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Freude am Garten 1/2014

Wirkungsvolle Winterzeit

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Wissen<br />

Der Efeu (s. Abb. 1)<br />

Kletterpflanzen besiedeln gerne Bäume, weil sie in der Höhe gute<br />

Lichtbedingungen vorfinden. Efeu kann sich an Bäumen stark entwickeln.<br />

Obwohl es sich nur mit Haftwurzeln an St<strong>am</strong>m und Ästen hält,<br />

zeigt es mehrere Nachteile. Durch die starke Beschattung wird die<br />

Fotosyntheserate des Baumes zumindest teilweise reduziert. Die Gewächse<br />

können zudem so schwer werden, dass kleine Äste unter der<br />

Last brechen. Ein starker Wuchs führt im Wurzelbereich des Baumes<br />

auch zu einer erheblichen Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe.<br />

Die Flechten (s. Abb. 2)<br />

Sie treten in vielen Farben und Formen auf. Dabei handelt es sich<br />

nicht um einen eigenen Organismus, sondern um eine Symbiose<br />

(Lebensgemeinschaft) aus Pilzen und Cyanobakterien oder Algen.<br />

Die Algen liefern dem Pilz Kohlenhydrate; der Pilz gibt der Alge ein<br />

«Gerüst», schützt sie vor dem Austrocknen und verbessert ihre Wasser-<br />

und Mineralstoffversorgung.<br />

Der Pilz verankert die Flechte <strong>am</strong> Substrat (z. B. der Baumrinde) und<br />

gibt ihr die Form. Die Algen bzw. Bakterien liefern – eingebettet im<br />

Pilzgeflecht – über die Fotosynthese die nötige Energie. Flechten besitzen<br />

keine Wurzeln; sie müssen das Wasser in gasförmiger und<br />

flüssiger Form über ihre Oberfläche aufnehmen. Bei trockener Witterung<br />

können sie rasch fast vollständig austrocknen, ohne dass sie<br />

dadurch Schaden nehmen. In diesem Zustand vermögen Flechten<br />

sehr lange in einer Art Ruhephase zu verharren und überstehen auch<br />

extreme Hitze und Kälte.<br />

Es ist kaum bekannt, dass Flechten in einer grossen Artenvielfalt<br />

vertreten sind und in der Schweiz nahezu 600 baumbewohnende<br />

Arten nachgewiesen wurden. Leider gehören aber genau diese an<br />

Bäumen lebenden Flechten zu den stark bedrohten Organismen, weil<br />

sie gegenüber Luftverunreinigungen (Schwefeldioxid, Schwermetalle<br />

etc.) sehr empfindlich sind. Aus diesem Grund gelten sie als Bioindikatoren<br />

für die Luftqualität. Dort, wo man sie findet, kann man<br />

von einer guten Luftqualität ausgehen. Flechten beeinträchtigen die<br />

Gesundheit eines Baumes nicht – im Gegenteil: Sie dienen verschiedenen<br />

Kleinlebewesen und Mikroorganismen als Nahrungssubstrat,<br />

Schutz, Eiablage- und Überwinterungsort. Dazu zählen neben<br />

Springschwänzen, Nematoden und Tausendfüssern auch Raubmilben<br />

und räuberische Wanzen. Darum wäre es verfehlt, die Flechtenbeläge<br />

abkratzen zu wollen.<br />

Die Algen<br />

Es handelt sich nicht um die bekannten Grünalgen, die man im<br />

Sommer in Gewässern beobachten kann. Diese Luftalgen besiedeln<br />

Felsen, aber auch Baumrinden oder Gehwegplatten an schattigen<br />

Orten im <strong>Garten</strong>, wo sie nur langs<strong>am</strong> abtrocknen können.<br />

Auf der Wetterseite der Stämme, manchmal vor allem im unteren<br />

St<strong>am</strong>mbereich, kann sich ein rotbrauner Belag entwickeln. Die<br />

rotbraune Fadenalge (Trente pholia umbrina) ist jedenfalls auf ein<br />

Substrat angewiesen, das regelmässig feucht wird. Der Algenbelag<br />

schadet den Bäumen nicht. Die Rotfärbung entsteht durch eine<br />

starke Überlagerung des grünen Chlorophylls von anderen Farbstoffen.<br />

Die Misteln (s. Abb. 3)<br />

Anders als die genannten Algen, Flechten, Moose und Kletterpflanzen<br />

fügt die Mistel (Viscum album) als Halbschmarotzer<br />

den Bäumen direkten Schaden zu. Mit speziellen Organen, die im<br />

Holzgewebe versenkt sind, werden dem Baum Wasser und Mineralstoffe<br />

entnommen, während in den grünen Blättern das Chlorophyll<br />

den Zucker und andere Stoffe aufbereiten hilft.<br />

Befallen werden häufig Pappeln, Robinien und Ahorne; bei den<br />

Obstbäumen vor allem der Apfelbaum. Steinobstbäume werden<br />

offenbar nicht infiziert. Die weissen Beeren sind für Vögel ein<br />

willkommenes Winterfutter. Drosseln, Amseln und Stare verschlucken<br />

die Beeren unzerteilt. Die klebrigen S<strong>am</strong>en bleiben<br />

auch nach der Magen-Darm-Passage keimfähig und können auf<br />

geeigneten Bäumen zu weiterem Mistelbefall führen.<br />

Das Ausmass des Schadens ist relativ schwierig abzuschätzen. Die<br />

Wirkung bei Weisstannen kann stark sein. Bei Apfelbäumen führt<br />

der Nahrungsentzug möglicherweise dazu, dass der befallene Ast<br />

oder gar der ganze Baum eingeht.<br />

Da eine chemische Bekämpfung nicht möglich ist, könnte man<br />

versuchen, die Auswüchse auf dem Baum abzuschneiden oder<br />

abzubrechen. Allerdings kann sich die Mistel aus den im Baum<br />

verbliebenen Teilen regenerieren. Ob ein geringfügiger Besatz toleriert<br />

werden kann, ist Ermessenssache. Allenfalls ist der befallene<br />

Ast ganz zu entfernen.<br />

Ruedi Baeschlin<br />

40<br />

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3

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