Delisting und Aktionärsrechte Urteilsbesprechung, BGH ... - Nwir.de
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Es darf jedoch nicht übersehen wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>m Aktionär mit <strong>de</strong>m Rückzug <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
aus <strong>de</strong>m amtlichen Han<strong>de</strong>l (§ 38 Abs. 4 BörsG) o<strong>de</strong>r vom geregelten Markt (§ 52<br />
Abs. 2 BörsG) <strong>de</strong>r Markt genommen wird, <strong>de</strong>r ihn in die Lage versetzt, <strong>de</strong>n Wert seiner<br />
Aktien je<strong>de</strong>rzeit durch Veräußerung zu realisieren. Das ist für <strong>de</strong>n Großaktionär o<strong>de</strong>r für<br />
Paketbesitzer, die mit ihrer Beteiligung unternehmerische Interessen <strong>und</strong> nicht lediglich<br />
Anlageinteressen verfolgen, ohne Be<strong>de</strong>utung. Für die Min<strong>de</strong>rheits- <strong>und</strong> Kleinaktionäre,<br />
<strong>de</strong>ren Engagement bei einer Aktiengesellschaft allein in <strong>de</strong>r Wahrnehmung von Anlageinteressen<br />
besteht, bringt <strong>de</strong>r Wegfall <strong>de</strong>s Marktes hingegen wirtschaftlich gravieren<strong>de</strong><br />
Nachteile mit sich, die auch nicht durch die Einbeziehung <strong>de</strong>r Aktien in <strong>de</strong>n Freihan<strong>de</strong>l<br />
ausgeglichen wer<strong>de</strong>n können.<br />
Dieser Verkehrsfähigkeit <strong>de</strong>r Aktien einer an <strong>de</strong>r Börse zugelassenen Aktiengesellschaft<br />
ist mit <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts für die Wertbestimmung <strong>de</strong>r<br />
Anteile eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung beizumessen: Steht <strong>de</strong>m Aktionär nach Abschluß<br />
eines Unternehmensvertrages im Sinne <strong>de</strong>s § 291 AktG o<strong>de</strong>r nach Vornahme einer Einglie<strong>de</strong>rung<br />
im Sinne <strong>de</strong>r §§ 319 ff. AktG ein Abfindungsanspruch zu, dann muß <strong>de</strong>r Abfindungsbetrag<br />
so bemessen sein, daß die Min<strong>de</strong>rheitsaktionäre nicht weniger erhalten,<br />
als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung in <strong>de</strong>m maßgeben<strong>de</strong>n Zeitpunkt hätten<br />
erzielen können (BVerfGE 100, 289 - DAT/Altana; BVerfG, Beschl. v. 23. August<br />
2000 - 1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670 - Moto Meter; zum variablen Ausgleich<br />
vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 - 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 - Hartmann<br />
& Braun; zum Abfindungsanspruch bei Abschluß eines Unternehmensvertrages vgl. bereits<br />
<strong>BGH</strong>Z 135, 374, 377 ff.). Der Verkehrswert <strong>und</strong> die je<strong>de</strong>rzeitige Möglichkeit seiner<br />
Realisierung sind danach Eigenschaften <strong>de</strong>s Aktieneigentums (BVerfGE 100, 289, 305 f.<br />
- DAT/Altana), die wie das Aktieneigentum selbst verfassungsrechtlichen Schutz genießen.<br />
Dies muß unmittelbare Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>s vermögensrechtlichen<br />
Schutzes haben, <strong>de</strong>n das Mitgliedschaftsrecht <strong>de</strong>s Aktionärs genießt. Zwar erstreckt<br />
sich <strong>de</strong>r mitgliedschaftliche Vermögensschutz nach <strong>de</strong>r gesetzlichen Regelung unmittelbar<br />
lediglich auf die Gewährleistung <strong>de</strong>s Gewinnbezugsrechtes, <strong>de</strong>s Liquidationsanteils<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>s relativen Vermögenswertes <strong>de</strong>r Beteiligung. Hat <strong>de</strong>r Verkehrswert einschließlich<br />
<strong>de</strong>r Verkehrsfähigkeit <strong>de</strong>s Aktienanteils aber Teil an <strong>de</strong>r Eigentumsgarantie <strong>de</strong>s Art. 14<br />
Abs. 1 GG, so ist dieser Schutz auch im Verhältnis <strong>de</strong>r Gesellschaft zu <strong>de</strong>n Aktionären<br />
zu beachten. Unter dieser Voraussetzung betrifft er keineswegs nur das außermitgliedschaftliche<br />
Rechtsverhältnis <strong>de</strong>s Aktionärs zu Dritten; er ist vielmehr bei börsennotierten<br />
Gesellschaften unerläßlicher Bestandteil <strong>de</strong>s Rechtsverhältnisses zwischen Aktiengesellschaft<br />
<strong>und</strong> Aktionär (vgl. dazu Hellwig/Bormann, ZGR 2002, 465, 473 ff.; a.A.<br />
Wirth/Arnold aaO, S. 115). Da <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s mitgliedschaftlichen Vermögenswertes<br />
nicht in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Geschäftsleitung, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Hauptversammlung liegt, ist für<br />
Entscheidungen darüber auch die Hauptversammlung zuständig. Die Hauptversammlung,<br />
nicht die Verwaltung hat darüber zu befin<strong>de</strong>n, ob das <strong>Delisting</strong> als eine die Verkehrsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Aktie <strong>und</strong> damit <strong>de</strong>n Verkehrswert <strong>de</strong>s Anteils beeinträchtigen<strong>de</strong><br />
Maßnahme im Hinblick auf <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>rheitenschutz durchgeführt wer<strong>de</strong>n darf <strong>und</strong> soll<br />
(i.E. ebenso Hüffer aaO, § 119 Rdn. 24; Hellwig, ZGR 1999, 781, 799; Lutter, FS Zöllner<br />
1998, Bd. I S. 363, 380; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; Schwark/Geiser, ZHR<br />
161 (1997), 739, 763; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 474 f.).<br />
2. Der Umstand, daß die Entscheidung über ein <strong>Delisting</strong> <strong>de</strong>r Hauptversammlung vorbehalten<br />
ist, vermag allein keinen hinreichen<strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheitsaktionäre zu<br />
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