für unterlassene Instand-<br />

haltungen (2,5 Mio €) sowie auf erhöhte Aufwen-<br />

dungen für Leiharbeitnehmer zurückzuführen ist.


Effizientes Risikomanagement gewinnt<br />

immer mehr an Bedeutung<br />

Für Anbieter sozialer Dienstleistungen besteht<br />

das hauptsächliche Risiko in <strong>der</strong> dramatischen fi-<br />

nanziellen Lage <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> damit einhergehenden Hektik in <strong>der</strong> Gesetz-<br />

gebung. So wurden zum Beispiel in den letzten<br />

Jahren neue Gesetze auf den Weg gebracht, die<br />

vorgeblich die Qualität in den Pflegeeinrichtun-<br />

gen verbessern sollen, in erster Linie jedoch mehr<br />

Bürokratie <strong>und</strong> Dokumentationsaufwand verursa-<br />

chen, ohne dass die dafür notwendigen finanziel-<br />

len Mittel zur Verfügung stehen. Seit geraumer<br />

Zeit ist auch eine schleichende Reduzierung <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>mittel sowohl für den laufenden Betrieb<br />

vieler Einrichtungen als auch für notwendige In-<br />

vestitionen zu beobachten.<br />

Mit dem Auftreten neuer Anbieter aus dem privat-<br />

gewerblichen Bereich am Markt sozialer Dienst-<br />

leistungen kommt es zu einer Verschärfung <strong>der</strong><br />

Wettbewerbssituation, die die Auslastung vieler<br />

Einrichtungen negativ beeinflusst. Effizientes<br />

Risikomanagement gewinnt deshalb immer mehr<br />

an Bedeutung. Entscheidend ist dabei die Bestim-<br />

mung maßgeblicher fachdienstspezifischer Para-<br />

meter. Mit dem verbandsweiten Controllingsys-<br />

tem, das regelmäßig Daten aus den Einrichtungen<br />

erhebt <strong>und</strong> auswertet, ist die Caritas in <strong>der</strong> Lage,<br />

Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter am Jahresende<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

erfor<strong>der</strong>liche Entscheidungen zeitnah umzusetzen.<br />

Durch das bereits seit Jahren eingeführte interne<br />

Qualitätsmanagementsystem ist es darüber hin-<br />

aus gelungen, auftretende Qualitätsmängel früh-<br />

zeitig zu erkennen <strong>und</strong> weitgehend abzustellen.<br />

Angesichts <strong>der</strong> jüngsten Steuerschätzungen ist<br />

mit einer weiteren Verschlechterung <strong>der</strong> öffentli-<br />

chen Haushalte zu rechnen. Das wird unmittelbare<br />

Auswirkungen auf die Bereitstellung von Zuschüs-<br />

sen haben, aber auch „Deckelungen“ <strong>der</strong> leis-<br />

tungsabhängigen Vergütungen in den teilstatio-<br />

nären <strong>und</strong> stationären Einrichtungen nach sich<br />

ziehen. Zusätzlicher wirtschaftlicher Druck ent-<br />

steht durch bereits erkennbare finanzielle Aus-<br />

fälle im Zuge <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Sozialgesetzbü-<br />

cher II <strong>und</strong> XII <strong>und</strong> die zu erwartende Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Pflegeversicherung.<br />

Kontinuierliche Organisationsentwicklungs- <strong>und</strong><br />

Qualitätsmanagementprozesse <strong>und</strong> eine effizien-<br />

tere Erbringung von sek<strong>und</strong>ären Dienstleistungen<br />

durch den verstärkten EDV-Einsatz bieten geeig-<br />

nete Einsparungspotentiale ohne Qualitätsverlust<br />

<strong>der</strong> Primärleistungen. Weitere Ergebnisverbesse-<br />

rungen lassen sich durch eine effizientere Prozess-<br />

gestaltung im Verwaltungsbereich, aber auch durch<br />

verstärkte Maßnahmen zur zusätzlichen Mittelge-<br />

winnung erreichen.<br />

19<br />

Zahlen - Daten - Fakten 2004


20<br />

Beschäftigungsumfang<br />

Arbeitsbereiche <strong>der</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0


Einrichtungen in Trägerschaft des DiCV Zahl <strong>der</strong> Einrichtungen<br />

Offene Altenarbeit/Alten- <strong>und</strong> Servicezentren/Seniorenbegegnungsstätten 13<br />

Sozialstationen/Familien-Kurzzeitpflege 31<br />

Offene Behin<strong>der</strong>tenarbeit 3<br />

Erziehungsberatungsstellen 19<br />

Kin<strong>der</strong>garten/Kin<strong>der</strong>hort 17<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten 15<br />

Kin<strong>der</strong>dorf inkl. Schule <strong>und</strong> HPT 1<br />

Mädchenheim inkl. Schule 1<br />

Jugendwohnheime 3<br />

Gemeindeorientierte Soziale Arbeit <strong>und</strong> Projekte 39<br />

Freiwilligenzentren 6<br />

Auslän<strong>der</strong>beratung 35<br />

Schuldnerberatung 15<br />

Essen auf Rä<strong>der</strong>n/Mobile Dienste 9<br />

Fachambulanz für Suchtkranke 16<br />

Fachambulanz für Essstörungen 1<br />

Tagesstätten für psychisch Kranke 9<br />

Suchtkliniken <strong>und</strong> Reha 3<br />

Fahrtendienst/Mobiler Hilfsdienst 5<br />

Sozialpsychiatrische Dienste 32<br />

Wohnprojekte 7<br />

Wohnungslosenhilfe 3<br />

Schulen:<br />

För<strong>der</strong>schule 1<br />

Fachakademie für Heilpädagogik 1<br />

Fachakademie für Sozialpädagogik 1<br />

Berufsfachschule für Kin<strong>der</strong>pflege 1<br />

Fachschulen für Altenpflege 2<br />

Fachschule für Heilerziehungspflege <strong>und</strong> -hilfe 1<br />

Alten- <strong>und</strong> Pflegeheime 29<br />

Frühför<strong>der</strong>stellen 2<br />

Wohnheime für behin<strong>der</strong>te Menschen 4<br />

Heilpädagogische Tagesstätten 5<br />

Werkstätten für behin<strong>der</strong>te Menschen 4<br />

Sonstige Dienste 21<br />

21<br />

Zahlen - Daten - Fakten 2004


Ludwig Mittermeier<br />

Leiter des Caritaszentrums<br />

<strong>Freising</strong><br />

22<br />

Ludwig Mittermeier<br />

„Meine Wohnung kam mir fast wie ein Gefängnis vor...“<br />

Bereits im Januar 25 Zusatzjobs besetzt - von den ersten Erfahrungen<br />

im Arbeitsprojekt Rentabel des Caritaszentrums <strong>Freising</strong><br />

Mit dem Arbeitsprojekt Rentabel leistet die Caritas seit 1999 ihren Beitrag dazu, dass mit dem Verlust des<br />

Arbeitsplatzes nicht auch gleich <strong>der</strong> Verlust von Selbstwert <strong>und</strong> eines sinnvollen Lebens einhergeht.<br />

Schwerpunkt bei diesem Projekt ist die Betreuung von Menschen, die aufgr<strong>und</strong> verschiedener Probleme<br />

(Sucht, Schulden, psychische Erkrankung uvm.) nicht wie<strong>der</strong> in den Arbeitsmarkt eingeglie<strong>der</strong>t werden<br />

können. Im Kaufhaus für Gebrauchtmöbel <strong>und</strong> -kleidung sowie den angeschlossenen Dienstleistungsbe-<br />

reichen bietet Rentabel diesen Menschen echte Beschäftigung.<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung des SGB II (Hartz IV) ergeben<br />

sich nun neue Herausfor<strong>der</strong>ungen: die sogenann-<br />

ten „Ein-Euro-Jobs“. Diese Zuatzjobs, wie die offi-<br />

zielle Bezeichnung lautet, stellen eine Form von<br />

öffentlich geför<strong>der</strong>ter Beschäftigung nach dem<br />

§ 16 SGB II dar.<br />

Vorrangiges Ziel dieses Instruments ist die Heran-<br />

führung von Langezeitarbeitslosen an den Arbeits-<br />

markt. Es dient insbeson<strong>der</strong>e dazu, einerseits die<br />

soziale Integration zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />

die Beschäftigungsfähigkeit aufrecht zu erhalten<br />

bzw. wie<strong>der</strong>herzustellen <strong>und</strong> damit die Chance zur<br />

Integration in den regulären Arbeitsmarkt zu erhö-<br />

hen. Soweit <strong>der</strong> beabsichtigte Effekt.<br />

In <strong>der</strong> Praxis muss sich allerdings erst noch erwei-<br />

sen, was davon wirklich realisiert werden kann,<br />

vor allem mit Blick auf die Frage, welche Bedeu-<br />

tung diese Arbeitsgelegenheiten für die Betroffe-<br />

nen haben <strong>und</strong> was die Einführung dieses Instru-<br />

ments für die Arbeitsprojekte <strong>und</strong> Einsatzstellen<br />

bedeutet.<br />

Bis auf einige wenige sind alle Betroffenen<br />

in das Projekt hineingewachsen<br />

„Wenn ich morgens aufstehe, freue ich mich<br />

richtig, zu Rentabel zu gehen. Ich habe wie<strong>der</strong><br />

das Gefühl, dass man mich braucht.“<br />

Peter T., 47, seit vier Jahren ohne Arbeit<br />

„Langsam gewöhne ich mich wie<strong>der</strong> an einen<br />

festen Arbeitstag mit geregeltem Ablauf. Das<br />

hätte ich alleine wohl nicht mehr geschafft.“<br />

Andreas B., 25, seit drei Jahren ohne Arbeit<br />

„Mir bringt die Arbeit viel, denn ich bin endlich<br />

wie<strong>der</strong> unter Menschen <strong>und</strong> versauere nicht zu<br />

Hause.“ Roswitha M., 54, seit zwei Jahren ohne<br />

Arbeit<br />

„In dem Ein-Euro-Job sehe ich die Chance, mich<br />

wie<strong>der</strong> an ein geregeltes Arbeitsleben zu ge-<br />

wöhnen.“ Günther M., 44, seit drei Jahren ohne<br />

Arbeit<br />

Diese Aussagen von Betroffenen sind repräsenta-<br />

tiv für den überwiegenden Teil <strong>der</strong> bei Rentabel<br />

Beschäftigten. Sie zeigen ansatzweise, welchen<br />

Nutzen die Zusatzjobs für Betroffene haben kön-<br />

nen. Die Integration in die Abläufe des Arbeitspro-<br />

jektes verlief überwiegend positiv, wenn auch<br />

nicht immer reibungslos, denn die Menschen, die<br />

von <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft zu uns vermittelt<br />

werden, haben in <strong>der</strong> Regel einen hohen Beglei-<br />

tungs- <strong>und</strong> Unterstützungsbedarf. Sie werden in<br />

die bestehenden Arbeitsteams eingeteilt <strong>und</strong> haben<br />

dort die Möglichkeit, sich unter realen Bedingun-<br />

gen wie<strong>der</strong> in Arbeitsabläufen zurecht zu finden.


Bis auf einige wenige Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitar-<br />

beiter sind alle in das Projekt „hineingewachsen“.<br />

Sie stellen sich den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> sind enga-<br />

giert bereit, sowohl ihre Situation im Arbeitsalltag<br />

als auch im privaten Bereich zu verän<strong>der</strong>n. Er-<br />

reicht wird dies in vielen kleinen Schritten durch<br />

einen „Hilfeplan“, den wir mit jedem Einzelnen<br />

unter Berücksichtigung <strong>der</strong> persönlichen Situati-<br />

on individuell erarbeiten. An einem Tag <strong>der</strong> Woche<br />

finden zudem Schulungen in den Bereichen sozia-<br />

les Kompetenztraining <strong>und</strong> Bewerbungshilfen statt.<br />

In den meisten Fällen gelingt es, die soziale<br />

Integration zu unterstützen<br />

Mit dem beschriebenen Ablauf gelingt es in den<br />

meisten Fällen, die soziale Integration zu unter-<br />

stützen <strong>und</strong> die Beschäftigungsfähigkeit wie<strong>der</strong><br />

herzustellen bzw. aufrecht zu erhalten. Klar ist<br />

aber auch, dass damit <strong>der</strong> nahtlose Übergang<br />

nach 6 bis 9 Monaten in den ersten Arbeitsmarkt<br />

noch lange nicht erreicht ist. Zum einen ist dafür<br />

die Laufzeit solcher Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

zu kurz, zum an<strong>der</strong>en ist ein Arbeitsprojekt immer<br />

noch ein geschützter Rahmen, in dem viel Unter-<br />

stützung geleistet wird.<br />

Deshalb ist es aus unserer Sicht von entscheiden-<br />

<strong>der</strong> Bedeutung, dass Betroffene, die nach einer<br />

gewissen Zeit <strong>der</strong> Qualifizierung <strong>und</strong> Schulung die<br />

nötige Sicherheit <strong>und</strong> Stabilität gewonnen haben,<br />

einen weiteren Schritt gehen müssen.<br />

Durch die Einrichtung von zwei Koordinierungs-<br />

stellen für die Landkreise <strong>Freising</strong> <strong>und</strong> Erding ver-<br />

suchen wir, Personen aus Rentabel heraus in<br />

kirchliche Einrichtungen <strong>und</strong> Pfarreien weiterzu-<br />

vermitteln. Immer noch im Rahmen eines Zusatz-<br />

jobs – aber bereits in einem an<strong>der</strong>en sozialen Kon-<br />

text <strong>und</strong> mit erhöhten Anfor<strong>der</strong>ungen. Die Beglei-<br />

tung dieser Mitarbeiter sowie <strong>der</strong> Einsatzstellen<br />

erfolgt über die Sozialpädagogen, die für die Ko-<br />

ordinierung dieser Aufgabe verantwortlich sind.<br />

Das gibt allen Beteiligten die für diesen Schritt<br />

nötige Sicherheit.<br />

Vieles ist in <strong>der</strong> Praxis kritisch zu betrachten<br />

Mit <strong>der</strong> Umsetzung des SGB II fielen alle Zuschüs-<br />

se <strong>der</strong> Kommunen ersatzlos weg. Pauschalförde-<br />

rungen sind im Rahmen des Gesetzes nicht mög-<br />

lich bzw. kommen seitens <strong>der</strong> Arbeitsgemein-<br />

schaft nicht in Frage. Die Mantelför<strong>der</strong>ung von<br />

500,- Euro pro Person reicht nicht aus, um den ge-<br />

samten Bereich kostendeckend finanzieren zu<br />

können. Der Arbeitsaufwand für die Einrichtung<br />

steigt, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Eindruck erhärtet sich, dass das<br />

einzige Ziel <strong>der</strong> politisch Verantwortlichen in den<br />

Kommunen darin besteht, auf Kosten <strong>der</strong> Betrof-<br />

fenen zu sparen.<br />

Der durch die Bildung von Arbeitsgemeinschaften<br />

beabsichtigte Effekt „Alles in einem Haus - aus<br />

einer Hand o<strong>der</strong> schnelle Hilfe unter einem Dach“<br />

wurde nicht erzielt. Die Betroffenen müssen zwi-<br />

schen zwei Gebäuden „pendeln“, <strong>und</strong> trotz guter<br />

Zusammenarbeit <strong>und</strong> Kooperation mit <strong>der</strong> Arbeits-<br />

gemeinschaft in <strong>Freising</strong> sind unkomplizierte,<br />

klare Absprachen <strong>und</strong> gemeinsame Regelungen in<br />

<strong>der</strong> Praxis meist schwer zu realisieren.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass die nötigen Verän<strong>der</strong>un-<br />

gen realisiert werden - vor allem unter <strong>der</strong> Ein-<br />

sicht, dass für die Menschen, die beson<strong>der</strong>e Pro-<br />

blemkonstellationen mitbringen, <strong>der</strong> Versuch <strong>der</strong><br />

Integration ohne Arbeitsprojekte wie Rentabel be-<br />

reits im Ansatz misslingt. Für die Dienste <strong>der</strong> Cari-<br />

tas ist eine Positionierung nötig, denn es wäre<br />

fatal, diesen Bereich ausschließlich privaten An-<br />

bietern im Bereich Vermittlung, Bildung <strong>und</strong> Qua-<br />

lifizierung zu überlassen.<br />

Das Caritaszentrum <strong>Freising</strong> beteiligt sich an <strong>der</strong><br />

Umsetzung von „Hartz IV“ nicht deshalb, weil wir<br />

das Gesetz als solches <strong>und</strong> die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Zusatzjobs im Beson<strong>der</strong>en ohne Vorbehalte unter-<br />

stützen. Im Gegenteil: Vieles ist kritisch zu betra-<br />

chten. Wir beteiligen uns, weil es zu den Aufgaben<br />

<strong>der</strong> Caritas gehört, Menschen in beson<strong>der</strong>s schwie-<br />

rigen sozialen Lagen zu begleiten <strong>und</strong> zu unter-<br />

stützen. Zudem können wir aus <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong><br />

Praxis heraus zu den zentralen sozialpolitischen<br />

Themen dieser Zeit konkret Stellung beziehen.<br />

23


Norbert Huber<br />

Geschäftsführer<br />

Caritaszentren<br />

<strong>München</strong> Stadt/Land<br />

Willibald Strobel-Wintergerst<br />

Referent<br />

Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

sowie Sozialpsychiatrische<br />

Dienste<br />

24<br />

Norbert Huber / Willibald Strobel-Wintergerst<br />

Kin<strong>der</strong>reich <strong>und</strong> ohne Arbeit in <strong>München</strong><br />

Leben mit 345 Euro im Monat? Armut wird zum anonymen Zustand auf Dauer<br />

Waren Münchner bis vor kurzem noch ein wenig stolz darauf, gegenüber vielen b<strong>und</strong>esweiten sozialpoliti-<br />

schen Entwicklungen besser da zu stehen, so scheint spätestens seit Einführung von Hartz IV diese beru-<br />

higende Perspektive dahin zu sein: 89.000 Menschen waren im ersten Quartal 2005 bei <strong>der</strong> Agentur für<br />

Arbeit als arbeitslos gemeldet. Ein Jahr zuvor waren es noch 69.000 (ARGE für Beschäftigung <strong>München</strong><br />

GmbH; 2005). Dahinter steckt zwar auch eine statistische Größe, die ihre Ursache in dem durch das „Vierte<br />

Gesetz für mo<strong>der</strong>ne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ erweiterten Begriff <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit hat, je-<br />

doch vergrößert sich <strong>der</strong> Abbau von Arbeitsplätzen in <strong>München</strong>.<br />

Die Hoffnung für arbeitslose Münchner, in abseh-<br />

barer Zeit wie<strong>der</strong> in ein Arbeitsverhältnis zu gelan-<br />

gen, ist in Anbetracht <strong>der</strong> gerade mal 8.800 offe-<br />

nen Stellen (I/2005) brüchig. Wem die Rückkehr in<br />

ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht gelingt, muss<br />

mit 345 Euro im Monat (Alg II) auskommen. Ange-<br />

sichts <strong>der</strong> sehr hohen Miet- <strong>und</strong> Lebenshaltungs-<br />

kosten in <strong>München</strong> trifft dies kin<strong>der</strong>reiche Familien<br />

beson<strong>der</strong>s hart. Mit Hartz IV wurde <strong>der</strong> bewährte<br />

Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Hilfe nach dem individuellen Bedarf<br />

aufgegeben. Armut wird zum anonymen Zustand<br />

auf Dauer. Kin<strong>der</strong> aus armen Familien geraten in<br />

eine Armutsfalle, aus <strong>der</strong> es kaum ein Entrinnen<br />

gibt. Das Risiko für Familien, in Armut zu fallen,<br />

steigt mit jedem Kind.<br />

Gibt es noch kin<strong>der</strong>reiche Familien - auch in Mün-<br />

chen? Durchaus! Kin<strong>der</strong>reichtum heute ist nicht<br />

mehr mit dem früheren Begriff <strong>der</strong> Großfamilie<br />

gleichzusetzen. Kin<strong>der</strong>reich ist heute eine Familie<br />

mit drei <strong>und</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n; <strong>und</strong> das trifft immerhin<br />

auf jede achte Familie zu (Bierschock/ifB, 2004).<br />

Reich im wirtschaftlichen Sinn sind diese Familien<br />

oft auch, wie die Statistiken zeigen. Das sind sie<br />

dann aber deshalb, weil gesicherte <strong>und</strong> hohe Ein-<br />

kommen Voraussetzungen sind für Kin<strong>der</strong>reichtum<br />

<strong>und</strong> nicht dessen Folge.<br />

Nachweislich sinkt mit jedem Kind das „bedarfs-<br />

gewichtete Pro-Kopf-Einkommen“ nach dem Bam-<br />

berger-Ehepaare-Panel deutlich ab (Staatsinstitut<br />

für Familienforschung Bamberg, 2003). Gegenüber<br />

dem in unserem Beispiel 1 aufgezeigten Fall würde<br />

das Panel ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Ein-<br />

kommen von 1.690 Euro errechnen - Familie Cramer<br />

liegt also weit darunter.<br />

Armut hat tiefgreifende <strong>und</strong> nachhaltige<br />

Folgen - insbeson<strong>der</strong>e inmitten von<br />

Reichtum<br />

Armut ist eine Situation, in <strong>der</strong> Menschen verküm-<br />

mern. Armut bedeutet, auf vielfache Weise ausge-<br />

schlossen zu sein. Arme leiden nicht nur daran, an<br />

vielen gesellschaftlichen Gütern nicht mehr teil-<br />

haben zu können, was gerade im reichen Mün-<br />

chen erfahrbar wird. Sie haben auch nicht mehr die<br />

Mittel, sich gegen Lebensrisiken abzusichern. Ver-<br />

schuldung, Krankheit <strong>und</strong> eine Häufung von Kon-<br />

flikten sind die bekanntesten Folgen. „Armut stört<br />

die Entwicklung, weil zuviel Stress in <strong>der</strong> Familie<br />

ist“ - so resümiert die Familienforscherin Walpert.<br />

Armut hat tiefgreifende <strong>und</strong> nachhaltige Folgen!<br />

Schule <strong>und</strong> Bildung wäre zwar noch eine <strong>der</strong> weni-<br />

gen Möglichkeiten, Armut nicht von einer Genera-<br />

tion an die an<strong>der</strong>e weiterzugeben. Aber schon am<br />

Ende <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule sind die Würfel meist gefal-<br />

len, mit dem Ergebnis, dass ärmere Kin<strong>der</strong> von Bil-<br />

dungschancen ausgeschlossen werden. Vor die-<br />

sem Hintergr<strong>und</strong> wird professionelle Hilfe durch<br />

Soziale Beratung, Erziehungsberatung, Schuldner-<br />

beratung, qualitativ hochwertige Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

<strong>und</strong> Schulsozialarbeit beson<strong>der</strong>s wichtig. Hierüber<br />

können individuelle <strong>und</strong> z.T. auch strukturelle De-<br />

fizite ausgeglichen werden. Menschen in Not er-<br />

halten Hilfe, Zuspruch <strong>und</strong> mit vereinten Kräften<br />

Selbstvertrauen <strong>und</strong> Lebensperspektiven.<br />

Die Sozialpolitik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeitsmarkt als die we-<br />

sentlichen Schlüsselfaktoren für das Entstehen von<br />

Armut (Definition Unicef) müssen von allen Man-


datsträgern <strong>und</strong> gesellschaftlichen Kräften auf die<br />

Bekämpfung von Kin<strong>der</strong>armut ausgerichtet wer-<br />

den. Das „Vierte Gesetz für mo<strong>der</strong>ne Dienstleis-<br />

tungen am Arbeitsmarkt“ bleibt diesen Beweis,<br />

Armut - insbeson<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong>armut - zu verhin<strong>der</strong>n,<br />

noch schuldig.<br />

Festzustellen bleibt also:<br />

1. Familien mit Kin<strong>der</strong>n sind immer weniger<br />

gegen existenzielle Risiken abgesichert.<br />

2. Das Armutsrisiko steigt mit jedem Kind.<br />

3. Die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen des<br />

Arbeitsmarktes verschärfen diese Situation.<br />

Fallbeispiel 1:<br />

4. Der Staat zieht sich mit zunehmendem Kosten-<br />

druck (Gemeindefinanzen) aus seiner Verant-<br />

wortung.<br />

5. Familien mit Kin<strong>der</strong>n werden mit ihrem Risiko<br />

bzw. mit ihrer Armut im Stich gelassen.<br />

6. Erwerbstätige Eltern tragen gegenwärtig eine<br />

dreifache Last:<br />

a) sie erwirtschaften Renten für die ältere<br />

Generation<br />

b) sie erziehen <strong>und</strong> versorgen ihre Kin<strong>der</strong><br />

unter hohem Risiko<br />

c) sie müssen für ihre eigene Altersversorgung<br />

mehr beitragen als je zuvor, weil sie nicht<br />

mehr damit rechnen können, dass nachfol-<br />

gende Generationen für ihre Renten auf-<br />

kommen (können).<br />

7. Der Verlust des Arbeitsplatzes zehrt in wesent-<br />

lich kürzerer Zeit Rücklagen <strong>und</strong> Vermögens-<br />

werte (Eigentumswohnung/Eigenheim) auf<br />

<strong>und</strong> lässt Familien schneller in Armut mit all<br />

ihren Folgen abrutschen.<br />

8. Der Verlust des Arbeitsplatzes löst weitere<br />

Krisen aus <strong>und</strong> verschärft somit die Situation<br />

B. Cramer (Name geän<strong>der</strong>t) ist allein erziehende Mutter von fünf Kin<strong>der</strong>n im Alter von 9 bis 18 Jahren.<br />

Zusammen mit Kin<strong>der</strong>geld (820 Euro), Unterhaltsvorschuss (164 Euro) <strong>und</strong> Alg II (1.083 Euro) steht<br />

dem Sechspersonenhaushalt ein Gesamteinkommen von 2.067 Euro zur Verfügung. Nach Abzug<br />

von Miete (672 Euro) <strong>und</strong> Strom (85 Euro) verbleibt <strong>der</strong> Familie zum Lebensunterhalt ein Betrag von<br />

1.310 Euro, wovon noch Fahrtkosten für den Schulbesuch - drei Kin<strong>der</strong> besuchen das Gymnasium -<br />

sowie Telefonkosten zu bestreiten sind. Die sechsköpfige Familie muss mit 1.100 Euro auskommen,<br />

ein Pro-Kopf-Einkommen von 183,30 Euro.<br />

Bei wirtschaftlicher Haushaltsführung mag dies für Essen, Trinken, Drogerieartikel reichen. Zusätz-<br />

liche Ausgaben für Kleidung, Schulmaterialien, Nebenkosten- o<strong>der</strong> Stromnachzahlung, allgemeine<br />

„Teilhabe am kulturellen Leben“ können hiervon nicht mehr bestritten werden.<br />

Die Mutter ist gelernte Krankenschwester. Um nach 18 Jahren wie<strong>der</strong> in den Beruf einsteigen zu<br />

können, bräuchte sie dringend entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen. Seitens <strong>der</strong> ARGE wurde<br />

ihr mitgeteilt, dass zunächst vorrangig die Personengruppe von 15-25 Jahren „versorgt“ werden<br />

müsse <strong>und</strong> sie daher in absehbarer Zeit keinen Termin bei ihrem Sachbearbeiter erhalten könne.<br />

25


26<br />

in den Familien: Lern- <strong>und</strong> Leistungsschwä-<br />

chen, Stress, Steigerung von Aggressionen,<br />

Rückzug, Erziehungsprobleme, gesteigerte<br />

Krankheitsanfälligkeit, Ehe- bzw. Partner-<br />

schaftskonflikte. Die Betroffenen leiden an<br />

dieser Situation. Die entstehenden Beschädi-<br />

gungen haben langfristig wirkende Folgen.<br />

9. Dem verschärften Konkurrenz- <strong>und</strong> Leistungs-<br />

druck in Schulen <strong>und</strong> Hochschulen sind Kin<strong>der</strong><br />

aus kin<strong>der</strong>reichen Familien insbeson<strong>der</strong>e dann<br />

nicht mehr gewachsen, wenn sie aus wirt-<br />

schaftlichen Gründen mittelbar o<strong>der</strong> unmittel-<br />

bar an diesem gnadenlosen „Wettbewerb“ gar<br />

nicht erst teilnehmen können. Hier wird <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stein für eine neue Ära von Familien-<br />

armut gelegt.<br />

10. Die geringe Hoffnung von Kin<strong>der</strong>n, Jugend-<br />

lichen <strong>und</strong> ihren Eltern, sich aus eigenen<br />

Kräften <strong>und</strong> dauerhaft aus <strong>der</strong> Brüchigkeit<br />

dieser Lebensbedingungen emporarbeiten<br />

Fallbeispiel 2:<br />

Eine Beamtenfamilie mit vier Kin<strong>der</strong>n im Alter von 4 bis 11 Jahren (11/9/7/4). In die Erziehungsbe-<br />

ratung kommt <strong>der</strong> älteste Junge auf Veranlassung <strong>der</strong> Lehrerin. Er war in <strong>der</strong> Schule gemobbt worden<br />

<strong>und</strong> hatte sich rücksichtslos verteidigt. Nach einem dieser Vorfälle wurde er mit zwei an<strong>der</strong>en Buben<br />

vom Klassenausflug ausgeschlossen. Daraufhin beleidigte er die Lehrerin <strong>und</strong> griff sie tätlich an.<br />

Die Eltern befinden sich im Trennungsjahr, wohnen aber aus Geldmangel weiter in <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

kleinen Wohnung. Der Vater verbringt wegen dieser Spannungssituation viel Zeit außerhalb <strong>und</strong><br />

verbraucht dafür einen Teil des kleinen Gehaltes.<br />

Die Familienmitglie<strong>der</strong> haben kaum ein Eckchen für sich. Der Konflikt eskaliert, weil die Eheleute<br />

sich <strong>und</strong> den Kin<strong>der</strong>n nicht mehr aus dem Weg gehen können. Die finanzielle Versorgung wird immer<br />

schwieriger - die Mutter geht abends bzw. nachts putzen, um ihren Kin<strong>der</strong>n das Notwendigste kaufen<br />

zu können. Die Kin<strong>der</strong> beleidigen den Vater; verlangen Geld von ihm. Die Abwesenheit <strong>der</strong> Mutter<br />

führt zu mehr TV-Konsum, späterem Schlafengehen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, Erschöpfungszuständen <strong>der</strong> Mutter<br />

usw. Der Teufelskreis von Abwesenheit <strong>der</strong> Mutter <strong>und</strong> Flucht des Vaters aus <strong>der</strong> Erziehungsrolle<br />

sowie <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mutter führt zu destruktiven Aggressionen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>.<br />

Die Betreuung des Jungen bzw. <strong>der</strong> Mutter lief über zwei Jahre hinweg - alternierend in gemeinsa-<br />

men <strong>und</strong> getrennten Sitzungen. Die schulische Isolation, Leistungsverweigerung <strong>und</strong> schlechten<br />

Zensuren bei dem Buben besserten sich wesentlich. Ein Bonmot ist die Äußerung des ältesten Bu-<br />

ben in <strong>der</strong> Spielst<strong>und</strong>e gegenüber <strong>der</strong> Sozialpädagogin: „Gut, dass ich die Lehrerin gehauen habe,<br />

sonst hätte ich Dich nie kennen gelernt!“<br />

bzw. befreien zu können, för<strong>der</strong>t den Rück-<br />

zug aus <strong>der</strong> Eigenverantwortung.<br />

Die Positionen bzw. For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Caritas lauten daher:<br />

� Das Alg II ist mit 345 Euro viel zu niedrig<br />

angesetzt.<br />

� Einmalige finanzielle Hilfen müssen zur<br />

Ergänzung wie<strong>der</strong>eingeführt werden.<br />

� Bei <strong>der</strong> Bekämpfung von Armut werden nicht<br />

selten die von Armut Betroffenen bekämpft,<br />

statt die Armutsursachen. Solidarische Hilfe<br />

<strong>und</strong> Selbsthilfe können sich nur dann erfolg-<br />

reich ergänzen, wenn das gesellschaftliche<br />

Klima von Partnerschaftlichkeit geprägt ist,<br />

die Arme, insbeson<strong>der</strong>e kin<strong>der</strong>reiche Arme,<br />

als Akteure ernst nimmt.


Vom Managersessel in die Schuldnerfalle<br />

Rapi<strong>der</strong> sozialer Abstieg für ehemals gut Verdienende<br />

Axel Hannemann<br />

Armut breitet sich aus in Deutschland. Sie erfasst Arbeitslose, kin<strong>der</strong>reiche Familien, allein Erziehende<br />

ebenso wie alte, kranke <strong>und</strong> behin<strong>der</strong>te Menschen <strong>und</strong> immer häufiger - ehemals gut verdienende Manager,<br />

Selbständige o<strong>der</strong> Unternehmer, die mit ihrem Geschäft gescheitert sind. Das verbindende Element: mit<br />

Hartz IV fallen sie alle tief. Es gibt in Deutschland inzwischen nicht nur eine „neue Qualität“ von Arbeitslosen,<br />

son<strong>der</strong>n auch eine neue Form von finanziellem Abstieg <strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Prestigeverlust.<br />

3,13 Millionen Haushalte in Deutschland<br />

sind überschuldet, an<strong>der</strong>thalb mal so viele<br />

wie vor zehn Jahren, mehr als je zuvor. Ihre<br />

Verbindlichkeiten sind so hoch, dass sie<br />

keine Chance haben, sie je zurückzuzah-<br />

len. Manchmal verbirgt sich hinter dem<br />

privaten Ruin die schlichte Unfähigkeit, mit<br />

Geld umzugehen, aber immer öfter <strong>der</strong><br />

Umstand, dass heute im Gegensatz zu frü-<br />

her <strong>der</strong> klassische Weg - arbeiten, einen<br />

Kredit aufnehmen, ein Haus kaufen, sich<br />

etwas aufbauen - in Deutschland nicht<br />

mehr funktioniert. (DIE ZEIT 10.03.2005 Nr.11)<br />

Was jahrzehntelang Normalität war, endet von<br />

heute auf morgen auch für gut Verdienende in <strong>der</strong><br />

finanziellen Katastrophe (<strong>und</strong> oft nicht nur in <strong>der</strong><br />

finanziellen), weil plötzlich <strong>der</strong> Arbeitsplatz weg<br />

ist o<strong>der</strong> die Aufträge <strong>und</strong> damit das Einkommen.<br />

Dann steigen die Schulden in <strong>der</strong> Regel in rasanter<br />

Weise, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abstieg nach unten ist unaufhalt-<br />

sam, insbeson<strong>der</strong>e, wenn kein soziales Netz vor-<br />

handen ist, in dem die Betroffenen aufgefangen<br />

werden können.<br />

Beson<strong>der</strong>s erschreckend dabei ist die Tatsache,<br />

dass es sich vor allem um die so genannte Mittel-<br />

schicht handelt, die Stück für Stück abbröckelt.<br />

Ehemals gültige Maximen wie „das kann mir nicht<br />

passieren“ sind heute Makulatur. Betroffen sein<br />

kann je<strong>der</strong>, wirklich je<strong>der</strong>, <strong>und</strong> zwar ohne eigenes<br />

Verschulden. Das ist das, was die Menschen in<br />

Deutschland so mit Angst erfüllt - das Gefühl, sel-<br />

ber nicht unbedingt die Kontrolle darüber zu ha-<br />

ben, wie ihre Zukunft verlaufen wird. Und <strong>der</strong> Pro-<br />

test <strong>der</strong> Bevölkerung ob dieser Ungewissheit wäre<br />

vermutlich viel lauter, wenn es nicht an<strong>der</strong>erseits<br />

so viele Menschen <strong>und</strong> Institutionen wie die Caritas<br />

gäbe, die Arbeitslose im Krisenfall auffangen.<br />

Die nachfolgenden Fallgeschichten demonstrieren<br />

auf eindrucksvolle Weise, wie unspektakulär <strong>der</strong><br />

Weg verlaufen kann, <strong>der</strong> Familien ins Bodenlose<br />

stürzt: keine schweren Unfälle, keine außerge-<br />

wöhnlichen Krankheiten, kein Hereinfallen auf be-<br />

trügerische Spekulanten. Nichts, was nicht je<strong>der</strong><br />

Zeit auch den Nachbarn treffen könnte - die Tragik<br />

liegt im Alltäglichen.<br />

Beispiel Walter A.:<br />

Walter A., 57 Jahre alt, war kaufmännischer Leiter<br />

eines mittelständischen Betriebs. Er hatte ein sehr<br />

gutes Einkommen, so dass <strong>der</strong> Familie ein gehobe-<br />

ner Lebensstandard möglich war.<br />

Seine Frau hatte während <strong>der</strong> Ehe nie einen Beruf<br />

ausgeübt; die Kin<strong>der</strong> waren mittlerweile aus dem<br />

Haus. Monatliche Zahlungsverpflichtungen bestan-<br />

den für eine 1996 erworbene Immobilie in den neu-<br />

en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, einer so genannten Schrottim-<br />

mobilie, die nicht zu vermieten war. Familie A. hatte<br />

das Objekt aus Steuerspargründen erworben.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> schwieriger Auftragslage wurden in <strong>der</strong><br />

Firma personelle Einsparmaßnahmen erfor<strong>der</strong>lich<br />

<strong>und</strong> Herr A. „wegrationalisiert“; er erhielt eine Ab-<br />

findung in Höhe von 25.000,00 Euro <strong>und</strong> bezog seit<br />

1. November 2000 zunächst Arbeitslosengeld. Herr<br />

A. hoffte, die Zeit bis zur Rente durch Selbständig-<br />

keit überbrücken zu können. Ab 1. Februar 2001 er-<br />

Axel Hannemann<br />

Geschäftsführer<br />

Caritaszentren Region Nord<br />

27


28<br />

Walter A., 57 Jahre alt<br />

hielt er für seine selbständige Tätigkeit (Franchise-<br />

nehmer) von <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit eine<br />

sechsmonatige Überbrückungshilfe. Die Abfindung<br />

in Höhe von 25.000,00 Euro wurde als Gr<strong>und</strong>lage<br />

für Investitionen beim Franchisegeber eingebracht.<br />

Bedauerlicherweise konnte Walter A. durch seine<br />

Selbständigkeit keine Existenzgr<strong>und</strong>lage schaffen.<br />

Das Ganze erwies sich als Flop. Seine Restforde-<br />

rung in Höhe von 14.000,00 Euro gegen den Fran-<br />

chisegeber ist uneinbringbar. Seine eigenen mo-<br />

natlichen Kreditraten zahlte er von seinen Erspar-<br />

nissen. Er musste sich erneut arbeitslos melden,<br />

erhielt Arbeitslosengeld <strong>und</strong> bis Ende 2004 schließ-<br />

lich Arbeitslosenhilfe in Höhe von 1.500,00 Euro.<br />

Seit 1. Januar 2005 bezieht Walter A. Leistungen<br />

nach Alg II. Für sich <strong>und</strong> seine Frau hat er einen An-<br />

spruch von 622,00 Euro für Lebenshaltungskosten<br />

einschließlich Strom, Telefon etc. Hinzu kommen<br />

die Kosten für die Unterkunft (inkl. Heizung <strong>und</strong><br />

Nebenkosten) in angemessener Höhe für Wohn-<br />

raum bis maximal 65 qm. (in Dachau max. 564,85<br />

Euro <strong>und</strong> Nebenkosten!) Herr <strong>und</strong> Frau A. hatten<br />

Glück <strong>und</strong> fanden eine günstigere Wohnung. Das<br />

Schuldenproblem für die Schrottimmobilie kann<br />

nur über den Weg eines Verbraucherinsolvenzver-<br />

fahrens gelöst werden.<br />

Beispiel Familie S.:<br />

So wie Familie S. leben viele Familien: Reihenhaus,<br />

Garten, Garage <strong>und</strong> Balkon. Spielzeug vom zehn-<br />

jährigen Christian im Wohnzimmer <strong>und</strong> im Garten.<br />

Urlaubsfotos im Gang <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Küche. Das, was<br />

jahrelang ihr Zuhause war, müssen sie nun aufge-<br />

ben. Klaus <strong>und</strong> Beate S., 48 <strong>und</strong> 44 Jahre alt, beide<br />

Architekten, können ihre Miete nicht mehr zahlen.<br />

Alle Rücklagen - Sparbücher, Lebensversicherun-<br />

gen - sind aufgebraucht, dafür haben sie Schulden<br />

in Höhe von 300.000 Euro.<br />

Und so ist es dazu gekommen: Klaus S. arbeitete<br />

viele Jahre in einer Baufirma, seine Frau in einem<br />

Architektenbüro. Er verdiente damals 12.000 DM<br />

im Monat, seine Frau nicht viel weniger. Um für ihr<br />

Alter vorzusorgen, kauften sie sich zwei Wohnun-<br />

gen in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> nahmen da-<br />

zu einen Kredit auf in <strong>der</strong> Annahme, dass dies bei<br />

den beiden guten Einkommen <strong>und</strong> den Mietein-<br />

nahmen kein Problem sei <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kredit bald zu-<br />

rückgezahlt sein würde.<br />

Doch es kam an<strong>der</strong>s, denn Herr S. verlor seine Ar-<br />

beit <strong>und</strong> musste bald feststellen, dass er keine<br />

neue Stelle mehr finden würde. Während er früher<br />

von an<strong>der</strong>en Firmen abgeworben wurde <strong>und</strong> immer<br />

höhere Gehälter verlangen konnte, war er jetzt „zu<br />

alt“. Also machte er sich als Architekt selbständig.<br />

Die Auftragslage war jedoch mäßig, <strong>und</strong> zur glei-<br />

chen Zeit kam es zu Problemen mit den Mietwoh-<br />

nungen: Es wurde immer schwerer, Mieter zu fin-<br />

den, die Miete musste gesenkt werden.<br />

Klaus S., Architekt, 48 Jahre alt<br />

Für das Ehepaar bedeutete das zusätzliche 500<br />

Euro monatlich für die Abzahlung <strong>der</strong> Kredite. Die<br />

Schulden stiegen an. Aber Frau S. hatte noch ihren<br />

Job, <strong>und</strong> beide hofften auf eine Besserung <strong>der</strong> Auf-<br />

tragslage sowie des Mietmarktes im Osten. Doch<br />

<strong>der</strong> nächste Schlag kommt, als im Frühjahr 2004<br />

auch Beate S. betriebsbedingt entlassen wird. In-


zwischen sind kaum mehr Einnahmen da, dafür jede<br />

Menge Ausgaben in Form von Miete, Kreditzinsen<br />

etc. - die Familie steht vor dem finanziellen Ruin.<br />

Beispiel Helmut B.:<br />

Helmut B., 47 Jahre alt, war angestellter Geschäfts-<br />

führer einer GmbH in <strong>der</strong> Herstellung von Softwa-<br />

re. Für die GmbH musste er am 1. Oktober 2002<br />

wegen drohen<strong>der</strong> Zahlungsunfähigkeit Insolvenz<br />

anmelden; er selber wurde arbeitslos. Dabei hatte<br />

er noch Glück im Unglück, weil er nicht persönlich<br />

haften musste, z.B. für private Kreditverpflichtun-<br />

gen für die GmbH. Berechtigte Schadensersatzan-<br />

sprüche von Gläubigerseite gab es ebenfalls nicht.<br />

Helmut B., ehemaliger Geschäftsführer, 47 Jahre alt<br />

Als Geschäftsführer hatte Herr B. ein sehr gutes Ge-<br />

halt bezogen <strong>und</strong> demzufolge einen hohen Lebens-<br />

standard. Er bewohnte eine Dachterrassenwoh-<br />

nung, die er vor 10 Jahren gekauft <strong>und</strong> größtenteils<br />

über einen hohen Kredit finanziert hatte. Er fuhr ein<br />

Auto <strong>der</strong> Luxusklasse; verreiste häufig mit seiner<br />

Fre<strong>und</strong>in. Es ging ihm gut! Für seine Eigentums-<br />

wohnung hatte er eine monatliche Rate in Höhe von<br />

1.500 Euro an die Bank zu zahlen. Außerdem war<br />

er seinen Söhnen aus erster Ehe gegenüber unter-<br />

haltspflichtig, da beide noch studierten.<br />

Von Oktober 2002 bis Dezember 2004 bezog er<br />

Arbeitslosengeld I. Seit 1. Januar 2005 steht ihm<br />

lediglich die Gr<strong>und</strong>sicherung für Arbeitslose nach<br />

Hartz IV in Höhe von 345 Euro zu. Herr B. hat bis<br />

jetzt ergebnislos versucht, eine neue Beschäfti-<br />

gung zu finden. Ablehnungsgründe: sein Alter<br />

<strong>und</strong> Überqualifizierung.<br />

Mit Zustimmung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur hat er ver-<br />

sucht, während des Bezugs von Arbeitslosengeld I<br />

eine Selbständigkeit aufzubauen. Die Einnahmen<br />

aus den Aufträgen decken aber gerade seine Un-<br />

kosten. Auf das Arbeitslosengeld anrechnungsfä-<br />

hige Einkünfte (nach Steuern) hat er bisher nicht<br />

erzielt.<br />

Herr B. hatte in den ersten 18 Monaten seiner Ar-<br />

beitslosigkeit eine monatliche Einnahmeneinbuße<br />

von r<strong>und</strong> 40 Prozent zu verkraften. Schon unter<br />

dieser Situation war es ihm nicht mehr möglich ge-<br />

wesen, den gewohnten Lebensstandard zu halten.<br />

Seine Kreditverpflichtung für die Eigentumswoh-<br />

nung konnte er zunächst noch aus seinen Rückla-<br />

gen bestreiten. Nachdem es immer aussichtsloser<br />

wurde, in Kürze einen Job zu finden, veräußerte er<br />

schließlich (mit Verlust) das Objekt im freihändigen<br />

Verkauf. Es besteht noch eine Restfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Bank in Höhe von 50.000,00 Euro.<br />

Herr B. ist mittlerweile in eine 50qm große Woh-<br />

nung umgezogen; die Kosten übernimmt die Kom-<br />

mune über Alg II. Der gute Lebensstandard musste<br />

einer bescheidenen Lebensführung weichen. Die<br />

Ersparnisse einschließlich seiner privaten Renten-<br />

versicherung wurden zur Tilgung <strong>der</strong> Darlehens-<br />

for<strong>der</strong>ung eingebracht. Die psychische Belastung,<br />

die seine anhaltende Arbeitslosigkeit mit sich<br />

bringt, ist groß. Ehemalige Fre<strong>und</strong>e gehen auf Dis-<br />

tanz. Geld für Kultur <strong>und</strong> Geselligkeit fehlen. Für ihr<br />

Studium <strong>und</strong> die Lebenshaltungskosten müssen<br />

die Söhne selbst sorgen bzw. sonstige Transfer-<br />

leistungen sicherstellen.<br />

Die Bank drängt auf Zahlung des Restkredits <strong>und</strong><br />

hat ihm mit <strong>der</strong> Kündigung des Girokontos ge-<br />

droht ....<br />

29


Susanne Liebmann<br />

Leiterin <strong>der</strong> Caritas-Kontaktstelle<br />

<strong>und</strong> Tagesstätte für<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>München</strong>-Neuperlach<br />

Michael Geiben<br />

Referent Geschäftsführung<br />

Behin<strong>der</strong>teneinrichtungen<br />

30<br />

Susanne Liebmann / Michael Geiben<br />

„Ich lass mich doch nicht unterkriegen,<br />

ich will arbeiten!“<br />

Arbeitssuche auf vier Rä<strong>der</strong>n: Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

auf dem langen Marsch durch die Institutionen<br />

Wie muss sich ein Mensch mit Behin<strong>der</strong>ungen fühlen, <strong>der</strong> mit hohem Einsatz <strong>und</strong> Engagement trotz zahl-<br />

reicher Widrigkeiten <strong>und</strong> Hürden endlich Schule <strong>und</strong> Berufsausbildung absolviert hat <strong>und</strong> nun feststellt,<br />

dass er kaum eine Chance auf eine berufliche Perspektive hat <strong>und</strong>, damit verb<strong>und</strong>en, auf eine Verbesse-<br />

rung seiner sozialen <strong>und</strong> finanziellen Situation? Der arbeiten <strong>und</strong> einen persönlichen Lebensentwurf <strong>und</strong><br />

damit einen Sinn entwickeln will; <strong>der</strong> auch im Lebensbereich „Arbeit“ sein Bedürfnis nach „normalen“ zwi-<br />

schenmenschlichen Beziehungen, Anerkennung <strong>und</strong> sozialer Bedeutung realisieren will.<br />

Angesichts steigen<strong>der</strong> Arbeitslosenzahlen ist Er-<br />

werbsarbeit mittlerweile zu einem kostbaren, da<br />

längst nicht mehr selbstverständlichen Gut ge-<br />

worden. An<strong>der</strong>erseits werden „Normalität“ <strong>und</strong><br />

„Status“ in unserer Gesellschaft in hohem Maß<br />

durch beruflichen Erfolg, Arbeitsleistung <strong>und</strong> vor<br />

allem durch intellektuelle Fähigkeiten bestimmt.<br />

Unter dieser Prämisse sind Menschen mit körper-<br />

licher, geistiger o<strong>der</strong> Mehrfachbehin<strong>der</strong>ung be-<br />

son<strong>der</strong>s benachteiligt, denn sie werden damit au-<br />

tomatisch <strong>und</strong> - analog <strong>der</strong> Systematik <strong>der</strong> Hilfen -<br />

„systematisch“ ausgegrenzt. Daran än<strong>der</strong>t auch<br />

die Tatsache nichts, dass für diese „beson<strong>der</strong>en“<br />

Menschen fürsorgliche Strukturen als „Ersatz“<br />

(für das „normale“ Leben?) bereit gestellt wer-<br />

den: das An<strong>der</strong>s-Sein, die Ausgrenzung wird da-<br />

durch oft nur um so deutlicher.<br />

Karin P.*: 26 Jahre alt <strong>und</strong> Rollstuhlfahrerin,<br />

beschreibt ihre Erfahrungen:<br />

“Schule überstanden <strong>und</strong> die Noten okay. Jetzt<br />

gehe ich also auf Arbeitssuche. Als gut infor-<br />

mierte Schülerin weiß ich, dass ich als Mensch<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung auf vier Rä<strong>der</strong>n laut Gesetz<br />

Anspruch auf vielfältige Unterstützung habe.<br />

Klingt doch alles super, o<strong>der</strong>? Nach dem ich<br />

nun über alles, was meine Arbeitssuche be-<br />

trifft, informiert bin, ziehe ich los. Der Marsch<br />

durch die Institutionen beginnt.<br />

Eine <strong>der</strong> ersten Stationen auf meinem Weg ist<br />

wie bei allen Arbeitssuchenden das Arbeits-<br />

amt. Ich arbeite mich mühsam durch die ver-<br />

schiedenen Abteilungen. Vom Arbeitsvermitt-<br />

ler, <strong>der</strong> sich nicht zuständig fühlt, zum Reha-<br />

Berater, den ich mit dem Hinweis auf den Inte-<br />

grationsfachdienst wie<strong>der</strong> verließ. Viele Ge-<br />

spräche, viele anstrengende Wege <strong>und</strong> kein<br />

Ergebnis auch nur in Sicht. Meine Stimmung ist<br />

ein wenig gedrückt. Aber ich lass mich doch<br />

nicht unterkriegen: ich will arbeiten!“<br />

Oft werden nur die Defizite in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />

gerückt<br />

Es sind jedoch nicht nur die vielfach unüberschau-<br />

baren <strong>und</strong> oft überfor<strong>der</strong>ten Strukturen <strong>der</strong> öf-<br />

fentlichen Hilfesysteme, die Menschen mit Behin-<br />

<strong>der</strong>ungen so zu schaffen machen. Es sind zudem<br />

Ängste <strong>und</strong> häufig lei<strong>der</strong> auch Vorurteile potenti-<br />

eller Arbeitgeber <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Mitarbeiter, mit de-<br />

nen die Bewerberinnen <strong>und</strong> Bewerber mit Behin-<br />

<strong>der</strong>ungen konfrontiert werden <strong>und</strong> sich auseinan-<br />

<strong>der</strong>setzen müssen - wenn sie dazu überhaupt eine<br />

Chance haben.<br />

Dagegen scheinen die Ausgleichsabgaben, die<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeber entrichten muss, kalkulierbarer.<br />

Leicht werden scheinbar erkannte (o<strong>der</strong> vermute-<br />

te) Defizite <strong>der</strong> Bewerber/innen in den Vor<strong>der</strong>-<br />

gr<strong>und</strong> gerückt. Es sind ja tatsächlich zuerst die


Unterschiede, <strong>und</strong> nicht die Ressourcen, die au-<br />

genfällig sind: die Bewerberin kann nicht gehen,<br />

sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Das kann<br />

unbewusst auch Vermutungen, Spekulationen<br />

<strong>und</strong> Zuschreibungen auslösen, die viel weitrei-<br />

chen<strong>der</strong> sind. Gängige Beispiele: die Bewerberin<br />

ist bestimmt auch psychisch nicht so belastbar,<br />

viel mehr krank als an<strong>der</strong>e, hat womöglich auch<br />

viele private Probleme, da kommt auf mich als Ar-<br />

beitgeber sicher einiges zu.<br />

Aus unserer Erfahrung können solche Vorurteile<br />

deutlich verneint werden. Zum einen stehen den<br />

Arbeitgebern vielfältige Unterstützungs- <strong>und</strong> Be-<br />

ratungsmöglichkeiten offen. Zum an<strong>der</strong>en sind<br />

sich BewerberInnen mit Behin<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Be-<br />

deutung ihres Arbeitsplatzes für ihr Leben be-<br />

wusst <strong>und</strong> daher hochmotiviert, alles zu tun, um<br />

sich zu bewähren <strong>und</strong> Vorurteilen „by doing“ zu<br />

begegnen. Mit dieser Sichtweise <strong>der</strong> Dinge sind<br />

jedoch die Wenigsten vertraut, denn oft fehlt es<br />

einfach an <strong>der</strong> Erfahrung mit MitarbeiterInnen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung.<br />

Karin P.*: „Als „fitte“ Behin<strong>der</strong>te habe ich na-<br />

türlich schon lange Bewerbungen abgeschickt.<br />

Außerdem telefoniere ich geeignete Stellenan-<br />

gebote in den Zeitungen durch. Immer wie<strong>der</strong><br />

mache ich dabei die Erfahrung, dass, sobald<br />

ich meine Behin<strong>der</strong>ung erwähne, <strong>der</strong> Job „lei-<br />

<strong>der</strong>“ schon vergeben ist. Auch in meinem Brief-<br />

kasten liegen viele Absagen; zu Vorstellungs-<br />

gesprächen kommt es selten. Erhalte ich tat-<br />

sächlich einmal eine Einladung, habe ich oft<br />

schon beim Betreten des Raumes das Gefühl,<br />

dass mir Vorbehalte entgegen schlagen <strong>und</strong><br />

mein Gegenüber letzten Endes das „Risiko“<br />

nicht eingehen möchte, das ein behin<strong>der</strong>ter<br />

Mitarbeiter eventuell mit sich bringt. Mit dem<br />

Satz „... wir kommen auf Sie zu ...“, auf den<br />

noch nie ein Anruf folgte, werde ich dann meist<br />

verabschiedet.“<br />

Die Caritas engagiert sich aus ihrer im Leitbild ver-<br />

ankerten anwaltschaftlichen Sorge auch in die-<br />

sem Bereich trotz schwieriger finanzieller Rah-<br />

menbedingungen. In den Einrichtungen <strong>der</strong> Kon-<br />

taktstelle <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tagesstätte für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen in <strong>München</strong>-Neuperlach können<br />

sich Betroffene Beratung, Rat <strong>und</strong> Informationen<br />

holen. Das gilt auch für Angehörige <strong>und</strong> Arbeitgeber.<br />

„Ich hoffe immer noch, den für mich passenden<br />

<strong>und</strong> mutigen Arbeitgeber zu finden“<br />

Susanne Liebmann, die beide Einrichtungen lei-<br />

tet, ist selbst Rollstuhlfahrerin <strong>und</strong> kennt die Pro-<br />

blematik sowohl aus Arbeitgeber- als auch aus<br />

Arbeitnehmersicht. Aus <strong>der</strong> Erkenntnis heraus,<br />

dass die größte Hürde im Zugang zu Erwerbsar-<br />

beit u.U. in den Köpfen <strong>der</strong> Menschen zu suchen<br />

ist, betont sie: „Normalität für Menschen mit Be-<br />

hin<strong>der</strong>ungen bedeutet nicht eine oberflächliche<br />

Verdrängung o<strong>der</strong> rhetorische Vermeidung <strong>der</strong><br />

Unterschiede von Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behin-<br />

<strong>der</strong>ungen, denn es gibt sie ja tatsächlich. Norma-<br />

lität bedeutet aber auch nicht Ausgrenzung <strong>und</strong><br />

Isolation aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> wahrgenommenen o<strong>der</strong><br />

vermuteten Unterschiede, auch wenn sie zu-<br />

nächst fürsorglich gemeint ist. Normalität ist ganz<br />

einfach <strong>und</strong> konkret Lebensqualität, was die Ent-<br />

wicklung eines individuellen Lebensstils <strong>und</strong> die<br />

Möglichkeit zur Teilhabe an dem beinhaltet, was<br />

in einer Gesellschaft als normal betrachtet wird.<br />

Und dazu gehört die Erwerbsarbeit. Auf diesem<br />

Weg sowohl die Betroffenen zu unterstützen <strong>und</strong><br />

zu begleiten als auch auf die Verantwortung hin-<br />

zuweisen, <strong>der</strong> die Gesellschaft sich stellen muss,<br />

ist unsere tägliche Aufgabe.“<br />

Lassen wir zum Schluss noch einmal Karin P.*<br />

zu Wort kommen:<br />

„Ich sah kein Land mehr <strong>und</strong> wusste nicht, ob<br />

ich noch die Kraft habe, um mich weiterhin mit<br />

Behörden <strong>und</strong> Arbeitgebern herumzuschlagen.<br />

In meiner Enttäuschung wandte ich mich an die<br />

Caritas-Kontaktstelle, dort habe ich Leute ge-<br />

f<strong>und</strong>en, die mir beim Durchstehen dieser für<br />

mich schwierigen Zeit helfen. So kann ich mei-<br />

nen Frust loswerden <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> einen<br />

neuen Anlauf nehmen. Ich hoffe immer noch,<br />

den für mich passenden <strong>und</strong> mutigen Arbeitge-<br />

ber zu finden.“<br />

* Name durch die Red. geän<strong>der</strong>t<br />

31


Angelika Schmidbauer<br />

Geschäftsführerin IN VIA<br />

Katholische Mädchensozialarbeit<br />

e.V.<br />

32<br />

Angelika Schmidbauer<br />

Armut ist erblich<br />

Teilhabechancen <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven von Jugendlichen werden mehr<br />

denn je vom sozialen <strong>und</strong> Bildungsstatus <strong>der</strong> Herkunftsfamile bestimmt<br />

Je<strong>der</strong> nicht schulpflichtige Jugendliche zwischen 15 <strong>und</strong> 25 Jahren soll seit Januar 2005 eine Vermittlung in<br />

eine Arbeit, Ausbildung o<strong>der</strong> eine „Arbeitsgelegenheit“ erhalten. Damit beinhaltet Hartz IV zwar das Ver-<br />

sprechen auf Vermittlung, ein rechtlich einklagbarer Anspruch ist jedoch nicht gegeben. Ebenso wenig ist<br />

garantiert, dass genügend betriebliche Ausbildungsplätze vorhanden sind, um allen Jugendlichen eine<br />

geeignete Ausbildung zu ermöglichen. Es ist daher zu befürchten, dass sich vor allem gering qualifizierte<br />

Jugendliche ohne Schulabschluss <strong>und</strong> ohne Aussicht auf Ausbildung allzu schnell mit <strong>der</strong> Vermittlung in<br />

Hilfsarbeiten o<strong>der</strong> Arbeitsgelegenheiten, den sogenannten Ein-Euro Jobs, abfinden müssen.<br />

Da nach neuen gesetzlichen Regelungen erwerbs-<br />

fähigen Personen jede Arbeit zumutbar ist, sind<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche kaum möglich. Die unter dem Motto<br />

„För<strong>der</strong>n <strong>und</strong> For<strong>der</strong>n“ vorgesehenen Sanktionen<br />

bei Maßnahmeabbruch o<strong>der</strong> Nichteinhalten von<br />

Absprachen, sind bei Jugendlichen deutlich schär-<br />

fer angelegt, als bei allen an<strong>der</strong>en Langzeitarbeits-<br />

losen. So erfolgt <strong>der</strong> sofortige Wegfall des ALG II<br />

für die Dauer von drei Monaten; nur Kosten für Un-<br />

terkunft <strong>und</strong> Heizung werden dann noch direkt an<br />

den Vermieter überwiesen. Für den weiteren not-<br />

wendigen Lebensunterhalt (Nahrung, Kleidung,<br />

Körperpflege) sind Sachleistungen auf Gutschein-<br />

basis vorgesehen.<br />

Die Einglie<strong>der</strong>ung von Jugendlichen in die<br />

Arbeitswelt wird durch Hartz IV deutlich<br />

schwieriger<br />

Damit wird den betroffenen Jugendlichen die Mög-<br />

lichkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben<br />

entzogen, ihre Erfahrungs- <strong>und</strong> Entwicklungsmög-<br />

lichkeiten werden weiter eingeschränkt, Verwirkli-<br />

chungschancen erheblich behin<strong>der</strong>t. Das steht in<br />

deutlichem Wi<strong>der</strong>spruch zu <strong>der</strong> Tatsache, dass ge-<br />

rade das Jugendalter <strong>der</strong> Lebensabschnitt ist, <strong>der</strong><br />

mehr als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Orientierungsfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> Er-<br />

probungsmöglichkeiten benötigt.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit wurden arbeitsweltbezogene<br />

Angebote schwerpunktmäßig im Rahmen <strong>der</strong> Ju-<br />

gendsozialarbeit erbracht. Die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> be-<br />

ruflichen Ausbildung sowie <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung in<br />

die Arbeitswelt erfolgte bisher durch sozialpäda-<br />

gogische Beratung <strong>und</strong> Einzelunterstützung <strong>der</strong><br />

Jugendlichen, <strong>der</strong>en Arbeitsplatzchancen beson-<br />

<strong>der</strong>s beeinträchtigt waren. Diese Aufgabe soll nach<br />

<strong>der</strong> Hartz IV Reform künftig von den persönlichen<br />

Ansprechpartnern <strong>der</strong> Arbeitsagenturen übernom-<br />

men werden.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> gesetzlichen Neuregelung wird es<br />

darauf ankommen, ob es gelingt, dass alle Jugend-<br />

lichen ohne Berufsabschluss vorrangig in eine Aus-<br />

bildung vermittelt werden, die ihren Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Neigungen entspricht. Als Jugendhilfeträger<br />

stehen wir hier in beson<strong>der</strong>er Verantwortung <strong>und</strong><br />

sind auf Gr<strong>und</strong> unseres anwaltlichen Auftrags ver-<br />

pflichtet, auf <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Jugendlichen zu<br />

stehen.<br />

Als Fachverband des <strong>Caritasverband</strong>s - IN<br />

VIA Katholische Mädchensozialarbeit - sind<br />

wir in <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> <strong>München</strong> <strong>und</strong> <strong>Freising</strong><br />

mit vier sozialen Schwerpunkten tätig, in<br />

denen wir „Armutskarrieren“ von Kin<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen fachliche <strong>und</strong> menschli-<br />

che Hilfe entgegensetzen <strong>und</strong> die Verwirk-<br />

lichungschancen <strong>der</strong> jungen Menschen<br />

steigern wollen:<br />

� Jugendwohnen<br />

� Internationale Mädchenarbeit<br />

� Migration<br />

� Krisendienst am Bahnhof


IN VIA stellt in <strong>München</strong> mehr als 200<br />

Wohnplätze für Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen<br />

zur Verfügung. Diese Jugendwohnheime<br />

bieten den Jugendlichen die Möglichkeit,<br />

während ihrer Schul- <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Berufsaus-<br />

bildung in Gemeinschaft <strong>und</strong> mit geeigne-<br />

ter pädagogischer Begleitung zu wohnen.<br />

Darüber hinaus ermöglicht Jugendwohnen,<br />

dass insbeson<strong>der</strong>e min<strong>der</strong>jährige Jugend-<br />

liche, die in ihrem Herkunftsort keine Aus-<br />

bildungsstelle finden, Ausbildungschan-<br />

cen flexibler wahrnehmen können, indem<br />

sie finanzierbare <strong>und</strong> jugendgerechte Un-<br />

terbringungsformen vorfinden.<br />

Armut hat längst auch Jugendliche<br />

erreicht, die motiviert <strong>und</strong> ausbildungswillig<br />

sind<br />

Im Rahmen dieser Aufgabenstellung <strong>der</strong> ausbil-<br />

dungsbegleitenden Hilfe erleben wir unterschied-<br />

liche Erscheinungsformen von Jugendarmut in <strong>der</strong><br />

Ausbildungsphase, wobei es sich bei diesen Ju-<br />

gendlichen eben genau nicht um diejenigen han-<br />

delt, denen man allzu oft <strong>und</strong> allzu leichtfertig ein<br />

Eigenverschulden zuschreibt, ohne ihre tatsächli-<br />

che Lebenssituation genauer beleuchtet zu haben.<br />

Es handelt sich um junge Frauen, die es bereits<br />

geschafft haben, ein bedeutendes Maß an gesell-<br />

schaftlicher Teilhabe zu erreichen, in dem sie über<br />

einen Ausbildungsplatz verfügen o<strong>der</strong> Bildungs-<br />

angebote wahrnehmen können. Doch ist es längst<br />

nicht für jede junge Frau eine Selbstverständlich-<br />

keit, einen Wohnplatz am Ausbildungsort finan-<br />

zieren zu können.<br />

Noch am unkompliziertesten stellt sich die Situa-<br />

tion für Berufsschülerinnen dar, die einige Wochen<br />

im Jahr während ihrer Berufsschulwochen in Mün-<br />

chen Unterkunft in einem unserer Wohnheime fin-<br />

den. Die Finanzierung erfolgt für Auszubildende<br />

aus Bayern über das bayerische Schulfinanzie-<br />

rungsgesetz, das lediglich einen Eigenanteil von<br />

1,30 Euro/Tag an den Verpflegungskosten vorsieht.<br />

Häufiger entstehen Schwierigkeiten, eine Unter-<br />

bringungsmöglichkeit am Ausbildungsort <strong>München</strong><br />

zu finanzieren, bei jungen Frauen, die eine zwei-<br />

bis dreijährige Berufsausbildung absolvieren. Von<br />

ihrem „Lehrlingsgehalt“ müssen sie r<strong>und</strong> 400,-<br />

Euro für Unterkunft <strong>und</strong> Verpflegung investieren.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass Mädchen, obwohl<br />

sie mehrheitlich bessere Schulabschlüsse vorwei-<br />

sen können als Jungen, sich traditionell weiterhin<br />

für „klassische Frauenberufe“ mit relativ geringer<br />

Entlohnung entscheiden <strong>und</strong> dementsprechend<br />

auch über eine geringere Ausbildungsvergütung<br />

verfügen.<br />

Die Suche nach einem Ausbildungsplatz<br />

ist vor allem eine Frage finanzieller<br />

Möglichkeiten<br />

Das Ausbildungsför<strong>der</strong>ungsgesetz im Rahmen <strong>der</strong><br />

„Berufsausbildungsbeihilfe“ sieht zwar Zuschüsse<br />

für die Unterbringung vor, wenn die Ausbildungs-<br />

stelle zu weit vom Wohnort entfernt liegt, doch<br />

reichen diese Zuschüsse bei weitem nicht aus, um<br />

die tatsächlichen Kosten zu decken; bei geringfü-<br />

giger Überschreitung <strong>der</strong> ohnehin niedrig ange-<br />

setzten Einkommensgrenze entfallen Zuschüsse<br />

gänzlich.<br />

Es ist keine Seltenheit, dass junge Frauen aus fi-<br />

nanziellen Gründen um Auszahlung des Verpfle-<br />

gungsanteils an <strong>der</strong> Miete bitten. Sie können es<br />

sich schlichtweg nicht mehr leisten, täglich warm<br />

33


34<br />

zu essen. Die Mietschuldenfor<strong>der</strong>ungen in unse-<br />

ren Jugendwohnheimen nehmen seit 2004 konti-<br />

nuierlich zu.<br />

Die Beobachtung einer zunehmenden Ver-<br />

schuldung von Jugendlichen in Ausbildung<br />

deckt sich mit einer Befragung des Deut-<br />

schen Gewerkschaftsb<strong>und</strong>es im Frühjahr<br />

2003 zur Verschuldung unter Münchner<br />

Auszubildenden. Befragt wurden exempla-<br />

risch 1000 Auszubildende in <strong>München</strong>:<br />

� 34,6 % gaben an, Schulden zwischen<br />

25,- Euro <strong>und</strong> 1.300,- Euro zu haben.<br />

� 26,2 % <strong>der</strong> Betroffenen waren mit<br />

mehr als 1.000,- Euro verschuldet.<br />

2004 hat <strong>der</strong> Bayerische Freistaat seine Finanzie-<br />

rungsbeihilfen für Träger von Jugendwohnheimen<br />

ersatzlos gestrichen <strong>und</strong> damit Verwirklichungs-<br />

chancen von Jugendlichen reduziert. Damit ist die<br />

Suche nach einem Ausbildungsplatz zunehmend<br />

nicht nur eine Frage des Wollens, von Flexibilität<br />

<strong>und</strong> persönlicher Fähigkeit, son<strong>der</strong>n immer mehr<br />

eine Frage <strong>der</strong> finanziellen Möglichkeiten.<br />

Aus Motivation <strong>und</strong> Hoffnung werden<br />

Depression <strong>und</strong> Verzweiflung, insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei Flüchtlingsjugendlichen<br />

Dreimal höher als bei deutschen Jugendlichen ist<br />

das Armutsrisiko bei Jugendlichen mit Migrations-<br />

hintergr<strong>und</strong>. Sie haben beim Erwerb von Bildung<br />

deutlich schlechtere Ausgangsmöglichkeiten. Be-<br />

son<strong>der</strong>s prekär ist die Situation bei min<strong>der</strong>jähri-<br />

gen Flüchtlingen, die unbegleitet z.B. aus Nigeria,<br />

Vietnam, Afghanistan o<strong>der</strong> Angola kommen. Ihre<br />

Zahl unter allen Flüchtlingen wird nicht geson<strong>der</strong>t<br />

erfasst, Wohlfahrtsverbände in Deutschland schät-<br />

zen aber, dass es sich um bis zu 10.000 junge<br />

Menschen handelt.<br />

Die Jugendlichen haben unter schwierigsten Be-<br />

dingungen Flucht o<strong>der</strong> Vertreibung aus ihrem Hei-<br />

matland überstanden. Sie erhoffen sich Sicherheit<br />

<strong>und</strong> eine Zukunftsperspektive in Deutschland, doch<br />

auf Gr<strong>und</strong> des unsicheren Aufenthaltsstatus bleibt<br />

vielen jungen Flüchtlingen <strong>der</strong> Zugang zu Sprach-<br />

för<strong>der</strong>kursen, zu Ausbildung <strong>und</strong> Arbeit verwehrt.<br />

Nach geltendem Asylverfahrensgesetz sind 16- <strong>und</strong><br />

17jährige voll handlungsfähig <strong>und</strong> werden daher<br />

wie Erwachsene behandelt, Jugendhilfe erhalten<br />

sie nicht mehr. Ohne Schutz <strong>und</strong> Begleitung wer-<br />

den sie in Unterkünften für Erwachsene unterge-<br />

bracht. Insbeson<strong>der</strong>e für junge Frauen birgt das<br />

erhöhte Risiken. Erfahrungen zeigen, dass unbe-<br />

gleitete Flüchtlingsmädchen häufig innerhalb we-<br />

niger Tage nach ihrer Ankunft in Asylbewerberun-<br />

terkünften sexuelle Ausbeutung erleben. So wird<br />

aus Motivation <strong>und</strong> Hoffnung Depression <strong>und</strong> Ver-<br />

zweiflung.<br />

Gemeinsam mit engagierten Fachkräften aus Ver-<br />

bänden <strong>und</strong> Kommune setzt sich IN VIA Katholi-<br />

sche Mädchensozialarbeit dafür ein, dass Flücht-<br />

lingsjugendliche eine alters- <strong>und</strong> situationsgerech-<br />

te Jugendhilfeversorgung erhalten.<br />

In unseren Jugendwohnheimen stellen wir Wohn-<br />

plätze für junge Flüchtlingsfrauen zur Verfügung,<br />

um eine Unterbringung in Asylbewerberunterkünf-<br />

ten zu vermeiden. Wir sehen die dringende Not-<br />

wendigkeit, Sprachför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> einfache Quali-<br />

fizierungsangebote vorzuhalten, solange die Ju-<br />

gendlichen noch motiviert <strong>und</strong> erreichbar sind.<br />

Dabei ist es für uns unerheblich, ob die jungen<br />

Frauen eine Bleibeperspektive in Deutschland ha-<br />

ben. Für die Zeit, die sie in unserem Land verbrin-<br />

gen, stehen wir in <strong>der</strong> Verantwortung, eine Ver-<br />

schlimmerung ihrer Lebenssituation zu verhin<strong>der</strong>n.


Wes Kind ich bin, des Chance ich hab´ ?<br />

Armut ist gleichbedeutend mit einem Mangel an Verwirklichungschancen.<br />

� Kin<strong>der</strong> sind mit etwa einer Million die größte Gruppe unter Sozialhilfebeziehern.<br />

Das Risiko für Einkommensarmut liegt bei Kin<strong>der</strong>n bis zu 16 Jahren mit 15% um<br />

1,5% höher gegenüber dem Durchschnittsrisiko <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung (13,5%)<br />

� 1,36 Millionen <strong>der</strong> 20-jährigen waren Ende 2003 ohne Berufausbildung, 36% davon waren<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten.<br />

� Die Chancen eines Kindes aus einem Elternhaus mit einem hohen sozialen Status eine Gymna-<br />

sialempfehlung zu bekommen, liegen r<strong>und</strong> 2,7 mal so hoch wie die eines Facharbeiterkindes.<br />

Für die Bildungschancen eines Kindes sind Bildungsstand <strong>der</strong> Eltern, Sprachkenntnisse <strong>und</strong><br />

Einkommen erhebliche Wirkungsfaktoren.<br />

� 21% <strong>der</strong> Obdachlosen sind Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche; in Zahlen sind das 72.000 junge Menschen<br />

in Deutschland. Etwa 7.000 davon leben über einen längeren Zeitraum auf <strong>der</strong> Straße.<br />

Geldsorgen sind in <strong>der</strong> Schwangerenberatung zunehmend Thema<br />

Fröhlich winkt <strong>der</strong> kleine Sami aus seinem Buggy, als seine Mutter die Schwingtür zur Beratungs-<br />

stelle aufstößt. Sie ist mit ihrem zweiten Kind schwanger, <strong>und</strong> es ist ihr anzusehen, dass sie nicht<br />

nur den Kin<strong>der</strong>wagen mit dem Zweijährigen, son<strong>der</strong>n auch einen Berg Sorgen vor sich herschiebt.<br />

Die finanziellen Probleme <strong>der</strong> Familie sind bei den Beratungsgesprächen zur Schwangerschaft nun<br />

stärker in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> gerückt. Es gibt Zahlungsrückstände bei Strom- <strong>und</strong> Gasversorger, <strong>und</strong><br />

die junge Frau traut sich nicht mehr, Geld auszugeben für Eisen- <strong>und</strong> Calciumpäparate, die ihr <strong>der</strong><br />

Arzt verordnet hat <strong>und</strong> die von <strong>der</strong> Krankenkasse nicht mehr bezahlt werden.<br />

„Woher nehmen wir nur das Geld?“ Diese Frage steht für viele Klientinnen <strong>der</strong> Katholischen Bera-<br />

tungsstelle für Schwangerschaftsfragen im Sozialdienst katholischer Frauen e.V. <strong>München</strong> zuneh-<br />

mend im Mittelpunkt ihres Alltags.<br />

Kleine finanzielle Spielräume durch die bedarfsorientierten Hilfen sind weggefallen, Bekleidungs-<br />

hilfe zum Beispiel o<strong>der</strong> eine Son<strong>der</strong>zahlung bei <strong>der</strong> Einschulung eines Kindes. Auch notwendige<br />

<strong>und</strong> sinnvolle Ausgaben wie Zahnbehandlungen o<strong>der</strong> die Anschaffung einer neuen Waschmaschine<br />

können nicht mehr im Familienbudget untergebracht werden.<br />

Nicht einmal auf eine bescheidene Lebensqualität können die Familien inzwischen oft noch achten:<br />

so harrt zum Beispiel eine Familie mit drei kleinen Kin<strong>der</strong>n in einer feuchten Wohnung aus. Lebens-<br />

mittelspenden entlasten den Geldbeutel <strong>und</strong> werden gern in Anspruch genommen. Der kleine Vor-<br />

rat an gespendeten Klei<strong>der</strong>n, Babynahrung <strong>und</strong> Windeln in <strong>der</strong> Beratungsstelle ist deutlich schnel-<br />

ler aufgebraucht als noch vor einem Jahr.<br />

Die Spuren von Armut <strong>und</strong> dauerhaften Geldsorgen zeigen sich durch eine starke psychische Be-<br />

lastung vieler Klientinnen, beson<strong>der</strong>s wenn Arbeitslosigkeit die Situation verschärft o<strong>der</strong> die Frauen<br />

die alleinige Verantwortung für die Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> den Lebensunterhalt tragen.<br />

Pia Klarner-Dirr, Leiterin <strong>der</strong> Schwangerenberatung SkF <strong>München</strong><br />

35


Hubertus Janas<br />

Leiter<br />

Hilfsprojekte im Ausland<br />

36<br />

Hubertus Janas<br />

Wohin mit all‘ dem Geld?<br />

Zur Problematik <strong>der</strong> gerechten Verteilung von Spendengel<strong>der</strong>n<br />

Die Welle <strong>der</strong> Tsunami-Katastrophe flutete auch hierzulande, nämlich als Spendenflut: es wurde gespendet<br />

wie noch nie. Allein <strong>der</strong> <strong>München</strong>er Caritas vertrauten die Menschen 330.000 Euro für die betroffenen Opfer<br />

an. In den katholischen Kirchen <strong>der</strong> <strong>Erzdiözese</strong> wurden noch einmal 1,4 Millionen Euro gesammelt, b<strong>und</strong>es-<br />

weit wurden mehr als 500 Millionen gespendet, <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esregierung legte ihrerseits noch einmal 500<br />

Millionen dazu. Insgesamt gingen also mehr als 1,2 Mrd. Euro aus Deutschland an die Tsunami-Region um<br />

den Indischen Ozean herum.<br />

Soviel Geld will verwaltet <strong>und</strong> vernünftig ausgege-<br />

ben sein, wobei das Verwalten zunächst einmal ein<br />

eher technisches Problem ist. Schwieriger wird es<br />

da schon beim Ausgeben, <strong>und</strong> das nicht nur bei<br />

Tsunami-Spenden, son<strong>der</strong>n bei Spendengel<strong>der</strong>n<br />

überhaupt. Abgesehen von strengen gesetzlichen<br />

Auflagen - zweckgeb<strong>und</strong>ene Spenden dürfen aus-<br />

schließlich dem für sie angegebenen Zweck zuge-<br />

führt <strong>und</strong> müssen zeitnah verwendet werden; man<br />

darf das Geld also nicht günstig anlegen, um sich<br />

dann an den auflaufenden Zinsen zu erfreuen - wird<br />

immer nach Kriterien zu fragen sein, nach denen<br />

das Spendengeld vergeben wird.<br />

Ebenso müssen <strong>der</strong> Spendenzweck, die Ziele, Em-<br />

pfänger o<strong>der</strong> Projekte, denen die Spenden dann<br />

zufließen, vernünftig nachvollziehbar, sinnvoll <strong>und</strong><br />

möglichst langfristig erfolgreich wirksam sein.<br />

Wenn man dann noch mit <strong>der</strong> ganzen Sache an die<br />

Öffentlichkeit gehen kann, um sich dort möglichst<br />

gut zu präsentieren, freuen sich die Leute, die wie-<br />

<strong>der</strong> neue Spenden sammeln sollen. Das nennt man<br />

F<strong>und</strong>raising.<br />

Für ein Unternehmen wie die Caritas - man könnte<br />

sagen: die institutionalisierte Nächstenliebe <strong>der</strong><br />

katholischen Kirche - ist es nun nicht so beson-<br />

<strong>der</strong>s schwierig, ihre Zielgruppe <strong>und</strong> das Hauptkri-<br />

terium ihrer Hilfe auszumachen: es sind die Be-<br />

dürftigen <strong>und</strong> jede Form von Bedürftigkeit bzw.<br />

Leiden, Menschen in Not also o<strong>der</strong> biblisch ge-<br />

sprochen: die Armen, wobei, <strong>und</strong> das nebenbei,<br />

im Neuen Testament die Armen immer auch gera-<br />

de diejenigen sind, die sich nach dem Reich Got-<br />

tes sehnen.<br />

Überall, wo die katholische Kirche ist,<br />

ist auch die Caritas<br />

Bei uns in Deutschland, wohl auch in den an<strong>der</strong>en<br />

westlichen Industrienationen, ist genau definiert,<br />

wer arm <strong>und</strong> was Armut ist (s. Armutsbericht <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esregierung). Ebenso ist <strong>der</strong> Umgang mit Ar-<br />

mut wohl organisiert, geordnet <strong>und</strong> das Problem<br />

einigermaßen „abgefe<strong>der</strong>t“.<br />

Die meisten Dienste <strong>der</strong> Caritas für Bedürftige bzw.<br />

Menschen in Not sind refinanziert aus entspre-<br />

chenden Sozialkassen <strong>und</strong> -etats; ein Gutteil <strong>der</strong><br />

Kirchensteuergel<strong>der</strong> fließt dem sozialen Engage-<br />

ment <strong>der</strong> Kirchen zu, denn Wohlfahrtsverbände<br />

decken das gesamte Spektrum <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gesell-<br />

schaft vorkommenden Bedürftigkeit ab. Die obli-<br />

gatorischen Sozialversicherungen sorgen für Vor-<br />

sorge für den Bedarfsfall: Krankheit, Arbeitslosig-<br />

keit, Alter <strong>und</strong> Pflege - <strong>und</strong> dafür, dass die Netto-<br />

gehälter <strong>der</strong> Normalverdiener nicht in den Himmel<br />

wachsen.<br />

An<strong>der</strong>swo in <strong>der</strong> Welt sieht es da schon ganz an-<br />

<strong>der</strong>s aus: Wer z.B. mit Hilfsprojekten im Ausland<br />

zu tun hat, wird bei <strong>der</strong> oben gestellten Frage ganz<br />

schnell <strong>und</strong> ganz laut schreien: „Nur her mit <strong>der</strong><br />

Kohle! Und soviel wie möglich davon!“ Mit den ge-<br />

samten deutschen Tsunami-Spenden könnte man<br />

in Län<strong>der</strong>n wie Rumänien, Bulgarien o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Uk-<br />

raine einiges in Bewegung setzen: helfen, bauen,<br />

satt machen, kurieren... Da bräuchte man gar nicht<br />

weiter nach Afrika o<strong>der</strong> Asien zu schauen, um dort<br />

Not, Leiden <strong>und</strong> Elend zu suchen.


Und in allen diesen Län<strong>der</strong>n ist ja die Caritas vor<br />

Ort, weil die Caritas überall dort ist, wo die katho-<br />

lische Kirche ist. Noch <strong>der</strong> abgelegenste Missionar<br />

mit einer „soliden Sammlung von Tropenkrankhei-<br />

ten“, <strong>der</strong> einem Hungrigen etwas zu essen besorgt,<br />

einem Kranken Medizin gibt, einem alten Sün<strong>der</strong><br />

die Beichte abnimmt o<strong>der</strong> auch einer Frau bei ihrer<br />

Entbindung hilft, ist eine Außenstation, eine De-<br />

pendance <strong>der</strong> Caritas, weil die Caritas das zu tun<br />

versucht, was Jesus getan hat: den Armen helfen,<br />

die Kranken heilen, die Einsamen trösten, nah am<br />

Nächsten sein.<br />

* ohne Caritassammlungen (5.541.641,71 �)<br />

Jesus nachfolgen, indem man an den<br />

Menschen handelt, wie er es getan hat<br />

Damit wäre, in einem ersten Schritt, eine theologi-<br />

sche o<strong>der</strong> einfach biblische Begründung <strong>der</strong> Cari-<br />

tas gegeben: Jesus nachfolgen, ihn nachahmen,<br />

indem man an den Menschen handelt wie er es ge-<br />

tan hat. Das wie<strong>der</strong>um hat mehrere Konsequenzen:<br />

zum einen hat dieses Bemühen <strong>der</strong> Nachahmung<br />

Christi eine etwa 2000-jährige Tradition, <strong>und</strong> zwar<br />

eine immer schon international-globale, die es in<br />

Gestalt <strong>der</strong> Kirche zu ebensolchen international-<br />

globalen Strukturen gebracht hat. Zugespitzt könn-<br />

te man sogar sagen: überall, wo etwas passiert,<br />

ist immer schon Kirche da. (Siehe auch Tsunami!)<br />

Die Caritas als kirchliche Organisation kann also<br />

im Bedarfsfall auf bereits vorhandene Strukturen<br />

zurückgreifen, innerhalb <strong>der</strong>er sie dann, <strong>der</strong> Situ-<br />

ation angepasst, ihre je eigenen entwickelt. In die-<br />

ser Perspektive stellt sich die Frage „Wohin mit<br />

all‘ dem Geld?“ gar nicht mehr o<strong>der</strong> doch sehr an-<br />

<strong>der</strong>s: Geld, Güter, Werte, Hilfen können gar nicht<br />

genug vorhanden sein. Sie müssen aber richtig<br />

verteilt werden. Und das ist die Frage nach <strong>der</strong> Ge-<br />

rechtigkeit!<br />

Zum an<strong>der</strong>en ergibt sich aus <strong>der</strong> Orientierung an<br />

Jesus Christus auch ein bestimmtes Bild vom Men-<br />

schen, das we<strong>der</strong> in ökonomischen Bedingungen,<br />

gesellschaftlicher Eingeb<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Konditioniert-<br />

heit noch in letzter psychologischer Deutung auf-<br />

geht. Kern dieses an<strong>der</strong>en, alternativen, christli-<br />

chen Menschenbildes ist, dass <strong>der</strong> Mensch als vom<br />

absoluten Gott herkommend, von ihm gekannt, ge-<br />

wollt, ja geliebt vorgestellt wird – Christen nennen<br />

diesen absoluten Gott Vater. Daraus ergeben sich<br />

letzter Wert <strong>und</strong> erste Würde jedes einzelnen Men-<br />

schen. Und für diese Erkenntnis waren we<strong>der</strong> Auf-<br />

klärung noch Französische Revolution <strong>und</strong> schon<br />

gar nicht Karl Marx notwendig.<br />

Oft sind es gerade die vergessenen<br />

Regionen, in denen mit langem Atem<br />

geholfen werden muss<br />

Dieses Menschenbild verpflichtet natürlich: Man<br />

lässt den An<strong>der</strong>en, den Nächsten, den Mit-Men-<br />

schen, <strong>und</strong> zwar ausnahmslos, nicht verkommen,<br />

son<strong>der</strong>n hilft, wo es notwendig ist. Konkret heißt<br />

das: zuerst Abdeckung <strong>der</strong> Primärbedürfnisse wie<br />

Essen, Trinken, Kleidung, Wärme, Dach über dem<br />

Kopf, medizinische Versorgung. Wenn das in einem<br />

Katastrophenfall zu geschehen hat, werden Mas-<br />

sen von all‘ dem notwendig gebraucht, <strong>und</strong> das<br />

37


38<br />

wird immens teuer. Es müssen ja nicht nur die ent-<br />

sprechenden Materialien gekauft werden, son<strong>der</strong>n<br />

finanziert werden müssen auch Lagerung, Trans-<br />

port <strong>und</strong> Verteilung. Der letzte Posten in dieser<br />

Kalkulation wären auch Personalkosten, weil man<br />

im Ernstfall wirkliche Profis braucht.<br />

Die Katastrophe, die akute Krise, die mit ihren<br />

Grauen erregenden <strong>und</strong> Mitleid heischenden Bil-<br />

<strong>der</strong>n tagelang jede Nachrichtensendung be-<br />

herrscht, ist jedoch nicht das tägliche Brot des<br />

Helfens. Oft sind es gerade die vergessenen <strong>und</strong><br />

unbeachteten Regionen, in denen mit langem Atem<br />

geholfen werden muss: Wo die Arbeitslosigkeit<br />

zwischen 60 <strong>und</strong> 80 Prozent liegt, wo die Durch-<br />

schnittseinkommen 100 Euro kaum übersteigen<br />

<strong>und</strong> Rentnern nach Abzug von Miete <strong>und</strong> Strom 20<br />

Euro zum Leben bleiben, wo Staat <strong>und</strong> Sozialver-<br />

sicherungen kaum existieren <strong>und</strong> 60 Prozent <strong>der</strong><br />

Familien zerbrochen, auseinan<strong>der</strong>gerissen sind<br />

<strong>und</strong> die Kin<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Strasse nicht spielen, son-<br />

<strong>der</strong>n leben.<br />

Diese Dauerkrisen werden bei uns medial gerade-<br />

zu totgeschwiegen. Es bedurfte erst des Dafur-<br />

Konflikts, bis <strong>der</strong> Sudan bei uns wie<strong>der</strong> in die<br />

Schlagzeilen kam. Mehr als zwei Millionen Tote im<br />

Kongo kamen in unseren Medien gar nicht vor.<br />

Aber warum in die Ferne schweifen... Weißruss-<br />

land, Moldawien, Albanien sind in unserer Nähe,<br />

<strong>und</strong> auch da geht es den Leuten richtig schlecht.<br />

Direkt vor unserer Haustür, den Balkan ´rauf <strong>und</strong><br />

´runter, sieht`s nicht viel besser aus: in Kroatien,<br />

Bosnien, Rumänien, Bulgarien, <strong>der</strong> Ukraine <strong>und</strong><br />

zum Teil auch in Russland.<br />

Es geht um nachhaltiges, ausdauerndes<br />

<strong>und</strong> vertauensvolles Engagement<br />

Überall geht es darum, nicht nur punktuell <strong>und</strong> für<br />

den Augenblick zu helfen, son<strong>der</strong>n langfristig <strong>und</strong><br />

nachhaltig Strukturen des Helfens aufzubauen,<br />

die irgendwann in <strong>der</strong> Lage sind, sich selbst zu er-<br />

halten <strong>und</strong> angepasst an ihre jeweils konkrete Si-<br />

tuation, die immer unterschieden ist von unserer<br />

eigenen, auf die ihnen begegnenden Bedürfnisse<br />

angemessen zu reagieren. Die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> In-<br />

kulturation, die zumindest seit dem Vaticanum II.<br />

für die Kirche als ganze erhoben wird, gilt ebenso<br />

für die Caritas: deutsche o<strong>der</strong> westliche Maßstäbe<br />

<strong>und</strong> Vorstellungen lassen sich in den seltensten<br />

Fällen übertragen; immer wird <strong>der</strong> Partner vor Ort<br />

entscheiden müssen, wie er - ggfs. auch mit unse-<br />

rem Geld - in seiner Situation am besten hilft.<br />

Es ist also we<strong>der</strong> in akuten Katastrophen noch in<br />

langfristiger Projektarbeit damit getan, schnell,<br />

spektakulär <strong>und</strong> in großem Umfang zu helfen,<br />

son<strong>der</strong>n es geht tatsächlich um nachhaltiges, aus-<br />

dauerndes <strong>und</strong> vertauensvolles Engagement mit<br />

<strong>und</strong> für die Partner in bestimmten Bedarfssituati-<br />

onen - weitestgehend abseits des Interesses <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Medien. Für diese Art Ar-<br />

beit Bewusstsein zu schaffen <strong>und</strong> Mittel zu mobi-<br />

lisieren, sprich Spenden zu sammeln, ist ein müh-<br />

sames Geschäft. Weil aber <strong>der</strong> Bedarf riesig ist <strong>und</strong><br />

die Not unserer Mitmenschen geradezu bodenlos,<br />

können angesichts all dessen wirklich gar nicht<br />

genug Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden.


„Wert-volle“ Angebote<br />

Schulische Ausbildung <strong>und</strong> Weiterbildung orien-<br />

tieren sich am Leitbild des <strong>Caritasverband</strong>s, in dem<br />

es heißt: „Wir för<strong>der</strong>n die fachlichen, persönlichen<br />

<strong>und</strong> religiösen Entwicklungsmöglichkeiten unserer<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen gleichermaßen.“<br />

Die Bildungsarbeit des Instituts vermittelt nicht nur<br />

fachliches, methodisches <strong>und</strong> technisches „Know-<br />

how“ (das natürlich auch!), son<strong>der</strong>n hat den gan-<br />

zen Menschen im Blick, auch in seinen Fragen nach<br />

Sinn, Werten <strong>und</strong> Zielen seiner (künftigen) Arbeit.<br />

Fragen des Glaubens <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Wertorientierung thematisieren<br />

Es gibt Bildungsangebote bzw. Bestandteile von<br />

Angeboten, welche ausdrücklich Fragen <strong>der</strong> Wert-<br />

orientierung <strong>und</strong> des Glaubens thematisieren <strong>und</strong><br />

diese mit <strong>der</strong> beruflichen Praxis in <strong>der</strong> Caritas in<br />

Verbindung bringen:<br />

� In Einführungsseminaren für neue Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen ist das Kennenlernen<br />

<strong>und</strong> Aneignen des Leitbildes des Caritasver-<br />

bands ein wesentliches Element.<br />

Neue Mitarbeiter mit Personalverantwortung<br />

absolvieren darüber hinaus zwei zusätzliche<br />

Tage zu den ethisch-religiösen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong><br />

Caritas-Arbeit.<br />

� Der sogenannte „M-Bereich“ des Weiter-<br />

bildungsprogramms (Exerzitien, Besinnung,<br />

Orientierung) wird von <strong>der</strong> Mitarbeiterseel-<br />

sorge verantwortet, in Kooperation mit dem<br />

Dr. Thomas Steinforth<br />

Wert-, Sinn- <strong>und</strong> Glaubensfragen spielen in <strong>der</strong> Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

des Diözesan-<strong>Caritasverband</strong>s eine beson<strong>der</strong>e Rolle<br />

Seit vielen Jahren leistet das Institut für Bildung <strong>und</strong> Entwicklung mit <strong>der</strong> Ausbildung in seinen beruflichen<br />

Schulen <strong>und</strong> mit seinem umfangreichen Weiterbildungsprogramm einen wichtigen Beitrag zur Professio-<br />

nalisierung <strong>der</strong> sozialen, erzieherischen <strong>und</strong> pflegerischen Arbeit <strong>und</strong> zur Weiterentwicklung des Caritas-<br />

verbands als einer „lernenden Organisation“. Die Bildungsarbeit des Instituts versteht sich nicht nur als<br />

Arbeit „für“ die Caritas, son<strong>der</strong>n auch als Arbeit „<strong>der</strong>“ Caritas: Der christliche Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Caritas, ihr Leitbild<br />

<strong>und</strong> ihre Werte sollen auch in <strong>der</strong> Bildungsarbeit zur Geltung kommen. Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung verstehen<br />

sich als „wert-volle“ Angebote: wie aber zeigt sich das?<br />

Institut organisiert <strong>und</strong> umfasst r<strong>und</strong> 35 sehr<br />

gut nachgefragte Angebote mit einem betont<br />

besinnlichen <strong>und</strong> seelsorglichen Charakter.<br />

Die Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen können<br />

ihre religiösen Fragen <strong>und</strong> spirituellen Erfah-<br />

rungen einbringen, sich mit Impulsen <strong>der</strong> Bibel<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> christlichen Tradition auseinan<strong>der</strong><br />

setzen <strong>und</strong> diese in Beziehung zu ihrem beruf-<br />

lichen Alltag setzen.<br />

� Sowohl in den Führungs- als auch in den Fach-<br />

seminaren <strong>und</strong> auch im Ausbildungsprogramm<br />

<strong>der</strong> Schulen finden sich Angebote o<strong>der</strong> Ange-<br />

botsbestandteile, welche die beson<strong>der</strong>en nor-<br />

mativen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Caritas-Arbeit zum<br />

Thema machen, in dem zum Beispiel das Span-<br />

nungsverhältnis zwischen christlichen Zielen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Notwendigkeiten thema-<br />

tisiert wird. Auch in den fachlichen Weiterbil-<br />

dungen zum Pflege- <strong>und</strong> Kita-Bereich gehören<br />

ausdrücklich Fragen des Menschenbildes <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Ethik zum Standard.<br />

� Die religionspädagogischen Angebote für<br />

Erzieher/innen (Bereich „N“ im Weiterbil-<br />

dungsprogramm) dienen ebenfalls ausdrück-<br />

lich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> religiösen Entwicklung.<br />

Diese werden in Kooperation mit dem Schul-<br />

referat des Ordinariats angeboten.<br />

Zukünftig wird es sicherlich immer wichtiger wer-<br />

den, den beson<strong>der</strong>en Charakter <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen<br />

caritativer Arbeit ohne falsche Scheu bewusst zu<br />

machen - auch <strong>und</strong> gerade in <strong>der</strong> Bildungsarbeit:<br />

Dr. Thomas Steinforth<br />

Geschäftsführer<br />

Caritas-Institut für<br />

Bildung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

39


40<br />

Viele kirchlich geprägte Führungskräfte, Mitarbei-<br />

ter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen suchen nach Wegen, den<br />

christlichen Auftrag ihrer Arbeit auch angesichts<br />

wirtschaftlicher Sachzwänge erfüllen zu können.<br />

Und auch viele Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen<br />

ohne eine lebenslang geprägte <strong>und</strong> ungebrochene<br />

kirchliche Identität sind in <strong>der</strong> Regel sehr offen <strong>und</strong><br />

interessiert an einer einladenden Thematisierung<br />

von Wert- <strong>und</strong> Glaubensfragen. Aus- <strong>und</strong> Weiter-<br />

bildung dürfen zwar nicht <strong>der</strong> einzige Ort für solche<br />

Fragen sein - diese müssen ihren Platz auch <strong>und</strong> vor<br />

allem im ganz normalen Führungs- <strong>und</strong> Arbeitsall-<br />

tag finden. Bildungsarbeit aber kann ein guter Ort<br />

sein, persönliches <strong>und</strong> gemeinsames Nachdenken<br />

über das „Warum“ <strong>und</strong> „Wozu“ caritativer Arbeit<br />

anzustoßen <strong>und</strong> zu beleben.<br />

Neben <strong>der</strong> schulischen Ausbildung <strong>und</strong> den klas-<br />

sischen Weiterbildungsseminaren kommen auch<br />

an<strong>der</strong>e Veranstaltungsformen mit „Bildungscha-<br />

rakter“ in Frage, um einen ausdrücklichen Bezug<br />

zu den Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Caritas-Arbeit herzustellen.<br />

So steht beispielsweise auf <strong>der</strong> jährlichen Fachta-<br />

gung <strong>der</strong> Verwaltungsmitarbeiterinnen des Diöze-<br />

san-<strong>Caritasverband</strong>s 2005 die Frage im Mittel-<br />

punkt: „Ich arbeite bei <strong>der</strong> Caritas - was bedeutet<br />

das für mich?“.<br />

Anstoß zur Weiterentwicklung:<br />

„Führungsfeedback“<br />

2004 ist in einer Reihe von Geschäftsbereichen<br />

des DiCV unter wissenschaftlicher Begleitung<br />

ein systematisches „Führungsfeedback“ er-<br />

probt worden. Dieses soll nun angepasst <strong>und</strong><br />

ab 2005 als reguläres Instrument eingeführt<br />

werden.<br />

Auch Formen <strong>und</strong> Methoden <strong>der</strong> Bildungsarbeit<br />

haben eindeutigen Glaubens- <strong>und</strong><br />

Kirchenbezug<br />

Kirchlicher Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Glaubensbezug <strong>der</strong><br />

Bildungsarbeit des Instituts zeigen sich nicht nur<br />

in einer ausdrücklichen Thematisierung ethischer<br />

<strong>und</strong> religiöser Fragen <strong>und</strong> Inhalte, son<strong>der</strong>n auch<br />

ganz generell in <strong>der</strong> Gestaltungsweise, den Formen<br />

<strong>und</strong> Methoden <strong>der</strong> Bildungsarbeit.<br />

� Vor allem kommt es darauf an, die einzelnen<br />

Personen (Schüler/innen, Studierende, Wei-<br />

Dabei geben Mitarbeitende mittels eines anonymen <strong>und</strong> wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierten Fragebogens<br />

ihrer Führungskraft eine Rückmeldung zu ihrem Führungshandeln. Durch diese Einschätzung <strong>der</strong><br />

„Geführten“ erhält die Führungskraft eine wichtige Ergänzung ihrer Selbstwahrnehmung. Die Aus-<br />

wertung erfolgt mittels eines gebündelten Ergebnisberichts, <strong>der</strong> um Handlungsempfehlungen zur<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> Führungsrolle ergänzt wird. Wichtig: Wie sich im „Probedurchlauf“ gezeigt<br />

hat, ist das gemeinsame, offene <strong>und</strong> konstruktive Gespräch zwischen Führungskraft <strong>und</strong> Mitarbei-<br />

tenden über die Befragungsergebnisse ein beson<strong>der</strong>s wichtiger Schritt <strong>und</strong> eine effektive Maßnahme<br />

zur Verbesserung von Führung <strong>und</strong> Zusammenarbeit im Sinne <strong>der</strong> „Dienstgemeinschaft“. Und: Der<br />

Fragebogen wird noch überarbeitet <strong>und</strong> bezüglich <strong>der</strong> Auswertungskategorien ausdrücklich an die<br />

wesentlichen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> „Führungsleitlinien“ <strong>der</strong> Caritas angepasst.<br />

terbildungsteilnehmer/innen) als Individuen<br />

<strong>und</strong> nicht als bloße Empfänger vorgefertigter<br />

Bildungsinhalte zu sehen <strong>und</strong> sie in ihren Kom-<br />

petenzen, Erfahrungen, Einschätzungen <strong>und</strong><br />

Fragen zu würdigen <strong>und</strong> aktiv in den Bildungs-<br />

prozess einzubeziehen.<br />

� Ebenso entspricht es dem christlichen Men-<br />

schenbild, in den Bildungsprozessen ein<br />

gemeinsames <strong>und</strong> gemeinschaftliches Lernen<br />

anzuregen <strong>und</strong> zu ermöglichen, in dem sich<br />

die Einzelnen mit ihren jeweiligen Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Sichtweisen wechselseitig bereichern.


Auch ein Weiterbildungsseminar ist ein Ort, an<br />

dem die „Dienstgemeinschaft Caritas“ erleb-<br />

bar wird.<br />

� Wichtig ist schließlich die achtsame Gestal-<br />

tung des „äußeren Rahmens“ <strong>und</strong> des „Hinter-<br />

gr<strong>und</strong>es“ <strong>der</strong> Bildungsarbeit, denn <strong>der</strong> Hinter-<br />

gr<strong>und</strong> ist für das, was sich davor abspielt,<br />

keinesfalls nebensächlich! Ein Beispiel dafür<br />

ist die Wahl kirchlicher Bildungshäuser <strong>und</strong><br />

Klöster als Ort für mehrtägige Seminare.<br />

Auch diese eher „implizite“ Werte-Orientierung <strong>der</strong><br />

Bildungsarbeit bedarf <strong>der</strong> ständigen Überprüfung<br />

<strong>und</strong> Weiterentwicklung - insbeson<strong>der</strong>e in Ausein-<br />

an<strong>der</strong>setzung mit den haupt- <strong>und</strong> freiberuflichen<br />

Lehrkräften <strong>und</strong> Referenten. In diesem Sinne hat<br />

sich das jährliche Treffen <strong>der</strong> Weiterbildungsrefe-<br />

renten des Instituts 2005 mit fachk<strong>und</strong>iger Unter-<br />

stützung durch Prof. Dr. Rüdiger Funiok S.J. aus-<br />

führlich mit dem Thema „Werte-Orientierung in <strong>der</strong><br />

beruflichen Weiterbildung“ befasst.<br />

Personalentwicklung orientiert sich am<br />

christlichen Menschenbild<br />

Schulische Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung des Instituts<br />

sind eingebettet in ein umfassendes Verständnis<br />

von Personalentwicklung. Diese wird im Rahmen-<br />

konzept „Bilden <strong>und</strong> Entwickeln“ konzeptionell<br />

„unterfüttert“ <strong>und</strong> systematisch gebündelt. Das<br />

Rahmenkonzept ist übrigens 2004 in die Endr<strong>und</strong>e<br />

<strong>der</strong> Ausschreibung des ConSozial-Preises gelangt.<br />

Personalentwicklung im <strong>Caritasverband</strong> orientiert<br />

sich am christlichen Menschenbild: Sie beschränkt<br />

sich nicht auf eine strikt „outputorientierte“ För-<br />

<strong>der</strong>ung von so genannten „high potentials“ (so<br />

wichtig eine gute Führungskräfteentwicklung auch<br />

ist), son<strong>der</strong>n bietet Unterstützung <strong>und</strong> Entwick-<br />

lungsmöglichkeiten für alle Mitarbeitenden, da alle<br />

ihren Beitrag zur Dienstgemeinschaft leisten. Sie<br />

sieht die Mitarbeitenden als Menschen, die zur<br />

ständigen beruflichen <strong>und</strong> persönlichen Entwick-<br />

lung in <strong>der</strong> Lage, zu dieser aber auch aufgerufen<br />

<strong>und</strong> für diese verantwortlich sind.<br />

Die „Führungsleitlinien“ verpflichten die Führungs-<br />

kräfte auf eine beständige „Selbstreflexion“ <strong>und</strong><br />

Weiterentwicklung ihres Führungshandelns. Der<br />

Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> <strong>und</strong> sein Institut bieten<br />

entsprechende Unterstützung an, z.B. Führungs-<br />

trainings o<strong>der</strong> auch ein qualifiziertes „Führungs-<br />

feedback“ durch die geführten Mitarbeitenden als<br />

Anstoß zur Weiterentwicklung (siehe Kasten).<br />

Neue Wege wagen: Integrative Ausbildung Alten- <strong>und</strong> Krankenpflege<br />

Die Altenpflegeschule St. Korbinian des Instituts für Bildung <strong>und</strong><br />

Entwicklung in Baldham <strong>und</strong> die Krankenpflegeschule Maria Re-<br />

gina <strong>der</strong> Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in<br />

<strong>München</strong> gestalten gemeinsam das Modellvorhaben einer inte-<br />

grativen Pflegeausbildung in <strong>der</strong> Alten- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />

Krankenpflege. Beide Schulen <strong>und</strong> ihre kirchlichen Träger sowie<br />

die beteiligten Praxisstellen (Altenheime, Sozialstationen, Kran-<br />

kenhäuser) wollen damit den sich wandelnden Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an eine fachlich <strong>und</strong> menschlich hochwertige Pflege noch besser<br />

gerecht werden. Inhaltlich <strong>und</strong> organisatorisch müssen in dem<br />

Projekt neue Wege gegangen werden: ein kirchliches Gemein-<br />

schaftsprojekt, das nur durch das hohe Engagement <strong>der</strong> Projekt-<br />

beteiligten möglich wird <strong>und</strong> das zeigt, dass Verwurzelung in ei-<br />

ner christlichen (Werte-)Tradition <strong>und</strong> Innovationskraft keine<br />

Gegensätze sind.<br />

41


Viola Treudler<br />

Gleichstellungsbeauftragte<br />

<strong>und</strong> Projektleiterin<br />

Mentoring<br />

42<br />

Viola Treudler<br />

Frauen für Führung motivieren <strong>und</strong> för<strong>der</strong>n<br />

Der Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> nimmt am Cross-Mentoring<br />

<strong>München</strong> 2005/2006 teil<br />

Der Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> <strong>München</strong> <strong>und</strong> <strong>Freising</strong> e.V. för<strong>der</strong>t weiblichen Führungsnachwuchs im Rahmen<br />

seiner Personalentwicklung. Bereits im Jahr 2003/2004 wurde ein internes Mentoringprojekt zur Unter-<br />

stützung <strong>und</strong> Motivation weiblicher Führungskräfte im Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> durchgeführt. Dieses<br />

Mentoring-Programm ist eingebettet in das Rahmenkonzept „Bilden <strong>und</strong> Entwickeln“.<br />

Um junge weibliche Führungskräfte auch unter-<br />

nehmensübergreifend zu för<strong>der</strong>n, beschloss <strong>der</strong><br />

Vorstand darüber hinaus eine Teilnahme am „Cross-<br />

Mentoring <strong>München</strong> 2005/2006“ - ein Projekt zur<br />

Unterstützung des weiblichen Führungsnachwuch-<br />

ses, bei dem namhafte Münchner Großunterneh-<br />

men wie Allianz, Telekom, BMW, Landeshauptstadt<br />

<strong>München</strong> etc. beteiligt sind. Im Kern geht es dabei<br />

um die För<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Unterstützung jüngerer,<br />

weiblicher Führungskräfte in ihrer beruflichen <strong>und</strong><br />

persönlichen Entwicklung durch erfahrene ältere<br />

Führungskräfte. Die Tandems Mentee (= jüngere<br />

weibliche Führungskraft) <strong>und</strong> Mentor/-in (= erfah-<br />

rene Führungskraft) treffen sich in regelmäßigen<br />

Abständen über den Zeitraum von einem Jahr. Ein-<br />

gebettet ist das Cross-Mentoring <strong>München</strong> in ein<br />

Rahmenprogramm <strong>und</strong> eine umfangreiche Öffent-<br />

lichkeitsarbeit.<br />

Der Diözesan-<strong>Caritasverband</strong> beteiligt sich mit<br />

zwei Mentees <strong>und</strong> zwei Mentorinnen. Das Aus-<br />

wahlverfahren wurde von einer Projektgruppe ge-<br />

staltet. Tandem-Treffen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Angebote für<br />

die Mentees finden außerhalb <strong>der</strong> Dienstzeit statt.<br />

Die Mentorinnen arbeiten ehrenamtlich, gewinnen<br />

aber durch ihr Engagement Einblicke in an<strong>der</strong>e Un-<br />

ternehmenskulturen <strong>und</strong> sammeln zusätzliche Er-<br />

fahrung in <strong>der</strong> individuellen Begleitung <strong>und</strong> Förde-<br />

rung. Das Projekt läuft von Juni 2005 bis Juni 2006.<br />

Wer nähere Informationen zum<br />

Cross-Mentoring <strong>München</strong> 2005/2006<br />

erhalten möchte, wendet sich an:<br />

V1.3 - Viola Treudler<br />

Projektleitung Mentoring<br />

Hirtenstraße 4<br />

80335 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 55 169-395<br />

eMail: vtreudler@caritasmuenchen.de


Region <strong>München</strong> Stadt/Land<br />

1 CZ Au/Haidhausen/Giesing<br />

2 CZ <strong>München</strong> Ost/Land<br />

3 CZ Innenstadt<br />

4 CZ Laim/Sendling<br />

5 CZ <strong>München</strong> Nord<br />

6 CZ <strong>München</strong> West <strong>und</strong> Würmtal<br />

7 CZ Neuforstenried<br />

8 CZ Neuhausen/Moosach<br />

9 CZ Ramersdorf/Perlach/Ottobrunn<br />

10 CZ Schleißheim/Garching<br />

11 CZ Schwabing/Milbertshofen<br />

12 CZ Taufkirchen<br />

Region Nord<br />

CZ Dachau<br />

CZ Ebersberg<br />

CZ Erding<br />

CZ Fürstenfeldbruck<br />

CZ <strong>Freising</strong><br />

CZ Pfaffenhofen<br />

Verbreitungsgebiet des Diözesan-<strong>Caritasverband</strong>s<br />

Region Süd<br />

CZ Miesbach<br />

CZ Garmisch-Partenkirchen<br />

CZ Bad Tölz/Wolfratshausen<br />

CZ Rosenheim<br />

CZ Bad Aibling<br />

CZ Wasserburg<br />

CZ Prien<br />

CZ Traunstein<br />

CZ Berchtesgadener Land<br />

CZ Mühldorf<br />

43


Jahresbericht 2004/05<br />

<strong>Caritasverband</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Erzdiözese</strong> <strong>München</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Freising</strong> e.V.<br />

Hirtenstraße 4<br />

80335 <strong>München</strong><br />

Telefon: (089) 5 51 69-0<br />

Ihre Spende kommt an!<br />

Spendenkonto · Liga-Bank <strong>München</strong><br />

Kto. 229 77 79 · BLZ 750 903 00<br />

Spendenkonto · Bank für Sozialwirtschaft<br />

Kto. 181 78 01 · BLZ 700 205 00

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