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Physische Geographie und Humangeographie - Spektrum der ...

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Einstieg 5<br />

Indien<br />

Golf von<br />

Mannar<br />

Indischer Ozean<br />

Sri Lanka<br />

Colombo<br />

Yala-<br />

Nationalpark<br />

Hauptsiedlungsgebiet<br />

<strong>der</strong> Tamilen<br />

100 km<br />

Abb. 2 Tamilengebiete auf Sri Lanka (verän<strong>der</strong>t nach Spiegel<br />

vom 10.1.2005).<br />

<strong>Geographie</strong> ist eine <strong>der</strong> wenigen Wissenschaften, welche<br />

naturwissenschaftliche Fragestellungen (z. B. Ursache von<br />

Naturkatastrophen) mit gesellschaftlichen Problemstellungen<br />

(unterschiedliche Folgen von Katastrophen in verschiedenen<br />

Staaten <strong>und</strong> Regionen) verknüpfen.<br />

<strong>Geographie</strong> ist eine <strong>der</strong> wenigen Wissenschaften, welche<br />

die unterschiedlichen Maßstabsebenen von global bis<br />

lokal miteinan<strong>der</strong> verknüpft, das heißt, die globale Umweltsituation<br />

<strong>und</strong> die ökologische Zukunft unseres Planeten<br />

ebenso in den Blick nimmt wie die alltägliche Armut <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong>en Bestimmungsgründe in einem Dorf <strong>der</strong> „Dritten“<br />

Welt. <strong>Geographie</strong> handelt von <strong>der</strong> Erklärung <strong>und</strong> vom Verständnis<br />

<strong>der</strong> Abhängigkeiten <strong>und</strong> Wechselbeziehungen zwischen<br />

Standorten <strong>und</strong> Räumen, sie befasst sich mit <strong>der</strong><br />

räumlichen Organisation menschlichen Handelns <strong>und</strong> den<br />

Beziehungen zwischen Gesellschaft <strong>und</strong> Umwelt.<br />

<strong>Geographie</strong> lebt damit vom Perspektivenwechsel. Geographen<br />

versetzen sich in an<strong>der</strong>e Rollen; sie dekonstruieren<br />

viele Vorurteile unseres alltäglichen „Weltbildes“, all die<br />

Vorstellungen des kulturell „Eigenen“ <strong>und</strong> des „Fremden“.<br />

Geographisches Wissen erlaubt damit eine kritische Reflexion<br />

vieler in den Medien vermittelter Vorstellungen <strong>und</strong><br />

ermöglicht politisches Engagement. Die <strong>Geographie</strong> stellt<br />

anwendungsorientiertes Wissen zum Umgang mit natürlichen<br />

wie politischen Ereignissen bereit, seien es nun<br />

Naturkatastrophen o<strong>der</strong> die politischen Großereignisse<br />

unserer Gegenwart (internationaler Terrorismus).<br />

<strong>Geographie</strong> ist eine <strong>der</strong> wenigen Wissenschaften, welche<br />

aktuelle Ereignisse mit langfristigen Entwicklungen verknüpft,<br />

beispielsweise die aktuelle Flutkatastrophe mit lang<br />

andauernden tektonischen Prozessen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

auf unserem Planeten (Stichwort Global Change). <strong>Geographie</strong><br />

hat auch auf <strong>der</strong> „Zeitschiene“ einen „langen Atem“,<br />

Prozesse von geographischer Relevanz reichen von kurzfristigen<br />

Ereignissen – seien dies katastrophenartige natürliche<br />

Prozesse wie Vulkanausbrüche, Lawinen, Wirbelstürme<br />

o<strong>der</strong> kurzatmige kulturelle „Events“ einer Konsum<strong>und</strong><br />

Freizeitgesellschaft – bis hin zu den langsamen Entwicklungen,<br />

beispielsweise ökonomischen Entwicklungszyklen<br />

<strong>der</strong> Menschheit, langen geschichtlichen Phasen <strong>der</strong><br />

Entwicklung von Städten, globalen klimatischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

o<strong>der</strong> aber <strong>der</strong> Prozesse <strong>der</strong> Formung <strong>der</strong> Erdoberfläche.<br />

Eine zentrale Rolle spielt dabei <strong>der</strong> Raum. Dieser wird als<br />

genuiner Forschungsgegenstand unserer Disziplin für die<br />

Menschen <strong>und</strong> ihre Gesellschaft auf unterschiedlichen Ebenen<br />

relevant. Er ist sozusagen mehrdeutig.<br />

Raum ist einerseits <strong>und</strong> zunächst die materielle Anordnung<br />

unserer natürlichen <strong>und</strong> anthropogenen Umwelt. Auf<br />

dieser Ebene fragen Geographen danach, warum sich wo<br />

welche Dinge ereignen <strong>und</strong> interpretieren räumliche Muster,<br />

sie versuchen gleichartige o<strong>der</strong> verschiedenartige<br />

Räume voneinan<strong>der</strong> abzugrenzen. Dabei kann es sich um<br />

primär naturwissenschaftlich definierte Räume handeln<br />

(naturräumliche Glie<strong>der</strong>ung, Landschaften) o<strong>der</strong> aber um<br />

wirtschafts- <strong>und</strong> sozialräumliche Einheiten o<strong>der</strong> aber politische<br />

Räume. Die <strong>Geographie</strong> versucht dabei, die Welt o<strong>der</strong><br />

Teile von ihr in Gedanken räumlich zu ordnen, um sie übersichtlicher<br />

<strong>und</strong> verstehbarer zu machen.<br />

Der Raum ist für die <strong>Geographie</strong> aber noch mehr als eine<br />

Art strukturelle Ordnungsmatrix. Räume sind in mannigfaltiger<br />

Weise aufgeladen mit symbolischer Bedeutung, das<br />

heißt, sie haben eine Funktion, die über die physisch-materielle<br />

Struktur hinausweist. Auschwitz ist eben nicht nur ein<br />

Dorf in Südwestpolen, New York nicht nur eine große Stadt<br />

an <strong>der</strong> Ostküste <strong>der</strong> USA. Architekten <strong>und</strong> Bauherren beispielsweise<br />

haben zu allen Zeiten nicht nur gebaut, son<strong>der</strong>n<br />

in ihren Bauten Bedeutung zu evozieren <strong>und</strong> Macht zu symbolisieren<br />

versucht, angefangen von den Prachtbauten im<br />

alten Rom bis zu den monströsen Stadtplanungen eines<br />

Albert Speer im Nationalsozialismus. Auch in mittelalterlichen<br />

Domen <strong>und</strong> Kirchen o<strong>der</strong> in den „Kathedralen <strong>der</strong><br />

Mo<strong>der</strong>ne“, den hoch aufstrebenden World Trade Centers<br />

o<strong>der</strong> Banktürmen in New York <strong>und</strong> Frankfurt, ist Macht<br />

kodiert. Der Streit in Berlin um den Abriss des ehemaligen<br />

Palastes <strong>der</strong> Republik <strong>und</strong> den möglichen Wie<strong>der</strong>aufbau des<br />

Berliner Stadtschlosses zeigt, wie hier Raum symbolisch<br />

„instandbesetzt“ wird. Hier geht es nicht um Sandsteinsockel,<br />

Betonqua<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Flachdächer, son<strong>der</strong>n um die<br />

symbolische Bedeutung von Raum. Raum ist mit seiner vielfältigen<br />

symbolischen Bedeutung nicht nur ein Medium<br />

sozialer Kommunikation, er ist unverzichtbarer Baustein<br />

gesellschaftlicher Strukturierung <strong>und</strong> Identität.<br />

Im Folgenden werden die beiden zentralen Kategorien<br />

<strong>der</strong> <strong>Geographie</strong>, „Raum <strong>und</strong> Zeit“, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umgang mit<br />

ihnen etwas näher beleuchtet.

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