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Jamaika – kein Paradies! - Christoffel-Blindenmission

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<strong>Jamaika</strong> – <strong>kein</strong> <strong>Paradies</strong>!<br />

Der CBM-Physiotherapeut Jörg Weber<br />

hilft behinderten Kindern<br />

Palmen, Meer und Urlaubsatmosphäre<br />

– das verbinden viele Menschen<br />

mit <strong>Jamaika</strong>. Als der Physiotherapeut<br />

Jörg Weber vor rund<br />

zwei Jahren seinen Freunden in der<br />

Erlanger Heimat erzählte, er würde<br />

nach <strong>Jamaika</strong> gehen, um dort<br />

zu arbeiten, gab es nur wenige, die<br />

ihn nicht beneideten. „Die haben<br />

sich vorgestellt, ich würde regelmäßig<br />

am Strand spazieren, meine<br />

Mittagspausen in der Hängematte<br />

verbringen und <strong>Jamaika</strong>-Rum aus<br />

Kokosnüssen mit Schirmchen<br />

schlürfen,“ erzählt der 38-Jährige<br />

verschmitzt.<br />

Am Strand war Jörg Weber aber<br />

schon lange nicht mehr. Zu Beginn<br />

sah die Aufbau-Arbeit für die<br />

<strong>Christoffel</strong>-<strong>Blindenmission</strong> (CBM) in<br />

Clarendon, nahe der Hauptstadt<br />

Kingston, für den Projektkoordinator<br />

nicht gerade nach Zuckerschlecken<br />

aus. „Die <strong>Jamaika</strong>ner respektieren<br />

einen nicht einfach so. Als<br />

Europäer wurde von mir erwartet,<br />

dass ich präzise und pünktlich bin,<br />

aber gleichzeitig sollte ich auch<br />

cool und locker sein,“ erzählt Jörg<br />

Weber offen.<br />

Generalisten gefragt<br />

Viel Verantwortung wartete zu Anfang<br />

auf den zweifachen Vater beim<br />

CBM-geförderten Projektpartner<br />

„Clarendon Group for the Disabled“,<br />

Bei diesem körperbehinderten Rastafari holt sich Jörg Weber jeden Morgen seine<br />

Zeitung.<br />

Planen für die nächsten Tage –<br />

Jörg Weber mit Mitarbeiterin im Büro<br />

der behinderte Kinder und ihre Familien<br />

betreut und fördert. Neue<br />

Mitarbeiter wurden eingestellt, die<br />

Koordination der Arbeit verbessert<br />

und etliche Lehrgänge für die Mitarbeiter<br />

durchgeführt. Generalisten<br />

seien in dieser Arbeit erforderlich,<br />

betont Weber, die therapeutische<br />

Übungen mit den Kindern machen,<br />

die Eltern psychologisch begleiten,<br />

bei Behördengängen helfen oder<br />

einfach mal zuhören.<br />

Frauen allein verantwortlich<br />

So gelassen und locker die Menschen<br />

in <strong>Jamaika</strong> auf den ersten<br />

Blick wirken, so verbergen sich dahinter<br />

doch oft schwere Schicksale.<br />

Vor allem Frauen seien davon betroffen,<br />

so Jörg Weber: „Die Frauen<br />

in <strong>Jamaika</strong> sind sehr stark und müssen<br />

es sein. Es ist nicht unüblich, dass<br />

Männer ihre Familien verlassen, um<br />

anderswo eine Beschäftigung zu<br />

finden und dort neu anzufangen.“<br />

So ist es die Aufgabe der Frauen, die<br />

Kinder zu erziehen und für den Un-<br />

Fotos (5): CBM/Grossmann<br />

Sharon Rickmann mit drei ihrer fünf Kinder: Auch Shannon (rechts) freut sich über<br />

den Besuch.<br />

terhalt der Familie zu sorgen. Das<br />

ist oft nicht einfach, ganz besonders,<br />

wenn ein behindertes Kind<br />

rund um die Uhr Aufmerksamkeit<br />

und Fürsorge benötigt.<br />

Sharon muss stark sein<br />

Eine dieser starken Frauen ist Sharon<br />

Rickmann. Die 39-Jährige hat fünf<br />

Kinder und bringt sie mit Unterstützung<br />

ihrer Schwester durch. Sie<br />

wohnen im Stadtteil Bucknor in<br />

May Pen, der Provinzhauptstadt von<br />

Clarendon in einem gemauerten<br />

Haus, das seit Jahren auf die Fertigstellung<br />

wartet. Doch dafür ist <strong>kein</strong><br />

Geld da. So lebt die sechsköpfige<br />

Familie in zwei kleinen Zimmern.<br />

Drei Schlaganfälle hintereinander<br />

Ein besonderer Schicksalsschlag traf<br />

die Familie vor sieben Jahren. Die<br />

damals vierjährige Tochter Shannon<br />

erlitt drei Schlaganfälle innerhalb<br />

weniger Wochen. Nach den ersten<br />

beiden konnte sie noch sprechen<br />

und laufen. Nach dem dritten war’s<br />

auch damit vorbei. „Sie war ganz<br />

weit weg“, beschreibt ihre Mutter<br />

die Situation. Drei Jahre lang änderte<br />

sich wenig an Shannons Zustand,<br />

doch dann hörte sie von der<br />

„Clarendon Group for the Disabled“.<br />

Rehabilitations-Fachkraft Angela<br />

Hoosang suchte sie auf und seither<br />

hat sich vieles zum Besseren gewendet.<br />

Therapie bringt Hoffnung zurück<br />

Sharon Rickmann: „Die intensive<br />

Therapie durch Angela hat Shannon<br />

sehr geholfen. Außerdem hat sie<br />

einen Rollstuhl bekommen.“ Auch<br />

mit den anderen Eltern behinderter<br />

Kinder sprechen zu können, denen<br />

es genauso geht, tue gut. Angela<br />

kommt jeden Montag, macht<br />

mit Shannon Übungen, hört sich die<br />

Ganz sanft hilft Physiotherapeut Jörg Weber<br />

Shannon, ihre Hand zu entkrampfen.<br />

Probleme der Mutter an, begleitet<br />

beide ins Krankenhaus und ist einfach<br />

da. „Jetzt habe ich auch wieder<br />

etwas mehr Zeit für die anderen<br />

Kinder“, sagt Sharon zufrieden.<br />

„Der Bedarf ist zehn Mal so groß“<br />

Derzeit betreuen die sechs Mitarbeiter<br />

der Clarendon Group ca. 200 Kinder<br />

im Clarendon-Bezirk, der einer<br />

von 13 Verwaltungsbezirken der Insel<br />

ist, auf der rund drei Millionen<br />

Menschen leben. Doch der Bedarf<br />

an Hilfe ist zehn Mal so groß, erklärt<br />

Jörg Weber.<br />

Nach einem langen Tag, der bei<br />

Jörg Weber neben Hausbesuchen<br />

auch mit Absprachen, Vorbereiten<br />

weiterer Fortbildungen für Mitarbeiter<br />

und Planungen gefüllt ist,<br />

entspannt sich der Hobby-Geigenbauer<br />

täglich bei einigen Runden<br />

Joggen im Garten. Auch seine Frau<br />

Heves und die beiden Kinder Sofi (6)<br />

und Benjamin (3) wollen abends<br />

noch was von ihrem Papa haben.<br />

Gemeinsam mehr erreichen<br />

Den Respekt der <strong>Jamaika</strong>ner hat<br />

sich Jörg Weber mit Flexibilität und<br />

Hartnäckigkeit verdient. Wie sehen<br />

seine Ziele für die Zukunft aus?<br />

„Dass sich alle Behindertenorganisationen<br />

im Land zusammenschließen“,<br />

sagt Weber: „Dann könnten<br />

wir die fachlichen Standards angleichen<br />

und als Gruppe gemeinsam<br />

auch auf der politischen Ebene für<br />

Menschen mit Behinderung viel<br />

mehr erreichen!“<br />

Viele Kinder in <strong>Jamaika</strong><br />

warten noch auf Behandlung.<br />

Bitte helfen Sie mit!<br />

Eine Rehabilitationsfachkraft, die Familien mit behinderten<br />

Kindern zu Hause besucht, kostet pro Monat 50 Euro<br />

Kennwort: CBR<br />

Ein Rollstuhl für ein körperbehindertes Kind kostet 120 Euro.<br />

Kennwort: Rollstuhl<br />

Selbstverständlich helfen auch kleinere Beträge!

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