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Text - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Heft 1<br />

Vortragsabend<br />

15. März 2001<br />

Winterberg-Züschen<br />

ISSN 1612-3328


Mundarten im Sauerland<br />

Op Platt<br />

<strong>Text</strong>e aus den Kreisen<br />

Hochsauerland und Olpe<br />

zum Lesen und zum Hören<br />

Heft 1 mit CD<br />

Vortragsabend 15. März 2001<br />

Winterberg-Züschen<br />

Herausgegeben vom<br />

MUNDARTARCHIV SAUERLAND (COBBENRODE)<br />

Meschede und Olpe 2008


DANKSAGUNG<br />

Der Trägerverein MUNDARTARCHIV SAUERLAND e.V. dankt<br />

allen öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen für<br />

die großartige Unterstützung mit Rat und Tat und für die Gewährung<br />

von finanziellen Mitteln, die das Projekt „Mundarten im Sauerland“<br />

von 1998 bis 2001 und seither die Arbeit des Mundartarchivs Sauerland<br />

ermöglicht haben.<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

Die Sparkassen<br />

im Kreis Olpe<br />

Gemeinde<br />

Eslohe<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Kreis Olpe<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Copyright ©: Trägerverein Mundartarchiv Sauerland e.V.<br />

Nachdruck, fotomechanische, elektronische und tontechnische Wiedergabe von <strong>Text</strong> & Ton<br />

sind urheberrechtlich geschützt und ohne Einzelgenehmigung des Herausgebers nicht<br />

gestattet. Herausgeber und Autoren gestatten den Nachdruck der <strong>Text</strong>e und CDs für<br />

Unterrichtszwecke in Schulen und Einrichtungen der Weiterbildung.<br />

Tonaufnahmen und <strong>Text</strong>übertragungen: Dr. Werner Beckmann<br />

c/o Mundartarchiv Sauerland Stertschultenhof in Cobbenrode, Olper Str. 3,<br />

59889 Eslohe, Telefon 02973-818554. E-mail: mundartarchiv@gmx.de<br />

Satz und Layout: Thomas Feldmann / Beate Scholemann, Kreis-VHS Olpe<br />

Redaktion: Klaus Droste, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Trägervereins<br />

ISSN 1612-3328<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Einführung in die Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND 5<br />

1. Elisabeth Oberließen, Züschen Nu well iëck ugg mol<br />

wat vertellen 9<br />

2. Franz Reineke, Braunshausen* So’n Wendadoak 11<br />

3. Hedwig Habitzki, Westernbödefeld Dat witte Froihjohr 12<br />

4. Helmut Geilen, Niedersfeld Daue Klocken in Reëm 14<br />

5. Ursula Sommer, Altastenberg De Prossjaan 15<br />

6. Heribert Schmidt,<br />

Wulmeringhausen Froihjohrsputz 17<br />

7. Bruno Völlmecke, Hallenberg* Eehn Friehlingsdag 19<br />

8. Theresia Imberg, Niedersfeld Hexennacht 1974 21<br />

9. Regina Brieden, Züschen Tufelnbroden 22<br />

10. Maria Kleinsorge, Züschen, und<br />

Josefa Hoffmann, Züschen Dorfgespräch op Platt 23<br />

11. Maria Droste, Welschen-Ennest De Amtskuckuck 26<br />

12. Franz Völlmecke, Züschen 125. Jubilläum van der<br />

St. Hubertus-Breiderschaft 28<br />

13. Bruno Senge, Silbach Use Ahnen 29<br />

14. Bernhard Kresin, Rüthen De Oikbäom 31<br />

15. Anna Grundhoff, Düdinghausen Vam Brautbacken sau<br />

vör 70 Johren 34<br />

16. Johanna Balkenhol, Brilon Dei erfüllte Wunsk 39<br />

17. Hubert Hoffmann, Bruchhausen Paul un Karel wollen<br />

Fiske fangen 40<br />

18. Hildegund Winzenick, Züschen Dat leiwe Geld 42<br />

19. Karl-Heinz Schreckenberg,<br />

Brilon Dönekes 44<br />

3


Der Plattdeutsche Vortragsabend in Züschen wurde gemeinsam veranstaltet<br />

vom Förderverein für Kultur, Denkmalpflege und Naturschutz Züschen e.<br />

V., von der Katholischen Frauengemeinschaft Züschen und vom Sauerländer<br />

<strong>Heimatbund</strong> im Rahmen des Projektes „Mundarten im Sauerland“. Die<br />

Veranstaltung wurde vorbereitet und geleitet von Dr. Werner Beckmann und<br />

Klaus Droste.<br />

Zum Einfluß des hochdeutschen Sprechalltags und der Medien<br />

(Zeitung, Radio, Fernsehen) auf den gesprochenen plattdeutschen<br />

Wortschatz während des Interviews<br />

Da das Plattdeutsche heute nicht mehr die alltägliche Sprache ist,<br />

macht sich der Einfluß des Hochdeutschen, das inzwischen die<br />

Sprache des täglichen Lebens geworden ist, bemerkbar. Auch im<br />

vorliegenden Interview wird manchmal statt eines rein plattdeutschen<br />

Ausdruckes seine hochdeutsche Entsprechung verwandt, so heißt es<br />

manchmal „häochduitsch“ statt plattdeutsch „häochduitsk“. In solchen<br />

Fällen ist im <strong>Text</strong> in der Regel die plattdeutsch zu erwartende<br />

Variante gesetzt worden, um den Lesern das <strong>Text</strong>verständnis nicht zu<br />

erschweren.<br />

* Anmerkung:<br />

Der Braunshauser und der Hallenberger Dialekt gehören zu den<br />

hessischen und damit zu den hochdeutschen Mundarten.<br />

4


Einführung<br />

In der vorliegenden Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND<br />

werden mundartliche Tonaufnahmen und deren Verschriftlichungen<br />

aus den Kreisen Hochsauerland und Olpe veröffentlicht. Die Tonaufzeichnungen<br />

entstanden bei Plattdeutschen Vortragsabenden und bei<br />

Einzelinterviews mit Sprechern aus allen Städten und Gemeinden der<br />

beiden Kreise.<br />

Die Schriften und CDs sind bestimmt für den Einsatz in Schulen und<br />

sonstigen Bildungseinrichtungen; weitere Verwendungen ( z.B. bei<br />

Lesungen, bei lokalen Festen, für historische und linguistische Forschungen,<br />

u.ä.) sind gestattet, wenn diese gemeinnützig sind bzw.<br />

ohne die Absicht, Gewinne zu erzielen.<br />

Das MUNDARTARCHIV SAUERLAND ist hervorgegangen aus<br />

dem vom Sauerländer <strong>Heimatbund</strong> getragenen Projekt MUND-<br />

ARTEN IM SAUERLAND, das von 1998 bis 2001 im Rahmen der<br />

Regionalen Kulturpolitik in der Region Sauerland gefördert wurde<br />

vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des<br />

Landes NRW, vertreten durch den Regierungspräsidenten in Arnsberg<br />

und seine Mitarbeiter. Die ehrenamtliche Geschäftsführung lag in den<br />

Händen von Klaus Droste, Leiter der Volkshochschule des Kreises<br />

Olpe. Die wissenschaftliche Betreuung gewährleistete die Kommission<br />

für Mundart- und Namenforschung des Landschaftsverbandes<br />

Westfalen-Lippe, vertreten durch Prof. Dr. Hans Taubken. Die Tonund<br />

<strong>Text</strong>aufzeichnungen führte Dr. Werner Beckmann als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter des Projektes und nunmehr Leiter des<br />

Mundartarchivs durch.<br />

Das Projekt konnte nur verwirklicht werden mit der großzügigen<br />

Anschubfinanzierung und der anschließenden jährlichen Unterstützung<br />

durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzialversicherungen<br />

und des Kultusministeriums NRW. Die beiden Kreise<br />

Hochsauerland und Olpe haben sowohl das Projekt von Anfang an als<br />

auch das Mundartarchiv seit seiner Gründung 2001 durch regelmäßige<br />

Zuwendungen mitgetragen. Schließlich leisteten die neun Sparkassen<br />

in den beiden Kreisen einen erheblichen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung<br />

während der Projektphase.<br />

5


Im Trägerverein MUNDARTARCHIV SAUERLAND E.V. tragen<br />

sieben Körperschaften und Vereine als „Gründerpaten“ die Verantwortung<br />

für die kontinuierliche Arbeit des Archivs: die Kreise<br />

Hochsauerland und Olpe, die Gemeinde Eslohe, der Sauerländer<br />

<strong>Heimatbund</strong> e.V., die Christine Koch Gesellschaft e.V., der Heimatund<br />

Förderverein Cobbenrode e.V. und der Museumsverein Eslohe<br />

e.V. Weitere persönliche Mitgliedschaften und private Spenden zeigen<br />

das Interesse in der Bevölkerung für die Pflege der plattdeutschen<br />

Sprache. Unterstützung gewähren ferner der Westfälische <strong>Heimatbund</strong>,<br />

die Stiftung Westfalen Initiative sowie als bedeutende<br />

Sponsoren der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und seit 2003 die<br />

RWE Gas AG.<br />

Bedeutung und Situation der sauerländischen Mundarten<br />

Das ehemalige Kurkölnische Sauerland stellt innerhalb der niederdeutschen<br />

Mundartlandschaften eine besonders archaische Region dar.<br />

Laut- und formengeschichtlich sowie lexikalisch bildet sie ein<br />

kompliziertes Bild mit hoher Varianz und ist deshalb vom sprachwissenschaftlichen<br />

Standpunkt her gesehen absolut exklusiv. Nirgendwo<br />

im niederdeutschen Raum können Sprachwissenschaftler so tiefe<br />

Einblicke in die Entwicklungsgeschichte dieser seit mehr als 1000<br />

Jahren überlieferten Sprache gewinnen.<br />

Ursache ist die relative Unzugänglichkeit der Region in früheren<br />

Zeiten, die älteste Sprachzustände bis in die heutigen Mundarten<br />

bewahrt hat, während in anderen verkehrsgünstigeren Regionen<br />

zahlreiche Ausgleichsprozesse stattgefunden haben.<br />

Während das Plattdeutsch noch vor 100 Jahren als funktionierendes<br />

Kommunikationssystem vorhanden war, ist der Mundartgebrauch –<br />

gerade auch wegen der kleinregionalen Differenziertheit – zuerst in<br />

den Städten und nach dem 2. Weltkrieg auch auf dem Lande rapide<br />

zurückgegangen, stärker als in Regionen mit größeren sprachlichen<br />

Gemeinsamkeiten. Wenn man mit jemandem aus einem schon wenig<br />

entfernt liegenden Ort sprechen will, bedient man sich lieber des<br />

Hochdeutschen, um Missverständnisse zu vermeiden. Der Rückgang<br />

gilt heute gleichermaßen auch innerhalb der Dörfer, Nachbarschaften<br />

und Familien, ein Tribut an die moderne mediale Gesellschaft.<br />

6


Autochthone Sprecher sauerländischer Mundarten sind heute – von<br />

Ausnahmen abgesehen – 60 Jahre alt und älter. Die tatsächlich gesprochenen<br />

Mundarten aufzuzeichnen und ihren sprachlichen Reichtum<br />

für die Nachwelt zu sichern, war und ist die wichtigste Aufgabe.<br />

Das Projekt MUNDARTEN IM SAUERLAND hat diese Sicherung<br />

auf zwei Ebenen erfüllt: Einerseits wurde schriftlich überlieferte<br />

Sprache (Dialektliteratur) erfasst und allgemein zugänglich archiviert,<br />

andererseits wurde der Schwerpunkt auf eine direkte Erfassung der<br />

heute noch gesprochenen Ortsdialekte durch Aufzeichnung von<br />

Interviews gelegt. Es geht dabei nicht um Folklore oder um<br />

Idealisierung vergangener Zustände, sondern um Inventarisierung<br />

dessen, was an Informationen noch erreichbar ist.<br />

Das MUNDARTEN-Projekt und das daraus hervorgegangene<br />

MUNDARTARCHIV SAUERLAND haben innerhalb des westfälischen<br />

Raumes und eigentlich für den ganzen norddeutschen Raum<br />

Modellcharakter, denn nirgendwo stehen bisher für eine so umfassende<br />

Region Daten zur Aussprache, zum Wortschatz, zur Syntax,<br />

zum Brauchtum, zu Redensarten, zum Liedgut usw. mit einer derartigen<br />

Belegdichte zur Verfügung.<br />

Parallel zum plattdeutschen Sprachatlas, der mit den flächendeckend<br />

aufgenommenen Tonbandinterviews entstanden ist, erschließt sich mit<br />

den Verschriftlichungen nach und nach eine, vom kirchlichen,<br />

gemeindlichen und familiären Jahreskreis geprägte, Sitten- und Kulturgeschichte<br />

des Sauerlandes. Mundartforschung, Volkskunde und<br />

Literaturwissenschaft werden in vielfacher Hinsicht von den Projektergebnissen<br />

und der Arbeit des Mundartarchivs befruchtet.<br />

Die Aufgaben des MUNDARTARCHIVS Sauerland<br />

Das Archiv erfüllt langfristig die folgenden Forschungs- und Dienstleistungsaufgaben:<br />

• die wissenschaftliche Archivierung der Tondokumente mit den<br />

heute gesprochenen Mundarten;<br />

• die Verschriftlichung der Tonaufnahmen in die niederdeutsche<br />

Sprache;<br />

7


• die Erfassung und Sammlung der schriftlich überlieferten<br />

Mundartliteratur der Region, der Sekundärliteratur und weiterer<br />

Dokumente über die Mundart;<br />

• die wissenschaftliche Beratung von linguistischen, literarischen<br />

und kulturkundlichen Forschungsvorhaben;<br />

• die Vorbereitung der „<strong>Text</strong> + Ton“-Veröffentlichungen von<br />

Arbeits-/Unterrichtsmaterialien für Schulen, Erwachsenenbildungseinrichtungen,<br />

plattdeutsche Arbeitskreise, Hochschulen und<br />

andere interessierte Institutionen und Personen in Form von <strong>Text</strong>heften<br />

und Tonträgern (CD) für jeden Mundartbereich in den 19<br />

Städten und Gemeinden der beiden Kreise;<br />

• die Vorbereitung einer Sammlung ausgewählter literarischer <strong>Text</strong>e<br />

(Anthologie), wiederum begleitet von Tonträgern;<br />

• die Beratung und Unterstützung bei der Durchführung von<br />

Plattdeutschen Vortragsabenden und beim Plattdeutschen Unterricht<br />

in Schulen (Vermittlung von plattdeutschen Sprechern).<br />

Allen bisherigen und gegenwärtigen Förderern von MUNDARTEN<br />

IM SAUERLAND und MUNDARTARCHIV SAUERLAND sei an<br />

dieser Stelle sehr herzlich gedankt. Intensiver Dank und hohe<br />

Anerkennung gebührt insbesondere allen Autoren und Sprechern der<br />

Mundarten in über 200 Interviews, bei Plattdeutschen Vortragsabenden<br />

und zahlreichen Konferenzen der plattdeutschen Arbeitskreise im<br />

ehemals kurkölnischen Sauerland.<br />

Die Schriftenreihe MUNDARTEN IM SAUERLAND will die plattdeutsche<br />

Muttersprache in <strong>Text</strong> + Ton an und in die jungen Generationen<br />

weitergeben und damit die Mundarten im Sauerland lebendig<br />

erhalten.<br />

Dr. Werner Beckmann, Leitung des Mundartarchivs Sauerland<br />

Klaus Droste, Projektgründung und Geschäftsführung des Mundartarchivs Sauerland<br />

Georg Scheuerlein, Vorsitzender des Trägervereins Mundartarchiv Sauerland<br />

Prof. Dr. Hans Taubken, wissenschaftl. Projektbegleitung; Geschäftsführer der<br />

Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalen (LWL)<br />

Dieter Wurm, ehem. Vorsitzender des Sauerländer <strong>Heimatbund</strong>es<br />

8


1. Nu well iëck ugg mol wat vertellen<br />

Elisabeth Oberließen, Züschen<br />

För dei frömmeden Lüde mott iëck dann noch siëgen. Hi unse alle<br />

Frau Göpel - dei Tüschers henn se alle - oder het se alle kannt - dat<br />

wor unse Hebamme.<br />

Se verstong är Geschäft, un jede Familie harre miët iär te donne. Un<br />

ümme düese Frogge - bu sall iëck dat nu siëgen, ümme düese Frogge<br />

wor ganz Tüschen verlegen. Wann dei nit ewiäst wör bi Dag un bi<br />

Nacht, bei härre dann de kleinen Blagen ebracht? Sau wor dat nu bi<br />

uns im Dorp. Wann me se brukere, stong se ümmer parot.<br />

Wann’t irgendwann wor wier sau wiet, reipen se de Frogge, un’t wor<br />

auk Tied. Dei kam saufort un halp en wennig noh, un et duerte nit<br />

lange, dann wor dat Kind do. Tau der Frogge do harren Vertruggen de<br />

Lüde. Diän Dotter diän harren se nit neidig dobie. Et gaffte auk im<br />

ganzen Wintermerigge blaut twei, ennen för de Menschen un ennen<br />

för’t Veih. Dei Frogge kreig nu för all dat Wejjen, dat Helpen un dat<br />

Praktezeiern, dat domols anderster wor ase in düen Dagen, dei Frogge<br />

dei kreig seß Mark för jedes Blage. Egal ob en Mäken oder Jungen se<br />

harre hoalt, se kreig seß Mark un domiëre wor alles betahlt. Wann me<br />

siëck dat üewerliëget, dann siëget me siëck woall, dat wor för de<br />

Arbet nit teviëll. Dat mott siëck dei Frogge auk selbest woall siëgen<br />

un wor domet lange am Üewerliëgen, un kam dann domiëre rut: Se<br />

können sülke Saken nit meh för’n allen Pries maken. Un se härre siëck<br />

alsau dacht, et wör klor, et wör doch meh Arbet un et wör auk sau<br />

schwor. Sei härren van nu aan för dat Kinger-Hoallen en Daler meh te<br />

betahlen. Dat gaffte nu, mi könnt dat nit meh verstohn, in unsem<br />

Dorpe ne kleine Revolutiaun. Ach, wat konn me do för’n Daler alles<br />

keipen. Dat schmitt je diän ganzen Hushalt rein üeber diän Haupen.<br />

Auk bi uns im Husse wor dat en Problem. Sesse woren alle do. Mi<br />

wöllt dovanne schwiejen, dei Freide wor do woall optekrijjen. Unse<br />

Mutter wor auk saufort domiëre inverstohn, ase dei andern seäggden:<br />

Do mötten mi wat donn.“ Un twei Dage drop bi uns im Üeberdorpe do<br />

hellen se Rot. Do kamen se alle binein: Schmieres Hedwig, Harbeken<br />

Kathriene, Kaspers Anna un Antönnekes Luwiese. Dei Stobe wor vull.<br />

Se saten biem Kaffee un kreijen raude Ohren, alle Froggen, dei wier<br />

9


sau wiet woren. Un do bi Kaffee un Kaffeekauken, do hett se eärk<br />

dann besproken, do hett se dann lause leäggt un schwadroniert, dat<br />

mächten se nit miëre, un hett protestiert: „Dat möchte siëck dat Frogge<br />

selbest woall siëgen, dat wör teviëll Geld, dat können se nit dräjen. Et<br />

wör nit blaut för’n paar - düese Weäken, mit teihn, twölf Blagen<br />

möchte jeder doch riäken, un ümmer diän Opschlag, dat leip in de<br />

Kosten, me sall kenne Kinger meh krijjen, do sall me siëck resten. Un<br />

van meh Arbet te schwatzen, dat wör doch gemein, dei Blagen wören<br />

doch genau noch sau klein, un se können eärk et Geld nit ut der Siede<br />

schnieden, un se möchten nu alle binein hallen!<br />

Un dat Enge vam Leid: et bleif ase vörher. Dei Frogge kreig seß Mark<br />

un kennen Pennig meh. Sau kamen mi hi, bu iëck dat nu vertelle, noch<br />

för’n allen Pries op de Welt, för seß Mark.<br />

Un dat well iëck ugg siëgen, brümme iëck ugg dovan schwatze. Wann<br />

ugg nu sau’n Döneken nit van mi pässet, un geiht ock vlichte auk wat<br />

tweärs, odder het süß aan mi wat uttesetten, dann denket, wat söllt mi<br />

te schängen aanfangen! För seß Mark kann me nit meh verlangen.<br />

Worterklärungen<br />

ugg - euch / frömmeden - fremden / siëgen - sagen / hi - hier / unse<br />

alle - unsere alte / dei Tüschers henn - die Züschener hatten / het se -<br />

haben sie / miët - mit / te donne - zu tun / Frogge - Frau / bu - wie /<br />

bei - wer / Blagen - Kinder / Vertruggen - Vertrauen / Dotter - Arzt,<br />

Doktor / neidig - nötig / Wintermerrige - Winterberg (Stadt und<br />

Ortsteile) / Wejjen - Wehen (bei der Geburt) / düen - diesen / mott -<br />

muß / sülke - solche / keipen - kaufen / schmitt - wirft, schmeißt / sesse<br />

- sechs / miëre - mit / mi - wir / mi könnt - wir können / me - man / ase<br />

- als / hellen se - hielten sie / binein - zusammen / het se eärk - haben<br />

sie sich / dräjen - tragen / düese Weäken - diese Wochen / teihn - zehn<br />

riäken - rechnen / Opschlag - Aufschlag / resten - ausruhen, Pause<br />

machen / Siede - Seite / Leid - Lied / et bleif - es blieb / brümme -<br />

warum / van mi - von mir / vlichte - vielleicht / tweärs - quer / süß -<br />

sonst, außerdem / schängen – schimpfen<br />

10


2. So’n Wendadoak<br />

Franz Reineke, Braunshausen<br />

Verfasser: Robert Reineke<br />

Geschnigget hot’s de ganze Noacht,<br />

alles es vull Eis un Schnie,<br />

de Schwalen honn sich weck gemacht,<br />

da Wenda koam det Johr ze frieh!<br />

Zügefroren es da Bach,<br />

de Leide, die honn rode Nasen,<br />

am Dache hänken lange Zappen,<br />

un em Goarden senn de Hoasen.<br />

De Sau, die hinket uff da Letta,<br />

se hot Schinken, rönz un dicke,<br />

Schpäck un Wärschte gitt’s jetz wedda,<br />

So’n Wendadoak, däs es en Glicke.<br />

De Oma es an Kaffeemahlen,<br />

se gönnt sich hedde en halwes Lot.<br />

Biem Megga leeft de Wannemehle,<br />

em Backhaus richt’s no frischem Brot.<br />

Da Schmett, dä kloppet’s Eisen weech,<br />

de Pääre brüchen nöwwe Stullen -<br />

un bi Grönd, do es was loß,<br />

do es grad ne Küh biem Bullen.<br />

Da Hansesmann geht met da Flinde,<br />

hä mächt do newa en de Gringe,<br />

un da Schweenfranz met da Schälle<br />

bringet ne Bekanntmachinge.<br />

Alle Känga fahren Schledden,<br />

van da Schüle bis uff de Bricke,<br />

was kann do noch scheena senn<br />

als so’n Wendadoak, däs es en Glicke.<br />

11


Worterklärungen<br />

geschnigget - geschneit / Schwalen - Schwalben / Wendadoak -<br />

Wintertag / det Johr - dieses Jahr / Leide - Leute / senn - sind / hinket<br />

- hängt / rönz - rund / hedde - heute / Megga - Meier (Eigenname)<br />

leeft - läuft / Wannemehle - Gerät zum Reinigen des Getreides,<br />

„Wannemühle“ / Pääre - Pferde / nöwwe - neue / Stullen -<br />

Hufeisenstollen / hä mächt - hier: er geht / newa en de Gringe -<br />

hinüber in die Gründe / Grönd - (Eigenname) / Schweenfranz -<br />

Schweinehirten-Franz / Känga - Kinder<br />

3. Dat witte Froihjohr<br />

Hedwig Habitzki, Westernbödefeld<br />

Verfasser: August Beule, Ramsbeck<br />

Wat briuset de Sturm, wat riusket de Wald,<br />

Wat magg dät Huilen beduien?<br />

Et Froihjohr is do met aller Gewalt,<br />

Ik höre de Schneiklocken luien.<br />

Doch, wat us dei Klöckelkes gistern het lutt<br />

Is dün Dag all ömmerweyse über us schutt.<br />

Met wittem Gewand, ´n grein Kränsken im Hoor,<br />

Kam et Froihjohr met Grillen un Schrullen.<br />

Niu hiät seyn Gefolge sik schrecklich dütt Johr<br />

Beynoh op et Däotgohn verkullen.<br />

Un wenn vey ok selber den Schnowwen mol kritt,<br />

Dann is dät nau ümmer dät Schliëmmeste nit!<br />

Dat Finkengeschlecht, de Heer un Frau Staar,<br />

Verschliuket Lakritzpastillen,<br />

Het alle ne boisen Rachenkatarrh,<br />

Heer Kuckuck dei drinket Kamillen.<br />

Professer van Stuark op der Fuask-Klapperjagd,<br />

Kreig Fuast in de Feite ganz wahn üwer Nacht.<br />

12


In Leiwerkes Huisken was et säo blank,<br />

Frau Drossel woll se beseiken.<br />

Doch woorten beide Familien krank,<br />

Trotz Buasttei und Feldawetheiken.<br />

Un Zeisigs Trilinchen van Baukfinkenstadt,<br />

Is van Influenza taum Stiärwen malat.<br />

En Hase, en Foß, en Dachs, düese drei<br />

Het neulich beym Froihjohrsvergnügen<br />

Op Reihkämpers Balle danzet im Schnei<br />

Un den Ziegenpeiter kriegen.<br />

Heer Peitrus, ik bidde, o stuire diär Näot,<br />

Süß stierwet et Froihjohr, d’ Gefolgschaft geiht däot.<br />

Worterklärungen<br />

witte - weiße / Huilen - Heulen / beduien - bedeuten / luien - läuten<br />

het lutt - haben geläutet / dün Dag - heute / ömmerweyse - eimerweise<br />

us - uns / schutt - geschüttet / grein - grün / dütt - dieses / beynoh -<br />

beihnahe / Däotgohn - Totgehen, Sterben / verkullen - erkältet / vey -<br />

wir / Schnowwen - Schnupfen / kritt - (wir) kriegen, bekommen / nau -<br />

noch / verschliuket - verschlucken / het alle - haben alle / Fuask -<br />

Frosch / Fuast - Frost / Feite - Füße / wahn - sehr, besonders,<br />

nachdrücklich / Leiwerken - Lerche / beseiken - besuchen / Buasttei -<br />

Brusttee / Feldawetheike - Feldapotheke / malat - krank / Foß - Fuchs<br />

Reihkämper - Rehkämper / stuire - gebiete Einhalt, mach ein Ende<br />

Näot - Not<br />

13


4. Daue Klocken in Reëm !<br />

Helmut Geilen, Niedersfeld<br />

Iek was en Junge vlichte van drütteihn, värteihn Johren. Domols<br />

gaffte’t in der Kerke giëger me Köster noch ene Vize-Köster. Un dei<br />

Vize-Köster, dat was iek. Obgawe vamme Vize-Köster was et, üwwer<br />

de Weake bi denn Alldagesmissen bü’m Pasteren helpen aantetauhen,<br />

denn Missedauener-Plan optesetten un te luën. Un op dat Luën, do<br />

wöre we ganz verrückt, eëk wann’t sehr anstrengend was. Wü<br />

mochten dör denn dunklen Kerkenteren hejer kleteren bit an dat<br />

Klockensäl. Domols worten de Klocken noch mit der Hand elutt, nit<br />

ase gitzundes, dat me ne Schalter rümmeschmitt un dann gäht dat loß,<br />

nä, domols noch mit dänn Sälen.<br />

Et was Groindunersdag, vlicht niëgentauhnhundertdrauenfuffzig<br />

(1953) oder –twänfuffzig (52), iek wäät dat nit mehr seë geneie - denn<br />

Moargen was Misse wiäst, un op Groindunersdag was et jo seë: Bi me<br />

Gloria spielte de Öärgel noch, dann schellten de Missedauener, un<br />

dann was Schluß mit me Luën un mit me Schellen. Van do ab worte<br />

bleëß noch geklappert. Ne Klapper was en Holtedingen, en Breat met<br />

me Stiele do ane un en Heamerken droppe, un wann me domië ase mit<br />

me Hamer schloog, dann gaffte dat en ganzen treërigen Ton. Un mit<br />

deam treërigen Tone geng dat van der Wandlunge aan, de ganzen<br />

Kardage.<br />

Ja, et was Groindunersdag, de Burschen striepeten imme Dorpe<br />

rümme, un do kuckete iek an der Iëre: Iek denke: Dunderkühle, et is<br />

bale twealwe, et mott Engel des Heren elutt weren. Iek op et Fahrrad<br />

bü de Kerke, un schnell op en Teren ekletert. De Iëre schloog:<br />

twealwe Iëre. Iek denke: Halt, getz. Iek nahm et Sääl un schlog met<br />

der dritten Klocke drauemol aan. Un dan beatte me en „Gegrüßet seist<br />

du, Maria“. Un seë machte me dat drauemol, un wann me dat<br />

hingerenander hatte, dann lutte man mit der anderen Klocke noh. Ja,<br />

wunderbar. Iek machte dat; iek dachte all, en Wunder wat iek emacht<br />

hädde, Engel des Heren elutt op Groindunersdag, Mi was gar niks<br />

oppefallen. Iek wier vam Teren rin, un ungen op der Trappe, do stong<br />

dann de richtige Köster, de ‚alle Köster’, säggte wü, stong do, schloog<br />

mi links un rechts wat ümme de Ohren un saggte: „Dië dumme Junge,<br />

14


de Klocken sind doch in Reëm!“ - Jo un, wann gitzundes de Köster<br />

ennem Missedauener ennen ümme de Ohren högget, dann landet’e vör<br />

me Kadi.<br />

Worterklärungen<br />

Reëm - Rom / vlichte - vielleicht / drütteihn - dreizehn / giëger - hier:<br />

neben / me - dem / Weake - Woche / Alldagesmissen – Werktagsmessen<br />

/ bü - bei / aantetauhen - anzuziehen / luën - läuten / eëk - auch<br />

wü - wir / Kerkenteren - Kirchturm / hejer - höher / Klockensäl -<br />

Glockenseil / elutt - geläutet / gitzundes - jetzt, nun, heute, heutzutage<br />

rümmeschmitt - umdreht, eig. „herumschmeißt“ / ick wäät - ich weiß<br />

seë - so / geneie - genau / Heamerken - Hämmerchen / domië - damit<br />

ase - wie, als / treërigen - traurigen / striepeten - streiften, liefen / Iëre<br />

- Uhr / bale - bald / twealwe - zwölf / et mott - es muß / drauemol -<br />

dreimal / me - man / lutte man - läutete man / noh - nach / ungen -<br />

unten / de ‚alle Köster’ - der ‚alte Küster’ / säggte wü - sagten wir /<br />

dië - du / högget - haut, schlägt / landet’e - landet er<br />

5. De Prossjaan<br />

Ursula Sommer, Altastenberg<br />

De heilige Erasmus is Kiärkenpatraan<br />

oppem Astmerge, un an diäm Daag<br />

girret jedes Johr ne grate Prossjaan,<br />

dat’e Doarp un Feller beschützen magg.<br />

Un alt un jung, un graat un klaan,<br />

da maket mi bei diär Prossjaan.<br />

De Laü de maket iärk ganz fein,<br />

un blosen dött de neddernöösche Musikverein.<br />

De Fahnen gatt dann mi vöraan<br />

un aak de Statue vamme Kiärkenpatraan.<br />

Un weil et sa’ne graten Heiligen was,<br />

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is aak de Statue nit grade klaan;<br />

un da te schliepen, was wirlich kenn Spass,<br />

de Driäger mochte düchtig draan.<br />

Erasmus, dat wiet’e sieker all,<br />

imme Kalender amme twedden Juni stäht.<br />

Un dann is et määstens ase überall<br />

aak op em Astmerge manchmol ziemlich häät.<br />

Ase de Astmeschen bei sa hätem Wiär<br />

en Johr mol wier dör’n Kräuzeberg tügen,<br />

do gengen diäm Driäger de Nerven dör:<br />

„Wachte, Ersmus, gleik kümmes’e te liegen.<br />

Asse de Schwäät me drüppelte in Hiemet un Bükse,<br />

do flaag de Erasmus in de Büsche.<br />

Dau brenges mik nit mehr van en Bänen!<br />

Wann de nit lapen kanns,<br />

dann bleif nächstens terhämen!<br />

Un seit diäm Daag, sa stäht et geschrieben,<br />

is de Erasmus in diär Kiärke bliewen.<br />

Worterklärungen<br />

Prossjaan - Prozession / oppem - auf dem / Astmerge - Astenberg<br />

girret - gibt es / grate - große / mi - mit / Laü - Leute / iärk - sich / dött<br />

- tut / neddernöösche - aus Nordenau / gatt - gehen / aak - auch / sa -<br />

so / da - die, diese / schliepen - schleppen / Driäger - Träger / wiet’e -<br />

wißt ihr / sieker - sicher / all - schon / ase - wie, als / häät - heiß<br />

Astmeschen - Astenberger, Bewohner des Ortes Astenberg / Wiär -<br />

Wetter / tügen - zogen (Vergangenh. von ziehen) / wachte - warte /<br />

Schwäät - Schweiß / Hiemet - Hemd / Bükse - Hose / flaag - flog / dau<br />

- du / van en Bänen - von den Beinen / lapen - laufen / terhämen - zu<br />

Hause<br />

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6. Froihjohrsputz<br />

Heribert Schmidt, Wulmeringhausen<br />

Jo, meyne leiwen Fruggens, düt Gedichtken is extro füär ugg macht<br />

woren; un diän Mannsluien kann ick bläoß diän Rot giewen: Wann de<br />

Fruggens düsen Drang het, gatt ne öüt diäm Wiäge.<br />

Froihjohrsputz<br />

Kucket de Fruggens met em Ees öüt der Diär,<br />

dann sind se am Rüstern un Wisken.<br />

Loot dick nit blicken un mak dick derdiär,<br />

un fuske ne blaat nit dertüsken.<br />

Im Höüse do steiht alles diärnein,<br />

Fenster un Diären sind uap rieten.<br />

Sau kann me de Fruggens schüweln seihn,<br />

öüt diän Schränken weert alles riut eschmieten.<br />

Tellers un Köppkes, et ganze Porzellan,<br />

saugar Zoppen- und Puddingschütels,<br />

alles weert wienert un kümmet nau draan,<br />

un am Enge de Pötte un Kietels.<br />

Dat gurre Silber van Ommas Mama,<br />

dei anderen Zinn- un Silbersaken,<br />

dat Kaffeegeschirr van Tante Rosa,<br />

weert röüt satt taum Roinemaken.<br />

Se buselt diän ganzen Dag balle tau<br />

un kritt känne Teyt mehr taum Iäten.<br />

En Schöleken Kaffe oder Kakau,<br />

ne richtige Mohlteyt kann me vergiäten.<br />

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Am Obend, do doit ’ne et Kruiße dann weih,<br />

nit blaat et Kruiße, nei, alle Knuaken,<br />

se sind sau richtig ferrig un moih,<br />

et helpet niks, se mottet nau kuaken.<br />

Doch dät mäket de Fruggens sau richtig krank,<br />

kummet de Kerls dann obends no Heime,<br />

un sütt nit, dät alles sau blitzeblank,<br />

un sind sau blind ase ’ne Oihme.<br />

Un froget dann naa: „Bat hiäste sau macht,<br />

in der Noberskopp Kaffe drunken?<br />

Oder hiäste op em Sofa laggt?“<br />

Dann können se sau dotüsker funken.<br />

Worterklärungen<br />

Fruggens - Frauen / Ääs - Hintern / öüt - aus / Diär - Tür / mak dick<br />

derdiär - verschwinde, hau ab, geh fort / bläoß - nur, bloß / dertüsken -<br />

dazwischen / diärnein - durcheinander / schüweln - schuften, schwer<br />

arbeiten / weert - wird / riut eschmieten - hinausgeworfen,<br />

hinausgeschmissen / Köppkes - Tassen / Zoppen - Suppen / Puddingschütels<br />

- Puddingschüsseln / Enge - Ende / Kietels - Kessel / gurre -<br />

gute / röüt satt - hinausgesetzt, hinausgestellt / buseln - sich geschäftig<br />

hin und her bewegen / se kritt - sie kriegen, bekommen / Teyt - Zeit /<br />

dött - tut / Kruiße - Kreuz, Rücken / Knuaken - Knochen / ferrig -<br />

fertig, hier: erschöpft / moih - müde / se mottet - sie müssen / obends -<br />

abends / no Häime - nach Hause / sütt - sehen / ase - wie, als / Oihme<br />

- Onkel / bat - was / hiäste - hast du / laggt - gelegen<br />

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7. Eehn Frielingsdag<br />

Bruno Völlmecke, Hallenberg<br />

Verfasserin: Margret Glade-Pfänder<br />

Bearbeitung: Amalie Ante-Feisel<br />

Vam Kärchtorne schlähdt de Ühr fünwe. ’s es noch destr. Mähr senn<br />

frieh uffgestehn. Hidde wärrt em Wahle Hulz g’hullt. Ehrscht ä moh<br />

geeht’s ennen Schtall. De Gaile fühdern. Öhch ds angere Veeh waärt<br />

versorjet. Nüh de Lättr nuff uff’n Heipärts. Hai un Straäkkerlinge<br />

naahb schmässen. Dn Haisack schtoppen. En dr Käche schteeht ds<br />

Friehstecke uffm Dösche:<br />

Eehn Leehb Backhausprot, Buttr, Läwwer- un Plühtworscht,<br />

Kwätschnmühs, ’ne Scheppe heehße Milch, nn Dippen met fröschem<br />

Schmanne un Kaffee. Ennen Protbaidl kummen gschmährte Schtecker<br />

met Schaänken un Maärch un en Bimmchen Kaffee. Eehne Fläsche<br />

Biehr wärt in de nöwwe Zeidinge gewäckklt. ´so gitt’s em Wahle nit<br />

nür zu aässen un zu traänken, mähr honn öhch noch was zu laähsen.<br />

De Paähre wärrn enngespannt. De lange Kedde wärrt noch annen<br />

Dingewaähn ahngehankn. De Geehsel, dr Hüht; ds rohde Schnuppdüch<br />

als Halsdüch immegebungen. „Hommersch?!“ Dr ahle Rock daff<br />

nit fähln, wanns Raähn git. ’s pleehp awwer treehje, dr Wänd kahm<br />

uff. So geeht’s de Kehnichschtrohße nuff bis zür Zäjjenaäcke. Hie<br />

steht dr Zäjjenhärte un bleehst uff sim Härnchen. De Zäjjen kummn<br />

ahngehippet: se honn’s Härnchen g’hoort. Daähs essn G’rämmpele<br />

unn Gelöhfe. Un met vell Gzänke un Gmekkere löhfen de Zäjjen an<br />

de Heehde. An jehdem Bischelchen un Behmchen machen de Zäjjen<br />

haalt. Se fraässen gahr zü gährne de grienen Blaähtchen vannen<br />

Strichern un Beehmen. Uffn Wissen gitt’s Klee, Butterposten, wesse<br />

Johannesplummen, gaähle duppelte Schmaärjeplummen un vell<br />

saftijes Krahs.<br />

Mähr fahrn waidr ennen Hulzwahlt. Uff dr Heeh schteehn zwee Rehe.<br />

Als ds Führwaärk nejer kimmet, machn se säch ausm Stöhwe. Öhch’n<br />

Hahse leehft noch haängerhaär. De Väjjel sängen, dr Ehchelhähr<br />

fliehjet hook enns Ploohe.<br />

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Ds Klufterhulz schtunk am Waähje. Es wärdt uffg’ladt. Bieh dr Aärwett<br />

wärrt sech nit ingerhaalen. Dr aahle Hainr mehnt, de meehrschten<br />

Leide schwatzen züvell mett aährem Mauhle.<br />

Nüh geehts z’räcke en de Schtaaht. En dr Krohßen Schtrohße schteehn<br />

de Noobern binanger. Haikammps August schaällt aus. Häh bringget<br />

ds Nöwweste inger de Leide. Klaich simmr dr heehme. Haängerm<br />

Hause wärrt ds Klufterhulz am Hulzhais-chen uffge-iddert.<br />

De Klokken laiden; ’s es Mittaak. Hidde gitt’s Aärwessensoppe met<br />

Haärrnworscht un därchwassenem, gereechertem Schpaäck, en Käppchen<br />

Kaffe unnen Schtaäkke Muppes.<br />

Worterklärungen<br />

destr - dunkel, düster / mähr - wir / hidde - heute / em Wahle - im<br />

Walde / ä moh - einmal / Gaile fühdern - Pferde füttern / öhch - auch<br />

Lättr - Leiter / Heipärts - Heuboden / Straäckerlinge - Strohbunde<br />

naahb - hinunter / Käche - Küche / Plühtworscht - Blutwurst<br />

Kwätschenmühs - Zwetschenmus / Scheppe - kleiner Topf, Milchtopf<br />

Dippen - Schüssel / Protbaidl - Brotbeutel / Stecker - Stücke, hier:<br />

Brotschnitten / Maärch - Meerrettich / Bimmchen - Kännchen /<br />

nöwwe - neue / gitt - gibt / Paähre - Pferde / Dingewaähn -<br />

Düngewagen / Geehsel - Peitsche, „Geißel“ / Hüht - Hut / hommersch<br />

- haben wir’s / Raähn - Regen / pleehp - blieb / treehje - trocken<br />

Wänd - Wind / Kehnichstrohße - Königsstraße / nuff - hinauf<br />

Zäjjenaäcke - Ziegenecke / bleest - bläst / Heehde - Höhe /Bischelchen<br />

- kleiner Busch / Behmchen - Bäumchen / Strichern - Sträuchern<br />

Butterposten - Butterblumen / Schmaärjeplummen - Trollblumen<br />

Krahs - Gras / Heeh - Höhe / ausm Stöhwe - aus dem Staube<br />

Klufterhulz - Klafterholz, Meterholz / ingerhaalen - unterhalten / aahle<br />

- alte / z’räcke - zurück / Krohße Strohte - Große Straße, heute<br />

Petrusstraße / binehn - zusammen / häh - er / klaich - gleich / simmr -<br />

sind wir / dr heehme - zu Hause / haängerm - hinterm / uffge-iddert -<br />

aufgeschichtet / laiden - läuten / Aärwessensoppe - Erbsensuppe<br />

Haärrnworscht - Bregenwurst / Käppchen - Tasse / Staäcke - Stück<br />

Muppes - eine Art Hefekuchen<br />

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8. Hexennacht niegentauhnhundertvärunsiebenzig (1974)<br />

En echt niesfellsk Vertellmeken<br />

Theresia Imberg, Niedersfeld<br />

Bië van allershiär bekannt, woorte amme Oawend tem eersten Maue<br />

in Niesfelle van denn Rüserbüterken ehexet. Se hadden sick op<br />

Hahnen Plätzken edropen un troffelten op de Bärmeke. Et wören<br />

jümmer daue glüken Luë, mit dean Spargitzken edrieben woorte, seë<br />

eëk Schlossers Händerk. Eëk düt Johr woorte haue van denn Hexen<br />

hämesocht. Im was dat klor; un dorümme laggte haue sick op de Liër,<br />

ümme de Rüserbüterken te schnappen. Ase de Hexen amme Wiärken<br />

wören, kaam Händerk ümme de Ecke efeget un hadde balle seë enne<br />

Miëlopp amme Schlawittken. Haue tüsselte ne diärenään un lurrte:<br />

„Dië alle Rotzliëppel! Glüük hogg’ ick dü diän Ees appelwääk! De<br />

Sääle mott mië’m Balge riëter!“ Daue Rüserbüterken schräggelden un<br />

danzeden ümme diän Etterkopp herümme, un et gaffte en wahne<br />

Rosseweh. Ase Händerk daue Hexe anesoh, krääg haue en wahnen<br />

Tuck op dat Hiärte. Haue dee en daupen Söcht un kratzede sick hinger<br />

de Ohren un rauep: „O hauliget Kaneënenrohr! Dau Düwel sall mick<br />

hoallen! Dat is ge use Pasteër!“ Et gaffte’n wahne Gelächter, un eëk<br />

de Pasteër lachede mië.<br />

Worterklärungen<br />

niesfellsk - niedersfelder, aus Niedersfeld / Vertellmeken - Erzählung/<br />

bië - wie / allershiär - altersher / tem eersten Maue - zum ersten Mai<br />

Niesfelle - Niedersfeld / Rüserbüterkes - junge Burschen zwischen 14<br />

und 18 Jahren / edropen - getroffen / troffelten - trotteten / Bärmeke -<br />

Ortsteil / daue - die / glüken - gleichen / Luë - Leute / Spargitzken -<br />

Schabernack / seë - so / eëk - auch / Händerk - Heinrich / düt - dieses<br />

haue - er / hämesocht - heimgesucht / laggte - legte / Liër - Lauer / ase<br />

- als / balle - bald / Miëlopp - „Maulauf“, Schimpfwort / tüsselte –<br />

schüttelte / diärenään - durcheinander / lurrte - schrie, brüllte / dië -<br />

du / alle - alter / Rotzliëppel - Rotzlöffel / hogg’ ick - haue ich,<br />

schlage ich / dü - dir / Ees - Hintern / appelwääk - apfelweich / Sääle -<br />

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Seele / mott - muß / mië’m Balge riëter - (zusammen) mit dem Leibe<br />

heraus / schräggeln - schreien, lärmen / Etterkopp - Wüterich<br />

Rosseweh - Krach, Geschrei / anesoh - ansah / wahn - groß, mächtig,<br />

stark / Tuck - Schlag / Hiärte - Herz / haue dee - er tat / en daupen<br />

Söcht - einen tiefen Seufzer / rauep - rief / hoallen - holen / ge - ja,<br />

doch / use - unser<br />

9. Tufelnbroden<br />

Regina Brieden, Züschen<br />

Tufeln broden! Wat för Freude<br />

för Kinger un för alle Lüde.<br />

Ob Jung, ob Alt, ob Graut, ob Klein,<br />

ob fiewe oder teihne!<br />

Düett Tufeln broden heät schon Traditiaune,<br />

dobi harren Ellern un Blagen ümmer gurre Lune.<br />

Jo, domols wur im Herbest eis Tufeln ebroden,<br />

wann se op deäm eigenen Acker riepe woren.<br />

Lädt en Verein taum gemütlicken Nommedag in,<br />

sau fröget me eis: Kann’t auk Tufelnbroden sinn?<br />

Tufeln broden in Gottes finner Natur<br />

mit Buëtter, Ziepeln, Schinken un viëll Beier!<br />

Jo, wann me sau bi deäm Füre sittet<br />

un enne Tufel no der andern verputzet,<br />

sitt Schinken, Buëtter un Ziepeln alle,<br />

dann mott en Schnäpsken her<br />

ümme te verdeilen alles.<br />

Eis en Schnäpsken, dann noch ente.<br />

„Op ennem Bein könn me jo nit stohn“, siëgen alle.<br />

Na, no deäm tweiden un dritten Schnaps<br />

weren alle gemütlick, sou ganz ohne Hast.<br />

Dat Beier iës keihle, sau mott et woall sinn.<br />

Mi Lachen un Vertellen<br />

bis de Mond am Hiëmel schient.<br />

22


Wird et dann kalt, de Nacht bricket an,<br />

gatt mi frauh heime,<br />

siëgen taum Schluß: „Op Wiedersenn!“<br />

Un mi fröjjen uns alle op dat nächste Mol!<br />

Worterklärungen<br />

Tufelnbroden - Kartoffelnbraten / fiewe - fünf / teihne - zehn / düett -<br />

dieses / Ellern - Eltern / Blagen - Kinder / gurre - gute / ebroden -<br />

gebraten / riepe - reif / me - man / eis - erst / finner - feiner, schöner<br />

Ziepeln - Zwiebeln / Beier - Bier / Füre - Feuer / sitt - sind / mott -<br />

muß / verdeilen - verteilen / ente - eins / siëgen - sagen / tweiden -<br />

zweiten / weren - werden / keihle - kühl / Vertellen - Erzählen / gatt mi<br />

- gehen wir / frauh - früh / fröjjen - freuen<br />

10. Dorfgespräch op Platt<br />

Maria Kleinsorge und Josefa Hoffmann, Züschen<br />

Maria: Na, Sefa, heaste Faschtobend uut den Knoken?<br />

Sefa: O, ut den Knoken! Iëck heww et gar nit drinne hat!<br />

Maria: Ein Glücke, dat düese unwiesen Dage rümme sitt.<br />

Sefa: Jo, mi wollen abber früher mol sau geren no Köln op en<br />

Faschtobend. Dat wollen me alle ge mol miëddemaken,<br />

Leannhoffs Anneliese, un miene Nobersche, düett Wahlen Mia<br />

un iëck. Abber et heat keinmol eklappet. Och, de eine wor<br />

krank, un de andere hadde kein Geld, un de andere härre kein<br />

Tied. Awwer - vör twei Johren, do was’t, do sitt me abber<br />

emol do weast. Dann iës et auk ümmer noch sau kolt, im<br />

Febberwar, wann de Faschtobend do iës. Mi taugen uns en<br />

dicken Mantel aan, Mützen op en Kopp, un düett Wahlen Mia,<br />

dat hadde noch sau’n allen, sau’n allen Muff von früher, mit<br />

guëddem Pelz, wo me sau de Hänge siëck sau schön drinne<br />

wearmen kann. Deän heng et siëck ümme’n Hals, un af geng et<br />

23


no Köln. Sau ne paar Mark fuffzig hadde me siëcker in der<br />

Taschke, abber nit viëll. Un bu mi dohiënekamen, o, düett<br />

Leannhoffs Anneliese, dat wor rein ut deam Hüsken, dat raap<br />

sofort „Kölle Alaaf!“ un „Helau!“ un „Helau“ un „Alaaf“. Un<br />

iëck hadde mi sau ne alle Papiertute miëddenoammen van<br />

Heime. Iëck sochte mi dann sau’n paar Kamellen op, dei dei<br />

andern vam Wagen dorinschmeiten. Aber dat Anneliese, dat<br />

nahm siëck do kein Tied för. Dat schwenkere de Arme in de<br />

Heih un raap: „ Helau un Alaaf un Alaaf un Helau!“ Un miët<br />

der Tied, do stotte’t dat Mia sau’n wennig in de Ribben, un do<br />

seaggte’t: „Jä, wat steihs du denn noch ümmer sou stille do<br />

rümme? Beweg du diëck doch auk emol en kitzken. Brümme<br />

heas du dann dei Hänge ümmer noch im Muff?“ „Jo“,<br />

seaggte’t Mia, „iëck bee den Rausenkranz.“<br />

Maria: Iëck sie frauh , dat et guës op et Freihjohr taugeiht.<br />

Sefa: Jo, wann et Freihjohr kümmet, dann geiht owwer auk de Orbet<br />

laus! Eimol mötte me de Muulhalden utenandernkratzen, un<br />

dann mötte me Fohren hacken, un dann Steine lesen, un Water<br />

dieken! Früher, do wollen se ümmer geren dat Water op de<br />

Wiësen henn, dat Austerwater, dat et Gras denn beätter wässet,<br />

denn früher hadden se kein Tied un kein Geld för<br />

Kunstdünger. Un dann, un wann dat dann sau wiet wor, dann<br />

mochten se in en Garten un mochten graben. Jo, un dann<br />

mochten se met der Drebeligge den Mist do rinfeihern in en<br />

Garten, dann mochten se en selwer schliëpen, denn: „Wo kenn<br />

Mistus, do kenn Christus“. Dat wor all ümmer sau! Ja, un bann<br />

se no nit te Streiche kamen un woren en eisten Mai noch nit<br />

ferrig, dann brukern se eärk nit te wundern, dat en andern<br />

Morgen en Fuulbaum im Garten stong!<br />

Maria: Awwer dat Orwen an der Tüscher Luft dee en guëtt un is sau<br />

gesund. Wat wor dat domols schliëmm, ase de HIAG noch<br />

ungen im Dorpe wor.<br />

Sefa: Jo, do wor de Luft owwer auk manchmol orig verpestet.<br />

Maria: Iëck weit noch, ar unse Vatter vör me Husse stong un för de<br />

Nobersche seäggte: Wat stinket de HIAG wier sau! Do seaggte<br />

24


Winters Mariechen: „Dei sall woall stinken, wann do sau viëlle<br />

Mannslüde orwen.“<br />

Sefa: Do harr et Mariechen awwer auk wirklich recht.<br />

Maria: Sefa, nu morr ik di awwer fix no wat vertellen. Unse Ellern<br />

woren mol met uns Blagen am Drachenfelsen. Do konn me op<br />

sau nem Iësel rieden. Un unse Hugo woll doch sau gerne op<br />

dat Dier. Awwer dat kostere twintig Pennige. Do seäggte unse<br />

Vatter: „Dat iës te düer! Do het mi kenn Geld för. Awwer de<br />

Hugo bleif ümmer am Piltern, hei woll doch sau gerne op deän<br />

Iësel. Unse Mamma hoorte siëck dat sau ne Wiele aan, un dann<br />

seäggte se: „ Jaust, niämm du den Jungen doch mol op dei<br />

Schuller.“<br />

Sefa: Dat wor noch billiger ase twintig Pennige.<br />

Worterklärungen<br />

Sefa - Josefa / heaste - hast du / Faschtobend - Fastnacht, Karneval<br />

hat - gehabt / düese - diese / unwiesen - verrückten / sitt - sind / mi<br />

wollen - wir wollten / miëddemaken - mitmachen / Nobersche -<br />

Nachbarin / sitt me - sind wir / mi taugen - wir zogen / Hänge - Hände<br />

heng - hängte / hadde me - hatten wir / bu - wie / dohiënekamen -<br />

dahinkamen / raap - rief / van Heime - von zu Hause / iëck sochte mi -<br />

ich suchte mir / dei - die / dorinschmeiten - da hineinwarfen / Tied -<br />

Zeit / Heih - Höhe / miët - mit / stotte’t - stieß sie (wörtl.: stieß es) / en<br />

kitzken - ein wenig, ein bißchen / brümme - warum / frauh - froh /<br />

guës - jetzt, nun / Orbet - Arbeit / mötte me - müssen wir / Muulhalden<br />

- Maulwürfshügel / Fohren - Furchen / dieken - deichen / henn -<br />

haben / Austerwater - Osterwasser / beätter wasset - besser wächst<br />

mochten se - mußten sie / Drebeligge - hölzerners Gestell zum<br />

Forttragen von Mist / rinfeihern - hineinfahren / schliëpen -<br />

schleppen, hier: auf das Feld (als Dünger) bringen / bann - wann / nit<br />

te Streiche kamen - nicht zurecht kamen, nicht fertig wurden / eisten -<br />

ersten / ferrig - fertig / Fuulbaum - noch nicht grünender Strauch1, am<br />

1. Mai einem Mitbürger in den Garten gesetzt, signalisierte, daß<br />

dieser seinen Garten nicht fristgerecht in Ordnung gebracht hatte /<br />

25


Orwen - Arbeiten / Tüscher Luft - Luft von Züschen / dee en guëtt - tat<br />

ihnen gut / HIAG - in Züschen (nicht mehr) ansässige Fabrik<br />

maichmol - manchmal / orig - gehörig, ordentlich / iëck weit - ich<br />

weiß / Nobersche - Nachbarin / Mannslüde - Männer (wörtl.:<br />

Mannsleute) / morr ick - muß ich / Blagen - Kindern / Iësel - Esel<br />

rieden - reiten / twintig - zwanzig / hoorte - hörte / Wiele - Weile /<br />

Jaust - Jost, Josef / Schuller - Schulter<br />

11. De Amtskuckuck<br />

Maria Droste, Welschen-Ennest<br />

Seo imme Johre 25 (fiefentwintig),<br />

do kam vam Amt ne Mahnung aan.<br />

Biem Prüfen, un ver allem gründleg,<br />

steng unse Stuiër uaben aan.<br />

De Mutter schmeit dean Wisch in’t Fuiër<br />

un saggte: „Doi is doch betahlt.“<br />

Neo liuter heww iëck miene Stuiër<br />

op Mark un Penninge betahlt.”<br />

Taum twedden Mol kam seo’ne Mahnung.<br />

Met Schwung fleog doi deanselben Weag.<br />

Bi’m dridden Mol wor Fänden aansaggt,<br />

un gliek no Middag, selben Dags.<br />

„Se wellt vam Amt dean Kuckuck schicken“,<br />

siëtt de Mutter, „heer niu guët tau.<br />

Dean sall hoi ver dean Ees dann dricken<br />

im Stall der allen bunten Kauh.“<br />

26


„Doi werd ne in de Miste schieten“.<br />

Soi gong in’t Feld. Doi Kerel kam aan.<br />

Iëck loit ne diëse Iutkunft wiëten.<br />

Hoi fong en wahn Gelachter aan.<br />

Dann gong hoi wiehernd in dean Kauhstall.<br />

Dean Ziëll hong hoi ver’n Stand der Liese.<br />

Do hong hoi guët in diësem Fall.<br />

Seo wor’t wall fregger Art un Wiese.<br />

Niu wirkleg kam no en paar Dagen<br />

de amtlege Bescheid herbi.<br />

De Quittung wor im Amt vergraben.<br />

„Niu suihste, seo’ne Schlamperie!“<br />

Worterklärungen<br />

imme - um / biem - beim / ver - vor / steng - stünde, würde stehen<br />

schmeit - warf, schmiß / Fuiër - Feuer / neo liuter - noch immer /<br />

miene - meine / Stuiër - Steuer / twedden - zweiten / fleog - flog / gliek<br />

- gleich / siëtt - sagt / heer - höre / niu - jetzt, nun / sall hoi - soll er /<br />

ver dean Ees - vor den Hintern / dear allen bunten Kauh - der alten<br />

bunten Kuh / dricken - drücken / iëck loit - ich ließ / Iutkunft -<br />

Auskunft / wahn - groß, mächtig, stark / Ziëll - Zettel / hong hoi -<br />

hängte er / wall fregger - wohl früher / suihste - siehst du<br />

27


12. Et hundertfiewentwintige (125.) Jubiläum<br />

van der Tüscher St.-Hubertus-Schützenbreiderschaft<br />

Franz Völlmecke, Züschen<br />

Vam Aller 125 (hundertfiefuntwintig),<br />

doch im Herten jung,<br />

denn Glaube, Sitt’ un Heimat,<br />

giëtt Tüscher Schützen Schwung.<br />

Dat sall in unsem Tüschen<br />

auk ümmer widdergohn:<br />

Glaube, Sitte, Heimat,<br />

doför mi Schützen stohn.<br />

Goatt schütze ümmer wier<br />

unse Schützenbreiderschaft,<br />

un lote düesen Wahlsprüeck<br />

dann sinn uns Saft un Kraft.<br />

Deän Bund wöllt hauch mi hallen<br />

met grautem Goattvertruggen,<br />

ase Breider uns verhallen<br />

un op sinne Hülpe buggen.<br />

Worterklärungen<br />

Aller - Alter / im Herten - im Herzen / giëtt - gibt / widdergohn -<br />

weitergehen / doför - dafür / mi - wir / wöllt - wollen / hauch - hoch<br />

hallen - halten / grautem - großem / Goattvertruggen - Gottvertrauen<br />

ase Breider - wie Brüder / buggen - bauen<br />

28


13. Use Ahnen<br />

Bruno Senge, Silbach<br />

Manker Bürger van us no weit<br />

bo lange use Doarp besteiht.<br />

Et wor vör über 700 (siebenhundert) Johren,<br />

an emme Dage wie dündag oder moren,<br />

do fengen use Ahnen<br />

sau langsam an te planen.<br />

Se sochten out ne Stelle<br />

nit te hauge, nit te daap,<br />

bo schön Water out ’ner Quelle<br />

an ihren Hütten rinner laap.<br />

Un rund herümme de Biärge,<br />

de staunten ümmer mehr.<br />

Bat maket do dä Zwiärge,<br />

bo kumet da blaus hiär?<br />

Se kamen out diäm Harz no hey<br />

un het nit rastet, rugget,<br />

se grabern dann no Erz un Bley<br />

un het et Doarp ebugget.<br />

Ok bleiben se dann ümmer hey<br />

trotz Elend, Hunger un Naut,<br />

denn altens fangen se wenig Bley<br />

un harren ok wenig Braut.<br />

Un van diär kargen Landwirtschaft<br />

an diän schäwen Biärgen<br />

konnten sä trotz Mögge un Kraft<br />

nur wenig, wenig iärben.<br />

29


Ok dä out em Handwärker-Stand<br />

hätt altens Naut elieren<br />

beym Nagel-Maken nur van Hand<br />

am Föuer in ner Nagel-Schmieren.<br />

Sau geng et nau widder ne lange Teyt,<br />

bit de Handel kam.<br />

Do wor et endlick dann sau weyt,<br />

dät de grötteste Naut en Enge nahm.<br />

Mit Saatzen un mit Wüllenschore<br />

gengen se in alle Welt,<br />

un kamen blaus einmol heime im Johre<br />

met diäm vielen Geld.<br />

Vey sind stolz op use Ahnen,<br />

vey sind stolz op iähre Wiärke.<br />

Et Doarpsiegel heffe an allen Fahnen.<br />

Un et hänget in diär Halle un in diär Kiärke.<br />

Worterklärungen<br />

use - unsere / manker - mancher / us - uns / no - noch / weit - (er)<br />

weiß / bo - wie / dündag - heute / moren - morgen / fengen - (sie)<br />

fingen / out - aus / hauge - hoch / däp - tief / rinner - hinein / läp - lief<br />

bat - was / bo - wo / kumet - kommen / hey - hier / rugget - geruht<br />

Bley - Blei / ebugget - gebaut / Naut - Not / altens - manchmal, hin<br />

und wieder / Braut - Brot / schäwen - schiefen / elieren - gelitten /<br />

Föüer - Feuer / Nagel-Schmiere - Nagelschmiede / widder - weiter<br />

Teit - Zeit / bit - bis / grötteste - größte / Säätzen - Sensen / heime -<br />

nach Hause / vey - wir / et - das / heffe - haben wir<br />

30


14. De Oikbäom<br />

Bernhard Kresin, Rüthen<br />

En Oikbäom, prächtig, gräot un schoin<br />

op Schuiern Hoawe amme Tore,<br />

stont ä en Wächter, brav un trui<br />

all viëlle hunnert Johre.<br />

Geschlechter soh hei kumen - gohn,<br />

soh schaffen un erwiärwen,<br />

soh Glücke un Loid, soh Lust un Näot<br />

bis tau deäm leßten Eärwen.<br />

Dei stont niu oines Dages am Bäom<br />

met opgekrempelten Moggen,<br />

reip suine Knechte all herbui,<br />

se wollen de Oike hoggen.<br />

„Niu brenget Sage, Axt un Buil,<br />

un spigget in de Fuiste,<br />

dütt kostet Schwoit, dei Oikenspiek<br />

het wahne dicke Knuiste.“<br />

Dat harr de Nower Oihme hoort,<br />

en Frönd vam seälgen Schuiern.<br />

Hei reip deän jungen Biuern op’e Suit,<br />

en Woort met eamme te kuiern.<br />

„Franz, höör mol tau, kumm mol met rin,<br />

kumm, dau mui deän Gefallen!<br />

Verstoh ick recht, dei schoine Bäom,<br />

dei leiwe Bäom, dei sall fallen?<br />

Dei Bäom was jeidem leif un weärt<br />

suit Generatiäonen,<br />

en Heiligtum op Schuiern Hoawe,<br />

deän weß diu nit verschäonen?<br />

„Ganz recht, de Müller heät ne kofft,<br />

hei well ne moren halen.<br />

31


En guëtt Geschäft, 800 (achthunnert) Mark<br />

well hei doför betahlen.<br />

O, Oihme, säoviëll Geld,<br />

wenn ick dat wöll nit neämmen,<br />

ick gloiwe woall, ick möchte mick<br />

föär mui un jiu alle scheämmen.“<br />

„Jo, scheämm di duiner Unvernunft,<br />

dat diu säowat kanns planen,<br />

dat diu verräßt föär’n Jiudasläohn<br />

en Eärfdoil duiner Ahnen.<br />

Föär lumpige 800 (achthunnert) Mark<br />

riß diu deäm Hoaf ne Lücke.<br />

Schläß diu deän Bäom, ick segge di,<br />

schläß diu duin Glück in Stücke.<br />

An duiner Ellern Hochtuitsdag,<br />

et was vöär 60 (seßtig) Johren,<br />

saat alles üm deän Oikenbäom.<br />

Duin Vadder saggte met deän Woren:<br />

'Hui saten muine Ahnen all<br />

an earem Hochtuitsdage.<br />

Se gliëcken alle der Ruige noh<br />

deäm Bäom vam echten Schlage.<br />

Un söll noh mui en annern Wind<br />

döär eare Kräonen weggen,<br />

ick gloiwe woall, ick möchte mi<br />

im Grawe ümmedreggen.' “<br />

Franz wor fünte, hei woar stuif,<br />

hei boit sick in de Tunge.<br />

„Hui, Oihme, hui is muine Hand,<br />

ick scheämme mi, ä’n Junge.<br />

Dei Bäom bliff stohn, dat schwör ick di,<br />

buim Heile muiner Soile.<br />

32


Hei is mi niu un nimmermähr<br />

föär 8000 (achtdiusend) Mark nit te feile.<br />

Ick was jo blind, niu seih ick klor.<br />

Viëllen Dank föär jiue Lähren.<br />

Wat muinen Ellern hoilig was,<br />

Dat soll äok ick in Ehren hollen!“<br />

Worterklärungen<br />

Oikbäom - Eichbaum / gräot - groß / schoin - schön / op Schuiern<br />

Hoawe - auf dem Hof des Bauern Schüer / ä - wie, als / trui - treu / all<br />

- schon / soh hei - sah er / erwiärwen - erwerben / Loid - Leid / Näot -<br />

Not / leßten - letzten / Moggen - Ärmel / reip - rief / suine - seine / se<br />

wollen - sie wollten / hoggen - hauen, fällen / niu - nun, jetzt / Sage -<br />

Säge / Buil - Beil / spigget - spuckt / Schwoit - Schweiß / Oikenspiek -<br />

Eichenstamm / wahn - groß, mächtig, stark / Knuist - Ast, Knorren<br />

Nower Oihme - der Nachbar, der Onkel genannt wird / Frönd -<br />

Freund / vam seälgen Schuiern - vom verstorbenen Schüer (wörtl.:<br />

vom seligen Schüer) / Biuer - Bauer / op’e Suit - an die Seite / kuiern -<br />

sprechen, reden / dau - tu, du sollst tun / mui - mir / leiwe - liebe / suit<br />

- seit / weß diu - willst du / verschäonen - verschonen / heät ne kofft -<br />

hat ihn gekauft / hei well - er will / moren - morgen / guëtt - gut<br />

neämmen - nehmen / ick gloiwe - ich glaube / ick möchte - ich müßte<br />

jiu - euch / diu verräßt - du verrätst / Earfdoil - Erbteil / riß diu - reißt<br />

du / schläß diu - schlägst du / di - dir / saat - saß / se gliëcken - sie<br />

glichen / noh mui - nach mir / Kräonen - Kronen / weggen - wehen<br />

rümmedreggen - herumdrehen / fünte - wütend / stuif - steif / hei boit -<br />

er biß / hui - hier / bliff - bleibt / schweär ick di - schwöre ick di /<br />

Soile - Seele / seih ick - sehe ich / hollen - halten<br />

33


15. Vam Brautbacken sau vör 70 (siëbenzig) Johren<br />

Anna Grundhoff, Düdinghausen<br />

Bit 1931 (niëgentehnhunderteinendrießig) worte in Eggejopkes dat<br />

Braut för de Familjen imme Dorpe backet. Minne Oma verstund wuat<br />

dovan un was van allen Lüden guëtt geliëdden. Sei konnte tauhoiren,<br />

wuat in der Backstobe an Niggem vertallt worte un bu öäwer annere<br />

Mensken Guëddes un Schlechtes vertallt worte, lachede ödder zeigede<br />

en ernst Gesichte, beheel iäwer alles för siëck.<br />

An de Backstowe kann iëck miëck noch genau erinnern, iëck wor<br />

grade fief Johre. Miët schmolen Steinen in Fiskgrätmuster was de<br />

Boadden geplostert. An diän Wängen tau’r rechten un linken Siede,<br />

van Qualm un Rauk schwart gefärbet, wassen Bräder taum Aflägen<br />

van Braut aangebracht. Do hengen vorne lange Stuakieren, Forken un<br />

Schüppen. Imme grauten Steinbackowen flackerde dat Füer. Taum<br />

Anheiten hoalte Oma Spöne uut diär Dreggestobe.<br />

Holt för’t Backen brachte gede Familje miëdde. Scheite van ungefähr<br />

ennem Meter, sau viëll Braude, sauviëll Scheite.<br />

Oma hadde ümmer frisk Braut, weil Braut de Backelauhn was. Bu<br />

köstlek schmachte en Stücke mit friskem Braut un selwes gemachter<br />

Buëtter. Diän finnesten Kauken leet ick doför stohn.<br />

Niëgentehnhunderteinendrießig brannte Eggejopkes Hus af, dat<br />

Eldernhus van miener Mömme. Nommedags giëggen veer Uhre stunt<br />

iëck gerade vör me Fenster up diär Schlopstobe, kreig en grauten<br />

Schrecken. Eggejopekes Huus stund in Flammen. Iëck kreisk<br />

jömmerlek: „Omas Huus briënnt, Omas Huus briënnt!“ Harte<br />

grienend rannte Mömme Hals öäwer Kopp öäwer Hawors Wiëse noh<br />

iärem Eldernhuse. De Füerwehr kam herbi, iäwer de Flammen<br />

schlaugen uut Fenstern un Dören hiëmmelhauge. De Schinken un<br />

Wöärste, dei imme Rauke hengen, flaugen bi diär Gluthitze dör de<br />

Luft.<br />

Wilmes Huus mochte verschont bliewen. Einege Möbel konnten<br />

gereddet weren. In korter Tied brannte Eggejopekes, dat alde, gäl<br />

aangestriëckene Fachwerkhuus, af. Auk dei hauge Dänne, en<br />

Markenteiken vör me Huusplatz, brannte lichterloh. Bloß de Stamm<br />

miët kahlen, angebrannten Ästen bleif öäwereg.<br />

34


En Johr drup worte enn nigget Huus miët Backstäinen gebugget. Enen<br />

Backowen woll Tante Mariechen nit imme Huse hawwen, dei Onkel<br />

Jakob späder friggede. Wuat nu? Up Drägges Huusplatz buggede<br />

Gemeinde en nigget Backhuus.<br />

Raben Heinrich, un noh me twedden Weltkriege Hoawes Anton,<br />

worten ase Backmester aangestallt.<br />

Miët twiälf Johren droffte iëck bi me Backen helpen un konnte dat<br />

balle alleine. „Samstag will wi backen, iëck hawwe’t Backen bi<br />

Hoawes Anton bestallt. Ümme niëgene sall de Deig do sinn“, siäget<br />

Mömme, „en half Braut un twei Knäpperken liëgget bloß noch imme<br />

Brautkasten.“<br />

In diär Küecke tüsker twei Stoihlen steiht de Backetrog. Pappe<br />

driëgget up me Puckel en halwen Sack Roggenmähl herbi, sau fufzeg<br />

Pund, un schütt dat Mähl in diän hölternen Backetrog. Dat Mähl is van<br />

diär niggen Ernte, wuat de Strickmüeller mohlt hadde. Hei küemmet<br />

alle veer Wiäcken in’t Dorp miët sinnem Pärrewagen un höällt<br />

Roggen un Weiten van Buren un Landwerten taum Mahlen. Uns<br />

brachte hei am Mondage twei Säcke terügge. Mömme verdeilt dat<br />

Mähl imme Troge. Up me Diske steiht en Düppen miët friskem<br />

Suerdeig. Hermes hadden vörgistern gebacken un frisken Deig<br />

rinnedrucht.<br />

Dei Suerdeig geiht in diär Verwand- un Noberskopp rigge ümme un<br />

weert noh me Gebruuk wiëdder gefüllt. Mutter höällt miëtt iärer Hand<br />

diän Klumpen Suerdeig uut me Düppen un drücket diän in’t Mähl<br />

midden imme Troge un vermenget iän mit Mähl. „Morgen frauh is de<br />

Deig uppegohn“, siäget sei.<br />

Am anderen Morgen noh me Frauhstücke treck iëck dei bunte<br />

Kiëddelschörte aan, waske mi de Hänge un dann an de Arwet. Miët<br />

ennem Ömmer vull lauwarmem Water vermenge iëck diän<br />

upgegohnen Deigbrei miët diäm ganzen Mähl. Enne Handvull Salt<br />

draff nit fählen. Nu kneten! De Deig is noch toh, en veerel Ömmer<br />

Water geite iëck noch hintau, drücke un knete, dat de Schweit vamme<br />

Koppe strullert. „De Deig weert guëtt“, lowet miëck de Mömme, „sau<br />

15 (fieftehn) Braude konn wi dovan backen.“ Dat uutgewaskene<br />

Düppen fülle iëck miët düemm frisken Deig un stelle dat in de<br />

Miälkkammer. Enne andere Familje mäket dovan Gebruuk.<br />

35


De Uhre zeiget half niëgene aan. Rin miët diäm Deig in diän miët<br />

ennem witten Linnendauk uutstaffeerten Waskekorf! Van diär Schüre<br />

hoalle iëck mi en Rollwagen, läge fieftehn lange Hölter van ennem<br />

Meter Länge in diän Wagen, för gedet Braut bruket me enne Spliëtte.<br />

Mutter un iëck packet nu diän schworen Koarf miët Deig up dat Holt.<br />

Iëck teh diän Wagen, un Mömme schüwet hingene, an Spiëllmanns<br />

verbi diär Egge rup. Hoawes Anton is ümmer guëtt upgeliägt un<br />

roipet: “Niämmet ugg de Tied, ohne ugg fange wi nit aan.<br />

Gehandrigen Marie un Gerkes Thres backet miëdde.“<br />

Imme Backowen flackert all dat Füer. Anton schmitt de<br />

Backespliëtten van diän dree Familjen up dei Flammen imme Owen.<br />

Anton is en Schlitzohr. Öäwer’t Wiäckenenge weert de Backowen<br />

kalt. Mondages bruket me de duwwelte Menge Holt taum Anheiten.<br />

De Buren imme Dorpe hat iäre Holteberge un könnt auk de duwwelte<br />

Menge Hölter brengen.<br />

Bit düese tau glöggenden Koallen verbrannt sitt un de Owen heit is<br />

taum Backen, vertellt Tünnes en paar Witze. Wi Fruggen sittet up<br />

Schemelen un hallt en Pröhleken. Anton spitzet de Auhren.<br />

Gehandrigen Marie beklaget siëck: „Hat doch boise Bursken bi diär<br />

Hochtied van Anneliese uut diär Kamer dree Kauken estohlen, weil<br />

dat Fenster uppe stund. Sau ne verdorbene Jugend!“<br />

Mömme kucket miëck aan. Wuat weert wuall uut düemm Mäken? De<br />

Backespliëtten sitt nau tau Koallen verbrannt. Anton schüwet düese<br />

tesammen un schütt se mit diär Schüppe in dat schmale Becken vör<br />

me Owen. Wi kuëmmet in’t Schweiten van diär Hitze, unse Gesichter<br />

glögget.<br />

Nu konn wi gestern. Gerkes Thres fänget aan, dann Gehandrigen<br />

Marie. Et leßte goh wi an’t Wiärk. Mömme un iëck formet imme<br />

Wessel Brautliewe. Unse Teiken op diän Brauden is en Krüze. Gerkes<br />

Thres mäket ennen Kreis un Gehandrigen Marie drücket ennen Striëck<br />

up dat Braud. Anton schüwet alle Braude mit enner langen Schaufel in<br />

diän Owen.<br />

De ierene Döre vamme Owen weert taugeschowen, dei Deig von den<br />

Brauden mott gären, wi säget: „Upgohn.“<br />

36


Noh fief Minuten höällt Anton alle Braude wiëdder ut me Owen. Wi<br />

niämmet düese aan, läget se in’t Regal un wisket miët ennem naten<br />

Dauk dröäwer. Sau weert dei Braude glänzend.<br />

Nu küemmet dei eigentleke Backtied. Alle Braude kuëmmet wiëdder<br />

in diän Owen. „In enner Stunde is ugge Braud gar“, säget Anton,<br />

„ümme elf Uhre konn gi dat afhoallen.“<br />

Mömme geiht no Heime, et Middagäten mott ekoket wären. Iëck<br />

besoike Oma un loise sei bi me Buënnen af. Ase de Köster lütt, goh<br />

iëck in de Backstobe de Braude aftehoallen. Van wiedem ruke iëck dat<br />

friske Braud. Dei 15 (fieftehn) Braude läge iëck in diän Korf, en Braut<br />

behällt Anton ase Backelauhn. Miët diäm Rollwagen föhre iëck heim.<br />

Sau 14 (veertehn) Dage kuëmme wi met düenn Brauden uut.<br />

Samsdages weert bloß bit Middag ebacken. Weil de Backowen noch<br />

heit is, brenget gerade Timmermanns Mia un Wilmes Elisabeth ennen<br />

Streuselkauken up nem Bliäke taum Backen. Hi geiht de Deig schnell<br />

up un de Kauken weert besonders brun un knuspereg.<br />

Tau’r Kaffeetied schnitt Mömme en frisk Braud aan. Wi Blagen sittet<br />

ümme diän Disk, schmärt Schmalt un Roiwenkrut up dei Stücker.<br />

Mömme hällt sick an’t Schnieden un frögget sick öäwer unsen<br />

Hunger.<br />

De Knäpperken vamme Braude schmecket amme besten.<br />

Worterklärungen<br />

bit - bis / Eggejopke - (Eigenname) / Braut - Brot / Lüde - Leute /<br />

guëtt - gut / tauhoiren - zuhören / nigge - neu / bu - wie / öäwer - über<br />

ödder - oder / beheel - behielt / Pade - Patentante / fauhlte - fühlte<br />

leep ick - lief ich / dör - durch / Pädeken - kleiner Pfad, kleiner Weg<br />

fief - fünf / Boadden - Boden / Wänge - Wände / Siede - Seite / wassen<br />

- waren / Aflägen - Ablegen / hengen - hingen / Stuakieren -<br />

Stocheisen / Forken - Gabeln / Anheiten - Anheizen / Dreggestobe -<br />

Drechsel-Stube / miëdde - mit / finnesten - feinsten, schönsten / kreig -<br />

bekam, kriegte / ick kreisk - ich schrie, ich weinte / harte grienend -<br />

laut weinend / hiëmmelhauge - himmelhoch / flaugen - flogen /<br />

mochte - mußte / gäl - gelb / bleif - blieb / nigge - neu / gebugget -<br />

37


gebaut / hawwen - haben / friggete - heiratete / Raben - (Eigenname)<br />

Hoawen - (Eigenname) / Drägges - (Eigenname) / innetogen -<br />

eingezogen (zum Wehrdienst) / droffte iëck - durfte ich / balle - bald /<br />

wi - wir / ümme niëgene - um neun (Uhr) / siäget - sagt / en half Braut<br />

- ein halbes Brot / Knäpperken - die Enden des Brotlaibes / tüsker -<br />

zwischen / Stoihle - Stühle / driëgget - trägt / Strickmüeller -<br />

(Eigenname) / alle veer Wiäcken - alle vier Wochen / Mömme -<br />

Mutter / Düppen - Schüssel / Suerdeig - Sauerteig / Hermes -<br />

(Eigenname) / rinnedrucht - hineingedrückt / rigge ümme - reihum<br />

Gebruuk - Gebrauch / gefullt - gefüllt / höällt - holt / frauh - früh<br />

uppegohn - aufgegangen / treck iëck - ziehe ich / Kiëddelschörte -<br />

Kittelschürze / waske mi - wasche mir / Arwet - Arbeit / Ömmer -<br />

Eimer / Salt - Salz / draff - darf / toh - zäh / veerel - viertel / geite iëck<br />

- gieße ich / hintau - hinzu / Schweit - Schweiß / strullert - in kleinen<br />

Rinnsalen fließen / konn wi - können wir / düemm - diesem<br />

Miälkkamer - Milchkammer / half niëgene - halb neun (Uhr) / witt -<br />

weiß / Linnendauk - Leinentuch / Waskekorf - Waschkorb / Schüre -<br />

Scheune / hoalle iëck mi - hole ich mir / gedet - jedes / bruket me -<br />

braucht man / Spliëtte - Holzscheit / iëck teh - ich ziehe / schüwet<br />

hingene - schiebt hinten / Spiëllmanns - (Eigenname) / roipet - ruft<br />

niämmet ugg - nehmt euch / Gehandrigen - (Eigenname) / Gerkes -<br />

(Eigenname) / Wiäckenenge - Wochenende / weert - wird / Buren -<br />

Bauern / hat - haben / glöggend - glühend / Tüennes - Anton / Fruggen<br />

- Frauen / hallt en Pröhleken - halten ein Schwätzchen / Auhren -<br />

Ohren / dree - drei / Mäken - Mädchen / Backespliëtten - Holzscheite<br />

für den Backofen / Schweiten - Schwitzen / glögget - glühen / gestern -<br />

vorgebackene Brotlaibe mit feuchtem Tuch abwischen / et leßte -<br />

zuletzt / Wessel - Wechsel / Brautliewe - Brotlaibe / Teiken - Zeichen<br />

Striëck - Strich / ieren - eisern / mott - muß / wi säget - wir sagen<br />

höällt - holt / läget - legen / naten - nassen / Backtied - Backzeit / ugge<br />

- euer / konn gi - könnt ihr / no Heime - nach Hause / iëck besoike -<br />

ich besuche / uënnen - buttern / van wiedem - von weitem / föhre iëck<br />

- fahre ich / met düenn Brauden - mit diesen Broten / Timmermanns -<br />

(Eigenname) / Wilmes - (Eigenname) / up nem Bliäke - auf einem<br />

Blech / hi - hier / brun - braun / schnitt - schneidet / Blagen - Kinder /<br />

Roiwenkrut - Rübenkraut / frögget - freut<br />

38


16. Dei erfüllte Wunschk<br />

Johanna Balkenhol, Brilon<br />

En Ehepaar, nit mehr ganz jung an Johren,<br />

dei beide all sau ümme de Säcksig woren,<br />

dei gengen spazeiern im Park am See,<br />

un do drapen se dann ne gude Fee!<br />

Dei küerte dei beiden fründlick an,<br />

un dat me sik bey är wat wünschken kann.<br />

„Seet mick mant, bat jey begehrt,<br />

un forts wärd ugg dei Wunschk erfüllt!“<br />

Dei Frugge winket höflick dankend af:<br />

„Ick wünschke niks, weil ick all alles haww’.“<br />

Dei Mann hingegen mennte: „Wann et müglick is,<br />

ick härre gern ne Frugge, dei diärtig Johre jünger is.<br />

„In Ordnung“, siëtt dei Fee,<br />

un schürret äre blonde Hore.<br />

„Van nöi aan biste niëgenzig Johre!“<br />

Worterklärungen<br />

drapen - trafen / bey är - bei ihr / seet mick mant - sagt mir nur / jey -<br />

ihr / wärd ugg - wird euch / Frugge - Frau / diärtig - dreißig / schürret<br />

- schüttelt / niëgenzig – neunzig<br />

39


17. Paul un Karel wollen Fiske fangen<br />

Hubert Hoffmann, Bruchhausen<br />

Et was ne herrlichen Sumer-Viärmiddag. Paul saat viär’m Höüse op<br />

diär Bank, im Schatten van diän Esken. De Balkenklappe was uopen,<br />

un sa konn et Hoi naä gutt en wennig nodroigen. Ok diär Katte, doi<br />

viärne op em Balken in diär Sunne laggte, dee doi sunnige Muorgen<br />

guëtt, un se was diäs ganz tefriän, wann ock hey un do mol ne Floige<br />

op derr Nase saat un soi dann ganz fix met diäm Poitken wier fiär<br />

Rugge suorgere. Jo, do kann me gutt öütresten.<br />

Doch bo Paul sa de Müggen über diäm Flüt danzen un diän eisten Fisk<br />

springen soh, do harr’e openmol Hunger op en paar gebrone Fiske. Jo,<br />

nit nur Hunger, et Water fluot me im Munde tesamen. Bey sick selber<br />

dacht’e noh, boi me dobey wuoll helpen könn. Richtig, seyn Frönd<br />

Karel wußte ümmer Root, un sa geng’e foort diär Strote ropp no<br />

Engeländers. Karel saat aak im Schatten un harr niks biätteres te daun<br />

erre de Peype te stoppen un te paffen. Doch dat Paul saä frah kaam,<br />

mochte doch ne Grund hebben. „Baät hiäste op em Hiärten“, frogere<br />

Karel un puost Paul ne Wolke van diäm gurren Krüllschnitt in’t<br />

Gesichte.<br />

„Weißte, Karel, vey hiät et Hoi op em Balken, un ick har wuoll<br />

Hunger op en paar Fiske. Saä ne Forelle in guder Buter gebron, is<br />

schonn wuot Feynes.“ „Jo, Paul, bo döü dat sa siëßt, kreyge ick aak<br />

schonn Hunger drop. Bat fiär en Glücke, darr ick gistern et Netz<br />

flicket hebbe, vey könn et mol foort öütprobäiern im graten Deyke.<br />

„Da!“ saggte Karel, gaffte Paul dat Bingeseil. „Nöü goh schonn mol.<br />

Ick niämme gleyk dat Netz unger diän Arm un kumme noh.“<br />

Et duerte nit lange, do stöngen se boide bey Niggemoiers Deyke.<br />

Doch bo Paul sa diän Deyk soh, kreig hoi doch en wennig Bammel un<br />

woll wieten, böü doip dat dat Water wör. Bo Karel nöü ok na hören<br />

mochte, dat Paul nit schwemmen konn, do geng’e gar nit feyne mehr<br />

met me ümme. „Döü alle Hospes, eis hiäste Awweteyt op Fiske un<br />

nöü ok na Angest viär’m Water. Morr ick dey dann nöü aak na et<br />

Schwemmen lehren! Na wachte! Hey, toih dat Seil diär’t Netz un dat<br />

Enge bingeste dey ümme’t Leyf. Döü geihst op Niggemoiers Seyte un<br />

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ick bleybe op diär Strotenseyte. Nöü wieg deyne Heetzen mol sau’n<br />

wennig un stolpere nit ümmer!“<br />

Paul saggte nur „jau“, un et Fisken geng loss. Langsam un bedachtig<br />

tuogen se dat Netz diär’n Deyk; un fast am Enge, bo Karel insoh, dat<br />

sa wie sa känne Fiske imme Netze wören, dee’e, erre wann’e<br />

stolperte, un schonn laggte Paul imme Water. Et gaffte ne wahnen<br />

Plumps, bo doi Twei-Zentners-Kerel in’t Water fell. Karel gaffte sick<br />

alle Mögge, nit te lachen, un halp diäm armen Paul, doi doch sa geren<br />

en paar Fiske harre iäten wollt, öüt’m Water.<br />

Doch dann machte sick Paul Luft un saggte: „Loiber well ick mey<br />

diämnächst ne salterigen Hering iäten, erre met dey na einmol taum<br />

Fisken gohn!“ Jetz lachere Karel hell op un saggte: „Jo, Paul, lot dey<br />

diän salterigen Hering nur guëtt schmecken, doch darr ick dick mol<br />

in’t Water bracht hewwe, is et mey doch wert, dick fiär moren Obend<br />

ümme achte no’m Senger intelaan. Do drinke fe us einen drop!“<br />

Worterklärungen<br />

Viärmiddag - Vormittag / uopen - offen / saä - so / naä - noch<br />

nohdroigen - nachtrocknen / viärne - vorn / dee - tat / diäs ganz tefriän<br />

- damit ganz zufrieden / ock - auch / hey - hier / Floige - Fliege<br />

Pöötken - Pfötchen / Rugge - Ruhe / öütresten - ausruhen / bo - wo<br />

Müggen - Mücken / Flüt - Fluß, Bachlauf / eisten - ersten / soh - sah<br />

harr’e - hatte er / gebrone - gebratene / et Water fluot - das Wasser<br />

floß / bey - bei / dacht’e - dachte er / noh - nach / boi me - wer ihm<br />

geng’e - ging er / foort - sofort / Engelaänders - (Eigenname) / aäk -<br />

auch / daun - tun / Peype - Pfeife / daät - das, daß / baät - was / döü -<br />

du / siëßt - sagst / daärr ick - daß ich / vey könnt - wir können /<br />

graäten - großen / Bingelseil - hier: Angel / kumme no - komme nach /<br />

soh - sah / kreig hoi - bekam er / Bammel - Angst / wieten - wissen /<br />

böü - wie / doip - tief / mochte - mußte / met me - mit ihm / Hospes -<br />

Schelm (Schimpfwort) / eis - erst / hiäste - hast du / Awweteyt -<br />

Appetit / nöü - jetzt, nun / viär - vor / morr ick - muß ich / wachte -<br />

warte / toih - zieh / diär - durch / bingeste dey - bindest du dir / Leyf -<br />

Leib, Körper / wieg - bewege / Heetzen - Hacken, hier: Füße / tuogen<br />

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se - zogen sie / dee’e - tat er / erre wann’e - als wenn er / wahn - groß,<br />

mächtig / fell - fiel / Mögge - Mühe / loiber - lieber / salterig - salzig<br />

naä einmol - noch einmal / daärr ick dick - daß ich dich / hewwe -<br />

habe / morgen Obend - morgen Abend / Senger - (Eigenname)<br />

intelaan - einzuladen / drinke ve - trinken wir<br />

18. Dat leiwe Geld<br />

Hildegard Winzenick, Züschen<br />

Meichmol hört me de Lüde klagen -<br />

wann dei Politiker roden taum Sparen -<br />

dat Leben wör blaut halb sau schwor,<br />

wenn dat leiwe Geld nit wör.<br />

Unse Männer bruken nit meh för de Arbet rut,<br />

wörn en ganzen Dag bi uns im Huss.<br />

Mi können uns keipen düet un dat,<br />

ohne ümmer te frogen: Wat kostet denn dat?<br />

Un unse Blagen, dei leiwen Kleinen,<br />

kreigen alles, wat se wöllt, ohne lange te greinen.<br />

Un eis mi selbes, wat wörn mi fien,<br />

können ümmer mit de niggeste Maude sinn.<br />

Haut un Rock un Täschken un Kleid<br />

können me ümmer keipen, wann me’t alle wör leid.<br />

Un eis in en Urlaub no Gran Canaria,<br />

feierten mi gliek veiermol im Johr. -<br />

Jo, wat wör dat Leben fien,<br />

brukere me nit ümmer op et Geld te senn.<br />

Aber allet sau iës im Leben,<br />

sall et van jedem Dingen twei Sieden giëbben.<br />

Wör et woal noch sau spannend op de Welt,<br />

ohne dat mi sorgen un jagen noh’ m Geld?<br />

Härren mi nit dat Gefeihl, dat mi alle jo kennen,<br />

uns en wennig meh asse deäm Nohber te güennen?<br />

Oder met deäm suer verdeinten Geld<br />

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uns wat te keipen, wat us alle lange gefällt?<br />

Oder för’t Auto, för dat mi lange espart,<br />

endlich dei leßte Rate betahlt?<br />

Unsen Mannslüden wör’t doch nit meh geheuer,<br />

können se nit ümmer siëgen: „Frogge, dat iës viël te düer!“<br />

Un eis dat fiene Gefeihl im Leben:<br />

Het me ne gurre Spende egiëbben?<br />

Iëck gleibe, auk unsem Pastauer dee doch wat fehlen,<br />

könn hei nit ümmer dei gurren Kollekten tehlen.<br />

Un eis, wann et eimol geiht an’t Sterben,<br />

härren mi niks meh te vererben.<br />

Drum siëg iëck ugg: Dat Läben wör kenn Läben mehr,<br />

wenn dat leiwe Geld nit wör.<br />

Worterklärungen<br />

meichmol - manchmal / Lüde - Leute / roden - raten / leiwe - liebe<br />

bruken - brauchen / mi - wir / keipen - kaufen / greinen - weinen<br />

niggeste - neueste / Haut - Hut / me’t - man es / alle - alte / feierten mi<br />

- würden wir fahren / gliek - gleich / veiermol - viermal / te senn - zu<br />

sehen / Sieden - Seiten / noh - nach / härren mi - hätten wir / Gefeihl -<br />

Gefühl / meh - mehr / Nohber - Nachbar / güennen - gönnen / suer -<br />

sauer / siëgen - sagen / Frogge - Frau / düer - teuer / eis - erst / het me<br />

- hat man / egiëbben - gegeben / iëck gleibe - ich glaube / dää - täte /<br />

hei - er / siëg iëck - sage ich / ugg - euch, Ihnen / kenn - kein<br />

43


19. Dönekes<br />

Karl-Heinz Schreckenberg, Brilon<br />

Awwer nöi well ick Dönekes vertellen, dei froiher passeiert sind, un<br />

dei dündag passeiert.<br />

Iek wur vör einiger Teyd mol op ner Hochteyd, do saggte in<br />

vörgerückeder Stunde dei Bröitmutter: „Kumm, vertell us eismol<br />

sau’n paar plattduitsche Dönekes. Wann de Lüe lachet, dann iätet se<br />

nit sauviel.“<br />

Twei Breylsche Buren, dei gengen noh’m Schweynemarkt un wollen<br />

Schweyne kaupen. Se kamen noh diäm Händler un frogern: „Bat kost<br />

de Schweyne?“ Do saggte dei: „Fuffzig Mark et Stück“, „Au“, siet<br />

Albert, „dat is te düer, hiäste kenne billigere?“ „Jo“, siet dei Händler,<br />

„iek hebbe hey nau sau’n Kleinte, dat is ne Frühgeburt, dat kannste<br />

kreygen för acht Mark fuffzig.“ „Och“, siet Albert, „dat niämme iek“.<br />

Do siet Willem: „Biste verrückt, bat wißte dann met saume kleinen<br />

Dingen, dat git doch nix Gescheites.“ „Ooch“, saggte Albert, „weißte,<br />

meyne Frugge wur auk ne Frühgeburt un dündag is’e sau dicke.“<br />

Do woll ock mol ne Buren ne Göil kaupen. Hei geng noh me Händler<br />

un frogere, ob hey ne Göil härre. „Jo“, siet düse, iek häbbe hey nau<br />

sau ne allen Hengest, dei is nau gut im Schuß. Do kannste alles mie<br />

maken. Diän kannste vör’n Wagen spannen, diän kannste Schützenfest<br />

vör de Kutske spannen, un do kannste auk no drop riën.Wann de diek<br />

do muorgens ümme seß Uhr in Breylen drop sitten geihst, kannste<br />

ümme sieben Uhr all in Iälerkusen sinn. „O“, saggte dei Bure, „wann<br />

dei nau sau gut is, dann niämme iek ne.“ Dei beiden wurten<br />

handelseinig, un hei nahm diän Göil mië.<br />

Un noh ner Stunde kam’e un brachte ne wier. „Ja,“ saggt’e, „iek<br />

häbbe’t mick üeberlaggt, iek kann ne doch nit bröiken.“ „Borümme?“<br />

siet dann dei Händler. „Jo, borümme wuoll“, saggte de Bure.<br />

Üeberlieg mol, bat sall iek muorgens ümme sieben Uhr all in<br />

Iälerkusen?“ „O“, saggte dei Händler, „do is et doch schoine!<br />

44


Iälerkusen, dat is ent van diän schöndesten Döärpern imme Suerlande,<br />

un do is immer bat laus, un do kann me auk fieren.“<br />

Do wuren mol twei Jungens öit Breylen, de harren in Iiälerkusen<br />

Schützenfeste fiert, froiher, wie dat sau wur: Un do wur dat nau sau,<br />

wenn se nachts heime mochten, do harren se nau kenne Autos un<br />

Taxen, do mochten se te Faute gohn. Un dei nögeste Wiäg van<br />

Iiälerkusen no Breylen, dei geiht üeber diän Borbiärg. Sei machten<br />

siek op diän Wiäg, un dann geng immer biärgop, un als se no ner<br />

Stunde moihe un naatgeschwett uaben bey der Kapelle ankamen, do<br />

stongen se do. Do saggte dei eine: „Je, leiwe Mutter Goaddes, nöi sind<br />

vey alle dreie vull, döi bist vull der Gnade un vey sind vull Schnaps<br />

un Beier. Awwer“, saggt’e, „döi hiäst - döi hiäst et gut, döi kannst hey<br />

stohn un vey mutet nau no Breylen gohn.“<br />

Un dann gengen se laus, imme Duistern, un weyl se kenne Uhr harren,<br />

wußten se nit, böi late darr et wur. Als sei no Breylen rin kamen,<br />

brannte in einem Höise nau Lecht. Se kloppern an, do kam de<br />

Höisheer an’t Fenster un frogere, bat se wöllen. „Ach“, siet dei eine,<br />

„vey het kenne Uhr bey uns, konn chey us wuoll seen, böi late dat et<br />

is?“ Do dreggere siek dei Kerel rümme un reep in de Stuobe: „Marie!<br />

Biste all op diäm Pöttken ewiäst?“ Do reep seyne Frugge van innen:<br />

„Jau, do wur iek grade droppe.“ Do saggte hei: „Jungens, dann is et<br />

feyf Minöiten no twei.“<br />

Twei Rentner stongen in Breylen op en Market. Do siet dei eine: Mick<br />

jüket’t in der Hand. Ick glaube, unse Bundeskanzler well uns de Rente<br />

erhöhen.“ Do siet de eine: „Mick jüket’t am Hingersten, ick glaube,<br />

dei schitt us wat.“<br />

Op einem Burenhoawe, do harren se ne Knecht, dei hette Wilhelm, un<br />

dann na sau ne alle Tante, dei hette Soffie. Dei fauerte de Schweyne<br />

un wur in der Küke. Un eines Dages, do siet düse Willelm för dat<br />

Soffie: Höör mol, heaste Lust, miek te friggen?“ „Ja,“ saggte dat<br />

Soffie, „weiste, ick will jo auk mol ganz gerne dat Sakrament der Ehe<br />

empfangen. Abber – üwerlieg dick dat – ick bin nit mehr et Jüngeste,<br />

un ick bin auk nit mehr sau attraktiv.“ „Och“, siet Willem, „dat is nit<br />

schliem. Bey Dage biste im Stalle un in der Küke, un nachts is’t sau<br />

wie sau duister.“<br />

45


Jo, suorgenvull blickere dei Buere op seyne graute Famillige. Jedes<br />

Johr en Blage. „Sau kann dat nit widdergohn“, saggt’e för seyne<br />

Frugge. „Ab moargen schlop ick op em Balken.“ Do siet seyne<br />

Frugge: „Wann de meinst, dat dat wat hilpet, schlop ick auk do.“<br />

No wor auk ne Rentner, dei wor 65 (feywensekzig) Johre alt, wur auk<br />

Wiedmann, un ha ümmer sau Langeweyle. Ick see: „Weiste wat? Döi<br />

söß nau mol wierfriggen, dann kriste ne junge Frugge, dei maket diek<br />

wier jung.“ „Au jau“, saggt’e, „dat mak ick auk.“ Un dann frigger’e<br />

nau mol wier, un do drap ick ne en paar Wiäken später, Ick see: „Na,<br />

böi is et?“<br />

„Ooch“, siet’e, „ick foihle mick sau jung, ick foihle miek alt wier<br />

fuffzig Johre jünger! Ick see: „Böi maket sick dat dann bemerkbar?“<br />

„Jo“, saggt’e, „ick schmoike all wier heimlek op em Klo.“<br />

Jo, do wur ne Burenhuaff, dei brannte. Un do kam de Füerwehr un<br />

wull löschken. Do siet dei Bure för dei Füerwehr: “Löschket eis diän<br />

Kauhstall, dat diän Köggen niks passeiert.” Do hellen se miet allen<br />

Rohren op diän Kauhstall. Noh ner halben Stunde wur dat Füer öit. Do<br />

siet dei Fuierwehrhauptmann för den Buren: „Befehl ausgeführt!<br />

Kenne Kauh is verbrannt, se sind alle versuappen.“<br />

Jo, do wor ne Famillige, do siet dei Frugge: Et is jetz Fastenteyd.<br />

Weiste wat, unse Nohber, unse Franz, dei well en Fastenopfer<br />

brengen. Dei well de ganze Fastenteyd nit schmoiken. Soffe dat nit<br />

auk maken, en Fastenopfer brengen? Jo, wat make - wat soll vey dann<br />

maken? Do siet hei: “Weiste, süs make vey - dann schlop ick einfach<br />

bit Austern einfach nit mehr bey dey.“ „Ja, dat konne we auk maken,<br />

awwer böi make we dat?“ „Ja“, siet hei, döi schlöpest ungen im<br />

Schlopzimmer un iek goh uaben op en Balken.“ Na ja, se machten dat<br />

auk. Hei geng den eisten Obend op den Balken . Duerte ne Weyle, do<br />

kam de Frugge hingerher.: „Anton, biste auk warme? Oder soll iek<br />

dey nau ne Wulldecke brengen?“ „Nei“, siet hei, „ick bin schoin<br />

warm, iek schlope jo all.“ Twedden Obend datselbe, kam se auk wier<br />

rop: „Biste auk warme? Fruisete nit? Odder soll iek dey ne<br />

Wiärmflaske brengen?“ „Nei“, siet’e, „iek schlope schonn! Ick bin<br />

warme! Drüdden Obend kam se wier. Do siet’e: Bat weste denn nöi<br />

all wier? Lot mick doch schlopen!“ „Jo, ick woll dey nur seen, unse<br />

Nober, dei Franz, dei schmoiket all wier.“<br />

46


Worterklärungen<br />

Dönekes - Witze, lustige Geschichten / froiher - früher / dündag -<br />

heute / iek wur - ich war / Teyd - Zeit / Bröitmutter - Brautmutter<br />

eismol - erst einmal / Luie - Leute / iätet se - essen sie / nöi - jetzt, nun<br />

Breylsche Buren - Bauern aus Brilon / bat - was / siet - sagt / düer -<br />

teuer / hiäste - hast du / iek hebbe - ich habe / hey nau - hier noch /<br />

sau’n Kleinte - so ein Kleines / kreygen - bekommen, erhalten / wißte -<br />

willst du / git - gibt / Frugge - Frau / ock - auch / Göil - Pferd / hei<br />

geng - er ging / düse - dieser / ne allen Hengest - einen alten Hengst<br />

nau - noch / mië - mit / riën - reiten / wann de diek - wenn du dich<br />

Breylen - Brilon / drop sitten geihst - darauf setztest (wörtl.: darauf<br />

sitzen gehst) / Iälerkusen - Elleringhausen (Ort) / iek häbbe’t mi - ich<br />

habe es mir / bröiken - gebrauchen, verwenden, benutzen / borümme -<br />

warum / all in Iälerkusen - schon in Ellerinhausen / dat is ent - das ist<br />

eines / laus - los / fieren - feiern / heime mochten - nach Hause<br />

mußten / mochten se - mußten sie / te Faute - zu Fuß / dei nögeste<br />

Wiäg - der nächste Weg / Borbiärg - Borberg (Berg in Brilon) /<br />

biärgop - bergauf / moihe - müde / naatgeschwett - naßgeschwitzt / döi<br />

- du / vey - wir / vey mutet - wir müssen / laus - los / imme Duistern -<br />

im Dunkeln / böi late - wie spät / Lecht - Licht / konn chey - könnt ihr<br />

seen - sagen / dreggere - drehte / reep - rief / ewiäst - gewesen /<br />

Frugge - Frau / droppe - drauf / feyf - fünf / mick jüket’t - mich juckt<br />

es / dei hette - der hieß / dei fauerte - die fütterte / Küke - Küche / för<br />

dat Soffie - zu der Sofie / friggen - heiraten / duister - dunkel, düster<br />

Blage - Kind / widdergohn - weitergehen / schlop ick - schlafe ich /<br />

ick see - ich sage / döi söß - du solltest / wierfriggen - wieder heiraten<br />

kriste - bekommst du / Wiäken - Wochen / ick foihle - ich fühle / ick<br />

schmoike - ich rauche / Kauhstall - Kuhstall / Kögge - Kühe / hellen<br />

se - hielten sie / öit - aus / versuappen - ertrunken / Nohber - Nachbar<br />

soll vey - sollen wir / süs - sonst / Austern - Ostern / bey dey - bei dir<br />

konne we - können wir / uaben - oben / duerte - dauerte / rop - herauf<br />

fruiseste - frierst du / drüdden Obend - am dritten Abend / weste -<br />

willst du / all - schon<br />

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Inhaltsverzeichnis der CD Heftseite Zeit<br />

1. Elisabeth Oberließen, Züschen Nu well iëck ugg mol<br />

wat vertellen 9 3:44<br />

2. Franz Reineke, Braunshausen * So’n Wendadoak 11 1:05<br />

3. Hedwig Habitzki,<br />

Westernbödefeld Dat witte Froihjohr 12 1:51<br />

4. Helmut Geilen, Niedersfeld Daue Klocken sind doch<br />

in Reëm 14 2:25<br />

5. Ursula Sommer, Altastenberg De Prossjaan 15 1:29<br />

6. Heribert Schmidt,<br />

Wulmeringhausen Froihjohrsputz 17 1:37<br />

7. Bruno Völlmecke, Hallenberg * Eehn Friehlingsdag 19 2:59<br />

8. Theresia Imberg, Niedersfeld Hexennacht 1974 21 2:03<br />

9. Regina Brieden, Züschen Tufelnbroden 22 1:39<br />

10. Maria Kleinsorge, Züschen, und<br />

Josefa Hoffmann, Züschen Dorfgespräch op Platt 23 4:22<br />

11. Maria Droste, Welschen-Ennest De Amtskuckuck 26 1:39<br />

12. Franz Völlmecke, Züschen 125. Jubilläum van der<br />

St. Hubertus-Breiderschaft 28 0:48<br />

13. Bruno Senge, Silbach Use Ahnen 29 1:51<br />

14. Bernhard Kresin, Rüthen De Oikbäom 31 2:49<br />

15. Anna Grundhoff, Düdinghausen Vam Brautbacken sau<br />

vör 70 Johren 34 8:08<br />

16. Johanna Balkenhol, Brilon Dei erfüllte Wunsk 39 0:51<br />

17. Hubert Hoffmann, Bruchhausen Paul un Karel wollen<br />

Fiske fangen 40 4:27<br />

18. Hildegund Winzenick, Züschen Dat leiwe Geld 42 2:14<br />

19. Karl-Heinz Schreckenberg,<br />

Brilon Dönekes 44 5:56<br />

* Anmerkung:<br />

Der Braunshauser und der Hallenberger Dialekt gehören zu den hessischen und damit<br />

zu den hochdeutschen Mundarten.<br />

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