Ausgabe 3/2013 - Der Deutsche Olympische Sportbund
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Faktor Sport [ Vermittlungskunst ] 55<br />
ben. Das Kommunikationsverhalten junger<br />
Menschen konzentriert sich nun mal<br />
auf soziale Netzwerke, vor allem auf Facebook,<br />
ein bisschen auf T witter. Wenn er<br />
kein vernünftiges Konzept hat, um die für<br />
den Verband oder Verein wichtigsten Altersgruppen<br />
anzusprechen – wie will er<br />
langfristig Nachwuchs gewinnen respektive<br />
an sich binden? Natürlich braucht es<br />
für so ein Konzept nicht nur Geld, sondern<br />
auch Kreativität und Fantasie.<br />
Apropos kreativ: In der PR wird gern das<br />
Lancieren von „Geschichten“ empfohlen,<br />
am besten menschelnder. Was für eine<br />
Wirkung hat das noch, wenn ich nicht zu<br />
den Schlagzeilenproduzenten gehöre?<br />
Die Antwort ist kurz: keine.<br />
Ist es dann nicht folgerichtig, dass die<br />
meisten PR-Abteilungen personell und finanziell<br />
eher mau ausgestattet sind, wie<br />
Ihre Studie offenbart?<br />
Fest steht: Die Chancen, als nicht masse n-<br />
affine Sportart klassische Publizität zu erfahren,<br />
sind selbst für eine gut aufgestellte<br />
Kommunikationsabteilung und trotz<br />
der geschätzten 4150 Medienanbieter in<br />
Deutschland, die über Sport bericht en,<br />
deutlich schlechter als vor zehn, 20 Jahren.<br />
Die Frage ist, welche Alternativen ich habe,<br />
um Imitations-Effekte zu schaffen und den<br />
Nachwuchs zu erreichen. Sie werden sehen:<br />
<strong>Der</strong> <strong>Deutsche</strong> Tennis Bund gewinnt durch<br />
Sabine Lisickis Wimbledon-Finaleinzug<br />
neue Mitglieder. Und das, obwohl das Spiel<br />
nur im Pay-TV lief.<br />
Tennis kann halt noch auf einen PR-unabhängigen<br />
Hype hoffen. Was bleibt den anderen<br />
angesichts des Desinteresses klassischer<br />
Medien? Nur der direkte Dialog<br />
über Facebook und eigene Plattformen?<br />
Das kann eine Strategie sein, muss es aber<br />
nicht. Zu einem Trendsportverband passt<br />
so ein Social-Media-basiertes Konzept, aber<br />
wenn ein Verein X erst mal seine Halle vollkriegen<br />
muss, wird das nicht reichen. Es<br />
kommt auf die Sportart, die Zielgruppe,<br />
den Zuschnitt der Organisation an. Deshalb<br />
brauche ich ein Ko mmunikations-<br />
management: Wo stehen wir, was wollen<br />
wir, wie kommen wir dahin? Es muss ja<br />
nicht jeder in den nationalen TV-Sendern<br />
und Tageszeitungen auftauchen. Für bestimmte<br />
Ziele können regionale Kommunikationskonzepte<br />
viel wirksamer und<br />
wirtschaftlicher sein.<br />
Die meisten Befragten halten journalistische<br />
Erfahrung für die wichtigste Jobvoraussetzung.<br />
Wäre strategische Kompetenz<br />
wichtiger?<br />
So weit würde ich nicht g ehen. Die Studie<br />
hat gezeigt, dass die meisten Teilnehmer in<br />
erster Linie journalistische Tätigkeiten ausüben.<br />
Wenn das so ist, brauchen sie entsprechende<br />
Kompetenzen. Ein großes Problem<br />
besteht aber darin, dass es bei manchen PR-<br />
Verantwortlichen genau daran scheitert –<br />
weniger bei den hauptber uflichen, denn<br />
die können f lüssig, zielgruppengerecht<br />
und medienadäquat schreiben. Aber wenn<br />
wir über zweite, dritte sowie „unterklassige“<br />
Ligen reden oder über manche nicht-ol ympische<br />
Verbände, muss vielleicht ein Ehrenamtlicher<br />
die PR v erantworten. Solche<br />
Personen sind bei allem lobenswerten Engagement<br />
nicht selten überfordert, wobei man<br />
sich die Basics über entsprechende W eiterbildungen<br />
aneignen kann. Die Entwicklung<br />
seriöser PR-Strategien verlangt aber zweifellos<br />
hauptamtliche Strukturen.<br />
<strong>Der</strong> mediale Wandel mache Kommunikation<br />
anonymer, sprunghafter, schwer<br />
durchschaubar, betonen Sie, etwa durch<br />
Blogger und twitternde Sportler. Wie können<br />
Organisationen darauf reagieren?<br />
Das ist ein kompliziertes Feld. Einige reagieren,<br />
indem sie mit den A thleten Vereinbarungen<br />
treffen, wer was wann sag en darf,<br />
etwa bei bestimmten Events. Damit betritt<br />
man zwar rechtlich schwierig es Terrain,<br />
aber es kann einem V erein nicht gefallen,<br />
wenn ein Fußballer auf der Fahrt ins Stadion<br />
twittert, dass er heute nicht spielt. Nur:<br />
Junge Sportler wachsen inzwischen mit sozialen<br />
Medien auf, sie lassen sich da ungern<br />
einschränken – nicht zu vergessen, dass sich<br />
ein Facebook-Account auch als persönliche<br />
Werbeplattform eignet. ]<br />
DER PROFESSOR UND SEINE STUDIE<br />
Professor Michael Schaffrath,<br />
Jahrgang 1966, lehrt und forscht<br />
an der TU München, wo er den<br />
Arbeitsbereich für Medien und<br />
Kommunikation an der Fakultät<br />
für Sport- und Gesundheitswissenschaft<br />
leitet. Zuvor war der<br />
einstige Sportjournalist (WDR,<br />
RTL, SID) an der <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule<br />
Köln und vier weiteren<br />
Hochschulen tätig. Schaffrath<br />
hat zehn Monografien und Anthologien<br />
verfasst und gibt die Schriftenreihe<br />
„Sportpublizistik“ im<br />
LIT Verlag heraus.<br />
Die Ende 2012 veröffentlichte Studie<br />
„Sport-PR als Beruf“ basiert auf<br />
der Onlinebefragung von 320<br />
Presseverantwortlichen aus acht<br />
Sportarten: Fußball, Handball,<br />
Basketball, Eishockey, Hockey,<br />
Volleyball, Tennis und Tischtennis.<br />
178 von ihnen beantworteten alle<br />
Fragen.