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Der Schüler-biber

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POLITIKA<br />

15<br />

VOR DER UMSTRITTENEN BEFRAGUNG ZUR ZUKUNFT DER MARIAHILFER STRASSE<br />

BILDEN SICH UNGEWÖHNLICHE ALLIANZEN: ENTTÄUSCHTE TAXLER, WÜTENDE<br />

BLUMENVERKÄUFER, KONSERVATIVE POLITIKER UND VERÄRGERTE BOBOS. SIE<br />

ALLE HABEN EIN GEMEINSAMES ZIEL: DIE FUZO.<br />

Von Marian Smetana<br />

EINE ECHTE WIENERIN<br />

Es gibt ein Wort, das die „Blumen-Elisabeth“,<br />

wie sie sich selbst nennt, derzeit<br />

besonders ärgert: Fußgängerzone.<br />

Die 61-Jährige steht in ihrem kleinen<br />

Blumengeschäft in einer U- Bahn-Passage<br />

am Ende der Mariahilfer Straße<br />

und muss sich immer wieder bremsen.<br />

„Ich habe 40 Prozent Einbußen, das<br />

regt mich furchtbar auf.“ Die Schuld<br />

gibt sie dem neuen Verkehrsprojekt<br />

der rot-grünen Stadtregierung. Vor<br />

allem Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou<br />

ist wie ein grünes Tuch für sie<br />

„Man darf das ja gar nicht laut sagen“,<br />

hört man dann „aber die is gar keine<br />

echte Wienerin, kommt her und dreht<br />

alles um.“ Dass es andere funktionierende<br />

Fußgängerzonen gibt, lässt sie<br />

nicht gelten. „Die Mariahilferstraße<br />

war immer schon anders, immer schon<br />

eine Hauptverkehrsader.“ Aber jetzt sei<br />

eben alles anders.<br />

AUFSTAND DER TAXLER<br />

Auch Helmuth Herbek ist alles andere<br />

als zufrieden mit der Fußgängerzone.<br />

Mit seinem Taxi chauffiert er seit 25<br />

Jahren Kunden durch die engen Gassen<br />

Wiens und ist nicht mehr so leicht<br />

aus der Ruhe zu bringen, doch bei<br />

der neuen Fuzo kann er nur den Kopf<br />

schütteln. Herbek gehört aber zu den<br />

Leuten, die lieber reden als schimpfen.<br />

Wenn es um die Fußgängerzone geht,<br />

dann lädt er gerne auf einen Kaffee<br />

ein und packt einen drei Meter langen<br />

Plan von der Mariahilfer Straße aus.<br />

„Schaun’s, die Mariahilfer schneidet die<br />

Innenstadt jetzt einfach durch.“ Es gäbe<br />

keine Querungsmöglichkeiten für die<br />

Taxler, sie müssten große Umwege fahren.<br />

Den Fahrgästen schmeckt das gar<br />

nicht. „Diskussionen und komplizierte<br />

Verkehrsregeln, wer will das schon?<br />

Viele Taxler meiden diese Gegend.“<br />

Am Taxistand bekommt Herbek Rückendeckung.<br />

So viele Nationalitäten<br />

wie hier versammelt sind, so klar ist der<br />

gemeinsame Feind: Mariahilfer Straße.<br />

„Blödsinn“, „Schlechte Planung“ , „Warum<br />

hat uns niemand gefragt?“ hört<br />

man hier. Gemeinsame Feindbilder<br />

verbinden.<br />

FUTTER FÜR DIE POLITISCHEN GEGNER<br />

Im Wiener Rathaus will vor allem die<br />

ÖVP aus dem heiß diskutierten Projekt<br />

Profit schlagen. Manfred Juraczka von<br />

der ÖVP Wien sieht das Projekt bereits<br />

in der Testphase gescheitert: „Die<br />

Planungen rund um die Neugestaltung<br />

der Mariahilfer Straße waren an Pfusch<br />

und Dilettantismus kaum zu überbieten.“<br />

So recht konnten die politischen<br />

Gegner der grünen Vizebürgermeisterin<br />

jedoch noch nicht von dem „gescheiterten“<br />

Projekt profitieren. Bei den<br />

letzten Nationalratswahlen verloren die<br />

Fuzo-Gegner sogar an Stimmen.<br />

DER ANTI-BOBO<br />

Semih Piskin würde sich wünschen,<br />

dass die Grünen den Unmut der Kritiker<br />

bei den nächsten Wahlen mit voller<br />

Härte zu spüren bekommen: „Ich<br />

wünsche mir, dass die Grünen unter<br />

vier Prozent bei der nächsten Wahl bekommen.“<br />

Auch er versteckt seinen Ärger<br />

nicht. <strong>Der</strong> junge Turnusarzt wohnt<br />

in der Nähe der Mariahilferstraße und<br />

denkt vor allem an die älteren Leute.<br />

„Klar finden die jungen Bobos, die gemütlich<br />

zu ihrem Brunch schlendern<br />

können, die Fußgängerzone super.<br />

Aber was is mit den Leuten, die nicht<br />

mehr zum Arzt gebracht werden können<br />

oder nicht mehr Einkaufen gehen<br />

können?“ Mit seiner Einstellung ist er<br />

jedoch ziemlich alleine. „In meinem<br />

Freundeskreis gibt es fast nur Befürworter,<br />

ich hätte vielleicht früher etwas<br />

dagegen unternehmen sollen. Jetzt ist<br />

es zu spät.“ Doch wenn es nach ihm<br />

geht wird Vassilakou ihr grünes Wunder<br />

noch erleben, denn Politik könne<br />

nicht immer nach dem Motto funktionieren:<br />

„Friss oder stirb.“<br />

QUO VADIS „MAHÜ“?<br />

Rund 49.000 Bewohner und Bewohnerinnen<br />

des 6. Und 7. Bezirkes sind<br />

ab 17. Februar aufgefordert, bei der<br />

Befragung zur Neugestaltung der<br />

Mariahilfer Straße mitzumachen. Die<br />

„Mahü“ soll nach den Vorstellungen<br />

der Grünen unter der Vizebürgermeisterin<br />

Maria Vassillakou in Zukunft<br />

größtenteils verkehrsberuhigt geführt<br />

werden. In welcher Form dies geschehen<br />

soll oder ob die Einkaufsstraße in<br />

ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt<br />

wird, können alle in den Bezirken<br />

gemeldeten Bürger ab 16 Jahren<br />

entscheiden. Teilnahmeberechtigt<br />

sind auch EU-Bürger. Die Aktion endet<br />

am 6. März. Die Ergebnisse sollen<br />

zwischen 10. und 16. März präsentiert<br />

werden. Die Befragung sorgt schon im<br />

Vorfeld für Diskussionen, vor allem die<br />

Wiener Opposition wittert Verschwendung<br />

von Steuergeldern.

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