14.02.2014 Aufrufe

Studie zu Armut und sozialer Eingliederung in den ... - Vorarlberg

Studie zu Armut und sozialer Eingliederung in den ... - Vorarlberg

Studie zu Armut und sozialer Eingliederung in den ... - Vorarlberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Amt der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung<br />

2013<br />

<strong>Studie</strong>n <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong>


<strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern –<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Ergebnisse <strong>zu</strong>sammengestellt aus dem<br />

Endbericht vom 27. Mai 2013<br />

ergänzt um zwei qualitative <strong>Studie</strong>n <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong><br />

prekären Lebenslagen <strong>und</strong> um ausgewählte<br />

Maßnahmen <strong>zu</strong>r <strong>Armut</strong>sprävention <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

Basierend auf <strong>den</strong> <strong>Studie</strong>n<br />

Statistik Austria, <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern.<br />

Endbericht, Wien April 2013. (Leitung: Mag. Mart<strong>in</strong> Bauer, Mitarbeit: Matthias Till,<br />

Richard Heuberger, Marcel Bilgili, Thomas Glaser, Elisabeth Kafka, Johannes Klotz,<br />

Alexander Kowarik, Nadja Lamei, Angelika Meraner, Anneliese Oismüller, Marc Plate,<br />

Stefanie Scheikl, Vlasta Zucha)<br />

FH <strong>Vorarlberg</strong>, Forschungsbereich Sozial- <strong>und</strong> Wirtschaftswissenschaften, Menschen <strong>in</strong><br />

prekärer Lebenslage – e<strong>in</strong>e qualitative <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen spezifischer<br />

Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong>, Dornbirn September 2012. (Leitung: Prof. (FH)<br />

Priv.-Doz. Dr. Frederic Fredersdorf, Mitarbeit: Daniela Lorünser MA, Mag. Fabian<br />

Rebitzer)<br />

Vorholz-Institut für praktische Philosophie, Delphi-<strong>Studie</strong> <strong>zu</strong>r „<strong>Armut</strong>“ <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

heute <strong>und</strong> morgen, Alberschwende Mai 2012. (MMag. Kurt Bereuter)


Herausgeber <strong>und</strong> Hersteller<br />

Amt der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung<br />

Römerstraße 15<br />

A-6901 Bregenz<br />

Internet: www.vorarlberg.at<br />

Abteilung Gesellschaft, Soziales <strong>und</strong> Integration<br />

E-Mail:gesellschaft-soziales@vorarlberg.at<br />

Telefon: +43(0)5574/511-24105<br />

Telefax: +43(0)5574/511-24195<br />

Landesstelle für Statistik<br />

E-Mail: statistik@vorarlberg.at<br />

Telefon: +43(0)5574/511-20155 bzw. 20157<br />

Telefax: +43(0)5574/511-920197<br />

Redaktion<br />

Wolfgang Weber<br />

Egon Rücker<br />

Wolfgang Meier<br />

Bregenz, Mai 2013 (Korrigierte Version: Juni 2013)


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Vorwort LR Dr. Greti Schmid 5<br />

1. Management Summary 7<br />

2. Auftrag des <strong>Vorarlberg</strong>er Landtages 13<br />

3. Begriffsbestimmungen 17<br />

4. <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

der Statistik Austria (Aus<strong>zu</strong>g aus Kapitel 3 auf <strong>den</strong> Seiten 44-103) 25<br />

5. Ergebnisse für <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich im Vergleich 103<br />

6. Menschen <strong>in</strong> prekärer Lebenslage – Resümee der qualitativen<br />

<strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen spezifischer Bevölkerungsgruppen<br />

<strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> (Aus<strong>zu</strong>g) 119<br />

7. Resümee der Delphi-<strong>Studie</strong> <strong>zu</strong>r „<strong>Armut</strong>“ <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> heute <strong>und</strong><br />

morgen (Aus<strong>zu</strong>g) 127<br />

8. Ausgewählte Maßnahmen der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung <strong>zu</strong>r<br />

<strong>Armut</strong>sprävention 133<br />

9. Tabellen der <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern der Statistik Austria (Aus<strong>zu</strong>g) 137


Vorwort<br />

Österreich <strong>und</strong> auch <strong>Vorarlberg</strong> gehören <strong>zu</strong> <strong>den</strong> wohlhabendsten Ländern der<br />

Welt. Dennoch leben auch bei uns Menschen, die von <strong>Armut</strong> betroffen s<strong>in</strong>d. Diese<br />

Menschen brauchen unsere besondere Unterstüt<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> Hilfe. Zur Milderung<br />

der <strong>Armut</strong> wur<strong>den</strong> mit der bedarfsorientierten M<strong>in</strong>destsicherung, dem<br />

Heizkosten<strong>zu</strong>schuss, dem Familien<strong>zu</strong>schuss, der Wohnbeihilfe <strong>und</strong> vielen<br />

sonstigen Leistungen wichtige Schritte gesetzt.<br />

Parallel da<strong>zu</strong> ist es wichtig, dass wir auch weiterh<strong>in</strong> Maßnahmen setzen, die der<br />

<strong>Armut</strong> entgegenwirken, <strong>den</strong>n <strong>Armut</strong> ist weit mehr als e<strong>in</strong> Mangel an E<strong>in</strong>kommen.<br />

Die Betrachtung der Lebenslagen armer Menschen zeigt, dass Verarmung viele<br />

Ursachen hat <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>sten Bereichen wie Wohnen, Bildung, Arbeit,<br />

Ges<strong>und</strong>heit usw. manifest wird.<br />

Letztendlich geht es darum, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben<br />

teilnehmen <strong>und</strong> wir damit das Entstehen von <strong>Armut</strong> reduzieren können.<br />

Der nun vorliegende Bericht ist e<strong>in</strong>e gute Gr<strong>und</strong>lage dafür. Es wer<strong>den</strong> dar<strong>in</strong><br />

neben <strong>den</strong> Leit<strong>in</strong>dikatoren für <strong>Armut</strong> auch Detailergebnisse dargestellt, die<br />

<strong>zu</strong>dem noch vertiefende Auswertungen möglich machen. Anderseits bietet der<br />

Bericht auch qualitative Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen.<br />

Für die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren <strong>zu</strong>r Beschreibung von <strong>Armut</strong>, das s<strong>in</strong>d<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote, Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung, f<strong>in</strong>anzielle Deprivation <strong>und</strong><br />

manifeste <strong>Armut</strong>, wurde festgestellt, dass <strong>Vorarlberg</strong> im Österreichschnitt liegt.<br />

Zudem konnte im Zeitraum 2005 bis 2011 weder für Österreich noch für<br />

<strong>Vorarlberg</strong> e<strong>in</strong>e steigende Ten<strong>den</strong>z der vier Indikatoren festgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

5


Erfreulich ist die Tatsache, dass es für die Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung – e<strong>in</strong>es der<br />

fünf Europa 2020 Ziele – <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren von 2005 (17,5%) bis 2011<br />

(14,7%) e<strong>in</strong>en signifikanten Rückgang gab.<br />

Je nach Erhebungsmethode liegt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> für<br />

das Jahr 2011 zwischen 9,5 <strong>und</strong> 14,7 Prozent – im Vergleich da<strong>zu</strong> liegt Österreich<br />

zwischen 11,8 <strong>und</strong> 14,4 Prozent.<br />

Mit dem vorliegen<strong>den</strong> Bericht wird <strong>zu</strong>dem sichtbar gemacht, dass es besonders<br />

wichtig ist, sich auch <strong>in</strong> Zukunft ganz <strong>in</strong>tensiv mit <strong>den</strong> besonders<br />

armutsgefährdeten Gruppen ause<strong>in</strong>ander <strong>zu</strong> setzen. Das s<strong>in</strong>d vor allem E<strong>in</strong>-<br />

Eltern-Haushalte, Haushalte ab drei K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> alle<strong>in</strong>stehende Frauen über 65.<br />

Diese brauchen unsere besondere Hilfe <strong>und</strong> Unterstüt<strong>zu</strong>ng.<br />

Die vielen Maßnahmen, die das Land <strong>Vorarlberg</strong> bereits gesetzt hat, müssen<br />

<strong>in</strong>tensiv <strong>und</strong> konsequent weiter betrieben <strong>und</strong> weiter entwickelt wer<strong>den</strong>. E<strong>in</strong>er<br />

der Schwerpunkte ist dabei das Aufdecken <strong>und</strong> Verh<strong>in</strong>dern von K<strong>in</strong>derarmut. Die<br />

vorliegen<strong>den</strong> Daten wer<strong>den</strong> uns dabei helfen. E<strong>in</strong>e Evaluierung der Daten <strong>und</strong> der<br />

Entwicklung ist <strong>in</strong> regelmäßigen Abstän<strong>den</strong> geplant.<br />

Ich bedanke mich bei <strong>den</strong> Autoren für ihr Engagement <strong>und</strong> b<strong>in</strong> sicher, dass wir<br />

geme<strong>in</strong>sam mit dem Bildungssystem, dem Arbeitsmarkt, dem<br />

Ges<strong>und</strong>heitssystem, dem Wohnbau, der Wirtschaft <strong>und</strong> unseren Partnern im<br />

Sozialsystem auch weiterh<strong>in</strong> konsequent daran arbeiten können, <strong>Armut</strong> <strong>zu</strong><br />

verh<strong>in</strong>dern bzw. <strong>zu</strong> reduzieren.<br />

LR Dr. Greti Schmid<br />

6


1. Management Summary<br />

Der hier vorliegende Bericht <strong>zu</strong> ausgewählten Indikatoren über die soziale Lage<br />

<strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> setzt sich aus drei Teilberichten <strong>zu</strong>sammen: der quantitativen<br />

<strong>Studie</strong> der Statistik Austria über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> Österreichs<br />

B<strong>und</strong>esländern; der qualitativen <strong>Studie</strong> der Fachhochschule <strong>Vorarlberg</strong> über<br />

Menschen <strong>in</strong> prekären Lebenslagen <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong>; sowie e<strong>in</strong>er<br />

Expert/<strong>in</strong>n/enbefragung des Vorholz-Instituts <strong>in</strong> Alberschwende über <strong>Armut</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong>.<br />

Die <strong>Studie</strong> der Statistik Österreich „<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern“ (Endbericht) beschreibt <strong>in</strong>sbesondere im Kapitel 3 auf Ebene<br />

der B<strong>und</strong>esländer e<strong>in</strong>erseits die zeitliche Entwicklung von vier Leit<strong>in</strong>dikatoren<br />

über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> liefert andererseits e<strong>in</strong>e tiefe Analyse von <strong>Armut</strong>s<strong>in</strong>dikatoren für<br />

das Jahr 2011.<br />

Basierend auf <strong>den</strong> EU-SILC Daten <strong>und</strong> weiteren Quellen (Mikrozensus,<br />

Verwaltungsdaten des Jahres 2011 etwa Lohnsteuer-, Pensions-, Transfer-,<br />

Familien-, Schüler- <strong>und</strong> <strong>Studie</strong>nbeihilfedaten oder Daten aus dem<br />

K<strong>in</strong>derbetreuungsgeld) wur<strong>den</strong> durch die Statistik Austria für ihre <strong>Studie</strong><br />

genauere Schätzverfahren entwickelt um auf B<strong>und</strong>esländerebene für <strong>den</strong><br />

Zeitraum 2005 bis 2011 aussagekräftige Ergebnisse für die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren<br />

<strong>zu</strong>r Beschreibung von <strong>Armut</strong> <strong>zu</strong> erzielen. Zudem wur<strong>den</strong> mit 1.100 Haushalten <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong> auch um e<strong>in</strong> vielfaches Mehr an Haushalten befragt als für die seit<br />

2004 jährliche obligatorische EU-SILC.<br />

Die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren <strong>zu</strong>r Beschreibung von <strong>Armut</strong> s<strong>in</strong>d <strong>Armut</strong>sgefährdung,<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung, f<strong>in</strong>anzielle Deprivation <strong>und</strong> manifeste <strong>Armut</strong>. Sie<br />

können durch unterschiedliche Modelle beschrieben wer<strong>den</strong>. Unterschiedliche<br />

Modelle <strong>zu</strong>r Berechnung der vier Leit<strong>in</strong>dikatoren resultieren <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Ergebnissen. In der <strong>Studie</strong> der Statistik Austria wer<strong>den</strong> fünf Modelle e<strong>in</strong>gehend<br />

7


vorgestellt, das s<strong>in</strong>d: direkter Schätzer; 3-Jahresdurchschnitte des direkten<br />

Schätzers; Modellschätzer (rechnerisches Modell); komb<strong>in</strong>ierter Schätzer <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>e Zusatzerhebung aus Verwaltungsdaten.<br />

<strong>Vorarlberg</strong> liegt bei <strong>den</strong> vier Leit<strong>in</strong>dikatoren <strong>zu</strong>r Beschreibung von <strong>Armut</strong> im<br />

Österreichschnitt. So kann etwa beim 3-Jahres-Durchschnitt des direkten<br />

Schätzers ke<strong>in</strong> statistisch signifikanter Unterschied zwischen Österreich <strong>und</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong> festgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote nach der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung beträgt im<br />

Jahr 2011 <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> 14,7% <strong>und</strong> liegt damit auf Österreichniveau (14,4%).<br />

Wird die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote im Zeitverlauf betrachtet, so beträgt diese<br />

nach dem komb<strong>in</strong>ierten Schätzer <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Österreich r<strong>und</strong> 12%.<br />

Die Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung – e<strong>in</strong>es der fünf Europa 2020 Ziele – nahm <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong> von 2005 (17,5%) bis 2011 (14,7%) nach der Methode des<br />

komb<strong>in</strong>ierten Schätzers signifikant ab. Die Werte für f<strong>in</strong>anzielle Deprivation<br />

sowie manifeste <strong>Armut</strong> liegen <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> im Österreich-Schnitt. Die unten<br />

angeführten Tabellen bil<strong>den</strong> diese vier Entwicklungen für die Jahre 2005 bis<br />

2011 summarisch ab.<br />

8


Die hier vorliegen<strong>den</strong> vali<strong>den</strong> <strong>und</strong> repräsentativen Daten der neuen<br />

B<strong>und</strong>esländerstudie der Statistik Austria s<strong>in</strong>d für kle<strong>in</strong>e B<strong>und</strong>esländer wie<br />

<strong>Vorarlberg</strong> verlässlicher als jene aus EU-SILC. In Österreich wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> EU-SILC<br />

r<strong>und</strong> 6.000 Haushalte befragt, die gemäß ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung<br />

auf die B<strong>und</strong>esländer verteilt s<strong>in</strong>d. Damit s<strong>in</strong>d die Ergebnisse mit sehr großen<br />

statistischen Schwankungsbreiten behaftet. Das bedeutet, dass selbst wenn sich<br />

an <strong>den</strong> tatsächlichen Verhältnissen nichts ändert, dasselbe Schätzverfahren bei<br />

e<strong>in</strong>er Wiederholung der Erhebung <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em deutlich anderen Schätzwert führen<br />

kann. Zufallsbed<strong>in</strong>gte Ergebnisfluktuationen zwischen <strong>den</strong> Erhebungsjahren <strong>und</strong><br />

im Vergleich zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern s<strong>in</strong>d deshalb an<strong>zu</strong>nehmen. Die<br />

folgende Tabelle über die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote nach EU-SILC zeigt die<br />

Schwankungsbreite <strong>in</strong>sbesondere für kle<strong>in</strong>e B<strong>und</strong>esländer wie das Burgenland<br />

oder <strong>Vorarlberg</strong> zwischen 2004 <strong>und</strong> 2011 auf.<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />

Burgenland 11,6 15,2 12,4 13,7 13,0 11,2 10,7 14,3<br />

Kärnten 13,1 16,3 14,6 10,8 9,9 15,1 16,8 18,4<br />

Niederösterreich 11,8 12,9 12,1 10,4 10,9 10,1 9,3 9,9<br />

Oberösterreich 9,3 9,9 10,1 8,1 10,3 9,9 8,2 8,9<br />

Salzburg 15,9 8,7 11,8 10,1 7,8 10,3 9,7 9,9<br />

Steiermark 12,5 11,6 11,6 13,6 11,9 12,5 13,6 10,9<br />

Tirol 11,0 14,0 10,0 10,1 11,6 7,1 9,1 12,6<br />

<strong>Vorarlberg</strong> 16,9 12,9 9,2 13,0 18,2 11,5 10,0 8,5<br />

Wien 15,8 12,7 17,2 17,4 17,0 17,1 18,2 19,2<br />

Österreich 12,8 12,3 12,6 12,0 12,4 12,0 12,1 12,6<br />

Die <strong>in</strong> Kapitel 6 <strong>in</strong> Auszügen dokumentierte <strong>Studie</strong> der Fachhochschule<br />

<strong>Vorarlberg</strong> entwickelt auf Basis von 18 themenzentrierten Interviews e<strong>in</strong><br />

qualitatives Bild von Menschen <strong>in</strong> prekären Lebenslagen <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong>. Sie<br />

schlägt vier Typen vor, um <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen biographischen Umgang mit <strong>Armut</strong> <strong>zu</strong><br />

beschreiben.<br />

Im Kapitel 7 schließlich wer<strong>den</strong> die Ergebnisse von Interviews mit acht<br />

Expert/<strong>in</strong>n/en aus <strong>Vorarlberg</strong> vorgestellt, welche sich dem Thema <strong>Armut</strong> <strong>und</strong><br />

10


soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> aus ihrem Berufsfeld heraus nähern <strong>und</strong> entsprechende<br />

Empfehlungen für e<strong>in</strong>en künftigen Umgang damit abgeben.<br />

Kapitel 8 stellt ausgewählte Maßnahmen der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung <strong>zu</strong>r<br />

<strong>Armut</strong>sprävention vor. Kapitel 9 dokumentiert <strong>den</strong> umfangreichen Tabellenteil<br />

der <strong>Studie</strong> der Statistik Austria über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern.<br />

11


2. Auftrag des <strong>Vorarlberg</strong>er Landtages<br />

Mit Entschließung des XXIX. <strong>Vorarlberg</strong>er Landtages <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er 1. Sit<strong>zu</strong>ng am 2.<br />

Februar 2011 wurde die <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung aufgefordert, „dem<br />

Landtag e<strong>in</strong>en <strong>Vorarlberg</strong>er <strong>Armut</strong>sbericht mit aussagekräftigen Daten für das<br />

B<strong>und</strong>esland als faktische Gr<strong>und</strong>lage der Sozialpolitik des Landes vor<strong>zu</strong>legen.“<br />

(SteSi Beilage 102/2010)<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit <strong>den</strong> anderen acht B<strong>und</strong>esländern erteilte das Land <strong>Vorarlberg</strong><br />

im Frühjahr 2011 über die Verb<strong>in</strong>dungsstelle der B<strong>und</strong>esländer der Statistik<br />

Austria <strong>den</strong> Auftrag, e<strong>in</strong>e <strong>Studie</strong> über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>zu</strong><br />

erstellen. Flankierend <strong>zu</strong> diesem quantitativen Bericht wur<strong>den</strong> die<br />

Fachhochschule <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> das Vorholz-Institut <strong>in</strong> Alberschwende mit<br />

zwei qualitativen <strong>Studie</strong>n beauftragt, um das Wissen über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale<br />

<strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> aus lebensbiographischer Perspektive <strong>zu</strong> erweitern <strong>und</strong> durch<br />

Fachexpert/<strong>in</strong>n/en <strong>zu</strong> kommentieren.<br />

Für die Berechnung von Haupt<strong>in</strong>dikatoren über <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> österreichischen<br />

B<strong>und</strong>esländern wur<strong>den</strong> im Bericht der Statistik Austria drei Metho<strong>den</strong><br />

gewählt: 1. Die direkte Hochrechnung von B<strong>und</strong>esländerergebnissen aus der<br />

EU-SILC Stichprobe; 2. die direkte Berechnung aus e<strong>in</strong>er speziellen<br />

B<strong>und</strong>esländererhebung; sowie 3. die <strong>in</strong>direkten Schät<strong>zu</strong>ngen auf Basis von<br />

Modellen oder mehrjährigen Durchschnitten.<br />

Der erste Zugang ist derzeit <strong>in</strong> der Standardberichterstattung von EU-SILC<br />

etabliert. Der Vorteil ist, dass dieselben Verfahren angewendet wer<strong>den</strong> können<br />

wie für die nationale Berichterstattung. Die Hochrechnung der<br />

Stichprobenergebnisse berücksichtigt das Stichprobendesign sowie Non-<br />

Response bei <strong>den</strong> Erst- <strong>und</strong> Folgebefragungen. Dieser Ansatz führt <strong>zu</strong><br />

verzerrungsfreien <strong>und</strong> EU-weit vergleichbaren Schät<strong>zu</strong>ngen für politisch<br />

13


höchst relevante Größen. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese Schät<strong>zu</strong>ngen besonders für<br />

kle<strong>in</strong>ere B<strong>und</strong>esländer sehr ungenau <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Regel ist ke<strong>in</strong>e vertiefende<br />

Analyse für Ungleichheiten <strong>in</strong>nerhalb der B<strong>und</strong>esländer möglich. E<strong>in</strong>e<br />

Erhöhung des gesamten Stichprobenumfanges ist sowohl aus Kosten- als auch<br />

aufgr<strong>und</strong> der Erhebungskapazität der für Statistik Austria verfügbaren<br />

Infrastrukturen problematisch.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Variante ist die Schät<strong>zu</strong>ng durch Modelle. Im e<strong>in</strong>fachsten Fall<br />

würde <strong>zu</strong>m Beispiel für jedes B<strong>und</strong>esland der Mittelwert für Österreich<br />

angewendet. Der Standardfehler dieses Schätzers entspricht genau jenem der<br />

für Österreich <strong>in</strong>sgesamt erzielt wird. Der Nachteil ist offenk<strong>und</strong>ig:<br />

Unterschiede zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern wür<strong>den</strong> selbst dann verschw<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

wenn tatsächlich sehr große Unterschiede zwischen <strong>den</strong> Regionen bestehen.<br />

Auch bei <strong>den</strong> von der Statistik Austria verwendeten differenzierteren<br />

Modellen besteht die Gefahr e<strong>in</strong>er "Regression <strong>zu</strong>r Mitte" <strong>und</strong> derartige<br />

Schät<strong>zu</strong>ngen s<strong>in</strong>d verzerrungsbehaftet <strong>und</strong> dieser Bias ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schätzfehler<br />

e<strong>in</strong><strong>zu</strong>rechnen.<br />

Die dritte Variante schließlich komb<strong>in</strong>iert die Vorzüge der erwartungstreuen<br />

(aber un<strong>zu</strong>verlässigen) direkten Schät<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> der <strong>zu</strong>verlässigen (aber im<br />

Allgeme<strong>in</strong>en nicht erwartungstreuen) Modellschät<strong>zu</strong>ngen. Die komb<strong>in</strong>ierte<br />

Schät<strong>zu</strong>ng liefert e<strong>in</strong> Ergebnis, das e<strong>in</strong>erseits für große Stichproben eher von<br />

der direkten Schät<strong>zu</strong>ng abhängig ist <strong>und</strong> für kle<strong>in</strong>ere Stichproben eher die<br />

Modellschät<strong>zu</strong>ng spiegelt <strong>und</strong> anderseits <strong>den</strong> E<strong>in</strong>fluss von stark verzerrten<br />

Modellschät<strong>zu</strong>ngen verr<strong>in</strong>gert.<br />

Teil des Auftrages an die Statistik Austria war auch die Abfassung von drei<br />

e<strong>in</strong>ander ergänzen<strong>den</strong> Modulen, um e<strong>in</strong>e möglichst zeitnahe, kosteneffiziente<br />

<strong>und</strong> <strong>zu</strong>verlässige Berichterstattung über <strong>Armut</strong>slagen <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

für die Jahre 2005 bis 2011 <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />

14


Modul 1, die ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung, enthält e<strong>in</strong>e differenzierte<br />

Berichterstattung für 2011/2012 auf Basis e<strong>in</strong>er Verknüpfung von<br />

Verwaltungsdaten <strong>zu</strong>m E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es <strong>zu</strong>sätzlichen Mikrozensus-Moduls.<br />

Modul 2 umfasst modellbasierte Schät<strong>zu</strong>ngen für die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren von<br />

<strong>Armut</strong>. Sie gibt Auskunft über fünf Jahre (2005-2009) gegliedert nach drei<br />

Haushaltstypen <strong>in</strong> <strong>den</strong> neun B<strong>und</strong>esländern.<br />

Modul 3 be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e optimale Komb<strong>in</strong>ation direkter (d.h. aus<br />

Stichprobendaten hochgerechneter) <strong>und</strong> modellgestützter Schät<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong>r<br />

Berechnung konsistenter Leit<strong>in</strong>dikatoren (2011) ohne <strong>zu</strong>sätzlichen<br />

Erhebungsaufwand.<br />

Die Schlusspublikation, aus der das hier angeführte Kapitel 3 als Kapitel 4<br />

entnommen wurde, umfasst e<strong>in</strong>e Evaluation modellgestützter Ergebnisse im<br />

Vergleich mit <strong>den</strong> Resultaten e<strong>in</strong>er <strong>zu</strong>sätzlichen Erhebung sowie Empfehlungen<br />

über die Anwendungsmöglichkeiten <strong>und</strong> <strong>den</strong> möglichen Verzicht auf nationale<br />

bzw. regionale Zusatzerhebungen.<br />

15


3. Begriffsbestimmungen<br />

Äquivalisiertes Nettohaushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

Das äquivalisierte Haushaltse<strong>in</strong>kommen berechnet sich aus der Division des<br />

verfügbaren Haushaltse<strong>in</strong>kommens durch die Summe der Konsumäquivalente<br />

des Haushalts. Dabei wird e<strong>in</strong>e alle<strong>in</strong>lebende erwachsene Person als<br />

Referenzgröße (= Konsumäquivalent) herangezogen. Der Ressourcenbedarf des<br />

Haushalts steigt dann für jede weitere erwachsene Person um 0,5<br />

Konsumäquivalente, für K<strong>in</strong>der unter 14 Jahren um 0,3 Konsumäquivalente.<br />

Dieses gewichtete Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen kann als derjenige Lebensstandard<br />

gelten, der dem e<strong>in</strong>es durchschnittlichen E<strong>in</strong>personenhaushaltes entspricht. Das<br />

jeweilige Äquivalenze<strong>in</strong>kommen wird jedem Haushaltsmitglied <strong>zu</strong>geschrieben<br />

<strong>und</strong> der Lebensstandard von Personen <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung<br />

Sie weist <strong>den</strong> Anteil jener Personen an der Gesamtbevölkerung aus, deren<br />

äquivalisiertes Haushaltse<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong>en bestimmten Schwellenwert, nämlich<br />

60% des Medians, unterschreitet. 2011 waren das <strong>in</strong> Österreich für e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>personenhaushalt 1.066 € pro Monat, für zwei Erwachsene <strong>und</strong> zwei K<strong>in</strong>der<br />

2.238 € pro Monat.<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungslücke<br />

Maß für die Intensität der <strong>Armut</strong>sgefährdung def<strong>in</strong>iert als Median der <strong>in</strong>dividuellen<br />

relativen Abweichungen der äquivalisierten Nettohaushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

der <strong>Armut</strong>sgefährdeten von der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle <strong>in</strong> Prozent dieser<br />

Schwelle. Beträgt die <strong>Armut</strong>sgefährdungslücke 22%, bedeutet dies, dass die<br />

äquivalisierten Nettohaushaltse<strong>in</strong>kommen der <strong>Armut</strong>sgefährdeten im Mittel um<br />

22% unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegen.<br />

17


Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung<br />

Als von <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ng bedroht gelten Personen, die<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es der drei folgen<strong>den</strong> Kriterien erfüllen: 1. Ihr E<strong>in</strong>kommen ist<br />

ger<strong>in</strong>ger als 60% des nationalen äquivalisierten Mediane<strong>in</strong>kommens; 2. Sie s<strong>in</strong>d<br />

jünger als 60 Jahre <strong>und</strong> leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nahe<strong>zu</strong> Erwerbslosenhaushalt; 3. Sie<br />

weisen vier der folgen<strong>den</strong> neun Merkmale auf: a) Zahlungsrückstände bei<br />

Betriebskosten, Mieten, Krediten; b) unerwartete f<strong>in</strong>anzielle Ausgaben können<br />

nicht gemacht wer<strong>den</strong>; c) Urlaub e<strong>in</strong>mal jährlich ist f<strong>in</strong>anziell nicht möglich; d)<br />

Wohnung angemessen warm <strong>zu</strong> halten ist f<strong>in</strong>anziell nicht möglich; e)<br />

Fisch/Fleisch je<strong>den</strong> zweiten Tag <strong>zu</strong> essen ist f<strong>in</strong>anziell nicht möglich; f) PKW ist<br />

f<strong>in</strong>anziell nicht leistbar; g) Waschmasch<strong>in</strong>e ist f<strong>in</strong>anziell nicht leistbar; h)<br />

Farbfernsehgerät ist f<strong>in</strong>anziell nicht leistbar; i) Telefon oder Handy ist f<strong>in</strong>anziell<br />

nicht leistbar.<br />

Eigentums- bzw. Mietquote<br />

Die Eigentumsquote entspricht dem Anteil von Personen, die entweder <strong>in</strong> Hausoder<br />

Wohnungseigentum leben. Die Mietquote ist der Anteil von Personen <strong>in</strong><br />

Mietwohnungen, also <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>de-, Genossenschafts-, anderen<br />

Hauptmietwohnungen oder <strong>in</strong> Untermiete.<br />

F<strong>in</strong>anzielle Deprivation<br />

Deprivation me<strong>in</strong>t das Unvermögen, aus f<strong>in</strong>anziellen Grün<strong>den</strong> am national<br />

def<strong>in</strong>ierten M<strong>in</strong>destlebensstandard teilnehmen <strong>zu</strong> können. Dieser Status tritt e<strong>in</strong>,<br />

wenn sich e<strong>in</strong> Haushalt mit m<strong>in</strong>destens zwei der folgen<strong>den</strong> sieben Probleme<br />

konfrontiert sieht: Wohnung nicht angemessen warm halten; unerwartete<br />

Ausgaben <strong>in</strong> Höhe von 1.000,- € nicht f<strong>in</strong>anzierbar; nicht je<strong>den</strong> zweiten Tag<br />

Fisch/Fleisch/vegetarische Alternative essen können; Zahlungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Jahres nicht rechtzeitig leisten; notwendige Arzt/Zahnarztbesuche nicht<br />

f<strong>in</strong>anzieren können; neue Kleidung nicht kaufen können; Fre<strong>und</strong>e/Verwandte<br />

nicht e<strong>in</strong>mal im Monat <strong>zu</strong>m Essen e<strong>in</strong>la<strong>den</strong> können.<br />

18


Von erheblicher materieller Deprivation spricht die EU, wenn aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Grün<strong>den</strong> bei vier der folgen<strong>den</strong> neun Sachverhalte Probleme auftreten: Wohnung<br />

nicht angemessen warm halten; unerwartete Ausgaben <strong>in</strong> Höhe von 1.000,- €<br />

nicht f<strong>in</strong>anzierbar; je<strong>den</strong> zweiten Tag Fisch/Fleisch/vegetarische Alternative<br />

essen; Zahlungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres rechtzeitig leisten; e<strong>in</strong>mal im Jahr mit<br />

allen Haushaltsmitgliedern für e<strong>in</strong>e Woche <strong>in</strong> <strong>den</strong> Urlaub fahren; Besitz e<strong>in</strong>es<br />

PKW, e<strong>in</strong>es Farbfernsehgerätes, e<strong>in</strong>er Waschmasch<strong>in</strong>e, e<strong>in</strong>es Telefons oder e<strong>in</strong>es<br />

Handys.<br />

Haushalte mit bzw. ohne K<strong>in</strong>der<br />

K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d neben unter 16-Jährigen auch Personen unter 27 Jahren, die mit<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em Elternteil <strong>zu</strong>sammenleben <strong>und</strong> nicht erwerbstätig s<strong>in</strong>d.<br />

Haushalte mit bzw. ohne Pension<br />

Als Haushalte mit Pension wer<strong>den</strong> jene def<strong>in</strong>iert, deren E<strong>in</strong>kommen <strong>zu</strong><br />

m<strong>in</strong>destens 50% aus Altersleistungen stammt, als Haushalte ohne Pension<br />

entsprechend jene, wo Altersleistungen weniger als 50% des E<strong>in</strong>kommens<br />

ausmachen.<br />

Haushalte mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität<br />

Ke<strong>in</strong>e oder sehr niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität liegt vor, wenn alle Haushaltsmitglieder<br />

im Erwerbsalter <strong>zu</strong>sammen weniger als 20% des Vollzeit-Erwerbspotenzials<br />

ausschöpfen. Unter <strong>den</strong> Personen im Erwerbsalter wer<strong>den</strong> alle 18- bis<br />

59-jährigen Haushaltsmitglieder verstan<strong>den</strong>. Da<strong>zu</strong> zählen auch Personen, die ihr<br />

Erwerbsleben vor Vollendung des 60. Lebensjahres beendet haben <strong>und</strong> sich<br />

bereits <strong>in</strong> Pension bef<strong>in</strong><strong>den</strong>. Ausgenommen wer<strong>den</strong> h<strong>in</strong>gegen <strong>Studie</strong>rende bis 24<br />

Jahre.<br />

19


Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum<br />

Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum (bzw. wohnspezifische Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten)<br />

s<strong>in</strong>d Kredite oder Darlehen, die für <strong>den</strong> Kauf oder die Errichtung<br />

des Hauses (im Fall von Hauseigentum), für <strong>den</strong> Kauf der Wohnung (im Fall von<br />

Wohnungseigentum) oder für <strong>den</strong> F<strong>in</strong>anzierungsbeitrag (im Fall e<strong>in</strong>er<br />

Genossenschaftswohnung) <strong>zu</strong>rückgezahlt wer<strong>den</strong> müssen. Es handelt sich nur<br />

um Kredite im Zusammenhang mit der Errichtung, Schaffung <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />

von Wohnraum jener Wohnung, <strong>in</strong> der der Haushalt lebt. Ausgenommen wer<strong>den</strong><br />

Kredite für Wohnungse<strong>in</strong>richtungen sowie z<strong>in</strong>slose Kredite <strong>und</strong> Geldleihen.<br />

Manifeste <strong>Armut</strong><br />

Von manifester <strong>Armut</strong> wird gesprochen, wenn die Kriterien von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzieller Deprivation <strong>zu</strong>sammentreffen. Wenn<br />

Menschen über weniger als 60% des Mediane<strong>in</strong>kommens verfügen <strong>und</strong> bei ihnen<br />

<strong>zu</strong>gleich zwei von neun Kriterien der f<strong>in</strong>anziellen Deprivation <strong>zu</strong>treffen, gelten sie<br />

als arm.<br />

Signifikanz<br />

Kennwerte s<strong>in</strong>d signifikant unterschiedlich, wenn sich <strong>zu</strong>m<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> Kennwert<br />

wesentlich von <strong>den</strong> Vergleichskennwerten unterscheidet. Für <strong>den</strong> statistischen<br />

Nachweis wer<strong>den</strong> neben <strong>den</strong> Niveaus der Kennwerte auch die<br />

Vertrauensbereiche berücksichtigt. Wenn ke<strong>in</strong>e statistische Signifikanz<br />

nachgewiesen wer<strong>den</strong> kann, könnten trotzdem Unterschiede <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niveaus der<br />

Kennwerte bestehen. Diese s<strong>in</strong>d jedoch nicht von <strong>zu</strong>fälligen Schwankungen <strong>zu</strong><br />

unterschei<strong>den</strong>.<br />

Überbelag<br />

Die Komb<strong>in</strong>ation der Personenanzahl im Haushalt mit der Wohnungsgröße<br />

ermöglicht Rückschlüsse über die Anzahl überbelegter Wohnungen <strong>in</strong> Österreich.<br />

„Überbelegte“ Wohnungen wur<strong>den</strong> wie folgt def<strong>in</strong>iert:<br />

20


• Nutzfläche unter 35 m2, 2 <strong>und</strong> mehr Personen <strong>in</strong> der Wohnung<br />

• Nutzfläche 35 bis unter 60 m2, 3 <strong>und</strong> mehr Personen <strong>in</strong> der Wohnung<br />

• Nutzfläche 60 bis unter 70 m2, 4 <strong>und</strong> mehr Personen <strong>in</strong> der Wohnung<br />

• Nutzfläche 70 bis unter 90 m2, 5 <strong>und</strong> mehr Personen <strong>in</strong> der Wohnung<br />

• Nutzfläche 90 bis unter 110 m2, 6 <strong>und</strong> mehr Personen <strong>in</strong> der Wohnung<br />

• Bei e<strong>in</strong>er Nutzfläche ab 110 m2 ist ke<strong>in</strong> Überbelag möglich<br />

Diese Def<strong>in</strong>ition bietet <strong>den</strong> Vorteil, dass sie im Rahmen des Mikrozensus auf zwei<br />

stabilen, <strong>in</strong> längeren Zeitreihen <strong>zu</strong>r Verfügung stehen<strong>den</strong> Merkmalen beruht.<br />

Jedoch unterscheidet sich die hier angewendete Def<strong>in</strong>ition von jener <strong>in</strong> EU-SILC,<br />

welche die Anzahl der Wohnräume, die Personenanzahl im Haushalt sowie die<br />

Wohnungsgröße berücksichtigt. Diese Def<strong>in</strong>ition kann aufgr<strong>und</strong> der<br />

unterschiedlichen Erhebung der Wohnraumanzahl im vorliegen<strong>den</strong> Datensatz<br />

nicht angewandt wer<strong>den</strong>.<br />

Verfügbares Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

Die Summe der E<strong>in</strong>kommen aller Haushaltsmitglieder pro Haushalt. Berücksichtigt<br />

wer<strong>den</strong> E<strong>in</strong>kommen aus Erwerbsarbeit (unselbständige <strong>und</strong> selbständige<br />

Erwerbstätigkeit), E<strong>in</strong>kommen aus Pensionsleistungen (Alterspensionen,<br />

Unfallrenten <strong>und</strong> Erwerbsunfähigkeitspensionen), Sozialleistungen (z.B.<br />

Sozialhilfeleistungen, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, für Familien,<br />

ausbildungsbezogene Sozialleistungen, Bedarfsorientierte M<strong>in</strong>destsicherung),<br />

Kapitale<strong>in</strong>kommen (etwa E<strong>in</strong>kommen aus Z<strong>in</strong>sgew<strong>in</strong>nen) <strong>und</strong> erhaltene private<br />

Transferzahlungen. Geleistete Unterhaltszahlungen <strong>und</strong> geleistete sonstige<br />

private Transfers wer<strong>den</strong> dabei vom resultieren<strong>den</strong> Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

abgezogen.<br />

Wohnungsmiete ohne Betriebskosten<br />

Die Wohnungsmiete ohne Betriebskosten entspricht der an die Hausverwaltung<br />

bezahlten Miete ohne enthaltene Hei<strong>zu</strong>ngs- bzw. Warmwasser- <strong>und</strong> Stromkosten,<br />

<strong>in</strong>klusive Kosten für die Hausverwaltung, jedoch ohne Kosten für Garagen- oder<br />

21


Abstellplätze. Berechnet wurde die Höhe der Wohnungsmiete für alle Mietwohnungen,<br />

<strong>in</strong>klusive Geme<strong>in</strong>de- <strong>und</strong> Genossenschaftswohnungen.<br />

Work<strong>in</strong>g Poor<br />

18- bis 64-jährige nach dem ILO-Konzept Erwerbstätige, die armutsgefährdet<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Metho<strong>den</strong> der Erhebung<br />

Siehe: <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländer, Seiten 121-123.<br />

Direkte Schät<strong>zu</strong>ng<br />

Unter "direkter Schät<strong>zu</strong>ng" wird der Stichprobenschätzer auf Basis e<strong>in</strong>es<br />

e<strong>in</strong>zelnen Erhebungsjahres der EU-SILC Erhebung verstan<strong>den</strong>. Direkte<br />

Schätzergebnisse s<strong>in</strong>d erwartungstreu: Bei mehrfacher Wiederholung der<br />

Erhebung mit jeweils eigenen Samples wür<strong>den</strong> manche Stichproben höhere,<br />

andere niedrigere Schätzergebnisse liefern, <strong>und</strong> im Durchschnitt aller möglichen<br />

Wiederholungen wäre der geschätzte Wert i<strong>den</strong>tisch mit dem Wert bei e<strong>in</strong>er<br />

vollständigen Erhebung. Tatsächlich steht aber nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Sample <strong>zu</strong>r<br />

Verfügung, <strong>und</strong> bei sehr kle<strong>in</strong>en Stichprobenumfängen ist dort mit großen<br />

Zufallsschwankungen <strong>zu</strong> rechnen. Die Schätzergebnisse unterliegen also e<strong>in</strong>em<br />

hohen Stichprobenfehler. Dieser Stichprobenfehler trägt auch da<strong>zu</strong> bei, dass die<br />

Unterschiede zwischen <strong>den</strong> regionalen Schät<strong>zu</strong>ngen größer ausfallen, als bei<br />

e<strong>in</strong>er Vollerhebung der Fall wäre. Der Stichprobenfehler erhöht damit künstlich<br />

das Ausmaß der regionalen Disparität. Aufgr<strong>und</strong> des Stichprobenplans ist die<br />

Zuverlässigkeit der B<strong>und</strong>eslandschätzer sehr unterschiedlich, da die<br />

Stichprobengröße e<strong>in</strong>es B<strong>und</strong>eslandes proportional <strong>zu</strong>r Größe der<br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit <strong>in</strong> dem B<strong>und</strong>esland ist.<br />

Dreijährige Durchschnitte<br />

E<strong>in</strong>e Möglichkeit <strong>den</strong> Fehler durch <strong>in</strong>direkte Schät<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> reduzieren ist es,<br />

mehrjährige Durchschnitte <strong>zu</strong> bil<strong>den</strong>. Da<strong>zu</strong> wurde hier e<strong>in</strong> gleitender, 3-jähriger<br />

22


<strong>und</strong> symmetrischer Durchschnitt (arithmetisches Mittel) der direkten Schätzer<br />

berechnet. An <strong>den</strong> Rändern des Beobachtungszeitraums s<strong>in</strong>d soh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Werte<br />

verfügbar (2010 wird als Durchschnitt von 2009, 2010 <strong>und</strong> 2011 geschätzt). Von<br />

e<strong>in</strong>er möglichen Ungleichgewichtung der Jahre wurde abgesehen, sodass alle drei<br />

verwendeten Jahre mit Gewicht 1 <strong>in</strong> die Schät<strong>zu</strong>ng e<strong>in</strong>gehen. Der Standardfehler<br />

der Schätzer konnte durchschnittlich um ca. 25% gegenüber <strong>den</strong> Jahresschätzern<br />

reduziert wer<strong>den</strong>. Zur Fehlerrechnung wurde das unten beschriebene Bootstrap-<br />

Verfahren verwendet, welches die Überlappung der Stichproben aufgr<strong>und</strong> des<br />

Rotationsplans berücksichtigt.<br />

Modellgestützte Schät<strong>zu</strong>ngen<br />

Dieser Ansatz besteht dar<strong>in</strong>, Indikatorvariablen <strong>in</strong> der Stichprobe des<br />

Mikrozensus <strong>zu</strong> rekonstruieren. Diese Stichprobe ist nicht nur wesentlich größer<br />

als jene von EU-SILC, sie ist auch gleichmäßiger auf die B<strong>und</strong>esländer verteilt <strong>und</strong><br />

bietet damit besonders für kle<strong>in</strong>e B<strong>und</strong>esländer e<strong>in</strong>e solidere Stichprobenbasis.<br />

Da die determ<strong>in</strong>istische Berechnung von Indikatorvariablen nicht möglich ist,<br />

wer<strong>den</strong> diese modellhaft auf Basis von Variablen, welche sowohl <strong>in</strong> der SILC<br />

Erhebung als auch <strong>in</strong> der Mikrozensus Erhebung enthalten s<strong>in</strong>d, imputiert.<br />

Modellgestützte Schät<strong>zu</strong>ngen nutzen Informationen der gesamten EU-SILC-<br />

Stichprobe für die Schät<strong>zu</strong>ng von Modellparametern sowie e<strong>in</strong>e exaktere<br />

Erfassung der <strong>zu</strong>r regionalen Schät<strong>zu</strong>ng benötigten Randverteilungen von<br />

Risikogruppen im Mikrozensus. Bei e<strong>in</strong>er Wiederholung der Erhebung mit jeweils<br />

eigenen Samples <strong>und</strong> neuerlichen Modellschät<strong>zu</strong>ng wären jeweils sehr ähnliche<br />

Ergebnisse <strong>zu</strong> erwarten. Gegenüber direkten Schät<strong>zu</strong>ngen, die nur auf der<br />

jeweiligen regionalen EU-SILC-Stichprobe beruhen, unterliegen die<br />

Modellschät<strong>zu</strong>ngen also e<strong>in</strong>em wesentlich ger<strong>in</strong>geren Stichprobenfehler.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wer<strong>den</strong> dabei nur jene E<strong>in</strong>flussgrößen berücksichtigt, die im Modell<br />

explizit formuliert s<strong>in</strong>d. Nicht beobachtete regionale Besonderheiten<br />

(beispielsweise im Bereich der K<strong>in</strong>derbetreuung), wer<strong>den</strong> implizit als <strong>in</strong>existent<br />

angenommen. E<strong>in</strong>e Fehlspezifikation führt somit <strong>zu</strong> systematisch (<strong>zu</strong>r Mitte)<br />

23


verzerrten Ergebnissen. Die Verzerrung von Modellschät<strong>zu</strong>ngen kann da<strong>zu</strong><br />

führen, dass Unterschiede zwischen Regionen künstlich verr<strong>in</strong>gert wer<strong>den</strong>.<br />

Komb<strong>in</strong>ierter Schätzer<br />

Der komb<strong>in</strong>ierte Schätzer verb<strong>in</strong>det die Vorzüge der erwartungstreuen aber<br />

un<strong>zu</strong>verlässigen direkten Schät<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> der <strong>zu</strong>verlässigen aber im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

nicht erwartungstreuen Modellschät<strong>zu</strong>ngen. Die komb<strong>in</strong>ierte Schät<strong>zu</strong>ng liefert<br />

e<strong>in</strong> Ergebnis, das e<strong>in</strong>erseits für große Stichproben eher von der direkten<br />

Schät<strong>zu</strong>ng abhängig ist <strong>und</strong> für kle<strong>in</strong>ere Stichproben eher die Modellschät<strong>zu</strong>ng<br />

widerspiegelt.<br />

24


4. <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern der<br />

Statistik Austria (Aus<strong>zu</strong>g aus Kapitel 3 auf <strong>den</strong> Seiten 44-103)<br />

Im Auftrag <strong>zu</strong>r Erstellung der <strong>Studie</strong> über <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong>,<br />

welche von der Verb<strong>in</strong>dungsstelle der B<strong>und</strong>esländer an die Statistik Austria<br />

erteilt wurde, wur<strong>den</strong> drei e<strong>in</strong>ander ergänzende Module vere<strong>in</strong>bart, um e<strong>in</strong>e<br />

möglichst zeitnahe, kosteneffiziente <strong>und</strong> <strong>zu</strong>verlässige Berichterstattung über<br />

<strong>Armut</strong>slagen <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern für die Jahre 2005 bis 2011 <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />

Das Modul 1, die ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung, enthält e<strong>in</strong>e differenzierte<br />

Berichterstattung für 2011/2012 auf Basis e<strong>in</strong>er Verknüpfung von<br />

Verwaltungsdaten <strong>zu</strong>m E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es <strong>zu</strong>sätzlichen Mikrozensus-Moduls.<br />

Modul 2 umfasst modellbasierte Schät<strong>zu</strong>ngen für die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren von<br />

<strong>Armut</strong>. Sie gibt Auskunft über fünf Jahre (2005-2009) gegliedert nach drei<br />

Haushaltstypen <strong>in</strong> <strong>den</strong> neun B<strong>und</strong>esländern.<br />

Modul 3 be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e optimale Komb<strong>in</strong>ation direkter (d.h. aus<br />

Stichprobendaten hochgerechneter) <strong>und</strong> modellgestützter Schät<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong>r<br />

Berechnung konsistenter Leit<strong>in</strong>dikatoren (2011) ohne <strong>zu</strong>sätzlichen<br />

Erhebungsaufwand.<br />

Die Schlusspublikation, aus der das Kapitel 3 hier als Kapitel 4 extrahiert wurde,<br />

umfasst e<strong>in</strong>e Evaluation modellgestützter Ergebnisse im Vergleich mit <strong>den</strong><br />

Resultaten e<strong>in</strong>er <strong>zu</strong>sätzlichen Erhebung sowie Empfehlungen über die<br />

Anwendungsmöglichkeiten <strong>und</strong> <strong>den</strong> möglichen Verzicht auf nationale bzw.<br />

regionale Zusatzerhebungen.<br />

Für die vollständige B<strong>und</strong>esländererhebung siehe:<br />

Statistik Austria, <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern,<br />

Wien 2013. (Leitung: Mag. Mart<strong>in</strong> Bauer, Mitarbeit: Matthias Till, Richard<br />

Heuberger, Marcel Bilgili, Thomas Glaser, Elisabeth Kafka, Johannes Klotz,<br />

25


Alexander Kowarik, Nadja Lamei, Angelika Meraner, Anneliese Oismüller, Marc<br />

Plate, Stefanie Scheikl, Vlasta Zucha).<br />

4.1 Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

Für die <strong>Studie</strong> "<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale Ausgren<strong>zu</strong>ng <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern" wurde auf<br />

Basis des Mikrozensus 2011/2012 das Haushaltse<strong>in</strong>kommen (Das<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen ist die Summe aller Erwerbse<strong>in</strong>kommen im Haushalt<br />

<strong>zu</strong>züglich Kapitalerträge, Pensionen <strong>und</strong> allfällige Sozialtransfers) privater<br />

Haushalte <strong>in</strong> Österreich vorrangig mittels Verwaltungsdaten berechnet. Dabei<br />

wur<strong>den</strong> die Datensätze der Stichprobe des Mikrozensus über e<strong>in</strong>en<br />

anonymisierten Schlüssel mit <strong>den</strong> jeweiligen Adm<strong>in</strong>istrativdaten verknüpft <strong>und</strong><br />

das E<strong>in</strong>kommen des Kalenderjahres 2011 auf Haushaltsebene summiert.<br />

Das Kapitel <strong>zu</strong>m Haushaltse<strong>in</strong>kommen stellt im ersten Unterkapitel die<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Haushaltse<strong>in</strong>kommens dar. Das zweite Unterkapitel<br />

erklärt die Äquivalisierung als wichtigen Schritt für die Verwendung des<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommens als Indikator für <strong>den</strong> Lebensstandard e<strong>in</strong>es Haushalts. Das<br />

dritte Unterkapitel behandelt die Verteilung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern, bevor im vierten Unterkapitel Unterschiede der<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen für verschie<strong>den</strong>e Bevölkerungsgruppen betrachtet<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

4.1.1 Die Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Haushaltse<strong>in</strong>kommens<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>r Betrachtung von Personene<strong>in</strong>kommen ermöglicht das<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>direkte Abschät<strong>zu</strong>ng des Lebensstandards des<br />

Haushalts. Der Vorstellung, dass der Lebensstandard e<strong>in</strong>es Haushalts (bzw. von<br />

Personen <strong>in</strong> Haushalten) über das (verfügbare) Haushaltse<strong>in</strong>kommen bestimmt<br />

wer<strong>den</strong> kann, liegen bestimmte Annahmen <strong>zu</strong>gr<strong>und</strong>e. Erstens wird unterstellt,<br />

dass dieses E<strong>in</strong>kommen auch tatsächlich laufend ausgegeben wer<strong>den</strong> kann, also<br />

verfügbar ist, <strong>und</strong> deshalb <strong>den</strong> Lebensstandard direkt bee<strong>in</strong>flusst.<br />

26


Unterschiedliche Fixkostenstrukturen von Haushalten, etwa Wohnkosten <strong>und</strong><br />

Kreditzahlungen, oder auch notwendige Ausgaben für pflegerische<br />

Dienstleistungen, bleiben dabei unberücksichtigt. Zweitens wird unterstellt, dass<br />

alle Haushaltsmitglieder über <strong>den</strong>selben Anteil am Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

verfügen, d.h. dass das Haushaltse<strong>in</strong>kommen im Haushalt gleich verteilt ist. Diese<br />

Annahme ist empirisch nicht belegt, erste Untersuchungen im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Modulbefragung von EU-SILC geben e<strong>in</strong>en differenzierteren Bef<strong>und</strong> (Mader et al.<br />

2012). Die dritte Annahme der Verwendung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens als Maß<br />

des Lebensstandards ist, dass e<strong>in</strong> solcher Art konzeptionalisierter Vergleich des<br />

Lebensstandards auch ohne Berücksichtigung der Vermögensverteilung s<strong>in</strong>nvoll<br />

ist.<br />

Erfasst wird bei dieser Art der Haushaltse<strong>in</strong>kommensmessung das so genannte<br />

laufende E<strong>in</strong>kommen, d.h. die Summe der E<strong>in</strong>kommen, die e<strong>in</strong>em Haushalt<br />

während des E<strong>in</strong>kommensbe<strong>zu</strong>gszeitraums <strong>zu</strong>fließen. Berücksichtigt wer<strong>den</strong><br />

dabei die Nettoe<strong>in</strong>kommen, also E<strong>in</strong>kommen nach Steuern <strong>und</strong> Sozialabgaben.<br />

Für diese <strong>Studie</strong> wer<strong>den</strong> alle im Jahr 2011 erzielten E<strong>in</strong>kommen erfasst. Die<br />

Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> Haushaltsstruktur ist auf das Jahr 2011/12<br />

bezogen (vgl. da<strong>zu</strong> Kapitel 4.1). Hier<strong>in</strong> unterscheidet sich die Struktur dieser<br />

Erhebung von EU-SILC, wo der E<strong>in</strong>kommensbe<strong>zu</strong>gszeitraum das jeweils der<br />

Erhebung vorangegangene Kalenderjahr ist <strong>und</strong> die Haushaltsstruktur immer <strong>zu</strong><br />

e<strong>in</strong>em anderen Zeitpunkt beobachtet wird als das Haushaltse<strong>in</strong>kommen.<br />

Für die Berechnung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens wird versucht alle<br />

E<strong>in</strong>kommenskomponenten <strong>zu</strong> erfassen, die <strong>den</strong> Mitgliedern des Haushalts<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres <strong>zu</strong>fließen. Berücksichtigt wer<strong>den</strong> dabei E<strong>in</strong>kommen aus<br />

Erwerbsarbeit (unselbständige <strong>und</strong> selbständige Erwerbstätigkeit), E<strong>in</strong>kommen<br />

aus Pensionsleistungen (Alterspensionen, Unfallrenten <strong>und</strong><br />

Erwerbsunfähigkeitspensionen), Sozialleistungen (z.B. Sozialhilfeleistungen,<br />

Leistungen bei Arbeitslosigkeit, für Familien, ausbildungsbezogene<br />

27


Sozialleistungen), Kapitale<strong>in</strong>kommen (etwa E<strong>in</strong>kommen aus Z<strong>in</strong>sgew<strong>in</strong>nen) <strong>und</strong><br />

erhaltene private Transferzahlungen. Geleistete Unterhaltszahlungen <strong>und</strong><br />

geleistete sonstige private Transfers wer<strong>den</strong> dabei vom resultieren<strong>den</strong><br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen abgezogen. Nicht berücksichtigt wer<strong>den</strong> durch die<br />

Konzeptualisierung etwa alle Arten der Vermögensauflösung, also z.B. Auflösung<br />

von Sparvermögen, (nicht gewerbliche) Verkäufe von (Im-)Mobilien usw.<br />

Die Berechnung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens erfolgte für diese <strong>Studie</strong> vorrangig<br />

auf Basis von Verwaltungsdaten. Allerd<strong>in</strong>gs stehen nicht für alle<br />

E<strong>in</strong>kommenskomponenten geeignete Adm<strong>in</strong>istrativdatenquellen <strong>zu</strong>r Verfügung,<br />

sei es weil diese nicht zeitgerecht <strong>in</strong> adäquater Qualität verfügbar s<strong>in</strong>d, oder weil<br />

die jeweiligen Leistungen nicht <strong>in</strong> entsprechen<strong>den</strong>, zentralisiert verfügbaren<br />

Verwaltungsdaten erfasst wer<strong>den</strong>. Leistungen, die nicht aus Verwaltungsdaten<br />

<strong>zu</strong>r Verfügung stan<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong> durch statistische Schätzverfahren imputiert.<br />

E<strong>in</strong>e Ausnahme stellen Informationen <strong>zu</strong> erhaltenen <strong>und</strong> bezogenen<br />

Transferzahlungen <strong>und</strong> Unterhaltsvorschüssen dar: Diese wur<strong>den</strong> im Rahmen<br />

der Modulbefragung <strong>zu</strong>m Lebensstandard erfasst <strong>und</strong> für <strong>den</strong> gesamten<br />

Datensatz hochgerechnet.<br />

Übersicht 4 zeigt das Modell <strong>zu</strong>r Berechnung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens für die<br />

ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung. E<strong>in</strong>e genauere Darstellung des<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommensmodells f<strong>in</strong>det sich im Metho<strong>den</strong>kapitel dieses Berichts<br />

(Kapitel 4.1). Die Zusammenset<strong>zu</strong>ng der E<strong>in</strong>kommenskomponenten orientierte<br />

sich dabei am Projekt EU-SILC, vorrangig um e<strong>in</strong>e Vergleichsmöglichkeit für die<br />

erfassten bzw. berechneten E<strong>in</strong>kommenskomponenten <strong>zu</strong> haben. Dieses<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommenskonzept basiert auf <strong>den</strong> Empfehlungen der Expert Group<br />

on Household Income Statistics (Canberra Group 2011), e<strong>in</strong>er von der UN<br />

Statistical Commission kuratierten Gruppe <strong>in</strong>ternationaler Expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Experten, <strong>und</strong> auf der Klassifikation des Europäischen Systems <strong>in</strong>tegrierter<br />

Sozialschutzstatistiken ESSOSS (Eurostat 2008).<br />

28


Das gesamte verfügbare E<strong>in</strong>kommen der hochgerechnet etwa 3,66 Mio.<br />

österreichischen Privathaushalte wird nach dieser Def<strong>in</strong>ition ca. 144,0 Mrd.<br />

Euro geschätzt. Der entsprechende Vergleichswert aus EU-SILC für das Jahr<br />

2010 beträgt 136,4 Mrd. Euro. Der Median des Haushaltse<strong>in</strong>kommens liegt bei<br />

33.795 Euro, <strong>und</strong> liegt damit um etwa sechs Prozent höher als der<br />

Vergleichswert aus EU-SILC 2011.<br />

Etwa 56% des Haushaltse<strong>in</strong>kommens stammt aus unselbständiger<br />

Erwerbsarbeit, knapp 10% aus selbständiger Arbeit, sodass etwa 2/3 des<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen österreichischer Privathaushalte aus E<strong>in</strong>kommen aus<br />

Erwerbsarbeit stammt. Etwa 20% des gesamten Haushaltse<strong>in</strong>kommens stammt<br />

aus Pensionen <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 11% aus Sozialleistungen. Die auf H<strong>und</strong>ert fehlen<strong>den</strong><br />

Prozent stammen aus privaten E<strong>in</strong>kommen, also Z<strong>in</strong>sgew<strong>in</strong>nen, privaten<br />

Pensionen <strong>und</strong> dem Saldo privater Transfers. H<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng zeigen sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede zwischen <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern.<br />

Die Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Haushaltse<strong>in</strong>kommens ist maßgeblich durch die<br />

Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> die Lebenssituation der Haushaltsmitglieder<br />

29


estimmt. So ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass das Haushaltse<strong>in</strong>kommen von<br />

Personen, die nicht mehr im Erwerbsprozess stehen, <strong>zu</strong> etwa 84% aus<br />

Pensionsleistungen besteht, <strong>und</strong> Pensionen für Haushalte, deren<br />

Haupte<strong>in</strong>kommensquelle nicht Pensionen s<strong>in</strong>d, nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige Rolle<br />

spielen. Für diese Haushalte bil<strong>den</strong> h<strong>in</strong>gegen Erwerbse<strong>in</strong>kommen <strong>den</strong> größten<br />

E<strong>in</strong>kommensbestandteil des Haushaltse<strong>in</strong>kommens: Insbesondere E<strong>in</strong>kommen<br />

aus unselbständiger Erwerbstätigkeit machen hier <strong>in</strong> Summe etwas mehr als<br />

2/3 des Haushaltse<strong>in</strong>kommens aus. Sozialleistungen leisten für E<strong>in</strong>-Eltern-<br />

Haushalte, alle<strong>in</strong>lebende Frauen ohne Pension <strong>und</strong> Haushalte mit m<strong>in</strong>destens 3<br />

K<strong>in</strong>dern mit mehr als 20% e<strong>in</strong>en entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Beitrag <strong>zu</strong>m<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen.<br />

30


4.1.2 Äquivalisierung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens<br />

Bei alle<strong>in</strong>iger Betrachtung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens wird die unterschiedliche<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng von Haushalten <strong>und</strong> mögliche Kostenersparnisse<br />

geme<strong>in</strong>samer Haushaltsführung nicht berücksichtigt. Somit können auch<br />

Ungleichheiten zwischen Haushalten nur bed<strong>in</strong>gt dargestellt wer<strong>den</strong>. Dabei stellt<br />

sich die Frage, wie unterschiedliche Haushaltsstrukturen <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>kommenssituationen mite<strong>in</strong>ander vergleichbar gemacht wer<strong>den</strong> können. Das<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen nur durch die Anzahl der Personen des Haushalts <strong>zu</strong> teilen,<br />

ersche<strong>in</strong>t nur bed<strong>in</strong>gt s<strong>in</strong>nvoll: So wird e<strong>in</strong> Haushalt mit zwei erwachsenen<br />

Personen nicht <strong>den</strong> doppelten f<strong>in</strong>anziellen Bedarf haben wie e<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>personenhaushalt <strong>und</strong> nicht <strong>den</strong>selben Bedarf wie e<strong>in</strong> Haushalt e<strong>in</strong>er<br />

Alle<strong>in</strong>erzieher<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d.<br />

Ziel ist es also <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em Maßstab <strong>zu</strong> kommen, mit dem das Verhältnis zwischen<br />

Haushalten unterschiedlicher Größe <strong>und</strong> deren E<strong>in</strong>kommen mite<strong>in</strong>ander<br />

vergleichbar gemacht wer<strong>den</strong> kann. Dies erfolgt mittels Äquivalenzskalen, Im<br />

europäischen Kontext <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> der österreichischen Sozialberichterstattung<br />

wird dabei die so genannte EU-Skala herangezogen. Dabei wird e<strong>in</strong>e<br />

alle<strong>in</strong>lebende erwachsene Person als Referenzgröße (= Konsumäquivalent)<br />

herangezogen. Der Ressourcenbedarf des Haushalts steigt dann für jede weitere<br />

erwachsene Person um 0,5 Konsumäquivalente, für K<strong>in</strong>der unter 14 Jahre um 0,3<br />

Konsumäquivalente. Die folgende Übersicht zeigt beispielhaft für verschie<strong>den</strong>e<br />

Haushaltskonstellationen die Berechnung des Äquivalenzgewichts des Haushalts.<br />

31


Das äquivalisierte Haushaltse<strong>in</strong>kommen berechnet sich nun aus der Division des<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommens durch die Summe der Konsumäquivalente des Haushalts.<br />

Dieses gewichtete Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen kann als derjenige Lebensstandard<br />

gelten, der dem e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>personenhaushaltes entspricht. Das jeweilige<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen wird jedem Haushaltsmitglied <strong>zu</strong>geschrieben <strong>und</strong> der<br />

Lebensstandard von Personen <strong>in</strong> unterschiedlichen Haushaltskonstellationen<br />

kann dadurch mite<strong>in</strong>ander verglichen wer<strong>den</strong>. Dies nimmt beispielsweise an,<br />

dass der Lebensstandard von Personen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit zwei<br />

Erwachsenen <strong>und</strong> zwei K<strong>in</strong>dern mit e<strong>in</strong>em Haushaltse<strong>in</strong>kommen von 31.500<br />

Euro dem Lebensstandard e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>personenhaushalts mit e<strong>in</strong>em jährlichen<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen von 15.000 Euro entsprechen. Übersicht 6 zeigt die<br />

Berechnung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens an e<strong>in</strong>em Beispiel.<br />

4.1.3 Verteilung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens<br />

Der Median des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens kann als Indikator für <strong>den</strong> mittleren<br />

Lebensstandard von Personen <strong>in</strong> Privathaushalten verwendet wer<strong>den</strong>, da jener<br />

Wert die Verteilung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> exakt zwei Hälften teilt.<br />

Demnach ist <strong>in</strong> Österreich für 50% der Personen das Äquivalenze<strong>in</strong>kommen<br />

kle<strong>in</strong>er als 22.679 Euro im Jahr, für die restlichen 50% liegt der Wert darüber.<br />

Um die Verteilung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens nach B<strong>und</strong>esland genauer <strong>zu</strong><br />

untersuchen, wer<strong>den</strong> neben dem Median auch andere Perzentile, also<br />

Unterteilungen der Verteilung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens herangezogen. E<strong>in</strong><br />

Perzentil gibt an, wieviel Prozent der Bevölkerung unter dem Wert des Perzentils<br />

liegen, d.h. der Median ist das 50%-Perzentil. Grafik 2 stellt die Verteilung des<br />

32


Äquivalenze<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> Österreich sowie <strong>in</strong> <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländern<br />

grafisch mit Hilfe von Boxplots dar. Dabei gibt die dicke L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> der Mitte der<br />

Boxen <strong>den</strong> Median an. Das untere <strong>und</strong> obere Ende der Box bezeichnen das 25%-<br />

<strong>und</strong> 75%-Perzentil. 28 Das Innere der Box zeigt somit das Äquivalenze<strong>in</strong>kommen<br />

der mittleren 50% an. An <strong>den</strong> En<strong>den</strong> der Boxplots bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich strichlierte<br />

L<strong>in</strong>ien, sogenannte "Antennen". Deren Endpunkte s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em kurzen<br />

waagrechten Strich gekennzeichnet <strong>und</strong> bezeichnen das 10%- <strong>und</strong> 90%-<br />

Perzentil.<br />

In Grafik 2 ist ersichtlich, dass der mediane Lebensstandard pro B<strong>und</strong>esland im<br />

Vergleich <strong>zu</strong> Gesamtösterreich zwar schwankt, diese Abweichungen s<strong>in</strong>d<br />

jedoch stets kle<strong>in</strong>er als +/- 7%. In Wien ist der Median des<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommens mit 21.353 Euro am niedrigsten, <strong>in</strong> Niederösterreich<br />

mit 24.194 Euro am höchsten. Für die meisten B<strong>und</strong>esländer s<strong>in</strong>d die<br />

Abweichungen des Medians <strong>zu</strong> Gesamtösterreich nicht signifikant (95%-<br />

Signifikanzniveau). Statistisch signifikante Abweichungen des medianen<br />

Lebensstandards zeigen sich bei <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern Burgenland, Kärnten,<br />

Niederösterreich <strong>und</strong> Wien. So ist der mediane Lebensstandard im Vergleich <strong>zu</strong><br />

33


Gesamtösterreich <strong>in</strong> Kärnten <strong>und</strong> Wien um 3% bzw. 6% niedriger, im<br />

Burgenland <strong>und</strong> <strong>in</strong> Niederösterreich um 3% bzw. 7% höher.<br />

Obwohl der mittlere Lebensstandard <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern nicht sehr stark<br />

schwankt, gibt es mitunter <strong>den</strong>noch deutliche Unterschiede <strong>in</strong> der Verteilung<br />

des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens, welche anhand von Grafik 2 veranschaulicht<br />

wer<strong>den</strong> können. So zeigt die Höhe der Box die Spannweite der mittleren 50%<br />

des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens an. E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Box bedeutet dabei, dass das<br />

ger<strong>in</strong>gste <strong>und</strong> das höchste Äquivalenze<strong>in</strong>kommen der mittleren 50% weit<br />

ause<strong>in</strong>anderliegen, e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Box beschreibt e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Spannweite der<br />

mittleren 50%. Analog da<strong>zu</strong> können die bei<strong>den</strong> Hälften der Boxen, welche durch<br />

<strong>den</strong> Median getrennt s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>terpretiert wer<strong>den</strong>. Im Vergleich <strong>zu</strong><br />

Gesamtösterreich zeigt sich beispielsweise <strong>in</strong> Wien e<strong>in</strong> breiter gestreutes<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen. Obwohl der Wert des 75%-Perzentils jenem des<br />

gesamten B<strong>und</strong>esgebiets entspricht ist, hier der Median <strong>und</strong> das 25%-Perzentil<br />

signifikant kle<strong>in</strong>er. E<strong>in</strong> Vergleich des Burgenlands mit Gesamtösterreich liefert<br />

genau umgekehrte Ergebnisse: Wieder ist der Wert des 75% Perzentils<br />

annähernd so hoch wie im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet, der Median <strong>und</strong> das 25%-<br />

Perzentil s<strong>in</strong>d jedoch signifikant höher, was auch leicht an der kle<strong>in</strong>eren Box<br />

erkennbar ist. In Kärnten <strong>und</strong> Niederösterreich s<strong>in</strong>d die entsprechen<strong>den</strong> Werte<br />

durchgehend höher bzw. niedriger, was sich <strong>in</strong> annähernd gleich großen Boxen<br />

wie <strong>in</strong> Gesamtösterreich, allerd<strong>in</strong>gs auf anderen Niveaus, ausdrückt. Noch<br />

deutlichere Unterschiede ergeben sich beim Betrachten der Antennen, also der<br />

10%- <strong>und</strong> 90%-Perzentile. So zeigt sich, dass sowohl <strong>in</strong> Niederösterreich als<br />

auch <strong>in</strong> Wien das Äquivalenze<strong>in</strong>kommen der höchsten 10% signifikant größer<br />

ist als <strong>in</strong> Gesamtösterreich. Signifikant niedrigere Werte ergeben sich für<br />

Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong>. Bei <strong>den</strong><br />

untersten 10% zeigt sich e<strong>in</strong> mitunter anderes Bild. So ist das<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen der untersten 10% <strong>in</strong> Wien signifikant niedriger als <strong>in</strong><br />

Gesamtösterreich, im Burgenland, <strong>in</strong> Niederösterreich <strong>und</strong> Oberösterreich<br />

jedoch signifikant höher. Die Länge der Antennen gibt e<strong>in</strong>en weiteren E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />

34


<strong>den</strong> oberen <strong>und</strong> unteren Teil der Verteilung der Äquivalenze<strong>in</strong>kommen. Je<br />

länger diese s<strong>in</strong>d desto höher ist das Ausmaß an Ungleichheit außerhalb der<br />

mittleren Äquivalenze<strong>in</strong>kommen.<br />

Die bislang dargestellten Unterschiede der Verteilung des<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommens der B<strong>und</strong>esländer im Vergleich <strong>zu</strong> Gesamtösterreich<br />

können vielfältige Gründe haben. Die Ergebnisse legen nahe, dass <strong>in</strong> großen<br />

Städten der Lebensstandard zwischen verschie<strong>den</strong>en Gruppen stärker<br />

ausdifferenziert ist bzw. andere Gruppen<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong> beobachten<br />

s<strong>in</strong>d, was die deutlich unterschiedlichen Lebensstandards <strong>in</strong> Wien erklären<br />

könnte. Um nun die Ungleichverteilung des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens mit e<strong>in</strong>em<br />

Indikator <strong>zu</strong> messen, wird der G<strong>in</strong>i-Koeffizient (<strong>in</strong> %) verwendet. Je höher der<br />

entsprechende Wert ist, desto größer ist die Ungleichverteilung. E<strong>in</strong> Wert von<br />

0% würde e<strong>in</strong>e absolute Gleichverteilung bedeuten, wo alle Mitglieder der<br />

Bevölkerung das gleiche Äquivalenze<strong>in</strong>kommen hätten, 100% gäben e<strong>in</strong>e<br />

absolute Ungleichverteilung an, wo e<strong>in</strong> Mitglied der Bevölkerung die<br />

Gesamtsumme an Äquivalenze<strong>in</strong>kommen besäße <strong>und</strong> die restliche Bevölkerung<br />

e<strong>in</strong> Äquivalenze<strong>in</strong>kommen von Null hätte.<br />

Für Österreich beträgt der G<strong>in</strong>i-Koeffizient 26,6%, e<strong>in</strong> Wert der sich nicht<br />

signifikant (95%- Signifikanzniveau) vom Ergebnis aus EU-SILC 2011<br />

unterscheidet. E<strong>in</strong> Vergleich e<strong>in</strong>zelner B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> Grafik 3 mit dem<br />

Österreich-Wert zeigt nun signifikante Unterschiede für alle B<strong>und</strong>esländer,<br />

ausgenommen Tirol <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong>. Dabei ist wie auch schon beim Vergleich<br />

der Verteilungen des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> Grafik 2 <strong>zu</strong> erkennen, dass das<br />

Burgenland <strong>und</strong> Wien im Vergleich <strong>zu</strong> Gesamtösterreich die größten<br />

Unterschiede aufweisen, wobei der G<strong>in</strong>i-Koeffizient im Burgenland mit 23,4%<br />

am niedrigsten <strong>und</strong> <strong>in</strong> Wien mit 31,1% Prozent am höchsten ist.<br />

35


4.1.4 Äquivalenze<strong>in</strong>kommen nach soziodemographischen Merkmalen<br />

Der über <strong>den</strong> Median des Haushaltsäquivalenze<strong>in</strong>kommens def<strong>in</strong>ierte<br />

Lebensstandard hängt mit sozio-demographischen Merkmalen wie Bildung,<br />

Alter, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Erwerbsstatus <strong>und</strong> Haushaltstyp<br />

<strong>zu</strong>sammen.<br />

Unterschiede zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern zeigen sich <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern<br />

dah<strong>in</strong>gehend, dass Männer <strong>in</strong> jeder Altersklasse e<strong>in</strong> höheres medianes<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen haben als Frauen (vgl. Tabellen III.1.2). Mit steigendem<br />

Alter ist sowohl für Frauen als auch für Männer bis <strong>zu</strong>m Pensionsalter e<strong>in</strong><br />

höherer materieller Lebensstandard <strong>zu</strong> beobachten. Pensionist<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Pensionisten haben e<strong>in</strong> im Vergleich <strong>zu</strong>m Median der österreichischen<br />

Gesamtbevölkerung leicht ger<strong>in</strong>geres E<strong>in</strong>kommen. Diese Zusammenhänge<br />

lassen sich <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern beobachten, allerd<strong>in</strong>gs nimmt vor allem Wien<br />

durch Ausreißer nach oben wie unten e<strong>in</strong>e Sonderstellung e<strong>in</strong>. Menschen bis 40<br />

Jahre haben <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>eshauptstadt e<strong>in</strong> niedrigeres Äquivalenze<strong>in</strong>kommen als<br />

im gesamtösterreichischen Median. Über 64-Jährige weisen <strong>in</strong> Wien h<strong>in</strong>gegen<br />

e<strong>in</strong> überdurchschnittliches Äquivalenze<strong>in</strong>kommen auf.<br />

36


In Haushalten mit Pensionsleistungen als Haupte<strong>in</strong>kommensquelle weisen<br />

alle<strong>in</strong>lebende Frauen e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Lebensstandard auf als Haushalte mit<br />

alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Männern <strong>und</strong> Mehrpersonenhaushalte. In Wien ist der<br />

Lebensstandard bei Haushalten mit Haupte<strong>in</strong>kommensquelle<br />

Pensionsleistungen höher als <strong>in</strong> allen anderen B<strong>und</strong>esländern (vgl. Tabellen<br />

III.1.2).<br />

Bei Haushalten, die e<strong>in</strong>e andere Haupte<strong>in</strong>kommensquelle als<br />

Pensionsleistungen haben, gibt es teils beträchtliche Unterschiede je nach<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng. Mehrpersonenhaushalte ohne K<strong>in</strong>der weisen e<strong>in</strong>en<br />

gegenüber dem gesamtösterreichischen Median deutlich<br />

überdurchschnittlichen Lebensstandard auf, woh<strong>in</strong>gegen E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalten<br />

im Median nur die Hälfte dessen <strong>zu</strong>r Verfügung steht, worüber k<strong>in</strong>derlose<br />

Mehrpersonenhaushalte verfügen. Liegt das mediane Äquivalenze<strong>in</strong>kommen bei<br />

Mehrpersonenhaushalten mit e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d noch leicht über dem<br />

gesamtösterreichischen Median, so liegt es für Haushalte mit zwei K<strong>in</strong>dern<br />

schon unterhalb. Haushalte mit m<strong>in</strong>destens drei K<strong>in</strong>dern weisen dann e<strong>in</strong>en<br />

erheblich unterdurchschnittlichen Lebensstandard auf (siehe Übersicht 7).<br />

37


Dass die K<strong>in</strong>derzahl <strong>den</strong> Median des äquivalisierten Haushaltse<strong>in</strong>kommens<br />

negativ bee<strong>in</strong>flusst, erklärt sich auch durch die oben beschriebene Berechnung<br />

des Äquivalenze<strong>in</strong>kommens. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d unter 14 Jahren erhöht <strong>den</strong><br />

Ressourcenbedarf des Haushalts um 0,3 Konsumäquivalente, kann das<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen aber nur durch Familien- <strong>und</strong> Sozialleistungen erhöhen.<br />

Im Vergleich <strong>zu</strong> Haushalten mit Pensionsleistungen haben <strong>in</strong> Wien Haushalte<br />

ohne Pensionse<strong>in</strong>kommen be<strong>in</strong>ahe durchwegs e<strong>in</strong> niedrigeres<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen als <strong>in</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern. Hervor<strong>zu</strong>heben ist vor<br />

allem der Lebensstandard von Mehrpersonenhaushalten mit m<strong>in</strong>destens drei<br />

K<strong>in</strong>dern, welcher <strong>in</strong> Wien merklich ger<strong>in</strong>ger ist als im österreichischen<br />

Durchschnitt. E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte <strong>und</strong> alle<strong>in</strong>lebende Frauen haben <strong>in</strong> Wien<br />

h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>en höheren Lebensstandard als <strong>in</strong> <strong>den</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern.<br />

Umgekehrt weisen im Burgenland vor allem E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte <strong>und</strong><br />

alle<strong>in</strong>lebende Frauen e<strong>in</strong>en unterdurchschnittlichen Lebensstandard auf.<br />

E<strong>in</strong> großer Zusammenhang lässt sich zwischen der Staatsbürgerschaft <strong>und</strong> dem<br />

äquivalisierten Haushaltse<strong>in</strong>kommen feststellen: Personen mit österreichischer<br />

Staatsbürgerschaft haben im Median e<strong>in</strong> ca. 30% höheres mittleres<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommen <strong>zu</strong>r Verfügung als Personen mit ausländischer<br />

Staatsbürgerschaft (siehe Übersicht 8).<br />

38


Dieser Unterschied nach Staatsbürgerschaft tritt <strong>in</strong> Wien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em noch<br />

erhöhten Maße auf. Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft ansässig <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong>, Tirol <strong>und</strong> Salzburg haben zwar auch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

durchschnittliches Äquivalenze<strong>in</strong>kommen, allerd<strong>in</strong>gs ist der Unterschied <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

Österreicher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Österreichern ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> <strong>den</strong> anderen<br />

B<strong>und</strong>esländern.<br />

Höhere Bildung geht <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern erwartungsgemäß mit e<strong>in</strong>em<br />

höheren Median des äquivalisierten Haushaltse<strong>in</strong>kommens e<strong>in</strong>her. Gleiches gilt<br />

für die berufliche Stellung. Selbständige weisen e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren<br />

Lebensstandard auf als unselbständig Erwerbstätige (vgl. Tabellen III.1.2). In<br />

Wien haben Hilfsarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -arbeiter e<strong>in</strong> nur halb so großes<br />

äquivalisiertes Haushaltse<strong>in</strong>kommen im Vergleich <strong>zu</strong> Personen <strong>in</strong><br />

hochqualifizierter Tätigkeit. In Salzburg ist die Differenz mit e<strong>in</strong>em um knapp<br />

e<strong>in</strong> Drittel ger<strong>in</strong>gerem E<strong>in</strong>kommen am niedrigsten. Haushaltsführende<br />

Personen <strong>und</strong> Personen <strong>in</strong> Ausbildung weisen <strong>in</strong> Wien e<strong>in</strong>en gegenüber <strong>den</strong><br />

anderen B<strong>und</strong>esländern deutlich unterdurchschnittlichen Lebensstandard auf.<br />

Erwerbstätigkeit, bestenfalls e<strong>in</strong>e Vollzeitstelle, hat e<strong>in</strong>en positiven Effekt auf<br />

das äquivalisierte Haushaltse<strong>in</strong>kommen (Übersicht 9). Prekäre<br />

Arbeitsverhältnisse haben nach Übersicht 9 e<strong>in</strong>en nur ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>fluss auf<br />

<strong>den</strong> Lebensstandard. Jedoch muss e<strong>in</strong>erseits angemerkt wer<strong>den</strong>, dass das<br />

Haushaltsäquivalenze<strong>in</strong>kommen bei prekär Beschäftigen um 20% niedriger<br />

ist als bei Vollzeit-Erwerbstätigen. Andererseits muss <strong>in</strong> diesem Punkt der<br />

Haushalt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gesamtheit betrachtet wer<strong>den</strong>, da ger<strong>in</strong>ge persönliche<br />

E<strong>in</strong>kommen häufig durch weitere Haushaltsmitglieder ausgeglichen wer<strong>den</strong>.<br />

In Kärnten wird der mittlere Lebensstandard am wenigsten von prekären<br />

Arbeitsverhältnissen bee<strong>in</strong>flusst. In der B<strong>und</strong>eshauptstadt zeigt sich bei<br />

Personen <strong>in</strong> prekären Arbeitsverhältnissen h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Verschlechterung des Haushaltsäquivalenze<strong>in</strong>kommens.<br />

39


Arbeitslosigkeit hat e<strong>in</strong>en sehr starken Effekt auf <strong>den</strong> Lebensstandard. Je<br />

länger e<strong>in</strong>e Person von Arbeitslosigkeit betroffen ist, desto niedriger ist das<br />

mittlere äquivalisierte Haushaltse<strong>in</strong>kommen. Langzeitarbeitslosigkeit hat<br />

somit e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss auf <strong>den</strong> materiellen Lebensstandard (Übersicht<br />

10). In Wien hat Arbeitslosigkeit e<strong>in</strong>e stärkere negative Auswirkung auf das<br />

mittlere Äquivalenze<strong>in</strong>kommen als <strong>in</strong> <strong>den</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern.<br />

Arbeitslose <strong>in</strong> Salzburg weisen im Vergleich <strong>zu</strong> <strong>den</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern<br />

<strong>den</strong> höchsten Lebensstandard auf.<br />

Personen, die <strong>in</strong> Wohneigentum leben, haben e<strong>in</strong> höheres<br />

Medianhaushaltse<strong>in</strong>kommen als <strong>zu</strong>r Miete lebende Personen. Der Median des<br />

äquivalisierten Haushaltse<strong>in</strong>kommens ist bei Eigentümer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Eigentümer im Durchschnitt um ca. e<strong>in</strong> Viertel höher als bei Mieter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

40


Mietern, ausgenommen Personen <strong>in</strong> Genossenschaftswohnungen hier ist der<br />

Unterschied etwas ger<strong>in</strong>ger. In Wien haben Personen <strong>in</strong> Wohneigentum <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

Genossenschaftswohnungen e<strong>in</strong>en höheren Lebensstandard als im<br />

landesweiten Durchschnitt. Im Burgenland haben besonders Mieter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Mieter, die nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de- oder Genossenschaftswohnung leben, e<strong>in</strong><br />

sehr niedriges Äquivalenze<strong>in</strong>kommen.<br />

4.2. <strong>Armut</strong>sgefährdung<br />

4.2.1 Def<strong>in</strong>ition <strong>und</strong> Berechnung der <strong>Armut</strong>sgefährdung<br />

Mit der Etablierung e<strong>in</strong>er Europäischen Sozialberichterstattung wurde e<strong>in</strong>e<br />

Def<strong>in</strong>ition für <strong>Armut</strong>sgefährdung festgelegt, die auf die Höhe des <strong>den</strong><br />

Haushaltsmitgliedern verfügbaren Haushaltse<strong>in</strong>kommens abzielt. Personen,<br />

deren Haushaltse<strong>in</strong>kommen niedriger ist als e<strong>in</strong> bestimmter Schwellenwert,<br />

gelten dieser Def<strong>in</strong>ition nach als armutsgefährdet. Der Schwellenwert für<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung wurde mit 60% des nationalen Medians des<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommens festgelegt. Da diese Def<strong>in</strong>ition auf das verfügbare<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen abzielt <strong>und</strong> also wie im Kapitel <strong>zu</strong>m Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

dargelegt ke<strong>in</strong>e Vermögensauflösungen, Schul<strong>den</strong> <strong>und</strong> Vermögensbestände<br />

berücksichtigt, gelten die Personen, die von dieser Def<strong>in</strong>ition erfasst s<strong>in</strong>d, nicht<br />

als arm, aber als armutsgefährdet, da das Haushaltse<strong>in</strong>kommen nur als<br />

<strong>in</strong>direktes Maß des Lebensstandards gelten kann.<br />

Die Vorteile dieser Def<strong>in</strong>ition s<strong>in</strong>d die E<strong>in</strong>fachheit <strong>und</strong> Objektivität der<br />

Operationalisierung, die Berücksichtigung unterschiedlicher Haushaltsgrößen<br />

<strong>und</strong> -struktur durch die Äquivalisierung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens <strong>und</strong> die<br />

Relativität der Def<strong>in</strong>ition. Das verfügbare Haushaltse<strong>in</strong>kommen wird als Maß für<br />

<strong>den</strong> Lebensstandard des Haushalts vorausgesetzt verfügen Personen e<strong>in</strong>es<br />

Haushalts über weniger als die <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle, so kann deren<br />

Lebensstandard als <strong>zu</strong> niedrig <strong>in</strong>terpretiert wer<strong>den</strong>, die Personen des Haushalts<br />

gelten als armutsgefährdet. Die Messung erfolgt anders als bei <strong>den</strong> Indikatoren<br />

41


<strong>zu</strong> materielle Deprivation unabhängig von der subjektiven Beurteilung der<br />

Befragten. Durch die Berücksichtigung der Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng wird<br />

versucht <strong>den</strong> unterschiedlichen (f<strong>in</strong>anziellen) Bedürfnissen von Haushalten <strong>zu</strong><br />

berücksichtigen. Schlussendlich vermeidet die Relativität der Def<strong>in</strong>ition, also die<br />

Abhängigkeit der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle von der Verteilung des<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> der Bevölkerung, die Schwierigkeiten der normativen<br />

Festset<strong>zu</strong>ng e<strong>in</strong>er absoluten monetären Grenze <strong>und</strong> ermöglicht durch diese<br />

Relativität auch <strong>den</strong> Vergleich zwischen unterschiedlichen Staaten.<br />

Die <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegt <strong>in</strong> der vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> für das<br />

Jahrese<strong>in</strong>kommen 2011 bei 13.607 Euro. Rechnet man diesen Wert auf e<strong>in</strong>en<br />

Monatswert um, so können hier<strong>zu</strong> Jahres-Zwölftel oder -Vierzehntel<br />

herangezogen wer<strong>den</strong>: E<strong>in</strong>kommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit <strong>und</strong><br />

Pensionen wer<strong>den</strong> meist 14-mal, Sozialleistungen meist 12-mal ausbezahlt. E<strong>in</strong><br />

Zwölftel der Jahresarmutsgefährdungsschwelle beträgt 1134 Euro, e<strong>in</strong><br />

Vierzehntel 972 Euro.<br />

Gemäß dieser Def<strong>in</strong>ition beträgt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote <strong>in</strong> der ASE-<br />

B<strong>und</strong>esländererhebung für Gesamtösterreich 14,4%. Damit gelten etwa 1,2<br />

Mio. Personen als armutsgefährdet. Dieser Wert liegt damit um 1,8<br />

Prozentpunkte über dem Vergleichswert von EU-SILC 2011 mit 12,6%. Der<br />

Unterschied zwischen <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> <strong>Armut</strong>sgefährdungsquoten liegt vorrangig <strong>in</strong><br />

der unterschiedlichen Erfassungsmethode des Haushaltse<strong>in</strong>kommens, also <strong>in</strong><br />

der Berechnung aus Verwaltungsdaten gegenüber Erhebung der<br />

E<strong>in</strong>kommenskomponenten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Befragung, aber auch <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

E<strong>in</strong>kommensbe<strong>zu</strong>gsjahren (für diese <strong>Studie</strong> das Jahr 2011, für EU-SILC 2011<br />

das Jahr 2010).<br />

Zieht man nun die Schwankungsbreite <strong>in</strong> Betracht, so liegt der tatsächliche<br />

Wert der <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote mit 95%-Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit im Bereich<br />

zwischen 13,9% <strong>und</strong> 14,9%, d.h. zwischen 1,16 <strong>und</strong> 1,24 Mio. Personen <strong>in</strong><br />

Österreich s<strong>in</strong>d von <strong>Armut</strong>sgefährdung betroffen. In EU-SILC 2011 lag die<br />

42


<strong>Armut</strong>sgefährdung zwischen 11,5% <strong>und</strong> 13,8%. Somit überlappen die<br />

Schwankungsbreiten der ASE- B<strong>und</strong>esländererhebung <strong>und</strong> die Erhebung EU-<br />

SILC 2011 e<strong>in</strong>ander nicht, <strong>und</strong> es kann von e<strong>in</strong>er signifikant höheren<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung nach der vorliegen<strong>den</strong> Erhebung gesprochen wer<strong>den</strong>.<br />

Unterschiede zwischen dem österreichischen Gesamtergebnis <strong>und</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländerergebnissen können nur dann <strong>in</strong>haltlich <strong>in</strong>terpretiert wer<strong>den</strong>,<br />

wenn sich die jeweiligen Schwankungsbreiten nicht überlappen. Signifikante<br />

Bef<strong>und</strong>e s<strong>in</strong>d <strong>zu</strong>m e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e gegenüber Gesamtösterreich<br />

unterdurchschnittliche <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote für das Burgenland,<br />

Niederösterreich, Oberösterreich <strong>und</strong> Salzburg, <strong>zu</strong>m anderen e<strong>in</strong>e<br />

überdurchschnittliche Betroffenheit von <strong>Armut</strong>sgefährdung <strong>in</strong> Wien.<br />

Das Mediane<strong>in</strong>kommen, nach dem diese <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle<br />

berechnet wurde, basiert auf der Haushaltse<strong>in</strong>kommensverteilung <strong>in</strong><br />

Gesamtösterreich. Allerd<strong>in</strong>gs könnte die Berechnung der Schwelle auch auf<br />

der Haushaltse<strong>in</strong>kommensverteilung des jeweiligen B<strong>und</strong>eslandes beruhen,<br />

d.h. es könnten somit regionalisierte <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwellen <strong>und</strong> -<br />

quoten berechnet wer<strong>den</strong>. Übersicht 12 zeigt, dass für etwa die Hälfte der<br />

B<strong>und</strong>esländer die <strong>Armut</strong>sgefährdung durch diese veränderte Berechnung<br />

43


steigen würde, für die andere Hälfte würde die Quote der von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung Betroffenen s<strong>in</strong>ken. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die Unterschiede<br />

zwischen <strong>den</strong> Quoten <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen recht kle<strong>in</strong>, nur für Wien <strong>und</strong><br />

Niederösterreich zeigen sich etwas deutlichere Unterschiede zwischen <strong>den</strong><br />

bei<strong>den</strong> <strong>Armut</strong>sgefährdungsquoten. Der Gr<strong>und</strong> für diese Unterschiede der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquoten liegt <strong>in</strong> <strong>den</strong> unterschiedlichen<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommensverteilungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> jeweiligen B<strong>und</strong>esländern <strong>in</strong><br />

Relation <strong>zu</strong>r Verteilung des Haushaltse<strong>in</strong>kommens Gesamtösterreichs (vgl.<br />

das Kapitel <strong>zu</strong>m Haushaltse<strong>in</strong>kommen). Durch die Berechnung der Schwelle<br />

für die B<strong>und</strong>esländer wird die Spannweite der <strong>Armut</strong>sgefährdungsquoten<br />

ger<strong>in</strong>ger, der Unterschied <strong>in</strong> <strong>den</strong> Quoten zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern nimmt<br />

ab.<br />

Die Festlegung der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle bei 60% des Medians erfolgte<br />

auf politischer Ebene <strong>und</strong> basiert nicht auf e<strong>in</strong>er Bedarfsmessung. Für e<strong>in</strong><br />

genaueres Verständnis von E<strong>in</strong>kommensarmut ist es daher s<strong>in</strong>nvoll, auch<br />

andere Schwellwerte <strong>zu</strong> betrachten. Eurostat schlägt dabei vor, weitere<br />

Prozentsätze des Medianäquivalenze<strong>in</strong>kommens heran<strong>zu</strong>ziehen: 40%, 50%<br />

<strong>und</strong> 70%. Wird die sehr niedrige Schwelle von 40% des Medians verwendet,<br />

liegt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote <strong>in</strong> Österreich bei r<strong>und</strong> 5%<br />

(<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle bei 9.072 Euro im Jahr). Bei Festlegung der<br />

Schwelle bei 50% des Medians liegt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle bei<br />

11.339 Euro, die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote liegt bei 9% der Bevölkerung. Bei<br />

Verwendung von 70% des Medians erhöht sich die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle auf 15.875 Euro, <strong>und</strong> die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote liegt bei 22%.<br />

44


Alternativen <strong>zu</strong> solcherart statistisch festgelegten <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwellen<br />

stehen <strong>in</strong> weiteren politisch festgelegten Schwellenwerten <strong>zu</strong>r Verfügung. So<br />

kann auch der Ausgleichs<strong>zu</strong>lagenrichtsatz oder die Bedarfsorientierte<br />

M<strong>in</strong>destsicherung (BMS) als Schwellenwert für politisch def<strong>in</strong>iertes niedriges<br />

E<strong>in</strong>kommen herangezogen wer<strong>den</strong>.<br />

Der Ausgleichs<strong>zu</strong>lagenrichtsatz betrug im Jahr 2011 793,40 Euro <strong>und</strong> wird 14-<br />

mal im Jahr ausbezahlt, von diesem Wert müssen noch 5,1% für<br />

Krankenversicherungsbeiträge abgezogen wer<strong>den</strong>. D.h. e<strong>in</strong>e auf dieser Basis<br />

errechnete <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegt somit bei 10.541 Euro. Nach<br />

dieser Def<strong>in</strong>ition fielen 571.000 Personen <strong>in</strong> die Gruppe der <strong>Armut</strong>sgefährdeten.<br />

Auch die im Jahr 2010 e<strong>in</strong>geführte Bedarfsorientierte M<strong>in</strong>destsicherung (BMS)<br />

lässt sich als Schwelle <strong>zu</strong>r Bemessung von E<strong>in</strong>kommensarmut verstehen. Die<br />

BMS wird 12-mal im Jahr ausbezahlt <strong>und</strong> beträgt 744 Euro pro Monat für e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>personenhaushalt, das ergibt e<strong>in</strong>en Jahreswert von 8.928 Euro. Etwa<br />

390.000 Personen verfügen über e<strong>in</strong> äquivalisiertes Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

unterhalb dieser Schwelle, die solcherart errechnete <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote<br />

beträgt etwa 5%. Dies entspricht etwa e<strong>in</strong>er <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle von<br />

40% des Medians.<br />

45


Die Verwendung alternativer <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwellen zeigt e<strong>in</strong>erseits die<br />

Relativität der Festset<strong>zu</strong>ng e<strong>in</strong>er bestimmten <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle, der<br />

Vergleich zeigt andererseits, dass sich auch bei Verwendung unterschiedlicher<br />

Schwellwerte ähnliche Unterschiede zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern zeigen. So ist<br />

auch bei der Verwendung unterschiedlicher Schwellenwerte die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote etwa <strong>in</strong> Niederösterreich <strong>und</strong> Burgenland unter dem<br />

österreichweiten Durchschnitt.<br />

Die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote bietet ke<strong>in</strong>e Information über die Intensität der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung, somit ke<strong>in</strong>e Information darüber, wie deutlich die<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen der von <strong>Armut</strong>sgefährdung Betroffenen unter der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegen. E<strong>in</strong> Maß für die Intensität der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung ist die <strong>Armut</strong>sgefährdungslücke. Diese drückt <strong>den</strong> Abstand<br />

des Mediane<strong>in</strong>kommens der <strong>Armut</strong>sgefährdeten <strong>in</strong> Prozent der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle bei 60% des Medians des äquivalisierten<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommens aus. Je größer dieser Prozentwert ist, desto ger<strong>in</strong>ger ist<br />

das E<strong>in</strong>kommen der <strong>Armut</strong>sgefährdeten. Der Median des äquivalisierten<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen der <strong>Armut</strong>sgefährdeten beträgt 10.627 Euro. Die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungslücke für Gesamtösterreich beträgt 22%, d.h. das<br />

Mediane<strong>in</strong>kommen der <strong>Armut</strong>sgefährdeten liegt 22% unter der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle. In Euro ausgedrückt, beträgt die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungslücke also 2.980 Euro. Auf 12 Monate berechnet, ergibt sich<br />

e<strong>in</strong> Wert von 248 Euro. Es zeigen sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede<br />

zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern h<strong>in</strong>sichtlich der Intensität der <strong>Armut</strong>sgefährdung.<br />

4.2.2 Soziodemographisches Profil der <strong>Armut</strong>sgefährdeten<br />

Insgesamt wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> der vorliegen<strong>den</strong> Auswertung r<strong>und</strong> 14% der Bevölkerung<br />

Österreichs als armutsgefährdet bezeichnet. Das Risiko armutsgefährdet <strong>zu</strong> se<strong>in</strong><br />

ist <strong>in</strong> der Bevölkerung nicht gleichverteilt, wie bereits bei <strong>den</strong> Unterschie<strong>den</strong><br />

zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern gezeigt wer<strong>den</strong> konnte. Bestimmte<br />

Bevölkerungsgruppen haben e<strong>in</strong> deutlich höheres Risiko der Betroffenheit von<br />

46


<strong>Armut</strong>sgefährdung, woh<strong>in</strong>gegen andere Gruppen recht gut gegen<br />

E<strong>in</strong>kommensarmut abgesichert s<strong>in</strong>d.<br />

Nachdem die Def<strong>in</strong>ition von <strong>Armut</strong>sgefährdung auf dem Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

beruht, muss <strong>Armut</strong>sgefährdung als Merkmal e<strong>in</strong>es Haushalts verstan<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong>: Verfügen die Mitglieder e<strong>in</strong>es Haushalts über e<strong>in</strong> äquivalisiertes<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle, so gelten alle<br />

Haushaltsmitglieder als armutsgefährdet. Die I<strong>den</strong>tifikation von <strong>in</strong>dividuellen<br />

Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder höchste abgeschlossene Schulbildung als<br />

Risikofaktoren für <strong>Armut</strong>sgefährdung ist deshalb nur bed<strong>in</strong>gt möglich.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs lässt auch die Zusammenset<strong>zu</strong>ng der armutsgefährdeten<br />

Bevölkerung nach <strong>in</strong>dividuellen Merkmalen Rückschlüsse auf die<br />

Entstehungs<strong>zu</strong>sammenhänge von <strong>Armut</strong>sgefährdung <strong>zu</strong>.<br />

In der Altersgruppe der unter 19-Jährigen zeigt sich nach dem Alter die höchste<br />

Betroffenheit von <strong>Armut</strong>sgefährdung. Die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote nimmt dann<br />

nach dem Alter ab, <strong>und</strong> ist für die Gruppe der 40 bis 64-Jährigen mit 10% am<br />

ger<strong>in</strong>gsten. Personen über 65 Jahre weisen mit 15% e<strong>in</strong>e höhere<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung auf. Dieser U-förmige Zusammenhang zwischen Alter <strong>und</strong><br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote zeigt sich <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern außer <strong>in</strong> Wien hier<br />

ist die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote mit 13% für Personen ab 65 Jahre am<br />

ger<strong>in</strong>gsten (Grafik 4).<br />

47


Nach dem höchsten abgeschlossenen Bildungsabschluss zeigt sich die mit<br />

Abstand höchste <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote mit 21% für Personen mit maximal<br />

Pflichtschulabschluss. Personen mit Matura weisen mit etwa 15% e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote auf, die etwa dem Bevölkerungsdurchschnitt<br />

entspricht. Personen mit Lehre bzw. mittlerer Schule <strong>und</strong> auch Personen mit<br />

e<strong>in</strong>em Universitätsabschluss s<strong>in</strong>d mit etwa 10% unterdurchschnittlich stark von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung betroffen. Dieser Zusammenhang von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko <strong>und</strong> Bildung zeigt sich <strong>in</strong> dieser Form allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

gleichermaßen <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern: So entspricht das<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko von Personen mit Matura im Burgenland, Kärnten,<br />

Niederösterreich <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong> etwa dem Risiko von Personen mit<br />

Lehrabschluss oder mittlerer Schule als höchsten Abschluss. Für<br />

Gesamtösterreich zeigen sich auch deutliche Unterschiede <strong>in</strong> der Intensität der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung: Die <strong>Armut</strong>sgefährdungslücke ist für Personen mit Matura<br />

bzw. Universitätsabschluss mit 36% <strong>und</strong> 37% deutlich über dem<br />

Gesamtdurchschnitt von 22%. Für Personen mit höchstem Bildungsabschluss<br />

48


Matura kann vermutet wer<strong>den</strong>, dass hier vor allem <strong>Studie</strong>rende <strong>und</strong> andere<br />

Personen stark betroffen s<strong>in</strong>d, die sich <strong>in</strong> Ausbildung bef<strong>in</strong><strong>den</strong> <strong>und</strong> oft nur über<br />

e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges E<strong>in</strong>kommen verfügen.<br />

Personen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft weisen mit 34% im<br />

Österreichdurchschnitt e<strong>in</strong>e fast dreimal so hohe <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote auf<br />

wie Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft (12%). E<strong>in</strong>zig <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong> ist die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote für nichtösterreichische<br />

Staatsbürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Staatsbürger nur ger<strong>in</strong>gfügig höher als für<br />

Österreicher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Österreicher. Für Gesamtösterreich zeigt sich <strong>in</strong> der<br />

vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen Personen mit e<strong>in</strong>er<br />

Staatsbürgerschaft aus dem EU/EFTA-Raum oder aus Drittstaaten. In <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern gibt es hier allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en Unterschied: In Kärnten, Salzburg<br />

<strong>und</strong> Tirol ist die <strong>Armut</strong>sgefährdung von Staatsbürgern <strong>und</strong> Staatsbürger<strong>in</strong>nen<br />

aus dem EU/EFTA-Raum höher als die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote von<br />

Drittstaatsangehörigen, <strong>in</strong> der Steiermark verhält es sich umgekehrt. In allen<br />

anderen B<strong>und</strong>esländern ist die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote dieser bei<strong>den</strong> Gruppen<br />

<strong>in</strong> etwa gleich groß.<br />

Die Differenzierung nach Geme<strong>in</strong>degrößenklassen zeigt, dass<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung e<strong>in</strong> städtisches Phänomen ist: In Städten mit über 100.000<br />

E<strong>in</strong>wohner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohnern beträgt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote 18%,<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Städten mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohnerzahl über 10.000 Personen 14% <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> 11%. In Wien beträgt die <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote <strong>in</strong><br />

dieser <strong>Studie</strong> 22%. Obgleich nun <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung am niedrigsten ist, macht die Gruppe der von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung Betroffenen <strong>in</strong> diesen Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> mit r<strong>und</strong> 43% die größte<br />

Gruppe an der <strong>Armut</strong>sbevölkerung aus. In Wien leben etwa 31% aller<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdeten.<br />

49


4.2.3 Entstehungs<strong>zu</strong>sammenhänge von <strong>Armut</strong>sgefährdung: <strong>Armut</strong> <strong>und</strong><br />

Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng<br />

Um gezielte politische Maßnahmen <strong>zu</strong>r <strong>Armut</strong>sbekämpfung <strong>und</strong> für soziale<br />

<strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> setzen <strong>zu</strong> können, bedarf es im Vorfeld nicht nur e<strong>in</strong>er<br />

detaillierten Beschreibung der <strong>Armut</strong>sbevölkerung, sondern auch e<strong>in</strong>er Analyse<br />

der Gründe der <strong>Armut</strong>sgefährdung. Dieser Entstehungs<strong>zu</strong>sammenhang kann<br />

nun im Haushalts<strong>zu</strong>sammenhang <strong>und</strong> auf <strong>in</strong>dividueller Ebene untersucht<br />

wer<strong>den</strong>. Die <strong>in</strong>dividuelle E<strong>in</strong>kommenssituation <strong>und</strong> damit der Beitrag des<br />

Haushaltsmitglieds <strong>zu</strong>m Haushaltse<strong>in</strong>kommen s<strong>in</strong>d abhängig vom jeweiligen<br />

Lebenszyklus <strong>und</strong> der Stellung im Erwerbsprozess. Letztere ist wiederum<br />

abhängig von <strong>in</strong>dividuellen Ressourcen wie Bildung <strong>und</strong> Herkunft, von<br />

Strukturen des Arbeitsmarktes, aber auch von der jeweiligen<br />

Haushaltssituation. Die Summe der jeweiligen <strong>in</strong>dividuellen Beiträge <strong>zu</strong>m<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen ist dann dafür entschei<strong>den</strong>d, ob das Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

<strong>in</strong>sgesamt über oder unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle liegt.<br />

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit dieser Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng,<br />

die als entschei<strong>den</strong>d für die Entstehung des <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisikos ist. In<br />

der Darstellung von Unterschie<strong>den</strong> zwischen der österreichischen<br />

Gesamtsituation <strong>und</strong> der Situation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern sollen dabei jene<br />

Gruppen mit e<strong>in</strong>em überdurchschnittlichen <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko genauer<br />

betrachtet wer<strong>den</strong>.<br />

Die Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng bestimmt die <strong>in</strong>dividuellen Möglichkeiten der<br />

Haushaltsmitglieder sich am Erwerbsprozess <strong>zu</strong> beteiligen <strong>und</strong> ermöglicht <strong>den</strong><br />

Ausgleich niedriger bzw. fehlender <strong>in</strong>dividueller E<strong>in</strong>kommen durch die<br />

E<strong>in</strong>künfte anderer Haushaltsmitglieder. Außerdem können durch die<br />

geme<strong>in</strong>same Haushaltsführung Kosten gespart wer<strong>den</strong>, etwa für das Wohnen<br />

bzw. bei Ausgaben für Lebensmittel.<br />

50


Alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Personen haben diese Vorteile nicht <strong>und</strong> weisen auch mit<br />

Ausnahme alle<strong>in</strong>lebender männlicher Pensionisten e<strong>in</strong> überdurchschnittliches<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko auf. Alle<strong>in</strong>lebende Personen machen etwa e<strong>in</strong> Viertel<br />

der von <strong>Armut</strong>sgefährdung betroffenen Bevölkerung aus. Hierbei zeigen sich<br />

auch deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede: Alle<strong>in</strong>lebende<br />

Pensionist<strong>in</strong>nen weisen mit 24% e<strong>in</strong>e um zehn Prozentpunkte höhere<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsquote auf wie der Österreichschnitt, alle<strong>in</strong>lebende Männer<br />

mit Pension als Haupte<strong>in</strong>kommensquelle s<strong>in</strong>d eher unterdurchschnittlich<br />

armutsgefährdet (13%). Dieser Unterschied für alle<strong>in</strong>lebende<br />

Pensionist/<strong>in</strong>n/en zeigt sich (auf etwas unterschiedlichen Niveaus) für alle<br />

B<strong>und</strong>esländer, allerd<strong>in</strong>gs können aufgr<strong>und</strong> der mitunter kle<strong>in</strong>en<br />

Stichprobengröße kaum Aussagen über alle<strong>in</strong>lebende Pensionisten <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländer getroffen wer<strong>den</strong>. Auch für alle<strong>in</strong>lebende Personen ohne Pension<br />

zeigt sich mit 27% <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote e<strong>in</strong>e stärkere Betroffenheit von<br />

Frauen gegenüber alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Männern mit etwa 20%. Dieser<br />

geschlechtsspezifische Unterschied zeigt sich auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern mit<br />

der Ausnahme von Wien: Hier weisen alle<strong>in</strong>lebende Männer <strong>und</strong> Frauen die<br />

gleiche überdurchschnittliche Betroffenheit von <strong>Armut</strong>sgefährdung auf (26%).<br />

Für Alle<strong>in</strong>lebende ohne Pension <strong>in</strong> Wien ist auch die <strong>Armut</strong>sgefährdungslücke<br />

mit fast 30% deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt.<br />

Insgesamt weisen Haushalte mit Pension mit 14% e<strong>in</strong>e dem Durchschnitt der<br />

Gesamtbevölkerung entsprechende <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote auf. Dabei zeigen<br />

sich relevante Unterschiede <strong>in</strong> <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländern sowohl im<br />

Vergleich <strong>zu</strong>m österreichischen Durchschnitt als auch im Durchschnitt des<br />

jeweiligen B<strong>und</strong>eslandes. Das <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko von Haushalten mit<br />

Pension als Haupte<strong>in</strong>kommensquelle ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten B<strong>und</strong>esländern höher<br />

als für <strong>den</strong> Durchschnitt des jeweiligen B<strong>und</strong>eslandes, Ausnahmen bil<strong>den</strong> hier<br />

Niederösterreich <strong>und</strong> Wien. E<strong>in</strong>e überdurchschnittliche Betroffenheit von<br />

Haushalten mit Pension zeigt sich <strong>in</strong> der Steiermark, <strong>in</strong> Tirol, Kärnten <strong>und</strong><br />

51


<strong>Vorarlberg</strong>, obwohl deren Gesamtarmutsgefährdungsquote nicht wesentlich<br />

vom gesamtösterreichischen Durchschnitt abweicht.<br />

Mehrpersonenhaushalte ohne K<strong>in</strong>der weisen generell e<strong>in</strong><br />

unterdurchschnittliches <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko auf sei es mit oder ohne<br />

Pension als Haupte<strong>in</strong>kommensquelle. E<strong>in</strong> Unterschied zeigt sich hier allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> der Intensität der <strong>Armut</strong>sgefährdung: Der Median des E<strong>in</strong>kommens von<br />

armutsgefährdeten Mehrpersonenhaushalten ohne Pension liegt be<strong>in</strong>ahe e<strong>in</strong><br />

Drittel unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle (32%), woh<strong>in</strong>gegen die<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungslücke von Mehrpersonenhaushalten mit Pension mit 15%<br />

unter dem Gesamtdurchschnitt von 22% liegt.<br />

Auch das <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko von Haushalten mit bis <strong>zu</strong> zwei K<strong>in</strong>dern ist<br />

mit 9% bei e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d) bzw. 12% bei zwei K<strong>in</strong>dern unterdurchschnittlich.<br />

S<strong>in</strong>d Haushalte mit e<strong>in</strong> bis zwei K<strong>in</strong>dern armutsgefährdet, so ist auch die<br />

Intensität der <strong>Armut</strong>sgefährdung leicht unterdurchschnittlich. Anders stellt<br />

sich die Situation für E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte <strong>und</strong> Haushalten mit m<strong>in</strong>destens<br />

drei K<strong>in</strong>dern dar: Jeder vierte Haushalt mit drei <strong>und</strong> mehr K<strong>in</strong>dern ist<br />

armutsgefährdet (25%), bei E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte ist es be<strong>in</strong>ahe jeder zweite<br />

Haushalt (47%). Die betroffenen Personen <strong>in</strong> diesen bei<strong>den</strong> Haushaltsformen<br />

52


umfassen knapp e<strong>in</strong> Viertel der <strong>Armut</strong>sgefährdeten <strong>in</strong>sgesamt. Diese bei<strong>den</strong><br />

Haushaltstypen s<strong>in</strong>d auch von <strong>den</strong> Haushalten mit K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> allen<br />

B<strong>und</strong>esländern jene mit <strong>den</strong> jeweils höchsten <strong>Armut</strong>sgefährdungsquoten, ihr<br />

Anteil an der von <strong>Armut</strong>sgefährdung betroffenen Bevölkerung schwankt<br />

zwischen 19% <strong>in</strong> Tirol <strong>und</strong> 29% <strong>in</strong> Niederösterreich.<br />

Für das hohe <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko gerade dieser bei<strong>den</strong> Haushaltsformen<br />

können differenzierte Gründe angeführt wer<strong>den</strong>: Bei E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalten<br />

schränken Betreuungspflichten die Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit e<strong>in</strong>,<br />

ger<strong>in</strong>gere E<strong>in</strong>kommen können nicht durch E<strong>in</strong>kommen anderer<br />

Haushaltsmitglieder ausgeglichen wer<strong>den</strong>, es ist auch nicht viel<br />

Ersparnispotential durch geme<strong>in</strong>same Haushaltsführung möglich. Von <strong>den</strong> r<strong>und</strong><br />

110.000 Erwachsenen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalten s<strong>in</strong>d etwa 90% Frauen <strong>und</strong> nur<br />

10% Männer. Kostenersparnisse durch geteilte Haushaltsführung <strong>und</strong><br />

Kompensation ger<strong>in</strong>ger E<strong>in</strong>kommen wären gr<strong>und</strong>sätzlich bei<br />

Mehrpersonenhaushalten mit drei <strong>und</strong> mehr K<strong>in</strong>dern möglich, allerd<strong>in</strong>gs<br />

schränken hier Betreuungspflichten bzw. möglicherweise fehlende<br />

Betreuungsmöglichkeiten außerhalb des Haushalts die Möglichkeiten der<br />

Erwerbsbeteiligung e<strong>in</strong>.<br />

Der Betreuungsbedarf ist dabei nicht <strong>zu</strong>letzt vom Alter der K<strong>in</strong>der abhängig.<br />

Übersicht 11 stellt die Quote der <strong>Armut</strong>sgefährdung nach Haushaltstyp <strong>und</strong><br />

Alter des jüngsten K<strong>in</strong>des im Haushalt dar. Ist das jüngste K<strong>in</strong>d im Haushalt<br />

unter 6 Jahre alt, so ist die <strong>Armut</strong>sgefährdung im Durchschnitt r<strong>und</strong> 10<br />

Prozentpunkte höher als <strong>in</strong> Haushalten mit e<strong>in</strong>em älteren jüngsten K<strong>in</strong>d. Dieser<br />

Zusammenhang zeigt sich für alle Haushalte mit K<strong>in</strong>dern, allerd<strong>in</strong>gs auf<br />

unterschiedlichem Niveau.<br />

53


Den Zusammenhang zwischen <strong>Armut</strong>sgefährdung <strong>und</strong> Erwerbsbeteiligung stellt<br />

Übersicht 15 dar. Etwa drei Viertel der Haushalte mit K<strong>in</strong>dern mit ke<strong>in</strong>er bzw.<br />

sehr ger<strong>in</strong>ger Erwerbsbeteiligung s<strong>in</strong>d von <strong>Armut</strong>sgefährdung betroffen. Mit<br />

mittlere Erwerbs<strong>in</strong>tensität s<strong>in</strong>kt diese Quote auf 17%, schöpfen Haushalte mit<br />

K<strong>in</strong>dern ihr volles Erwerbspotential aus, so ist Betroffenheit von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung mit 7% deutlich unterdurchschnittlich. Dieser<br />

Zusammenhang zeigt sich für alle Haushaltsformen, allerd<strong>in</strong>gs mit<br />

unterschiedlicher Stärke: Weisen E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte <strong>und</strong> Haushalte mit<br />

m<strong>in</strong>destens drei K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge bzw. ke<strong>in</strong>e Erwerbsbeteiligung auf so s<strong>in</strong>d<br />

mehr als 70% dieser Haushalte von <strong>Armut</strong>sgefährdung betroffen. Dies ist für<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte nicht selten der Fall, immerh<strong>in</strong> jeder Fünfte E<strong>in</strong>-<br />

Elternhaushalt (21%) weist e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge bzw. ke<strong>in</strong>e Erwerbs<strong>in</strong>tensität auf.<br />

54


Die Frage nach der Erwerbsbeteiligung von Haushalten verweist auf die<br />

Bedeutung der Erwerbsarbeit für Vermeidung des <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisikos,<br />

dieser Frage wird <strong>in</strong>sbesondere im Kapitel <strong>zu</strong>r Erwerbstätigkeit <strong>in</strong> diesem<br />

Bericht nachgegangen.<br />

4.3 F<strong>in</strong>anzielle Deprivation <strong>und</strong> manifeste <strong>Armut</strong><br />

Neben der relativen <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle, die jedes Jahr neu <strong>und</strong> im<br />

Verhältnis <strong>zu</strong>m "Mittel" der Bevölkerung festgelegt wird, können auch absolute,<br />

das heißt zeitlich <strong>und</strong> räumlich unveränderliche Kriterien für <strong>den</strong><br />

Lebensstandard für e<strong>in</strong>e <strong>Armut</strong>sdef<strong>in</strong>ition herangezogen wer<strong>den</strong>. In diesem Fall<br />

wird e<strong>in</strong>mal festgelegt, was als Norm für e<strong>in</strong>en angemessenen Lebensstandard<br />

gilt. Bei Unterschreitung dieses Lebensstandards wird von Benachteiligungen <strong>in</strong><br />

der Lebensführung ausgegangen <strong>und</strong> dieser Zustand oft als Deprivation<br />

beschrieben. Der hier verwendete Deprivationsbegriff orientiert sich daran, was<br />

<strong>in</strong> Österreich von der Nationalen Plattform gegen <strong>Armut</strong> als "f<strong>in</strong>anzielle<br />

Deprivation" festgelegt wurde ungeachtet dessen, dass Bedürfnisse <strong>und</strong> damit<br />

die angelegte Norm auch regional anders wahrgenommen wer<strong>den</strong> können. Um<br />

<strong>den</strong> Grad der Deprivation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern vergleichen <strong>zu</strong> können, ist e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>heitliche Def<strong>in</strong>ition erforderlich.<br />

Neben der "f<strong>in</strong>anziellen Deprivation" wird auch die EU-Def<strong>in</strong>ition der<br />

"materiellen Deprivation" <strong>und</strong> der "erheblichen materiellen Deprivation"<br />

Erwähnung f<strong>in</strong><strong>den</strong>, <strong>den</strong> Analysen <strong>in</strong> diesem Kapitel liegt aber immer die<br />

"f<strong>in</strong>anzielle Deprivation" <strong>zu</strong> Gr<strong>und</strong>e. Diese Entscheidung ergibt sich auch daraus,<br />

dass als weiteres Merkmal e<strong>in</strong>er benachteiligten Lebenssituation <strong>in</strong> diesem<br />

Abschnitt "manifeste <strong>Armut</strong>" dargestellt wer<strong>den</strong> soll. Hierbei handelt es sich um<br />

die Überschneidung zwischen f<strong>in</strong>anzieller Deprivation <strong>und</strong> <strong>Armut</strong>sgefährdung.<br />

55


4.3.1 Methodische Vorbemerkungen: Datenquelle <strong>und</strong> Stichprobengröße<br />

Zur Ermittlung sowohl der f<strong>in</strong>anziellen Deprivation nach nationaler wie auch der<br />

materiellen <strong>und</strong> erheblichen materiellen Deprivation nach EU-Def<strong>in</strong>ition wird<br />

üblicherweise die Erhebung EU-SILC herangezogen. Ob Deprivation vorliegt,<br />

wird für die dar<strong>in</strong> befragten Haushalte anhand von Fragen nach der<br />

E<strong>in</strong>schät<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>r Leistbarkeit von Gr<strong>und</strong>bedürfnissen ermittelt. Da EU‐SILC für<br />

die nationale <strong>und</strong> EU-weit vergleichende Berichterstattung konzipiert ist,<br />

können daraus nur e<strong>in</strong>geschränkt Schlüsse für die österreichischen<br />

B<strong>und</strong>esländer gezogen wer<strong>den</strong>. Um für das Projekt "<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale<br />

<strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern" f<strong>in</strong>anzielle Deprivation <strong>und</strong> manifeste<br />

<strong>Armut</strong> für B<strong>und</strong>esländer ermitteln <strong>zu</strong> können, war daher e<strong>in</strong>e neue Datenquelle<br />

nötig. Es wurde dafür e<strong>in</strong>e Teilstichprobe des Mikrozensus <strong>zu</strong>r Leistbarkeit von<br />

ausgewählten für die Indikatorenerstellung unbed<strong>in</strong>gt nötigen Merkmalen<br />

befragt.<br />

Mit <strong>in</strong>sgesamt 9.948 verwertbaren Datensätzen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er relativ <strong>zu</strong> EU-SILC<br />

entsprechend größeren Stichprobe <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren B<strong>und</strong>esländern s<strong>in</strong>d nun<br />

erstmals Auswertungen <strong>zu</strong> Deprivation <strong>und</strong> manifester <strong>Armut</strong> auch für<br />

B<strong>und</strong>esländer möglich. Vorweggeschickt wer<strong>den</strong> muss aber auch, dass für<br />

Detailanalysen, etwa nach e<strong>in</strong>zelnen Deprivationsmerkmalen oder nach<br />

soziodemographischen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>variablen, die Datenbasis pro B<strong>und</strong>esland oft<br />

nicht ausreichend ist. Verglichen mit <strong>den</strong> e<strong>in</strong>kommensbasierten Indikatoren die<br />

durch e<strong>in</strong>e Verknüpfung der E<strong>in</strong>kommensbestandteile mit dem Gesamtdatensatz<br />

des Mikrozensus <strong>zu</strong>stande gekommen s<strong>in</strong>d ist hier die Analyse auf <strong>den</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

<strong>zu</strong>sätzlich befragten Mikrozensusteil begrenzt <strong>und</strong> damit die Aussagekraft<br />

e<strong>in</strong>geschränkt. Auf Unterschiede <strong>zu</strong>r EU-SILC Erhebung, die eigens <strong>zu</strong> diesem<br />

Zweck konzipiert ist, allerd<strong>in</strong>gs für Österreich repräsentativ <strong>und</strong> nur<br />

e<strong>in</strong>geschränkt für die B<strong>und</strong>esländer, wird wo nötig kritisch h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

56


4.3.2 Deprivation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

Menschen haben je nach Lebenslage verschie<strong>den</strong>e Bedürfnisse <strong>und</strong> auch<br />

unterschiedliche Möglichkeiten <strong>zu</strong> wirtschaften. Bei Deprivation steht im<br />

Gegensatz <strong>zu</strong>m e<strong>in</strong>kommensbasierten Ansatz die tatsächliche Wirkung der<br />

Ressourcen im Vordergr<strong>und</strong>. So macht es e<strong>in</strong>en großen Unterschied, ob man<br />

abbezahltes Wohnungseigentum besitzt oder Miete für e<strong>in</strong>e Wohnung bezahlen<br />

muss. Beim Vergleich der B<strong>und</strong>esländer spielt auch die Versorgung mit<br />

öffentlichen Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen e<strong>in</strong>e große Rolle. Unterschiedliche<br />

Verfügbarkeit <strong>und</strong> teilweise unterschiedliche Kostensätze bzw. Förderungen für<br />

Ges<strong>und</strong>heitsdienste, Bildung, Wohnen oder K<strong>in</strong>derbetreuung, um e<strong>in</strong> paar<br />

Beispiele <strong>zu</strong> nennen, tragen <strong>zu</strong> unterschiedlichen Niveaus der Versorgung <strong>und</strong><br />

tatsächlichen Lebenskosten für private Haushalte bei. Je nachdem, ob größere<br />

oder kle<strong>in</strong>ere Teile des E<strong>in</strong>kommens für derartige Leistungen aufgewendet<br />

wer<strong>den</strong>, kann mit dem Rest e<strong>in</strong> unterschiedlicher Lebensstandard f<strong>in</strong>anziert<br />

wer<strong>den</strong>. Dies muss pr<strong>in</strong>zipiell bei der Interpretation von<br />

B<strong>und</strong>esländerergebnissen bedacht wer<strong>den</strong>, wenn auch die Unterschiede<br />

<strong>in</strong>nerhalb Österreichs nicht so groß s<strong>in</strong>d wie beispielsweise zwischen <strong>den</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen EU- Staaten.<br />

Abgren<strong>zu</strong>ng verschie<strong>den</strong>er Deprivationsdef<strong>in</strong>itionen<br />

Zur Festlegung der "f<strong>in</strong>anziellen Deprivation" <strong>in</strong> Österreich wird e<strong>in</strong>e Liste von<br />

sieben Bedürfnissen verwendet. Kann sich e<strong>in</strong> Haushalt m<strong>in</strong>destens zwei<br />

f<strong>in</strong>anziell nicht leisten, gilt er als f<strong>in</strong>anzielle depriviert:<br />

• Die Wohnung angemessen warm <strong>zu</strong> halten<br />

• Unerwartete Ausgaben <strong>zu</strong> f<strong>in</strong>anzieren<br />

• Je<strong>den</strong> zweiten Tag Fleisch oder Fisch (oder vegetarische Speisen) <strong>zu</strong> essen<br />

• Zahlungen (z.B. Miete) <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten zwölf Monaten rechtzeitig <strong>zu</strong> begleichen<br />

• Notwendige Arzt- oder Zahnarztbesuche<br />

• Neue Kleidung <strong>zu</strong> kaufen<br />

• Fre<strong>und</strong>e oder Verwandte e<strong>in</strong>mal im Monat <strong>zu</strong>m Essen e<strong>in</strong><strong>zu</strong>la<strong>den</strong>.<br />

57


Um e<strong>in</strong>e Fehle<strong>in</strong>schät<strong>zu</strong>ng, wer als f<strong>in</strong>anziell depriviert <strong>zu</strong> zählen ist, auf Basis<br />

e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Merkmals <strong>zu</strong> vermei<strong>den</strong>, müssen immer mehrere Merkmale<br />

gleichzeitig <strong>zu</strong>treffen. Für Österreich wurde 2008 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beirat, an dem u. A.<br />

alle Sozialpartnerorganisationen beteiligt waren, e<strong>in</strong>e Grenze von m<strong>in</strong>destens<br />

zwei der oben angeführten sieben Merkmale festgelegt.<br />

Auch <strong>in</strong> der EU-Berichterstattung gibt es e<strong>in</strong>e Festlegung von<br />

Deprivationsmerkmalen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Grenze, ab der e<strong>in</strong>e Person als (erheblich)<br />

materiell depriviert gilt. Diese Festlegung erfolgte e<strong>in</strong> Jahr später als <strong>in</strong><br />

Österreich <strong>und</strong> umfasst folgende Items:<br />

• Die Wohnung angemessen warm <strong>zu</strong> halten<br />

• Unerwartete Ausgaben <strong>zu</strong> f<strong>in</strong>anzieren<br />

• Je<strong>den</strong> zweiten Tag Fleisch oder Fisch (oder vegetarische Speisen) <strong>zu</strong> essen<br />

• Zahlungen (z.B. Miete) <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten zwölf Monaten rechtzeitig <strong>zu</strong> begleichen<br />

• E<strong>in</strong>mal im Jahr Urlaub (e<strong>in</strong>e Woche für alle Haushaltsmitglieder) leistbar<br />

• PKW<br />

• Farbfernsehgerät<br />

• Waschmasch<strong>in</strong>e<br />

• Telefon oder Handy.<br />

Bei Vorliegen von m<strong>in</strong>destens drei der neun Deprivationsmerkmale wird im<br />

Kontext der EU-Indikatoren von materieller Deprivation gesprochen, wobei e<strong>in</strong><br />

Vorliegen von m<strong>in</strong>destens vier der neun Merkmale als erhebliche materielle<br />

Deprivation e<strong>in</strong>en eigenen Indikator darstellt. Letzterer wird für das Europa<br />

2020-Sozialziel <strong>zu</strong>r Reduktion der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung<br />

herangezogen.<br />

Die <strong>in</strong> der EU-Def<strong>in</strong>ition enthaltene Nichtleistbarkeit von Fernseher,<br />

Waschmasch<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Telefon wer<strong>den</strong> wegen der hohen Verfügbarkeit <strong>in</strong><br />

Österreich nicht als Deprivationsmerkmal nach der nationalen Def<strong>in</strong>ition<br />

(f<strong>in</strong>anzielle Deprivation) berücksichtigt. Ebenso wurde Urlaub <strong>in</strong> der<br />

nationalen Def<strong>in</strong>ition nicht berücksichtigt, da sich gezeigt hat, dass hier die<br />

Notwendigkeit im ländlichen Raum deutlich ger<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>geschätzt wird (vgl.<br />

Till-Tentschert/ Weiss 2008). Umgekehrt wird im urbanen Raum nur e<strong>in</strong>e<br />

58


ger<strong>in</strong>ge Notwendigkeit für <strong>den</strong> Besitz e<strong>in</strong>es PKWs angegeben. Dafür wurde <strong>in</strong><br />

die nationale Def<strong>in</strong>ition auch die Leistbarkeit von Arztbesuchen <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>ladungen von Fre<strong>und</strong>en aufgenommen.<br />

Auftreten von f<strong>in</strong>anzieller, materieller <strong>und</strong> erheblicher materieller<br />

Deprivation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

Die folgende Übersicht zeigt das Vorkommen von Deprivation nach <strong>den</strong> drei<br />

Deprivationsdef<strong>in</strong>itionen <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern. Auf Gr<strong>und</strong> des Designs des<br />

Zusatzmoduls ist e<strong>in</strong>e ausreichende Stichprobengröße nur für <strong>den</strong> Indikator<br />

f<strong>in</strong>anzieller Deprivation gegeben. Da erhebliche materielle Deprivation jedoch<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Europa 2020-Indikator <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung e<strong>in</strong>fließt,<br />

sollen hier auch die Zahlen für die europäisch vere<strong>in</strong>heitlichten<br />

Deprivationsdef<strong>in</strong>itionen angegeben wer<strong>den</strong>. Diese Ergebnisse s<strong>in</strong>d auf Gr<strong>und</strong><br />

der ger<strong>in</strong>gen Stichprobengrößen pro B<strong>und</strong>esland <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit niedrigen<br />

Quoten jedoch mit Vorsicht <strong>zu</strong> bewerten.<br />

Bei f<strong>in</strong>anzieller Deprivation liegt der Wert für <strong>den</strong> Österreichdurchschnitt bei<br />

11%. E<strong>in</strong>e bedeutsame Abweichung von diesem Gesamtwert verzeichnet Wien<br />

mit 18% der Bevölkerung, die f<strong>in</strong>anziell depriviert s<strong>in</strong>d. Der Unterschied<br />

zwischen anderen größeren Städten (über 100.000 E<strong>in</strong>wohnen<strong>den</strong>, das s<strong>in</strong>d<br />

also Graz, L<strong>in</strong>z, Salzburg <strong>und</strong> Innsbruck) <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>en Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> unter 10.000<br />

59


E<strong>in</strong>wohnen<strong>den</strong> ist jedoch nur sehr ger<strong>in</strong>g, so dass hier generell ke<strong>in</strong>e höhere<br />

Betroffenheit von f<strong>in</strong>anzieller Deprivation <strong>in</strong> anderen Städten außer Wien<br />

nachgewiesen wer<strong>den</strong> kann.<br />

Die Def<strong>in</strong>ition von materieller Deprivation (bei m<strong>in</strong>destens drei aus neun<br />

Merkmalen) ist enger als die der f<strong>in</strong>anziellen Deprivation <strong>und</strong> weist im<br />

Durchschnitt 7% der Bevölkerung Österreichs als depriviert aus. E<strong>in</strong>deutige<br />

Abweichungen vom Österreichmittel können wiederum nur für Wien<br />

festgestellt wer<strong>den</strong> (11%).<br />

Erhebliche materielle Deprivation, also das gleichzeitige Auftreten von vier<br />

oder mehr der neun Deprivationsmerkmale, weisen weniger als die Hälfte der<br />

materiell Deprivierten auf. Die Quote liegt bei 3% der Gesamtbevölkerung. Die<br />

B<strong>und</strong>esländerergebnisse s<strong>in</strong>d größeren Schwankungen unterworfen <strong>und</strong> daher<br />

s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Unterschiede <strong>in</strong>terpretierbar. Da der Indikator erhebliche materielle<br />

Deprivation um r<strong>und</strong> 112.000 Personen weniger ausweist als <strong>in</strong> EU-SILC 2011,<br />

s<strong>in</strong>d auch Auswirkungen auf <strong>den</strong> übergeordneten Indikator <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong><br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>zu</strong> erwarten.<br />

Wenngleich diese Ergebnisse vor allem <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf materielle <strong>und</strong><br />

erhebliche materielle Deprivation fallzahlbed<strong>in</strong>gt höheren Schwankungen<br />

unterliegen, so zeigt die folgende Grafik (Grafik 6), dass das Abschnei<strong>den</strong> der<br />

B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> Relation <strong>zu</strong>m Österreichwert nicht von der verwendeten<br />

Def<strong>in</strong>ition abhängt.<br />

60


E<strong>in</strong>ordnung der Ergebnisse <strong>zu</strong>r Deprivation im Vergleich <strong>zu</strong> EU-SILC<br />

Insgesamt liegt das Niveau der aus dieser Stichprobe ermittelten <strong>und</strong><br />

hochgerechneten Deprivation für alle drei Def<strong>in</strong>itionen unter <strong>den</strong> <strong>zu</strong>letzt auf<br />

Basis von EU-SILC 2011 ermittelten Werten. Gründe hierfür können u.a. die <strong>in</strong><br />

Übersicht 17 dargestellten methodischen Unterschiede zwischen EU-SILC <strong>und</strong><br />

dem im Zuge der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung befragten "Lebensstandard"-<br />

Modul <strong>zu</strong>m Mikrozensus (vgl. Anhang I) se<strong>in</strong>.<br />

Generell sche<strong>in</strong>t der Lebensstandard <strong>in</strong> der Gruppe der im Modul Befragten<br />

höher als <strong>in</strong> der Gesamtstichprobe des B<strong>und</strong>esländerprojektes: Von <strong>den</strong><br />

Modulbefragungen s<strong>in</strong>d 10% ungewichtet armutsgefährdet, der gewichtete<br />

Gesamtwert beträgt 14%. Die Gewichtung gleicht <strong>den</strong> selektiven Ausfall <strong>zu</strong>m<br />

Teil aus. Deprivation kann jedoch nur <strong>in</strong>direkt über <strong>in</strong> die Kalibrierung<br />

e<strong>in</strong>fließende damit <strong>zu</strong>sammenhängende Merkmale <strong>in</strong> der Randverteilung<br />

ausgeglichen wer<strong>den</strong>. Zudem ist aus EU-SILC bekannt, dass der Interviewmodus<br />

e<strong>in</strong>en Zusammenhang mit Antworten bei <strong>den</strong> Deprivationsitems zeigt: Die<br />

Deprivationsquote ist bei <strong>den</strong> persönlichen, computerunterstützten Interviews<br />

61


(CAPI) höher als bei Telefon<strong>in</strong>terviews (CATI). Im "Lebensstandard"-Modul kam<br />

jedoch nur CATI <strong>zu</strong>m E<strong>in</strong>satz.<br />

Die <strong>in</strong> Übersicht 17 dargestellten methodischen Gründe sprechen eher für e<strong>in</strong>e<br />

ger<strong>in</strong>gere Erfassung von Deprivation im vorliegen<strong>den</strong> Bericht als <strong>in</strong> EU-SILC.<br />

Dies zeigt auch folgender Vergleich: Im "B<strong>und</strong>esländerbericht" wer<strong>den</strong> über<br />

alle Personen betrachtet durchschnittliche 0,47, <strong>in</strong> EU-SILC 2011 0,58 Items für<br />

f<strong>in</strong>anzielle Deprivation bejaht (entspricht der Nichtleistbarkeit der<br />

Bedürfnisse) was damit übere<strong>in</strong>stimmt, dass <strong>in</strong> EU-SILC 2011 die Grenze von<br />

zwei aus sieben Items öfter übersprungen wird <strong>und</strong> damit die Quote der<br />

f<strong>in</strong>anziellen Deprivation höher ist.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Bef<strong>und</strong> <strong>in</strong> diese Richtung gibt es auf Ebene der Items: Der<br />

verglichen mit EU-SILC ger<strong>in</strong>gere Prozentsatz der Personen, die<br />

Nichtleistbarkeit der nur <strong>in</strong> die europäischen Deprivationsdef<strong>in</strong>itionen<br />

e<strong>in</strong>fließen<strong>den</strong> Konsumgüter PKW, Waschmasch<strong>in</strong>e, Handy/Telefon <strong>und</strong><br />

Farbfernseher für <strong>den</strong> Haushalt angeben, wird durch e<strong>in</strong>en höheren<br />

Prozentsatz beim Gr<strong>und</strong> "Ne<strong>in</strong>, der Haushalt möchte das nicht haben" teilweise<br />

ausgeglichen. Anders ausgedrückt: Die Werte <strong>in</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Datenquellen s<strong>in</strong>d<br />

62


ähnlicher, wenn man die Haushalte betrachtet, die diese Güter besitzen; bei<br />

<strong>den</strong> Grün<strong>den</strong> für das Nicht-Vorhan<strong>den</strong>se<strong>in</strong> h<strong>in</strong>gegen gibt es stärkere<br />

Differenzen. Die genannten Items fließen <strong>in</strong> die materielle <strong>und</strong> erhebliche<br />

materielle Deprivation jedoch nur e<strong>in</strong>, wenn explizit "Nichtleistbarkeit"<br />

<strong>zu</strong>gegeben wurde da dies <strong>in</strong> der vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> seltener genannt wurde,<br />

kann dies die ger<strong>in</strong>geren (erheblich) materiellen Deprivationsquote <strong>zu</strong>m Teil<br />

erklären.<br />

Im folgen<strong>den</strong> Abschnitt wer<strong>den</strong> die für f<strong>in</strong>anzielle Deprivation <strong>in</strong> Österreich<br />

als relevant erachteten Merkmale dargestellt. Für die E<strong>in</strong>zelitems liegen die<br />

Quoten der Betroffenheit recht nahe an <strong>den</strong> aus EU-SILC 2011 berichteten<br />

Werten, e<strong>in</strong>zige Ausnahme ist das Item "Unvermögen, sich unerwartete<br />

Ausgaben <strong>zu</strong> leisten" (EU-SILC 2011: 23%, hier: 16%).<br />

4.3.3 Merkmale f<strong>in</strong>anzieller Deprivation<br />

Übersicht 18 zeigt die E<strong>in</strong>zelitems, die <strong>zu</strong>r Berechnung der f<strong>in</strong>anziellen<br />

Deprivation herangezogen wer<strong>den</strong>. Beschrieben wer<strong>den</strong> im folgen<strong>den</strong> nur<br />

Abweichungen zwischen Österreich gesamt <strong>und</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern, wenn<br />

diese auf ausreichend präzisen Werten (Schwankungsbreite weniger als 1/3 des<br />

Schätzwertes) basieren <strong>und</strong> sich die Konfi<strong>den</strong>z<strong>in</strong>tervalle nicht überschnei<strong>den</strong>.<br />

63


R<strong>und</strong> 2% der Bevölkerung können es sich nicht leisten, ihre Wohnung<br />

ausreichend <strong>zu</strong> heizen. Die Fallzahlen <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern s<strong>in</strong>d teilweise auch<br />

auf Gr<strong>und</strong> der ähnlich niedrigen Quoten sehr kle<strong>in</strong>, so dass sich ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>terpretierbaren Unterschiede <strong>zu</strong>m Österreichwert erkennen lassen.<br />

7% der Menschen <strong>in</strong> Österreich s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt bei regelmäßigen Zahlungen<br />

(für Miete, Betriebskosten etc.) im Rückstand. E<strong>in</strong>e Abweichung vom<br />

österreichischen Durchschnitt ergibt sich für Wien, das mit 12% <strong>in</strong> diesem<br />

Merkmal e<strong>in</strong>e signifikant höhere Betroffenheit verzeichnet.<br />

Unerwartete Ausgaben von 1.000 Euro s<strong>in</strong>d für 16% der Personen nicht aus<br />

eigenen Mitteln <strong>zu</strong> f<strong>in</strong>anzieren. Auch hier liegt Wien mit 26% signifikant über<br />

dem Österreichwert. Salzburg <strong>und</strong> Tirol haben verglichen mit Gesamtösterreich<br />

mit je 12% e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Quote an Personen, die sich ke<strong>in</strong>e unerwarteten<br />

Ausgaben leisten können. Die anderen B<strong>und</strong>esländer liegen <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Schwankungsbreite für Österreich.<br />

5% der Personen <strong>in</strong> Österreich geben an, sich aus f<strong>in</strong>anziellen Grün<strong>den</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

neue Kleidung leisten <strong>zu</strong> können. Bei der Ernährung müssen sich 7% der<br />

Bevölkerung e<strong>in</strong>schränken <strong>und</strong> können nicht <strong>zu</strong>m<strong>in</strong>dest je<strong>den</strong> zweiten Tag<br />

Fleisch oder Fisch (oder e<strong>in</strong> vegetarisches Äquivalent) essen. Wenn e<strong>in</strong><br />

Arztbesuch notwendig ist, nehmen ihn 2% der Personen aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Grün<strong>den</strong> nicht <strong>in</strong> Anspruch. Diese drei E<strong>in</strong>schränkungen s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern <strong>in</strong> etwa gleich häufig genannt wor<strong>den</strong>.<br />

8% können es sich nicht leisten, Fre<strong>und</strong>e oder Verwandte <strong>zu</strong>m<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>mal<br />

pro Monat <strong>zu</strong>m Essen nach Hause e<strong>in</strong><strong>zu</strong>la<strong>den</strong>. Ke<strong>in</strong> B<strong>und</strong>eslandwert weist<br />

e<strong>in</strong>en signifikanten Unterschied <strong>zu</strong> diesem Österreichdurchschnitt auf.<br />

64


4.3.4 Die Intensität der f<strong>in</strong>anziellen Deprivation<br />

Je mehr der als notwendig erachteten Gr<strong>und</strong>bedürfnisse aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Grün<strong>den</strong> fehlen, desto <strong>in</strong>tensiver so die Annahme macht sich Deprivation<br />

bemerkbar. Wie stark der Lebensstandard e<strong>in</strong>geschränkt ist, lässt sich also<br />

annähernd anhand der Zahl an <strong>zu</strong>treffen<strong>den</strong> Deprivationsmerkmalen<br />

bemessen. Als Basis dienen hier jeweils nur die deprivierten Personen.<br />

F<strong>in</strong>anziell deprivierte Personen also jene, die m<strong>in</strong>destens zwei der sieben<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnisse aus f<strong>in</strong>anziellem Mangel nicht decken können haben im<br />

Durchschnitt Probleme <strong>in</strong> 2,9 Merkmalen. Während im Vergleich der<br />

B<strong>und</strong>esländer mit dem Gesamtwert Personen <strong>in</strong> Wien häufiger von Deprivation<br />

betroffen s<strong>in</strong>d, ist unter <strong>den</strong> f<strong>in</strong>anziell Deprivierten selbst die Intensität der<br />

Deprivation <strong>in</strong> Wien nicht stärker ausgeprägt. Generell zeigen sich ke<strong>in</strong>e<br />

signifikanten Abweichungen e<strong>in</strong>zelner B<strong>und</strong>esländer vom Durchschnittswert.<br />

Im Unterschied <strong>zu</strong>r Quote der Deprivation für Österreich ist deren Intensität für<br />

deprivierte Personen im vorliegen<strong>den</strong> Datensätzen ähnlich hoch wie <strong>in</strong> EU-<br />

SILC: Im Durchschnitt s<strong>in</strong>d im vorliegen<strong>den</strong> Bericht basierend auf dem<br />

"Lebensstandard"-Modul die f<strong>in</strong>anziell Deprivierten mit 2,9<br />

Deprivationsmerkmalen konfrontiert, <strong>in</strong> EU-SILC 2011 beträgt die<br />

durchschnittliche Anzahl ebenfalls 2,9. Materiell deprivierte Personen (EU-<br />

Def<strong>in</strong>ition bei m<strong>in</strong>d. drei von neun Merkmalen) s<strong>in</strong>d hier von 3,5<br />

Deprivationsmerkmalen, <strong>in</strong> EU-SILC 2011 von durchschnittlich 3,6 Merkmalen<br />

betroffen.<br />

65


4.3.5 Manifeste <strong>Armut</strong><br />

Ger<strong>in</strong>ges E<strong>in</strong>kommen bedeutet <strong>in</strong> reichen Gesellschaften nicht automatisch<br />

<strong>Armut</strong>. Wenn <strong>zu</strong>m Beispiel die Versorgung mit öffentlichen Gütern auch ohne<br />

Geld gewährleistet oder Vermögen vorhan<strong>den</strong> ist, können trotz E<strong>in</strong>kommen<br />

unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle die Gr<strong>und</strong>bedürfnisse gesichert se<strong>in</strong>.<br />

Zudem wurde nachgewiesen, dass der Lebensstandard e<strong>in</strong>es Haushalts, dessen<br />

E<strong>in</strong>kommen unter die <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle fällt, nur allmählich<br />

e<strong>in</strong>geschränkt wird (vgl. Gordon et al. 2000). Daher wird erst das gleichzeitige<br />

Vorliegen aus niedrigem E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schränkungen bei<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnissen als "manifeste <strong>Armut</strong>" def<strong>in</strong>iert. Der Indikator bezieht sich<br />

auf jene Personen, die gleichzeitig armutsgefährdet (60% vom Median des<br />

Äquivalenze<strong>in</strong>kommens) <strong>und</strong> nach dem nationalen Kriterienkatalog <strong>in</strong><br />

m<strong>in</strong>destens zwei von sieben Merkmalen depriviert s<strong>in</strong>d.<br />

In Österreich beträgt die Quote der manifesten <strong>Armut</strong> 4%, 345.000 Personen<br />

s<strong>in</strong>d betroffen. Übersicht 20 zeigt die Werte für die B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> Prozent<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Absolutzahlen.<br />

Die B<strong>und</strong>esländerwerte für manifeste <strong>Armut</strong> bewegen sich <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Schwankungsbreite für Österreich, es ist ke<strong>in</strong> signifikanter Unterschied<br />

feststellbar. Auch für Wien, wo mit 7% e<strong>in</strong> etwas höherer Wert auftritt,<br />

überschneidet sich das Konfi<strong>den</strong>z<strong>in</strong>tervall noch mit dem für<br />

Gesamtösterreich, <strong>und</strong> damit ist nach konservativer Methodik nicht von<br />

überdurchschnittlicher Betroffenheit von manifester <strong>Armut</strong> aus<strong>zu</strong>gehen. Es<br />

66


zeigt sich jedoch, dass <strong>in</strong> Wien die Quote der Personen, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er der<br />

<strong>Armut</strong>slagen betroffen s<strong>in</strong>d also weder <strong>Armut</strong>sgefährdung noch f<strong>in</strong>anzielle<br />

Deprivation aufweisen mit nur 68% signifikant unter dem<br />

Österreichdurchschnitt (78%) liegt.<br />

4.4. Erwerbstätigkeit<br />

Die Ausübung e<strong>in</strong>er Erwerbsarbeit spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>zu</strong>m Schutz vor<br />

<strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung. Das aus e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit<br />

erwirtschaftete E<strong>in</strong>kommen ermöglicht <strong>zu</strong>meist e<strong>in</strong> Leben über der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle <strong>und</strong> die Sicherstellung e<strong>in</strong>es angemessenen<br />

Lebensstandards. Auf Basis der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Österreich<br />

<strong>in</strong>sgesamt 75% der 20- bis 64- Jährigen erwerbstätig, damit liegt Österreich<br />

verglichen mit <strong>den</strong> EU-27-Staaten deutlich über dem Durchschnitt. Innerhalb<br />

Österreichs ist vor allem Salzburg auffällig, da hier sowohl für Frauen als auch<br />

für Männer e<strong>in</strong>e im Vergleich <strong>zu</strong> Gesamtösterreich höhere Erwerbstätigenquote<br />

<strong>zu</strong> beobachten ist.<br />

Gleichzeitig ist <strong>in</strong> Salzburg auch die Arbeitslosenquote, verglichen mit der<br />

österreichweiten Arbeitslosenquote von 4% relativ niedrig. Sie kommt unter <strong>den</strong><br />

18- bis 64-Jährigen auf 2%. Niedrige Arbeitslosenquoten s<strong>in</strong>d mit 2% auch <strong>in</strong><br />

Tirol sowie mit 3% <strong>in</strong> Oberösterreich <strong>und</strong> der Steiermark <strong>zu</strong> sehen. In Wien s<strong>in</strong>d<br />

mit e<strong>in</strong>er Quote von 7% h<strong>in</strong>gegen deutlich mehr Personen mit Arbeitslosigkeit<br />

konfrontiert als <strong>in</strong> Österreich <strong>in</strong>sgesamt. Es gehen auch relativ gesehen weniger<br />

Personen e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit nach, als dies <strong>in</strong> Gesamtösterreich der Fall ist.<br />

Viel augensche<strong>in</strong>licher als der Unterschied zwischen <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern ist<br />

aber die ungleiche Erwerbsbeteiligung von Männern <strong>und</strong> Frauen. Während<br />

Männer im Alter von 20 bis 64 Jahren <strong>zu</strong> 81% erwerbstätig s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d es<br />

Frauen desselben Alters lediglich <strong>zu</strong> 70%. Dieses Muster ist über alle<br />

B<strong>und</strong>esländer h<strong>in</strong>weg <strong>zu</strong> beobachten.<br />

67


Geht es um die Frage, ob e<strong>in</strong> aus Erwerbsarbeit gewonnenes E<strong>in</strong>kommen<br />

schließlich auch tatsächlich als Schutz vor <strong>Armut</strong>sgefährdung wirksam<br />

wer<strong>den</strong> kann, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt wer<strong>den</strong>. Dem<br />

Haushaltskontext, d.h. der Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Haushalts, kommt dabei<br />

hohes Gewicht <strong>zu</strong>. E<strong>in</strong>erseits kann es trotz Erwerbsarbeit <strong>zu</strong><br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung kommen, wenn etwa mit nur e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>kommensquelle<br />

mehrere Personen versorgt wer<strong>den</strong> müssen. Andererseits muss niedriges<br />

oder ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen aus Erwerbsarbeit nicht zwangsläufig <strong>zu</strong><br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung führen, wenn die dadurch entstehen<strong>den</strong><br />

E<strong>in</strong>kommenslücken durch andere Haushaltsmitglieder ausgeglichen wer<strong>den</strong><br />

können. Deutlich wird damit, dass nicht nur die <strong>in</strong>dividuelle, sondern die<br />

Erwerbsbeteiligung aller Haushaltsmitglieder entschei<strong>den</strong>d ist <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrer<br />

Gesamtheit betrachtet wer<strong>den</strong> muss. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird im folgen<strong>den</strong><br />

Teil die Erwerbs<strong>in</strong>tensität der Haushalte thematisiert, d.h. die<br />

Erwerbsbeteiligung aller Haushaltsmitglieder <strong>zu</strong>sammen. Herausgegriffen<br />

<strong>und</strong> im Speziellen dargestellt wird dabei jene Gruppe, die ke<strong>in</strong>e oder e<strong>in</strong>e sehr<br />

68


niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität aufweist. Anschließend wird die Gruppe der<br />

"Work<strong>in</strong>g Poor" behandelt, also jene Personen, die gleichzeitig erwerbstätig<br />

<strong>und</strong> armutsgefährdet s<strong>in</strong>d.<br />

4.4.1 Europa 2020-Teilzielgruppe: Personen <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder<br />

sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität<br />

Im Zuge der Europa 2020-Strategie wurde für Österreich das Ziel formuliert, die<br />

Zahl der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten bis <strong>in</strong> das Jahr 2020 um<br />

235.000 Personen <strong>zu</strong> reduzieren. Zu dieser Zielgruppe zählen neben Menschen,<br />

die armutsgefährdet oder erheblich materiell depriviert s<strong>in</strong>d, auch Personen <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität. Große Bedeutung<br />

wird dem Rückgang dieser Personengruppe beigemessen, da e<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität im Haushalt e<strong>in</strong> wirksames Mittel ist, um <strong>den</strong> Lebensstandard<br />

aller <strong>zu</strong>gehörigen Haushaltsmitglieder sicher<strong>zu</strong>stellen (vgl. BMASK/ Statistik<br />

Austria 2013).<br />

Die Zahl der Personen <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität wird für Österreich jährlich aus EU-SILC berechnet. Sie<br />

beläuft sich im Jahr 2011 auf 519.000 Personen bzw. 8% der Bevölkerung.<br />

Auf Gr<strong>und</strong>lage der vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> ist es nun auch möglich, diesen<br />

Indikator nach e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländern gegliedert <strong>zu</strong> betrachten. Er<br />

def<strong>in</strong>iert sich − sowohl <strong>in</strong> EU-SILC als auch <strong>in</strong> der ASE-<br />

B<strong>und</strong>esländererhebung − als Anteil der Personen unter 60 Jahren, die <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität leben. Ke<strong>in</strong>e<br />

oder sehr niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität liegt vor, wenn alle Haushaltsmitglieder<br />

im Erwerbsalter <strong>zu</strong>sammen weniger als 20% des Vollzeit- Erwerbspotenzials<br />

ausschöpfen. Unter <strong>den</strong> Personen im Erwerbsalter wer<strong>den</strong> alle 18- bis 59-<br />

jährigen Haushaltsmitglieder verstan<strong>den</strong>. Da<strong>zu</strong> zählen auch Personen, die ihr<br />

Erwerbsleben vor Vollendung des 60. Lebensjahres beendet haben <strong>und</strong> sich<br />

bereits <strong>in</strong> Pension bef<strong>in</strong><strong>den</strong>. Ausgenommen wer<strong>den</strong> h<strong>in</strong>gegen <strong>Studie</strong>rende bis<br />

24 Jahre (vgl. BMASK/ Statistik Austria 2013).<br />

69


Das Erwerbspotenzial basiert im Rahmen des vorliegen<strong>den</strong> Projekts auf <strong>den</strong><br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gewöhnlichen Woche geleistet wer<strong>den</strong>. Vollständig<br />

ausgeschöpft wird das Erwerbspotenzial e<strong>in</strong>es Haushalts, wenn alle Personen im<br />

Erwerbsalter e<strong>in</strong>er Vollzeitbeschäftigung nachgehen, d.h. normalerweise 40<br />

St<strong>und</strong>en pro Woche arbeiten. Damit berechnet sich das gesamte<br />

Erwerbspotenzial e<strong>in</strong>es Haushalts für e<strong>in</strong>e Woche durch Multiplikation der Zahl<br />

der Haushaltsmitglieder im Erwerbsalter mit 40. Die Arbeitszeit e<strong>in</strong>er Person<br />

wird als Durchschnitt der Normalarbeitszeit <strong>in</strong> vier Befragungsquartalen<br />

bestimmt, sodass näherungsweise die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr durchschnittlich geleistete<br />

Wochenarbeitszeit (<strong>in</strong> St<strong>und</strong>en) abgebildet wer<strong>den</strong> kann.<br />

Die Erwerbs<strong>in</strong>tensität e<strong>in</strong>es Haushalts ergibt sich schließlich durch Division der<br />

summierten, durchschnittlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr geleisteten Arbeitsst<strong>und</strong>en aller<br />

Haushaltsmitglieder durch das Vollzeit- Erwerbspotenzial des Haushalts.<br />

E<strong>in</strong> Haushalt mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität liegt vor, wenn<br />

das Ergebnis 0,2 oder kle<strong>in</strong>er ist, d.h. durch alle Haushaltsmitglieder <strong>zu</strong>sammen<br />

maximal 20% des Erwerbspotenzials ausgeschöpft wer<strong>den</strong>. In e<strong>in</strong>em<br />

E<strong>in</strong>personenhaushalt entspricht dies e<strong>in</strong>er wöchentlichen Arbeitszeit von acht<br />

St<strong>und</strong>en, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit zwei Personen im Erwerbsalter e<strong>in</strong>er<br />

Arbeitszeit von 16 Wochenarbeitsst<strong>und</strong>en. Der Indikator selbst wird für alle<br />

Personen unter 60 Jahren ausgewiesen, also auch für K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> <strong>Studie</strong>rende<br />

bis 24 Jahren, die bei der Berechnung des Erwerbspotenzials nicht e<strong>in</strong>bezogen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

70


Wenngleich die Def<strong>in</strong>ition der Teilzielgruppe <strong>in</strong> EU-SILC <strong>und</strong> der <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern dieselbe ist, weichen<br />

sie <strong>in</strong> ihrer Bestimmung von Arbeitszeit <strong>und</strong> Erwerbspotenzial vone<strong>in</strong>ander ab.<br />

EU-SILC greift da<strong>zu</strong> auf Informationen <strong>zu</strong>r Erwerbsaktivität <strong>in</strong> <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Monaten e<strong>in</strong>es gesamten Kalenderjahres <strong>zu</strong>rück. Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der vorliegen<strong>den</strong><br />

<strong>Studie</strong> nicht verfügbar, daher wird die Berechnung über die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr<br />

durchschnittlich geleisteten Arbeitsst<strong>und</strong>en angenähert. E<strong>in</strong> Vergleich der<br />

Ergebnisse mit jenen aus EU-SILC ist aufgr<strong>und</strong> dieser Unterschiede <strong>in</strong> der<br />

Def<strong>in</strong>ition nur e<strong>in</strong>geschränkt möglich.<br />

Ke<strong>in</strong>e oder sehr niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

Auf Basis der Berechnung aus der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung leben <strong>in</strong><br />

Österreich <strong>in</strong>sgesamt r<strong>und</strong> 439.000 unter 60-jährige Personen <strong>in</strong> Haushalten mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität. Das entspricht e<strong>in</strong>er Quote von<br />

7%, bezogen auf die <strong>in</strong> Privathaushalten lebende Bevölkerung Österreichs unter<br />

60 Jahren. 35% dieser Personen haben ihren Wohnsitz <strong>in</strong> Wien (Grafik 8), dort<br />

gehören etwa 152.000 Personen Haushalten an, die maximal 20% ihres<br />

Erwerbspotenzials ausschöpfen. Personen, die nicht <strong>zu</strong> dieser Risikogruppe<br />

zählen, also Personen <strong>in</strong> Haushalten mit mittlerer oder hoher Erwerbs<strong>in</strong>tensität<br />

entfallen h<strong>in</strong>gegen nur <strong>zu</strong> 20% auf Wien.<br />

71


Die gesteigerte Betroffenheit <strong>in</strong> Wien wird auch durch die Quote der Personen <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität unterstrichen.<br />

Während österreichweit 7% der unter 60-jährigen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Haushalt<br />

leben, ist mit 11% e<strong>in</strong>e merklich höhere Quote für dieses B<strong>und</strong>esland<br />

fest<strong>zu</strong>stellen. Aber auch <strong>in</strong> anderen Städten <strong>in</strong> Österreich mit mehr als 100.000<br />

E<strong>in</strong>wohnern <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohner<strong>in</strong>nen besteht mit e<strong>in</strong>er Quote von <strong>in</strong>sgesamt 9% e<strong>in</strong><br />

höheres Risiko, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> leben. Dies kann <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em Teil auf die unterschiedliche<br />

Haushaltsstruktur <strong>in</strong> größeren Städten <strong>zu</strong>rückgeführt wer<strong>den</strong>. Während <strong>in</strong><br />

Österreich <strong>in</strong>sgesamt unter <strong>den</strong> 18- bis 59-Jährigen 15% der Personen alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Haushalt leben, s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> Wien <strong>und</strong> <strong>in</strong> anderen Städten mit mehr als<br />

100.000 E<strong>in</strong>wohnern <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohner<strong>in</strong>nen 24%. Dies kann <strong>zu</strong>r Erklärung der<br />

72


höheren Quote beitragen, da die Gruppe der alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Personen e<strong>in</strong>e<br />

deutlich erhöhte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit besitzt, <strong>in</strong> die Zielgruppe der Haushalte mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> fallen (Übersicht 21). Insgesamt<br />

schöpfen r<strong>und</strong> 15% der alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Personen weniger als e<strong>in</strong> Fünftel ihres<br />

Erwerbspotenzials aus.<br />

Unter dem Österreichdurchschnitt von 7% liegt die Quote der Personen <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität mit 4% <strong>in</strong> Salzburg<br />

sowie mit 5% im Burgenland, <strong>in</strong> Oberösterreich <strong>und</strong> Tirol.<br />

Risikofaktoren für ke<strong>in</strong>e oder sehr niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität<br />

Die weitere Untergliederung nach verschie<strong>den</strong>en Merkmalen zeigt auch das<br />

unterschiedlich hohe Risiko für Männer <strong>und</strong> Frauen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> leben. Während <strong>in</strong><br />

73


Gesamtösterreich 6% der 20- bis 59-jährigen Männer Haushalten mit ke<strong>in</strong>er<br />

oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität angehören, s<strong>in</strong>d es unter Frauen<br />

desselben Alters 8%, wobei sich <strong>in</strong> Wien für beide Geschlechter wiederum e<strong>in</strong><br />

höheres Risiko abzeichnet. Wesentlich ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang aber auch<br />

das Alter, da die Betroffenheit mit der Höhe des Alters <strong>zu</strong>nimmt. Stärker als bei<br />

Männern kommt dies bei Frauen <strong>zu</strong>m Ausdruck. 11% der 40- bis 59-jährigen<br />

Frauen leben österreichweit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität, unter <strong>den</strong> 20- bis 39-jährigen Frauen zählen h<strong>in</strong>gegen<br />

lediglich 6% <strong>zu</strong>r Zielgruppe. In Kärnten <strong>und</strong> Wien s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> dieser<br />

Alterskategorie der 40- bis 59-Jährigen sogar 13% Frauen, die <strong>in</strong> Haushalten mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität leben. Zurück<strong>zu</strong>führen ist dies <strong>zu</strong><br />

e<strong>in</strong>em Teil auf die hohe Zahl der Personen <strong>in</strong> Pension, die <strong>in</strong> dieser Altersgruppe<br />

enthalten s<strong>in</strong>d. Insgesamt 39% der 40- bis 59-jährigen Personen, die <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität leben, s<strong>in</strong>d bereits<br />

<strong>in</strong> Pension. Das Risiko <strong>in</strong> die Zielgruppe <strong>zu</strong> fallen, verstärkt sich für<br />

alle<strong>in</strong>lebende Menschen auch <strong>in</strong>sofern, da der Verlust e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Folgen nicht durch andere Haushaltsmitglieder kompensiert wer<strong>den</strong><br />

kann. Nur <strong>in</strong> Salzburg ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen unter <strong>den</strong><br />

40- bis 59-Jährigen e<strong>in</strong>e im Vergleich <strong>zu</strong>m Österreichdurschnitt niedrigere<br />

Quote der Personen <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> beobachten.<br />

Nach Haushaltstyp betrachtet zeigt sich vor allem das oben angesprochene<br />

hohe Risiko für alle<strong>in</strong>lebende Menschen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit ke<strong>in</strong>er oder<br />

sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> leben. Etwa 15% der Alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong><br />

schöpfen weniger als 20% ihres Erwerbspotenzials aus. Unter Frauen ist es <strong>in</strong><br />

Kärnten mit 22% mehr als im Österreichschnitt, dasselbe trifft mit e<strong>in</strong>er Quote<br />

von 19% für alle<strong>in</strong>lebende Männer <strong>in</strong> Wien <strong>zu</strong>. E<strong>in</strong>e im Vergleich <strong>zu</strong>m<br />

Österreichmittel niedrigere Quote ist bei alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Männern <strong>in</strong> Salzburg<br />

<strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong> fest<strong>zu</strong>stellen. Erwähnenswert s<strong>in</strong>d neben <strong>den</strong> hohen Quoten<br />

von alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Menschen die vergleichsweise niedrigen Quoten von<br />

Personen <strong>in</strong> Mehrpersonenhaushalten ohne K<strong>in</strong>der (5%) sowie von <strong>in</strong><br />

74


Haushalten mit K<strong>in</strong>dern leben<strong>den</strong> Personen (4%). In bei<strong>den</strong> Fällen ist nach<br />

oben h<strong>in</strong> wiederum Wien als Ausreißer fest<strong>zu</strong>stellen, <strong>in</strong> Oberösterreich s<strong>in</strong>d<br />

niedrigere Quoten <strong>zu</strong> beobachten. Die unterdurchschnittliche Betroffenheit<br />

von Personen <strong>in</strong> Haushalten mit K<strong>in</strong>dern darf aber nicht darüber<br />

h<strong>in</strong>wegtäuschen, dass die Erwerbs<strong>in</strong>tensität der Haushalte vor allem bei<br />

mehreren K<strong>in</strong>dern aufgr<strong>und</strong> von Teilzeitarbeit e<strong>in</strong>geschränkt ist. Die niedrige<br />

Quote ergibt sich vielmehr aus der ger<strong>in</strong>g festgelegten Schwelle von 20% des<br />

Erwerbspotenzials (vgl. BMASK/ Statistik Austria 2013), die etwa <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Haushalt mit zwei Personen im Erwerbsalter bei e<strong>in</strong>er wöchentlichen<br />

Arbeitszeit von <strong>in</strong>sgesamt mehr als 16 St<strong>und</strong>en bereits da<strong>zu</strong> führt, dass der<br />

gesamte Haushalt nicht <strong>in</strong> die Zielgruppe fällt. Für Haushalte mit K<strong>in</strong>dern ist<br />

damit zwar e<strong>in</strong>e unterdurchschnittliche Quote von Personen <strong>in</strong> Haushalten mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität fest<strong>zu</strong>stellen. Alle<strong>in</strong>erziehende,<br />

die ebenso <strong>in</strong> diese Kategorie fallen, weisen aber mit 21% e<strong>in</strong>e merklich<br />

höhere Quote auf, die auch noch über jener der alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> Personen ohne<br />

K<strong>in</strong>dern liegt.<br />

E<strong>in</strong>e entschei<strong>den</strong>de Rolle für das Risiko, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt mit ke<strong>in</strong>er oder<br />

sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>zu</strong> leben, ist natürlich auch die eigene<br />

Erwerbssituation. Personen, die selbst e<strong>in</strong>er Beschäftigung nachgehen, s<strong>in</strong>d<br />

lediglich <strong>zu</strong> 1% <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität vor<strong>zu</strong>f<strong>in</strong><strong>den</strong>, während nicht erwerbsaktive Personen dort<br />

deutlich häufiger an<strong>zu</strong>treffen s<strong>in</strong>d. Das höchste Risiko ist bei Personen <strong>in</strong><br />

Pension beobachtbar. R<strong>und</strong> die Hälfte aller Personen, die ihr Erwerbsleben<br />

vor Vollendung des 60. Lebensjahres beendet haben, leben <strong>in</strong> Haushalten mit<br />

ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität. E<strong>in</strong>e bedeutsame Abweichung<br />

ist hier e<strong>in</strong>mal mehr <strong>in</strong> Wien <strong>zu</strong> beobachten: Zwei Drittel aller <strong>in</strong> Pension<br />

bef<strong>in</strong>dlichen Personen leben <strong>in</strong> diesem B<strong>und</strong>esland <strong>in</strong> Haushalten, die<br />

maximal 20% ihres Erwerbspotenzials ausschöpfen. In derselben<br />

Haushaltssituation bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich <strong>in</strong> Wien, verglichen mit Österreich <strong>in</strong>sgesamt,<br />

auch verhältnismäßig mehr arbeitslose, haushaltsführende sowie <strong>in</strong><br />

Ausbildung stehende Personen. Nur <strong>in</strong> Oberösterreich, Salzburg <strong>und</strong> Tirol s<strong>in</strong>d<br />

arbeitslose <strong>und</strong> haushaltsführende Personen relativ <strong>zu</strong> Gesamtösterreich<br />

75


etrachtet seltener <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität vor<strong>zu</strong>f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Nichtsdestotrotz muss <strong>in</strong>sgesamt betrachtet<br />

die besonders hohe Betroffenheit von nicht-erwerbstätigen Personen,<br />

<strong>in</strong>sbesondere von Personen <strong>in</strong> Pension sowie arbeitslosen <strong>und</strong><br />

haushaltsführen<strong>den</strong> Personen betont wer<strong>den</strong>.<br />

Erwartungsgemäß s<strong>in</strong>d auch verhältnismäßig viele Personen, die <strong>in</strong><br />

Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität leben,<br />

armutsgefährdet: Mehr als die Hälfte dieser Personen lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haushalt,<br />

dem nur e<strong>in</strong> Haushaltse<strong>in</strong>kommen unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle <strong>zu</strong>r<br />

Verfügung steht. Für das <strong>Armut</strong>sgefährdungsrisiko spielt demnach die<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität des Haushalts e<strong>in</strong>e große Rolle, dieser Zusammenhang wird<br />

noch näher <strong>in</strong> Kapitel 4.2 beleuchtet.<br />

4.4.2 <strong>Armut</strong>sgefährdung <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit: "Work<strong>in</strong>g Poor"<br />

Erwerbstätigkeit ist e<strong>in</strong> wichtiger Faktor <strong>zu</strong>r Vermeidung von <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong><br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Sicherstellung e<strong>in</strong>es angemessenen<br />

Lebensstandards. Dennoch kann, wie mittlerweile ausführlich belegt wurde<br />

(vgl. etwa BMASK/ Statistik Austria 2011, BMASK/ Statistik Austria 2013),<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung durch e<strong>in</strong>e aufrechte Beschäftigung nicht immer<br />

abgewendet wer<strong>den</strong>. Ist e<strong>in</strong>e Person trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet,<br />

wird von "Work<strong>in</strong>g Poor" gesprochen.<br />

Def<strong>in</strong>ition von "Work<strong>in</strong>g Poor"<br />

Auf Basis der vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern beläuft sich die Quote der "Work<strong>in</strong>g Poor" im gesamten<br />

B<strong>und</strong>esgebiet auf 9% oder <strong>in</strong> Absolutzahlen betrachtet auf 344.000 Personen.<br />

Als "Work<strong>in</strong>g Poor" wer<strong>den</strong> hier jene Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren<br />

bezeichnet, die armutsgefährdet <strong>und</strong> nach ILO-Def<strong>in</strong>ition aktuell erwerbstätig<br />

s<strong>in</strong>d. Mit dieser Erfassung von "Work<strong>in</strong>g Poor" ist e<strong>in</strong> wesentlicher Unterschied<br />

<strong>zu</strong>r Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> EU-SILC vorhan<strong>den</strong>. Dort wird der Indikator <strong>zu</strong> "Work<strong>in</strong>g<br />

76


Poor", wie auch jener <strong>zu</strong>r Erwerbs<strong>in</strong>tensität des Haushalts, auf die<br />

Erwerbsaktivität im vergangenen Kalenderjahr bezogen (BMASK/ Statistik<br />

Austria 2013). Damit liegen erstens für die Berechnung von "Work<strong>in</strong>g Poor"<br />

unterschiedliche Be<strong>zu</strong>gszeiträume <strong>in</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Erhebung.<br />

Besondere Beachtung verdienen neben <strong>den</strong> Unterschie<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Def<strong>in</strong>itionen<br />

auch die Entstehungs<strong>zu</strong>sammenhänge von "Work<strong>in</strong>g Poor", da die Gründe für<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung trotz Erwerbstätigkeit vielseitig se<strong>in</strong> können. Neben e<strong>in</strong>er<br />

ger<strong>in</strong>gen Wochenarbeitszeit, ger<strong>in</strong>ger Entlohnung oder unregelmäßiger<br />

Beschäftigung kann auch die Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng von wesentlicher<br />

Bedeutung für die Betroffenheit von "Work<strong>in</strong>g Poor" se<strong>in</strong> (vgl. BMASK/ Statistik<br />

Austria 2013). E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen aus e<strong>in</strong>er Vollzeitbeschäftigung kann etwa <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>personenhaushalt ausreichen, um nicht als armutsgefährdet <strong>zu</strong> gelten.<br />

Müssen von demselben E<strong>in</strong>kommen aber mehrere Personen leben, kann dieser<br />

Umstand da<strong>zu</strong> führen, dass <strong>Armut</strong>sgefährdung trotz Erwerbstätigkeit vorliegt.<br />

Vorkommen von "Work<strong>in</strong>g Poor" <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

Österreich <strong>in</strong>sgesamt hat bei Heranziehung des ILO-Konzepts für<br />

Erwerbstätigkeit e<strong>in</strong>e Quote von 9% "Work<strong>in</strong>g Poor" <strong>zu</strong> verzeichnen. Statistisch<br />

bedeutsame Abweichungen s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>er niedrigeren Quote von jeweils 6% für<br />

das Burgenland <strong>und</strong> Niederösterreich <strong>zu</strong> verzeichnen sowie für Wien mit e<strong>in</strong>er<br />

im Verhältnis <strong>zu</strong>m Österreichdurchschnitt höher liegen<strong>den</strong> Quote von 15%.<br />

Um e<strong>in</strong>e adäquate Beurteilung von "Work<strong>in</strong>g Poor" erreichen <strong>zu</strong> können, wird<br />

<strong>in</strong> der e<strong>in</strong>schlägigen Literatur geraten, gleichzeitig auch die Arbeitslosenquote<br />

<strong>zu</strong> betrachten (vgl. BMASK/ Statistik Austria 2013). Damit kann festgestellt<br />

wer<strong>den</strong>, ob sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em B<strong>und</strong>esland "Work<strong>in</strong>g Poor" <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit<br />

ausgleichen oder ob sich nachteilige Arbeitsmarktlagen <strong>in</strong> Form von<br />

überdurchschnittlicher Betroffenheit von "Work<strong>in</strong>g Poor" <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit<br />

eher bündeln. Beide Indikatoren − "Work<strong>in</strong>g Poor" <strong>und</strong> Arbeitslosenquote −<br />

verweisen auf mangelnde bzw. un<strong>zu</strong>reichende Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration,<br />

77


wenngleich die Arbeitslosenquote direktere Aussagen über die<br />

Arbeitsmarktlage erlaubt, da sie nicht von der Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng<br />

bee<strong>in</strong>flusst wird. Aussagekräftige Ergebnisse <strong>zu</strong> "Work<strong>in</strong>g Poor" können aber<br />

nur erzielt wer<strong>den</strong>, wenn die Quoten <strong>in</strong> Beziehung <strong>zu</strong>e<strong>in</strong>ander betrachtet<br />

wer<strong>den</strong>. Existiert etwa parallel <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>er hohen "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote e<strong>in</strong>e<br />

niedrige Arbeitslosenquote, so relativiert sich die Bedeutung von "Work<strong>in</strong>g<br />

Poor" als problematische Arbeitsmarktlage, da sich die bei<strong>den</strong> Quoten <strong>in</strong><br />

Summe ausgleichen. Umgekehrt macht e<strong>in</strong>e hohe Arbeitslosenquote bei<br />

ger<strong>in</strong>ger "Work<strong>in</strong>g Poor" Quote aufmerksam auf die un<strong>zu</strong>reichen<strong>den</strong><br />

Arbeitsmarktchancen.<br />

Deutlich stärker ist das Verhältnis der "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote <strong>zu</strong>r<br />

Arbeitslosenquote <strong>in</strong> Tirol ausgeprägt. Die vom Österreichschnitt nicht<br />

abweichende "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote ist nahe<strong>zu</strong> viermal so hoch wie die<br />

Arbeitslosenquote. Gekennzeichnet wird das B<strong>und</strong>esland damit durch<br />

verhältnismäßig wenige arbeitslose Personen bei gleichzeitig<br />

durchschnittlichen "Work<strong>in</strong>g Poor". Dieselbe Ten<strong>den</strong>z weisen auch die<br />

78


Ergebnisse für Salzburg auf: Auch hier steht e<strong>in</strong>e relativ niedrige<br />

Arbeitslosenquote e<strong>in</strong>er etwa dreimal so hohen, im Österreichdurchschnitt<br />

liegen<strong>den</strong> "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote entgegen.<br />

Weniger stark gehen die "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote <strong>und</strong> die Arbeitslosenquote im<br />

Burgenland <strong>und</strong> <strong>in</strong> Niederösterreich ause<strong>in</strong>ander, <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

mit <strong>den</strong> niedrigsten "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quoten. Diese ist hier nur knapp<br />

e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbmal so hoch wie die Arbeitslosenquote. Das hat <strong>zu</strong>r Folge, dass die<br />

positive Bedeutung der unterdurchschnittlichen Quote von Personen, die trotz<br />

Erwerbstätigkeit armutsgefährdet s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> diesen bei<strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern durch<br />

e<strong>in</strong>e jeweils im Mittelfeld liegende Arbeitslosenquote abgeschwächt wird. Den −<br />

relativ betrachtet − wenigen "Work<strong>in</strong>g Poor" stehen verhältnismäßig viele<br />

Arbeitslose gegenüber.<br />

Wien, das B<strong>und</strong>esland, <strong>in</strong> dem beide Quoten deutlich höher liegen als im<br />

Österreichmittel, weicht im Verhältnis der bei<strong>den</strong> Quoten <strong>zu</strong>e<strong>in</strong>ander h<strong>in</strong>gegen<br />

nicht von Gesamtösterreich ab. Es s<strong>in</strong>d dort r<strong>und</strong> doppelt so viele Personen mit<br />

"Work<strong>in</strong>g Poor" wie mit Arbeitslosigkeit konfrontiert.<br />

Risikogruppen von "Work<strong>in</strong>g Poor"<br />

Das Risiko, trotz e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit armutsgefährdet <strong>zu</strong> se<strong>in</strong>, variiert auch<br />

nach verschie<strong>den</strong>en soziodemographischen Merkmalen (Übersicht 22). Jüngere<br />

Personen (18- bis 39- Jährige) tragen mit e<strong>in</strong>er "Work<strong>in</strong>g Poor"-Quote von 12%<br />

e<strong>in</strong> etwa doppelt so hohes Risiko wie ältere Erwerbstätige (50- bis 64-Jährige),<br />

die <strong>zu</strong> 6% von <strong>Armut</strong>sgefährdung trotz aufrechter Beschäftigung betroffen s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong>e deutliche Abweichung vom Österreichmittel ist wiederum <strong>in</strong> Wien <strong>zu</strong><br />

erkennen. Hier s<strong>in</strong>d 21% der jüngeren <strong>und</strong> 9% der älteren Gruppe der<br />

Erwerbstätigen armutsgefährdet.<br />

79


Nach Bildungsabschluss betrachtet zeigt sich e<strong>in</strong> deutlich höheres Risiko für<br />

Personen, die maximal e<strong>in</strong>en Pflichtschulabschluss erreicht haben. 15% dieser<br />

Bevölkerungsgruppe steht trotz Erwerbstätigkeit nur e<strong>in</strong> Haushaltse<strong>in</strong>kommen<br />

unter der <strong>Armut</strong>sgefährdungsschwelle <strong>zu</strong>r Verfügung. In Wien betrifft dies<br />

sogar e<strong>in</strong> Viertel der Personen, im Burgenland <strong>und</strong> Niederösterreich h<strong>in</strong>gegen<br />

lediglich 9%.<br />

Wesentlich für das Risiko mit "Work<strong>in</strong>g Poor" konfrontiert <strong>zu</strong> se<strong>in</strong> ist auch die<br />

Erwerbssituation. Dies spiegelt sich auf <strong>in</strong>dividueller wie auch auf<br />

Haushaltsebene wider. "Work<strong>in</strong>g Poor" betrifft 7% der Personen, die Vollzeit<br />

erwerbstätig s<strong>in</strong>d, von <strong>den</strong> teilzeitbeschäftigten Personen 15%. E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> für<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung trotz Erwerbsarbeit ist neben der<br />

Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng demnach das eigene Beschäftigungsausmaß.<br />

Auffällig s<strong>in</strong>d wiederum Wien mit erhöhten, sowie das Burgenland,<br />

Niederösterreich, Oberösterreich <strong>und</strong> Salzburg mit unterdurchschnittlichen<br />

"Work<strong>in</strong>g Poor"-Quoten bei teilzeitbeschäftigten Personen. Dieses Verhältnis<br />

von Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>und</strong> <strong>Armut</strong>sgefährdung zeigt sich auch deutlich auf<br />

80


Haushaltsebene: Mehr als die Hälfte der Personen, die <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er<br />

oder sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität leben, s<strong>in</strong>d von "Work<strong>in</strong>g Poor" betroffen.<br />

4.5 <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung<br />

4.5.1 Europa 2020-Strategie <strong>und</strong> Def<strong>in</strong>ition der Europa 2020-<br />

Sozialzielgruppe<br />

Im Jahr 2010 e<strong>in</strong>igten sich die europäischen Regierungen auf e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Strategie des <strong>in</strong>telligenten, nachhaltigen <strong>und</strong> <strong>in</strong>tegrativen Wachstums bis <strong>zu</strong>m<br />

Jahr 2020. In der entsprechen<strong>den</strong> Mitteilung der Europäischen Kommission<br />

(2010) wur<strong>den</strong> daraufh<strong>in</strong> erstmals fünf messbare Kernziele festgehalten, die im<br />

Jahr 2020 auf EU-Ebene erreicht wer<strong>den</strong> sollen. Neben Beschäftigung, Innovation,<br />

Klimaschutz <strong>und</strong> Bildung wird als fünftes Kernziel die Verm<strong>in</strong>derung von <strong>Armut</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ng festgelegt. Konkret wird angestrebt, die Gruppe der<br />

armuts- oder ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten Menschen um m<strong>in</strong>destens 20 Millionen<br />

<strong>zu</strong> reduzieren. Das Ausgangsjahr bildet hierbei das Jahr 2008, <strong>in</strong> dem es EU-weit<br />

116 Millionen <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdete gab. Zur Umset<strong>zu</strong>ng der<br />

Europa 2020-Strategie müssen die e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaaten der europäischen<br />

Kommission jährlich e<strong>in</strong> nationales Reformprogramm vorlegen. Dar<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>formieren sie "über die wesentlichen Wachstumshemmnisse, die der<br />

Erreichung der nationalen Ziele entgegenwirken, über die entsprechen<strong>den</strong><br />

Reformmaßnahmen, deren Umset<strong>zu</strong>ngsstand aber auch über bereits erzielte<br />

Fortschritte". Österreich formuliert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Reformprogramm h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

Kernziels <strong>zu</strong>r sozialen <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong>, bis <strong>zu</strong>m Jahr 2020 die Zahl der <strong>Armut</strong>soder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten um 235.000 Personen <strong>zu</strong> senken.<br />

Welche Personen <strong>zu</strong>m Kreis dieser Europa 2020-Sozialzielgruppe <strong>zu</strong> zählen<br />

s<strong>in</strong>d, obliegt jedoch nicht im Ermessen der Mitgliedsstaaten, sondern wird von<br />

der Europäischen Kommission für alle EU-Staaten verpflichtend def<strong>in</strong>iert. Von<br />

<strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen s<strong>in</strong>d alle Personen, auf die<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es der folgen<strong>den</strong> drei Merkmale <strong>zu</strong>trifft:<br />

81


• <strong>Armut</strong>sgefährdung: Personen, die <strong>in</strong> Haushalten leben, deren äquivalisierte<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen weniger als 60% des Medians aller<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> Österreich beträgt (vgl. Kapitel 4.2).<br />

• Erhebliche materielle Deprivation: Personen, die <strong>in</strong> Haushalten leben, welche<br />

sich vier oder mehr Gr<strong>und</strong>bedürfnisse des täglichen Lebens nicht leisten können<br />

(vgl. Kapitel 4.3).<br />

• Ke<strong>in</strong>e oder sehr niedrige Erwerbs<strong>in</strong>tensität: Personen die <strong>in</strong> Haushalten<br />

leben, deren Haushaltsmitglieder <strong>in</strong> Summe weniger als 20% ihres<br />

geme<strong>in</strong>samen Erwerbspotentials ausschöpfen. (vgl. Kapitel4.4).<br />

Die Größe dieser Europa 2020-Sozialzielgruppe wird auf Basis von EU-SILC<br />

ermittelt <strong>und</strong> betrug im Jahr 2011 r<strong>und</strong> 1,4 Mio. Personen, das entspricht 17%<br />

der Gesamtbevölkerung. Im Vergleich <strong>zu</strong>m Basisjahr 2008 konnte die<br />

Gruppengröße der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten somit um 125.000<br />

Personen reduziert wer<strong>den</strong>.<br />

4.5.2 <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>in</strong> Österreich <strong>und</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländer<br />

Nach der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Österreich <strong>in</strong>sgesamt r<strong>und</strong> 1,5<br />

Millionen Menschen von <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen. Das<br />

entspricht 18,1% der Gesamtbevölkerung. Im Vergleich <strong>zu</strong> EU-SILC 2011 ist die<br />

hier ermittelte Europa 2020-Sozialzielgruppe somit um 96.000 Personen größer.<br />

Das mag auf <strong>den</strong> ersten Blick überraschen, wurde doch <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>zelbetrachtung<br />

der drei Problembereiche von Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>in</strong> <strong>den</strong> vorangegangenen<br />

Kapitel im Vergleich <strong>zu</strong> EU-SILC zwar e<strong>in</strong>e größere Anzahl von<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdeten (+147.000), aber auch kle<strong>in</strong>ere Gruppe von erheblich<br />

materiell Deprivierten (-112.000) <strong>und</strong> Personen <strong>in</strong> Haushalten mit ke<strong>in</strong>er oder<br />

sehr niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität (-80.000) festgestellt. Wieso es <strong>den</strong>noch <strong>zu</strong><br />

82


e<strong>in</strong>er gegenüber EU-SILC erhöhten Anzahl an Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten kommt,<br />

liegt an jenem Teil der Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten, der die Gruppengröße<br />

unabhängig von <strong>Armut</strong>sgefährdung verändern kann: <strong>den</strong> ausschließlich von<br />

Deprivation <strong>und</strong>/oder niedriger Erwerbs<strong>in</strong>tensität Betroffenen. Diese Gruppe ist<br />

im Vergleich <strong>zu</strong> EU-SILC <strong>in</strong> Summe um nur 51.000 Personen ger<strong>in</strong>ger. Das<br />

bedeutet, dass es <strong>in</strong> der hier vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> <strong>in</strong>sgesamt <strong>zu</strong> weniger<br />

Überschneidungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Problembereichen von Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung<br />

kommt als <strong>in</strong> EU- SILC beobachtet. Dies ist e<strong>in</strong> weiterer H<strong>in</strong>weis darauf, dass sich<br />

der im Zusatzmodul der Mikrozensusbefragung erreichte Personenkreis <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

sozialen Zusammenset<strong>zu</strong>ng von jenem der EU-SILC Stichprobe unterscheidet<br />

(vgl. E<strong>in</strong>ordnung der Ergebnisse <strong>zu</strong>r Deprivation im Vergleich <strong>zu</strong> SILC <strong>und</strong><br />

Manifeste <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> Kapitel Deprivation).<br />

Zieht man die statistische Schwankungsbreite <strong>in</strong> Betracht, so liegt der<br />

tatsächliche Wert der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote <strong>in</strong> der hier<br />

vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> mit 95%-Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für Österreich im Bereich<br />

zwischen 16,8 <strong>und</strong> 19,3%, bzw. zwischen 1,398 <strong>und</strong> 1,609 Mio. betroffenen<br />

Personen. Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der statistischen Zufallsschwankungen<br />

müssen auch die Unterschiede <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern <strong>in</strong>terpretiert wer<strong>den</strong>:<br />

Signifikante Unterschiede ergeben sich mit 95%- Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit je<strong>den</strong>falls<br />

dann, wenn sich die Schwankungsbreiten der e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländer nicht<br />

überlappen. Demgemäß ist Niederösterreich mit e<strong>in</strong>er <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote von 13,9% das e<strong>in</strong>zige B<strong>und</strong>esland, das<br />

signifikant unter dem Österreichschnitt liegt. Demgegenüber steht Wien als<br />

e<strong>in</strong>ziges B<strong>und</strong>esland, <strong>in</strong> dem mit e<strong>in</strong>er Quote von 27,7% überdurchschnittlich<br />

viele <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdete leben (Übersicht 23).<br />

83


E<strong>in</strong>e Möglichkeit, die Intensität der <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>zu</strong><br />

bestimmen, kann anhand der Überschneidungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> drei Problembereichen<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung, erhebliche materielle Deprivation <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e/ sehr niedrige<br />

Erwerbs<strong>in</strong>tensität vollzogen wer<strong>den</strong>. Personen <strong>in</strong> multiplen Gefährdungslagen,<br />

die also gleichzeitig von zwei oder allen drei Problembereichen betroffen s<strong>in</strong>d,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrem Lebensstandard stärker e<strong>in</strong>geschränkt als Personen, die sich<br />

ausschließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen Gefährdungslage bef<strong>in</strong><strong>den</strong>. Im Vergleich <strong>zu</strong>m<br />

nicht-ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten Teil der Bevölkerung ist die Betroffenheit von<br />

prekären Lebensstandards unter <strong>den</strong> Mehrfach-Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten <strong>in</strong><br />

vielen Bereichen sogar bis <strong>zu</strong> sieben Mal höher (vgl. BMASK/ Statistik Austria<br />

2013, S.82f). Daher gilt: Je höher der Anteil der Personen <strong>in</strong> multipler<br />

Gefährdungslage unter <strong>den</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten desto höher die<br />

Intensität der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung. Die Gruppe der<br />

Mehrfach- Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten ist <strong>in</strong> der hier vorliegen<strong>den</strong> <strong>Studie</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

als <strong>in</strong> EU-SILC <strong>und</strong> beträgt für Gesamtösterreich 297.000 Personen (vgl. S. 89).<br />

Der Anteil der Mehrfach-Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten beträgt somit r<strong>und</strong> 20% an<br />

der gesamten Europa 2020-Sozialzielgruppe. In ke<strong>in</strong>em B<strong>und</strong>esland ist dieser<br />

84


Anteil nun signifikant höher oder niedriger. Im Vergleich <strong>zu</strong>m Österreichschnitt<br />

unterscheidet sich die Intensität der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern dem<strong>zu</strong>folge nicht. Dieser Bef<strong>und</strong> deckt sich auch mit <strong>den</strong><br />

Ergebnissen aus Kapitel 4.2 <strong>und</strong> 4.3, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdungslücke <strong>und</strong> der durchschnittlichen Anzahl an Betroffenheit <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Merkmalen f<strong>in</strong>anzieller Deprivation ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede der<br />

B<strong>und</strong>esländer <strong>zu</strong>m Österreichschnitt nachgewiesen wer<strong>den</strong> konnten.<br />

4.5.3 <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung nach Soziodemografie <strong>und</strong><br />

Haushaltstyp<br />

Im folgen<strong>den</strong> Abschnitt soll die <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung nach<br />

Alter, Geschlecht, Staatsbürgerschaft <strong>und</strong> Haushalttyp untersucht wer<strong>den</strong>. Dabei<br />

steht für Gesamtösterreich die Frage im Vordergr<strong>und</strong>, <strong>in</strong>wiefern sich<br />

Unterschiede im Risiko von <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung nach diesen<br />

Merkmalen ergeben. Sodann soll überprüft wer<strong>den</strong>, ob sich diese<br />

Zusammenhänge <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em signifikant anderen Ausmaß<br />

ergeben.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich des Alters kann für <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung der<br />

gleiche U-Förmige Zusammenhang beobachtet wer<strong>den</strong>, wie er bereits <strong>in</strong> Kapitel<br />

4.2.2 beobachtet wurde: K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche unter 20 Jahren s<strong>in</strong>d am<br />

stärksten armuts- oder ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdet, dieses Risiko verr<strong>in</strong>gert sich mit<br />

<strong>zu</strong>nehmendem Alter, erhöht sich jedoch wieder für die über 64-Jährigen. Dieser<br />

Zusammenhang zeigt sich <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern mit Ausnahme von Wien: In<br />

Wien ist das <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsrisiko auch im höheren<br />

Alter unterdurchschnittlich hoch. Wien fällt weiters auch h<strong>in</strong>sichtlich der im<br />

Vergleich <strong>zu</strong>m Österreichschnitt signifikant erhöhten <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote von K<strong>in</strong>dern, Jugendlichen <strong>und</strong> jungen<br />

Erwachsenen auf: 42% der unter 20-Jährigen <strong>in</strong> Wien leben <strong>in</strong> Haushalten, die<br />

von <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen s<strong>in</strong>d. Signifikant weniger<br />

ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdet s<strong>in</strong>d unter 20-Jährige <strong>in</strong> der Steiermark (12,2%).<br />

85


H<strong>in</strong>sichtlich der Personen über 64 Jahren zeigt Kärnten als e<strong>in</strong>ziges B<strong>und</strong>esland<br />

e<strong>in</strong>e signifikante Abweichung <strong>zu</strong>m Österreichschnitt <strong>und</strong> weist mit e<strong>in</strong>er Quote<br />

von 25,6% e<strong>in</strong> erhöhtes <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsrisiko für<br />

ältere Personen aus.<br />

Grafik 10 zeigt <strong>den</strong> Unterschied <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquoten von Frauen <strong>und</strong> Männern. Insgesamt ist die<br />

Quote <strong>in</strong> Österreich für Frauen höher als für Männer. Im Vergleich <strong>zu</strong>m<br />

Österreichschnitt konnten ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede im Ausmaß der<br />

<strong>in</strong>sgesamt Geschlechterungleichheit <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern festgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Der Geschlechterunterschied ist <strong>in</strong> E<strong>in</strong>- Personen Haushalten besonders groß,<br />

alle<strong>in</strong>lebende Frauen s<strong>in</strong>d um 5,8 Prozentpunkte stärker von <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen als alle<strong>in</strong>lebende Männer, <strong>in</strong><br />

Mehrpersonenhaushalten beträgt die Differenz <strong>in</strong> der Quote 2,5 Prozentpunkte.<br />

Die Geschlechterunterschiede s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> E<strong>in</strong>- Personen Haushalten im Burgenland<br />

signifikant höher als im Österreichschnitt, alle<strong>in</strong>lebende Frauen haben dort e<strong>in</strong><br />

um 30 Prozentpunkte höheres <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsrisiko<br />

als Männer. Für ganz Österreich gilt außerdem: Die Geschlechterungleichheit ist<br />

für Alle<strong>in</strong>lebende mit Pensionsbe<strong>zu</strong>g am größten. Während alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong><br />

Männer mit Haupte<strong>in</strong>kommensquelle Pension durchschnittlich von<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong>lebende<br />

pensionsbeziehende Frauen mit e<strong>in</strong>em Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsrisiko von<br />

28% deutlich stärker betroffen.<br />

86


H<strong>in</strong>sichtlich des Haushaltstyps zeigt sich, dass auch unabhängig vom Geschlecht,<br />

Personen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>- Personen Haushalten stärker ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdet s<strong>in</strong>d als<br />

Personen <strong>in</strong> Mehrpersonenhaushalte. Dieser Zusammenhang zeigt sich <strong>in</strong> allen<br />

B<strong>und</strong>esländern mit e<strong>in</strong>er Ausnahme, nämlich Wien: In Wien unterscheidet sich<br />

die Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote der bei<strong>den</strong> Haushaltstypen nicht. Das Risiko<br />

der <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung ist für die Haushaltsmitglieder von<br />

Mehrpersonenhaushalten <strong>in</strong> Wien mit e<strong>in</strong>er Quote von 28% jedoch signifikant<br />

höher als der Österreichschnitt für Mehrpersonenhaushalte (16%). Dies zeigt<br />

sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Haushalten mit K<strong>in</strong>dern: Mehrpersonenhaushalte mit<br />

e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d (30,8%) <strong>und</strong> Mehrpersonenhaushalte mit drei oder mehr K<strong>in</strong>dern<br />

(56,2%) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Wien signifikant stärker von <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen als diese Haushaltstypen <strong>in</strong> Österreich<br />

<strong>in</strong>sgesamt (12,7 bzw. 28,4%). Demgegenüber steht Niederösterreich, wo<br />

87


Personen <strong>in</strong> Mehrpersonenhaushalten mit e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d unterdurchschnittlich oft<br />

(3,6%) von <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung betroffen s<strong>in</strong>d.<br />

Grafik 11 zeigt die Unterschiede <strong>in</strong> der <strong>Armut</strong>s- oder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote von Personen mit österreichischer <strong>und</strong> nichtösterreichischer<br />

Staatsbürgerschaft. Die Differenz der Quoten dieser bei<strong>den</strong><br />

Gruppen kann als Maß für soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> von Personen mit ausländischer<br />

Staatsbürgerschaft herangezogen wer<strong>den</strong>. Je kle<strong>in</strong>er die Differenz desto höher<br />

ihre soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong>. In der Betrachtung für Gesamtösterreich zeigt sich:<br />

Personen mit nicht-österreichsicher Staatsbürgerschaft haben <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> um<br />

20 Prozentpunkte höheres <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsrisiko als<br />

Personen mit österreichischer Staatsbürgschaft. E<strong>in</strong> ähnliches Bild zeigt sich<br />

auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern; e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> ist die Differenz der <strong>Armut</strong>soder<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote von Personen mit österreichischer <strong>und</strong><br />

nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft signifikant kle<strong>in</strong>er als <strong>in</strong><br />

Gesamtösterreich.<br />

88


4.6 Wohnen<br />

4.6.1 Wohnsituation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern<br />

Die Versorgung mit Wohnraum stellt e<strong>in</strong> gr<strong>und</strong>legendes, existentielles Bedürfnis<br />

von Menschen dar. Die Europäische Kommission def<strong>in</strong>iert Wohnen als<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnis <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>recht (vgl. Rat der Europäischen Union, 2004).<br />

Angemessener <strong>und</strong> leistbarer Wohnraum gilt als Gr<strong>und</strong>pfeiler für die<br />

Bekämpfung von <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ng. In der Versorgung mit<br />

Wohnraum manifestieren sich jedoch die unterschiedlichen<br />

Zugangsmöglichkeiten der Haushalte <strong>zu</strong> verschie<strong>den</strong>en Ressourcen, wodurch<br />

sozialen Ungleichheit deutlich wird.<br />

Die Situierung der Haushalte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Wohnsegmenten hängt zwar<br />

weitgehend von <strong>den</strong> f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen ab, über die der Haushalt verfügt.<br />

Neben der E<strong>in</strong>kommenssituation spielen aber auch verschie<strong>den</strong>e Arten <strong>und</strong><br />

Quellen von Förderungen e<strong>in</strong>e Rolle. Des Weiteren darf die Möglichkeit der<br />

Weitergabe bzw. -vererbung von Wohnraum von e<strong>in</strong>er Generation auf die<br />

nächste nicht außer Acht gelassen wer<strong>den</strong>.<br />

Da sich unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten <strong>und</strong> Ressourcen – nicht nur<br />

f<strong>in</strong>anzieller Natur – <strong>in</strong> der Wohnsituation von Haushalten widerspiegeln, sollen<br />

e<strong>in</strong>ander im vorliegen<strong>den</strong> Abschnitt die Wohnverhältnisse verschie<strong>den</strong>er<br />

Bevölkerungsgruppen gegenübergestellt wer<strong>den</strong>. Dies geschieht anhand von<br />

ausgewählten Merkmalen wie Rechtsverhältnis, Befristung von<br />

Wohnverhältnissen, Wohnungsüberbelag, Wohnkosten sowie e<strong>in</strong>schlägiger<br />

Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten. Dabei wird herausgearbeitet, wie sich die<br />

Wohnsituation <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern darstellt. Weiters wird darauf<br />

e<strong>in</strong>gegangen, wie verschie<strong>den</strong>e Bevölkerungsgruppen <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere auch<br />

armutsgefährdete Personen wohnen.<br />

89


In Österreich liefert die Wohnerhebung im Rahmen des Mikrozensus jährlich<br />

gr<strong>und</strong>legende Informationen <strong>zu</strong>r Wohnsituation der hauptwohnsitzgemeldeten<br />

Personen bzw. Haushalte (vgl. Statistik Austria 2012d). Die Stichprobe des<br />

Mikrozensus umfasst mehr als 20.000 auskunftspflichtige Haushalte bzw.<br />

45.000 Personen pro Quartal. Somit können sowohl über die Wohnsituation <strong>in</strong><br />

Österreich sowie auf B<strong>und</strong>esländerebene verlässliche Aussagen getroffen<br />

wer<strong>den</strong>. Doch ist es auf Gr<strong>und</strong>lage des Mikrozensus alle<strong>in</strong> nicht möglich,<br />

Analysen <strong>zu</strong> Wohnbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> <strong>Armut</strong>s- oder Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung<br />

durch<strong>zu</strong>führen. Dies wurde erstmals durch die E<strong>in</strong>beziehung von EU-SILC-<br />

Merkmalen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Teilstichprobe des Mikrozensus <strong>und</strong> die Durchführung der<br />

ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung machbar.<br />

Die Vorteile der vorliegen<strong>den</strong> Erhebung für die Beschreibung der<br />

Wohnsituation s<strong>in</strong>d dar<strong>in</strong> <strong>zu</strong> sehen, dass auf B<strong>und</strong>esländerebene über die<br />

Wohnverhältnisse von armuts- oder ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdeten Personen<br />

berichtet wer<strong>den</strong> kann <strong>und</strong> Aussagen <strong>zu</strong> wohnspezifischen<br />

Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten möglich s<strong>in</strong>d.<br />

Der Vergleichbarkeit der vorliegen<strong>den</strong> ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung mit EU-<br />

SILC <strong>und</strong> dem Mikrozensus s<strong>in</strong>d im Themenbereich Wohnen Grenzen gesetzt:<br />

• Die wohnspezifischen Auswertungen des Mikrozensus erfolgen<br />

üblicherweise auf Haushaltsebene, nicht auf Personenebene – dies sollte bei<br />

Vergleichen mit Publikationen auf Gr<strong>und</strong>lage des Mikrozensus berücksichtigt<br />

wer<strong>den</strong>. Da für <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> die Anzahl bzw. der Anteil der<br />

betroffenen Personen von höherer Relevanz ersche<strong>in</strong>t, wur<strong>den</strong> die hier<br />

dargestellten Analysen auf Personenebene durchgeführt.<br />

• Das wohnbezogene Fragenprogramm von EU-SILC <strong>und</strong> Mikrozensus basiert<br />

teilweise auf unterschiedlichen Messkonzepten. E<strong>in</strong>ige Merkmale, darunter<br />

auch die hier verwendete Anzahl an Wohnräumen, s<strong>in</strong>d daher nur mit<br />

E<strong>in</strong>schränkungen vergleichbar. Die auf der Anzahl der Wohnräume basierende<br />

90


Berechnung des Wohnungsüberbelags, wie sie auf Gr<strong>und</strong>lage von EU-SILC<br />

publiziert wird, kann mit Mikrozensus-Daten <strong>in</strong> dieser Form nicht berechnet<br />

wer<strong>den</strong>. Der Wohnungsüberbelag, der im Rahmen des Mikrozensus seit<br />

mehreren Jahren veröffentlicht wird, verwendet die Wohnnutzfläche <strong>in</strong><br />

Quadratmetern – so auch der im Rahmen der vorliegen<strong>den</strong> ASE-<br />

B<strong>und</strong>esländererhebung errechnete Indikator.<br />

Die Zielset<strong>zu</strong>ng des vorliegen<strong>den</strong> Abschnitts <strong>zu</strong>r Beschreibung der<br />

Wohnsituation ist es, <strong>zu</strong>nächst e<strong>in</strong>en kurzen Überblick <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Strukturdaten<br />

anhand der Eigentümer- bzw. Mietquote <strong>zu</strong> geben. Danach wird die<br />

unterschiedliche Betroffenheit e<strong>in</strong>zelner Bevölkerungsgruppen durch prekäre<br />

Wohnverhältnisse wie Wohnungsüberbelag sowie Befristung von<br />

Mietverhältnissen dargestellt. Zuletzt gilt es f<strong>in</strong>anzielle Aspekte auf<strong>zu</strong>zeigen,<br />

wobei auf die Höhe der Wohnkosten sowie auf wohnungsbezogene<br />

Verschuldung e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />

4.6.2 Hohe Eigentumsquote<br />

Das Eigentums- bzw. Rechtsverhältnis, welches e<strong>in</strong> Haushalt an e<strong>in</strong>er Wohnung<br />

hält, ist e<strong>in</strong>er der zentralsten Strukturdaten <strong>zu</strong>r Wohnsituation. Mit 57% wohnt<br />

die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung <strong>in</strong> Wohneigentum, wogegen 36%<br />

<strong>in</strong> Mietverhältnissen wie Geme<strong>in</strong>de-, Genossenschafts-, sonstigen<br />

Hauptmietwohnungen oder <strong>in</strong> Untermiete leben. Im europäischen Vergleich hat<br />

Österreich e<strong>in</strong>e eher ger<strong>in</strong>ge Eigentumsquote. Nur <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> Dänemark<br />

ist diese mit 46% niedriger <strong>und</strong> <strong>in</strong> Schwe<strong>den</strong> mit 38% deutlich niedriger als <strong>in</strong><br />

Österreich.<br />

Aus Grafik 12 ist ersichtlich, dass es bezüglich Eigentums- <strong>und</strong> Mietquote<br />

teilweise erhebliche Strukturunterschiede <strong>in</strong> <strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern gibt. So lebt <strong>in</strong><br />

Wien jede bzw. jeder Fünfte <strong>in</strong> Eigentum, während 76% der Hauptwohnsitze <strong>in</strong><br />

Miete bewohnt wer<strong>den</strong>. Im Burgenland gibt es mit 80% überdurchschnittlich<br />

91


viele Personen <strong>in</strong> Wohneigentum <strong>und</strong> mit 14% dagegen e<strong>in</strong>en sehr ger<strong>in</strong>gen<br />

Anteil an Mieter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mietern.<br />

Unterschiede <strong>in</strong> der Eigentumsquote ergeben sich jedoch nicht nur nach<br />

regionaler Gliederung, sondern auch nach sozioökonomischen Merkmalen<br />

sowie Lebensphase (<strong>und</strong> deren Indikatoren wie Alter oder<br />

Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng). So ist die Eigentumsquote von Personen, die über<br />

hohes Haushaltse<strong>in</strong>kommen verfügen, deutlich höher als die Eigentumsquote<br />

jener Personen, die über e<strong>in</strong> niedriges Haushaltse<strong>in</strong>kommen verfügen. Weiters<br />

liegt der Anteil der <strong>in</strong> Eigentum leben<strong>den</strong> Personen aus Haushalten mit ke<strong>in</strong>er<br />

oder sehr ger<strong>in</strong>ger Erwerbs<strong>in</strong>tensität bei 31%. Dagegen leben 60% der<br />

Personen aus Haushalten mit hoher Erwerbs<strong>in</strong>tensität <strong>in</strong> Eigentum. Ebenfalls<br />

sehr hohe Eigentumsquoten haben Personen, die <strong>in</strong> Haushalten ohne<br />

Haushaltsmitglieder im Erwerbsalter leben – im österreichischen Durchschnitt<br />

leben 57% dieser Gruppe <strong>in</strong> Eigentum.<br />

92


Weitere H<strong>in</strong>weise auf <strong>den</strong> Zusammenhang zwischen Rechtsverhältnis der<br />

Wohnung <strong>und</strong> Lebensphase liefern die Merkmale Alter <strong>und</strong> Haushaltstyp. Die<br />

Eigentumsquote ist unter 20- bis 39-Jährigen am ger<strong>in</strong>gsten <strong>und</strong> liegt<br />

österreichweit <strong>in</strong> dieser Altersgruppe bei 47%. In der nächsthöheren<br />

Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen wohnen 64% <strong>in</strong> Eigentum. Hohe<br />

Eigentumsquoten gibt es ebenfalls unter Personen, die <strong>in</strong> Haushalten mit<br />

K<strong>in</strong>dern leben: sie liegt bei 62% im Österreichdurchschnitt. E<strong>in</strong>zige Ausnahme<br />

unter <strong>den</strong> Haushalten mit K<strong>in</strong>dern bil<strong>den</strong> E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte, unter <strong>den</strong>en<br />

nur 31% <strong>in</strong> Eigentum leben.<br />

Unterschiede nach demographischen Merkmalen, Lebensphase <strong>und</strong><br />

sozioökonomischem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> zeigen sich <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern. Dabei ist<br />

<strong>zu</strong> beachten, dass diese von strukturell unterschiedlichen Eigentums- bzw.<br />

Mietquoten ausgehen. Die Detailergebnisse da<strong>zu</strong> s<strong>in</strong>d ebenfalls im Tabellenteil<br />

des Berichts verfügbar.<br />

Personen <strong>in</strong> armutsgefährdeten Haushalten leben weniger häufig <strong>in</strong><br />

Eigentumsverhältnissen <strong>und</strong> somit häufiger <strong>in</strong> Mietwohnungen, wie <strong>in</strong> Grafik 13<br />

verdeutlicht wird. Während <strong>in</strong>sgesamt 36% der österreichischen<br />

Hauptwohnsitzbevölkerung <strong>in</strong> Mietwohnungen lebt, liegt dieser Anteil unter<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdeten bei 59%. In Wien leben 88% dieser Bevölkerungsgruppe <strong>in</strong><br />

Miete, im Burgenland 29% – die unterschiedlichen Mietquoten s<strong>in</strong>d dabei <strong>zu</strong><br />

beachten.<br />

Zum Zusammenhang zwischen Rechtsverhältnis der Wohnung <strong>und</strong><br />

Lebensstandard vgl. Kapitel "Äquivalenze<strong>in</strong>kommen nach<br />

soziodemographischen Merkmalen".<br />

93


4.6.3 Prekäre Wohnsituation – Überbelag <strong>und</strong> Befristung<br />

Wohnungsüberbelag sowie die Befristung von Wohnverhältnissen wer<strong>den</strong> als<br />

Indikatoren für prekäre Wohnverhältnisse herangezogen. Überbelag wird auch<br />

als EU-Indikator für soziale <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>und</strong> als e<strong>in</strong>er der nationalen<br />

<strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong>s<strong>in</strong>dikatoren <strong>zu</strong>m Wohnen (BMASK) verwendet. Dieser bildet<br />

<strong>in</strong>direkt das Vorhan<strong>den</strong>se<strong>in</strong> ausreichen<strong>den</strong> Wohnraums sowie die Leistbarkeit<br />

des Wohnens ab. Durch das E<strong>in</strong>beziehen der Haushaltsgröße ist er e<strong>in</strong> besseres<br />

Kriterium für Wohnraumversorgung als die Wohnfläche alle<strong>in</strong>.<br />

Für <strong>den</strong> hier verwendeten Indikator "Überbelag" wird e<strong>in</strong>e von EU-SILC<br />

abweichende Def<strong>in</strong>ition <strong>und</strong> Berechnungsweise verwendet. Während auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage von EU-SILC die Anzahl der Haushaltsmitglieder mit der Anzahl der<br />

Wohnräume mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Beziehung gesetzt wird, verwendet der hier<br />

berechnete Indikator die Merkmale Anzahl der Haushaltsmitglieder <strong>und</strong><br />

94


Wohnnutzfläche. Dies ist durch e<strong>in</strong>e abweichende Erhebung der Anzahl der<br />

Wohn- <strong>und</strong> Schlafräume im Mikrozensus bed<strong>in</strong>gt. Denn im Mikrozensus wird<br />

die Küche als eigener Wohnraum gezählt, sofern diese größer als vier<br />

Quadratmeter ist.<br />

Übersicht 24 weist <strong>den</strong> Anteil der Personen <strong>in</strong> überbelegten Wohnungen nach<br />

B<strong>und</strong>esländern sowie nach ausgewählten Merkmalen aus. Insgesamt leben 7%<br />

der Österreicher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Österreicher <strong>in</strong> überbelegten Wohnungen, das<br />

entspricht etwa 589.000 Personen. Da Raum <strong>in</strong> Großstädten knapp <strong>und</strong> somit<br />

auch teurer ist, tritt hier Überbelag deutlich gehäuft auf; <strong>in</strong> Wien liegt die<br />

Überbelagsquote bei 17%.<br />

In Wohneigentum tritt Überbelag deutlich seltener auf. Am häufigsten leben<br />

Bewohner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bewohner von Geme<strong>in</strong>dewohnung <strong>in</strong> überbelegten<br />

Wohnungen – im österreichischen Gesamtdurchschnitt trifft das auf etwa e<strong>in</strong><br />

Viertel der Geme<strong>in</strong>dewohnungsmieter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -mieter <strong>zu</strong>.<br />

In Haushalten mit K<strong>in</strong>dern tritt Überbelag häufiger auf, <strong>in</strong>sbesondere dann,<br />

wenn mehr als zwei K<strong>in</strong>der im Haushalt leben. Etwa e<strong>in</strong> Drittel der Personen<br />

aus Haushalten mit m<strong>in</strong>destens drei K<strong>in</strong>dern wohnt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er überbelegten<br />

Wohnung. In der Großstadt Wien s<strong>in</strong>d die Überbelagsquoten für Haushalte mit<br />

K<strong>in</strong>dern überdurchschnittlich hoch.<br />

In Verb<strong>in</strong>dung mit ger<strong>in</strong>gerem E<strong>in</strong>kommen s<strong>in</strong>d die Überbelagsquoten ebenfalls<br />

erhöht – dies geht aus Übersicht 24 unter Betrachtung der<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommensgruppen bzw. der <strong>Armut</strong>sgefährdung hervor. 17% der<br />

armutsgefährdeten Personen leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er überbelegten Wohnung; <strong>in</strong> Wien<br />

liegt dieser Anteil bei 33%.<br />

95


Den zweiten Indikator <strong>zu</strong>r prekären Wohnsituation neben Überbelag stellt die<br />

Befristung von Wohnverhältnissen dar. Im vorliegen<strong>den</strong> Bericht wird auf die<br />

Befristung von Mietwohnungen, also Geme<strong>in</strong>de-, Genossenschafts-, sonstigen<br />

Hauptmietwohnungen sowie Untermietwohnungen Be<strong>zu</strong>g genommen. Insgesamt<br />

wohnen 18% der <strong>in</strong> Mietwohnungen leben<strong>den</strong> Personen <strong>in</strong> befristet vermieteten<br />

Wohnungen (vgl. Übersicht 25), somit s<strong>in</strong>d etwa 510.000 Personen betroffen.<br />

Befristungen kommen überwiegend im privaten Mietsegment vor, <strong>in</strong><br />

Genossenschafts- <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>dewohnungen s<strong>in</strong>d diese nicht vorgesehen.<br />

<strong>Vorarlberg</strong> bildet diesbezüglich e<strong>in</strong>e Ausnahme, <strong>den</strong>n dort wer<strong>den</strong> sowohl<br />

Geme<strong>in</strong>dewohnungen wie auch Wohnungen geme<strong>in</strong>nütziger Bauträger seit 2001<br />

nur noch befristet vergeben. Dies spiegelt sich <strong>in</strong> dem Anteil der befristeten<br />

Wohnungen <strong>in</strong> diesen Wohnsegmenten wider. Bei der Interpretation der Anteile<br />

ist <strong>zu</strong> be<strong>den</strong>ken, dass aufgr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen Fallzahlen die Schwankungsbreiten<br />

erhöht s<strong>in</strong>d.<br />

96


Anmerkung des Amtes der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung Zl. IIId-028 vom<br />

10.05.2013:<br />

Durch die befristete Vergabe <strong>in</strong>tegrativer Mietwohnungen wer<strong>den</strong> die<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ngen für die Vergabe solcher Wohnungen immer wieder geprüft um<br />

sicher<strong>zu</strong>stellen, dass auch die eigentliche Zielgruppe <strong>in</strong> diesen Wohnungen<br />

wohnt. Im Zuge der vor e<strong>in</strong>igen Jahren geführten Diskussion um die<br />

Fehlbelegung von geme<strong>in</strong>nützigen Mietwohnungen, <strong>in</strong> deren Zug auch die<br />

Wohnbauförderung <strong>in</strong> Frage gestellt wurde, hat <strong>Vorarlberg</strong> reagiert <strong>und</strong> vergibt<br />

seither die geme<strong>in</strong>nützigen Mietwohnungen befristet. Mit Ausnahme der<br />

Vermietung von Eltern an ihre K<strong>in</strong>der gibt es auch auf dem privaten<br />

Wohnungsmarkt eigentlich nur befristete Mietverträge.<br />

Bei <strong>den</strong> befristeten Mietverträgen der geme<strong>in</strong>nützigen Bauträger <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

handelt es sich <strong>in</strong> der Regel um 10-Jahres-Verträge (<strong>in</strong> Ausnahmefällen gibt es<br />

e<strong>in</strong>e 3-Jahres-Frist). Auf Gr<strong>und</strong> von Rückmeldungen der geme<strong>in</strong>nützigen<br />

Bauträger wer<strong>den</strong> Verträge <strong>in</strong> ganz seltenen Fällen gekündigt. E<strong>in</strong> hoher<br />

Prozentsatz der Mieter erfüllt auch nach Ablauf der Befristung des Mietvertrages<br />

die Vergabevorausset<strong>zu</strong>ngen <strong>und</strong> der Mietvertrag wird verlängert.<br />

Durch die Überprüfung der Mietverträge wird die Wohnungsvergabe<br />

entsprechend der Zielgruppe sichergestellt. Genau mit dieser Maßnahme soll der<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdung entgegen gewirkt wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Armut</strong>sgefährdete Personen wohnen häufiger <strong>in</strong> Wohnungen mit befristeten<br />

Mietverträgen als Personen, die <strong>in</strong> nicht-armutsgefährdeten Haushalten leben:<br />

E<strong>in</strong> Viertel der <strong>Armut</strong>sgefährdeten <strong>und</strong> 15% der nicht-armutsgefährdeten<br />

Personen haben e<strong>in</strong> befristetes Mietverhältnis.<br />

97


4.6.4 F<strong>in</strong>anzielle Aspekte von Wohnraum<br />

Die Wohnsituation e<strong>in</strong>es Haushalts spiegelt die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Handlungsspielräume, nicht-f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen sowie rechtliche<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie etwa <strong>den</strong> Zugang <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>zelnen Wohnsegmenten<br />

wider. Die monatlichen Wohnkosten stellen für Haushalte e<strong>in</strong>en nicht<br />

unerheblichen, fixen Anteil an <strong>den</strong> Haushaltsausgaben dar.<br />

Wohnungsmiete ohne Betriebskosten<br />

Im vorliegen<strong>den</strong> Kapitel wird auf <strong>den</strong> monatlichen Wohnungsaufwand für<br />

Mietwohnungen e<strong>in</strong>gegangen. Dieser versteht sich als an die Hausverwaltung<br />

bezahltes Wohnungsentgelt. Der Median der Wohnungsmiete für alle<br />

österreichischen Mietwohnungen liegt bei 388 Euro, d.h. die Hälfte aller<br />

Personen lebt <strong>in</strong> Haushalten, die monatlich weniger für die Wohnung bezahlten,<br />

die andere Hälfte zahlt mehr als diesen Betrag (vgl. Übersicht 26). Die Höhe des<br />

monatlichen Wohnungsaufwandes hängt mit dem Wohnsegment <strong>zu</strong>sammen: so<br />

98


wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>dewohnungen eher niedrige, <strong>in</strong> privaten Mietwohnungen<br />

etwas höhere Gesamtbeträge fürs Wohnen bezahlt. Die Wohnkosten <strong>in</strong> privaten<br />

Mietwohnungen s<strong>in</strong>d auch unter Berücksichtigung der Wohnungsgröße teurer.<br />

Haushalte mit K<strong>in</strong>dern haben aufgr<strong>und</strong> der höheren durchschnittlichen<br />

Wohnungsgröße erwartungsgemäß auch höhere Wohnkosten <strong>zu</strong> tragen (vgl.<br />

Übersicht 26). So zahlt die Hälfte der Mehrpersonenhaushalte mit mehr als<br />

e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 501 Euro Wohnungsaufwand (ohne Betriebskosten)<br />

pro Monat. Der Median für Mehrpersonenhaushalte ohne K<strong>in</strong>der beträgt 415<br />

Euro monatlich. Die Hälfte der Alle<strong>in</strong>leben<strong>den</strong> wendet weniger als 334 Euro für<br />

ihre Mietwohnung auf. Diese Ten<strong>den</strong>z besteht <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern,<br />

wenngleich auf unterschiedlichem Mietniveau.<br />

Der Median der Wohnkosten für <strong>Armut</strong>sgefährdete unterscheidet sich nicht<br />

wesentlich von jenem der Haushalte mit mittlerem E<strong>in</strong>kommen. Sehr wohl<br />

bestehen Unterschiede <strong>zu</strong>r höchsten Haushaltse<strong>in</strong>kommensgruppe (>180% vom<br />

Median). Dies ist weitgehend auch <strong>in</strong>nerhalb der e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländer <strong>zu</strong><br />

beobachten.<br />

Wohnungsaufwand ohne Betriebskosten (Median), pro Haushalt<br />

Wohnungsaufwand ohne Betriebskosten pro Haushalt<br />

AT B K N O S St T V W<br />

Median <strong>in</strong> Euro<br />

Insgesamt 388* 355* 350* 380* 380* 425* 351* 415* 485* 398*<br />

Rechtsverhältnis der Wohnung<br />

Geme<strong>in</strong>dewohnung 320* 301 258* 245 306 366 300* 356* 388 328*<br />

Genossenschaftswohnung 385* 360* 350* 390* 365* 382* 330* 377* 408* 443*<br />

Sonstige Haupt-/Untermiete 425* 353* 386* 405* 411* 480* 406* 450* 530* 425*<br />

Haushaltstypen<br />

Alle<strong>in</strong>lebend 334* 331* 302* 346* 320* 370* 304* 360* 400* 335*<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>d(er) 415* 370* 377* 375* 429* 447* 392* 442* 497* 426*<br />

Haushalt mit K<strong>in</strong>d(ern) 480* 389* 420* 450* 469* 540* 449* 520* 571* 498*<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 437* 394* 379* 421* 440* 521* 390* 476 530* 456*<br />

Mehrpersonenhaushalt + 1 K<strong>in</strong>d 478* 384* 412* 431* 480* 500* 450* 520* 587* 494*<br />

Mehrpersonenhaushalt + 2 K<strong>in</strong>der 501* 390* 450* 488* 499* 556* 470* 514 611* 515*<br />

Mehrpersonenhaushalt + m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 502* 357 444 505 461 640 478 536 575 501*<br />

Haushaltse<strong>in</strong>kommensgruppen<br />

Niedrig (180% vom Median) 539* 390 444 481 506 600 419 550 700* 562*<br />

Quelle: STATISTIK AUSTRIA, ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung 2011/12.<br />

99


Dieser Indikator wird nur für Mietwohnungen (Hauptmiete, <strong>in</strong>kl. Geme<strong>in</strong>de-<br />

<strong>und</strong> Genossenschaftswohnungen, Untermiete) ausgewiesen.<br />

Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum<br />

Im Rahmen der ASE-B<strong>und</strong>esländererhebung wur<strong>den</strong> Basis<strong>in</strong>formationen <strong>zu</strong><br />

laufen<strong>den</strong> Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum erhoben, die <strong>in</strong> der<br />

Mikrozensus-Wohnerhebung nicht enthalten s<strong>in</strong>d. Sowohl Eigentümer<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Eigentümer von Häusern bzw. Wohnungen, wie auch Mieter<strong>in</strong>nen bzw.<br />

Mieter von Genossenschaftswohnungen, die Kredite oder Darlehen für die<br />

Bezahlung des F<strong>in</strong>anzierungsbeitrags aufgenommen haben, wur<strong>den</strong> <strong>zu</strong><br />

entsprechen<strong>den</strong> Rückzahlungsverpflichtungen befragt.<br />

Wie <strong>in</strong> Übersicht 27 ersichtlich ist, hat <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> Drittel dieser<br />

Personengruppen entsprechende, wohnspezifische Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten.<br />

Konkret müssen 47% der im Hauseigentum leben<strong>den</strong> Personen für <strong>den</strong> Kauf<br />

bzw. die Errichtung ihres Eigenheims Kredite <strong>zu</strong>rückzahlen. Mehr als die Hälfte<br />

(53%) der Wohnungseigentümer<strong>in</strong>nen bzw. -eigentümer <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Fünftel der <strong>in</strong><br />

Genossenschaftswohnungen leben<strong>den</strong> Personen s<strong>in</strong>d mit wohnspezifischen<br />

Krediten belastet, die dem Kauf der Wohnung dienten bzw. <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

F<strong>in</strong>anzierungsbeitrag flossen.<br />

Übersicht 27 zeigt weiters, dass sich die Werte <strong>in</strong> manchen B<strong>und</strong>esländern<br />

wesentlich vom gesamtösterreichischen Durchschnitt unterschei<strong>den</strong>. So ist <strong>in</strong><br />

Wien der Anteil von Personen mit wohnspezifischen Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten<br />

eher ger<strong>in</strong>g, der Anteil der Genossenschaftsmieter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -mieter mit<br />

Rückzahlungsverpflichtungen liegt mit 30% jedoch über dem österreichischen<br />

Durchschnitt. In <strong>Vorarlberg</strong> zahlen knapp drei Viertel der<br />

Wohnungseigentümer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -eigentümer Kredite für <strong>den</strong> Kauf ihres<br />

Wohnraumes ab. Im Burgenland gibt es überdurchschnittlich viele Mieter<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Mieter von Genossenschaftswohnungen, die Darlehen für <strong>den</strong><br />

F<strong>in</strong>anzierungsbeitrag ihrer Wohnung aufgenommen haben.<br />

100


Der Zusammenhang zwischen Wohnsituation <strong>und</strong> sozioökonomischem<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> sowie Lebensphase zeigt sich auch <strong>in</strong> Be<strong>zu</strong>g auf das Auftreten von<br />

Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten: Während im Durchschnitt mehr als e<strong>in</strong> Drittel der<br />

Personen im Haupterwerbsalter Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum<br />

nachkommt, s<strong>in</strong>kt dieser Anteil im Alter deutlich. Jede bzw. jeder Zehnte über<br />

65 Jahre zahlt Darlehen für <strong>den</strong> Kauf bzw. die Errichtung ihres bzw. se<strong>in</strong>es<br />

Wohneigentums oder <strong>den</strong> F<strong>in</strong>anzierungsbeitrag des Genossenschaftsanteils<br />

<strong>zu</strong>rück (vgl. Übersicht 27).<br />

Auch 15% der armutsgefährdeten Personen, die <strong>in</strong> Wohneigentum oder e<strong>in</strong>er<br />

Genossenschaftswohnung leben, zahlen Kredite für ihren Wohnraum <strong>zu</strong>rück.<br />

Übersicht 27 bietet diesbezüglich zwar auch Anhaltspunkte über die Anteile <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> B<strong>und</strong>esländern, doch s<strong>in</strong>d diese aufgr<strong>und</strong> der höheren<br />

Schwankungsbreiten mit Vorsicht <strong>zu</strong> <strong>in</strong>terpretieren. Weitere<br />

Detail<strong>in</strong>formationen <strong>zu</strong> wohnspezifischen Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten s<strong>in</strong>d im<br />

Tabellenteil des Berichts <strong>zu</strong> f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

101


102


5. Ergebnisse für <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich im Vergleich<br />

Bei <strong>den</strong> vier Leit<strong>in</strong>dikatoren nach Haushaltstypen gibt es mit der Methode des 3-<br />

Jahres-Durchschnittes im Vergleich von Österreich <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

signifikanten Abweichungen. Beim Leit<strong>in</strong>dikator „Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung“ fällt<br />

<strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> e<strong>in</strong>e statistisch nachweisebare Verbesserung <strong>zu</strong>m B<strong>und</strong>esschnitt<br />

auf: Die Quote sank von 17,5% im Jahr 2005 auf 14,7% im Jahr 2011.<br />

Ebenso positiv ist die Entwicklung <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> bei der <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong><br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote von Menschen mit <strong>und</strong> ohne österreichische<br />

Staatsbürgerschaft: Sie ist <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> nicht nur im Vergleich <strong>zu</strong> Österreich,<br />

sondern auch im Vergleich <strong>zu</strong> <strong>den</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern signifikant ger<strong>in</strong>ger.<br />

Im Vergleich <strong>zu</strong>r österreichischen Entwicklung ist für <strong>Vorarlberg</strong> weiters positiv<br />

<strong>zu</strong> konstatieren, dass die Differenz der E<strong>in</strong>kommen zwischen österreichischen<br />

<strong>und</strong> nicht-österreichischen Staatsbürger/<strong>in</strong>nen ger<strong>in</strong>ger ausfällt: In Österreich<br />

lauten die Zahlen beim E<strong>in</strong>kommen von österreichischen <strong>zu</strong><br />

nichtösterreichischen Staatsbürger/<strong>in</strong>nen 43.949 <strong>zu</strong> 32.994 (m<strong>in</strong>us 10.955), <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong> 43.615 <strong>zu</strong> 37.508 (m<strong>in</strong>us 6.107).<br />

103


Besonders von <strong>Armut</strong> gefährdet s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Österreich wie <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> E<strong>in</strong>-Eltern-<br />

Haushalte <strong>und</strong> Haushalte mit drei <strong>und</strong> mehr K<strong>in</strong>dern. Bei E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalten<br />

schränken die Betreuungspflichten die E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten e<strong>in</strong> <strong>und</strong> solche<br />

E<strong>in</strong>kommensverluste können nicht durch E<strong>in</strong>kommen anderer<br />

Haushaltsmitglieder wettgemacht wer<strong>den</strong>. In <strong>Vorarlberg</strong> s<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>er<br />

Schwankungsbreite von bis <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em Drittel 63% der E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte<br />

armutsgefährdet (<strong>in</strong> Österreich 47%). Ähnlich ist es bei Haushalten mit drei <strong>und</strong><br />

mehr K<strong>in</strong>dern: Betreuungspflichten verr<strong>in</strong>gern die Chance auf <strong>zu</strong>sätzliches<br />

E<strong>in</strong>kommen durch <strong>den</strong> zweiten Erwachsenen, so ist etwa die <strong>Armut</strong>sgefährdung<br />

um 10% höher wenn das jüngste K<strong>in</strong>d im Haushalt unter 6 Jahre alt ist.<br />

<strong>Vorarlberg</strong> liegt hier mit 21% unter dem Österreichdurchschnitt von 25%. Auch<br />

<strong>in</strong> diesem Fall beträgt die Schwankungsbreite 10% bis e<strong>in</strong> Drittel des Wertes.<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der hohen Schwankungsbreite nicht erkennbar, <strong>den</strong>noch könnte e<strong>in</strong><br />

Niveauunterschied bestehen. Je<strong>den</strong>falls brauchen diese bei<strong>den</strong> Haushaltstypen<br />

erhöhte Aufmerksamkeit.<br />

Mittels der Berechnung des komb<strong>in</strong>ierten Schätzers ergeben sich für die Jahre<br />

2005 bis 2011 im Vergleich zwischen Österreich <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong> folgende<br />

weiteren Werte für die vier Leit<strong>in</strong>dikatoren <strong>zu</strong>r Beschreibung von <strong>Armut</strong>:<br />

Tabelle 5.1 Schätzwert Leit<strong>in</strong>dikator <strong>Armut</strong>sgefährdung im Vergleich<br />

Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Komb. Schätzer 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />

Österreich 13,0 12,7 12,0 12,1 11,7 11,8 12,3<br />

Fehler (RMSE) 0,45 0,43 0,38 0,45 0,41 0,42 0,42<br />

<strong>Vorarlberg</strong> 13,2 11,5 12,0 13,3 11,4 10,8 11,4<br />

Fehler (RMSE) 2,39 1,75 2,17 3,06 2,12 2,20 1,51<br />

104


<strong>Vorarlberg</strong> liegt nach <strong>den</strong> Berechnungen des komb<strong>in</strong>ierten Schätzers seit 2009<br />

regelmäßig unter dem österreichischen Gesamtwert, das war auch 2006 so. Im<br />

Krisenjahr 2008 h<strong>in</strong>gegen liegt der <strong>Vorarlberg</strong>er Wert wie 2005 über dem<br />

B<strong>und</strong>eswert, die Erholung <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> fiel also <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> deutlicher aus als<br />

<strong>in</strong> Österreich, <strong>den</strong>n im Gesamtstaat änderte sich <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote seit<br />

2008 um -0,4 bis +0,2 Punkte. Zu berücksichtigen ist bei diesen Zahlen allerd<strong>in</strong>gs<br />

der ebenfalls angeführte Fehler (RMSE). E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer<br />

Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich ist aufgr<strong>und</strong> der<br />

Schwankungsbreite <strong>den</strong>noch nicht feststellbar.<br />

Für <strong>Vorarlberg</strong>er e<strong>in</strong>e vollkommen andere <strong>und</strong> statistische Verbesserung zeigt<br />

der Leit<strong>in</strong>dikator Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung.<br />

Tabelle 5.2 Schätzwert Leit<strong>in</strong>dikator Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung im Vergleich<br />

Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Komb. Schätzer 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />

Österreich 18,1 17,9 16,6 18,1 16,5 16,1 16,5<br />

Fehler (RMSE) 0,48 0,45 0,41 0,51 0,45 0,44 0,44<br />

<strong>Vorarlberg</strong> 17,5 15,8 15,8 19,2 15,4 14,3 14,7<br />

Fehler (RMSE) 2,56 2,32 2,23 3,32 2,31 2,65 1,84<br />

E<strong>in</strong> erfreulicher nachweisbarer Unterschied zeigt sich für <strong>Vorarlberg</strong> im<br />

Zeitverlauf von 2005 bis 2011. Es gibt hier e<strong>in</strong>en signifikanten Rückgang der<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdungsquote um 2,8 Prozentpunkte.<br />

105


Tabelle 5.3 Schätzwerte Leit<strong>in</strong>dikator f<strong>in</strong>anzielle Deprivation im Vergleich<br />

Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Komb. Schätzer 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />

Österreich 15,6 14,4 15,1 19,7 17,0 16,1 14,7<br />

Fehler (RMSE) 0,52 0,45 0,46 0,56 0,53 0,51 0,48<br />

<strong>Vorarlberg</strong> 15,8 16,5 14,1 20,5 15,7 15,0 15,5<br />

Fehler (RMSE) 2,51 2,90 1,67 2,81 2,27 2,66 3,29<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

beim Leit<strong>in</strong>dikator f<strong>in</strong>anzielle Deprivation ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite<br />

nicht feststellbar.<br />

Tabelle 5.4 Schätzwerte Leit<strong>in</strong>dikator manifeste <strong>Armut</strong> im Vergleich<br />

Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Komb.<br />

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />

Schätzer<br />

Österreich 4,8 5,0 4,7 5,7 5,6 5,9 4,9<br />

Fehler (RMSE) 0,29 0,28 0,27 0,31 0,31 0,31 0,29<br />

<strong>Vorarlberg</strong> 4,9 4,7 4,2 5,7 5,2 5,5 4,1<br />

Fehler (RMSE) 1,79 1,50 1,30 1,81 1,58 1,94 0,83<br />

Für <strong>den</strong> Leit<strong>in</strong>dikator manifeste <strong>Armut</strong> hat <strong>Vorarlberg</strong> am Beg<strong>in</strong>n des<br />

Untersuchungszeitraumes anno 2005 e<strong>in</strong>en leicht höheren Wert als der<br />

B<strong>und</strong>esschnitt, bis <strong>zu</strong>m Jahr 2011 s<strong>in</strong>kt dieser aber deutlich auf 4,1 – während er<br />

<strong>in</strong> Österreich von 4,8 im Jahr 2005 auf 4,9 im Jahr 2011 steigt.<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite <strong>den</strong>noch nicht feststellbar.<br />

106


Der Endbericht der Statistik Austria lässt neben diesen generellen Aussagen auch<br />

Aussagen über spezifische Fragestellungen nach E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong><br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen für ausgewählte Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

österreichischen B<strong>und</strong>esländern <strong>zu</strong>. Nach Möglichkeit wur<strong>den</strong> diese <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

durch zwei weiterführende qualitative <strong>Studie</strong>n der Fachhochschule <strong>Vorarlberg</strong><br />

<strong>und</strong> des Vorholz-Instituts für praktische Philosophie ergänzt. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Kapiteln 6 <strong>und</strong> 7 dieses Berichtes <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

Im Folgen<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> die statistischen Daten des Endberichtes der Statistik<br />

Austria exemplarisch nach <strong>den</strong> soziodemographischen Merkmalen Alter,<br />

Geschlecht, Höchster Bildungsabschluss, Staatsbürgerschaft <strong>und</strong> Haushalte ohne<br />

Pension dargestellt. Der Endbericht enthält weitere soziodemographische<br />

Merkmale <strong>und</strong> <strong>den</strong> Erwerbsstatus, die <strong>zu</strong>sätzliche Interpretationen <strong>zu</strong>lassen. Sie<br />

wur<strong>den</strong> für diesen <strong>zu</strong>sammenfassen<strong>den</strong> Überblick nicht berücksichtigt, s<strong>in</strong>d<br />

jedoch im Tabellenteil im Anhang dieses Berichtes dokumentiert.<br />

5.1. E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> Eigentum <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

Im Endbericht der Statistik Austria <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern s<strong>in</strong>d neben dem Median des Haushaltse<strong>in</strong>kommens <strong>und</strong> des<br />

äquivalisierten Haushaltse<strong>in</strong>kommens auch Daten über Haus- <strong>und</strong><br />

Wohnungseigentum enthalten. Das Jahrese<strong>in</strong>kommen 2011 wurde dabei<br />

vorwiegend aus Verwaltungsdaten berechnet. Die Schwankungsbreite liegt bei<br />

allen Angaben bei 10 Prozent. Im Vergleich <strong>zu</strong> Österreich ergeben sich da<strong>zu</strong> beim<br />

Median des Haushaltse<strong>in</strong>kommens für <strong>Vorarlberg</strong> folgende Werte:<br />

107


Tabelle 5.5 Median des verfügbaren Haushaltse<strong>in</strong>kommens privater<br />

Haushalte nach Haushaltsmerkmalen im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 33.795* 34.357*<br />

Haushalte mit Pension<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Männer 22.266* 22.448*<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Frauen 19.472* 17.102*<br />

Mehrpersonenhaushalt 35.202* 34.539*<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Männer 22.427* 23.346*<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Frauen 19.116* 18.076*<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 48.339* 48.885*<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 22.699* 18.296*<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 48.526* 48.036*<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 46.629* 49.519*<br />

E<strong>in</strong> * neben der Zahl <strong>in</strong>diziert e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite von unter 10 Prozent.<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite nicht feststellbar.<br />

Tabelle 5.6 Haushalte mit Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum im<br />

Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Haushalte<br />

Insgesamt 33* 47*<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 31* 43<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 30 (33)<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 51* 68<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 46 63<br />

E<strong>in</strong> * neben der Zahl e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite von unter 10 Prozent, e<strong>in</strong>e<br />

Klammerung zeigt e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des<br />

Schätzwertes an. Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung bedeutet, dass die Schwankungsbreite<br />

zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes liegt.<br />

Bei <strong>den</strong> Haushalten mit Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum gibt es zwischen<br />

Österreich <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong> e<strong>in</strong>e signifikante Abweichung. In <strong>Vorarlberg</strong> liegen<br />

diese höher als <strong>in</strong> Österreich.<br />

108


Tabelle 5.7 Haushalte mit Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für Wohnraum im<br />

Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Insgesamt 33* 47*<br />

Pflichtschule 25* 32<br />

Lehre/mittlere Schule 32* 49*<br />

Matura 32* 57<br />

Universität 33* 46<br />

* = Schwankungsbreite unter 10 Prozent; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Bildungsabschlüsse liegen die Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten für<br />

Wohnraum <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> <strong>in</strong> allen Bildungsschichten höher als <strong>in</strong> Österreich.<br />

Tabelle 5.8 Personen <strong>in</strong> Wohneigentum im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 57* 65*<br />

Alter<br />

Bis 19 Jahre 60* 64*<br />

20 bis 39 Jahre 47* 54*<br />

40 bis 64 Jahre 64* 71*<br />

65 Jahre plus 57* 69*<br />

Männer 58* 66*<br />

20 bis 39 Jahre 49* 55*<br />

40 bis 64 Jahre 64* 72*<br />

65 Jahre plus 60* 73*<br />

Frauen 56* 64*<br />

20 bis 39 Jahre 46* 54*<br />

40 bis 64 Jahre 64* 71*<br />

65 Jahre plus 54* 66*<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 51* 54*<br />

Lehre/mittlere Schule 61* 70*<br />

Matura 56* 71*<br />

Universität 56* 72*<br />

109


Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 62* 71*<br />

Nicht-Österreich 24* 28<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 62* 69*<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 31* 31<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 67* 70*<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 58* 65<br />

* = Schwankungsbreite unter 10 Prozent; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

Beim Wohneigentum unterschei<strong>den</strong> sich die Werte von Menschen mit<br />

Lehrabschluss, Matura <strong>und</strong> Universität <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> nur ger<strong>in</strong>g. Jene mit<br />

Pflichtschulabschluss liegen <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> deutlich unter <strong>den</strong> drei genannten<br />

Gruppen. E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong><br />

Österreich ist bei Personen mit Matura <strong>und</strong> Uniabschluss feststellbar.<br />

Hohe Stichprobenfehler für E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte <strong>und</strong> Haushalte mit mehr<br />

K<strong>in</strong>dern lassen ke<strong>in</strong>e Rückschlüsse darauf <strong>zu</strong>, <strong>in</strong>wieweit diese bei<strong>den</strong><br />

Haushaltsgruppen aufgr<strong>und</strong> ihrer Kreditverb<strong>in</strong>dlichkeiten <strong>in</strong> Schwierigkeiten<br />

s<strong>in</strong>d, mit dem Haushaltse<strong>in</strong>kommen aus<strong>zu</strong>kommen. E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte haben<br />

<strong>in</strong> Österreich <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> e<strong>in</strong>e höhere Mietquote als andere<br />

Haushaltstypen, <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> liegt sie mit 29 jedoch unter dem Österreichschnitt<br />

von 36%.<br />

110


Tabelle 5.9 Personen <strong>in</strong> Mietwohnungen im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

(Mietquote)<br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 36* 29*<br />

Alter<br />

Insgesamt<br />

Bis 19 Jahre 36* 32*<br />

20 bis 39 Jahre 47* 40*<br />

40 bis 64 Jahre 32* 25*<br />

65 Jahre plus 27* 16<br />

Männer<br />

20 bis 39 Jahre 46* 40*<br />

40 bis 64 Jahre 32* 24*<br />

65 Jahre plus 25* 16<br />

Frauen<br />

20 bis 39 Jahre 48* 41*<br />

40 bis 64 Jahre 32* 25*<br />

65 Jahre plus 28* 16<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 38* 38*<br />

Lehre/mittlere Schule 32* 25*<br />

Matura 39* 24<br />

Universität 39* 22<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 31* 23*<br />

Nicht-Österreich 71* 66*<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 33* 27<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 63* 60<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 28* 25<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 39* 33<br />

* = Schwankungsbreite unter 10 Prozent; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

Sowohl für Österreich als auch für <strong>Vorarlberg</strong> ist bei der Mietquote e<strong>in</strong>e<br />

statistische Abweichung der E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte von der Gesamtzahl<br />

nachweisbar. Dies trifft auch auf Personen mit nicht-österreichischer<br />

Staatsbürgerschaft <strong>zu</strong>.<br />

111


Der Median für Wohnkosten ohne Betriebskosten liegt <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> mit 485,-<br />

Euro auf e<strong>in</strong>em wesentlich höheren Niveau als <strong>in</strong> Österreich mit 388,- Euro.<br />

Signifikant ist auch der Unterschied bei Haupt-/Untermieten: Er liegt <strong>in</strong><br />

Österreich bei 425,- Euro, <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> bei 530,- (jeweils mit e<strong>in</strong>er<br />

Schwankungsbreite von nicht größer als 10% des Schätzwertes).<br />

Ältere Personen zahlen ger<strong>in</strong>gere Wohnkosten als jüngere. In<br />

Geme<strong>in</strong>dewohnungen s<strong>in</strong>d die Gesamtbeträge für Wohnen günstiger als <strong>in</strong><br />

privaten Mietwohnungen.<br />

112


5.2. Ausgren<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

Tabelle 5.10 <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 14* 15*<br />

Alter<br />

Insgesamt<br />

Bis 19 Jahre 19* 19<br />

20 bis 39 Jahre 16* 13<br />

40 bis 64 Jahre 10* 11<br />

65 Jahre plus 15* 20<br />

Männer 12* 11<br />

20 bis 39 Jahre 15* 11<br />

40 bis 64 Jahre 9* 9<br />

65 Jahre plus 12* 16<br />

Frauen 15* 16*<br />

20 bis 39 Jahre 18* 15<br />

40 bis 64 Jahre 11* 13<br />

65 Jahre plus 18* 22<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 21* 19<br />

Lehre/mittlere Schule 10* 12<br />

Matura 15* 10<br />

Universität 10* 9<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 12* 14*<br />

Nicht-Österreich 34* 18<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 8* 6<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 47* 63<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 12 14<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 25 21<br />

* = Schwankungsbreite unter 10 Prozent; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

E<strong>in</strong>e erhöhte <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote haben <strong>in</strong> Österreich wie <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte, Mehrpersonenhaushalte mit m<strong>in</strong>destens drei K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong><br />

Frauen ab 65 Jahren. E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen<br />

113


<strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite <strong>den</strong>noch nicht<br />

feststellbar.<br />

Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft haben <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> e<strong>in</strong><br />

deutlich ger<strong>in</strong>geres <strong>Armut</strong>srisiko als <strong>in</strong> Österreich.<br />

Tabelle 5.11 <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote von Personen ab 65 Jahren im<br />

Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 15* 20<br />

Alter<br />

Geschlecht<br />

Männlich 12* 16<br />

Weiblich 18* 22<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 21* 25<br />

Lehre/mittlere Schule 12* 15<br />

Matura 8 (20)<br />

Universität 12 (20)<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 14* 19<br />

Nicht-Österreich 41 32<br />

Haushalte mit Pension<br />

Zusammen 15* 19<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Männer 14 (25)<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Frauen 25* 35<br />

Mehrpersonenhaushalt 12* 13<br />

* = Schwankungsbreite von unter 10 Prozent; Klammerung = Schwankungsbreite<br />

zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des Schätzwertes; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

Alle<strong>in</strong>lebende Frauen über 65 Jahre mit Pension s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> mehr durch<br />

<strong>Armut</strong> gefährdet als <strong>in</strong> Österreich, allerd<strong>in</strong>gs nicht signifikant.<br />

114


E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite ansonsten nicht feststellbar.<br />

Tabelle 5.12 <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote von K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> Jugendlichen bis 19<br />

Jahre im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 19* 19<br />

Alter<br />

Geschlecht<br />

Männlich 18* 19<br />

Weiblich 19* 19<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 15 15<br />

Lehre/mittlere Schule 11 (15)<br />

Matura 18 -<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 15* 19<br />

Nicht-Österreich 43* (20)<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 13 -<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 52* 69<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 13 14<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 27 21<br />

* = Schwankungsbreite von unter 10 Prozent; Klammerung = Schwankungsbreite<br />

zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des Schätzwertes; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite nicht feststellbar. Bei Personen mit nicht<br />

österreichischer Staatsbürgerschaft ist die Differenz h<strong>in</strong>gegen auffällig.<br />

Der bedeutendste Risikofaktor der <strong>Armut</strong>sgefährdungsquote für K<strong>in</strong>der <strong>und</strong><br />

Jugendliche bis 19 Jahre ist <strong>in</strong> Österreich wie <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> das Aufwachsen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt.<br />

115


Tabelle 5.13 Quote der Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung im Vergleich Österreich :<br />

<strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 18* 19<br />

Alter<br />

Insgesamt<br />

Bis 19 Jahre 21 24<br />

20 bis 39 Jahre 19 19<br />

40 bis 64 Jahre 16* 15<br />

65 Jahre plus 16 19<br />

Männer 15* 15<br />

20 bis 39 Jahre 17 19<br />

40 bis 64 Jahre 14 12<br />

65 Jahre plus 13 (17)<br />

Frauen 19* 19<br />

20 bis 39 Jahre 21 20<br />

40 bis 64 Jahre 18* 18<br />

65 Jahre plus 19 20<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 24* 23<br />

Lehre/mittlere Schule 15* 16<br />

Matura 19 (14)<br />

Universität 12 (10)<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 16* 18<br />

Nicht-Österreich 36 (22)<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 12 (9)<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 46 76<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 14 (17)<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 28 (27)<br />

* = Schwankungsbreite von unter 10 Prozent; Klammerung = Schwankungsbreite<br />

zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des Schätzwertes; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite nicht feststellbar.<br />

116


Lediglich bei Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft ist die<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>in</strong> Österreich signifikant höher als bei Personen mit<br />

österreichischer Staatsbürgerschaft. In <strong>Vorarlberg</strong> jedoch trifft dieser Bef<strong>und</strong><br />

nicht <strong>zu</strong>.<br />

Tabelle 5.14 „Work<strong>in</strong>g Poor“ im Vergleich Österreich : <strong>Vorarlberg</strong><br />

Österreich <strong>Vorarlberg</strong><br />

Insgesamt 9* 9<br />

Alter<br />

Insgesamt<br />

Bis 19 Jahre 11 (10)<br />

20 bis 39 Jahre 12* 11<br />

40 bis 64 Jahre 6* 8<br />

Männer 8* 8<br />

20 bis 39 Jahre 11* 10<br />

40 bis 64 Jahre 6* 7<br />

Frauen 9* 10<br />

20 bis 39 Jahre 12* 12<br />

40 bis 64 Jahre 7* 9<br />

Höchster Bildungsabschluss<br />

Pflichtschule 15* 12<br />

Lehre/mittlere Schule 7* 9<br />

Matura 10* 8<br />

Universität 7 (7)<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Österreich 7* 9<br />

Nicht-Österreich 23* 13<br />

Haushalte ohne Pension<br />

Mehrpersonenhaushalt ohne K<strong>in</strong>der 5 (3)<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalt 35* 52<br />

Mehrpersonenhaushalt plus 2 K<strong>in</strong>der 9 13<br />

Mehrpersonenhaushalt plus m<strong>in</strong>d. 3 K<strong>in</strong>der 17 (17)<br />

* = Schwankungsbreite von unter 10 Prozent; Klammerung = Schwankungsbreite<br />

zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des Schätzwertes; Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung =<br />

Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des Schätzwertes.<br />

117


E<strong>in</strong> statistisch nachweisbarer Unterschied zwischen <strong>Vorarlberg</strong> <strong>und</strong> Österreich<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Schwankungsbreite nicht feststellbar.<br />

Wie bei der <strong>Armut</strong>sgefährdung s<strong>in</strong>d auch bei der Ausgren<strong>zu</strong>ngsgefährdung <strong>und</strong><br />

bei der f<strong>in</strong>anziellen Deprivation die E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte am stärksten betroffen.<br />

E<strong>in</strong>-Eltern-Haushalte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Österreich <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> <strong>zu</strong>dem besonders vom<br />

Phänomen des „Work<strong>in</strong>g Poor“ betroffen. In <strong>Vorarlberg</strong> s<strong>in</strong>d es 52% (bei e<strong>in</strong>er<br />

Schwankungsbreite von 10% bis e<strong>in</strong>em Drittel), <strong>in</strong> Österreich 35% (bei e<strong>in</strong>er<br />

Schwankungsbreite von unter 10%).<br />

118


6. Menschen <strong>in</strong> prekärer Lebenslage – Resümee der qualitativen <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>den</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen spezifischer Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong><br />

Im Auftrag der Abteilung Gesellschaft, Soziales, Integration beim Amt der<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung führte der Forschungsbereich Sozial- <strong>und</strong><br />

Wirtschaftswissenschaften an der FH <strong>Vorarlberg</strong> unter Leitung von Prof. Priv.-<br />

Doz. Dr. Frederic Fredersdorf e<strong>in</strong>e qualitative <strong>Studie</strong> mit 18 <strong>Vorarlberg</strong>er<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong>ern durch. Die dabei geführten 18 Interviews stellen aus Sicht<br />

der Betroffenen vielschichtige Elemente prekärer Lebenslagen dar.<br />

Aus Perspektive der analysierten Lebenswelten stellen sich folgende Hilfen als<br />

unterstützende <strong>und</strong> begleitende Ressource für <strong>Vorarlberg</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong>er <strong>in</strong> prekärer <strong>und</strong> armutsbedrohter Lebenslage dar:<br />

• „Frühwarn-Indikatoren“ i<strong>den</strong>tifizieren <strong>und</strong> Schul<strong>den</strong>beratungen<br />

für Menschen <strong>in</strong> prekärer F<strong>in</strong>anzlage früher ansetzen, um <strong>den</strong><br />

Abstieg <strong>in</strong> die Schul<strong>den</strong>falle <strong>zu</strong> vermei<strong>den</strong> oder <strong>zu</strong>m<strong>in</strong>dest <strong>zu</strong><br />

mildern;<br />

• <strong>den</strong> Zielgruppen e<strong>in</strong>en ressourcenschonen<strong>den</strong> Umgang mit F<strong>in</strong>anzen<br />

vermitteln, um F<strong>in</strong>anzkompetenz auf<strong>zu</strong>bauen, die e<strong>in</strong> Abrutschen <strong>in</strong> die<br />

Schul<strong>den</strong>falle verh<strong>in</strong>dert;<br />

• Hilfen für <strong>den</strong> Be<strong>zu</strong>g von Transfer- <strong>und</strong>/oder Pensionsleistungen<br />

anbieten, speziell für Menschen, die diesbezüglich <strong>zu</strong>rückhaltend<br />

agieren, damit e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Notlage möglichst frühzeitig verh<strong>in</strong>dert<br />

oder reduziert wer<strong>den</strong> kann;<br />

• Kompetenztra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs anbieten, die neben der Vermittlung f<strong>in</strong>anzieller<br />

Kompetenz auch allgeme<strong>in</strong>e lebensspezifische Kompetenzen vermitteln,<br />

damit vulnerable Zielgruppen Cop<strong>in</strong>g-Strategien (Strategien der<br />

„Bewältigung“) aufbauen können;<br />

119


• geme<strong>in</strong>sam mit <strong>den</strong> betroffenen Ressourcen ihrer sozialen Netzwerke<br />

i<strong>den</strong>tifizieren, um vorhan<strong>den</strong>e aber bislang ungenutzte Ressourcen <strong>zu</strong><br />

aktivieren;<br />

• ganztägige K<strong>in</strong>derbetreuung für Alle<strong>in</strong>erziehende <strong>und</strong> Mehrk<strong>in</strong>d-<br />

Familien bereitstellen, damit Erziehungsberechtigte nachhaltig e<strong>in</strong>er<br />

geregelten Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt nachgehen können;<br />

• Familien mit besonderen Herausforderungen bezüglich ihrer K<strong>in</strong>der<br />

(z.B. K<strong>in</strong>der mit Beh<strong>in</strong>derungen oder mit Verhaltensauffälligkeiten)<br />

spezifische Betreuungs- <strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten bieten, um die<br />

Familiensituation psychisch wie materiell <strong>zu</strong> entlasten;<br />

• kostenlose Freizeitangebote (Kultur, Sport, Natur, Bildung) für<br />

Mehrk<strong>in</strong>d-Familien, Alle<strong>in</strong>erziehende <strong>und</strong> Menschen mit<br />

Privatkonkurs im Nahraum bereitstellen, damit sie <strong>in</strong> prekärer Lage<br />

an gesellschaftlichen Aktivitäten teilhaben können, die oberhalb des<br />

Existenzm<strong>in</strong>imums liegen, wodurch sie ihre psychosoziale<br />

Lebensqualität verbessern;<br />

• trennungsbereiten Paaren <strong>in</strong> prekärer Lebenslage Mediation aktiv<br />

anbieten, damit e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>vernehmliche Trennung stattf<strong>in</strong><strong>den</strong> kann. Diese<br />

sollte <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>er positiven psychosozialen Beziehung der K<strong>in</strong>der <strong>zu</strong><br />

ihren getrennt leben<strong>den</strong> Elternteilen führen <strong>und</strong> auch<br />

Alimentierungen sichern;<br />

• mediz<strong>in</strong>ische Gr<strong>und</strong>versorgung für Menschen ohne festen Wohnsitz<br />

bereitstellen, um ihnen Akuthilfe wie auch langfristig wirkende<br />

Chancen <strong>zu</strong>r Überw<strong>in</strong>dung ges<strong>und</strong>heitlicher Problematiken, <strong>in</strong>klusive<br />

Suchterkrankungen, <strong>zu</strong> geben;<br />

• vermehrt günstigen, qualitativ nicht m<strong>in</strong>derwertigen, <strong>und</strong><br />

angemessen bezahlten Wohnraum für Menschen <strong>in</strong> prekärer<br />

f<strong>in</strong>anzieller Lage bereitstellen – auch als betreute Wohnform – damit<br />

z.B. Menschen ohne festen Wohnsitz mit positiver psycho<strong>sozialer</strong><br />

120


Prognose die Gr<strong>und</strong>lage für weitere soziale Integration (z.B. Arbeit)<br />

erhalten;<br />

• f<strong>in</strong>anzielle Soforthilfe bei drohendem Wohnungsverlust geben, damit<br />

das reguläre Mietverhältnis im Fall kurzfristiger f<strong>in</strong>anzieller Engpässe<br />

aufrechterhalten wer<strong>den</strong> kann. Dies würde u.a. auch die Sesshaftigkeit<br />

vulnerabler Zielgruppen fördern <strong>und</strong> <strong>in</strong>folge dessen ihre optimierte<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> nachbarschaftliche Unterstüt<strong>zu</strong>ngsnetzwerke;<br />

• Gr<strong>und</strong>qualifizierung für Niedrigqualifizierte erhöhen, um dieser<br />

Zielgruppe die Aufnahme e<strong>in</strong>er entgoltenen Arbeitstätigkeit oberhalb<br />

der <strong>Armut</strong>sgrenze <strong>zu</strong> ermöglichen;<br />

• <strong>in</strong>terkulturelle Begegnung vielseitig ermöglichen, um allgeme<strong>in</strong>e<br />

Vorurteile, xenophobisch motivierte Ängste, negative Emotionen <strong>und</strong><br />

weitere psychosoziale Belastungsfaktoren für Menschen aus anderen<br />

Kulturkreisen ab<strong>zu</strong>bauen;<br />

• vermehrt Tätigkeiten auf e<strong>in</strong>em zweiten Arbeitsmarkt für<br />

angeblich „Unvermittelbare“ ermöglichen, um äußere <strong>und</strong> <strong>in</strong>nere<br />

Tagesstrukturen entweder aufbauen oder behalten <strong>zu</strong> können;<br />

• Case-Management e<strong>in</strong>richten, um die Komplexität e<strong>in</strong>er prekären<br />

Lebenslage effektiv <strong>und</strong> effizient <strong>zu</strong> bearbeiten <strong>und</strong> <strong>den</strong> Betroffenen<br />

e<strong>in</strong>e feste Ansprechperson <strong>zu</strong> bieten.<br />

In Summe betrachtet, s<strong>in</strong>d die hier genannten Handlungsoptionen <strong>und</strong><br />

Argumente nicht neu. Auch bieten die e<strong>in</strong>schlägig aktiven<br />

Sozialorganisationen <strong>und</strong> Soziale<strong>in</strong>richtungen <strong>Vorarlberg</strong>s entsprechende<br />

Hilfen umfangreich an.<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Vorarlberg</strong>er <strong>in</strong> prekären Lebenslagen verfügen <strong>in</strong><br />

ihrem Privatleben durchaus über <strong>in</strong>dividuelle <strong>und</strong> soziale Ressourcen <strong>und</strong><br />

Cop<strong>in</strong>g-Strategien, wenngleich diese generell niedrig <strong>und</strong> fallspezifisch <strong>in</strong><br />

unterschiedlichem Ausmaß vorhan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. S<strong>in</strong>d Ressourcen <strong>und</strong> Cop<strong>in</strong>g-<br />

121


Strategien <strong>in</strong> ausreichendem Umfang ausgeprägt, kann e<strong>in</strong>e prekäre<br />

Lebenslage <strong>in</strong> gewissem Umfang ausgehalten <strong>und</strong> gemildert wer<strong>den</strong>. Dies<br />

ist jedoch bei <strong>den</strong> Befragten nicht per se der Fall <strong>und</strong> trägt ke<strong>in</strong>esfalls<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich da<strong>zu</strong> bei, die Ursachen ihrer komplexen prekären Lage <strong>zu</strong><br />

beseitigen. Vielmehr s<strong>in</strong>d manche Cop<strong>in</strong>g-Strategien <strong>und</strong> soziale<br />

Ressourcen gerade noch ausreichend, um e<strong>in</strong>e stärkere Deprivation<br />

verh<strong>in</strong>dern <strong>zu</strong> können.<br />

Der Rückgriff auf Hilfsdienste anbietende soziale Träger – <strong>und</strong> damit die<br />

Kompetenz, die eigene Hilfebedürftigkeit <strong>zu</strong> erkennen, <strong>zu</strong> artikulieren <strong>und</strong><br />

um Hilfe an<strong>zu</strong>suchen – stellen sich <strong>in</strong> dem Kontext als weiterführende<br />

Ressource heraus. Stichpunktartig können – <strong>in</strong> Summe, nicht auf <strong>den</strong><br />

E<strong>in</strong>zelfall bezogen – folgende subjekt- <strong>und</strong> objektbezogene<br />

Bewältigungsfaktoren für die <strong>in</strong> der <strong>Studie</strong> der FH <strong>Vorarlberg</strong><br />

gezogene Stichprobe genannt wer<strong>den</strong>:<br />

• e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>vernehmliche Trennung im Fall partnerschaftlicher<br />

Zerwürfnisse,<br />

• Nut<strong>zu</strong>ng von Infrastruktur für Ganztages-K<strong>in</strong>derbetreuung,<br />

• Unterstüt<strong>zu</strong>ngsnetzwerke aus Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>eskreis,<br />

• Inanspruchnahme e<strong>in</strong>er Krisen<strong>in</strong>tervention,<br />

• Inanspruchnahme trägerspezifischer Beratungs- <strong>und</strong> Unterstüt<strong>zu</strong>ngsangebote<br />

mit e<strong>in</strong>em Schwerpunkt auf Schul<strong>den</strong>beratung <strong>und</strong> auf die<br />

<strong>in</strong>dividuelle Lebenslage abgestimmten sonstigen Dienstleistungen,<br />

• Teilnahme an Beratungen <strong>und</strong> Kompetenztra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs,<br />

• Entwicklung f<strong>und</strong>amentaler lebensförderlicher Werte <strong>und</strong> I<strong>den</strong>titäten,<br />

• Nut<strong>zu</strong>ng kostenfreier Freizeit- <strong>und</strong> Kulturangebote,<br />

• „Bond<strong>in</strong>g“ („B<strong>in</strong>dung“)<strong>in</strong> kulturnahen sozialen Unterstüt<strong>zu</strong>ngskreisen,<br />

• Anerkennung <strong>und</strong> Achtung der Person durch Dritte.<br />

122


Schließlich lassen sich mittels der 18 <strong>in</strong> der <strong>Studie</strong> der FH <strong>Vorarlberg</strong> geführten<br />

themenzentrierten qualitativen Interviews drei Typen des Umgangs mit<br />

prekären Lebenslagen beschreiben. Diese s<strong>in</strong>d:<br />

Typ A: Prekäre Lebenslagen von Menschen mit e<strong>in</strong>em funktionieren<strong>den</strong><br />

sozialen Netzwerk<br />

Dieser Typ ist gekennzeichnet durch:<br />

• Beständiges, heterogenes soziales Netzwerk,<br />

• Bestehende Erwerbstätigkeit,<br />

• Schul<strong>den</strong>freiheit als „Überlebenstaktik“,<br />

• Selbstverständnis für <strong>und</strong> Verlass auf Transferleistungen,<br />

• Soziales Engagement,<br />

• vernachlässigtes Ges<strong>und</strong>heitsverhalten liegt vor.<br />

Menschen des Typs A s<strong>in</strong>d offen <strong>und</strong> meist familienorientiert. Sie möchten<br />

viel Zeit mit der Familie oder Fre<strong>und</strong>en verbr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d nicht gerne<br />

alle<strong>in</strong> oder gar e<strong>in</strong>sam. Zugehörigkeit <strong>zu</strong> Gleichges<strong>in</strong>nten ist deren<br />

Lebensmittelpunkt, was Menschen dieses Typs bestätigt, ke<strong>in</strong> hoffnungsloser<br />

E<strong>in</strong>zelfall <strong>zu</strong> se<strong>in</strong>. Menschen des Typs A wollen die eigene psychosoziale<br />

Ges<strong>und</strong>heit möglichst aufrechterhalten. Sie haben gelernt, mit Angst,<br />

Depression, Überforderung oder Enttäuschung um<strong>zu</strong>gehen. Schwierige<br />

Lebensphasen deuten sie als Chance <strong>zu</strong>r Persönlichkeitsentwicklung. Menschen<br />

des Typs A bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich durchaus <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziellen <strong>Armut</strong>sverhältnissen <strong>und</strong><br />

weiteren prekären Lebenssituationen (z.B. <strong>in</strong> Be<strong>zu</strong>g auf die Ges<strong>und</strong>heit), oder<br />

s<strong>in</strong>d davon stark bedroht. Aufgr<strong>und</strong> ihrer sozialen E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung gel<strong>in</strong>gt es<br />

ihnen jedoch, <strong>in</strong> der täglichen Ause<strong>in</strong>anderset<strong>zu</strong>ng e<strong>in</strong>e fortschreitende<br />

Deprivation (vorerst) ab<strong>zu</strong>wehren. E<strong>in</strong>e <strong>zu</strong>nehmende potentielle<br />

Problemkumulation würde allerd<strong>in</strong>gs die prekäre Lebenslage von Menschen<br />

des Typs A sichtlich verschärfen.<br />

123


Typ B: Prekäre Lebenslagen von Menschen, die langzeitig davon betroffen<br />

s<strong>in</strong>d<br />

Dieser Typ ist gekennzeichnet durch:<br />

• erarbeitete Unabhängigkeit wird als Errungenschaft angesehen,<br />

• Selbstbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> Stolz leiten das Handeln,<br />

• häufig bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich K<strong>in</strong>der bereits im Jugend- oder jungen<br />

Erwachsenenalter,<br />

• alltägliche Anforderungen wer<strong>den</strong> pragmatisch bewältigt,<br />

• der eigene Lebensstil wird flexibel sich ändern<strong>den</strong> Lebenssituationen<br />

angepasst,<br />

• Cop<strong>in</strong>gfähigkeiten s<strong>in</strong>d ausgeprägt,<br />

• kritische Situationen können ausdauernd ausgehalten wer<strong>den</strong>,<br />

• gleichgültiges Ges<strong>und</strong>heitsverhalten liegt vor,<br />

• <strong>in</strong>dividuelle Lebenskräfte wer<strong>den</strong> voll <strong>in</strong> Anspruch genommen.<br />

Menschen des Typs B s<strong>in</strong>d freiheitsliebend <strong>und</strong> pragmatisch, sie verfolgen<br />

<strong>zu</strong>gleich mehrere eigene Interessen <strong>und</strong> setzen e<strong>in</strong> gewisses Vertrauen <strong>in</strong> das<br />

Leben. Menschen des Typs B übernehmen auch <strong>in</strong> kritischen Lebenslagen<br />

Selbstverantwortung; sie nehmen ihr Leben aktiv <strong>in</strong> die Hand. Ihre<br />

Lebenssituation schätzen sie realistisch e<strong>in</strong> <strong>und</strong> blen<strong>den</strong> weder negative noch<br />

positive Ereignisse aus. Vermutlich aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es ausgeprägten<br />

Kohärenzgefühls gel<strong>in</strong>gen ihnen Cop<strong>in</strong>g-Strategien <strong>in</strong> prekären Lebenslagen,<br />

die im ungünstigsten Fall über e<strong>in</strong>e lange Lebenszeit „e<strong>in</strong>fach ausgehalten“<br />

wer<strong>den</strong>. Der eigenen Ges<strong>und</strong>heit wird dabei wenig Aufmerksamkeit<br />

gewidmet. Denn das (Über)Leben <strong>in</strong> der prekären Lebenslage erfordert von<br />

Menschen des Typs B permanent e<strong>in</strong>en starken <strong>und</strong> auf Erfüllung von<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnissen fokussierten Energieaufwand. Soziale Netze, die<br />

unterstützend wirken könnten, s<strong>in</strong>d bei ihnen eher schlecht ausgeprägt.<br />

124


Typ C: Prekäre Lebenslagen von Menschen ohne Perspektive<br />

Dieser Typ ist gekennzeichnet durch:<br />

• Arbeitsunfähigkeit,<br />

• (chronische) Ges<strong>und</strong>heitse<strong>in</strong>schränkungen <strong>und</strong> Suchtproblematiken,<br />

• kritische Lebenssituationen führten <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em „Absturz“,<br />

• Verlust der materiellen Gr<strong>und</strong>sicherung,<br />

• Gesellschaftliche Ausgren<strong>zu</strong>ng ohne jegliches hilfreiches soziales<br />

Netzwerk,<br />

• prekäre Lebenslage kann nur mittels Hilfesystemen abgemildert – jedoch<br />

nicht gelöst wer<strong>den</strong>,<br />

• Selbstaktivierungskräfte fehlen,<br />

• trotz Existenzverlust wird e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Ehrempf<strong>in</strong><strong>den</strong>s<br />

aufrechterhalten,<br />

• es besteht e<strong>in</strong>e höhere Krim<strong>in</strong>alitätsbereitschaft,<br />

• Tagesstrukturen fehlen; es wird „<strong>in</strong> <strong>den</strong> Tag h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>“ gelebt.<br />

Menschen des Typs C s<strong>in</strong>d oft <strong>in</strong> ihrem Denken <strong>und</strong> Handeln ambivalent,<br />

andererseits reagieren sie sensibel auf ihnen entgegengebrachte Haltungen.<br />

Mit der Zeit haben sie aufgr<strong>und</strong> fortschreitender Deprivation negative<br />

Denkmuster verfestigt. Persönlich durchlebte Sozialisationserfahrungen<br />

machen e<strong>in</strong>en „anderen Menschen“ aus ihnen. Menschen des Typs C<br />

bewegen sich oft bewusst außerhalb gesellschaftlicher Werte <strong>und</strong> Normen. Sie<br />

wollen ke<strong>in</strong>e „Normalbürgern“ gleichen, sondern orientieren sich an<br />

ihrer eigenen Lebenswelt, auch wenn diese prekär ist. Suchterkrankungen<br />

s<strong>in</strong>d unter Menschen des Typs C weit verbreitet. Verstärkt besteht bei<br />

Menschen des Typs C die Ten<strong>den</strong>z <strong>zu</strong>r Verwirrung <strong>und</strong> Demoralisierung, was<br />

sich u.a. auch <strong>in</strong> fehlen<strong>den</strong> Tagesstrukturen manifestiert. Aus ihrer komplex<br />

prekären Lage können sie sich nach eigener Ansicht nicht selbständig befreien.<br />

Als annähernd letzten psychischen Halt entwickeln Menschen des Typs C e<strong>in</strong><br />

subjektives Ehrempf<strong>in</strong><strong>den</strong>, auf das sie stark fokussiert s<strong>in</strong>d.<br />

125


126


7. Resümee der Delphi-<strong>Studie</strong> <strong>zu</strong>r „<strong>Armut</strong>“ <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> heute <strong>und</strong><br />

morgen<br />

Das Vorholz-Institut für praktische Philosophie <strong>in</strong> Alberschwende erhielt <strong>den</strong><br />

Auftrag, <strong>zu</strong> „prüfen, wer bisher warum <strong>in</strong> welcher Gruppe als armutsgefährdet<br />

erfasst <strong>und</strong> untersucht wurde.“ Es sollten Kriterien gef<strong>und</strong>en wer<strong>den</strong>, die neue<br />

armutsgefährdete Gruppen <strong>in</strong> der <strong>Vorarlberg</strong>er Gesellschaft lokalisieren, vor<br />

allem um jene Gruppen, die bisher <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Statistik erfasst wur<strong>den</strong>. Das<br />

Augenmerk wurde nicht auf die "Work<strong>in</strong>g Poor" gelegt, über die es ausreichend<br />

leicht verfügbares statistisches Material vorhan<strong>den</strong> ist, sondern auf jene Gruppen,<br />

die bisher nicht erfasst wur<strong>den</strong>, also vor allem auf solche, die noch nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

"System" e<strong>in</strong>gestiegen s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>steigen konnten oder e<strong>in</strong>steigen durften, oder<br />

wieder herausfielen.<br />

Im Rahmen dieser von MMag. Kurt Bereuter erstellten Delphi-<strong>Studie</strong> wur<strong>den</strong><br />

gezielt Expert/<strong>in</strong>n/en gesucht, die <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die von ihm <strong>zu</strong> Beg<strong>in</strong>n<br />

formulierten acht Arbeitsthesen e<strong>in</strong>e fachlich f<strong>und</strong>ierte E<strong>in</strong>schät<strong>zu</strong>ng der<br />

jeweiligen Zielgruppe abgeben konnten. Die Expert/<strong>in</strong>n/en wur<strong>den</strong> nicht mit <strong>den</strong><br />

Thesen konfrontiert, sondern anhand des angeführten Fragenkataloges<br />

<strong>in</strong>terviewt. Anschließend wur<strong>den</strong> die Antworten übertragen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ersten<br />

Zusammenfassung <strong>zu</strong>geführt. Dann erfolgte e<strong>in</strong>e Überprüfung der Thesen anhand<br />

der Antworten. In e<strong>in</strong>em weiteren Schritt wur<strong>den</strong> Problembereiche erfasst <strong>und</strong><br />

anschließend e<strong>in</strong>e Handlungsempfehlung erarbeitet.<br />

Folgende acht Arbeitshypothesen wur<strong>den</strong> <strong>den</strong> Interviews vorangestellt:<br />

1. These: Es gibt Gruppen von Menschen, die un<strong>zu</strong>reichend durch <strong>Studie</strong>n<br />

erfasst wur<strong>den</strong> (z. B. Schul- <strong>und</strong> <strong>Studie</strong>nabgänger).<br />

2. These: Diese Gruppen wer<strong>den</strong> un<strong>zu</strong>länglich erfasst <strong>und</strong> es fehlt e<strong>in</strong><br />

geeignetes Instrumentarium um sie <strong>zu</strong> erreichen <strong>und</strong> adäquat <strong>zu</strong><br />

„betreuen“ (z. B. Entlohnungsfreie Praktikumsstellen).<br />

127


3. These: Das System der M<strong>in</strong>destsicherung ist <strong>zu</strong> stark emotionalisiert, von<br />

Seiten der Bevölkerung <strong>und</strong> von Seiten der Klienten (z.B. die <strong>in</strong>haltliche<br />

Verkür<strong>zu</strong>ng auf Sozialschmarotzer versus Schamgefühl).<br />

4. These: Das System der M<strong>in</strong>destsicherung weist Schwächen auf (z.B. AMS-<br />

Vermittlung <strong>zu</strong> langsam oder Vermittlung <strong>in</strong> „falsche“ Maßnahmen).<br />

5. These: Die Arbeitswelt ist <strong>zu</strong> wenig flexibel <strong>und</strong> weist<br />

Reglementierungsschwächen auf (z. B. geregelte Praktikas oder<br />

Akademikertra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsstellen).<br />

6. These: Die Bildungslandschaft bedarf e<strong>in</strong>er Veränderung (z. B. Leitfrage:<br />

Erhöhung der Akademikerquote ohne Fokussierung auf <strong>den</strong><br />

Arbeitsmarkt?).<br />

7. These: Krisenpo<strong>in</strong>ts müssen stärker fokussiert wer<strong>den</strong>, damit es <strong>zu</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

Verfestigung von <strong>Armut</strong> kommt, m.a.W. Erstbetreuung wird entschei<strong>den</strong>d<br />

se<strong>in</strong>.<br />

8. These: Die Gesellschaft muss über geeignete Institutionen im Bereich der<br />

„<strong>Armut</strong>“ ihre Verantwortung übernehmen <strong>und</strong> zwar auf allen beteiligten<br />

Ebenen mit stärkerer Koord<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> Vernet<strong>zu</strong>ng (z.B. Leitfrage: Kann<br />

das Land <strong>Vorarlberg</strong> hier „leadership“ übernehmen?).<br />

Im Anschluss an die Formulierung dieser Thesen wur<strong>den</strong> Michael Diettrich, Peter<br />

Kopf, Albert L<strong>in</strong>gg, Heidi Lorenzi, Christoph Mathis, Stefan Simma, Anton Str<strong>in</strong>i,<br />

Elmar Stüttler als Expert/<strong>in</strong>n/en über folgende Fragen <strong>in</strong>terviewt:<br />

1. Wo sehen Sie gesellschaftliche Gruppen <strong>in</strong> <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong>?<br />

2. Wo sehen Sie geeignete Instrumentarien, Menschen <strong>in</strong> <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> unserem<br />

Land <strong>zu</strong> unterstützen?<br />

3. Wo sehen Sie Mängel <strong>in</strong> der Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Menschen <strong>in</strong> <strong>Armut</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Vorarlberg</strong>?<br />

128


4. Wo sehen Sie geeignete Maßnahmen, Menschen aus der <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> die Mitte<br />

der Gesellschaft <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> begleiten?<br />

5. Wo sehen Sie Mängel <strong>in</strong> <strong>den</strong> Maßnahmen Menschen aus der <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> die<br />

Mitte der Gesellschaft <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> begleiten?<br />

6. Welche Maßnahmen wären für Sie geeignet, Menschen aus der <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> die<br />

Mitte der Gesellschaft <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> begleiten?<br />

7. Wo sehen Sie Gruppen von Menschen <strong>in</strong> unserem Land, die <strong>in</strong> „<strong>Armut</strong>“ leben<br />

müssen ohne auf e<strong>in</strong> „System“ geeigneter Hilfe <strong>zu</strong>rückgreifen <strong>zu</strong> können?<br />

8. Wo sehen Sie Gruppen von Menschen <strong>in</strong> unserem Land, die <strong>in</strong> Zukunft stärker<br />

von <strong>Armut</strong> bedroht se<strong>in</strong> wer<strong>den</strong>?<br />

9. Was wären hilfreiche Maßnahmen für die Zukunft, um diese Gruppen nicht <strong>in</strong><br />

<strong>Armut</strong> fallen <strong>zu</strong> lassen?<br />

Die Auswertung der Ergebnisse der Interviews mit <strong>den</strong> genannten<br />

Fachexpert/<strong>in</strong>n/en lässt folgende Schlüsse <strong>zu</strong>:<br />

Individualisierung für e<strong>in</strong>e bessere Koord<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> Kooperation der<br />

relevanten Stellen ist gefordert.<br />

• Coach<strong>in</strong>gmodelle <strong>und</strong> Case-Management s<strong>in</strong>d gefordert, nicht nur im<br />

Bedarfsfalle, sondern am besten schon vor Bedarf, also <strong>in</strong> der Schule<br />

oder gar im K<strong>in</strong>dergarten. Diese „Stellen“ können dann sowohl die<br />

Koord<strong>in</strong>ation als auch die Kooperation anregen <strong>und</strong> überwachen.<br />

Es bedarf e<strong>in</strong>er schnellen Schaffung e<strong>in</strong>er standardisierten Organisation <strong>zu</strong>r<br />

<strong>Armut</strong>sbekämpfung <strong>in</strong> <strong>und</strong> durch die relevanten Institutionen.<br />

• Es soll e<strong>in</strong>e klare Zuständigkeit mit Verantwortung für <strong>den</strong> Betroffenen<br />

geben, die auch die Leistung der anderen Institutionen überwacht <strong>und</strong><br />

ebenfalls die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie Raum <strong>und</strong> Beratungsqualität<br />

überwacht.<br />

129


<strong>Armut</strong>sbekämpfung muss aktiv geschehen <strong>und</strong> nicht passiv <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, dass<br />

die Institutionen darauf warten, ihr Angebot <strong>zu</strong> „verkaufen“.<br />

• Es s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>stitutionelle Maßnahmen nötig, die Probleme oder<br />

Problemfälle möglichst frühzeitig erkennen, erfassen <strong>und</strong> „behandeln“<br />

<strong>zu</strong> können. Da<strong>zu</strong> braucht es wiederum e<strong>in</strong>e starke Vernet<strong>zu</strong>ng,<br />

Koord<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> Kooperation der Institutionen.<br />

Die M<strong>in</strong>destsicherung muss aktiv <strong>und</strong> positiv h<strong>in</strong>aus getragen wer<strong>den</strong> <strong>und</strong><br />

verstan<strong>den</strong> als Hilfe <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em selbstbestimmten <strong>und</strong> selbstverantworteten<br />

Leben mit Hilfe der Gesellschaft wer<strong>den</strong>.<br />

• Die M<strong>in</strong>destsicherung ist genauso e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Hilfestellung<br />

wie das Pflegegeld oder die Beh<strong>in</strong>dertenhilfe <strong>und</strong> muss von „negativen“<br />

Zuschreibungen befreit wer<strong>den</strong>. Das spiegelt sich auch <strong>in</strong> der<br />

„Bewerbung“ dieser wieder.<br />

Schule <strong>und</strong> Bildung s<strong>in</strong>d die primären Felder um <strong>Armut</strong> <strong>in</strong> Zukunft <strong>zu</strong><br />

vermei<strong>den</strong> <strong>und</strong> <strong>zu</strong>gleich mit dem <strong>Armut</strong>sphänomen als Gesellschaft „gut“<br />

umgehen <strong>zu</strong> können.<br />

• Frühk<strong>in</strong>dliche Erziehung, Schule <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>in</strong> Schulen muss<br />

verstärkt Augenmerk geboten wer<strong>den</strong>.<br />

Organisation <strong>und</strong> Leistung des AMS müssen überdacht <strong>und</strong> angepasst wer<strong>den</strong>.<br />

• Beim AMS soll mehr Dienstleistungsqualität <strong>und</strong> mehr<br />

Qualifizierungshilfe geleistet wer<strong>den</strong>, die weniger kompliziert verläuft<br />

<strong>und</strong> mehr selbstwertorientiert geschieht. Das „Drehtürmodell“ ist nicht<br />

nur kosten<strong>in</strong>tensiv, sondern auch wenig effektiv <strong>und</strong> von negativem<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Klient/<strong>in</strong>n/en.<br />

130


Leistbarer Wohnraum für Menschen mit ger<strong>in</strong>gem E<strong>in</strong>kommen muss<br />

vorhan<strong>den</strong> se<strong>in</strong> oder geschaffen wer<strong>den</strong>.<br />

• Die Systeme der Wohnbauförderung, der Sanierungsförderung, der<br />

Vermögensbesteuerung <strong>und</strong> des geme<strong>in</strong>nützigen Wohnbaus müssen<br />

h<strong>in</strong>terfragt <strong>und</strong> angepasst wer<strong>den</strong>.<br />

Fehlende Arbeitsplätze für ger<strong>in</strong>g Qualifizierte oder ger<strong>in</strong>g leistungsfähige<br />

Menschen<br />

• Sie müssen entweder vom privaten Arbeitsmarkt über entsprechende<br />

Maßnahmen der Öffentlichkeit geschaffen <strong>und</strong> geboten wer<strong>den</strong> oder es<br />

wird an der öffentlichen Hand liegen, hier tätig <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />

zweiten Arbeitsmarkt <strong>zu</strong> schaffen, der über temporäre E<strong>in</strong>richtungen<br />

h<strong>in</strong>aus geht.<br />

131


132


8. Ausgewählte Maßnahmen der <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierung <strong>zu</strong>r<br />

<strong>Armut</strong>sprävention<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng bei Bildung <strong>und</strong> Arbeit s<strong>in</strong>d die wichtigsten Maßnahmen <strong>zu</strong>r<br />

Verh<strong>in</strong>derung von <strong>Armut</strong>. Diesbezüglich <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus gibt es <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Maßnahmen, welche <strong>zu</strong>r Bekämpfung von <strong>und</strong> Prävention vor<br />

<strong>Armut</strong> beitragen. Die folgende Tabelle nennt e<strong>in</strong>ige der zentralen Initiativen <strong>und</strong><br />

stellt e<strong>in</strong>e Auswahl laufender <strong>und</strong> <strong>in</strong> Umset<strong>zu</strong>ng begriffener Maßnahmen dar.<br />

Maßnahme<br />

Leitfa<strong>den</strong> "K<strong>in</strong>derarmut erkennen <strong>und</strong><br />

begegnen“<br />

Netzwerke<br />

K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Schülerbetreuung<br />

Zuschüsse <strong>zu</strong>m Personalaufwand der<br />

K<strong>in</strong>dergärten<br />

Sprachförderung<br />

Frühe Sprachförderung außerhalb des<br />

K<strong>in</strong>dergartens <strong>in</strong>klusive Elternarbeit,<br />

niederschwellige<br />

Elternbildungsprojekte<br />

Lesefrühförderung K<strong>in</strong>der lieben Lesen<br />

Ausbau ganztägiger Schulformen<br />

Kurzbeschreibung<br />

<strong>Armut</strong> def<strong>in</strong>ieren <strong>und</strong> begreifbar<br />

machen, Broschüre für <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen<br />

Pädagogisch Tätige, K<strong>in</strong>dergärten <strong>und</strong><br />

Schulen.<br />

E<strong>in</strong>richtung kommunaler Netzwerke<br />

bzw. niederschwelliger Zugänge <strong>zu</strong>m<br />

Erkennen von K<strong>in</strong>derarmut<br />

Stete Weiterentwicklung des<br />

Betreuungsangebotes <strong>in</strong> Spielgruppen,<br />

K<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen, bei<br />

Tagesmüttern <strong>und</strong> <strong>in</strong> der<br />

Schülerbetreuung.<br />

60% der K<strong>in</strong>dergarten-Personalkosten<br />

wer<strong>den</strong> vom Land übernommen.<br />

Zudem Investitionskostenförderung<br />

<strong>und</strong> Beiträge <strong>zu</strong> Fahrkosten <strong>und</strong><br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng sozial bedürftiger<br />

Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler z.B. für<br />

Nachhilfeunterricht usw.<br />

ganzheitliche nachhaltige<br />

Sprachförderung bereits ab<br />

Frühpädagogik <strong>und</strong> Fokus auf<br />

Beherrschen Gr<strong>und</strong>techniken<br />

Zielgruppe s<strong>in</strong>d Eltern mit<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, Eltern <strong>in</strong><br />

peripheren Regionen,<br />

Alle<strong>in</strong>erziehende.<br />

Buchpakte für seit 1.10.2011 Geborene.<br />

Künftig mehr Augenmerk auf<br />

Ganztagesklassen mit verschränkter<br />

Form<br />

133


Qualifizierungs- <strong>und</strong><br />

Beschäftigungsmaßnahmen für<br />

arbeitsmarktferne Personen<br />

Niederschwellige Arbeitsprojekte <strong>und</strong><br />

Ausbildungs<strong>in</strong>itiativen für Jugendliche<br />

Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

Lehrstellensuchende<br />

Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

Konventionsflüchtl<strong>in</strong>ge<br />

Wohnbeihilfe<br />

Integrativer Mietwohnungsbau<br />

Wohnbauförderung<br />

Familien<strong>zu</strong>schuss des Landes<br />

<strong>Vorarlberg</strong><br />

In <strong>in</strong>sgesamt 7 geme<strong>in</strong>nützigen<br />

Beschäftigungsprojekten sollen<br />

arbeitsmarktferne Menschen durch<br />

regelmäßige Beschäftigung, Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildungskurse sowie soziale<br />

Begleitung <strong>und</strong> Betreuung <strong>in</strong> ihrer<br />

Lebenssituation stabilisiert <strong>und</strong> auf<br />

e<strong>in</strong>en Dauerarbeitsplatz im ersten<br />

Arbeitsmarkt vorbereitet <strong>und</strong><br />

qualifiziert wer<strong>den</strong>.<br />

Ziel ist es, Jugendliche unter 25 Jahren,<br />

die bisher noch ke<strong>in</strong>e abgeschlossene<br />

berufliche Ausbildung haben bzw. noch<br />

ke<strong>in</strong>e Berufserfahrung mitbr<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Arbeitsstruktur <strong>zu</strong> <strong>in</strong>tegrieren.<br />

„Albatros“ (OJAD) <strong>und</strong> „Leuchtturm“<br />

(DJW) ermöglichen es <strong>zu</strong>dem e<strong>in</strong>en<br />

Hauptschulabschluss nach<strong>zu</strong>holen.<br />

Lehrstellensuchende sollen für e<strong>in</strong>e Lehre<br />

fachlich qualifiziert wer<strong>den</strong> um <strong>den</strong><br />

Übertritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reguläres Ausbildungsverhältnis<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Betrieb <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />

Mit dem Projekt Plan V soll die<br />

Integration <strong>in</strong> <strong>den</strong> ersten Arbeitsmarkt<br />

oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weiterbil<strong>den</strong>de Maßnahme<br />

ermöglicht wer<strong>den</strong>.<br />

Die <strong>Vorarlberg</strong>er Wohnbeihilfe<br />

unterstützt leistbares Wohnen.<br />

Das jährliche Bauprogramm des<br />

geme<strong>in</strong>nützigen Wohnbaues wird auf<br />

500 <strong>in</strong>tegrative Mietwohnungen pro<br />

Jahr angehoben.<br />

Neue Richtl<strong>in</strong>ien 2014 sollen Familien<br />

stärken <strong>und</strong> bei der Schaffung von<br />

Eigentum unterstützen, da<strong>zu</strong> Aufbau<br />

e<strong>in</strong>es Kompetenzzentrums.<br />

F<strong>in</strong>anzielle Entlastung von Familien<br />

durch e<strong>in</strong> sozial ausgewogenes<br />

Zuschusssystem im Anschluss an das<br />

K<strong>in</strong>derbetreuungsgeld nach dem so<br />

genannten gewichteten „Pro-Kopf-<br />

E<strong>in</strong>kommen“ der Familie. Das heißt, die<br />

Höhe des Zuschusses richtet sich nach<br />

dem Familien-Nettoe<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong><br />

der Zahl der Familienmitglieder.<br />

134


Familienwochen<br />

Broschüre „Bedarfsorientierte<br />

M<strong>in</strong>destsicherung“<br />

Implementierung von<br />

Casemanagement <strong>in</strong> allen<br />

Sozialabteilungen der vier<br />

Bezirkshauptmannschaften<br />

Evaluierung des Familien<strong>zu</strong>schusses<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung<br />

e<strong>in</strong>es Sozialraumkonzeptes<br />

Frauenbildungskalender<br />

Erweiterung des Berufswahlspektrums<br />

bei Mädchen<br />

Aktualisierung der Informationen von<br />

A-Z für Frauen – wichtige Basis<br />

Kostengünstige Urlaubswochen für<br />

Familien bzw. alle<strong>in</strong>erziehende Mütter<br />

<strong>und</strong> Väter mit K<strong>in</strong>derbetreuung<br />

wer<strong>den</strong> angeboten.<br />

Informationen über BMS <strong>und</strong><br />

Ansprechstellen sowie Ablauf.<br />

Menschen sollen möglichst rasch<br />

wieder <strong>in</strong> die Arbeitswelt <strong>in</strong>tegriert<br />

wer<strong>den</strong><br />

Wirksamkeit des bestehen<strong>den</strong> Modells<br />

prüfen <strong>und</strong> allenfalls neu strukturieren.<br />

Sozialraumorientierung als<br />

übergeordnetes strategisches<br />

Steuerungs<strong>in</strong>strument<br />

Geschlechterbewusste Bildungsarbeit.<br />

Erweiterung des Rollenspektrums für<br />

Mädchen durch Angebote <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

Themen Technik <strong>und</strong> Handwerk,<br />

Berufsorientierung <strong>und</strong> Stärkung der<br />

Kompetenzen<br />

Das Informationssystem<br />

„Informationen von A-Z“ wird laufend<br />

neu strukturiert, sprachlich<br />

überarbeitet <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlich auf <strong>den</strong><br />

Bereich Erwerbsarbeit fokussiert<br />

Frauencoach<strong>in</strong>g Spezifisches Coach<strong>in</strong>g für Frauen,<br />

unter anderem Umgang mit<br />

Erwerbsarbeit, E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong><br />

<strong>sozialer</strong> Sicherheit, sowie Thema<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit usw.<br />

Beratung für Frauen<br />

Spezielle Beratung <strong>und</strong> Vermittlung<br />

von Kernkompetenzen <strong>zu</strong>m Thema<br />

Familie, Geld, Beruf, Ges<strong>und</strong>heit usw.<br />

135


136


9. Tabellen der <strong>Studie</strong> <strong>zu</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

B<strong>und</strong>esländern der Statistik Austria (Aus<strong>zu</strong>g)<br />

E<strong>in</strong> * neben der Zahl(en) bedeutet e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite von unter 10<br />

Prozent; e<strong>in</strong>e Klammerung der Zahl(en) bedeutet Schwankungsbreite<br />

zwischen 1/3 <strong>und</strong> 2/3 des Schätzwertes. Ke<strong>in</strong>e Kennzeichnung der Zahl(en)<br />

steht für e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite zwischen 10 Prozent <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Drittel des<br />

Schätzwertes.<br />

137


138


139


140


141


142


143


144


145


146


147


148


149


150


151


152


153


154


155


156


157


158


159


160


161


162


163


164


165


166


167


168


169


170


171


172


173


174


175


176


177


178


179


180


181


182


183


184


185


186


187


188


189


190


191


192


193


194


195


196


197


198


199


200

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!