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neue serie: jetzt kaufich mir ein schiff<br />
<strong>Segel</strong><strong>Journal</strong><br />
segeljournal.com · märz/april 02/2013 · 5,20 Euro<br />
Alles, was Segler bewegt<br />
Revierporträt Müritz<br />
für individualisten und<br />
naturliebhaber<br />
Hetis Geschichte<br />
Deutsche 12MR-yacht<br />
mit Gaffeltakelung<br />
Österreich: 5,80 Euro · Schweiz: SFR 9,80 · BeNeLux: 5,90 Euro · Italien/Spanien: 6,60 Euro<br />
Place to be<br />
14 Orte für<br />
weltumsegler<br />
Yachtcheck<br />
<strong>Catana</strong> <strong>59</strong><br />
groSSer kat für lange törns<br />
1
PANTAENIUS C H A R T E R<br />
Ob Bootseigner<br />
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2 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013<br />
www.pantaenius.de
editorial<br />
Nicht bald, jetzt!<br />
Als Segler lebt man davon Prioritäten zu setzen, bei Manövern gibt es Reihenfolgen,<br />
beim Anlegen, <strong>Segel</strong>packen, Essen, Kochen an Bord. Immer muss etwas<br />
zuerst getan werden, damit das Nächste funktioniert. Und das ist mit dem großen<br />
Traum vom <strong>Segel</strong>n ähnlich: Es gibt Momente, in denen passt einfach alles<br />
ziemlich gut zusammen. Das Schiff ist da, vielleicht ein wenig Geld, der Job könnte<br />
auch noch ein bisschen warten. Und genau das ist der Moment es zu tun,<br />
damit man nicht in ein paar Jahren verpassten Chancen nachtrauert.<br />
Jemandem Tipps zu geben über Dinge, die man noch nicht gemacht hat, ist<br />
dabei immer eine schwierige Geschichte. Im SEGEL JOURNAL lesen Sie nur Stories<br />
von Autoren, die unterwegs waren oder in der Vorbereitung sind. Unsere Autoren<br />
haben Träumen und Zielen Taten folgen lassen und einfach gemacht, was sie tun<br />
wollten: <strong>Segel</strong>n. Die Welt erobern. Das Leben genießen. Die See erfahren.<br />
Wolfgang Weber, der auf seiner Yacht Galateia zweimal die Welt umrundete,<br />
hat für das SEGEL JOURNAL 14 Spots zusammengestellt, die man<br />
auf einem Trip um die Welt gesehen haben sollte. Plätze, die nur von der<br />
Wasserseite ihre besondere Schönheit offenbaren. Orte, die schon von<br />
Generationen von Seefahrern aufgesucht wurden.<br />
Claus Reissig hat auch einfach mal gemacht. Und sich ein Schiff gekauft.<br />
In unserer neuen Serie berichtet er von seinem Leben als Bootseigner.<br />
Doch bis zum ersten Schlag muss noch einiges getan werden. Also führt<br />
er Listen. Listen mit Sachen, die an Bord fehlen. Listen mit dringenden<br />
Reparaturen. Listen mit nötigen Reparaturen. Listen mit…<br />
Unsere Autorin Kirsten Panzer-Gunkel hat erlebt, dass ein Seglerleben ohne<br />
eigene Yacht wunderschön sein kann. Sie hat den Winter-Blues in<br />
Deutschland gegen eine Woche <strong>Segel</strong>n in der Karibik getauscht. Als Teil<br />
einer gut organisierten Chartermannschaft, die gerade dann zusammenhält,<br />
wenn nicht alles nach Plan läuft.<br />
Und auch Nioclás Seeliger hat einfach mal gemacht: an Bord der Roald<br />
Amundsen angeheuert und losgefahren. Aus seinen Erlebnissen an Bord ist der<br />
Roman „Durch den Wind“ entstanden. Wir haben ein Kapitel ausgewählt, in dem<br />
er sich der Rolle des Kapitäns bei Sturm stellen muss.<br />
In unserem Beileger über die Türkei stellen wir Ihnen ein Land vor, das mehr<br />
bietet als eine sonnige Urlaubsreise. Jahrtausendealte Kultur, wunderschöne<br />
Buchten und eine überwältigende Gastfreundschaft machen das Land zu einem<br />
Paradies für Segler.<br />
Wo immer Sie in die neue Saison 2013 starten: Ich wünsche Ihnen, dass nicht<br />
mehr viel an Bord zu tun ist. Und dass Sie sich die Zeit für das nehmen können,<br />
was wichtig ist: <strong>Segel</strong>n!<br />
Viel Spaß beim Lesen der neuen Ausgabe wünscht Ihnen<br />
Sandra-Valeska Bruhns<br />
Chefredakteurin
inhalt<br />
März/April 2013<br />
16 HETI<br />
40 british virgin islands<br />
52 panzer segelt...<br />
auf der müritz<br />
Foto: www.shutterstock.<br />
com/SchneiderStockImages<br />
yachting 13 – 36<br />
travel 37 – 58<br />
Sports <strong>59</strong> – 76<br />
14 Highlights<br />
38 highlights<br />
60 highlights<br />
16 100 Jahre heti<br />
12MR-Renner, Hausboot, Übungsschiff<br />
und nun wieder traditioneller<br />
Gaffelsegler<br />
22 yachtcheck catana <strong>59</strong><br />
Der perfekte Katamaran<br />
für die große Fahrt<br />
28 jetzt kauf' ich mir ein schiff<br />
teil 1: Die Sache mit den Listen<br />
32 ortungssysteme<br />
Technik für Helfer und Helfende<br />
40 british virgin islands<br />
Nasse Dollars, Hummer und Piraten<br />
48 place to be<br />
14 Orte für Weltumsegler<br />
52 panzer segelt...<br />
auf der müritz<br />
Deutschlands größten See zu<br />
erkunden, braucht Zeit<br />
58 Travel-Guide<br />
62 clipper race<br />
Das Weltrennen für jeden,<br />
der Zeit, Geld und Ausdauer hat<br />
70 youth america's cup<br />
45 statt 72 Fuß: Die Regatta für<br />
die Cup-Cracks von morgen<br />
72 mittwochsregatta<br />
Mit dem Känguru-Prinzip<br />
um die Tonnen<br />
35 yachting-guide<br />
4 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
62 clipper race<br />
80 durch den wind<br />
Die Kombination aus wirklichem und wahrhaftigem <strong>Segel</strong>n,<br />
aus Fighten, Feiern und Faulenzen, das macht die Karibik Trophy<br />
auf den British Virgin Islands aus<br />
sailors 77 – 97<br />
standards<br />
78 highlights<br />
03 editorial<br />
80 durch den wind<br />
Nioclás Seeligers Roman von<br />
Bord der Roald Amundsen<br />
86 ein mittagessen mit...<br />
Niklas Zennström, Skype-Gründer<br />
und Eigner der Rennyacht Rán<br />
92 sonnenbrillen<br />
Gut sehen und super aussehen –<br />
nicht nur an Bord<br />
96 Meer-Lektüre !<br />
Neue Bücher für Segler,<br />
gelesen von Stefan Schorr<br />
06 zoom<br />
10 magazin<br />
94 Gewinnspiel<br />
Thor Heyerdahl-Fan?<br />
Wir verlosen Kino-Packages zum<br />
neuen Film über die Kon-Tiki<br />
95 impressum<br />
98 16 fragen an...<br />
Cengiz Inceören,<br />
Gründer von Argos-Yachting<br />
märz/april 2013<br />
Titelfoto: <strong>Catana</strong> <strong>59</strong><br />
Copyright: Claus Reissig<br />
segeljournal.com<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
5
6 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
zoom<br />
78 Tage, zwei Stunden, 16 Minuten<br />
und 40 Sekunden – Weltrekord!<br />
François Gabart ist der erste, der alleine in weniger<br />
als 80 Tagen um die Welt segelte. Auf der<br />
Ziellinie der Vendée Globe Challenge riss er voller<br />
Stolz die Arme in die Höhe, beim Anblick der Menschenmassen,<br />
die ihm von der Pier in Les Sables<br />
d’ Olonne zujubelten, schlug er von Emotionen<br />
überwältigt die Hände vors Gesicht. AnschlieSSend<br />
zündete er, wie es sich für einen echten Vendée<br />
Globe-Segler gehört, zwei Handfackeln an und lief<br />
mit seiner Yacht im Schein der Bengalos in den<br />
Hafen ein. Kaum einer hatte in dem 29-jährigen einen<br />
Favoriten auf den Sieg bei der härtesten Einhand-<br />
Regatta der Welt gesehen. Der blonde, jungenhaft<br />
wirkende Skipper, der von der französischen Presse<br />
gern als idealer Schwiegersohn charakterisiert<br />
wird, nahm nach dem Zieldurchlauf erst einmal<br />
seine Frau minutenlang fest in die Arme.<br />
Foto: © VINCENT CURUTCHET / DPPI / Vendée Globe<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
7
Sieben gegen einen<br />
Den leichtesten Job an Bord der Supermaxi Ragamuffin-Loyal<br />
hat der Typ vorne auf dem Gennakerbaum,<br />
der mit dem Einschäkeln des Code Zero beschäftigt<br />
ist. Sieben weitere Kollegen zerren derweil an dem<br />
über das Vorliek aufgerollten gewaltigen <strong>Segel</strong>, um<br />
die Spannung von der Schot zu nehmen. Die Helikopter-Aufnahme<br />
entstand nur wenige Minuten nach dem<br />
Start zur prestigeträchtigen Sydney-Hobart-Regatta.<br />
Die 2005 als Maximus gebaute Elliot 100 kam nach dem<br />
Sieger der Regatta Wild Oats als zweite Yacht ins Ziel.<br />
Für Eigner Syd Fischer war es die erste Teilnahme mit<br />
seiner 2012 gekauften Yacht an der Regatta. Der<br />
inzwischen 85-jährige Fischer ist der bekannteste<br />
Offshore-Segler Australiens, war sechsmal im<br />
Admiral’s Cup-Team seines Landes und hatte diverse<br />
Rennyachten, die immer auf den Namen Ragamuffin<br />
getauft wurden. Klar, dass der Mann mehrfach<br />
„Australian yachtman of the year“ wurde. Einen<br />
besonderen Rekord teilt er sich übrigens mit Sir<br />
Thomas Lipton: Beide forderten fünfmal den<br />
America’s Cup-Gewinner heraus.<br />
By the way: Ragamuffin ist ein schnöder, frecher<br />
Gassenjunge.<br />
Regattanews.com<br />
8 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013<br />
Foto: © Carlo Borlenghi / Rolex
zoom<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
9
magazin<br />
Der berühmte Forscher und Abenteurer Thor Heyerdahl<br />
war Nichtschwimmer. Das ist eine der erstaunlichen Tatsachen,<br />
die man in Joachim Rønnings und Espen Sandbergs<br />
Spielfilm „Kon-Tiki”, der am 21. März in den deutschen Kinos<br />
anläuft, über den norwegischen Volkshelden erfährt.<br />
Seine Reise wurde zur Legende: Der junge Forscher Thor<br />
Heyerdahl (Valheim Hagen) überquert 1947 auf einem<br />
selbstgebauten Floß aus Balsa-Hölzern, genannt Kon-Tiki,<br />
die Weiten des Pazifischen Ozeans – mit ungewissem Ausgang.<br />
Die riskante Forschungsreise ist für den Norweger<br />
die einzig reale Chance, seine revolutionäre Theorie zu beweisen:<br />
Polynesien wurde vor 1.500 Jahren zuerst – und<br />
zwar genau mit einem solchen Floß – von Südamerika aus<br />
besiedelt. Damit stellt er sich nicht nur gegen die gesamte<br />
Fachwelt, Heyerdahl setzt auch sein Leben aufs Spiel – und<br />
natürlich seine große Liebe.<br />
Ein bewegendes, von wunderschönen Naturaufnahmen<br />
gekröntes maritimes Melodram mit historischem Hintergrund.<br />
SJ-Urteil: Angucken. So viele begeisterte norwegische<br />
Zuschauer können nicht irren. kontiki-derfilm.de<br />
Nichtschwimmer<br />
auf<br />
groSSer<br />
Fahrt<br />
tasche mit<br />
herkunftsnachweis<br />
Jedes gute Hühnerei von glücklichen Hühnern,<br />
die immer nur frei herumgelaufen sind<br />
und sehr korrekte Bio-Körner gepickt haben,<br />
hat einen Herkunftsnachweis. Wenn man<br />
den aufgestempelten Zifferncode zu lesen<br />
versteht, bleiben keine Fragen offen und<br />
der Konsument weiß: Das ist ein echtes Ei.<br />
Wer sich sicher sein will, dass die coole neue<br />
Tasche aus <strong>Segel</strong>stoff auch wirklich schon<br />
einige Meilen hinter sich hat, wird beim französischen<br />
Label 727 Sailbags fündig. Ein Aufnäher<br />
auf Taschen, Portemonnaies<br />
und Schreibmappen zeigt genau,<br />
was für ein <strong>Segel</strong> verwendet<br />
und auf welchem Schiff es<br />
gefahren wurde. Typisch für<br />
Frankreich: Es sind auffällig viele<br />
Katamaran-<strong>Segel</strong> dabei.<br />
727sailbags.com<br />
Meer Müll<br />
im Museum<br />
Lust, auf Langfahrt zu gehen und im Pazifik Garbage<br />
Island zu suchen? Ob es eine Insel dieses Namens wirklich<br />
gibt, ist nicht belegt. Fakt ist aber, dass sich auf dem<br />
Ozean eine riesige schwimmende Fläche aus Plastikmüll<br />
gebildet hat. Müll, der durch die Meere schwimmt, verdreckt<br />
das Wasser, lässt Tiere verenden, die Plastikfetzchen<br />
mit Nahrung verwechseln, und landet durch den<br />
Nahrungskreislauf in Form von Fischen wieder auf unseren<br />
Tellern. Extrem unappetitlich? Finden wir auch. Aber<br />
genau deshalb lohnt sich ein Besuch der Ausstellung<br />
„Endstation Meer?“ im Hamburger Museum für Kunst<br />
und Gewerbe. Damit wir das nächste Mal springen, wenn<br />
eine Plastiktüte in den Hafen weht. mkg-hamburg.de<br />
10 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Zum Abhängen für zu Hause<br />
Na, auf der Kante wieder eine schlechte Figur gemacht? Und die Bauchmuskeln<br />
der letzten Saison sind über die langen Wintermonate spurlos verschwunden? Zusammen<br />
mit dem dreifachen Deutschen Meister im Laser und Olympiateilnehmer im<br />
49er Tobias Schadewaldt hat Bootsbaumeister Hendrik Kohrs aus Hooksiel Hängebänke<br />
speziell für Laser-Segler entwickelt. Die Trainingsgeräte entsprechen genau den<br />
Maßen eines Laser-Cockpits. Und sehen dabei noch so stylisch aus, dass sie vielleicht<br />
sogar im Wohnzimmer stehen dürfen. spezialbootsbau.de<br />
„Schlage nie ein Kind im fremden Hafen,<br />
denn es könnte dein eigenes sein“<br />
Ratschlag für die kommende Saison<br />
alles nur für die frau,<br />
oder was?<br />
Dr. Jim Clark ist begeisterter Segler und hat vor allem genug Geld, sich Schiffe zu<br />
leisten, von denen wir Normalos nicht einmal träumen. Darf er auch haben, als Mitbegründer<br />
von Netscape und Silicon Graphics hat er die digitale Revolution entscheidend<br />
vorangetrieben. Ihm gehören der 90-Meter-Schoner Athena, derzeit die<br />
drittgrößte <strong>Segel</strong>yacht der Welt, und Hanuman, ein Nachbau der J-Class-Yacht Endeavour<br />
II. Doch was nun? Clark verkauft. Geht das – der Mann ohne Schiff? Und<br />
stimmen die Gerüchte, dass seine Frau Kristi, die als australisches Bademoden-Model<br />
Kristi Hinze bekannt wurde, die <strong>Segel</strong>ei gar nicht so toll findet? Denn nun ist die<br />
Athena für schlappe 73 Millionen Euro auf dem Markt, Hanuman für 14 Millionen.<br />
Clark, der nächstes Jahr 70 wird, begründete den Verkauf der Schiffe damit, dass er<br />
bereits zweimal um die Welt gesegelt sei und das Mittelmeer und die Karibik inzwischen<br />
auswendig kenne. Kann aber auch sein, dass seine Frau mehr Familienzeit für<br />
sich und das inzwischen geborene Baby forderte und Clark seine vierte Ehe gerne<br />
fortführen möchte. Wie dem auch sei: So schnell wechseln Schiffe dieser Größenordnung<br />
selten den Besitzer. superyachts.com<br />
Fotos: Hersteller, Michaela Hille (Meermüll), Marine<br />
christliche seefahrt auf der<br />
gorch fock<br />
Auf dem <strong>Segel</strong>schulschiff der Bundesmarine Gorch Fock wird in Zukunft immer<br />
ein Militärgeistlicher mitsegeln und dort Seelsorger und Ansprechpartner<br />
für die jungen Kadetten sein. Die geplante Einschiffung eines<br />
Geistlichen gehört zu einem Paket von Reformen an Bord des Schiffes,<br />
nachdem das einstige Vorzeigeschiff Deutschlands vor knapp zwei<br />
Jahren durch zwei Todesfälle an Bord und Klagen der Kadetten über<br />
harsche Ausbildungsmethoden in die Schlagzeilen geraten war. Das<br />
gefährliche Auf- und Absteigen wird nun an Land auf einem Trainingsmast<br />
geübt, außerdem hat die Marine moderne Schwimmwesten<br />
angeschafft. Seit Januar dieses Jahres werden wieder Kadetten<br />
an Bord der „Fucking George“ ausgebildet. marine.de<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
11
magazin<br />
Kurt Arrigos<br />
Nilaya-Foto<br />
ist das Beste<br />
Die Insel Capri, die sich im blank polierten Rumpf der Superyacht Nilaya<br />
spiegelt, ließ Rolex-Fotograf Kurt Arrigo auf den Auslöser drücken. Mit diesem<br />
Bild, das er von der Baltic 112 beim Volcano Race schoss, gewann der<br />
maltesisches Fotograf nun den Wettbewerb Yacht Racing Image of the<br />
Year 2012. „Das Wetter war den ganzen Tag lang schlecht”, erinnert sich<br />
Arrigo an die Aufnahme. „Wir hatten uns mit dem Helikopter schon auf<br />
den Rückweg gemacht. Aber plötzlich riss es etwas auf und ich bat den<br />
Piloten, noch einmal zu dem führenden Schiff umzudrehen.” Ein Umweg,<br />
der sich gelohnt hat. Die Jury musste aus den eingereichten Bildern von<br />
46 internationalen Fotografen wählen. yachtracingimageoftheyear.com<br />
spruch des Monats:<br />
„Da kann man sich<br />
nicht über Stunden am<br />
Ruder festklammern<br />
wie Käpt’n Kleister!“<br />
<strong>Segel</strong>profi Tim Kröger über die Notwendigkeit,<br />
bei Hochseerennen ohne<br />
Rücksicht auf die empfindliche Eigneroder<br />
Skipperpsyche immer den Steuermann<br />
einzusetzen, der bei den vorherrschenden<br />
Bedingungen aus der Yacht<br />
die beste Performance herauskitzelt<br />
Kate<br />
trägt Bala<br />
Ach nee, jetzt heißt sie ja Prinzessin<br />
Catherine und trägt<br />
den royalen Nachwuchs des<br />
englischen Königreiches unter<br />
ihrem Herzen, aber egal, entscheidend<br />
für diese Meldung<br />
ist: Die schöne Kate – Trendsetterin<br />
in Sachen Fashion und<br />
Stil – ist eine von uns. Der klassische<br />
Damen-Mokassin Bala<br />
von Dockside-Spezialist Sebago<br />
hat es ihr angetan. Kostet<br />
dezente 99,90 Euro, ist in vielen<br />
verschiedenen Farben erhältlich<br />
und so schön flach, dass<br />
man damit meilenweit durch<br />
Häfen und Küstendörfer wandern<br />
kann. whatkatewore.com<br />
Kein Rostklopfen im Elitezoo<br />
Was stellt man sich unter einer Hafencity vor? Richtig, einen Stadtteil im Hafen, mit Stegen, Booten<br />
und Seglern. Die schmucken Dampfer und historischen Segler, die am Sandtorkai der Hamburger<br />
Hafencity ihr Quartier haben, machen auch erst das maritime Flair aus, das mancher Immobilienbesitzer<br />
suchte, als er einen Kaufvertrag für eine der teuren, neu entstandenen Wohnungen unterschrieb.<br />
Doch nun gibt es Ärger in Hamburgs jüngstem Stadtteil: Die Segler arbeiten an ihren<br />
Schiffen, und das verursacht Lärm, schlimmer noch: hafentypische Geräusche! Drei Hammerschläge<br />
an Bord der Traditionsschiffe genügen und bei den Anwohnern regt sich sofort Protest. Alle Beschwerden<br />
laufen bei Joachim Kaiser auf, Geschäftsführer der Stiftung Hamburg Maritim, die den<br />
Sandtorhafen betreibt und schon einen ganzen Ordner voller Beschwerden gesammelt hat. Einer<br />
der ehrenamtlichen Hafenmeister sagte gegenüber dem Hamburger Abendblatt: „Die Schiffseigner<br />
verhalten sich tadellos, aber wir haben hier einen Elitezoo wohnen.“ hafencity.com<br />
Fotos: Hersteller; www.shutterstock.com/Mariusz S. Jurgielewicz<br />
12 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting<br />
Foto: Monika Kludas<br />
highlights neues auf dem Markt 14 – 15<br />
heti Deutschlands 12er mit traditioneller Gaffeltakelung 16 – 21<br />
yachtcheck catana <strong>59</strong> Perfekter Katamaran für lange Touren 22 – 27<br />
schiffskauf die sache mit den listen 28 – 31<br />
ortungssysteme Technik, die Leben rettet 32 – 34<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal 13
yachtinghighlights<br />
Mit der<br />
Matratze<br />
an den Strand<br />
Eines kann man den Vätern der Tiwal 3.2, der Schlauchjolle,<br />
nicht vorwerfen: mangelnden Mut zu Neuem. Für Yachteigner<br />
könnte sie sogar das ideale Beiboot werden. Der Rumpf wird<br />
einfach aufgeblasen, Mast drauf, zwei Ausreitbügel und das<br />
Ruder dran und schon kann es losgehen. Mit dem Schlauchsegler<br />
will Designerin Marion Excoffon dem Trend zu aufblasbaren<br />
Booten eine segelnde Alternative zur Seite stellen. 50<br />
Kilogramm wiegt der Mini-Segler, zerlegt passt er in zwei Taschen<br />
– und damit vermutlich in die meisten Backskisten. Der<br />
Aufbau soll 20 Minuten dauern. tiwal.com<br />
Drüberschmieren<br />
und gut!<br />
Biresin Boat Repair heißt das neue Wundermittel von Sika für kleinere Reparaturen<br />
an der Außenhaut oder an Deck. Ob Polyester, Epoxid oder Holz:<br />
Einfach eine Tube Epoxy und ein Fläschchen Aktivator mischen und zügig<br />
verarbeiten. Glasfaser-Gewebestreifen, Mischbecher, Mixstäbe, Pinsel,<br />
Schleifpapier und Handschuhe gehören zum Erste-Hilfe-Pack für Yachten<br />
von Sika auch dazu. Und natürlich eine ausführliche Arbeitsanleitung.<br />
deu.sika.com<br />
14 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013<br />
Schneller Katamaran<br />
aus dem Land der Ferraristi<br />
Der Slyder 46 ist ein Katamaran der neuen Generation. Und zeigt<br />
gleich, wo er seine gestalterischen Wurzeln hat: Das Konzept kommt<br />
von Christian Paulitsch, der viele Jahre für Wally arbeitete. So ist auch<br />
das Design des Katamarans sehr italienisch, fein und minimalistisch.<br />
Das im Vinylester-Komposit-Infusionsverfahren gebaute Schiff wiegt<br />
bei einer Länge von rund 14 Metern und einer Breite von 7,15 Metern<br />
nur 7,8 Tonnen. Mit so wenig Leergewicht und einer Amwindsegelfläche<br />
von 129 Quadratmetern geht es auf dem Kat flott voran. Der Slyder<br />
46 ist als Eignerversion und als Vier-Kabiner erhältlich, Speed-Enthusiasten ordern<br />
das Schiff mit einem Karbonrigg und rotierbarem Mast. catcruising.de
Fotos: Hersteller<br />
Generator<br />
mit handlaminierten<br />
Rotorblättern<br />
Der Silentwind Generator 400+ punktet an Bord mit einer Reihe<br />
von Verbesserungen gegenüber dem Vorgängermodell. Schon<br />
bei wenig Wind beginnt er zu laden, die vergrößerte Windfahne<br />
ermöglicht eine schnellere Windnachführung und exaktere<br />
Windausrichtung bei Seegang, und die Nennleistung beträgt nun 420 Watt.<br />
Dazu sind die CFK-Rotorblätter fast echte Handarbeit… Zumindest von<br />
Hand geschliffen werden sie, bevor sie an Bord ihren oft jahrelangen Dienst<br />
antreten. Durch ihren UV-Schutz sind sie weltweit in allen Klimazonen im<br />
Einsatz und haben sich auch bei Polar-Forschungsstationen bewährt.<br />
silentwindgenerator.de<br />
NV.-Karten<br />
auch elektronisch<br />
Vor allem in nordeuropäischen Gewässern sind die Seekarten des Eckernförder<br />
NV. Verlags nicht mehr wegzudenken. Die Kartensätze sind kompakt,<br />
detailliert und auf die Bedürfnisse von Wassersportlern zugeschnitten. Jetzt<br />
haben die nachrückenden Junior-Chefs bei den Nautischen Veröffentlichungen<br />
den Weg ins digitale Zeitalter geebnet: Die Karten können in<br />
Zukunft auf Plottern der Hersteller Lowrance, Simrad und B&G gelesen werden.<br />
Die Karten werden nach dem Plug & Play-Prinzip auf SD- oder Micro<br />
SD-Karten angeboten. Aktuell verfügbare Kartenregionen umfassen Europa,<br />
USA, Kuba, Bahamas und die Karibik. nv-verlag.de<br />
BarfuSSroute mit<br />
aufgepusteter <strong>Segel</strong>latte<br />
So ein schöner Vormwinder kann bei einer kleinen<br />
Crew ganz schön viel Stress auslösen. Denn bevor<br />
der Spinnaker gesetzt ist und das Schiff beschleunigt,<br />
ist oft Hektik an Bord angesagt. Und so mancher<br />
Segler wünscht sich mindestens ein paar Arme<br />
mehr. Deutlich entspannter lässt sich ein Parasailor<br />
setzen, der im Gegensatz zum konventionellen<br />
Spinnaker auch noch besser steht und nicht dazu<br />
neigt einzufallen. Die Stabilität kommt durch einen<br />
horizontal quer zwischen den Lieken verlaufenden<br />
Flügel, der sich wie eine Luftmatratze aufpustet und<br />
das <strong>Segel</strong> versteift. Wie eine <strong>Segel</strong>latte stützt er das<br />
<strong>Segel</strong>, wenn es durch einen leichten Winddreher<br />
einfallen möchte. Das ist smart. Und deshalb haben<br />
die beiden Schweriner André Kurreck und Tim Wolf<br />
mit ihrer nur 7,31 Meter langen Shark 24 bei ihrem<br />
Trip von Las Palmas in die Karibik auch so ein <strong>Segel</strong><br />
dabei. Damit an Bord keine Hektik aufkommt, nur<br />
weil der Wind von achtern schiebt. istec.ag<br />
Der Travel 1003 – so sauber, leicht und<br />
leise kann ein Außenborder sein.<br />
Kraftvoller, effizienter, komfortabler: der Travel 1003 entspricht einem 3 PS Außenborder und bringt es auf bis zu 5 kn.<br />
Mit integriertem Lithium-Akku, GPS im Bordcomputer, wasserdicht IP 67.<br />
Der perfekte E-Außenborder für Dinghies, Klein- und <strong>Segel</strong>boote bis zu 1,5 t.<br />
www.torqeedo.com
yachting I Heti<br />
100 Jahre<br />
heti<br />
text monika kludas fotos Monika Kludas; Stiftung Hamburg Maritim<br />
16 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Sie ist der letzte deutsche<br />
12er mit traditioneller Gaffeltakelung,<br />
wurde nach glanzvollen Jahren auf<br />
den Regattabahnen ZUM ÜBUNGSANLEGER<br />
UND HAUSBOOT VERUNSTALTET, musste<br />
ein Refit in eine IOR-Yacht ertragen<br />
und darf jetzt wieder sein, was sie<br />
wirklich ist: Ein schnelles, mit<br />
groSSer Handwerkskunst<br />
gefertigtes Schiff. Die neu<br />
erwachte Leidenschaft für<br />
die 12mR-Klasse gab den<br />
AnstoSS zur originalgetreuen<br />
Restaurierung.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
17
"Es war ein herrliches Schiff,<br />
das wir alle liebten"<br />
Die inzwischen verstorbene Hedwig Howaldt geborene Eschenburg durfte den Zwölfer zweimal auf ihren Kosenamen Heti taufen: 1912 als Sechsjährige<br />
beim Stapellauf und 2000 im Alter von 94 Jahren während der Restaurierung (oben). Wie ihre beiden Schwestern und drei Brüder war sie eine begeisterte<br />
Seglerin. An dem stark beanspruchten Rumpf und Deck musste jedes historische Detail rekonstruiert werden (unten rechts und links)<br />
Ohne Seezaun und nur mit zwei Vorsegelwinschen auf<br />
dem weit überholenden Deck der Zwanzigmeteryacht<br />
Heti konzentrierte Regattamanöver zu fahren, das pusht<br />
den Adrenalinspiegel der sieben Männer und Frauen an den<br />
oberen Anschlagpunkt. An der Leetonne holt Christopher Rothe<br />
auf dem Achterdeck frei stehend 90 Meter Großschot Hand über<br />
Hand, gegen den Winddruck im 125 Quadratmeter großen <strong>Segel</strong>.<br />
Gleichzeitig wird auf dem stampfenden Vorschiff der 280 Quadratmeter<br />
große, um sich schlagende Spinnaker vom Mast gepflückt<br />
und ins Vorluk gestopft. Und manch ein Zuschauer schluckt trocken,<br />
wenn zur Beobachtung der Regattakonkurrenten Vorschiffsmann<br />
Moritz Drerup auf dem vier Meter langen Klüverbaum ohne<br />
Netz und doppelten Boden bis zur Nock hinausrutscht. Da krallt<br />
sich der Bowman gern mit <strong>Segel</strong>schuh-geschützten Füßen am<br />
Wasserstag fest, bis er auf seinem exponierten Posten am Klüverstag<br />
angekommen ist. Die 12mR-Yacht wie zu Kaisers Zeiten zu<br />
segeln, ersetzt jedes Fitness-Studio. Dennoch – den strahlenden<br />
Gesichtern sieht man den prickelnden Kick an, den ihnen Wind,<br />
Wasser und Rauschefahrt geben.<br />
Auf einer originalgetreuen Rennyacht wie Heti, die 2012 ihr erstes<br />
Jahrhundert vollendet hat, sind Reling und ganze Batterien von<br />
Winschen einfach tabu. Die anderen restaurierten 12mR-Yachten<br />
wie Trivia, Sphinx, Anitra und Evaine wurden 25 Jahre später gebaut,<br />
als man die Kraft der Kurbel überall an Deck verteilte. Aber<br />
auch sie fahren keine Stützen und Drähte spazieren. Nur auf Anitra,<br />
18 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting I heti<br />
Lebenslauf der 12mR-Yacht Heti<br />
1912 Konstruktion und Bau auf der Oertz-Werft in Hamburg-<br />
Neuhof für den Lübecker Holzimporteur Hermann Eschenburg,<br />
Taufe durch seine Tochter Hedwig<br />
1919 Übernahme durch den „Verein Seglerhaus am Wannsee“<br />
1923-1939 neuer Name ist Traum, Eigner und Torfhändler Max Hamers<br />
lässt sie zur Yawl umtakeln, er gewinnt 1936 den Helgoländer Inselpreis<br />
1939-1942 vermutlich Auflieger an der Weser<br />
1942-1949 Eigner Heinz Harmssen, Weser Yacht Club Bremen,<br />
Umbenennung in Nathurn<br />
1949-1960 vermutlich Hausboot auf der Weser<br />
1960-1966 als Übungsanleger Seeschwalbe bei der Hanseatischen<br />
Yachtschule Glücksburg durch Ramming schwer beschädigt<br />
1967 Der nächste Eigner Karsten Schaper repariert das immer<br />
noch motorlose Boot notdürftig, nennt es Moby Dick und segelt<br />
mit den veralteten Makosegeln<br />
1967 Peter Himstedt und Karl W. Maßberg restaurieren das Schiff,<br />
taufen es Saturn und takeln es zur Bermudaslup um<br />
Zur Gaffelyawl umgetakelt bleibt Traum (ex-Heti) eine schnelle Rennyacht<br />
und gewinnt 1936 den Helgoländer Inselpreis<br />
die intensiv zum Hochseesegeln genutzt wird und öfters unerfahrene<br />
Mitsegler an Bord hat, gehören Reling, Bug- und Heckkorb<br />
selbstverständlich zur Törnausrüstung.<br />
Schon 1912 segelte die Lübecker Familie Eschenburg auf der Heti<br />
ohne Decksbegrenzung. Die jüngste Eignertochter Hedwig, die<br />
als Sechsjährige den Neubau auf ihren Kosenamen taufen durfte,<br />
schätzte es ebenso wie ihre zwei Schwestern, am Ruder zu sitzen,<br />
während ihre drei Brüder mit Vater Hermann die <strong>Segel</strong> trimmten.<br />
Die Taufpatin Hedwig Howaldt war im April 2000 wie elektrisiert, als<br />
sie mit fast 94 Jahren ihre Yacht bei der Restaurierung wiedersah:<br />
„Es war ein herrliches Schiff, das wir alle liebten“, schwärmte sie in<br />
lebendig bewahrten Erinnerungen. „Bei Regatten vor Travemünde<br />
standen wir Kinder auf der Mole und beobachteten die Heimkehr<br />
der Teilnehmer. Einmal kam der Vater abends mit einer Büste von<br />
Kaiser Wilhelm II. als Preis nach Hause und seufzte: „Wo wir den nun<br />
bloß noch hinstellen!’“<br />
Zu jener Zeit gehörte der Gaffelkutter, vom namhaften Konstrukteur<br />
Dr. Max Oertz auf dessen Werft am Reiherstieg in Hamburg-<br />
Neuhof gebaut, zu einer der größten Rennklassen. Nach der ersten<br />
internationalen Meterformel von 1907 vermessen ergaben die Parameter<br />
wie Länge, Umfang, Tiefgang und <strong>Segel</strong>fläche die Zahl 12,<br />
daher 12mR-Yacht. Während die 8mR-Boote und noch kleinere Meterklassen<br />
ansehnliche Regattafelder zustande brachten, blieben<br />
deutsche Konkurrenten in der 12-, 15- und 19mR-Klasse und mit<br />
den riesigen Schonern (Rennwert um 27) recht einsam. Maximal<br />
je fünf Meldungen bei der Kieler Woche kamen nur durch ausländische<br />
Teilnehmer zustande. Auch der segelbegeisterte Prinz Heinrich<br />
war mehrfach aktiver Gast an Bord der Heti. Ende August 1919<br />
1974 komplette Modernisierung nach IOR mit neuem Deckslayout<br />
und Rigg, der Rumpf wird mit Laminat überzogen<br />
1977 Friedrich Goebel wird Eigner und verlegt das Schiff mit neuem<br />
Namen Romeo nach Imperia/Italien. Umbau und erfolgreiches<br />
Regattasegeln, bis 1998 durch eine Rigghavarie mit einer anderen<br />
Oertz-Yacht der Mast bricht<br />
1999 Goebel überlässt Romeo dem Verein „Jugend in Arbeit Hamburg<br />
e.V.“, der eine originalgetreue Restaurierung plant<br />
2000 Die „Stiftung Hamburg Maritim“ übernimmt als Beschäftigungsträger<br />
die Yacht. Die Taufpatin von 1912, Hedwig Howaldt<br />
geb. Eschenburg, tauft sie zurück auf den Namen Heti<br />
2005 Unter der Regie des Förder- und Betreibervereins „Freunde<br />
der <strong>Segel</strong>yacht Heti e.V.“ geht die 12mR-Yacht wieder in Fahrt und<br />
nimmt an Klassiker-Regatten teil<br />
2012 Heti feiert ihren 100. Geburtstag<br />
segelte die stolze Rennyacht ihre letzte Wettfahrt für Hermann<br />
Eschenburg und erhielt dann einen neuen Liegeplatz beim Verein<br />
Seglerhaus am Wannsee (VSaW) in Berlin, wo sie von den Alliierten<br />
nicht mehr als Seeschiff im Rahmen des Versailler Vertrags konfisziert<br />
werden konnte. In den folgenden 85 Jahren widerfuhr Heti,<br />
mehrfach umbenannt, umgeriggt, zum Anlegeponton verunstaltet<br />
und vernachlässigt, eine Odyssee, die ein weniger hochwertig<br />
gebauter Rumpf wohl nicht überstanden hätte (siehe Lebenslauf ).<br />
Zwischenzeitlich bewies sie als modernisierte IOR-Rennyacht Saturn<br />
mit vielen Hamburger Jungs ihr großes Potenzial und gewann<br />
1974 und 1975 das Blaue Band der Niederelbe mit neuem Bahnrekord,<br />
den bisher die 12mR-Yacht Lobito (ex-Sphinx) gehalten hatte.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
19
31,5 Quadratmeter Toppsegel müssen gebändigt werden. An der Bronzepinne die erfahrene Regattaseglerin Caroline Hagenberg (links).<br />
Fünf Jahre beanspruchte allein der Rückbau des modifizierten<br />
Klassikers beim Verein „Jugend in Arbeit Hamburg e.V.“. Zu Hetis<br />
Glück wurden dem Hamburger Unternehmer Philipp Schilling<br />
beim Anblick der endlos langen<br />
Überhänge und der immer<br />
noch herrlichen Linien die Knie<br />
weich und das Herz groß. Mit 13<br />
Partnern und Sponsoren gründete<br />
er den Verein „Freunde<br />
der <strong>Segel</strong>yacht Heti e.V.“, der für<br />
die rund 600.000 Euro teure Finanzierung<br />
des Wiederaufbaus<br />
sorgte. Dafür erhielt der Verein<br />
von der Schiffseignerin, der<br />
„Stiftung Hamburg Maritim“,<br />
die Genehmigung zur Dauernutzung,<br />
die eine Verpflichtung zur öffentlichen Präsentation des<br />
Kleinods traditioneller Hamburger Bootsbaukunst mit einschließt.<br />
Am 3. Oktober 2005 verrenkten sich die Hamburger am Elbstrand<br />
und in den feiertäglich gut besuchten Cafés von Oevelgönne bis<br />
Schulau die Köpfe, als der mit cremefarbenen <strong>Segel</strong>n geschmückte<br />
mächtige Gaffelkutter wunderschön restauriert durch die Wellen<br />
pflügte. „Ich habe mich beim ersten <strong>Segel</strong>n richtig in Heti verliebt“,<br />
gesteht Refit-Konstrukteur Max Riedl, der Rumpf und Rigg für das<br />
ursprüngliche harmonische Zusammenspiel neu berechnete.<br />
„Es ist fantastisch, dass sie jetzt fertig ist.“ Und auch Skipper Sven<br />
Klingenberg würdigte den einhundertsten Geburtstag 2012 mit<br />
"Auf einem klassischen<br />
Zwölfer zu segeln,<br />
ist etwas<br />
Ehrenvolles"<br />
einer persönlichen Liebeserklärung: „Auf einem klassischen Zwölfer<br />
segeln zu dürfen, sich in der Königsklasse des <strong>Segel</strong>sports zu bewegen,<br />
ist an sich schon etwas Ehrenvolles, dem man mit Demut und<br />
Dankbarkeit begegnen muss.“<br />
Der 45-Jährige, der im zarten<br />
Alter von sechs Monaten zum<br />
ersten Mal auf die elterliche<br />
Stahlsloop getragen wurde<br />
und später in zahlreichen Revieren<br />
so ziemlich alles einschließlich<br />
60-Fuß-Swans und<br />
dem weltgrößten Karbon-Kat<br />
unter den Füßen hatte, weiß,<br />
wovon er spricht. Touren mit<br />
dem historischen Zwölfer wie<br />
die Jubiläumsreise 2012 in die<br />
schwedischen Schären sind eine navigatorische wie seglerische<br />
Herausforderung. „Man muss wissen, wie dieser besondere Gaffelkutter<br />
gefahren wird“, macht er deutlich, „vor allem, wenn der Riesen-<br />
Großbaum 60 Zentimeter über Deck rüberdonnert. Da wird manchmal<br />
auch den alten Hasen mulmig“, gibt er zu bedenken. Auch<br />
Alexander Groth und der Schiffsmakler Thomas G. Ernst, aktives Mitglied<br />
des Betreibervereins, führen die sportliche Heti. Die Crewmitglieder,<br />
je nachdem wie eingespielt sie sind, brauchen zum Setzen<br />
der fünf Basissegel Groß, Fock, Klüver, Flieger und Toppsegel zwischen<br />
20 und 45 Minuten. Bei Regatten gibt es für zehn Männer und<br />
Frauen genug zu tun. „Alleine das Gaffelsegel wiegt 250 Kilogramm<br />
und muss von Hand mit Piek- und Klaufall synchron gesetzt werden“,<br />
20 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting I heti<br />
beschreibt Klingenberg den physischen Aufwand. „Ohne Einsatz von<br />
Winschen, nur mit Untersetzung von Taljen, bleibt es eine Knochenarbeit<br />
von meist sechs kräftigen Menschen, die die richtige Technik<br />
beherrschen.“ Und die gelegentlich mitsegelnden Chartergäste<br />
staunen immer, wie viel Muskelkraft zum Bewegen des 27 Tonnen<br />
schweren Klassikers erforderlich ist.<br />
Raumschots auf der<br />
Regattabahn mit 230<br />
Quadratmetern Tuch<br />
Während am Ende der Wettfahrten auf den anderen Zwölfern, die<br />
teilweise sehr ehrgeizig gesegelt werden, Manöverkritik geäußert<br />
wird, ist die Crew der Heti oft nur froh, mit heiler Haut und ohne<br />
Schaden in den Hafen zurückzukommen. Mit der Gaffeltakelung<br />
bleibt sie auf den Up-and-Down-Kursen den hochgetakelten<br />
Schiffen unterlegen und deshalb wird diese Art Wettfahrten eher<br />
gemieden. „Gute Regattasegler wollen nicht hinterherfahren“,<br />
meint Klingenberg selbstbewusst. „Dagegen sind die klassischen<br />
Dreiecke wie bei den German Classics in Laboe prima.“ Bei durchschnittlich<br />
drei Beaufort und Halbwindkurs rauscht die alte Dame<br />
mit acht Knoten über den Parcours. „Dieses majestätische Dahingleiten<br />
ist ein großartiges Gefühl, so unfassbar schön“, sprudelt der<br />
Skipper vor Begeisterung über. Anschließend hockt die Crew auf<br />
weißen Kissen entspannt auf dem Vorschiff und genießt ein Glas<br />
Wein, hauchdünn geschnittenen Serrano-Schinken und den sommerlichen<br />
Sonnenuntergang. Thomas G. Ernst hat auf so mancher<br />
Fahrt mit Kunden und Geschäftsfreunden „den bleibenden Eindruck,<br />
dass man sich über fett lackiertem Holz, mit Leder benähten<br />
Blöcken und faszinierenden <strong>Segel</strong>eigenschaften einer so alten<br />
Yacht sehr viel näher kommt, als wenn man mit diesen Leuten zum<br />
Lunch gehen würde“.<br />
Heti hebt sich aber nicht nur durch eine ausgelassene Stimmung<br />
ab. Grundsätzlich wird mit gemischter Crew gesegelt, was in der<br />
Regattaszene der großen Klassiker noch nicht überall zum Standard<br />
zählt. Wie an Bord zu hören ist, fördert diese Patchwork-<br />
Familie die Quantität und Qualität der Kommunikation erheblich<br />
und sorgt unterwegs für jede Menge Spaß. Alle sind dazu bereit,<br />
in der Enge des Schiffs Rücksicht aufeinander zu nehmen, denn<br />
eine Privatsphäre in der offenen Inneneinrichtung gibt es kaum.<br />
Neue erfahrene Mitsegler, männlich oder weiblich, sind jederzeit<br />
willkommen. Auch der Humor kommt bei der Einweisung nicht zu<br />
kurz: „Da ist vorn, dort ist hinten, hier geht’s zur U-Bahn“, wird manch<br />
einer gleich zu Anfang auf den Arm genommen. Aber tatsächlich<br />
herrscht „ein klarer Ton an Bord“, damit auch in schwierigen Situationen<br />
alle wissen, was zu tun ist. „Die Motivation, die daraus resultiert,<br />
kommt der Pflege und dem besonnenen Umgang mit der<br />
historischen Rennyacht zugute“, fasst Sven Klingenberg zusammen.<br />
Das menschliche Miteinander, das die Liebe zu Heti bewirkt,<br />
verspürt auch Philipp Schilling: „Bisher habe ich meine Freunde<br />
meistens abends beim Essen im Restaurant getroffen, jetzt<br />
machen wir an Bord auch tagsüber etwas gemeinsam. Die Art der<br />
Gespräche hat sich verändert und ich lerne andere Wesenszüge<br />
meiner Freunde kennen.“<br />
In nunmehr sieben erfolgreichen Saisons hat die restaurierte<br />
12mR-Yacht rund 5.700 Seemeilen geloggt, einschließlich<br />
eines mehrwöchigen Törns zu ihrem 100. Geburtstag in<br />
die schwedischen Schären. Der hätte bestimmt auch „Heti"<br />
Hedwig Howaldt geb. Eschenburg gefallen.<br />
heti<br />
Lüa Rumpf<br />
Lüa mit Klüverbaum<br />
Lwl<br />
breite<br />
tiefgang<br />
verdrängung<br />
takelung<br />
18,60 m<br />
23 m<br />
13,24 m<br />
3,50 m<br />
2,80 m<br />
27 t<br />
Gaffelkutter<br />
segelfläche am Wind 230,5 m 2<br />
Gennaker 200 m 2<br />
spinnaker 280 m 2<br />
baumaterial<br />
konstrukteur<br />
konstrukteur restaurierung<br />
Innen- und AuSSendesign<br />
Werft/Baujahr<br />
Restaurierung<br />
Eigner<br />
Betreiber<br />
Mahagoniplanken auf Holz- und<br />
Stahlspanten<br />
1912, Dr. Ing. Max Oertz<br />
Max Riedl, Hamburg<br />
Max Riedl, Hamburg<br />
Max Oertz Werft, Hamburg-Neuhof/1912<br />
Jugend in Arbeit Hamburg e.V./1999-2005<br />
Stiftung Hamburg Maritim<br />
Freunde der <strong>Segel</strong>yacht HETI e.V<br />
heti-12mR.de<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
21
yachtcheck<br />
Perfekt für<br />
lange strecken<br />
<strong>Catana</strong> kennt sich aus mit Katamaranen für groSSe<br />
Törns, die neue <strong>59</strong> wurde mit Spannung erwartet. Design und<br />
Lebensraum an Bord sind ein Quantensprung der Yachtgestaltung.<br />
Für das <strong>Segel</strong> <strong>Journal</strong> war Claus Reissig an Bord.<br />
fotos <strong>Catana</strong>/claus reissig<br />
22 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting I catana <strong>59</strong><br />
Ein Katamaran ist das Richtige für lange<br />
Strecken, am besten geht es mehrere Tage<br />
geradeaus und dann liegt das Schiff als Bungalow<br />
vor Anker in einer Bucht. Ein Kat ist<br />
das Lebeschiff; wo andere Segler die Reise<br />
beginnen zu verfluchen, könnte es mit einem<br />
Kat noch komfortabel sein – oder zumindest<br />
aufrecht. Ausprobieren können wir das<br />
heute nicht. Aber immerhin schon einmal<br />
von Cannes zurück zum Heimathafen Canet-en-Roussillon an<br />
der spanischen Grenze fahren. Sicher, eine Überführung kann<br />
– darf – nicht die Konzeption eines Schiffs rechtfertigen. Besser<br />
wäre es vielleicht einmal über den Atlantik, aber das wäre zu viel<br />
des Aufwands. Was sich feststellen lässt, ist, dass die Art zu Reisen<br />
auf zwei Rümpfen eine sehr angenehme ist. Da hat sich seit den<br />
Zeiten der polynesischen Ureinwohner nicht viel geändert. Die<br />
hätten vermutlich die Frage gestellt: Wofür braucht man eigentlich<br />
einen Einrümpfer?<br />
Darauf kann man antworten, dass sie natürlich keine Regatten<br />
vor der Haustür gesegelt sind, zweifelsfrei eine Domäne von<br />
Kielyachten. Katamarane hingegen sind die perfekten Reiseyachten,<br />
und <strong>Catana</strong>, Werft aus Südfrankreich, ist der Name, der<br />
seit Jahrzehnten damit verbunden wird: schnell, solide, in gewisser<br />
Weise kompromisslos. Aber auch: modern und voller Ideen,<br />
Designvorreiter. Da ist es mit der neuen <strong>Catana</strong> <strong>59</strong> nicht anders.<br />
Sie wurde heiß erwartet, verkörpert die neue Designsprache der<br />
Werft. Ähnlich wie bei Autoherstellern ein komplett neues Design<br />
nach einer Zeit von Facelifts. <strong>Catana</strong> braucht frischen Wind, wie<br />
alle Werften leidet sie unter der Konjunktur. Der stärkste Mitbewerber<br />
Outremer hat schon seine neue 5X am Start, da darf man<br />
nicht zu lange warten.<br />
Statt der bisher <strong>Catana</strong>-typischen senkrechten Steven trägt die<br />
<strong>59</strong> so genannte Axe-Bows (also Axt-Büge), die in der Wasserlinie<br />
weiter vorspringen als an Deck. Kantig das Äußere, ein wenig wie<br />
ein Stealth-Boot, dazu Weiß und Grau, das Teak an Deck wurde<br />
zeitgemäß gegen Kunststoff getauscht. Zwar mit Holzanmutung,<br />
aber ebenfalls grau – mit weißen Fugen. Man kann es kaum anders<br />
sagen: Es passt perfekt zusammen, der Bodenbelag läuft fast<br />
nahtlos (bis auf die Türschienen) durch die mächtige dreiteilige<br />
Salontür nach innen. Cockpit und Salon verschwimmen zu einem<br />
gemeinsamen Lebensraum.<br />
Mehrteilig lässt sich die Glastür backbord in der Wand verstecken,<br />
oder man lässt nur ein Element offen, oder mehrere. Das Steuerbord-Salonsofa<br />
findet sich draußen wieder, wie eine endlos lange<br />
Loungebank mit vier höhenverstellbaren Cocktailtischchen – die<br />
ideale Partylocation. Auch sie variabel: Die Esstischplatte lässt sich<br />
an drei verschiedenen Stellen individuell montieren, die Gesellschaft<br />
sich nach Wind und Aussicht positionieren. Fast schon typisch<br />
die Aluminium-Faltstühle. Solide und gar nicht leicht, vielleicht<br />
ganz gut so, gerade bei ein wenig Wind und Seegang. Das Kajütdach<br />
setzt sich ansatzlos als Wetterschutzdach über das Cockpit<br />
fort, zwei kleine Luken lassen bei warmem Wetter Wind ins Cockpit.<br />
Das gesegelte Schiff ist Baunummer 1, es zeigt, was es kann, aber<br />
jeder Eigner wird sicherlich für sich selbst entscheiden, wie er<br />
seine Yacht gestalten möchte. Mit derzeit rund 20 Schiffen im Jahr<br />
Markante Kanten: die neue <strong>Catana</strong> <strong>59</strong> mit aufgeholtem, gebogenen Luvschwert<br />
(links). Sowohl der Steuersitz als auch die Fußstütze sind klappbar (oben).<br />
Auf dem Dach ist der Traveller aus dem Weg (Mitte); Klüverbaum mit Gennakerblock<br />
und Roller für die Leichtwindgenua (unten)<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
23
yachting I catana <strong>59</strong><br />
Das Schiff ist vollgestopft<br />
mit Ideen – mangelnden<br />
Einfallsreichtum kann man den<br />
Entwicklern nicht vorwerfen<br />
Cockpit und Salon gehen in einer gewaltigen fast ununterbrochenen Fläche ineinander über. Man hat die Wahl zwischen nicht weniger als drei<br />
verschiedenen Positionen für den Esstisch (oben). Die elektrischen Harken-Winschen sind eine Option (unten links), ebenso wie die aufgerollte<br />
Kreuzfock und die gesetzte Leichtwindgenua (unten rechts)<br />
24 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
ist <strong>Catana</strong> fast eine Manufaktur. Eine mit einem sehr hohen Fertigungslevel<br />
übrigens, denn Performance steht ganz oben auf der<br />
Karte. Der Rumpf wird mit Glasfasern und Twaron im Infusionsverfahren<br />
hergestellt. Das reduziert das Gewicht und verbessert die<br />
Laminatstruktur. Alle Schotten werden einzeln im Infusionsverfahren<br />
mit Karbonlaminat hergestellt. Bei der <strong>59</strong> konnte das Gesamtgewicht<br />
so auf knapp 19 Tonnen reduziert werden. Dem stehen<br />
nahezu 200 Quadratmeter <strong>Segel</strong>fläche am Wind entgegen.<br />
Trotz 48 Stunden an Bord meint es das Wetter nicht gut mit<br />
uns, zwar Sonne, aber wenig Wind und der auch noch gegenan.<br />
Zwei bis drei Beaufort sind nichts für eine Überführung<br />
und die Stan-dardbeseglung mit Selbstwendefock. Wir setzen<br />
die optionale Leichtwindgenua und der große Kat läuft,<br />
und nicht einmal zu schlecht. Zwar liegt der Wendewinkel<br />
bei diesen Bedingungen jenseits von 100 Grad, aber sieben<br />
Knoten Wind genügen für knapp fünf Knoten Geschwindigkeit.<br />
Ganz gut für ein Fahrtenschiff, auch wenn die gebogenen<br />
Schwerter und das aufwendig im Topp ausgestellte Großsegel<br />
wesentlich mehr erwarten ließen. Bei einem späteren Test, bei<br />
dem der Autor nicht mehr an Bord war, soll das Schiff bei 15<br />
bis 20 Knoten Wind (fünf Beaufort) elf Knoten mit der Kreuzfock<br />
gelaufen sein. Kräftige Böen bis 25 Knoten sollen den Kat<br />
schließlich auf rund 13 Knoten gebracht haben.<br />
Dann wird er auch seine gebogenen, circa 250 Kilogramm schweren<br />
Schwerter zum Einsatz gebracht haben können. Deren<br />
spezielle Form soll jeweils auf der Leeseite für bis zu einer halben<br />
Tonne Auftrieb sorgen. Das reduziert die Verdrängung und lässt<br />
das Schiff aufrechter und leichter gleiten. Aber die Tests mit der<br />
Yacht sind auch werftseitig noch nicht abgeschlossen.<br />
<strong>Catana</strong>-typisch wird der Steuermann aus den Lebensbereichen<br />
heraus auf die Seitendecks gebeten. Dadurch spart man sich Luken<br />
im Dach oder die derzeit bei großen Kats modernen Flybridges<br />
mit all ihren Vor- und Nachteilen. Zu einer <strong>Catana</strong> passt das jedenfalls<br />
nicht. Auf jeweils einer klappbaren Doppelbank mit ebenfalls<br />
klappbarer Fußstütze hat der Rudergänger von jeweils einem<br />
Steuerstand einer Seite freie Sicht auf die Genua und auf eine Bugspitze.<br />
Dass er nicht das ganze Schiff übersehen kann, liegt an der<br />
abgesenkten Position der Ruderstände: Sie sind nicht auf Decks-,<br />
sonder eher auf Cockpitniveau. Somit leichter zu erreichen und<br />
auch geschützter. Als Nachteil könnte man empfinden, dass gerade<br />
bei Manövern im Hafen immer eine zweite Person als Ausguck<br />
für die Übersicht auf dem Vorschiff sein sollte. Die Werft möchte,<br />
dass der Steuermann durch die großen Salonfenster diagonale<br />
Sicht hat; das funktioniert aber gerade in der Nacht durch Spiegelungen<br />
nur bedingt. Trotz des wenigen Winds auf unserer Testfahrt<br />
stellte sich für den Rudergänger fast so etwas wie <strong>Segel</strong>spaß ein.<br />
Das Schiff reagiert schnell auf kleine Lenkbewegungen, auch wenn<br />
Druck und Rückmeldung am Steuer Kat-typisch fehlen.<br />
Und wie lebt es sich an Bord? Ungewohnt, könnte man antworten.<br />
Die Werft hat auf große unverbaute Flächen und viele<br />
Durchsichten Wert gelegt. Auch der gewaltige Salon-Cockpit-Bereich<br />
ist nicht voneinander getrennt, jede Stelle ist von fast überall<br />
einsehbar. Das gibt ein neues, freies Gefühl von Raum, reduziert<br />
jedoch auch die Rückzugsmöglichkeiten, wenn man darauf Wert
Das besondere Detail<br />
Jede der drei Kabinen ist anders<br />
layoutet, steuerbord die Eignersuite<br />
über fast die gesamte Schiffslänge mit<br />
eigenem WC und separater Dusche,<br />
zwei Waschbecken und einem wie ein<br />
riesiger Reisekoffer wirkenden, mit Leder<br />
bezogenen Schrank. Das ist schick, das<br />
Grau vom Deck findet sich hier wieder<br />
und es wirkt kühl unter Deck.<br />
Zum Teil durchsichtig: Ein ungewöhnliches Detail ist das Bad backbord achtern, dessen Wände komplett aus Plexiglas bestehen (oben links). Auffällig ist der<br />
aufwendige, mit Leder bespannte Schrank in der Eignerkabine, der ein wenig an einen Schrankkoffer erinnert (oben rechts). Traumschiff: Die Pantry kommt mit<br />
schwarzen Oberflächen, Leder bezogenen Knöpfen und Spülmaschine daher<br />
Die <strong>Catana</strong><br />
vermittelt ein<br />
neues Raumgefühl<br />
mit groSSen<br />
unverbauten<br />
Flächen und vielen<br />
Durchsichten<br />
legt. Einen Kardinalfehler hat die Werft zum Glück vermieden:<br />
nämlich alle verfügbaren Ecken mit Möbeln und dementsprechend<br />
Gewicht zuzubauen.<br />
Aus den Konstrukteuren der neuen <strong>59</strong> macht man bei <strong>Catana</strong><br />
übrigens ein großes Geheimnis. Es seien namhafte Designer<br />
daran beteiligt gewesen, aber man lege Wert darauf, dies<br />
nicht publik zu machen. Stattdessen steht die Werft selbst als<br />
Konstrukteur in den Unterlagen. Ein ungewöhnlicher Schritt,<br />
definieren sich doch viele Yachtbauer gerade über ihre prominenten<br />
Zuarbeiter. Es ist aber auch ein Schritt, der zu der französischen<br />
Werft passt – man arbeitet hier eben auch immer am<br />
eigenen Mythos.<br />
26 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting I catana <strong>59</strong><br />
Bei uns<br />
geht Ihre Spende<br />
garantiert nicht unter.<br />
catana <strong>59</strong><br />
Lüa<br />
17,90 m<br />
breite<br />
9,49 m<br />
tiefgang<br />
1,56-3,75 m<br />
segelfläche (am Wind) 192 m 2<br />
segelfläche (Vorwind) 237 m 2<br />
maschinen 2 x Volvo Penta, je 110 PS mit starren Wellen<br />
und dreiflügligen Drehpropellern (Option 2 x 150 PS)<br />
kabinen<br />
3 (plus Crew)<br />
kojen<br />
6 (plus 2 Crew)<br />
ce-kategorie<br />
a (Hochsee)<br />
konstruktion<br />
chantier <strong>Catana</strong><br />
preis<br />
ab 1.879.952 Euro<br />
werft<br />
Chantier <strong>Catana</strong>, Canet-en-Roussillon, Frankreich,<br />
catana.com<br />
händler<br />
Jacobs Yachts, 23730 Sierksdorf/Ostsee, jacobs-yachts.com<br />
Die SJ-Meinung<br />
Trotz ihrer Langfahrttauglichkeit ist die <strong>Catana</strong><br />
<strong>59</strong> ein recht agiles Schiff geblieben. Die Weite<br />
in den Räumen wird man vermutlich<br />
spätestens auf einem Ankerplatz in den Tropen<br />
richtig schätzen lernen. Für ist eine Überführung<br />
unter Maschine ist sie nur bedingt<br />
geeignet – aber dafür kann das Schiff nichts.<br />
www.seenotretter.de<br />
Danke.
Relativ viel Schiff für verhältnismäßig<br />
wenig Geld: Die Lagoon<br />
37 liegt auf der Karibikinsel<br />
Grenada seit drei Jahren an Land<br />
Jetzt kaufich mir ein Schiff<br />
Die Sache mit den Listen<br />
Gebrauchte Yachten in den Tropen sind häufig erheblich<br />
günstiger als in Nordeuropa. Da kann der Kauf manchmal zum<br />
Schnäppchen werden. Claus Reissig hat es erlebt: Sein neues Schiff liegt<br />
auf Grenada in der Karibik. fotos claus reissig<br />
Wichtig für die Versicherung in den Tropen ist eine vernünftige Verzurrung des Schiffs; sonst drohen im Schadenfall Abzüge (links). Vor der Reinigung<br />
und der Überholung müssen die Stauräume geleert werden: Ein leckender Dieselkanister hat die Leinen durchtränkt (rechts)
yachting I schiffskauf<br />
Angeblich gibt es zwei glückliche Tage im Leben eines<br />
Schiffseigners: Den, an dem er sein Schiff kauft, und den,<br />
an dem er es wieder verkauft. Für den ersten der beiden<br />
stehen die Zeichen derzeit gut; so günstig, heißt es, hat es Schiffe<br />
noch nie gegeben. Der Markt ist mit neuen Yachten gesättigt,<br />
viele Eigner wollen ihre gebrauchten Yachten loswerden. Um<br />
jeden Preis, sagt man.<br />
Das ist wohl nur bedingt richtig: Zwar sind die Preise für gebrauchte<br />
Schiffe zeitweise wirklich niedrig, aber zumeist nicht<br />
für gesuchte Modelle, sondern für die der Massenhersteller, also<br />
Bavaria, Hanse oder Bénéteau. Wer ein Schiff mit Wert sucht,<br />
oder, wie der Autor, einen stabilen Fahrtenkatamaran, der muss<br />
Glück haben. Denn trotz allen Drucks im Markt sind die Verkäufer<br />
durchaus gewillt, einige Zeit zu warten, damit es vielleicht<br />
doch noch mit dem Wunschpreis klappt.<br />
Im Falle meiner Lagoon 37 waren es fast drei Jahre. Das Schiff<br />
liegt in einem Trockenlager in der südlichen Karibik, hurrikansicher<br />
verzurrt. Potenzielle Käufer hatten sich in der Zeit nur wenige<br />
eingefunden, zu weit ist die Anreise. Mit zwei Personen und einem<br />
kleinen angeschlossenen Urlaub kostet so eine Besichtigung<br />
schnell einige tausend Euro – auch ein Grund für den schließlich<br />
niedrigen Kaufpreis. Die erste Besichtigung ist ernüchternd und<br />
es entsteht die erste Liste; angefangen von leckenden Fenstern<br />
über veraltete Fallen und Schoten, eine kaputte Zylinderkopfdichtung<br />
bis hin zu nicht funktionierenden Bilgepumpen und<br />
defekten Kühlschränken. Die Tropen haben ihre Spuren hinterlassen:<br />
Die UV-Strahlung zersetzt Kunststoff und Dichtungen, tropischer<br />
Regen und die Hitze besorgen den Rest. Wer nicht viel<br />
selber machen kann, sollte sich an dieser Stelle vielleicht besser<br />
nach einem teureren Objekt umsehen, das weniger Arbeit macht.<br />
Der Spice Island Marine Service ist ein Lagerplatz für Yachten im<br />
Süden Grenadas. Nach Hurrikan Ivan 2004 sturmsicher hochgerüstet<br />
mit Erdankern und einem einigermaßen befestigten<br />
Boden. Es gibt an manchen Steckdosen 115 und 230 Volt (die<br />
anderen funktionieren nicht) und fließend Wasser an den Liegeplätzen.<br />
Außerdem einen der beiden Yachtausrüster der Insel,<br />
Budget. Der andere heißt Island Water World und ist in St. George‘s,<br />
dem Hauptort des Inselstaats. Diese beiden Shops werden in den<br />
kommenden Wochen zu meinem Hauptanlaufpunkt. Nicht nur für<br />
mich und die Reparatur der Lagoon, sondern auch für Dutzende<br />
andere Yachties, die hier zeitweise auf dem Trockenen sitzen. Die<br />
Projekte sind verschieden: von wenigen Wochen bis zur dreijährigen<br />
Generalüberholung einer ehemals gesunkenen Yacht. Die<br />
Gespräche drehen sich dementsprechend um das Wesentliche:<br />
Wo gibt es was und für wie viel und was braucht man wirklich.<br />
Nach einiger Zeit fängt man an, Dinge zu kaufen, einfach weil sie<br />
gerade einmal da sind. Der Preis wird zweitrangig.<br />
Zum Beispiel für Sikaflex zum Eindichten der großen Fensterflächen<br />
(die wie erwähnt alle lecken). Man braucht 295 UV, sieben Kartuschen<br />
gibt es noch auf der ganzen Insel, alle in Weiß. Nachschub<br />
sollte von St. Maarten kommen, aber der Container war nicht dabei.<br />
Also erst einmal die vorhandenen sichern. Dazu gehören jedoch ein<br />
Reiniger (ist zu bekommen) und ein bestimmter Primer, ohne den es<br />
Budget Marine ist einer von zwei Ausrüstern auf der Insel (oben). Was es hier<br />
nicht gibt, gibt es zumeist nirgends. Hinter dem Travellift lockt die Karibik,<br />
hier die Prickly Bay im Süden Grenadas<br />
nicht geht (eine kleine Dose auf Grenada). Nach einem Fenster wandert<br />
dieser Punkt also auf Liste Nummer zwei, mit den Dingen, die<br />
noch getan werden müssen, wenn Liste eins abgearbeitet ist. Typische<br />
Begrüßung am Morgen von Leiter zu Leiter: „Wie geht es deiner<br />
Liste?“ „Gut, sie wächst!“ Der Humor wird zunehmend schwarz.<br />
Mit einem Bauprojekt in Deutschland nebst allen Spezialisten in der<br />
Nachbarschaft sind die Tropen nicht zu vergleichen. Viele Antworten<br />
beginnen mit einem einfachen „Nein“. Der genannte Primer für die<br />
Fensterdichtmasse darf zum Beispiel nicht geflogen werden, einen<br />
neuen Delta-Anker gibt es zwar in 20, nicht aber in 16 Kilogramm.<br />
Die erhältlichen Feuerlöscher sind US-amerikanischer Standard,<br />
einen Servicestützpunkt für die Rettungsinsel gibt es erst auf Inseln<br />
viel weiter im Norden. Der Schlosser kommt aus England und ist im<br />
Urlaub, während der einheimische Helfer des Riggers ein Teil fürs<br />
Ruder mit einem metrischen Gewinde versieht und eine Schraube<br />
im Zollmaß hineinquetscht. Auch bei kleinen Reparaturanfragen<br />
sind durchaus Zweifel angebracht. Das Trampolin möchte der französische<br />
<strong>Segel</strong>macher am liebsten für fast 1.000 Dollar gleich neu<br />
machen (ebenso wie die Wanten). Der ebenfalls französische GFK-<br />
Spezialist schätzt den Sanierungsaufwand für einen sich später als<br />
harmlos herausstellenden Riss im Mastbereich auf 7.000 Dollar.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
29
Ende Woche zwei, der Break-even ist erreicht, die Liste wächst langsamer<br />
als sie abgearbeitet wird. Trotzdem ist der Arbeitsanfall gewaltig,<br />
auch die Belastung für die Moral ist nicht zu unterschätzen.<br />
Alle Stauräume und die meisten Kabinen sind leer, weil in ihnen<br />
gearbeitet wird, dementsprechend liegen Werkzeug und Ausrüstung<br />
jetzt überall im Schiff. Aber ab jetzt können Sektionen geschlossen<br />
werden, zum Beispiel die Nasszelle Backbord achtern. Die<br />
Kopfdichtung, Ölwechsel, alle Filter, Impeller, sowie die Batteriebank<br />
nebst neuer Verkabelung und Schaltung sind gemacht. Die Verkleiyachting<br />
I schiffskauf<br />
Eine alte Regel sagt: Wenn Du über den Kaufpreis<br />
des Schiffes nachdenken musst, ist es zu teuer.<br />
Eine andre: Kaufe so groSS wie möglich...<br />
Die Karibik ist warm und verlockend, gern sitzen die Segler schon<br />
mittags bei Bier oder Rumcocktails zusammen. Nicht wenige geben<br />
die anfänglich intensive Arbeit auf. Entweder aus fehlender<br />
Motivation, Mangel an Material – oder weil das Werkzeug fehlt. 25<br />
Kilogramm inklusive Drehmomentschlüssel für die Zylinderkopfdichtung,<br />
Ersatzteile, Winkelschleifer für verrostete Ankerschäkel<br />
oder einen Feinschleifer (großartige Maschine) zum Herausschneiden<br />
der Fenster habe ich für den neuen Kat aus Hamburg mitgenommen.<br />
Der Preis für den zweiten Koffer als Übergepäck ist mit<br />
50 Euro geradezu lächerlich im Vergleich zum Nutzen, den man von<br />
gutem Werkzeug hat.<br />
Überhaupt die Kosten. Nach dem Kauf fängt erst einmal das Geld<br />
an, zügig vom Konto zu fließen. Das Boot muss versichert werden<br />
(nicht einfach bei einem Kat mit geringer Versicherungssumme<br />
in tropischen Gefilden), dazu kommen die Flüge hin und zurück,<br />
Standkosten in der Werft – und die Rechnungen bei Budget und<br />
Co. Eine alte Regel sagt: Wenn Du über den Kaufpreis des Schiffes<br />
nachdenken musst, ist es zu teuer. Eine andere, von Segler-Legende<br />
Bobby Schenk: Kaufe immer so groß wie möglich für Langfahrt.<br />
Nicht einfach, beide Regeln unter einen Hut zu bekommen; denn sie<br />
stimmen beide. Dazu passt Regel Nummer drei: Vermeide bei einem<br />
Refit den Satz „Wenn ich schon einmal dabei bin...“<br />
Denn der Zeitplan ist neben den Listen das Wichtigste, um überhaupt<br />
irgendwann einmal ins Wasser zu kommen. Randy aus Aurora<br />
in Colorado, der mit seinem Kat nach einer Riffberührung aufgrund<br />
einer schadhaften Mooring hier ist, witzelt, hier sei es wie<br />
im Lied „Hotel California“ von den Eagles: „You can check in every<br />
time you like, but you can never leave” (Du kannst jederzeit einchecken,<br />
aber nie wieder gehen), heißt es darin. Hoffentlich doch,<br />
zwei Dinge sollen dabei helfen. Auf der Lagoon zum einen eine<br />
klare Struktur: Erst wird eine Kabine zum Wohnen hergerichtet,<br />
dann von dort ausgehend das Schiff überholt. Welche Reihenfolge<br />
ist eigentlich egal bei dem französischen Katamaran aus den<br />
1990ern. Ob von Backbord vorn nach achtern, übers Brückendeck<br />
nach Steuerbord achtern oder andersherum. Das hilft, den Überblick<br />
über die anfallenden Arbeiten und die zur Verfügung stehende<br />
Zeit zu behalten. Zum anderen gilt für Liste eins auf Carpe<br />
Diem (so heißt das Schiff beim Voreigner): Perfektion vermeiden.<br />
Die kostet Zeit und Geld und schließlich soll das Schiff möglichst<br />
bald segeln. Außerdem ist „perfekt“ der Gegner von „sehr gut“.<br />
Das Antifouling ist Arbeit für die Werft (links). Die Sonne hat die Fensterdichtungen porös gemacht, das richtige Werkzeug zum Herausschneiden wurde<br />
aus Deutschland gleich mitgebracht (oben). Zu Beginn liegt der Salon voller Material, bei der Rückreise sieht das Schiff eher schlimmer aus (unten)<br />
30 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Die Lagoon 37 mit ihren großen Decksflächen ist das perfekte Schiff für die<br />
Tropen (oben). Jaja, die Zeit – 1 1/2 Tage Arbeit pro Bilge: reinigen, aussaugen,<br />
Ventile gängig machen, neue Pumpen und Schläuche installieren (unten)<br />
Ein paar Tipps für den<br />
Kauf im Süden:<br />
vorher<br />
nachher<br />
• Für die Abwicklung empfiehlt sich<br />
ein Makler, am besten ein deutscher.<br />
Dessen Kosten sollten im Kaufpreis<br />
enthalten sein<br />
• Für die Besichtigung vor Ort mehrere Tage einplanen:<br />
Ein Schiff besteht aus unendlich vielen Baustellen<br />
• Erstellen Sie sich ein eigenes Gutachten, machen Sie Fotos.<br />
Oder beauftragen Sie einen Gutachter, um den Kaufpreis schließlich<br />
realistisch verhandeln zu können<br />
• Scheuen Sie sich nicht, ein niedriges Angebot zu machen.<br />
Den „anderen Käufer“, der noch mitbietet, gibt es häufig nicht<br />
dungen kommen davor. <strong>Segel</strong> können jetzt hier eingestaut werden<br />
und schaffen woanders Platz – ein großer Moment, auch wenn man<br />
nichts von der verborgenen Arbeit hinter den Verkleidungen sieht.<br />
Eigentlich sollte der Kat jetzt schon im Wasser sein, aber für Februar<br />
sind noch einmal zwei Wochen in der Werft zusätzlich eingeplant.<br />
Danach kommt Liste zwei, vor Anker. Da wird die Arbeitsgeschwindigkeit<br />
übrigens ziemlich abnehmen, sagen erfahrene Bootseigner.<br />
Es gibt keinen Strom mehr, kein Wasser, alles Material muss mit dem<br />
Dingi herbeigeschafft werden. Außerdem lockt das Wasser und es<br />
kommt regelmäßig Besuch von anderen Schiffen. Dessen sollte man<br />
sich bewusst sein, wenn man die Werft verlässt.<br />
Ob sich der Kauf unter diesen Umständen gelohnt hat? Ja, zum einen<br />
ist die Yacht immer noch verhältnismäßig günstig, zum anderen<br />
kennt man sie nach der Zeit der Überholung in- und auswendig. Definitiv<br />
ein Vorteil, wenn man einmal alles selbst in der Hand gehabt<br />
hat. Und zum Arbeiten im Winter gibt es deutlich schlechtere Orte<br />
als Grenada.<br />
• Legen Sie für sich einen Maximalpreis fest, zudem ein Budget für<br />
die Reparaturen (das kann von einigen tausend bis zu einigen<br />
zehntausend Euro reichen)<br />
• Verhandeln Sie ohne Zeitdruck, riskieren Sie im Zweifel mehrere<br />
Reisen zu verschiedenen Schiffen<br />
• Machen Sie Listen und schätzen Sie den Arbeitsaufwand realistisch ein<br />
• Schätzen Sie Ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten wahrheitsgemäß<br />
ein. Die ersten Besuche auf dem Schiff sind kein Urlaub<br />
• Bringen Sie für den zweiten Besuch alle nötigen Werkzeuge und<br />
nötige Ersatzteile mit<br />
• Rechtzeitig die Versicherung kontaktieren, gerade in Regionen<br />
mit möglichen Hurrikanen kann es schwierig (oder teuer) werden<br />
• Kontaktieren Sie im Vorwege mögliche Spezialbetriebe vor Ort und<br />
erfragen Sie Preise und Reparaturmöglichkeiten<br />
• Fragen Sie Werften oder Experten in Deutschland nach den<br />
Erfahrungen mit bestimmten Problemen<br />
• Erkundigen Sie sich rechtzeitig nach Liegeplätzen und den Kosten dafür<br />
• Kalkulieren Sie eine mögliche Überführung ein: Kosten, Crew und Zeitaufwand<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal 31
Gute<br />
P<br />
ositions<br />
Sender<br />
text monika kludas<br />
Sehen und gesehen werden ist nicht nur Credo der<br />
Flaneure auf den Stegen, sondern auch auf See<br />
wichtig. Mit den richtigen Ortungs- und Navigationssystemen<br />
lassen sich Positionen und Entfernungen exakt bestimmen.<br />
Solange die Sicht gut, das Wetter handig und der Smut aktiv<br />
ist, freut sich die Crew. Doch schlägt das Wetter um, ist<br />
die Stimmung an Bord schnell angespannt. Starker Regen,<br />
Sturm, hoher Seegang oder stockfinstere Nacht beanspruchen<br />
Ausguck, Navigator und Rudergänger und fordern eine hohe<br />
Konzentration. Seezeichen und andere Fahrzeuge müssen erkannt<br />
werden und machen manchmal Ausweichmanöver oder<br />
Kursänderungen erforderlich.<br />
Doch gerade in dicht befahrenen Seegebieten den Überblick<br />
zu behalten, kann auch bei strahlendem Sonnenschein schwierig<br />
sein. Welchen Kurs fahren die anderen Schiffe, welche<br />
Geschwindigkeit haben sie, wo ist der Punkt der größten Annäherung<br />
(CPA)? Abgesehen von guten Augen, einem seetauglichen<br />
Fernglas und fortlaufender Beobachtung von Peilungen<br />
und Abstand kann man sich für schwierige Situationen ein paar<br />
elektronische Helfer an Bord holen, die eine Ortung von anderen<br />
Fahrzeugen unterstützen und erleichtern. Sie müssen seetauglich<br />
und kompatibel sein. Das ist vor allem für einen Seenotfall<br />
des eigenen oder eines anderen Fahrzeugs wichtig.<br />
Auf vielen Yachten hat sich das Radargerät etabliert, seitdem es<br />
kein gieriger Stromfresser mehr ist und sich auch zur Darstellung<br />
auf dem PC und als Overlay zu digitalen Seekarten eignet.<br />
Beachtet man die Grenzen, die der traditionellen Arbeitsweise<br />
mit Impulsstrahlung gesetzt sind, ist es ein wertvolles Hilfsmittel<br />
zum Erfassen und Tracking von Schiffen in verschiedenen<br />
Distanzbereichen. Das Bundesverkehrsministerium empfiehlt<br />
der Sportschifffahrt als Bestandteil der Mindestausrüstung ausdrücklich<br />
einen Radarreflektor, um ein eigenes Echo zu erzeugen<br />
und „gesehen“ zu werden. Eine weitere Verbesserung der<br />
Anwendung verspricht das Breitbandradar, das anstelle von<br />
Impulsen ein frequenzänderndes Niedrig-Energie-Dauersignal<br />
aussendet. Damit soll es sowohl Ziele im extremen Nahbereich<br />
32 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
yachting I ortungssysteme<br />
Fotos: www.shuttertsock.com/ OPIS Zagreb, Samot<br />
Fahrten- und Regattasegler, vor allem wenn<br />
sie einhand unterwegs sind, haben viele<br />
Möglichkeiten, dass Boot und Crew schnell<br />
geortet werden. An der Sicherheit zu sparen,<br />
kann im Notfall verhängnisvoll werden<br />
Kleines Glossar durch den<br />
Abkürzungsdschungel<br />
GMDSS<br />
Global Maritime Distress and Safety System,<br />
weltweites Seenot- und Sicherheitssystem<br />
MMSI<br />
Maritime Mobile Service Identity, Identifizierungsnummer<br />
von maritimen Funkstellen, SAR-Flugzeugen<br />
und Seezeichen<br />
EPIRB<br />
Emergency Position Indicating Radio Beacon,<br />
mobiler Seenotsender via Cospas-Sarsat-Satelliten<br />
AIS<br />
Automatic Identification System, Automatisches<br />
Identifizierungssystem via UKW-Seefunkfrequenzen<br />
SART<br />
Search and Rescue Transponder, mobiler Seenotsender<br />
via Radar oder AIS<br />
plb<br />
Personal Locator Beacon, mobiler Personenortungssender<br />
abbilden als auch Echos genauer auflösen und trennen können,<br />
was ebenso das Ausfiltern von Seegang ermöglicht. Allerdings<br />
kann es keine Radarantwortbaken (RACON) auf Seezeichen auslösen<br />
und auch den Alarm eines Radar-SART nicht erkennen.<br />
Das ist ein Handicap für die Wirksamkeit von Radar-Seenottranspondern<br />
(Radar-SART), die im Notfall beim Verlassen des<br />
Schiffs mit in die Rettungsinsel genommen werden oder schon<br />
darin verstaut sind. Werden sie aktiviert und trifft der Impulsradarstrahl<br />
eines anderen Fahrzeugs auf den Transponder, sendet<br />
dieser ein Antwortsignal. Es erscheint auf dem Radarmonitor<br />
in Form von zwölf Punkten auf einer Linie, die als Peilung<br />
zum Havaristen dient (Homing). Der letzte Punkt gibt mit einer<br />
Genauigkeit von etwa 100 Metern die Notfallposition an. Inzwischen<br />
ist es Schiffen, die nach SOLAS (Safety of Life at Sea)<br />
ausrüstungspflichtig sind, zum Teil erlaubt, anstelle eines Radar-<br />
SART einen AIS-SART mitzuführen.<br />
Von der Überzeugung „Rettung kommt sofort“ bis zur<br />
nüchternen Bewertung als zusätzliches Homing-Hilfsmittel reichen<br />
die Meinungen über den AIS-Alarm. Die Abkürzung AIS<br />
bedeutet zunächst nur schlicht Automatic Identification System<br />
und wurde ab 2002 auf Beschluss der IMO (International<br />
Maritime Organization) zur Überwachung des Verkehrs und<br />
Verbesserung der Kollisionsverhütung eingerichtet. Die Geräte<br />
senden im UKW-Frequenzbereich Daten aus, die in einem<br />
genormten Schema darüber informieren: Welches Schiff bin<br />
ich, was mache ich augenblicklich und wohin fahre ich? Diese<br />
statischen und dynamischen Daten können auf einem Display<br />
angezeigt, per Mausklick auf das jeweilige Objekt abgefragt und<br />
insbesondere von den Verkehrszentralen ausgewertet werden.<br />
Nicht alle Berufsschiffe und auch nicht die Freizeitkapitäne sind<br />
verpflichtet, AIS-Transceiver oder einfache Empfänger zu betreiben<br />
und zu überwachen. Aber die kleine Blackbox speziell für<br />
die Sportschifffahrt, gekoppelt mit den vorhandenen Navigationsgeräten,<br />
findet immer mehr Interessenten.<br />
Ähnlich wie in der Radartechnik wurden zur Notfall-Ortung<br />
auch für das AIS eigene SAR (Search and Rescue)-Transponder<br />
entwickelt. Sie werden manuell, durch Wasserkontakt und/oder<br />
automatisch beim Aufblasen der Rettungsweste aktiviert und<br />
bewirken, dass ein Alarmzeichen auf den AIS-Bildschirmen im<br />
Nahbereich erscheint, verbunden mit einem lauten Alarmton.<br />
Jede Minute wird die vom eingebauten GPS-Empfänger ermittelte<br />
aktuelle Position übertragen und kann für die Zielfahrt<br />
zum Havaristen oder Überbordgegangenen genutzt werden.<br />
Vor allem Einhandsegler und Crews im Offshore- und Hochseebereich<br />
sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Alarm<br />
nur in einem kleinen Radius ausgelöst wird und nicht immer<br />
eine AIS-Empfangsantenne bei einer Landbehörde erreicht.<br />
Man ist also im Wesentlichen auf die Aufmerksamkeit der<br />
Schiffe in Sichtweite (durchschnittliche UKW-Reichweite von<br />
der Wasseroberfläche aus) angewiesen. „Eine nahtlose Alarmierung<br />
eines Rescue Coordination Center ist nicht gegeben“,<br />
verdeutlicht DGzRS-Sprecherin Antke Reemts. „Denn AIS-SART<br />
sind nicht Bestandteil der offiziellen Rettungskette im GMDSS,<br />
sondern nur für das Homing geeignet.“ Das Gleiche gilt übrigens<br />
für GPS-gestützte, persönliche Trackinggeräte bei Outdoor-Aktivitäten<br />
oder für geschlossene Nutzergruppen auf<br />
speziellen reservierten Frequenzen, wie sie oft bei Skiwanderungen<br />
ausgegeben werden.<br />
Radar und AIS-Darstellung ergänzen die Informationen über Schiffe<br />
und ihre Bewegungen im Nahbereich<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
33
yachting I ortungssysteme<br />
AIS-SART easyRescue-A040-BW-<br />
COM mit GPS von Weatherdock<br />
Foto: Weatherdock AG Nürnberg<br />
PLB-EPIRB Fastfind 200/210 –2<br />
mit GPS von mcmurdo<br />
Foto: Orolia Ltd<br />
Da kann eine EPIRB schon mehr erreichen. Der<br />
schwimmende Notfallsender überträgt seinen<br />
mobile Alarm mit 406 MHz zu den geostationären<br />
und polumlaufenden Satelliten des Cospas-Sarsat-<br />
Systems. Durchschnittlich einmal innerhalb von<br />
vier Minuten wird die Boje von einem dieser künstlichen<br />
Himmelskörper „gesehen“ und das Signal<br />
an eine Bodenstation im weltweiten Seenotfallund<br />
Sicherheitssystem GMDSS weitergeleitet,<br />
die es sofort an eine SAR-koordinierende Rettungsleitstelle<br />
wie die DGzRS übermittelt. Ist ein<br />
GPS-Empfänger in die EPIRB eingebaut, liefert sie<br />
die Position gleich mit, ansonsten können die zirkumpolaren<br />
Satelliten mit dem Dopplerverfahren<br />
eine annähernde Lokalisierung berechnen. Zum<br />
exakten Homing dient die Frequenz 121,5 MHz.<br />
Ein weiterer Vorteil ist die Registrierungspflicht der<br />
Notfunkbake mit der MMSI-Nummer des Schiffes.<br />
Daran sollte man beim Verkauf seines Bootes oder<br />
der EPIRB denken. Eine EPIRB ist zum Beispiel bei<br />
Hochsee- und Offshore-Regatten vorgeschrieben<br />
und wird von der Kreuzer-Abteilung im DSV als<br />
Sicherheitsausrüstung für Törns längerer Dauer<br />
schon in Küstennähe empfohlen. Anders die Personal<br />
Locator Beacon (PLB) mit Satellitenalarm: Sie<br />
wird laut DGzRS nicht in Deutschland registriert,<br />
das ist aber im Ausland möglich.<br />
AIS-Transceiver-Blackbox<br />
easyTRX2-IS mit integriertem<br />
Splitter von Weatherdock<br />
Foto: Weatherdock AG Nürnberg<br />
Die PLBs sind gleichzeitig mit einer starken<br />
Leuchte ausgerüstet. Eine technisch einfache,<br />
preiswerte und sehr effektive Maßnahme, um in<br />
der näheren Umgebung auf sich aufmerksam zu<br />
machen. Neben Lichtsignalen helfen in der Nähe<br />
von anderen Schiffen auch pyrotechnische Signalmittel<br />
sowie Schall- und Flaggensignale. „Heute<br />
wird oft der Schwerpunkt auf die Elektronik gesetzt,<br />
doch dabei ist immer die Stromversorgung<br />
das Problem“, sagt Antke Reemts von der DGzRS.<br />
EPIRB Tron 60S mit<br />
GPS von Jotron<br />
Foto: Furuno<br />
Deutschland GmbH<br />
Welche Art Notfall besteht, ist eine wichtige Information,<br />
die über Kommunikationsgeräte weitergegeben<br />
werden kann. Egal, womit der Notruf im GMDSS abgesetzt<br />
wird – mittels DSC im UKW/GW/KW-Sprechfunk<br />
oder mit einer Schiffs-Erdfunkstelle über Satelliten-Systeme<br />
–, entscheidend ist, dass die exakten<br />
Koordinaten des Hilfesuchenden angegeben werden<br />
können. Mit Hilfe eines GPS-Gerätes dürfte das kein<br />
Problem sein, solange es korrekt arbeitet. Kann die direkte<br />
Kommunikation aufrechterhalten werden, lässt<br />
sich seine Position meist aktualisieren und im UKW-<br />
Bereich auch einpeilen. Fällt jedoch im Verlauf der<br />
SAR-Aktion die Stromversorgung komplett aus, zum<br />
Beispiel als Folge eines Wassereinbruchs, ist es von<br />
großem Nutzen, wenn man noch eine EPIRB oder<br />
einen SART aktivieren kann.<br />
Radar-SART Tron SART20 von Jotron<br />
Foto: Furuno Deutschland GmbH<br />
Multifunktionsdisplay Furuno NavNet<br />
Personal Locator Beacon, mobiler<br />
Personenortungssender mit Radarbild<br />
Foto: Furuno Deutschland GmbH<br />
Dass sich Freizeitsegler nicht nur auf ihr Handy verlassen<br />
sollten, versteht sich von selbst. Ist der Akku leer,<br />
hilft auch das schlanke Smartphone nicht weiter. Und<br />
ohne Netzabdeckung erst recht nicht.<br />
34 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
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Dream Yachting bietet ab Newport, bis zum 18. Jahrhundert<br />
eine der blühendsten Handelsstädte Nordamerikas, Charteryachten<br />
an. Hier liegt auch das <strong>Segel</strong>revier des New York Yacht<br />
Club (NYYC), einst wurde auf diesem Küstenabschnitt um den<br />
America‘s Cup gekämpft. Ein Traumziel, auch für Chartersegler,<br />
Lobsteressen inklusive. Yachten von Dream Yachting sind unter<br />
anderem buchbar über: scansail.de<br />
<strong>Segel</strong>n als<br />
Volksfest<br />
... das gibt es nur auf den Bahamas: Bei „The National Regatta“<br />
auf Great Exuma Ende April sind alle Insulaner auf den Beinen<br />
und nur Bahamaer am Steuer der teilnehmenden Boote.<br />
Diese Schiffe müssen alle mit traditionellem Material und Stil<br />
auf den Bahamas entworfen und gebaut worden sein. Für<br />
die Besucher ist es ein unvergessliches Erlebnis, wenn die<br />
Boote in Elizabeth Harbour einlaufen. Dazu steigen fröhliche<br />
karibische Partys mit Musik, Tanz und bahamaischem Essen.<br />
24. bis 28. April 2013, bahamas.de<br />
Fotos: Anbieter<br />
38 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Mit Papa an Bord<br />
Zu echten Vatertagen werden die Schnuppersegelwochenenden beim<br />
DHH in Glücksburg. Statt Bollerwagen <strong>Segel</strong>boot, statt den üblichen Kumpels<br />
die eigenen Kids im Gepäck. Und was macht dabei mehr Spaß, als in der<br />
gemeinsamen Zeit auch noch intensiv zusammenzuarbeiten und das Boot<br />
auf Kurs zu bringen. Damit sich auch ein passender Termin für den Familienspaß<br />
findet, stehen die Papa&Kids-Wochenenden bei der Hanseatischen Yachtschule<br />
Glücksburg gleich dreimal im Programm (Mai und August). Mütter mit Kindern sind<br />
übrigens ebenfalls willkommen! Termine und Preise: dhh.de<br />
Törns zum Fels<br />
Karibik im Flug<br />
Auf nach Helgoland, der einzigen Hochseeinsel Deutschlands, raus aus der<br />
Elbe und durch die (manchmal) wilde Nordsee. Die Yachtschule Eichler<br />
macht’s möglich. Unter dem Motto „Meilentörns“ bietet sie <strong>Segel</strong>törns auf<br />
Deutschlands einzige Hochseeinsel an. Ab Mitte März geht es durch das<br />
Gezeitenrevier. Start ist in Hamburg, gemeinsam mit den dicken Pötten die<br />
Elbe hinunter, vorbei an den Sand- und Wattbänken vor Cuxhaven und dann<br />
hinaus auf die offene Nordsee in Richtung Lange Anna. Nicht nur die passende<br />
Strecke für all diejenigen, die für den nächsten <strong>Segel</strong>schein noch Meilen<br />
sammeln oder sich in der Navigation üben müssen, sondern auch der perfekte<br />
Kurzurlaub. Abschalten in den Nordseewellen. Weitere Infos über die<br />
drei- bis viertägigen Kurztörns gibt es unter: yachtschule-eichler.de<br />
Luxus mit<br />
lunchbox<br />
Das Peninsula Hotel Hongkong zählt<br />
zu den besten Häusern Asiens – mit<br />
entsprechenden Zimmerpreisen. Wer<br />
hier absteigt, muss nicht auf den Cent<br />
schauen. Für segelbegeisterte Gäste<br />
hat das Haus eine besondere Offerte:<br />
Sie können die hauseigene 40-Fuß-<br />
Offshore-Racing-Yacht Signal 8 für bis<br />
zu sechs Personen chartern. Die vierstündige<br />
Sunset-Cruise kostet 8.000<br />
HKD netto (ca. 780 Euro), ein Tag segeln<br />
(acht Stunden) schlägt mit 14.000<br />
HKD (ca. 1.365 Euro) zu Buche. Immerhin:<br />
Der Transfer vom Hotel sowie eine<br />
Lunch-Box an Bord der Yacht sind inklusive.<br />
peninsula.com<br />
Wer ab April die kleineren Karibikinseln aus Deutschland<br />
erreichen will, muss flexibel sein: Einmal wöchentlich<br />
stehen zum Beispiel Barbados (montags),<br />
Puerto Rico (samstags) sowie Tobago (montags) bei<br />
Condor auf dem Flugplan, Jamaika sogar zweimal<br />
wöchentlich (mittwochs und sonntags). Günstig zu<br />
erreichen ist Segler-Ziel Antigua – hier macht Condor<br />
einen Zwischenstopp auf dem täglichen Flug in die<br />
Dominikanische Republik (ab Frankfurt). condor.com<br />
See statt Meer<br />
Noch immer zählt das größte Binnenrevier Mitteleuropas,<br />
der Balaton oder Plattensee, eher zu den Insidertipps<br />
unter Seglern. Doch mit dem neuen Charterangebot<br />
von Lucky Sailing, das die ungarische East<br />
Craft zur kommenden Saison in Deutschland<br />
vertritt, sollte sich dies schnell ändern.<br />
Schließlich bietet der knapp 80 Kilometer<br />
lange See so manche Überraschung und<br />
Herausforderung für Segler: Pegelschwankungen,<br />
die schon fast an Ebbe und Flut erinnern,<br />
Strom, viel Wind, „Meeresengen“ und<br />
das alles kombiniert mit ungarischer Küche<br />
und sommerlichem Badespaß. Dazu kommen<br />
noch jede Menge Regatten, wie zum<br />
Beispiel das Blaue Band, das mit seiner<br />
200 Kilometer langen Regattabahn das<br />
längste Round-Lake-Sailing-Event Europas<br />
ist. Mitmachen dürfen dabei auch Charteryachten.<br />
Also, warum im Sommer nicht<br />
nach Ungarn? Lucky Sailing;<br />
kroatien-chartern.de<br />
39
travel I Regattasegeln in der Karibik<br />
Nasse Dollars,<br />
rote Hummer<br />
40 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
British Virgin Islands<br />
Haiti<br />
Dom. Rep.<br />
Puerto Rico<br />
venezuela<br />
© Brigitte Heine<br />
Regattasegeln, Sonne satt und Party pur:<br />
Das alles bieten die British Virgin Islands<br />
im Rahmen der Karibik Trophy sonnenentwöhnten<br />
Europäern in den Wintermonaten.<br />
SEGEL JOURNAL-Autorin Kirsten<br />
Panzer-Gunkel war dabei. Und hat erlebt, dass<br />
es besonders nett und lustig werden kann,<br />
wenn nicht alles perfekt klappt.<br />
und Piraten<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
41
travel I Regattasegeln in der Karibik<br />
Die Musik knallt aus den Lautsprechern an Deck.<br />
Der Soundtrack zu „Pirates of the Caribbean“<br />
dröhnt quer über den Sir Francis Drake Channel.<br />
Es passt, ist weit entfernt davon, albern oder peinlich<br />
zu wirken. Sir Francis war schließlich auch ein<br />
Freibeuter, hier in der Karibik. Das ist zwar rund 400 Jahre her, aber<br />
warum sollen wir dann nicht die Musik zum Thema anhören?<br />
Als Motivationshilfe, als Adrenalingabe, nicht nur im Ohr… Der<br />
Sound geht durch, lässt sich fühlen und macht uns schneller.<br />
Wende, über – perfekt – nochmal, „Mensch – zieh!“ Die Bläser<br />
setzen ein, verausgaben sich und wir kurbeln um unser Leben!<br />
„Mädels – das muss noch schneller gehen“, motiviert unser Taktiker<br />
und Steuermann. „Helmut ist fürs schnelle <strong>Segel</strong>n zuständig,<br />
ich für die Sicherheit“, hatte mich noch kurz vorher unsere Skipperin<br />
Jutta mit einem prüfenden Blick aufs Schuhwerk begrüßt.<br />
Fünf bis sechs Frauen und ein männlicher Fels in der Brandung<br />
als ausgleichendes Moment. „Der Scheich von Dubai ist ein Dreck<br />
dagegen“, schmunzelt man so auch achtern, bevor wieder die<br />
verbale Peitsche rausgeholt wird. Wie einst auf den Galeeren.<br />
Entspannungsurlaub in der Karibik. Alternativprogramm zum<br />
Sonnenschirm am Strand oder zum gemütlichen Cruisen für jedermann.<br />
Den tiefenentspannten amerikanischen Chartersegler<br />
haben wir gerade verschreckt, sowohl mit der Musik als auch mit<br />
dem Hin- und Her-Getacke. Sorry, war nicht böse gemeint, aber<br />
das war eben unser Kurs. Und bedrängt haben wir den verwirrten<br />
Zaungast wirklich nicht. Er ist es wahrscheinlich nicht gewohnt,<br />
hier in diesem gemütlichen karibischen, fast schon wie ein Binnenrevier<br />
wirkendem Seestück, so viele Yachten unter <strong>Segel</strong>n zu<br />
sehen. Denn im Normalfall zählen die British Virgin Islands (BVIs)<br />
ganz im Norden des karibischen Inselbogens eher zu den familien-<br />
und einsteiger-kompatiblen <strong>Segel</strong>revieren. Islandhopping<br />
mit Landsicht. Buchtensegeln, Badespaß und Strandbar.<br />
Doch wir stehen unter Strom, schenken der traumhaften Umgebung,<br />
dem türkisfarbenen, glasklaren Meer, den grünen Hügeln<br />
und roten Dächern während des <strong>Segel</strong>ns nur wenig Aufmerksamkeit.<br />
Das kommt erst später, nach den Rennen oder am Layday<br />
zwischendurch. Selbst die alte Suppenschildkröte, die an<br />
uns vorbei trudelt, bleibt von den meisten unentdeckt, später<br />
wird es für die verpasste alte Dame eine wohl einmalige Entschädigung<br />
geben.<br />
Mit 16 Yachten sind wir hier unterwegs plus Startschiff, alle auf<br />
einem Fleck, das ist schon eindrucksvoll.<br />
Doch meist zieht sich das Feld dann doch auseinander – einige<br />
immer weit vorn, ein paar weit hinten und das Mittelfeld mal<br />
eng zusammen, mal auseinandergezogen. Natürlich eher bei der<br />
Langstrecke als beim Dreieck. Zum Beispiel auf dem Weg nach<br />
Anegada, der einzigen vollkommen platten Insel hier im Revier,<br />
ein fast schon pazifisch anmutendes Korallen- und Kalkstein-Atoll.<br />
Ganz ohne Berg kommt sie daher und tanzt auch sonst vollkommen<br />
aus der Reihe. Sie gruppiert sich nicht wie die meisten der<br />
mehr als 60 Inseln um den Sir Francis Drake Channel, den die<br />
anderen Inseln beidseitig säumen, sondern liegt abseits, nahezu<br />
offshore, mit großem Riff im Süden und Atlantikwellen auf der<br />
Nordseite. Hier reicht das Riff bis an den Strand heran, ein zu<br />
empfehlender Spot für Schnorchler und Taucher. Anschließend<br />
noch etwas Entspannung in „The Big Bamboo“ in der Loblolly Bay<br />
– wenn es ein Paradies gibt, dann ist das hier. Wer einen Hang<br />
zur Ewigkeit hat, sammelt ein Stück ausgeblichenes Holz am<br />
Strand, brennt zur Erinnerung den Schiffs- oder Crewnamen ein<br />
und hängt es an die Bar. Das Who‘s who der Karibiksegler. „Hier,<br />
mit so einer Lupe als Brennglas kannst du das machen, wir haben<br />
ein paar unterm Tresen liegen“, zeigt mir Charly sein Lupensortiment.<br />
Ein Barkeeper mit einem strahlenden Lächeln wie aus der<br />
Zahnpastawerbung, greift zur Nutmeg und verfeinert die Drinks<br />
– ohne die schwarze Nuss geht nichts in den Bars der BVIs.<br />
Später dann auf naturkundlichen Pfaden wandeln. Echsen<br />
suchen, denn nur hier gibt es den Anegada-Leguan. Meist versteckt<br />
er sich, aber in der Aufzuchtstation, in der die Jungen zum<br />
Schutz vor wilden Katzen in Käfigen großgezogen werden, kann<br />
man sie aus der Nähe sehen.<br />
An den salzigen Binnenseen staksen Flamingos dünnbeinig<br />
durchs Flachwasser, fast wie zum Fotomotiv drapiert. Das Bordfernglas<br />
ist trotzdem zu empfehlen, denn oft sammeln sich die<br />
dank der roten Krabben ordentlich rosa gefärbten Vögel am äußersten<br />
Rand der Tümpel, dort wohin der Mensch ihnen noch<br />
nicht folgen kann. Hier in den Seen liegt auch die Kinderstube<br />
zahlreicher Fischarten, Baby-Barrakuda, Baby-Red Snapper, all<br />
jene, von denen man hofft, dass sie irgendwann einmal an den<br />
Haken gehen.<br />
Doch bis es soweit ist, gibt’s anderes Meeresgetier und das wirklich<br />
vom Feinsten – fangfrischen Hummer, der erst kurz vor dem Barbecue<br />
aus dem Ozean gezogen wird. Phantastisch. Stühle am Strand,<br />
Füße im Sand, kalter Weißwein lässt die Gläser beschlagen und<br />
dann der Hummer. Extraklasse. Eine gelungene Belohnung nach<br />
Sonnensegeln um die Wette, Partystimmung inklusive. Im Anschluss<br />
ans morgendliche Briefing wurde bereits durch die Bucht<br />
gefunkt, von Boot zu Boot. Die Yachten wurden durchnummeriert:<br />
„Trophy 7 für Trophy 1“, „3 halbe Hummer, ein ganzer Hummer, einmal<br />
Chicken, zweimal Mahi Mahi, bitte.“ Auf der Hummerinsel will<br />
keiner selber kochen. „O.K., sieben Leute, sieben Essen, passt. Trophy<br />
8 für Trophy 1, was bestellt ihr für heute Abend?“ Und wieder<br />
erfahren wir knisternd und rauschend, was die Konkurrenz so essen<br />
wird. 16 Yachten, 100 Essen. Perfekt organisiert. Kein Magen soll<br />
hungrig bleiben, kein Gaumen unerfreut. Gut, wenn man zu einem<br />
Boot gehört, da wird man nicht vergessen.<br />
Ich hab da eher etwas Pech, was sich aber schnell als wahres Glück<br />
herausstellt. Erst ganz zum Schluss, als schon wieder Schweigen<br />
auf Kanal 16 herrscht, erinnert sich doch noch jemand an mich.<br />
„Hat jemand eigentlich Kirsten eingeplant? Zu welchem Boot gehört<br />
sie heute Abend und was isst sie?“ „Einen halben Hummer<br />
bitte und das bei euch am Tisch, Trophy 1!“<br />
42 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Karibik Trophy: Das ist die einmalige Kombination aus sportlichem<br />
<strong>Segel</strong>n, karibisch-sanfter Landschaft und einer einzigartigen Unterwasserwelt.<br />
Schildkröten, Hummer (lecker!) oder Fischschwärme<br />
begleiten die Segler auf ihrem Törn entlang der Inseln<br />
Entspannungsurlaub in der Karibik.<br />
Alternativprogramm zum Sonnenschirm am Strand<br />
oder zum gemütlichen Cruisen für jedermann.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
43
Sailors Paradise liegt in der Karibik: Die Bucht von Virgin Gorda<br />
(oben). In der Soggy Dollar Bar werden die Geldscheine mit<br />
Wäscheklammern zum Trocknen aufgehängt (Mitte rechts).<br />
Die „Landmarke” von Marina Cay, die rote Telefonzelle, kennt<br />
jeder Segler (unten rechts). „One Love Bar am Strand der<br />
White Bay auf Jost van Dyke, geschmückt mit Fischertonnen<br />
und Netzen (unten links)<br />
44 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
travel I Regattasegeln in der Karibik<br />
Warum ich mich immer wieder besonders in Erinnerung bringen<br />
muss? Weil ich kurzfristig „kojenlos“ geworden bin und keiner festen<br />
Crew mehr angehörte. Voraus ging das große Schiffeversenken.<br />
Früher mochte ich das Spiel, im Matheheft auf Kästchen,<br />
statt Formeln zu berechnen. Bisher war es für mich ein Spiel mit<br />
Tankern, Flugzeugträgern und Fregatten, nicht mit <strong>Segel</strong>yachten.<br />
Doch es gibt schließlich immer ein erstes Mal. Gleich beim<br />
zweiten Rennen war es passiert: Ein Kat fur die Ziellinie falsch<br />
an, drehte ab und versenkte in Piratenmanier mein an der Boje<br />
liegendes Zuhause. Zumindest fast. Ich hatte Glück, war selber<br />
Regattasegeln auf dem eingangs erwähnten galeerenartigen<br />
Monohull und musste so das Elend nicht mit ansehen. Zu dem<br />
Zeitpunkt, als es geschah, lagen wir bereits vor Anker, baden und<br />
schnorcheln, Fische zählen, abkühlen im badewannengleichen<br />
Meer – gut für die strapazierte Muskulatur. Als Vierter der Einrumpfyachten<br />
waren wir weit vor den Kats in der nächsten Bucht,<br />
als der Pechvogel beim Abdrehen den zweiten Rumpf doch glatt<br />
vergessen haben muss.<br />
Später raunt der eine oder andere, dass Hartmut, der Mann für<br />
alles und Veranstalter der Regatta, über den Zwischenfall not<br />
very amused war, angemerkt hat man es ihm nicht. Auch nicht,<br />
als er noch dabei war, mir eine Zahnbürste zu organisieren.<br />
Freie Kojen wurden schnell offeriert, doch manchmal waren<br />
sie auch an einem anderen Ort als ich. So ging die Nachricht<br />
über den Äther: „Wir sind mit der Trophy 1 zurück nach Tortola<br />
in die Hodges Creek Marina gefahren, wir haben einen Schaden,<br />
treffen euch morgen wieder. Ach und Kirsten ist bei euch noch<br />
draußen, kümmert euch bitte um sie. Und wenn jemand eine<br />
Zahnbürste für sie hat…“<br />
Heimatlos im Karibischen Meer. Ohne Schiff und Crew beim<br />
Regattasegeln. Ungewöhnliche Voraussetzungen, aber eigentlich<br />
perfekt. Auf den anderen Booten meist Wiederholungstäter,<br />
Trophy- oder doch Khp-Yachtcharter-Erfahrene, feste<br />
Crews oder Einzelbucher, doch alle wussten schon vor Abflug,<br />
wo sie hingehören. Zu dem Zeitpunkt war ich auch noch auf<br />
meinem Schiff fest eingeplant – eins zum Wohnen, eins zum<br />
Regattasegeln. Wäre da nicht später so ein Rumpf ins Vorschiff<br />
gekracht. Hadern, zaudern, fluchen? Lieber mit karibischem<br />
Laisser-faire das Schicksal annehmen und das hat es ganz<br />
schön gut mit mir gemeint.<br />
Klar, auch ohne dieses Missgeschick und anschließendes Herumgereichtwerden<br />
hätte ich die Crews kennengelernt – viele<br />
von ihnen segeln schon über Jahre zusammen, in wechselnden<br />
Kombinationen, aber wären die Kontakte auch so schnell so intensiv<br />
geworden? Ständig werde ich mit dem Dingi irgendwo<br />
hingebracht, zum <strong>Segel</strong>n, Schlafen, Essen und Feiern. Zwischendurch<br />
gibt‘s auf Kanal 16 nette Konversationen: „Günther, kannst<br />
du mir von der Trophy 16 meine Shorts mitbringen, würde mir<br />
gern vor der Vollmondparty heute Abend noch trockene Sachen<br />
anziehen“ – mein Kojenschiff hat sich in eine andere Bucht zurückgezogen.<br />
„Klar, heut‘ bin ich dein Hosenträger!“ Hilfsbereitschaft<br />
ohne Ende, Wimperntusche gibt es zum Glück auf meinem <strong>Segel</strong>-<br />
Schiff, Herren-T-Shirts für die Nacht beim Nachbarn.<br />
Selbst für die Soggy Dollar Bar in der White Bay – sieht man<br />
den Strand, weiß man, woher der Name kommt – werden mir<br />
ein paar Dollarnoten geliehen. Auch ich möchte hier mit nassem<br />
Geld bezahlen. Eines der Dinge, die man übrigens mal<br />
Bootsversicherungen<br />
von<br />
Weltklasse!<br />
Virgin Gorda ist nicht nur wegen ihrer ungewöhnlichen geologischen<br />
Formation bekannt. Wegen dieser besonderen Form wird die Insel auch<br />
„The Bath” – das Badezimmer – genannt.<br />
Lemmer (NL) T +31 - 514 56 36 55<br />
Deutschland T 04343 - 49 99 91<br />
www.eerdmans.de<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
45
travel I Regattasegeln in der Karibik<br />
Die nächste Karibik Throphy findet vom<br />
22. November bis 2./3. Dezember 2013 statt.<br />
Einzelbucher zahlen 2.240 bis 2.870 Euro,<br />
komplette Crews zwischen 2.000 und<br />
3.500 Euro pro Person (abhängig von Boot und<br />
Belegung) inklusive Flug und Regattaprogramm.<br />
khp-yachtcharter.de<br />
in seinem Leben gemacht haben muss. Vorsichtig durch die<br />
schmale Einfahrt (die an Steuerbord) fahren, Boot vor Anker<br />
oder an die Boje und dann an Land schwimmen. Die Dollars<br />
dabei auf keinen Fall wasserfest verstauen, sondern in die<br />
Badesachen klemmen. Shaneek an der Bar freut‘s, sie hängt<br />
die Noten zum Trocknen an die Wäscheleine und reibt unentwegt<br />
frische Muskatnuss über die Painkiller. Die wurden<br />
sozusagen hier erfunden und können in vier Stärken geordert<br />
werden. Die Rum-Cocktails gehören zum BVI-Feeling<br />
dazu, genauso wie die tropfenden Dollarscheine. Die zieht<br />
auch Jane mit ihren 70 Jahren noch aus ihrer Badeshorts. Sie<br />
kommt sozusagen von gegenüber, ist gerade zusammen mit<br />
ihrem Sohn auf ihrem Hobie von St. John hierher nach Jost van<br />
Dyke gesegelt, eine der Inseln, die nicht am Channel liegen.<br />
„Eine Stunde haben wir gebraucht, ist das nicht einfach genial.<br />
Was für ein Leben!“, strahlt sie, ordert zwei Painkiller – Level 2 für<br />
sie, der Sohn bekommt sogar einen dritten Grades, und knallt<br />
die nassen Dollarscheine auf die Theke.<br />
Den gleichen Kommentar gibt’s hüpfend und winkend am<br />
Strand. „Meine Schwester ist online“, jubelt Cindy und springt immer<br />
wieder wild mit den Armen fuchtelnd in die Höhe – Grüße<br />
in die USA per Webcam. Sieht blöd aus, macht aber offensichtlich<br />
glücklich – oder liegt es an den Drinks?<br />
Bestimmt nicht nur, zumindest bei uns. Die Kombination aus<br />
wirklichem und wahrhaftigem <strong>Segel</strong>n, aus Fighten, Feiern und<br />
Faulenzen, das macht die Trophy aus. Natürlich auch die Umgebung,<br />
die kleinen Inseln, die legendären Locations oder der neue<br />
Nobel-Yachtclub für Megayachten, eine Dependance des Yacht<br />
Clubs Costa Smeralda, aber vor allem auch die Leute, mit denen<br />
man sich sportlich begegnet und ausgelassen feiert. Übrigens<br />
wird offiziell festgestellt, dass die Crews, die vorne segeln, auch<br />
am längsten an den Bars und auf den sandigen Tanzflächen zu<br />
finden sind – die letzte Wettfahrt haben wir, der Harem auf dem<br />
Galeerenschiff, zumindest nach gesegelter Zeit gewonnen…<br />
Dass dann noch eine Wiedergutmachung an der Charterbasis auf<br />
uns wartet, ist noch ein Goodie obendrauf: Eine höchstens zwei<br />
Tage alte Minischildkröte im Hafenbecken! Später auch noch ein<br />
paar kleine Riffhaie. „Jetzt haben wir aber auch wirklich alles gehabt“,<br />
strahlt es aus Günther heraus, „das volle Programm!“, packt die<br />
Tasche und geht von Bord. „Bis nächstes Jahr!“ Recht hat er, doch<br />
mir bleibt die Frage: Fressen Haie kleine Baby-Schildkröten?<br />
Für das SEGEL JOURNAL tauschte Kirsten Panzer-Gunkel den norddeutschen Winter-<br />
Blues gegen <strong>Segel</strong>n in der Karibik und checkte zur Karibik Trophy des Charteranbieters khp ein. Die<br />
British Virgin Islands lockten mit Sonnenschein, sommerlichen Temperaturen und Regattaspannung.<br />
Durch eine Serie aus Pech und Pannen wurde sie Schiff und Koje los. Da galt es schon manches Mal,<br />
nach neuem Wohnschiff zu suchen. Dass auch das Unplanbare und Unvorhergesehene durchaus<br />
seinen Reiz hat, zeigt ihre Reportage übers Regattasegeln in den BVIs.<br />
46 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
EXTRA SEGEL JOURNAL<br />
Dieses SEGEL JOURNAL Türkei Spezial erscheint als Sonderveröffentlichung zu<br />
den Ausgaben 02/2013 der Magazine SEGEL JOURNAL und MEER & YACHTEN<br />
in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Republik Türkei in Berlin.<br />
segeljournal.com | meerundyachten.de<br />
Türkei<br />
TR AVEL GUIDE
travel I 14 Places to be<br />
14 Orte,<br />
die Weltumsegler gesehen<br />
haben müssen<br />
Text und fotos wolfgang weber<br />
Es gibt nur ein schönstes Baby auf der Welt: Jede Mutter<br />
hat es. Und so gibt es auch nur einen einzigen schönsten Ort in der<br />
Seglerwelt: Jede(r) Skipper(in) kennt einen eigenen. Trotzdem, Träume<br />
und Traumziele sind nicht so individuell, wie wir glauben. Für diese 14<br />
Orte gibt es außerdem gute Gründe, sie einmal gesehen zu haben.<br />
1<br />
Segler in Europa lieben ihre Heimatreviere: Nordsee,<br />
Ostsee, Mittelmeer. Traumziele massenhaft. Die Erbseninseln bei<br />
Bornholm, weil sie wie verzaubert der Zeit trotzen. Helgoland, weil es<br />
irgendwann mal der erste Schlag über freies Wasser war und seitdem immer<br />
wieder lockt. Die kleine Palmenbucht östlich von Bodrum, wo der romantischste<br />
aller Sonnenuntergänge ein Glück fürs Leben beschien. Und<br />
einmal Venedig von See aus erleben… Hier bei uns zu Hause hat schon<br />
jeder seine Traumbucht, seinen Lieblingshafen, seinen „Ort, an dem man<br />
einmal gewesen sein muss“ gefunden. Bleiben noch die Träume hinter<br />
dem Horizont, und für die muss man Europa verlassen…<br />
48 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
2<br />
sanfter (Yacht-) Tourismus so genial miteinander<br />
verbunden wie hier. Per Charter-Einbaum lässt<br />
sich der Dschungel im Hinterland erkunden,<br />
und an den Ankerplätzen finden sich einige der<br />
schönsten Korallenriffe der Karibik. Ein absolutes<br />
Muss für Entdecker und Menschenfreunde.<br />
Fotos: Wolfgang Weber; www.shutterstock.com/ Jason Patrick Ross, dirkr<br />
3<br />
4<br />
Der eindrucksvollste Ort für den Abschied<br />
ist Gibraltar. Solange der Wind oben<br />
auf dem Affenfelsen vom Atlantik her weht, bleiben<br />
die Yachten im Hafen. Die gewaltigen Festungsanlagen,<br />
die die Meerenge bewachen, demonstrieren<br />
den Wert, den Seefahrt in der Geschichte immer<br />
hatte und noch heute hat. Nirgendwo sonst<br />
auf der Welt bekommt man so sehr das Gefühl:<br />
„Was ich tue, was ich vor mir habe, ist wichtig. Und<br />
wenn es nur für mich wichtig ist.“<br />
Wenn der Wind auf Levanter dreht, geht es raus<br />
auf den Ozean, der Sprung über den Atlantik<br />
nach Westen steht an. Die Karibik ruft, der<br />
Traum von Sand und Sonne. Am schönsten<br />
ist der Bereich zwischen Bequia und Union Island.<br />
Wer will, kann tagsüber im Naturschutzpark der<br />
Tobago Cays mit den Schildkröten um die Wette<br />
schnorcheln und sich trotzdem abends in Dennis‘<br />
Hideaway auf Mayreau fangfrischen Lobster servieren<br />
lassen. Das ultimative Winterparadies, die<br />
Karibik-Essenz, Strandparty inklusive.<br />
Wem der Reggae zu viel wird, der<br />
dreht den Bug nach Südwesten und<br />
erforscht den San-Blas-Archipel in<br />
Panama. Die Kuna-Indianer leben in ihrem autonomen<br />
Gebiet „Kuna Yala“ bewusst traditionell,<br />
nirgendwo sonst werden Stammeskultur und<br />
5<br />
6<br />
Das nächste Traumziel sind die Galápagos-Inseln,<br />
denn nur dort haben<br />
so viele Tierarten so wenig Respekt<br />
vor den Menschen. Beim Reinigen des<br />
Wasserpasses kommen junge Seelöwen zum<br />
Zuschauen, zupfen mal eben an den Schwimmflossen<br />
und okkupieren die Badeplattform.<br />
Blaufußtölpel schlagen nur wenige Dezimeter<br />
an Backbord und Steuerbord ins Wasser<br />
ein und jagen Fische. Fregattvögel mit aufgeblähtem<br />
Kehlsack sitzen im Gebüsch direkt<br />
am ausgewiesenen Wanderpfad. Und unten<br />
ziehen große Haischulen vorbei und stören<br />
sich ebenfalls nicht am Homo sapiens. Die Inselgruppe<br />
ist und bleibt das Traumziel für alle<br />
Tierliebhaber, auch wenn die Riesenschildkröte<br />
Lonesome George leider im letzten Jahr im Alter<br />
von etwa 100 Jahren verstorben ist.<br />
Von hier aus sind es ziemlich genau<br />
3.000 Meilen bis zu den Marquesas –<br />
und eine echte Langfahrt über See ist ebenfalls<br />
ein „Ort, an dem man gewesen sein muss“: Ganz<br />
einfach weit draußen. Das muss nicht der Pazifik<br />
sein, aber es sollte weiter sein bzw. länger<br />
dauern, als der Vorhersageraum des Wetterberichtes.<br />
Passatbesegelung, der untergehenden<br />
Sonne hinterher, ein kleiner Schwertfisch an der<br />
Angel, die Gedanken frei bis hinter den endlosen<br />
Horizont und der Körper geborgen im<br />
schwimmenden Schneckenhaus namens „mein<br />
Boot“, so geht <strong>Segel</strong>n.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
49
travel I 14 Places to be<br />
7<br />
CDs getauscht werden, und für Einsamkeitsenthusiasten<br />
bieten sich endlose Strände auf jeder<br />
Insel an. Eine etwas südliche Route über Raroia,<br />
Makemo und Fakarava hat zwei Vorteile: Sie liegt<br />
etwas abseits der Hauptrouten und bietet mit<br />
den letzten beiden Atollen zweimal die Möglichkeit,<br />
auf der einen Seite ins Ringriff rein – und<br />
auf der anderen wieder raus zu segeln.<br />
9<br />
8<br />
Da der Pazifik die längste inselfreie Strecke auf einer<br />
Weltumsegelung ist, bekommt die erste Insel,<br />
die erste Bucht den Titel „Welt-Landfallort“: Die<br />
Baie des Vierges auf Fatu Hiva. Nach drei<br />
Wochen blauem Meer und blauem Himmel und<br />
weißen <strong>Segel</strong>n und weißen Wölkchen werden<br />
die Grünschattierungen auf den Lavahängen<br />
des Vulkans zum unvergesslichen Farbenrausch.<br />
Cook und Bougainville tauchen vor dem geistigen<br />
Auge auf: So muss es gewesen sein, als die<br />
großen Entdecker nach Wochen auf See erstmals<br />
wieder terra firma unter den Füßen hatten und<br />
von freundlichen Einheimischen bewirtet wurden.<br />
Die Tradition hat sich bis heute gehalten,<br />
während der Yachtsaison im April und Mai laden<br />
mehrere Familien in ihre Behelfsrestaurants auf<br />
der Terrasse ein. Das erste kühle Hinano schmeckt<br />
wie kein anderes Bier auf der Welt.<br />
10<br />
Der nächste Traum führt „bis ans andere<br />
Ende der Welt“. Genau gegenüber<br />
von Deutschland ist leider nur Wasser,<br />
aber wer so weit weg will, wie es<br />
eben geht, der muss nach Neuseeland.<br />
Möglichst weit weg vom Stress in der Heimat ist<br />
man nicht in den Städten der neuseeländischen<br />
Nordinsel, sondern in Aucklands Hausrevier, dem<br />
Hauraki-Golf und der Südinsel. Der berühmte Golf<br />
wird gegen den Ozean durch Great Barrier Island<br />
geschützt, und wer vom idyllischen Ankerplatz in<br />
der Bucht Port Fitzroy zu einer Wanderung durch<br />
die Baumfarn-, Kaurifichten- und Teebaumwälder<br />
zum Gipfel des Mount Hobson aufbricht, der befindet<br />
sich am anderen Ende der Welt auch wirklich in<br />
einer anderen Welt.<br />
Zum Südseetraum an sich fehlt auf den Marquesas<br />
allerdings der weiße Sandstrand. Aber eine<br />
Inselgruppe weiter, in den Tuamotus,<br />
da wird der Traum dann Wirklichkeit.<br />
Wie in den europäischen Heimatrevieren muss<br />
in der riesigen Südsee zwischen Französisch-<br />
Polynesien und den Salomonen jeder seinen eigenen<br />
Traumort entdecken. Aber hier geht das<br />
am einfachsten. Dutzende Atolle bieten sichere<br />
Ankerplätze im Inneren der Lagunen. Korallenköpfe<br />
im flachen Wasser sind perfekte Schnorchelspots<br />
gleich hinter dem Heck. Schwarze<br />
Perlen können gegen Angelhaken oder Pop-<br />
Geographischer Abstand ist aber nicht immer<br />
unbedingt auch mentaler oder kultureller Abstand.<br />
Wer sich möglichst weit von<br />
allem, was er in seinem „normalen“<br />
Leben kennt, entfernen möchte, der<br />
muss nach Melanesien. Penisköcher und<br />
Grasrock sind bei Festen selbst in Vanuatus<br />
Hauptstadt Port Vila bis heute salonfähig, aber<br />
richtig spannend wird es erst auf den unbekannteren<br />
Inseln. Auf Malakula zeigen die Einheimischen<br />
die schönsten Tänze, auf Ambrym<br />
Fotos: Wolfgang Weber; www.shutterstock.com/ Jiri Foltyn<br />
50 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
hat der Rom-Kult die exotischsten Festkostüme<br />
hervorgebracht, und auf Pentecôte stürzen sich<br />
die wagemutigen Erfinder des Bungee-Jumpings<br />
im Mai mit nichts als Lianen an den Füßen<br />
von bis zu 20 Meter hohen Bambusgerüsten auf,<br />
nein, in die Erde. Beim Kava-Trinken im Nakamal,<br />
dem Männerhaus, werden die letzten Bande zu<br />
dem, was wir Zivilisation nennen, gekappt.<br />
11<br />
13<br />
in Frieden lässt – atemberaubend. Unter Wasser<br />
tummeln sich die Mantarochen und streicheln<br />
mit ihren Schwingen die Glücklichen, die sich<br />
mit ihnen durch die Lagune treiben lassen.<br />
Das thailändische Phuket scheint der<br />
exakte Gegensatz zu Melanesien, also<br />
zu Vanuatu, zu den Salomonen und den<br />
Louisiaden zu sein. Aber hinter dem Massentourismus<br />
verbirgt sich in der weiten Phang Nga<br />
Bucht die erstaunlichste per Yacht ersegelbare<br />
Landschaft. Über Jahrmillionen hat sich das Meer<br />
in die Karstlandschaft gefressen und dabei Höhlen,<br />
Tunnel, Monolithen und senkrechte Wände hinterlassen.<br />
Mit dem Beiboot lassen sich hohle Inseln<br />
oder Tropfsteinarkaden erkunden, ganz Mutige<br />
schwimmen bei Ebbe hundert Meter durch einen<br />
stockdunklen, niedrigen Tunnel, um am Ende inmitten<br />
eines Hongs wieder blauen Himmel über sich<br />
zu haben, der über 360° lückenlos von senkrechten<br />
Wänden eingerahmt ist.<br />
14<br />
Was in dieser Aufzählung noch fehlt, sind der Ort<br />
für das größte seglerische Abenteuer und der ultimative<br />
Ort zum Ankommen. Ersterer muss<br />
eines der drei groSSen Kaps sein. Da die<br />
Umrundung des Kap Hoorn meist durch die Magellanstraße<br />
und den Beagle-Kanal abgekürzt<br />
wird und Kap Leeuwin weit abseits der üblichen<br />
Routen liegt, bleibt nur das eine Kap. Das Kap<br />
der Stürme, später umbenannt in das Kap der<br />
Guten Hoffnung. Nichts ist vergleichbar mit dem<br />
Anblick des Tafelbergs nach der Umrundung. Ein<br />
großes Kap muss sein, einmal im Leben…<br />
12<br />
Der Traum, irgendwohin zu kommen,<br />
wo fast noch niemand sonst war,<br />
erfüllt sich im Chagos-Archipel. Der<br />
Naturpark inmitten des Indischen Ozeans ist absolut<br />
zivilisationsfrei – und die Naturparkverwaltung<br />
erlaubt nur gut einem Dutzend Yachten<br />
pro Jahr, für maximal vier Wochen hier zu bleiben.<br />
Das sind deutlich weniger Menschen als<br />
jedes Jahr auf den Mount Everest klettern. Eine<br />
andere Anreise als auf eigenem Kiel ist nicht<br />
möglich, nicht einmal Charteryachten dürfen<br />
ankern. Die Natur ist – wie überall, wo man sie<br />
Ankommen, zurückkommen nach Europa ist<br />
über zwei Routen möglich: Über den Atlantik<br />
darf ein Stopp in Horta/Faial nicht<br />
fehlen. Das berühmte „Peter‘s Café Sport“ hat<br />
sie alle gehört, die Geschichten von Stürmen und<br />
Flauten, vom Erfolg und vom Scheitern. Wenn<br />
diese Wände erzählen könnten! Und gerade das<br />
können die Wände der Kapelle „Madonna vom<br />
Felsen“ vor Perast im Golf von Kotor. Die Rückkehrer<br />
via Suez-Kanal sollten am späten Nachmittag,<br />
wenn die Museumsbesucher die Insel<br />
verlassen haben, an der kleinen Pier vor dem<br />
„Bug“ dieser Stein gewordenen Kapitänskajüte<br />
festmachen. Im Inneren des Kirchleins berichten<br />
Unmengen silberner Votivtafeln von Schiffbruch,<br />
von Flaute, vom Unglück auf See. Auf keinem<br />
anderen Ort der Welt ruht so viel Hoffnung auf<br />
die Erfüllung eines Traumes wie hier. Falls Sie Ihr<br />
Traumziel irgendwann erreicht haben, dann ist<br />
hier der richtige Ort, um Danke zu sagen.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
51
travel I panzer segelt... auf der müritz<br />
müritz<br />
Kleines Meer<br />
für große Schläge<br />
Der gröSSte See Deutschlands<br />
überrascht mit seiner Vielfalt.<br />
Individualisten, Naturliebhaber und<br />
Regattasegler schwärmen von dem kleinen<br />
Meer im Nordosten Deutschlands, das sich auf<br />
einem Kurztörn nur schwer in seiner ganzen<br />
Besonderheit erfassen lässt. Text Kirsten Panzer-Gunkel<br />
Die Bootsschuppen des Städtchens Röbel stehen nicht an, sondern in der Müritz<br />
52 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
In diesem Jahr feiert das Städtchen Waren an<br />
der Müritz sein 750-jähriges Bestehen<br />
Fotos: www.shutterstock.com/travelpeter, ArTono<br />
Das Meer, der See, der Fluss,<br />
Schon allein ihr Name birgt Besonderes. Weiblich sind die wenigsten<br />
Wasserlandschaften im Binnenland. Vielleicht spricht man<br />
noch von einer Seenplatte (die), aber einem See oder Fluss die<br />
Weiblichkeit zuzusprechen ist schon recht ungewöhnlich. Und<br />
dennoch, sie ist eine Sie, die Müritz – und dabei nicht harmlos,<br />
ruhig und gefällig, sondern auch schon mal wild und eindrucksvoll<br />
und dabei immer wunderschön, oftmals verwunschen und<br />
hin und wieder auch leicht tückisch.<br />
Der eine schwärmt: „Ihre Größe macht’s aus und die Buchten,<br />
einfach so vor Anker liegen“, der andere betont ihre Sportlichkeit.<br />
Der eine mag die Nächte auf ihr, der andere segelt tagsüber um<br />
die Wette und sieht keinen Sinn darin, auch nachts noch draußen<br />
bei ihr zu bleiben, meint vielmehr, er könne doch genauso gut<br />
zuhause schlafen. So unterschiedlich die Nutzung des „kleinen<br />
Meeres“, was der slawische Name morcze (Müritz) bedeutet, so<br />
vielseitig die Möglichkeiten. Vielleicht ist sie auch deshalb durchaus<br />
etwas für Individualisten, wenngleich es zur Hauptsaison bei<br />
Sonnenschein so wirkt, als ob es ganz schön viele Individualisten<br />
gäbe – und dabei nicht nur deutsche. Auch Holländer, Schweizer,<br />
Österreicher und Dänen zieht es immer wieder nach Mecklenburg-Vorpommern,<br />
in den Nordosten unserer Republik.<br />
„Ich bin schon viel auf anderen Seen gesegelt, natürlich auch<br />
auf den bayerischen – Regatten. Aber wenn ich richtige Schläge<br />
machen will, freu‘ ich mich immer auf die Müritz. Das ist halt unsere<br />
Müritz hier. Ich bin hier geboren, hab‘ hier das <strong>Segel</strong>n gelernt<br />
und bin immer noch dabei. Und die anderen Seen sind viel zu<br />
klein“, argumentiert Heiko Schmidt vom Wasser-Service-Center<br />
Röbel voller Eifer pro Heimatrevier. „Beim Regattasegeln reihst du<br />
dich sonst am Start auf und nix passiert mehr. Hier hast du aber<br />
Platz, kannst noch richtig was bewegen“, plädiert er nicht nur fürs<br />
Dreieckssegeln auf seinem kleinen Meer.<br />
aber die Müritz<br />
Viele andere Segler wollen sich hier erst einmal ausprobieren, die<br />
große Fahrt auf kleinem Meer üben. Sie freunden sich auf dem mit<br />
knapp 120 Quadratkilometern größten See Deutschlands mit den<br />
ersten längeren Schlägen an, bevor sie nach der Seeerfahrung<br />
hinausgehen auf die große und ihrem Ruf nach stets wilde See.<br />
Genießen schon einmal hier im Binnenland das Meergefühl – sozusagen<br />
erst einmal an der Reißleine, bevor sie es wagen, diese<br />
endgültig zu ziehen.<br />
Die durch die große Wasserfläche und die flachen Ufer begünstigten<br />
gleichmäßigen Winde sind dabei gegenüber den Fallböen<br />
und Windlöchern der Bergseen klar im Vorteil. Westwind<br />
statt Föhn aus Süd. Und, falls es mal zu stark bläst, gibt es noch<br />
genug geschützte Bereiche, in die man ausweichen kann, zum<br />
Beispiel tief in die Bucht von Röbel hinein, dann weiter um die<br />
Ecke gebogen in die Kleine Wünnow und Bootsschuppen gucken.<br />
Holzhäuser, mal instand gesetzt, mal verwittert, vor wogendem<br />
Schilfgürtel, enge kleine Buchten und Wassersträßchen zum<br />
Versteckspiel mit Boot. „Wohnen darf man in den Hütten nicht,<br />
obwohl sie natürlich ideal dafür sind. Unten Boot – oben Bett – ist<br />
aber verboten und wird auch wirklich kontrolliert“, erzählt Maik<br />
Mausolf, der jeden Stein im See mit Namen kennt. So raubt er mir<br />
gleich alle Hoffnung auf ein beinahe schwimmendes Zuhause<br />
auf Zeit. Drankommen an so ‘ne Hütte? Keine Chance – die sind<br />
fest im Familienbesitz. Doch manchmal, ganz selten, steht dann<br />
doch mal eine zum Verkauf. Mit „400 bis 500.000 Euro wurde für<br />
so einen Schuppen schon mal verlangt“ erinnert mich Maik an<br />
meinen Kontostand, während wir windgeschützt nach einem besonders<br />
schönen suchen. 2.500 solcher Bootsschuppen gibt es an<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
53
Bootsliegeplatz an der Müritz?<br />
So einfach zu bekommen wie ein 6er im Lotto...<br />
müritz<br />
10 fragen – 10 Antworten<br />
Warum? Platz gibt es auf dem größten See Deutschlands und zwar<br />
reichlich. Lange Schläge lassen Urlaubsfeeling aufkommen und wer<br />
kürzere Distanzen bevorzugt, findet schnell den nächsten Hafen.<br />
Wann? <strong>Segel</strong>saison ist von April bis Oktober, zur Schulferienzeit kann<br />
es allerdings schon mal voller werden, weniger auf dem Wasser als in<br />
den Häfen.<br />
wer? Ein See für Segler, die das <strong>Segel</strong>n lieben und wirklich auch mal<br />
Strecke machen wollen. Wer noch etwas unsicher ist, bleibt dagegen in<br />
Landnähe, auch das ist möglich. Und als „Vorlauf“ für den ersten Meerestörn<br />
ist der See perfekt.<br />
Wo chartern? Das Wasser-Service-Center Röbel verkauft<br />
nicht nur Boote, sondern verfügt auch über eine eigene Marina und<br />
eine Charterflotte in Röbel, wsc-roebel.de. Angeboten werden auch<br />
<strong>Segel</strong>kurse und Ferienwohnungen. Vom 26. bis zum 28.4. findet der<br />
9. Müritz-Gold Cup statt – die größte Kielbootregatta der Mecklenburger<br />
Seenplatte. Wer ohne eigenes Schiff mitmachen will, chartert<br />
beim Bootscenter Müritz.<br />
Weitere Anbieter sind unter anderen: <strong>Segel</strong>center Müritz in<br />
Teterow, Dream Sailing in Waren, Yachtcharter Logisch<br />
in Rechlin und Sun Sailing in Klink.<br />
wo bleiben? Auf der Müritz gibt es weder ein Nachtfahr- noch ein<br />
Ankerverbot, wer mag, kann also draußen bleiben. Ansonsten gibt es<br />
außer im Naturschutzgebiet am nordöstlichen Ufer zahlreiche Häfen<br />
und Liegeplätze. Die Vereine bieten ebenfalls Gastliegeplätze an.<br />
Was tun an land? Der Besuch des Müritzeums in Waren ist<br />
ein Muss! Wald-, Moor-, Wasserwelten und Deutschlands größtes<br />
Aquarium für Süßwasserfische – absolut beeindruckend und gleich<br />
für zwei Hafentage gut: mueritzeum.de<br />
wo essen? Bei den Fischern am See, z.B. in Röbel gleich neben<br />
der Marina – mueritzfischer.de – und im Miniaturrestaurant Klabautermann<br />
in Waren, einem winzigen (hauptsächlich) Fischrestaurant<br />
mit gerade einmal 18 Plätzen – von April bis Oktober werden<br />
keine Reservierungen entgegengenommen, also schnell anlegen<br />
und die Marktstraße hinauf, Tel. 03991 / 66 23 06 oder<br />
klabautermann-waren.de.<br />
In Röbel besucht man das legendäre Regattahaus des Röbeler<br />
Segler-Vereins, Müritzpromenade 20.<br />
was mitbringen? Kaviar! Hecht- und Maränen-Rogen aus<br />
nachhaltiger Fischerei gibt es bei den Müritzfischern – unbedingt<br />
probieren und am besten gleich einen Vorrat kaufen!<br />
Infos und weitere Tipps<br />
Tourismusverband Mecklenburgische Seenplatte<br />
mecklenburgische-seenplatte.de<br />
Das Müritzeum in Waren,<br />
Naturkundemuseum mit<br />
Deutschlands größtem<br />
Süßwasseraquarium<br />
worauf achten? Bei stärkerem Wind kann sich schnell eine steile<br />
kurze Welle aufbauen, dann ist Vorsicht geboten! Gewitterfronten<br />
ziehen zwar nur selten direkt über die Müritz, sind dann aber besonders<br />
stark mit extremen Böen.<br />
Wo schlafen? In Waren zum Beispiel in der Villa Margarete<br />
– villa-margarete.de – direkt am Rande des Nationalparks. Hier gibt es<br />
im Spa-Bereich auch etwas ganz Besonderes: Floaten, nicht in einer<br />
engen Tonne, sondern in einer offenen, großen Wanne – Entspannung<br />
pur – vor allem nach einem Wellenritt übers Meer. (Ist auch separat<br />
ohne Hotelübernachtung buchbar!)<br />
54 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
travel I panzer segelt... auf der müritz<br />
der Müritz, die meisten sind nur vom Wasser aus zu sehen. So wird<br />
ein Müritztörn auch gleich zum Überraschungsei – eine vollkommen<br />
andere Optik als vom Land aus bietet sich dem Segler hier<br />
auf dem Wasser. Und gleichzeitig lüftet sich auch das Geheimnis<br />
der 5.000 Boote, die an der Müritz liegen, die Hälfte ist, beinahe<br />
unsichtbar, im Häuschen versteckt.<br />
Die meisten fremden Segler, die nun nicht über die eigene<br />
Hütte am See verfügen, bringen ihr eigenes Boot hierher, sei es<br />
für einen Zweiwochentörn oder gleich für die ganze Saison, wie<br />
zum Beispiel der 70-jährige Segler aus Osnabrück. Er reist jedes<br />
Jahr mit Wohnmobil und Seezunge an die Müritz, bleibt gleich<br />
von April bis Oktober. Ab und zu kommt auch seine Frau vorbei,<br />
doch nicht für lange, sie darf noch nicht das Rentnerleben genießen.<br />
Sie muss noch ein wenig arbeiten, während der Gatte<br />
sich monatelang auf der Müritz herumtreibt.<br />
Fotos: Mirko Runge/ Müritzeum gGmbH; www.shutterstock.com/guentermanaus (2)<br />
Groß und abwechslungsreich genug ist das Meer schließlich<br />
selbst für jahrelange Wiederholungstäter. Wie ein richtiges Meer.<br />
Und was dort nie fehlt, gibt es natürlich auch hier – Untiefen und<br />
die dazugehörigen Tonnen. Nordöstlich und südwestlich der<br />
Müritz-Mitte liegen ein paar Steine herum, gut betonnt und wie<br />
gewollt platziert.<br />
Das sind aber nicht die einzigen flachen Stellen, auf die man aufpassen<br />
muss. Trotz ausreichender „Meerestiefe“, im Durchschnitt<br />
sechs Meter und an der tiefsten Stelle sogar 33 Meter, kommt das<br />
Ufer hin und wieder flach und steinig daher. Vorsicht und vielleicht<br />
mal ein Blick in die Karte ist dann angesagt, doch „wenn die<br />
Leute hier unbedingt die Pferde und Kühe zählen wollen, fahren<br />
sie an den Riesenfindlingen ihre Boote kaputt“, zeigt mir Maik<br />
gleich hinter der Ausfahrt von Röbel am Nordende des Großen<br />
Schwerin die herumliegenden Brocken.<br />
Raus aus der Enge – am Wind Richtung Nordwest – hier zeigen<br />
die Freikörperkultur-Enthusiasten, wie hoch ihr Toleranzpegel<br />
nun wirklich ist. Gleich gegenüber liegt die Wasserskistrecke in<br />
der Sietower Bucht – eine weitere südlich von Klink – da gibt’s oft<br />
Gezeter: „Die vom FKK-Campingplatz beschweren sich ständig,<br />
wenn die Skifahrer in der Mittagspause hier rumfahren“, gibt mein<br />
Revierführer sein Insiderwissen weiter. Sollen die warten, bis am<br />
Im kleinen Dorf Kambs steht eine historische Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert<br />
Nachmittag wieder eine ordentliche Welle steht, geht’s mir durch<br />
den Kopf – Buckelpistenfahren im Neo, damit die Freikörper ungestört<br />
ruhen können?<br />
Doch ansonsten ist man tolerant am See. Segler und Motorbootfahrer<br />
verstehen sich, wobei die Segler eher auf der Müritz<br />
bleiben, während die Motorboote schnell auf die anderen Seen<br />
gehen, raus aus der Müritz und weiter in die Mecklenburgische<br />
Seenplatte, auf den Kölpin-, den Fleesen- oder den Plauer See. Die<br />
Segler könnten das auch. „Wir haben hier alle Mastlegevorrichtungen,<br />
die Charterboote sowieso – aber die Müritz ist auch so groß<br />
genug für einen Urlaubstörn“, heißt es beim Wasser-Service-Center<br />
in Röblin. Nach einem Lieblingsplatz am See gefragt, werden<br />
nur die Schultern gezuckt. Zu viele schöne Fleckchen gibt es hier,<br />
ob drüben am Ostufer, wo Deutschlands größtes Naturschutzgebiet<br />
bis ans Wasser hinunter reicht, oder am Westufer mit seinen<br />
Wiesen und kleinen Wäldern. Ein nennenswertes Süd- oder Nordufer<br />
bietet die Müritz aufgrund ihrer Nord-Süd-Ausrichtung nicht.<br />
Dafür aber im Norden mit Waren die größte Stadt am Meer und<br />
im Süden mit der Kleinen Müritz fast schon einen extra See.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
55
travel I panzer segelt... auf der müritz<br />
Rund 2.500 dieser romantischen Bootsschuppen<br />
gibt es entlang der Müritz<br />
Viel Einzigartiges, viel Schönes, viel Meer und Natur, Kraniche, die<br />
hier im Spätsommer Station machen, und Fischadler, die auch<br />
schon mal über den Booten kreisen, bei viel Wind eine Welle, die<br />
sich vor den Meereswogen nicht zu verstecken braucht, und dazu<br />
noch Urwald für Segler. Gleich hinten im Bolter Kanal erstreckt er<br />
sich. Hier durchs üppige Grün hineinfahren, Achtung: Topplicht,<br />
Boot festbinden und Fisch essen – für mich das Müritz-Highlight;<br />
wobei… die Bootshäuser, das Schilf, der Fisch, die kleinen Dörfer,<br />
das Schloss Klink, die langen Schläge… sich festzulegen fällt<br />
manchmal schwer.<br />
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highlights Neues aus der Szene 60 – 61<br />
clipper highlights race Das Neues Jedermann-Rennen aus Szene um die Welt 6264 – 67 – 65<br />
youth olympische america’s Spiele cup Davon Deutsches träumen Team deutsche vor San Francisco Segler dabei 7066 – 71 – 71<br />
mittwochsregatten Die Scow kommt rasende Der groSSe badewanne SpaSS nach Feierabend 72 72 – 76 – 74<br />
Hochseerennen Was verträgt die Crew? 76 – 78<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
<strong>59</strong>
sportshighlights<br />
Lange läuft!<br />
Wild Oats XI<br />
schlägt alle<br />
Was für ein Siegeszug! Bei der 68. Auflage des Hochseeklassikers<br />
Rolex Sydney Hobart konnte die Crew von Wild Oats XI die drei<br />
wichtigsten Pokale klar machen. First Ship Home, neuer Streckenrekord<br />
und der Gesamtsieg nach berechneter Zeit: Besser ging<br />
nicht. Die Yacht absolvierte die 628 Meilen lange Strecke in einem<br />
Tag, 18 Stunden, 23 Minuten und 12 Sekunden und unterbot damit<br />
ihren eigenen alten Rekord um 16 Minuten und 58 Sekunden. Eigner<br />
Bob Oatley war nach dem Sieg ekstatisch: „Ich bin im Himmel.<br />
Wir haben niemals aufgegeben. Und wir werden es im nächsten<br />
Jahr erneut angehen!“ Wild Oats XI geht nun in die Geschichte des<br />
Rennens ein als die zweite Yacht, der es gelungen ist, den eigenen<br />
Rekord zu brechen und die Regatta sechsmal als Erste zu beenden.<br />
Nur die Morna, später bekannt als Kurrewa IV, war noch besser. Sie<br />
hat das Rennen siebenmal gewonnen und zweimal ihren Rekord<br />
gebrochen. Ein Rekord, dem Wild Oats XI im Dezember 2013 gefährlich<br />
nahe kommen könnte… rolexsydneyhobart.com<br />
Neuer Volvo<br />
Ocean Racer<br />
im Bau<br />
Kleiner, robuster und stabiler, so soll<br />
die neue Einheitsklasse VO 65 für das<br />
nächste Weltrennen 2014/15 sein.<br />
Und vor allem günstiger: Mit rund<br />
4,5 Millionen Euro pro Boot sind die<br />
Baukosten um 30 Prozent geschrumpft. An<br />
der Baunummer 1 wird schon eifrig geschraubt. Die italienische<br />
Werft Persico laminiert die Außenhaut des rund 20 Meter<br />
langen Rumpfes, parallel wird bei Multiplast in Frankreich die<br />
Karbonschicht für das Deck gebaut. Erste Sea Trials nach erfolgreichem<br />
Stapellauf sind für Sommer 2013 geplant. Inzwischen<br />
hat für die Neuauflage des Rennes auch ein zweites Team gemeldet:<br />
Die brasilianische Provinz Pernambuco wird ein Team<br />
ins Rennen schicken, der erste Stopover-Port nach dem Start in<br />
Alicante wird die prosperierende brasilianische Stadt Recife sein.<br />
Und was macht das schwedische Damenteam vom Hygieneartikel-Hersteller<br />
SCA? Trainiert bis zur Fertigstellung ihres VO 65<br />
Racers schon auf der alten Mar Mostro von Puma. Die wurde<br />
auch schon im Girlie-Style pink angemalt. volvooceanrace.com<br />
Besser als<br />
Schafe züchten<br />
<strong>Segel</strong>söldner oder Moneymaker? Für neuseeländische Jungspunde<br />
stellt sich oft die Frage, ob sie sich als Profisegler bei<br />
einem internationalen Syndikat verdingen oder doch besser<br />
Schafe züchten. Für Russell Coutts hat sich die<br />
Entscheidung <strong>Segel</strong>profi zu werden klar<br />
ausgezahlt: Der Mann, der in diesem<br />
Jahr als CEO im Team Oracle von Larry<br />
Ellison den begehrten America’s<br />
Cup mit verteidigen wird, ist der mit<br />
Abstand bestbezahlte Sportler Neuseelands.<br />
Nach Angaben der Taranaki<br />
Daily News verdient Russell jährlich<br />
rund 8,5 Millionen Euro. Deutlich abgeschlagen<br />
auf Platz 2 des neuseeländischen<br />
Gehaltsrankings folgt<br />
Fußball-Star Ryan Nelson mit<br />
rund drei Millionen Euro Jahresgehalt.<br />
Immer noch mehr,<br />
als man als Schafhirte verdient.<br />
oracleracing.com<br />
60 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Foto: www.shutterstock.com/ AHMAD FAIZAL YAHYA<br />
30 Millionen<br />
für die britischen Olympioniken<br />
Welche Nation konnte 2012 die meisten olympischen Medaillen beim <strong>Segel</strong>n einheimsen? Die Briten.<br />
Allen voran „Big Ben“ Ainslie mit Gold im Finn, dazu kamen vier Silbermedaillen. Allerdings: Im seglerischen<br />
Medaillenspiegel waren die Briten hinter Australien „nur“ auf Platz 2. In den Jahren 2004 und 2008<br />
hatten die britischen Segler der Royal Yachting Association (RYA) die olympische Nationenwertung im<br />
<strong>Segel</strong>sport deutlich gewonnen. Damit die britischen Segler ihr Top-Level halten, wurde ihnen jetzt für<br />
die Vorbereitung auf Rio eine satte Unterstützung zugesagt: Rund 30 Millionen Euro. Davon können die<br />
deutschen Talente leider nur träumen… rya.org.uk<br />
Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist<br />
Und noch einmal Ben Ainslie. Der derzeit größte <strong>Segel</strong>olympionike aller Zeiten tritt weder im Finn noch in einer anderen<br />
Klasse vor Rio an. Schluss, aus und vorbei mit der Medaillenjagd. Im Finn wäre die Luft für Ainslie bei den nächsten<br />
Regatten dünn geworden, zu stark sind die jüngeren Konkurrenten. Ein Umstieg in die gerade nicht olympische Starboot-Klasse<br />
wäre eine Alternative für den britischen Ausnahmesegler gewesen. Doch mit dem intensiven Training in<br />
dem Zweimann-Kielboot müsste er jetzt anfangen – zu einem Zeitpunkt, an dem es höchst unwahrscheinlich ist, dass<br />
die Starboot-Klasse doch noch als zusätzliche olympische Disziplin vor Rio an den Start gehen darf. Ainslie konzentriert<br />
sich nun darauf, sein seglerisches Know-how ein Spielfeld weiter einzusetzen: Aktuell ist er beim America’s Cup<br />
Team Oracle angestellt, doch sein Ziel ist eigentlich, den 35. America’s Cup nach England zu holen. benainslie.com<br />
Termine<br />
im februar bis april<br />
22.-24.02.2013<br />
20. Jugendseglertreffen / DSV<br />
Stuttgart<br />
28.02.-03.03.2013<br />
Heineken Regatta<br />
St. Maarten<br />
Pläne für Hydroptère 2<br />
Nun fehlt nur noch ein Sponsor, dann kann gebaut werden, damit die Hydroptère 2 ab 2015<br />
alle wichtigen Ozeanrekorde knacken kann… Der metallisch-glänzende Trimaran Hydroptère<br />
ist eine der schnellsten Rennmaschinen unter <strong>Segel</strong>n. Entwickelt wurde der Trimaran<br />
mit Tragflächen bereits 1987 von dem französischen Windsurfer und Segler Alain Thébault,<br />
der dafür bereits existierende Pläne der französischen <strong>Segel</strong>legende Eric Tabarly weiterentwickelte.<br />
1994 startete der Tri seine Rekordfahrten. Doch nachdem Ende 2012 der französische<br />
Hauptsponsor DCNS, eine halbstaatliche Marinewerft, den Sponsoringvertrag kündigte,<br />
sitzt das Projekt finanziell auf dem Trockenen. Um neuen Sponsoren Appetit zu machen, veröffentlichte<br />
das Team jetzt Pläne für einen Nachfolger des erfolgreichen Tris, konstruiert vom<br />
französischen Büro VPLP, Spezialist für alles, was auf drei Kufen richtig schnell ist. Der Tri soll<br />
mit einem starren Flügelsegel ausgerüstet werden, auf Foils segeln und lange Schwimmer in<br />
Wavepiercer-Ausführung erhalten. hydroptere.com<br />
09.-10.03.2013<br />
Ice Breaker Regatta<br />
Kiel<br />
11.-15.03.2013<br />
Rolex Swan Cup Caribbean<br />
British Virgin Islands<br />
30.03.-06.04.2013<br />
44 Trofeo S.A.R. Princesa Sofía MAPFRE<br />
Mallorca<br />
08.-13.04.2013<br />
Les Voiles de Saint Barth<br />
Saint Barth / Kleine Antillen<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
61
sports I clipper race<br />
Crew auf der Kante, der Bugmann zählt<br />
die Meter zur Linie. Vor zwei Jahren gingen<br />
zum letzten Mal die 68-Fuß-Clipper<br />
ins Rennen, hier beim Start von der<br />
Gold Coast (Australien) nach Singapur<br />
Clipper Race<br />
– Weltrennen für alle<br />
Text hans-harald schack fotos onEdition<br />
62 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Für die Teilnahme am Clipper<br />
Round the World Race bewerben<br />
sich zwanzigmal so viele<br />
Menschen, wie es Plätze an Bord<br />
gibt. Das Weltrennen ist ein Abenteuer<br />
für Leute, die keine Aussteiger sind.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
63
Der Hubschrauber-Träger Illustrious<br />
verabschiedet die Flotte 2011 aus<br />
Southampton (Foto oben). Quingdao<br />
führt in der San Francisco Bay.<br />
Die Schiffe werden von Regionen<br />
oder Städten gesponsert<br />
Clipper gehen<br />
dreimal um die Welt,<br />
und sind dann<br />
immer noch was wert<br />
Das Clipper Race findet alle zwei Jahre statt. Es startet<br />
Ende August in Südengland und führt in acht Etappen<br />
um die Welt. Einige werden von Start bis Ziel in einem<br />
Stück gesegelt, andere bestehen aus zwei bis vier Einzelrennen.<br />
Wer Jahr um Jahr davon träumt, eines Tages mit dem eigenen<br />
Boot den Atlantik zu überqueren oder die Welt zu umsegeln,<br />
für den könnte die Regatta die günstigere und erfolgversprechende<br />
Alternative sein.<br />
64 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sports I clipper race<br />
Der Konstrukteur Tony Castro, der auch<br />
für Gunfleet und Jeanneau arbeitet,<br />
hat den neuen Clipper 70 gezeichnet.<br />
Die Yacht hat Doppelruder, einen<br />
festen Kiel und geringen Tiefgang<br />
Gesegelt wird auf 70-Fuß-Schiffen, die ein normaler Segler<br />
nicht beherrscht und die er sich auch als Charterer nicht leisten<br />
könnte. Während das professionelle Volvo Ocean Race gerade<br />
Abschied von den 70-Füßern genommen hat und eine nicht<br />
wesentlich kleinere Einheitsklasse ins Leben ruft, ist das Clipper<br />
Race auf größere Schiffe umgestiegen. Volvo brachte letztes Mal<br />
sechs Schiffe an den Start, Clipper zwölf. Die Volvo-Schiffe sind<br />
nach einer Regatta verbraucht oder zumindest veraltet, die Clipper<br />
sind dafür geschaffen, dreimal um die Welt zu gehen und<br />
danach immer noch was wert zu sein.<br />
Die gesponserte Hightech-<strong>Segel</strong>ei mit Profi-Crews und die<br />
Clipper-<strong>Segel</strong>ei sind zwei völlig unterschiedliche Welten. In der<br />
einen segeln Gladiatoren, in der anderen das Volk. Der Erfolg der<br />
Clipper-Rennen beruht darauf, dass sie für Amateure gemacht,<br />
aber absolut professionell durchgeführt werden.<br />
Die Teilnahme ist – aus der Perspektive des Normalverdieners –<br />
teuer. Allein das Training kostet knapp 6.000 Euro, Anreise nicht<br />
mitgerechnet. Andererseits ist das Rennen billig, mit den Augen<br />
eines Yachteigners betrachtet. Denn wer, außer den wirklich Begüterten,<br />
kann mit einer Rennyacht dieser Größe auf solchen<br />
Kursen unterwegs sein? Das Clipper Race macht es einem normalen,<br />
begeisterten Segler möglich. Es kostet ihn eine zweistellige<br />
Summe, vielleicht auch den Job, aber es geht.<br />
„Der See ist völlig egal, ob du Krankenschwester, Lkw-Fahrer<br />
oder Beamter bist. Es zählt nur, was einer kann“, sagt Robin Knox-<br />
Johnston, Erfinder und einer der Veranstalter des Rennens. Ihm<br />
und seinem Team wiederum ist es völlig egal, ob und wie gut<br />
einer segeln kann. Wer bei der Bewerbung den Eindruck macht,<br />
dass er es ernst meint und menschlich in Ordnung ist, der hat<br />
eine Chance. Wenn die Teilnehmer erst einmal ausgewählt sind,<br />
dann sorgen die Trainer dafür, dass sie alles lernen, was sie können<br />
sollten. Knox-Johnston war Berufsseemann und Navy-Freiwilliger,<br />
er weiß, was eine solide Ausbildung ist. Ein Drittel aller<br />
Teilnehmer war nie auf einer Yacht, bevor es mit dem Training<br />
losging. Danach sind sie vollwertiger Teil ihres Teams. Bei Tag,<br />
bei Nacht und im Notfall.<br />
Das Training umfasst Theorie, einen Grundkurs und zwei Aufbaukurse.<br />
In den 4.800 Pfund sind Henri-Lloyd-Ölzeug und<br />
clipper<br />
lüa<br />
23 m<br />
breite<br />
5,65 m<br />
tiefgang<br />
3 m<br />
grosssegel 123 m 2<br />
vorsegel am wind 168 m 2<br />
asymmetrischer spi 330 m 2<br />
mast<br />
29 m<br />
verdrängung (voll)<br />
31,7 t<br />
kiel<br />
12 t<br />
Crew-Kleidung enthalten. Teilnehmer aus Asien oder Australien<br />
können den Grundkurs in Singapur absolvieren. Für die Ausbildung<br />
auf den Clipper-Yachten müssen aber auch sie nach<br />
Southampton reisen.<br />
London im Januar. Im St. Katharine Docks an der Tower Bridge<br />
liegt eine mächtige rote Rennyacht. Sie ist die erste einer Flotte<br />
von zwölf identischen Schiffen. Bei näherer Betrachtung sieht es<br />
aus, als hätte jemand dem Konstrukteur eines Volvo-70-Füßers<br />
gestattet, ein durables Schiff zu zeichnen. Alles, was zum Regattasegeln<br />
gehört, ist an Bord, die Ruderräder und die Steuerstände<br />
sind aus Kohlefaser, trotzdem wirkt das Schiff schlichter,<br />
solider. Es soll auch dreimal so lange halten wie die letzten<br />
Volvo-70-Füßer.<br />
Ein eisiger Wind pfeift über das Dock, in einem beheizten Zelt<br />
erläutert Clipper-Manager David Cusworth (44) sechzig Zuhörern<br />
– überwiegend Anwärtern auf einen Platz im Rennen –<br />
das Geschäftsprinzip von Clipper Ventures. „Wir nehmen ihnen<br />
einen Haufen Geld ab, und dafür machen wir sie nass, kalt und<br />
müde. Es gibt schlechtes Essen, das sie sich selbst zubereiten<br />
müssen.“ Zustimmung in den Gesichtern. „Dafür geben wir<br />
ihnen ein Boot im Wert von anderthalb Millionen, in der Hoffnung,<br />
dass sie es in elf Monaten zurückbringen. Irgendwas geht<br />
immer zu Bruch, aber bitte machen sie nicht zu viel kaputt.“<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
65
sports I clipper race<br />
De Lage Landen führt vor San<br />
Francisco. Die 68er-Flotte wird<br />
jetzt durch zwölf größere Schiffe<br />
ersetzt. Sie sind spartanisch, aber<br />
praktisch eingerichtet (unten, v.<br />
links): Vierer-Kammer, Navigation<br />
mit Blickkontakt zum Rudergänger,<br />
Messe mit Zentral-Pantry<br />
Das Rennen<br />
Die meisten Etappen sind Ozean-Überquerungen, jede hat ihre Schwierigkeiten<br />
und Reize. In den Flauten der Tropen liegen öfter die Nerven<br />
blank, auf den kalten Etappen wird wochenlang nicht geduscht. Clipper-<br />
Manager Cusworth: „Schlaf ist wichtiger als gut riechen.“<br />
Etappe 1 (England – Brasilien) führt über den Atlantik, samt<br />
Äquator-Taufe. Auch ist Rio de Janeiro als Reiseziel nicht gänzlich<br />
unattraktiv.<br />
Etappe 2 führt nach Kapstadt – wieder eine Atlantik-Überquerung,<br />
tief im Süden. Der Großkreis und die Wetternavigation führen die Schiffe<br />
erstmals in den Southern Ocean.<br />
Etappe 3 führt nach West-Australien, sie nennen es die „Schlittenfahrt“.<br />
Es ist kalt, der Kurs führt wieder in den Southern Ocean, obwohl<br />
es auf einer Mercator-Weltkarte eher nach einer Überquerung des Indischen<br />
Ozeans aussieht.<br />
Etappe 4 führt von West-Australien über Neuseeland nach Ostaustralien.<br />
Das sieht auf der Weltkarte aus wie ein Küstenrennen, ist<br />
aber erstklassiges Hochsee-<strong>Segel</strong>n um eines der drei Großen Kaps<br />
(Leeuwin) und in drei Ozeanen (Indischer, Southern, Pazifik).<br />
Etappe 5 erscheint Europäern unspektakulär, sie ist aber die mit den<br />
meisten Meilen und seglerisch sehr kompliziert. Sie führt von Ostaustralien<br />
nach Singapur und weiter ins winterliche Quingdao.<br />
In der chinesischen Stadt ist die Clipper-Flotte ein Riesen-Ereignis. Die<br />
Olympia-<strong>Segel</strong>stadt hat bereits für die kommenden vier Rennen Verträge<br />
gemacht. Hier werden die Clipper-Yachten auch gebaut.<br />
Etappe 6 führt über den kalten Nord-Pazifik nach San Francisco,<br />
ein Muss für segelnde Masochisten. 30 Tage, die an den Kräften zehren,<br />
aber in der Erinnerung großartig. Und auch das Ziel sollte keine falschen<br />
Erwartungen wecken. Der härteste Winter, den er je erlebt habe, schrieb<br />
Mark Twain, war der Sommer in San Francisco.<br />
Etappe 7 führt über Panama nach New York. Tropisches, anspruchsvolles<br />
<strong>Segel</strong>n, eher psychisch als physisch hart.<br />
Etappe 8 führt nach Europa. Eine Atlantik-Überquerung und drei<br />
weitere Etappen-Rennen in europäischen Gewässern.<br />
66 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Beim letzten Rennen lief ein Schiff in der Java-See auf ein Korallenriff.<br />
Das Schiff war zwar da, wo der Skipper es haben wollte,<br />
aber ein in der Karte verzeichnetes Riff war es nicht, sondern unter<br />
dem Schiff. „Erstaunlicherweise war der Skipper auch später<br />
noch der Meinung, dass sein Sicherheitsabstand von einer halben<br />
Meile ausreichend war, obwohl er das Ergebnis ja kannte“,<br />
erzählt Cusworth. Andere Clipper-Racer retteten die Crew.<br />
Sonst ist, im Vergleich zu den spektakulären Regatten dieser<br />
Welt, nicht viel passiert. Ein Schiff verlor nach einer Kenterung<br />
den halben Mast und lief danach immer noch 20 Knoten im<br />
Sturm. Auf mehr als zwei Millionen gesegelten Meilen waren<br />
nur drei echte Mann-über-Bord-Manöver nötig.<br />
Auch die Skipper, obschon allesamt Profi-Segler, sind nicht perfekt.<br />
Nach dem Start fahren die Schiffe zuerst 48 Stunden lang mit<br />
etwa identischer Geschwindigkeit in die gleiche Richtung. Dann<br />
werden die Skipper müde und müssen schlafen, und Wachführer<br />
aus der Crew übernehmen das Kommando. Die Schiffe werden<br />
plötzlich langsamer und zerstreuen sich. Ein paar Stunden später,<br />
wenn die Skipper ausgeschlafen haben, richtet sich die Flotte<br />
wieder aus. Die Skipper sind ehrgeizig. „Wenn du nur mitfährst,<br />
um Delfine und Sonnenuntergänge zu sehen, könnte das den<br />
Skipper auf den Gedanken bringen, dass er dich ein bisschen<br />
rannehmen muss“, sagt Cusworth, selber Teilnehmer beim Race<br />
2002. Alex Thomson, der Dritter beim Vendée Globe wurde, gewann<br />
als Clipper-Skipper das Rennen 1998.<br />
Wer vor Problemen an Land davonläuft oder ein weltfremder Romantiker<br />
ist, wird schon in den Bewerbungsinterviews herausgefiltert.<br />
19.000 Menschen haben sich für das Rennen 2013/14<br />
die Bewerbungsunterlagen heruntergeladen. Über 2.000 waren<br />
im Januar noch in der Auswahl für hundert Plätze. Insgesamt<br />
werden 650 teilnehmen, einige das ganze Rennen, manche nur<br />
ein oder zwei Etappen. Bei Präsentation des ersten Clippers der<br />
neuen Generation bewundert auch Andy, ein 58-jähriger Ingenieur<br />
aus London, das schöne Schiff. Er will in zwei Jahren mitsegeln.<br />
Lieber natürlich schon jetzt, aber im Moment geht es<br />
nicht, denn seine Frau ist krank, und er kann sein Büro nicht so<br />
lange allein lassen. „Andererseits kämen meine Partner ja auch<br />
ein paar Wochen ohne mich aus, wenn ich einen Unfall hätte…“<br />
Nein, er will es 2015 angehen, wenn seine Frau wieder okay ist.<br />
Dass da so viele Menschen auf engstem Raum miteinander unterwegs<br />
sind, führt zu Stress, zu Freundschaften und zu Reifungsprozessen.<br />
Für viele werden bereits die drei Trainingswochen<br />
ein unvergessliches Erlebnis. Cusworth: „Wenn beim Training<br />
alle zehn Minuten <strong>Segel</strong>manöver gefahren werden, ist das härter<br />
als manche Etappe.“ Trotzdem schwärmen die Leute von den<br />
Wochen vor dem Start, denn sie erwerben Können und Selbstvertrauen.<br />
Das Training schweißt die Crews zusammen.<br />
Clipper macht Rennen,<br />
aber vorher machen<br />
sie Hochseesegler<br />
Im August geht das Clipper Race zum neunten Mal auf die Reise<br />
um die Welt. Im Prinzip ist es Charterurlaub mit einem Minimum<br />
an Alkohol (Privatvorräte sind vertraglich verboten) und<br />
einem Maximum an Arbeit und Wettkampf. 1996 startete das<br />
erste Clipper-Rennen mit acht 60-Fuß-Yachten. Sir Robin Knox-<br />
Johnston, der es bei der Sponsoren-Suche etwas leichter hatte<br />
als Segler ohne Namen, hatte eine Marktlücke erkannt. Er wollte<br />
ganz normalen Leuten sportliches Ozean-<strong>Segel</strong>n ermöglichen.<br />
Leuten, die einen Traum hatten, die aber mangels Zeit und Geld<br />
nie mit einem eigenen Schiff bei einem Transatlantik-Rennen<br />
würden starten können.<br />
Das ist das Erfolgsgeheimnis der Clipper-Leute: Erst machen sie<br />
Seeleute. Dann liefern sie ihnen Sport in einer Arena, die die<br />
ganze Welt umfasst. clipperroundtheworld.com<br />
Robin Knox-Johnston (74) stellt den<br />
neuen Clipper 70 in London vor. Alle<br />
zwei Jahre geht es um die Welt<br />
Wer nur eine Etappe segeln will, muss für Ausbildung und<br />
Ausstattung (4.800 Pfund) und die Etappe (zwischen 4.558<br />
und 5.618 Pfund) umgerechnet etwa 15.000 Euro ausgeben,<br />
denn Reisekosten, Impfungen, Visa und Verdienstausfall<br />
kommen noch dazu. Ferner braucht er mindestens 60 Tage<br />
für Reisen, Training und Rennen, mehr als die meisten Angestellten<br />
in zwei Jahren an Urlaubstagen haben. Die ganze Regatta<br />
kostet im Paket 52.000 Euro. Manche machen danach<br />
gleich den Yachtmaster Ocean, nach der Devise „gelernt ist<br />
gelernt“. Sie werden Profisegler oder machen etwas anderes<br />
mit Booten. Andere nehmen ihr Familienleben an Land, die<br />
Karriere oder Berufsausbildung wieder auf.<br />
20 Leute sind an Bord eines Schiffes, das heißt, dass jeder Wache<br />
neun Leute zur Verfügung stehen. Es ginge auch mit einer kleineren<br />
Crew, aber für risikoarme Manöver ist ausreichendes Personal<br />
eine Voraussetzung. Außerdem soll es ja ein Geschäft sein.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
67
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Deutschlands Talente<br />
greifen nach dem neuen<br />
Red Bull Youth<br />
America’s Cup<br />
Der America’s Cup hat Nachwuchs bekommen.<br />
Sein Name: Red Bull Youth America’s Cup. Die Herausforderung<br />
besteht aus zwei Teilen: Einer Ausscheidungsserie vom<br />
9. bis 24. Februar vor San Francisco und der Endrunde in der Cup-<br />
Saison 2013 parallel zum 34. Duell um die berühmte Silberkanne.<br />
Jugend-Teams aus aller Welt dürfen unter den Augen der Profis vom<br />
1. bis 4. September um den neuen Mini-Cup kämpfen.<br />
text Torben Demut<br />
fotos Gilles Martin-Raget<br />
70 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sports I America’s Cup für Azubis<br />
Es ist so, als würde eine hochkarätige Nachwuchsrennserie<br />
parallel zur Formel 1 stattfinden. Und Michael Schumacher<br />
und Sebastian Vettel schauen zu. Gesegelt wird auf<br />
den rasanten AC 45-Katamaranen, die von den Profis in der<br />
Weltserie genutzt werden.<br />
Eingeladen zur ersten Qualifikationsrunde sind Mannschaften<br />
mit Seglern zwischen 19 und 25 Jahren aus aller Welt. Mehr als<br />
30 Projekte hatten sich 2012 beworben. Zwölf davon haben<br />
die Sportdirektoren des Youth America’s Cup – die österreichischen<br />
Doppel-Olympiasieger Roman Hagara und Hans-Peter<br />
Steinacher – zur Teilnahme ausgewählt, darunter auch eine<br />
deutsche Benjamin-Crew.<br />
Das Sailing Team Germany und der Norddeutsche Regatta Verein<br />
haben ihre Kräfte gebündelt und gemeinsam das STG/NRV<br />
Youth America’s Cup Team formiert, das im Dezember sein Training<br />
aufgenommen hat. Das Warm-up galt für die Deutschen<br />
gleichzeitig als Sichtung unter dem wachsamen Auge von Projektleiter<br />
und NRV-Sportdirektor Klaus Lahme sowie STG-Cup-<br />
Koordinator Markus Koy, der das Team auch in San Francisco<br />
betreuen wird. Das Steuer übernimmt 49er-Steuermann Erik<br />
Heil, Laser-Europameister Philipp Buhl aus Sonthofen wird als<br />
Skipper, Wing-Trimmer und Taktiker im Einsatz sein.<br />
Ursprünglich hatten sowohl Heil als auch Buhl steuern wollen.<br />
„Wir befinden uns ganz klar in einem Duell, wollen beide<br />
dasselbe“, sagt Buhl, der gerade seinen 23. Geburtstag feierte.<br />
Doch zunächst stufen die Trainer Heils Erfahrung auf Katamaranen<br />
vom Typ Extreme 40 und seine olympische 49er-Herkunft<br />
etwas höher ein, weil das Verhalten des 49ers vor allem vor dem<br />
Wind dem eines AC 45-Katamarans trotz des immensen Größenunterschieds<br />
ähnlicher ist als das eines Lasers, in dem Kieler-<br />
Woche-Sieger Philipp Buhl die Teilnahme an den Olympischen<br />
Spielen 2016 anpeilt. An Land verstehen sich Heil und Buhl<br />
bestens, teilen bei Regatten oft ein Zimmer. Erik Heil sagt: „Wir<br />
sind die dicksten Freunde.“<br />
Die Zweirümpfer vom Typ AC 45 werden von sechsköpfigen<br />
Crews gesegelt. Heil weiß: „Auf diesen Booten herrschen ungeheure<br />
Kräfte. Wir brauchen eine Crew, die richtig keulen kann.“<br />
Auch die ist gefunden. Nominiert sind Lasersegler Max Kohlhoff<br />
(Vorschiff ) und die 49er-Segler Max Boehme (Gennakertrimm)<br />
und Justus Schmidt (Ersatzmann) aus Kiel sowie NRV-Talent<br />
David Heitzig (Runner) und Seesegler Michael Seifert (Floater)<br />
aus Bayern. Die Mannschaft wird in San Francisco in einer Jugendherberge<br />
in Fisherman’s Wharf wohnen.<br />
Die Jugend-Eintrittskarte in die Cup-Welt hat ihren Preis. Das<br />
Bewerbungs-Deposit betrug 5.000 US-Dollar. Außerdem sind<br />
35.000 US-Dollar Meldegeld und weitere 25.000 US-Dollar als<br />
Damage-Deposit pro Boot zu entrichten. Geld, das der Veranstalter<br />
einzieht, falls Schäden an den Booten entstehen. In der<br />
America’s Cup-Weltserie kam das auch unter den Profis öfter<br />
vor. Die Kosten tragen zunächst die STG-Gründer Oliver Schwall<br />
und Arne Dost. „Wir finden die Idee sensationell und sinnvoll. Wir<br />
wollen zeigen, dass STG im internationalen <strong>Segel</strong>sport über den<br />
olympischen Radius hinaus eine tragende Rolle spielen will und<br />
wird“, sagt Arne Dost, „für dieses Projekt stehen aber keine STG-<br />
Fördergelder zur Verfügung. Die fließen ausschließlich in unser<br />
olympisches Förderkonzept. Das Risiko tragen Oliver Schwall<br />
und ich vorerst privat, weil die Ausscheidung so kurzfristig ansteht.<br />
Gelingt der Mannschaft die Qualifikation für den Youth<br />
America’s Cup, werden wir interessierte Partner finden, für die<br />
ein Auftritt auf der Cup-Bühne viel Sinn macht.“<br />
Rückenwind hatten die STG-Vordenker zuletzt im November<br />
bekommen, als die STG-Hauptsponsoren Audi und SAP ihre<br />
Verträge um vier Jahre verlängert hatten und Marinepool als<br />
Ausrüster neu dazu kam. Sie wollen aber mehr. Dost erklärt: „Wir<br />
müssen über den Tellerrand hinausblicken. Unsere Top-Segler<br />
sollen die Disziplinen wechseln, ihren Horizont auf Top-Niveau<br />
konsequent erweitern. Wir haben in Deutschland immer noch<br />
zu wenige Profis von internationalem Format wie einen Jochen<br />
Schümann oder einen Tim Kröger.“ Auch der Norddeutsche Regatta<br />
Verein will ein Zeichen setzen. Lahme sagt: „Wir sehen uns<br />
als der deutsche Verein neben einigen anderen, die eine Vorreiterrolle<br />
spielen wollen und können.“<br />
Die große mediale Bühne Youth America’s Cup bietet mehr als nur<br />
einen Hauch von der schillernden America’s Cup-Welt, katapultiert<br />
den Nachwuchs mitten hinein ins Profigeschäft und könnte<br />
die Funktion eines Leuchtturm-Projektes übernehmen. „Früher<br />
hat mich der America’s Cup nicht so interessiert. Eine Profikarriere<br />
nach meinem olympischen Weg hatte ich nicht im Sinn“, erklärt<br />
Philipp Buhl, „doch das hat sich geändert. Der neue Cup auf der<br />
Katamaran-Schiene ist spektakulär und voll mörderischer Action.<br />
So kann ich mir eine Profikarriere sehr gut vorstellen.“<br />
Elf nationale Teams nehmen<br />
an der Qualifikation für den<br />
Red Bull Youth America’s Cup<br />
teil. Vom 9. bis 24. Februar<br />
bestreiten die Crews in San<br />
Francisco in zwei Gruppen<br />
die Qualifikation<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
71
sports I mittwochsregatten<br />
Mittwochabend?<br />
Fest verplant!<br />
72 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Die Winterpause ist vorbei, die neue Saison startet. Und in den<br />
Kalendern vieler Segler ist ein Termin von April bis September fest<br />
geblockt. Für die Mittwochsregatta!<br />
text sandra-valeska bruhns<br />
fotos pepe hartmann/hsc<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
73
sports I mittwochsregatten<br />
Bei gutem Wetter kommt man am Mittwochabend fast<br />
trockenen Fußes über die Außenalster. Vor dem Hamburger<br />
<strong>Segel</strong>-Club (HSC) versammeln sich bis zu 100<br />
Boote für den Start zur Mittwochsregatta, ein bisschen weiter<br />
nördlich, vor der Baustelle des Norddeutschen Regatta Vereins<br />
(NRV), schieben sich rund 40 Drachen zur Trainingswettfahrt<br />
über die Startlinie. Dazwischen: harmlose Freizeitsegler, Kanuten,<br />
Ruderer, Drachenbootsklaven, Tretbootfahrer und<br />
Alsterdampfer. Letztere haben übrigens immer Vorfahrt, was<br />
oftmals zu recht zügigen Manövern zwingt und die Einhaltung<br />
des direkten Weges zur Tonne manchmal behindert.<br />
Mittwochabend ist bei vielen Seglern gesetzt. Erst die Regatta,<br />
dann Bier, Würstchen und Kumpel am Steg, so gehört sich das.<br />
Nicht nur in Hamburg.<br />
Warum sich gerade am Mittwochabend Segler überall auf der<br />
Welt zur Clubregatta treffen, ist nicht bekannt. Die Erklärung,<br />
dass sich die Wochenmitte als kurze Atempause innerhalb<br />
der Arbeitswoche besonders anbietet, ist nur eine von vielen.<br />
Spötter mutmaßen, dass segelnde Ärzte diesen Termin festgelegt<br />
hätten, weil die Praxen dann immer geschlossen haben.<br />
Oder war die Entwicklung gar andersrum?<br />
Ob in Australien oder den USA: Wednesday Night Races, wie<br />
sie an der US-Ostküste heißen, sind eine feste Institution. Etwas<br />
flapsiger werden sie auch als Beer Can Races bezeichnet, in Australien<br />
nennt man sie Daylight Saving Regattas.<br />
Das besondere an den Wettfahrten: Es segeln Boote ganz<br />
verschiedener Klassen und Bauweisen gegeneinander.<br />
Große gegen kleine, alte gegen neue, schnelle gegen<br />
langsame. Was zur Folge hat, dass auf der Bahn die Segler<br />
kleiner Jollen Geduld haben müssen, wenn ihnen ein<br />
größeres Kielboot für kurze Zeit den Wind raubt. Gestartet<br />
wird überall nach dem gleichen Prinzip: die langsamen<br />
Schiffe zuerst, die schnellsten zuletzt. Ziel ist, dass alle<br />
ungefähr zur gleichen Zeit ins Ziel kommen. Hotspots für<br />
Mittwochsregatten sind neben der Außenalster die Kieler<br />
Förde, der Berliner Wannsee, der Rursee in der Eifel und<br />
die Bayrischen Seen.<br />
„Die Mittwochsregatten haben bei uns auf dem Starnberger<br />
See einen sehr hohen Stellenwert“, sagt Clubmanager<br />
Ilja Wolf vom Bayerischen Yacht Club. „Viele unserer Segler<br />
halten sich diesen Abend bewusst frei, um an der Regatta<br />
teilnehmen zu können.“ Bei gutem Wetter starten auf dem<br />
bayrischen <strong>Segel</strong>revier in der Saison bis zu 70 Boote, vom<br />
Laser über 420er und 470er bis zum eleganten Drachen.<br />
„Unser Rekord lag bei 94 Yachten an der Startlinie, als wir<br />
Besuch von America’s Cup-Segler Russell Coutts hatten, der<br />
natürlich auch an der Wettfahrt teilnahm“, erzählt Wolf.<br />
Start ist auf der Außenalster zwischen dem Steg des HSC und der Boje mit dem boxenden Känguru (links). Das macht den Reiz der Regatten aus: H-Boote<br />
neben H-Jollen, Zugvögeln, Lasern und 420ern (rechts).<br />
Die boxende Matilda<br />
Das boxende Känguru – auch Boxing<br />
Matilda genannt – ist eigentlich die<br />
Sportflagge Australiens. Das sportliche<br />
Tier wehrt seine Gegner mit kleinen<br />
Pfötchen in dicken Boxhandschuhen<br />
ab. In Seglerkreisen bekannt wurde die<br />
Flagge durch den America’s Cup 1983,<br />
den die Yacht Australia II von Eigner<br />
Alan Bond gewann. Der war dann auch<br />
gleich so clever, sich die Urheberrechte<br />
für die Massenproduktion der Flagge zu<br />
sichern. Später kaufte ihm das Australische<br />
Olympische Komitee die Rechte<br />
ab. Heute wird das boxing kangaroo vor<br />
allem an Schulen verwendet, um für<br />
Sport und Fairness zu werben. Oder als<br />
Startflagge auf der Außenalster.<br />
74 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Die sind schnell! Die 505er starten fast als Letzte und rollen das Feld von hinten auf (oben). Regattaspaß für alle,<br />
ohne Ranglisten und Kaderstress, das macht den Reiz der Clubregatten aus<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
75
sports I mittwochsregatten<br />
Auf der Außenalster sind H-Boote und J-22 ernstzunehmende Boote, die mit Leichtigkeit von Lasern und 505ern überholt werden<br />
Der Stellenwert der Feierabendregatta ist für viele Segler fast<br />
höher als der der nach Bootsklassen getrennten großen Klassenregatten,<br />
die an den Wochenenden stattfinden. Ein Anspruch,<br />
dem auch Wolf als Wettfahrtleiter gerecht werden muss. „Die<br />
hohe Qualität der Regatten beschert uns immer wieder viele<br />
Teilnehmer“, sagt er. „Viele nutzen den Abend zum Training, weil<br />
sie sich mit anderen Seglern messen können.“<br />
Für die Einhaltung der Regeln auf der Hamburger Außenalster<br />
sorgt Wettfahrtleiter Claus Dederke. Er und sein Team beobachten<br />
von Schlauchbooten aus die Tonnenmanöver. Wer sich<br />
nicht regelkonform verhält, wird sofort mit einer Strafe belegt<br />
und muss „kringeln“. Das ist ganz wie bei den wichtigen, großen<br />
Regatten, wo „on water judgement“ längst zum Standard gehört.<br />
Vor über 20 Jahren brachte der in Seglerkreisen als Chefvermesser<br />
des Deutschen Segler-Verbandes bekannte und gefürchtete<br />
Günther Ahlers nach einem Australien-Aufenthalt die Idee der<br />
Mittwochsregatten mit nach Hamburg. So, wie er mit seiner<br />
Yacht jeden Mittwoch in Down Under an der Daylight Saving<br />
Regatta teilgenommen hatte, wollte er es auch in seiner Heimatstadt<br />
einführen. „Das Känguru-Startsystem, bei dem wir die<br />
langsamen zuerst losschicken, ist ein weiteres Souvenir von<br />
Günther Ahlers aus Australien“, erklärt Dederke. Auf Nachfragen,<br />
was das für ein ungewöhnliches Startprozedere sei, habe<br />
man immer geantwortet: „Das ist das System von dem Känguru.“<br />
Mittlerweile ist der Begriff „Känguru-Start“ auf den bundesdeutschen<br />
Regattabahnen fest etabliert – ein possierliches<br />
Tierchen auf einer grünen Flagge gibt an der Startlinie Bescheid.<br />
Die Segler auf dem Berliner Wannsee haben sogar zweimal<br />
wöchentlich die Möglichkeit zum <strong>Segel</strong>n nach Feierabend. Die<br />
beiden großen ansässigen Vereine, der Potsdamer Yacht Club<br />
(PYC) und der Verein Seglerhaus am Wannsee (VSaW), haben<br />
sich das Revier und die Woche aufgeteilt: Mittwochs veranstaltet<br />
der PYC die traditionelle Mittwochsregatta, am Freitag lädt<br />
der VSaW zum Feierabendsegeln – dann aber nur für Mitglieder.<br />
Anders als auf den Binnenrevieren in Bayern, Mitteldeutschland,<br />
Hamburg und Berlin veranstaltet der Kieler Yacht-Club seit<br />
Jahren an sechs Mittwochabenden im Frühjahr und sechs im<br />
Herbst Regatten für große Yachten. „Bei uns auf der Strander<br />
Bucht segeln wir um die vorhandenen Seezeichen, Start ist<br />
erst um 18.30 Uhr“, erzählt Wettfahrtleiter Roland Rademacher.<br />
„Manchmal verirrt sich auch ein schneller Jollensegler zu uns,<br />
doch eigentlich nutzen vor allem die Bigboat-Segler die Regatta<br />
zum Manövertraining.“ Anschließend, nach getaner Arbeit, treffen<br />
sich die Segler im Strander Clubhaus des KYC zu Bier und<br />
Currywurst, um weiter über <strong>Segel</strong>, Tonnenmanöver und die<br />
kommenden Regatten zu fachsimpeln.<br />
Auf allen Revieren werden die Ergebnisse der einzelnen<br />
Wettfahrten in einer Gesamtliste zusammengefasst. Zum Saisonabschluss<br />
werden die besten Segler geehrt. Je öfter man dabei<br />
war, desto besser für die Gesamtwertung am Ende der Saison. Ein<br />
weiterer Anreiz, jeden Mittwoch dabei zu sein und sein Bestes zu<br />
geben. Denn, so weiß Günther Ahlers, der mit seiner Hansa-Jolle<br />
Circe auch auf der Außenalster dabei ist: „Wenn man etwas geleistet<br />
hat, schmeckt das Bier gleich umso besser.“<br />
76 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sailors<br />
Foto: Nioclás Seeliger<br />
Highlights Das ist cool – nicht nur an Bord 78 – 79<br />
durch den wind Roman von Bord der Roald Amundsen 80 – 85<br />
ein mittagessen mit... Niklas Zennström, Skype-Gründer und Eigner der Rán 86 – 90<br />
sonnenbrillen So sieht man richtig gut (aus) 92 – 93<br />
meer-lektüre Ausgewählte Bücher für Segler 96 – 97<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
77
sailorshighlights<br />
Laune:<br />
rauf<br />
Die „Voiles de St. Barth“ sind eines der<br />
karibischen Highlights im Frühling. Die<br />
offizielle Kollektion zum Event hat Gaastra<br />
gestaltet. Jedes Teil trägt das optisch<br />
handgeschrieben anmutende Logo<br />
der Regatta. Die Niederländer mit dem<br />
Feeling für Stil und große <strong>Segel</strong>tradition<br />
haben sich von den Farben und der Lebensfreude<br />
der Karibikinsel inspirieren<br />
lassen. Herausgekommen ist tragbare,<br />
sportliche Mode vom Polo bis zur Jacke,<br />
die auch diesseits des Atlantiks Laune<br />
macht. Shirt etwa 90 Euro. gaastra.eu<br />
Augen: auf<br />
Die meisten Segler gehen gern baden. Der Sprung vom Boot ins Nass ist herrlich – und<br />
gesund: Beim Schwimmen werden nahezu alle Muskeln beansprucht, Sehnen und Gelenke<br />
dabei aber kaum belastet. Im Salzwasser ist eine Schwimmbrille nützlicher<br />
Schutz für die Augen. Neu und angenehm sind die Brillen von Aqua<br />
Sphere, die dicht abschließen, ohne zu drücken oder Spuren ins Gesicht<br />
zu graben. Und man kann damit schwimmend die Unterwasserwelt entdecken.<br />
Aqua Sphere, um 25 Euro. aquasphereswim.com<br />
Trend: heiSS<br />
Protest heißt das junge Label, das nicht nur Board-Fans begeistert. In diesem Frühjahr<br />
hat man sich maritime Motive zum Vorbild genommen, wie das klassische dunkelblaue<br />
T-Shirt mit weißem Ankermotiv. Popeye wäre begeistert gewesen, seine<br />
Olivia auch. Man kann das Shirt mit den passenden Board-Shorts trendig kombinieren<br />
– oder einfach zu Jeans oder Bermudas tragen. protest.eu<br />
78 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Design:<br />
bayrisch<br />
Der Himmel der Bayern ist blau-weiß – und der BMW-<strong>Segel</strong>sporthimmel<br />
auch. Schließlich haben die Münchner<br />
Autobauer ihre neue Sailing Cup-Kollektion ja auch von<br />
waschechten Bayern machen lassen – nämlich von Marinepool<br />
(marinepool.com). Die haben ihr Know-how bei<br />
den funktionalen und praktischen Sachen eingebracht.<br />
Bei den Farben – da mussten die Münchner nicht lange<br />
überlegen...! Von der Tasche bis zur Kappe, vom Polo bis<br />
zur Jacke, alles gibt's es nur exklusiv bei den Events. Termine<br />
bei bmw-yachtsport.com<br />
Schuhe: griffig<br />
Bootsschuh-Klassiker Sebago hat zum Frühjahr Neues im<br />
frisch-maritimen Look zu bieten: bunte Farbkombinationen<br />
und abwechslungsreiche Materialien, gepaart mit<br />
den typischen Bootsschuh-Attributen wie rutschfester<br />
Sohle, rostfreien Ösen und rohledernen Schnürsenkeln.<br />
Die Konstruktion ist klassisch, die Farbkombination neu.<br />
Die diesjährigen Sommerstyles gibt es in modisch-knalligen<br />
Tönen, aber auch in<br />
klassischem Blau/Sand<br />
und Blau/Grau.<br />
Etwa 140 Euro.<br />
sebago.de<br />
Stil: top<br />
Gant begrüßt das Frühjahr mit einer lässigen<br />
Home-Kollektion, die an Bord wie an Land passt.<br />
Zuhause ist das Label an der amerikanischen<br />
Ostküste. Diese maritimen Gene bestimmen das<br />
Design der Stücke, vom Badetuch bis zur Schlafdecke.<br />
Lässig an Bord – und natürlich auch an<br />
Land, wenn man am liebsten von See und <strong>Segel</strong>n<br />
träumt. Die Teile, die hier im Wind flattern,<br />
sind ab ca. 70 Euro zu haben. gant.com<br />
Fotos: Hersteller<br />
Streifen: stark<br />
Gideon Oberson ist ein weltweit erfolgreiches Bademoden-<br />
Label aus Israel, das Badenixen mit formenden Schnitten und<br />
modischen Hinguckern begeistert. Die Kollektion dieses Frühjahres<br />
greift diesmal maritime Motive auf: Die Linie „True<br />
Blue“ variiert Streifen- und Knoten-Prints, neben Bikini, Tankini<br />
und Badeanzügen gibt es auch Pants und einen Pareo.<br />
Ab etwa 130 Euro. gideonobersonswim.com<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
79
sailors I durch den wind<br />
text/fotos Nioclás seeliger<br />
Vom smutje<br />
zum Kapitän<br />
Der Berliner Sportjournalist Nioclás seeliger liebt alte<br />
Schiffe. Auf ihnen segelte er 14.000 Meilen zwischen Ostsee und<br />
Antarktis. Auf einem Törn durch den Nordatlantik an Bord der Roald<br />
Amundsen macht er unerwartet Karriere und steigt zum Kapitän auf.<br />
Wie er seinen neuen Job in einer stürmischen Nacht meistert, schildert<br />
er in seinem Reisebericht „Durch den Wind“.<br />
80 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Wilder Nordatlantik. Mehr als vier<br />
Monate verbrachte der Autor an Bord<br />
der Roald Amundsen – von Rostock in<br />
die Karibik, später von Kanada zurück<br />
nach Lissabon. Schrieb über diese Zeit<br />
das Buch "Durch den Wind"<br />
Eine Idee des Schiffsführers bringt neues Leben an Bord.<br />
Der Kapitän, die Steuerleute und die Toppsgasten treten<br />
geschlossen zurück. Die Mannschaft soll zu Ausbildungszwecken<br />
einen eigenen Kapitän wählen, auch die anderen Positionen<br />
werden aus der Crew neu besetzt. Freiwillige Demokratie<br />
an Bord. In jeder der drei Wachen gibt es Wahlen. Mal per<br />
Handzeichen, mal mit Urne. In meiner Gruppe ist klar, dass Andreas<br />
als Kapitän kandidiert. Entspannt verdrücke ich mich nach<br />
unserem „Parteitag“ wieder zum Zwiebelschälen in die Kombüse.<br />
Bis Ariane und Alex grinsend in der Tür stehen: „Mach’ dich mal<br />
bereit.“ Wozu? „All Hands!“, werden wir alle zum Spill gerufen. Die<br />
Wachen eins und zwei stellen ihre Kandidaten vor.<br />
Und Wache drei? Die schickt überraschend mich ins Rennen!<br />
Weglaufen geht nicht auf See. Also halte ich eine improvisierte<br />
Rede an Deck. Mein Versprechen: „Mehr Wind.“ Es ist halt Wahlkampf.<br />
Und revidieren kann man ja später immer noch...<br />
Tatsächlich, ich werde im ersten Wahlgang gewählt. Was mich<br />
dazu qualifiziert? Nichts!<br />
Als Volker, der Noch-Kapitän, mir dann als äußeres Zeichen meiner<br />
neuen Aufgabe seine Jacke umhängt, schaut auch er entsprechend<br />
spärlich: „Viel Glück und eine gute Hand. Morgen 12 Uhr<br />
geht’s los. 48 Stunden lang Kapitän der Roald.“<br />
Natürlich kann ich jetzt nicht machen, was ich will. Das Spiel<br />
hat klare Regeln: „Bei Annäherung von anderen Schiffen unter<br />
zwanzig Meilen die offiziellen Steuerleute hinzurufen. Beim Kurs<br />
südlich von 39 Grad Nord bleiben und viel Strecke machen.“<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
81
Schattenspiel beim <strong>Segel</strong>packen! Die Roald Amundsen ist ein Zweimaster mit 18 <strong>Segel</strong>n<br />
Am nächsten Mittag trete ich meinen Kapitänsdienst an. Und<br />
tatsächlich, mein Wahlversprechen erfüllt sich. Der Wind frischt<br />
auf. Und zwar richtig. Erst sieben, kurz darauf acht Beaufort aus<br />
nördlichen Richtungen. Die Temperatur fällt schlagartig um drei<br />
Grad Celsius. Zeit zu handeln!<br />
Das Schöne am Kapitänsjob ist die Wachbefreiung. So kann man<br />
auch mal eine Nacht durchschlafen. Mit diesem Gedanken verabschiede<br />
ich mich am Abend in die Koje. Nicht ohne zuvor<br />
meine „Nachtorder“ in der Navi zu hinterlassen: Bei welchen<br />
Windstärken beispielsweise welches <strong>Segel</strong> geborgen werden<br />
muss. Schlusssatz: „Bei Unsicherheit oder Fragen, bei Windstärken<br />
von konstant über 40 Knoten den Kapitän wecken.“<br />
„Wir bergen <strong>Segel</strong>. Außenklüver runter! Bram- und Obermarssegel<br />
packen“, lauten meine ersten Kommandos an die ebenfalls neugewählten<br />
Steuerleute und<br />
Toppsgasten. Alex, der Mann<br />
aus dem Bundestag, ist auch<br />
wieder dabei. Arbeitet sich<br />
jetzt auf dem Klüverbaum zum<br />
Außenklüver vor. „Ein mörderisches<br />
Rutschmanöver“, flucht<br />
er lauthals. Die Fußpeerde waren<br />
in den letzten Tagen gerade erst<br />
frisch gelabsalt worden. Andere<br />
klettern schnell die Wanten<br />
hoch, packen das Bramsegel. Es ist ein Wettlauf gegen den Wind. Sind<br />
sie nicht schnell genug, heißt es in den nächsten Tagen <strong>Segel</strong> nähen.<br />
Auch als wenig später nur noch die Marsen und zwei Stagsegel<br />
gesetzt sind, macht die Roald immer noch acht Knoten Fahrt.<br />
Die Sonne bricht immer wieder türkis durch die Wellenkronen.<br />
Verwandelt die Gischt gelegentlich in einen Regenbogen. Die<br />
Takelage singt und schreit wieder. Ein perfekter <strong>Segel</strong>nachmittag.<br />
Auch der Abend. Sieht man davon ab, dass dank des Wellengangs<br />
Teller mit Schweinebraten runterfliegen.<br />
Es ist ein<br />
Wettlauf gegen<br />
den Wind<br />
Fragen gibt es leider reichlich in dieser Nacht. Der Wind wird<br />
kontinuierlich stärker. Es ist kurz nach drei, als erneut ein Crewmitglied<br />
als menschlicher<br />
Wecker neben meiner Koje<br />
steht: „Aufstehen! Wir haben<br />
inzwischen dauerhaft über<br />
40 Knoten Wind... Was sollen<br />
wir bergen?“ „Was? Ach<br />
so. Ich komme“, entfährt es<br />
mir noch, bevor ich hastig<br />
in meine Sachen steige.<br />
Unter dem permanenten<br />
Wecken leiden auch meine<br />
Kammer-Mitbewohner. „Das ist jetzt das dritte oder vierte Mal,<br />
dass sie dich holen“, stöhnt Katrin aus der Koje nebenan. Ihre<br />
Hochzeitsreise hatte sie sich wohl anders vorgestellt: „Was ist<br />
denn eigentlich los?“ „Der Wind steigt und steigt. Ich liebe<br />
meinen Kapitänsjob...“ Es ist der 9. November.<br />
Auf See gibt es Dinge, die bringen auch klare atheistische<br />
Weltbilder ins Wanken. Ein solches Phänomen erlebe ich<br />
gerade. Zwei Tage bevor uns der Sturm erwischte, trieb die<br />
Roald noch in einer ermüdenden Flaute. Über uns ein stabiles<br />
Hochdruckgebiet mit 1.023 Hektopascal. Rebekka lud<br />
mich in unserer Verzweiflung zu einem schamanischen Ritual<br />
ein. Die Schweizer Psychomotorik-Therapeutin hatte es<br />
82 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sailors I durch den wind<br />
vor Jahren von einem Ecuadorianer gelernt. Und so hockten<br />
wir in jener Nacht neben dem Deckshaus, verbanden<br />
verschiedenfarbiges Garn miteinander. Spendeten Zigaretten-Tabak<br />
und Chili ins Meer, rauchten in alle Windrichtungen,<br />
besangen Mutter Erde und den Herzschlag der<br />
See. Ziemlich peinlich eigentlich. Und natürlich unnützer<br />
Hokuspokus. Dachte ich. Und bestellte deshalb ungeniert<br />
elf Beaufort. Windrufen? Unmöglich! Der Sturm da draußen<br />
jetzt ist aber wirklich da... Volker, der richtige Kapitän, meint<br />
dazu nur: „Die meisten Seeleute waren ja nicht grundlos abergläubisch.<br />
Manchmal haben deren Rituale einfach funktioniert.“<br />
Unseres offenbar auch.<br />
Ein Blick auf den Windmesser im Deckshaus verrät mir, dass<br />
das Wecken überfällig war. 45 Knoten, 48 Knoten, 56 Knoten!<br />
Wir stecken in einem richtig schweren Sturm. Als ich an Deck<br />
steige, stehe ich gleich bis zu den Waden im Wasser. Auch<br />
von oben kommt direkt Wasser nach. Eine schnelle Zigarette<br />
noch. Nachdenken. Nur nichts überstürzen. Ich bin wirklich<br />
etwas durch den Wind. Warum muss ich gerade jetzt Kapitän<br />
sein?! Ungewollt. Unerwartet. Und kann mich doch nicht<br />
vor der Verantwortung davonstehlen. Wir sind schließlich<br />
auf einem Schiff. Mein Respekt vor den richtigen Kapitänen<br />
wächst mit jedem Zug an der Kippe.<br />
Unerbittlich hämmern die Wellen gegen den Schiffsrumpf.<br />
Gleichmäßig, wie der Herzschlag eines Riesen. Ich muss<br />
wirklich sehr müde gewesen sein, dass ich sie in meinen<br />
kurzen Schlafpausen zuvor nicht bemerkt habe.<br />
Unsere letzten gesetzten Rahsegel stehen hart wie Bretter. Wie<br />
lange halten sie das noch aus? Klar, die Marsen sind Sturmsegel.<br />
Von Stärke und Größe genau für solche Bedingungen gemacht.<br />
Und die Roald läuft mit ihnen großartig. Neun Knoten! Es ist das<br />
Wetter für ihren Hochseerumpf. Aber alles hat Grenzen. Der Sturm<br />
wird noch stärker! Orkan! Bis zu 63 Knoten in der Spitze. Böen in<br />
Windstärke elf! Das Barometer zeigt nur noch 998 Hektopascal an.<br />
In den nautischen Warnmeldungen, die uns per Satellit erreichen,<br />
wird verkündet, dass viele portugiesische Häfen aus Sicherheitsgründen<br />
schon geschlossen sind.<br />
Mein „Schatten“ ist natürlich längst mit mir auf der Brücke. Auch<br />
wenn Kapitän Volker uns das Schiff übergeben hat, jetzt ist das<br />
Spiel vorbei, es geht um den gefährlichen Ernst. Auch seine Augen<br />
zeigen Zeichen von Übermüdung. Sein Rat dagegen ist absolut<br />
klar: „Vorober- und Voruntermars bergen. So können wir den<br />
Druck aus dem Vorschiff nehmen.“ Danke.<br />
Die lange Atlantik-Dünung hat inzwischen eine Höhe von sieben<br />
Metern. Darauf türmt sich noch die Windsee mit weiteren drei<br />
bis vier Metern. Das Schaukeln der Roald erreicht neue Dimensionen.<br />
Angst spüre ich nicht. Dafür ist mein Fatalismus zu groß.<br />
Ein leichtes Zittern meldet sich trotzdem in den Beinen beim<br />
Gedanken, jetzt die Wanten hochklettern zu müssen.<br />
Toppsgast Andreas ruft: „Klar zum Bergen der Voruntermars!“<br />
„Fiert auf die Schoten! Holt durch Gordinge und Geitaue!“<br />
Der Wind will das <strong>Segel</strong> nicht freiwillig hergeben. Das Ziehen an<br />
den Tampen ist ein Kraftakt. Es dauert, bis das <strong>Segel</strong> aufgegeit an<br />
der Rah hängt. Doch noch immer lässt das Tuch zu viel Platz für die<br />
heftigen Böen. Wir müssen hoch, packen. Klar, dass dazu nur Freiwillige<br />
infrage kommen. Ich muss kurz lächeln, als ich sehe, wie sich<br />
Bilder einer Atlantik-Überquerung: Die Galerie der Segler (oben links) im Hafen von Horta (Azoren). <strong>Segel</strong>auspacken in luftiger Höhe (oben rechts).<br />
Eine Hängematte als Gemüselast (unten links). Bastelstunde in der Takelage der Roald (unten rechts)<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
83
Holt durch! Die Crew der Roald Amundsen zieht an einem Vorsegel-Fall. Die Planken sind nass vom überkommenden Wasser<br />
Foto: Andreas Beyer<br />
Der Autor am Ruder der Roald<br />
Nioclás Seeliger<br />
Der Autor und Fotograf, Jahrgang 1972, arbeitet als <strong>Journal</strong>ist<br />
in Berlin. Vor neun Jahren fuhr er erstmals auf der Roald<br />
Amundsen. Seitdem sind mehr als 14.000 Seemeilen an Bord<br />
der deutschen Brigg, der holländischen Bark Europa und dem<br />
Rennkutter Nobile auf Ost- und Nordsee, dem Atlantik und im<br />
Südpolarmeer hinzugekommen.<br />
immer mehr Leute für den Kletter-Job sammeln. Andreas macht<br />
mit. Auch Marion, die in der Februarkälte schon an Bord war und<br />
die <strong>Segel</strong> im Frost anschlug. Conni natürlich. Und nach all den gemeinsamen<br />
Monaten auf See wird sie mich jetzt wohl nicht mehr<br />
fragen: „Wer bist du eigentlich?“ Wir kennen uns. Vertrauen uns. Wissen<br />
inzwischen genau, was der andere kann und was nicht.<br />
Ich muss mich am Schanzkleid stützen. Die Roald hat über<br />
vierzig Grad Schlagseite.<br />
Ein Fuß auf die Nagelbank. Mit den Händen die Wanten<br />
greifen und warten, bis die Welle das Schiff auf die andere<br />
Seite drückt. So ist das Aufentern sogar einfacher als im<br />
Ruhezustand. Beim Zurückkippen muss man sich einfach nur<br />
festhalten. Eine Hand für das Schiff, eine Hand für dich. Wir<br />
sind auf der Untermars-Rah. Eine dunkle Nacht. Nur gelegentlich<br />
geben die vorbeijagenden Wolken einen Blick auf die<br />
Sterne frei. Zeiser los! Schothörner einbinden! Mit dem Körper<br />
das schlagende <strong>Segel</strong> an die Rah pressen. Zentimeter für<br />
Zentimeter. Es ist Routine. Und das Adrenalin befreit von der<br />
Angst. Wir sind schnell hier oben. Aber nicht schnell genug<br />
im Duell Mensch gegen Wind. Der Verlierer ist das <strong>Segel</strong>. Es<br />
ist gerissen. Und jede neue Böe vergrößert den Schaden.<br />
Nach anderthalb Stunden ist es fest eingebunden am Holz.<br />
Beschädigt zwar, aber mit Nadel und Garn zu retten.<br />
Unten stehen die Menschen auf der Leeseite bis zu den<br />
Knien im Wasser. Mir brennen beim Abstieg die Arme. Der<br />
Tee danach in der Messe schmeckte selten so gut. In unseren<br />
Gesichtern und Bärten haben wir alle noch die Salzkristalle<br />
der Windsee. Wir hauen uns schnell ein paar selbstgebackene<br />
Brötchen rein. Rätselhafte See. Während wir im<br />
Sturm die <strong>Segel</strong> bargen, stand Katrin allein in der Kombüse<br />
und knetete Teig. Backte unser Frühstück. Ausgerechnet<br />
sie! Die Berlinerin, die sonst schon bei Ostseewellen von<br />
einem Meter seekrank wird und ausfällt. Eine wirkliche Erklärung<br />
dafür, warum sie jetzt fit ist, hat sie auch nicht: „Ich<br />
war ja eh wach, dadurch, dass du ständig geweckt wurdest.<br />
Und spannend war es draußen auch und Essen wollen alle<br />
nach so einer Nacht.“<br />
84 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sailors I durch den wind<br />
Romantik-<strong>Segel</strong>n nach dem Sturm!<br />
Die Roald unter Vollzeug auf dem Nordatlantik<br />
Roald Amundsen wurde 1952 in Roßlau als Heringslogger für<br />
die sowjetische Handelsmarine gebaut. Sie blieb jedoch in der DDR und<br />
diente der NVA als Tanklogger Vilm. 1992 wurde das Schiff vom Verein „Leben<br />
und Lernen auf <strong>Segel</strong>schiffen“ im ABM-Projekt in Wolgast umgebaut.<br />
Mit den zwei rahgetakelten Masten ist der robuste Stahlsegler eine Brigg.<br />
Erste Fahrt unter <strong>Segel</strong>n 1993. Der frühere Kommandant der Gorch Fock,<br />
Immo von Schnurbein: „Sehr schnell lernte ich die guten Manövriereigenschaften<br />
und das hervorragende <strong>Segel</strong>verhalten der Brigg schätzen."<br />
Lüa<br />
50,20 m<br />
breite<br />
7,20 m<br />
tiefgang<br />
4,20 m<br />
verdrängung<br />
480 t<br />
Crew<br />
48 (mindestens 17 Stammcrew)<br />
<strong>Segel</strong>fläche 850 m 2<br />
Ja, klar! Der Sturm kam so unerwartet. Und so stark. Ich<br />
habe die Situation offensichtlich unterschätzt: Die Risiken<br />
auf See und die Wirkung ecuadorianischer Opfer-Riten. Ich<br />
bin müde, der Rest der Crew auch. Und doch sind das die<br />
Momente, wo ich am stärksten nicht nur Nähe zu den Menschen<br />
an Bord, sondern auch zum Schiff selbst empfinde.<br />
Wir sind aufeinander angewiesen. Ich weiß, dass ich mich<br />
auf die Roald verlassen kann. Und sie sich auf mich.<br />
Nioclás Seeliger<br />
„Durch den Wind – Unter alten <strong>Segel</strong>n über den Atlantik“<br />
(212 Seiten, 24,90 Euro, Verlag Books on Demand, Norderstedt 2012)<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
85
sailors I niklas zennström<br />
Ein Mittagessen mit...<br />
Niklas Zennström<br />
Manche Segler, die ihren<br />
jugendlichen Enthusiasmus für<br />
den Sport verloren haben, finden<br />
ihn nie wieder. Skype-Gründer Niklas<br />
Zennström ergriff eine zweite Chance.<br />
Heute ist seine Rennyacht Rán eine der<br />
erfolgreichsten Regattayachten<br />
Text Mark Chisnell<br />
fotos Thomas Campean; Pedro Martínez;<br />
ROLEX/Kurt Arrigo; Ingrid Abery<br />
Niklas Zennström ist einer der Gründer von Skype, dem<br />
Dienst, der bei Instant Messaging und Internet-Telefonie<br />
etwas Ähnliches ist wie Google bei den Suchmaschinen.<br />
Und er ist unglaublich höflich. Als ich etwas zu früh zum Essen<br />
in Goodman’s Mayfair Steakhouse auftauche, löscht der Restaurant-Manager<br />
etwas voreilig die Reservierung im System. Als fünf<br />
Minuten später Niklas Zennström kommt und nach seinem Tisch<br />
fragt, gibt es den nicht mehr. Zennström bleibt freundlich und<br />
wartet geduldig, bis sich die Sache geklärt hat.<br />
Das Venture-Capital-Unternehmen Atomico, das Zennström<br />
gegründet hat und dem er nun vorsteht, hat sein Londoner Büro<br />
ein paar Schritte weiter in der New Bond Street. Zennström hat<br />
sich aus seinem Arbeitsalltag freigemacht und kommt in sachlicher<br />
Kleidung. Er ist bei der Essenswahl genau so vernünftig:<br />
Steak medium mit Salat statt Pommes frites. Ich bekomme einen<br />
ersten Eindruck von einem Maß haltenden, rationalen Mann.<br />
Zennström ist in den vergangenen fünf Jahren in der kleinen Welt<br />
des Maxi-Racing mit ähnlicher Wucht eingeschlagen wie auf dem<br />
Internet-Markt im vergangenen Jahrzehnt. 2007 erschien er in der<br />
internationalen <strong>Segel</strong>szene. Er stieg gleich bei den Mini-Maxis ein<br />
und dann bei den TP-52, einer anspruchsvollen Regattaklasse. Er<br />
hinterließ ein breites Kielwasser an Siegen, alles innerhalb weniger<br />
Jahre. Aber Zennström ist kein segelnder Emporkömmling.<br />
Zennström unterstützt die British Keelboat Academy, indem er ihr<br />
die Farr 45 Kólga leiht, und er gibt den Topleuten seiner Crew Zeit,<br />
damit sie die nächste Segler-Generation ausbilden und fördern.<br />
Seine Wohltätigkeitsorganisation Zennström Philanthropies unterstützt<br />
im Rahmen ihrer Umweltprojekte ein Programm, um die<br />
Ostsee ökologisch zu stabilisieren. Man kann dies als das Handeln<br />
eines Menschen verstehen, der sich den Meeren dieser Welt verbunden<br />
fühlt. „Ich komme aus Stockholm, und hier fing ich auch<br />
mit sieben Jahren mit dem <strong>Segel</strong>n an“, sagt er. „Meine Familie<br />
hatte ein Fahrtenboot, und im Sommer segelten wir zwischen<br />
Stockholm, Finnland und Dänemark. Meine Eltern waren beide<br />
Lehrer und hatten lange Sommerferien, wir konnten also ein bis<br />
zwei Monate segeln.“<br />
Zennström erinnert sich an ein 7,5-Meter-Boot, ein Serienschiff, das<br />
von einem IOR-Halbtonner abgeleitet war, mit weit überlappender<br />
Genua. „Mein Vater war derjenige, der das <strong>Segel</strong>n liebte, und er<br />
überzeugte meine Mutter, dass wir ein Boot haben müssten. Wir<br />
segelten kleine Rennen gegen alles, was in unsere Nähe kam.“<br />
Zum Leidwesen von Jung-Niklas und seinem Vater steckte Niklas‘<br />
Schwester ihre Nase lieber in Bücher. Die nicht-segelnde Fraktion der<br />
Familie setzte sich durch, sodass das Boot verkauft wurde und die<br />
Familie die langen Ferien in einem Sommerhaus verbrachte. Aber<br />
Niklas segelte bereits Optimist, und jetzt begann er mit den Regatten<br />
– in Uppsala, dem Geburtsort des olympischen Finn-Dinghy.<br />
Da er für sein Alter groß war, musste er mit dreizehn in die Europe<br />
wechseln, deutlich vor der üblichen Opti-Altersgrenze. Und<br />
ebenso verlief sein Wechsel von der Europe zum Laser. Das hatte<br />
zur Folge, dass Niklas meistens gegen deutlich ältere Jugendliche<br />
segelte, und da seine Schwester sich dagegen wehrte, mit zu<br />
Regatten geschleift zu werden, kam Niklas nie dazu, in größeren<br />
Meisterschaften zu segeln.<br />
86 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
„Mir wurde klar,<br />
dass dies etwas ist,<br />
wo ich wieder hin<br />
will. Dass dies meine<br />
Leidenschaft ist, die<br />
ich vernachlässigt<br />
hatte und bei der ich<br />
aufholen muss.“<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
87
sailors I niklas zennström<br />
Zennströms erstes echtes<br />
Regattaboot, die Mini-Maxi Rán II kam<br />
2009 ins Wasser. Sie gewann 2010 die<br />
erste Mini-Maxi-Weltmeisterschaft<br />
Zennström beschreibt einen ganz normalen, segel-besessenen<br />
Jugendlichen, der Boote in seine Schulhefte malte und jeden<br />
Mittwoch und jedes Wochenende auf dem Wasser verbrachte,<br />
wenn die Familie<br />
es zuließ. Ein<br />
„Wir haben Wehrpflicht<br />
in Schweden, und ich<br />
war in der Marine.<br />
Also wieder Wasser<br />
und Boote.“<br />
paar Wochen<br />
lang machte<br />
er ein Praktikum<br />
bei einem<br />
<strong>Segel</strong>macher.<br />
„Ich war auch<br />
bei den See-<br />
Kadetten“, fügt<br />
er hinzu, „am<br />
Ende war ich<br />
Ausbilder-Assistent für Navigation. Ich habe viel Regatta gesegelt,<br />
und es hat mir Spaß gemacht. Aber ich denke, ich hätte es auf<br />
dem Gebiet weiter bringen können. Immerhin habe ich viel<br />
gesegelt und Seemannschaft gelernt.“<br />
Zennström verbrachte ein Jahr auf einem Patrouillenboot. „Wir<br />
haben Wehrpflicht in Schweden, und ich war in der Marine. Also<br />
wieder Wasser und Boote. Man kann sich für eine Offiziersausbildung<br />
bewerben, und am Ende ist man Reserveoffizier. Ein Freund<br />
und ich erwogen das ernsthaft, aber dann entschieden wir uns,<br />
zur Uni zu gehen und eine technische Ausbildung zu machen.<br />
In meinem Fall war das ganz schön knapp, ich hatte schon das<br />
Bewerbungsformular.“<br />
Schließlich studierte Zennström Physik und Ingenieurswesen<br />
und träumte davon, sich auf Schiffbau zu spezialisieren. „Ich hab’s<br />
mir dann aus dem Kopf geschlagen, denn mit dieser Ausbildung<br />
hätte ich sehr wenige Möglichkeiten gehabt. Es war meine Leidenschaft<br />
und das, was ich am liebsten getan hätte, aber ich sah<br />
kein wirtschaftliches Potenzial darin.“<br />
An diesem Punkt schien sich sein Leben von der See zu entfernen. Er<br />
studierte ernsthaft, spielte Basketball und machte anderen Sport, und<br />
im Sommer charterte er manchmal mit Freunden ein Boot. Er hatte<br />
mit seiner Schwester und einem Cousin ein Folkeboot, als er in den<br />
frühen 1990er Jahren in Stockholm lebte, und dann kam er sechs Jahre<br />
lang überhaupt nicht mehr zum <strong>Segel</strong>n. „Ich habe mich wirklich sehr<br />
um mein berufliches Fortkommen gekümmert, und als Unternehmer<br />
muss man etliche Dinge opfern, wenn man Erfolg haben will. Man hat<br />
nicht viel Freizeit, und man steckt seine Ersparnisse ins Geschäft. Man<br />
hat also weder die Zeit noch das Geld, segeln zu gehen.“ Zennström<br />
zog auch viel um, er wohnte in Amsterdam, Kopenhagen und Luxemburg,<br />
bevor er nach London kam, wo er seit zehn Jahren lebt. Hier kam<br />
er auch wieder mit der <strong>Segel</strong>ei in Berührung.<br />
„Wir gingen nach London, als ich mit Skype anfing. Das kostete<br />
meine ganze Zeit und Kraft und mein Geld. Aber 2005 beschlossen<br />
wir mit ein paar Leuten im Unternehmen, einen kleinen Ausflug<br />
zu machen. Wir charterten eine alte X 362 mit Skipper. Nichts<br />
Besonderes, nur so zum Spaß. Und dann merkst du: Das hat dir<br />
gefehlt.“ Dann sind sie ein bisschen öfter gesegelt und haben ein<br />
anderes Boot gechartert. „Schon eher ein Regattaschiff. Und wis-<br />
88 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
sen Sie was? Mir wurde klar, dass dies etwas ist, wo ich wieder hin<br />
will. Dass dies meine Leidenschaft ist, die ich vernachlässigt hatte,<br />
und bei der ich aufholen muss.“ Es dauerte kein Jahr und Niklas<br />
Zennström und seine Frau Catherine kauften ein eigenes Boot.<br />
Es war eine Martin 49, die 2006 in Sydney gebaut wurde und im<br />
Frühling 2007 ins Wasser kam.<br />
„Ich wusste nicht genau, was ich will, und dann landet man bei<br />
einem Performance-Cruiser.“ Während des Baus charterten sie<br />
weiter Boote und segelten Regatten im Englischen Kanal und im<br />
Solent. Zennström gibt zu, dass ihre <strong>Segel</strong>ei nicht sehr strukturiert<br />
war – aber das sollte sich bald ändern. „Man kann Dinge zum Spaß<br />
ausprobieren, aber wenn man etwas machen will, dann will man’s<br />
auch richtig machen.“<br />
Zennström begann, eine Crew aufzustellen, das spätere Rán-<br />
Team. Ihr erstes Ziel war das Fastnet Race 2007. Wie Erfolg<br />
schmeckt, bekamen sie beim RORC (Royal Ocean Racing Club)-<br />
Saisonauftakt zu spüren, als sie das Club-Race gewannen. Das<br />
Projekt entwickelte seine Dynamik, und viele aus der Anfangszeit<br />
sind heute noch dabei.<br />
Dann kam der erste Rückschlag. Während des rauen Fastnet<br />
schluckte ihre Maschine Wasser und ließ sich nicht mehr starten.<br />
Sie konnten ihre Batterien nicht laden, und ohne Strom für die Positionslampen<br />
und die Bordelektronik mussten sie umkehren. „Es war<br />
eine große Enttäuschung, aber so etwas motiviert auch“, erinnert<br />
sich Zennström. Die Martin 49 wurde zum Fahrtenboot erklärt, das<br />
nächste Schiff würde ein Racer sein. Klar und kompromisslos.<br />
Der 22 Meter lange Mini-Maxi wurde im September 2007 bei Judel/Vrolijk<br />
in Auftrag gegeben. Da die künftige Rán II (benannt<br />
nach der nordischen Meeresgöttin) aber erst in achtzehn<br />
Monaten ins Wasser kommen sollte, wollte Zennström die Zeit<br />
bis dahin nicht vertrödeln. Die TP-52 hatten damals eine sehr erfolgreiche<br />
Serie in Großbritannien, und das Team sagte sich, dass<br />
man in dieser Szene gut Erfahrungen sammeln könnte. Sie kauften<br />
ein Boot aus dem MedCup-Circuit, die Rán I, und begannen,<br />
mit ihr zu segeln.<br />
„Es hat etwas gedauert, bis ich mich selbst ans Ruder gestellt<br />
habe“, sagt Zennström. „Die TP-52 sind kraftvolle Boote, und die<br />
Vorstartphase ist furchterregend. Ich hab es mir die ersten Male<br />
nur angesehen, und dann hab ich immer mehr gemacht. Keine<br />
Starts, ich habe während des Rennens übernommen.“ Sie segelten<br />
vor Cowes, Cork und Saint-Tropez. Die Martin 49 kam in die Karibik.<br />
Während dieser Zeit wurde Rán II bei Green Marine in der<br />
Nähe von Southampton gebaut. Ihre Hauptaufgabe sollte sein,<br />
die unerledigte Sache mit dem Fastnet-Race zu klären und im<br />
Mittelmeer den Mini-Maxi-Circuit zu segeln, dessen Höhepunkt<br />
die Rolex World Championship vor Sardinien ist.<br />
Rán II siegte beim Fastnet 2009. „Es war großartig, dieses Rennen<br />
zu gewinnen“, sagt Zennström. Sie gewannen auch den Profi-<br />
Steuermannspreis bei der Mini-Maxi-Weltmeisterschaft und im<br />
Dezember die Division I beim Rolex Sydney-Hobart. Zennström<br />
hatte ein Interesse daran, noch besser zu werden. „Mir wurde<br />
klar, dass ich so viel Zeit wie möglich auf dem Wasser verbringen<br />
musste. Aber wie? Wir entschieden uns für eine Farr 45.” So startete<br />
2010 Rán III beim Fleet Race auf dem Solent, und es dürfte niemand<br />
die Entschlossenheit eines Mannes bezweifeln, der im März<br />
in England Regatta segelt. „Wenn ich mich für etwas entscheide,<br />
dann lasse ich mich in die Sache hineinziehen. Nennen Sie’s Sucht<br />
oder Hingabe. Und ich habe diese Wettkampfmentalität. Ich will<br />
es so gut wie möglich machen, ich setze mir hohe Ziele und versuche,<br />
sie zu erreichen. Ich mache es aber so, dass es Spaß macht.<br />
Die Reise ans Ziel, das ist doch das Schöne.“<br />
Zennström schätzt, dass er an 90 Tagen im Jahr segelt, und die<br />
vergangenen Jahre waren – kaum überraschend – nicht weni-<br />
Die Martin 49 Yani, die Zennström<br />
2006 in Sydney als Performance-<br />
Cruiser bauen ließ, brachte ihn<br />
wieder auf den Geschmack<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
89
sailors I niklas zennström<br />
Rán IV bei der Eröffnungsregatta der 52 Super Series<br />
vor Mallorca 2012, wo sie die Copa del Rey gewann,<br />
den Königspokal (unten links)<br />
seine erste Saison als Fünfter und 2012 als Dritter. Zennström<br />
möchte diese Lernkurve gern fortsetzen und 2013 gewinnen. In<br />
der Zwischenzeit segelte das Team weiter die Mini-Maxi, wo sie<br />
aber nicht als Lernende starteten, sondern als Titelverteidiger. Sie<br />
gewannen 2011 erneut, und mussten sich 2012 einem Neubau<br />
geschlagen geben. Sie verteidigten 2011 auch ihren Fastnet-Titel<br />
und wollen ihn 2013 gern ein drittes Mal in Folge holen.<br />
Beruflich sucht Zennström nach bahnbrechenden Technologien<br />
– nach Ideen, die ganze Wirtschaftssektoren verändern. <strong>Segel</strong>t er<br />
auch nach diesem Prinzip? „Eigentlich nicht. In der Entwicklung<br />
von Technologien geht man mit Risiken um, und man muss entscheiden,<br />
wo man den anderen vorangeht und größere Risiken<br />
auf sich nimmt. Vieles, was wir gemacht haben, war die Weiterentwicklung<br />
bestehender Technologien.“ Bei der Bordelektronik<br />
und den Winschen, sagt er, da sind sie Risiken eingegangen und<br />
haben sich viel Arbeit gemacht.<br />
ger erfolgreich als der Beginn. 2010 gewann er den Eigner-<br />
Steuermannspreis bei der Mini Maxi Rolex World Championship<br />
und weitere Preise bei der Antigua Sailing Week, dem Newport-<br />
Bermuda-Race, der Onion Patch-Serie, der Copa del Rey und den<br />
Voiles de Saint-Tropez.<br />
Es ist typisch für Zennström, dass sein nächstes Boot kleiner sein<br />
und gegen stärkere Konkurrenz antreten sollte. Im Herbst 2010 orderte<br />
er eine neue Judel/Vrolijk TP-52 für den Mediterranean Circuit.<br />
Seitdem verbrachte er den größten Teil seiner <strong>Segel</strong>zeit auf<br />
Rán IV in der 52 Super Series. „Man segelt gegen die besten Profi-<br />
Teams der Welt, man hat Luvkämpfe mit Ed Baird. Man gewinnt<br />
sie vielleicht nicht, aber man lernt was.” Das Rán-Team beendete<br />
Was ist die Quelle seines bemerkenswerten Erfolgs? Ironischerweise<br />
liegt für einen der größten technischen Innovatoren der<br />
Gegenwart der Erfolg beim <strong>Segel</strong>n mehr in gutem Management<br />
als in der Technik selbst. Er führt seinen Erfolg auf Beständigkeit<br />
zurück – was die Ziele, die Leute und seine Philosophie angeht.<br />
Der Kern des Rán-Teams ist von Beginn an derselbe, und Zennström<br />
hat Mitte der Saison bereits die Zusagen für die nächste. An Bord<br />
sind alle Profis, und keiner gibt den Super-Star. Sie wohnen, essen<br />
und trinken zusammen, Niklas und Catherine Zennström<br />
eingeschlossen. Die Anforderungen sind hoch, aber Irren wird als<br />
menschlich akzeptiert. Nach dem <strong>Segel</strong>n gibt es eine Besprechung,<br />
in der niemand mit dem Finger auf andere zeigt.<br />
Falls ich mal eine bahnbrechende Technik-Idee haben sollte,<br />
wünschte ich mir, sie würde von einem Unternehmen wie Atomico<br />
auf den Weg gebracht.<br />
„Ich habe diese Wettkampfmentalität. Ich will es so gut wie<br />
möglich machen, ich setze mir hohe Ziele, und versuche, sie<br />
zu erreichen. Ich mache es aber so, dass es Spaß macht.“<br />
90 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
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International hat Kaenon schon viele Sportler überzeugt, in Europa ist die<br />
Marke noch recht neu auf dem Markt. Stolz ist man vor allem auf das<br />
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Mit der intensiver werdenden Strahlung wird ein effektiver<br />
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die Qualität der Gläser achten. Sonst schmerzen die Augen<br />
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das korrekte Glas zum <strong>Segel</strong>n?<br />
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Der Schutz ist notwendig, denn UV-Strahlen können die<br />
Netzhaut nachhaltig schädigen. Dabei ist der UV-Schutz nicht von<br />
der Tönung des Glases abhängig. Gut zu wissen: UV-Strahlung ist<br />
unsichtbar. Das bedeutet, dass dunkle Gläser nicht am besten vor<br />
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allein auf die Qualität der eingebauten Schutzwirkung an. Deshalb<br />
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ist Pflicht in der EU und garantiert ein Minimum an Qualität. Relevant<br />
ist der Hinweis „100 % UV-Schutz“ oder „UV 400“ – die Zahl gibt<br />
die Wellenlänge an, unterhalb derer das ultraviolette Licht durch<br />
das Glas ausgefiltert wird. Die Angabe EN 1836:1997 auf der Innenseite<br />
des Brillenbügels garantiert UV-Schutz nach europäischen<br />
Richtlinien, ähnlich sind der australische Standard NZS 1067 und<br />
der amerikanische ANSI Z 80.3. Wichtig ist übrigens auch die Form<br />
der Brillengläser – wer hohen Schutz will, wählt am besten eine gut<br />
abschließende Brille. Bei gebogenen Korrekturgläsern mit höheren<br />
Stärken können Verzerrungen in den Randbereichen stören – hier<br />
92 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Bollé ist in Seglerkreisen als Garant für funktionale Sportbrillen ein Begriff.<br />
Die stiftlosen Gelenke der Brillen sorgen dafür, dass die Bügel nahtlos mit<br />
der Vorderseite des Rahmens verbunden sind. Schadensanfällige<br />
Mechanismen sind so überflüssig. Außerdem sind die Brillen äußerst<br />
stabil, leicht und komfortabel. Eine Rahmenbelüftung verhindert<br />
Beschlagen durch Feuchtigkeit, die polarisierenden Gläser sind<br />
öl- und wasserabweisend. Kosten rund 100 Euro.<br />
bolle-europe.de<br />
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gut einsetzen lässt, hat Nike im Programm. Selbsttönende Transitions-<br />
Gläser passen sich dem Licht an und werden je nach Sonnenintensität<br />
heller oder dunkler, filtern 100% der schädlichen UVA- und UVB-Strahlen<br />
und sorgen für entspanntes und blendfreies Sehen. Die Brillen kosten<br />
rund 200 Euro. Wer Korrekturgläser braucht, für den sind die neuen<br />
Transitions Signature-Gläser ideal – sie werden draußen bei<br />
intensiver Sonne tiefdunkel und in Innenräumen hell. Der<br />
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Das Damenmodell (Bild) hat einen stärker gebogenen Rahmen, der für den<br />
Kopf von Frauen geformt ist und die Augen noch besser schützt. Beide<br />
Brillen gibt es mit polarisierten Scheiben, Iridium-Scheibenbeschichtung<br />
zur Reduzierung der Blendung oder Oakley-Korrektionsglaseinsätzen.<br />
Hundertprozentiger UV-Filter und hohe Stoßfestigkeit machen die<br />
Brille zu einem guten Begleiter beim <strong>Segel</strong>sport. Bei beiden<br />
Modellen kann man zudem schnell und einfach die Scheibe<br />
wechseln und sich so immer den vorherrschenden<br />
Licht-Bedingungen anpassen. Ab 190 Euro.<br />
de.oakley.com<br />
Rodenstock hat für Sonnentage am und auf dem Wasser die<br />
SunContrast-Gläser entwickelt. Sie sorgen auch bei grellem oder diffusem<br />
Licht für kontrastreiches Sehen und filtern die blaue Lichtstrahlung auf das<br />
optimale Maß. Gegenstände erscheinen so kontraststark, Farben und<br />
Details wirken natürlich. Die Gläser schützen vollständig vor UV-Strahlen<br />
bis 400 nm (Nanometer). Es gibt sie in Grün für natürliche Farbeindrücke<br />
und in Bernstein, das eine optimale Kontrastwirkung auf Grün<br />
hat und ideal ist für den Wassersport. Wahlweise in 65 % oder<br />
80 % Tönung erhältlich. Etwa 190 Euro.<br />
rodenstock.de<br />
muss man sich vom Optiker beraten lassen. Kontaktlinsen plus Sonnenbrille<br />
ohne Korrektur können eine Alternative sein.<br />
Blendschutz muss sein. Grelles Sonnenlicht stört beim <strong>Segel</strong>n<br />
noch mehr als an Land. Der Grund: Bis zum Zehnfachen kann die<br />
Reflektion des Wassers die Helligkeit verstärken – unsere Augen<br />
können sich auf starkes Licht einstellen, indem sie die Pupille verkleinern.<br />
Doch wenn es zu hell ist, reicht der natürliche Mechanismus<br />
allein nicht mehr, das Auge braucht Hilfe: Eine Sonnenbrille,<br />
die Blendung und Reflektion mindert. Je greller das Licht, desto<br />
dunkler muss das Glas sein. Natürliche Farben zu sehen, ist wichtig<br />
beim Wassersport. Eine rosarote Brille ist fürs <strong>Segel</strong>n also nicht das<br />
Richtige – braune, graue und grüne Gläser verfälschen den Farbeindruck<br />
am wenigsten.<br />
Das Beste für den Wassersport sind Brillen mit polarisierenden<br />
Gläsern. Sie filtern Spiegelungen der Wasseroberfläche,<br />
sogenanntes Blendlicht, aus. Der Effekt ist in mehrerer Hinsicht<br />
angenehm: Details sind besser zu sehen, Kontraste und<br />
Konturen werden deutlicher, man schaut entspannter und die<br />
Augen ermüden weniger. Bei wechselnden Lichtverhältnissen<br />
sind zudem phototrope Gläser eine gute Sache. Es gibt<br />
sie für jede Sehstärke und sogar als Gleitsichtglas für segelnde<br />
Brillenträger. Erst seit Kurzem haben Experten von Transitions,<br />
die für viele namhafte Brillenhersteller phototrope Gläser<br />
entwickelt haben, es geschafft, die Wirkung polarisierender<br />
Gläser auch bei den selbsttätig eintönenden Gläsern zu erzeugen.<br />
Damit kann man in jeder Lichtsituation gut und absolut<br />
blendfrei sehen.<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
93
gewinnspiel<br />
Ein Oscar für Thor Heyerdahl?<br />
Mit seiner Kon-Tiki segelte der junge Thor Heyerdahl vor<br />
66 Jahren in den Pazifik. Eine abenteuerliche Reise, die ab 21. März<br />
im Kino zu sehen ist. Mit dem SEGEL JOURNAL können Sie dabei sein.<br />
Wer hat zuerst die abgelegenen Archipele Polynesiens besiedelt und wie sind die Menschen einst dorthin gelangt? Diese Frage stellte<br />
sich der Norweger Thor Heyerdahl (1914-2002), als er zusammen mit einer jungen Crew und seinem Schiff Kon-Tiki von Peru aus<br />
Richtung Pazifik aufbrach. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, dieses letzte große Rätsel der Geschichte der Völkerwanderung zu klären.<br />
Seine spannenden Erlebnisse von der 101 Tage dauernden Seefahrt, die auf dem Tuamotu-Archipel endete, haben den norwegischen<br />
Abenteurer berühmt gemacht. Sein Buch über die Expedition wurde in über 67 Sprachen übersetzt und über 50 Millionen Mal<br />
verkauft. Sein Dokumentarfilm Kon-Tiki gewann 1952 den Oscar. Nun kommt die Geschichte<br />
mit atemberaubenden Aufnahmen und spannenden Actionszenen ins Kino und ist als bester<br />
ausländischer Film erneut für den renommierten Oscar nominiert.<br />
Bei unserem Gewinnspiel können Sie eine für Abenteuer prädestinierte Reisetasche<br />
von Tatonka oder eines von fünf Kon-Tiki-Paketen mit original Filmplakat,<br />
einem Gutschein für zwei Kon-Tiki-Kinokarten und einem Norwegen-Reiseführer<br />
von Marco Polo gewinnen. Dazu müssen Sie nur das Lösungswort<br />
herausfinden und an die SEGEL JOURNAL-Redaktion schicken.<br />
Anschrift: Quarto Media GmbH, SEGEL JOURNAL, Gurlittstraße 28,<br />
20099 Hamburg oder per Mail an info@segeljournal.com.<br />
Einsendeschluss ist der 16.04.2013.<br />
Das Lösungswort aus dem letzten Heft lautet: Schwimmweste.<br />
Die Gewinner unseres Kreuzworträtsels werden schriftlich benachrichtigt.<br />
Haushaltsplan<br />
<strong>Segel</strong>tuch<br />
aus<br />
Aramidfaser<br />
Fluss<br />
zum<br />
Weißen<br />
Meer<br />
chem.<br />
Zeichen<br />
für<br />
Silicium<br />
persönl.<br />
Fürwort<br />
(erste<br />
Person)<br />
niederländisch:<br />
eins<br />
europäische<br />
Halbinsel<br />
erfolgreicher<br />
Universum<br />
britischer<br />
Segler<br />
beim<br />
Schiff<br />
vorne<br />
Hafenstadt<br />
auf<br />
Korsika<br />
Ansage<br />
auf<br />
Kontra<br />
(Skat)<br />
94 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013<br />
16 6<br />
Abk. für<br />
Tausend<br />
Tonnen<br />
12<br />
Austragungsort<br />
d.<br />
34. Ame-<br />
Schiff<br />
mit zwei<br />
Rümpfen<br />
1<br />
Hühnerprodukt<br />
liebevoll:<br />
Großvater<br />
italienischer<br />
Maler<br />
englisch:<br />
zu; nach<br />
ein<br />
Wurfpfeilspiel<br />
Befürworter<br />
der Monarchie<br />
Chef<br />
an Bord<br />
9<br />
der USA<br />
8<br />
13<br />
Bundesstaat<br />
anwesend<br />
Insel der<br />
Circe bei<br />
„Odys-<br />
4 seus“ lingen<br />
14 hafen<br />
15<br />
Kfz-<br />
Zeichen<br />
Reut-<br />
bestimmter<br />
Artikel<br />
neunter<br />
Ton e. diaton.<br />
Tonleiter<br />
(Mz.)<br />
2 rica’s Cup Komitee<br />
Gottheit<br />
zug<br />
maße<br />
11<br />
obere<br />
Stufe der<br />
alpinen<br />
10 7<br />
Abk.: Nationales<br />
Olymp.<br />
germanische<br />
niedersächs.<br />
Höhen-<br />
5 Trias<br />
3<br />
Bett auf<br />
einem<br />
Schiff<br />
(Mz.)<br />
Einheitenzeichen<br />
f. Hektar<br />
kurz gebratene<br />
Fleischschnitte<br />
franz.<br />
Mittelmeer-<br />
englisch:<br />
ja<br />
Schaumwein<br />
europäisches<br />
Volk<br />
Ausruf<br />
als Nachahmung<br />
e.<br />
Schusses<br />
anderes<br />
Wort für<br />
Kombüse<br />
spanisch:<br />
Fluss<br />
Einheit<br />
für<br />
Pegel-<br />
digitales<br />
Speichermedium<br />
(Abk.)<br />
rechte<br />
Seite an<br />
Bord<br />
zu<br />
keiner<br />
Zeit<br />
Abk. für<br />
eingetragener<br />
Verein<br />
Lösungswort: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />
heftiger<br />
Windstoß<br />
Vermessungsformel<br />
Handelnder;<br />
Schauspieler<br />
Papstname<br />
deutsche<br />
Hochseeinsel<br />
Foto: www.shutterstock.com/aragani12345s
Chefredakteurin<br />
Berater der Chefredaktion<br />
Ständige Mitarbeiter<br />
Art Direktion<br />
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prof. Dr. Stefan Henke, Detlef Jens, Kirsten Panzer-Gunkel,<br />
Hans-Harald Schack, Stefan Schorr, Wolfgang Weber, Andrea Willen<br />
Bianca Stüben<br />
Antje Krüger, Natalja Pindakova<br />
Anett Hillers, hillers@segeljournal.com<br />
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VERLAG<br />
Quarto Media GmbH<br />
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Martina John, Martina Julius-Warning, Yorck Hentz<br />
Bei Nichtbelieferung ohne Verlagsverschulden oder wegen Störungen des Arbeitsfriedens<br />
bestehen keine Ansprüche gegen den Verlag. Nachdruck in Wort und Bild, auch auszugsweise,<br />
nur mit Erlaubnis von Quarto Media GmbH. Gerichtsstand Hamburg.<br />
Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildsendungen.<br />
Zuschriften können ohne ausdrücklichen Vorbehalt im Wortlaut<br />
oder Auszug veröffentlicht werden.<br />
ISSN 2194-2722<br />
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SEGEL JOURNAL<br />
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Die nächste Ausgabe<br />
von<br />
erscheint am 17. April 2013<br />
SEGEL JouRNAL<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
95
sailors I lektüre<br />
Meer Lektüre!<br />
GELESEN VON STEFAN SCHORR<br />
Die Bohnen<br />
müssen<br />
warten ...<br />
Dienst<br />
geht vor,<br />
ab<br />
auf<br />
die<br />
Brücke !<br />
Zum Klabautermann !<br />
Das Barometer lügt nie - das wird<br />
ein heftiger Sturm !<br />
Ulrike Albers / Johannes Saurer<br />
Käpt‘n Kuddel (Band 2): Auf Orkanfahrt<br />
Wer so lange zur See gefahren ist<br />
wie ich, erkennt einen Sturm an<br />
seinem Klang.<br />
Der Sturm brüllt ! Je stärker der<br />
Sturm, desto tiefer seine Stimme.<br />
Das macht mir Sorge !<br />
Verstehe !<br />
Dann haben wir<br />
jetzt eine Sorge mehr ?<br />
Papperlapapp ! Fiete, du übernimmst<br />
das Steuer, ich mache mit den<br />
Kindern die MUMMEL wetterfest !<br />
Der alte Seebär Käpt‘n Kuddel ist pleite und sucht deshalb nach<br />
dem sagenumwobenen Schatz von Atlantis. Auf seinem Schiff Mummel<br />
wird er vom frechen Kater Rubens, Maschinist Fiete und den beiden Waisenkindern<br />
Linh und Kito begleitet. Nach einem kurzen Rückblick auf die<br />
erlebten Abenteuer im ersten Band sticht die Crew auf der Insel Flores in<br />
See – hinaus auf den Atlantik. Linh und Kito angeln einen Riesenkraken,<br />
die Mummel gerät in einen Orkan und droht danach durch ein Leck zu<br />
sinken. Doch ein anderes Schiff eilt zur Hilfe und hält eine große Überraschung<br />
bereit. Toll gezeichnete, spannende Geschichte für Kinder nach<br />
den wahren Erlebnissen echter Kapitäne.<br />
Ankerherzchen, Ankerherz Verlag, 14,90 Euro<br />
Guy de Maupassant<br />
AUF SEE<br />
Dieses schmale, in dunkelblaues Leinen gebundene Büchlein im Pappschuber ist mit hochwertigem<br />
Papier, einem Lesebändchen, einer Karte der Côte d‘Azur und Schwarz-Weiß-Titelfoto eine Zierde für jedes<br />
Bücherschapp. Die Buchbindekunst harmoniert vortrefflich mit dem fiktiven Törnbericht des weit gereisten<br />
Autors Guy de Maupassant (1850-1893), der gleich zu Anfang klarstellt, dass „keine interessante Geschichte<br />
und kein interessantes Abenteuer“ zu erwarten sind. „Kurz, ich habe Wasser, Sonne, Wolken und Felsen gesehen<br />
– anderes kann ich nicht erzählen –, und ich war einfach in Gedanken, wie man sie spinnt, wenn die<br />
Wogen einen wiegen, einlullen und hier- und dorthin tragen.“ Maupassant fügt lässig Anekdoten, Beobachtungen<br />
und Impressionen zusammen, die er größtenteils zuvor bereits in Zeitungen veröffentlicht hatte. Er<br />
schimpft auf die Dummheit und Hässlichkeit der Menschen und begeistert sich im nächsten Moment für<br />
die Schönheit der Natur. Kurzweiliges, geistreiches Lesevergnügen. mare, 24 Euro<br />
Dirk W. Mennewisch<br />
OUT OF OFFICE: FREIHEIT UNTER SEGELN<br />
in die Koje<br />
in die Kajüte<br />
in den Seesack<br />
„Schlussendlich geht es nur darum, zu entscheiden, es zu tun.“ Es hätte<br />
für Dirk Mennewisch genug Gründe gegeben, nicht zur Solo-Atlantiküberquerung<br />
zu starten: der gute Job als Unternehmensberater etwa oder die gerade<br />
in die Backskiste<br />
in die Bilge<br />
mal 600 Seemeilen <strong>Segel</strong>erfahrung. Aber der Chef gewährt die Auszeit, Seenotsignalmittel<br />
werden eben ohne deutschen Pyroschein auf den Shetlandinseln<br />
gekauft und die Biskaya lässt sich auch im September noch entspannt überqueren. Mennewisch schreibt erfrischend<br />
ehrlich und (selbst-)ironisch über seine Tour in die Karibik. Zwar verliert das Buch in der zweiten Hälfte<br />
etwas an Fahrt, Fotos und Arbeit des Lektorats lassen zu wünschen übrig und nach dem Blick auf die Routenkarte<br />
im Buch verblüfft das Ende der Tour. Dennoch gelingt ihm ein interessantes Buch mit einem lohnenden Rat, nicht<br />
nur für Gleichaltrige (Mennewisch ist Jahrgang 1983): „<strong>Segel</strong>t, erkundet, genießt.“ Delius Klasing, 19,90 Euro<br />
96 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
Matthias Gretzschel / Michael Zapf<br />
AM ANFANG WAR DAS SCHIFF<br />
DAS INTERNATIONALE MARITIME MUSEUM IN HAMBURG,<br />
SEIN STIFTER UND GRÜNDER PETER TAMM<br />
Wenn ein fieberkranker Junge ein fünf Zentimeter langes Modell eines Küstenmotorschiffs<br />
geschenkt bekommt, kann das folgenlos bleiben. Für Peter Tamm war das 50-Pfennig-Geschenk<br />
seiner Mutter 1934 jedoch der Beginn einer beispiellosen Sammelleidenschaft. Über Jahrzehnte<br />
trug der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Verlages alles (Un-)Mögliche zusammen,<br />
was mit Schifffahrt zu tun hat. Rechtzeitig vorm fünften Geburtstag des Internationalen<br />
Maritimen Museums in Hamburg zeichnet Matthias Gretzschel den Weg vom ersten KüMo-<br />
Modell über das Wissenschaftliche Institut für Schifffahrt- und Marinegeschichte in der Elbchaussee<br />
bis zur Museumseröffnung in Hamburgs ältestem noch erhaltenen Speicherbauwerk,<br />
dem Kaispeicher B, nach. Die zehn Museumsdecks werden vorgestellt und zehn herausragende<br />
Ausstellungsstücke genauer beleuchtet. Mit meisterhaften Bildern von Michael Zapf setzt das<br />
Buch dem beispiellosen Tun des Peter Tamm ein gebührendes Denkmal. Koehler, 24,95 Euro<br />
Holger Pils und Karolina Kühn (Herausgeber)<br />
ELISABETH MANN BORGESE UND DAS DRAMA DER MEERE<br />
Den Schutz der Ozeane sah Elisabeth Mann Borgese (1918-2002), die jüngste Tochter<br />
Thomas Manns, als einen wichtigen Teil ihres Einsatzes für eine gerechtere Welt. Sie schrieb zahlreiche<br />
Bücher über das Meer, verfasste einen eigenen Entwurf für eine neue Seerechtsverfassung,<br />
initiierte die ersten „Pacem in Maribus“-Konferenzen und gründete das International Ocean Institute.<br />
Im Jahr ihres zehnten Todestages beschäftigte sich das Lübecker Buddenbrookhaus intensiv<br />
mit der Meeresschützerin. Die Ausstellung „Elisabeth Mann Borgese und das Drama der Meere“<br />
ist auch noch in Kiel, München und Berlin zu sehen. Im gleichnamigen Ausstellungskatalog würdigen<br />
persönliche und literarische Erinnerungen von Weggefährten ebenso wie wissenschaftliche<br />
Beiträge das Schaffen Mann Borgeses. Gemeinsam mit vielen bislang unbekannten Fotos und<br />
Dokumenten entstand ein spannender Blick auf das Leben der Frau, die sich einer Sache sicher<br />
war: „Wir müssen die Ozeane retten, wenn wir uns selbst retten wollen.“ mare, 32 Euro<br />
Nikolaus Gelpke und Elisabeth Mann<br />
Borgese, an den Landungsbrücken im<br />
Hamburger Hafen, direkt neben der<br />
Überseebrücke, 1997<br />
Foto: Heike Ollertz<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
97
was bewegt...<br />
16 Fragen an...<br />
Cengiz Inceören,<br />
Gründer von Argos Yachtcharter<br />
Cengiz Inceören ist einer der der Gründerväter des Charterns in der<br />
Türkei; bereits in den 1970er Jahren verlegte er die ersten Yachten<br />
an die Südküste. Heute ist das Charterunternehmen des ehemaligen<br />
Architekten weltweit tätig.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Seit wann segeln Sie?<br />
Seit 1973<br />
Was war Ihr erstes eigenes<br />
Boot?<br />
Eine Gib Sea 37 Ketch<br />
Wie ist der Name ihres bootes?<br />
GÜL<br />
Welches Boot wollten Sie<br />
immer mal segeln?<br />
Ein Maxi mit Profiteam<br />
Ihr liebstes <strong>Segel</strong>revier?<br />
Die türkische Südwestküste<br />
Wie viele Tage im Jahr verbringen<br />
Sie auf dem Wasser?<br />
Ungefähr vier Wochen.<br />
Ihr Lieblingshafen?<br />
Alle Buchten, die geschützt sind, und Marinas<br />
mit guten Duschanlagen<br />
Ihre liebste Hafenbar?<br />
Restaurant My Marina in der Ekincik-Bucht<br />
zwischen Marmaris und der Bucht von Fethiye<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
Der beste Drink zum Sonnenuntergang?<br />
Campari-Orange oder Orange-Captain Morgan<br />
Mit wem würden Sie gerne<br />
einmal segeln?<br />
Larry Ellison<br />
Welche Eigenschaften<br />
schätzen Sie an Seglern am<br />
meisten?<br />
Solidität, Fairness, Mannschaftssinn<br />
Drei Dinge, die immer an Bord<br />
sein sollten?<br />
Alle Rettungsmittel, Seekarten, Revierbuch<br />
Was ist an Bord völlig<br />
überflüssig?<br />
Stress, Übelkeit, schlechte Laune<br />
Gibt es einen Segler, der Sie<br />
beeindruckt hat?<br />
Larry Ellison während der Antigua Sailing Week<br />
Das beste <strong>Segel</strong>buch?<br />
Seemannschaft<br />
<strong>Segel</strong>n ist…<br />
…meine Leidenschaft<br />
98 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013
ALLE<br />
2 MONATE<br />
MEER<br />
AM KIOSK<br />
...oder gleich abonnieren:<br />
+49 (0)40 / 468605197 • abo@meerundyachten.de • meerundyachten.de<br />
märz/april 2013 <strong>Segel</strong> journal<br />
99
Erlebemehr<br />
Kekova - Antalya<br />
100 <strong>Segel</strong> journal märz/april 2013<br />
Tel: 030 214 3752 - Tel: 069 23 30-81/82<br />
info@tuerkeifasziniert.de / info@tuerkei-tourismus-kultur.de<br />
www.facebook.com/pages/Türkei-fasziniert<br />
www.tuerkeifasziniert.de