225 − aus alt mach neu - Quartierverein Riesbach
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Auf des Messers Schneide!<br />
12<br />
Dorothee Schmid<br />
An dem Punkt, wo entschieden werden<br />
muss, ob man auf der Suche nach Ruhe<br />
und Erholung linkerhand das beschauliche<br />
Wehrenbachtobel anstrebt oder den<br />
Schritt rechts zum märchenhaften Botanischen<br />
Garten lenkt, bleibt man vor<br />
einem Eckh<strong>aus</strong> stehen, das einem den<br />
grösstmöglichen Kontrast zum angestrebten<br />
Vorhaben bietet: Nagelscheren,<br />
Sparschäler, Messer in allen Grössen,<br />
aber auch Dolche und Degen, die einen<br />
an verflossene Ferien im Jemen erinnern,<br />
an die Männer mit den langen<br />
Gewändern und den Krummdolchen im<br />
Gürtel, an Filme mit Omar Sharif, Brad<br />
Pitt und anderen Schönlingen, die mit<br />
martialischem Gehabe und entsprechendem<br />
Material Mitspieler und Zuschauer<br />
in Angst und Schrecken versetzen.<br />
Obwohl die kleinen Häuser in der näheren<br />
und weiteren Umgebung schon vor<br />
langer Zeit dem Modernisierungswahn<br />
zum Opfer fielen, konnte das Häuserensemble<br />
eingangs des Botanischen Gartens<br />
bestehen und uns eine weitere<br />
Kleiderboutique erspart bleiben.<br />
Im rechten Teil des Raumes findet der<br />
Verkauf statt, unzählige Scheren und<br />
Messer sind hinter schützenden Glasscheiben<br />
aufgereiht, ein riesiges Angebot;<br />
für weitergehende Wünsche konsultiert<br />
Patrick Good die entsprechenden<br />
Kataloge. Speziell sind die Coiffeurscheren,<br />
spitz, mit Mikroverzahnung, was sie<br />
ins obere Preissegment rückt. Er zeigt<br />
ein sehr schönes Exemplar, das er perfekt<br />
revidiert hat, «über 300 Franken<br />
wert!» Es liegt wunderbar in der Hand<br />
und man möchte am liebsten gleich zur<br />
Tat schreiten. An der Wand hängen Gartenscheren<br />
aller Art, Sicheln, Ersatzmesser<br />
für Rasenkantenschneider, Rasenmäher<br />
und Gartenhäcksler, daran<br />
anschliessend Sägeketten, Kreis- und<br />
Bandsägeblätter.<br />
Gelernt hat Patrick Good Messerschmied.<br />
Als Beispiel seiner Kunst zeigt er ein<br />
wunderschönes Messer, das er ohne jegliche<br />
maschinelle Hilfe gefertigt hat,<br />
handgeschmiedet und handgehärtet, und<br />
das natürlich unverkäuflich ist. Zwei acht<br />
Meter lange Bandsägeblätter waren das<br />
Verrückteste, was er <strong>neu</strong> herstellte. «Das<br />
war sehr exotisch».<br />
Das kleine H<strong>aus</strong> mit seiner messerstarrenden<br />
Auslage im Parterre hat mich<br />
schon lange fasziniert, darum bietet das<br />
Thema dieser Ausgabe den willkommenen<br />
Anlass, mich in das Innere dieses<br />
leichte Schauer <strong>aus</strong>lösenden Hexerhäuschens<br />
zu wagen – und man wähnt sich in<br />
vergangenen Zeiten. Ein kleiner, niedriger<br />
Raum empfängt mich, es riecht nach<br />
Metall und entsprechender Arbeit, rundum<br />
blitzt und blankt es von scharfen<br />
Schneiden und Maschinen und mittendrin<br />
steht Patrick Good, in zweiter Generation<br />
Inhaber einer Werkstatt, die in<br />
einem trendigen Quartier wie dem Seefeld<br />
eigentlich nicht mehr zu erwarten<br />
ist.<br />
Der Poliermotor mit Kratzbürste und Schwabbelscheibe<br />
Quartiermagazin Kreis 8 <strong>225</strong>/2013