27.02.2014 Aufrufe

Prüfkörper zur exemplarischen Ermittlung der Messunsicher- heit ...

Prüfkörper zur exemplarischen Ermittlung der Messunsicher- heit ...

Prüfkörper zur exemplarischen Ermittlung der Messunsicher- heit ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Prüfkörper</strong> <strong>zur</strong> <strong>exemplarischen</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong><br />

– Konzept und Anwendungserfahrung<br />

Dipl. Ing. (FH) T. Hageney, eumetron GmbH, Aalen<br />

Kurzfassung<br />

Es wird ein universell einsetzbarer <strong>Prüfkörper</strong> (Multi-Feature-Check, „MFC“) und das hiermit<br />

mögliche Verfahren <strong>zur</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> und Prüfprozesseignung von Prüfmerkmalen<br />

in <strong>der</strong> Koordinatenmesstechnik vorgestellt. Der <strong>Prüfkörper</strong> ist kalibriert und besitzt<br />

verschiedenste Geometrieelemente in unterschiedlicher Dimensionierung und Anordnung, so<br />

dass nahezu alle Messaufgaben <strong>der</strong> Form-, Maß und Lagetolerierung abgebildet werden. Durch<br />

Messungen des <strong>Prüfkörper</strong>s und <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Messergebnisse nach <strong>der</strong> Richtlinie<br />

VD/VDE 2617 Blatt 8 [1] kann die <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> und Prüfprozesseignung für jedes Prüfmerkmal<br />

ermittelt werden. Damit ist schon im Vorfeld eine Aussage über die Eignung vorhandener<br />

o<strong>der</strong> zu beschaffen<strong>der</strong> Koordinatenmessgeräte (KMG) möglich.<br />

Weitere Einsatzmöglichkeiten, die auch in diesem Beitrag beschrieben werden, sind u.a. die<br />

turnusmäßige Überwachung von Koordinatenmessgeräten und die Optimierung von<br />

Messstrategien mit diesem <strong>Prüfkörper</strong>.<br />

1. Einleitung<br />

Die richtige Wahl des Messgerätes ist die Basis für vergleichbare Messergebnisse. Annahme<br />

und Zurückweisung von Werkstücken, aufgrund abweichen<strong>der</strong> Geometriedaten führen oft zu<br />

schwierigen Diskussionen bei den beteiligten Parteien. Grund ist meist das Fehlen einer verlässlichen<br />

Angabe <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> für das betreffende Prüfmerkmal. Die genaue Kenntnis<br />

<strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> für jedes Prüfmerkmal unter den jeweils herrschenden Bedingungen ist<br />

demnach zwingend notwendig, um die Ergebnisse verschiedener Messungen, entsprechend<br />

den festgelegten Regeln nach DIN EN ISO 14253-1 [2] vergleichen zu können.<br />

Lei<strong>der</strong> ist die <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> bei Messungen mit Koordinatenmessgeräten<br />

(KMG) wegen ihrer Universalität und <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Prüfmerkmale nicht einfach. Im<br />

Folgenden wird daher ein <strong>Prüfkörper</strong>, genannt „Multi-Feature Check“ (MFC) beschriebenen, mit<br />

dem man unter Anwendung des in <strong>der</strong> VDI/VDE 2617-8 [1] dargestellten prüfkörper-basierten<br />

Verfahrens als Anwen<strong>der</strong> exemplarisch realitätsnahe <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en vergleichsweise<br />

einfach ermitteln kann. Darüber hinaus werden weitere Anwendungsmöglichkeiten des MFC<br />

vorgestellt, die den Einfluss unterschiedlichster Messstrategien auf das Messergebnis und den<br />

Einsatz des MFC für die Überwachung von KMG an verschiedensten Form-, Maß und Lage<br />

Prüfmerkmalen, aufzeigen.


2. <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> von Koordinatenmessungen mit <strong>Prüfkörper</strong>n<br />

Seit einigen Jahren werden <strong>Prüfkörper</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> von<br />

Koordinatenmessungen eingesetzt. <strong>Prüfkörper</strong> sind dabei reale, aber kalibrierte Werkstücke<br />

o<strong>der</strong> dem Werkstück ähnliche kalibrierte Referenzwerkstücke. Mit solch einem kalibrierten<br />

Werkstück kann <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> experimentell die Unsicher<strong>heit</strong> von Prüfmerkmalen relativ einfach<br />

ermitteln. Die Methode, die in <strong>der</strong> Richtlinie VD/VDE 2617 Blatt 8 [1] beschrieben ist, zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass die Erfassung <strong>der</strong> einzelnen Unsicher<strong>heit</strong>seinflüsse und <strong>der</strong>en<br />

Wechselwirkung untereinan<strong>der</strong> durch Messungen erfolgt. Hierbei wird das kalibrierte Werkstück<br />

mehrfach gemessen und daraus die <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> für die einzelnen Prüfmerkmale ermittelt.<br />

Für Anwen<strong>der</strong> mit einem sehr eingeschränkten Teilespektrum ist die Verwendung eines kalibrierten<br />

Produktionsteils eine gangbare und sichere Methode <strong>zur</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>.<br />

Gleiche Größe <strong>der</strong> Geometrieelemente, gleicher Werkstoff und gleiche Oberflächenstruktur<br />

sowie identische Taster, Spannmittel und Messstrategie sind optimale Voraussetzungen für<br />

diese experimentelle Methode.<br />

Für Anwen<strong>der</strong> mit einem großen Teilespektrum ist diese Methode allerdings logistisch und<br />

wirtschaftlich sehr aufwendig, da für jedes Werkstück mit seinen spezifischen Prüfmerkmalen<br />

ein kalibriertes Referenzteil existieren sollte. Die Frage ist also, ob <strong>Prüfkörper</strong> existieren, mit denen<br />

man exemplarisch Prüfmerkmal bezogene <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en ermitteln kann, ohne dass<br />

man eine Vielzahl von kalibrierten Werkstücken vorhalten muss.<br />

2.1 <strong>Prüfkörper</strong> für Koordinatenmessgeräte<br />

<strong>Prüfkörper</strong> werden seit langem für die Überprüfung von KMG verwendet. So werden bei <strong>der</strong> Annahmeprüfung<br />

und Überwachung eines KMG standardisierte Normale wie z.B. Parallelendmaße,<br />

Stufenendmaße o<strong>der</strong> Kugelplatten (Bild 1) eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, ob das<br />

Antastverhalten und die Geometrieabweichungen des KMG innerhalb vereinbarter Grenzwerte<br />

liegen. Diesen <strong>Prüfkörper</strong>n ist gemein, dass sie mit realen Werkstücken recht wenig zu tun haben.<br />

Sie eignen sich also wenn überhaupt nur sehr eingeschränkt zum Einsatz bei <strong>der</strong> <strong>Ermittlung</strong><br />

von Prüfmerkmal bezogenen <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en.<br />

Bild 1: <strong>Prüfkörper</strong> für die Annahmeprüfung und Überwachung von KMG (Quelle: KOBA)


Kombinierte <strong>Prüfkörper</strong>, wie z.B. <strong>der</strong> „KMG-Check“ (Bild 2), bestückt mit Ringen, Dornen, Kugel<br />

und Parallelendmaßen sind ein Schritt in Richtung „Werkstück-Ähnlichkeit“.<br />

Bild 2:<br />

<strong>Prüfkörper</strong> „KMG-Check“ (Quelle: Carl Zeiss)<br />

Derartige <strong>Prüfkörper</strong> bieten gegenüber den standardisierten Normalen eine größere Vielfalt von<br />

einzelnen Geometrieelementen und <strong>der</strong>en Orientierung. Prüfmerkmale, die aus Verknüpfungen<br />

von mehreren Messergebnissen berechnet werden, wie z.B. Koaxialität, Parallelität, Symmetrie<br />

etc., können mit diesen „kombinierten <strong>Prüfkörper</strong>n“ aber nicht abgebildet werden. Sie decken<br />

also auch nur einen Teil <strong>der</strong> an realen Werkstücken vorkommenden Prüfmerkmale ab.<br />

Wie sollte also ein <strong>Prüfkörper</strong> aussehen, <strong>der</strong> <strong>zur</strong> <strong>exemplarischen</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong><br />

prüfmerkmalbezogenen <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> eingesetzt werden kann?<br />

2.2 Anfor<strong>der</strong>ungen an einen universellen <strong>Prüfkörper</strong><br />

Für Anwen<strong>der</strong> mit einem größeren Teilespektrum eignen sich die vorhandenen <strong>Prüfkörper</strong> nur<br />

sehr bedingt. Diese Anwen<strong>der</strong> sind an einem <strong>Prüfkörper</strong> interessiert, <strong>der</strong> sehr viele unterschiedliche<br />

Prüfmerkmale nachbildet und sich so für die <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> für eine<br />

große Anzahl von Messaufgaben mit den unterschiedlichsten Prüfmerkmalen unter<br />

realitätsnahen Bedingungen einsetzen lässt. Damit sich die an einem <strong>der</strong>artigen <strong>Prüfkörper</strong><br />

ermittelten <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en auf reale Werkstücke übertragen lassen, sollten die das<br />

Prüfmerkmal bildenden Geometrieelemente in Größe und relativer Anordnung den Geometrieelementen<br />

an den Werkstücken entsprechen.<br />

Der neue <strong>Prüfkörper</strong> sollte also<br />

• kalibriert und damit rückgeführt auf nationale Normale sein<br />

• sehr viele unterschiedliche Prüfmerkmale aufweisen,<br />

• aus werkstückgleichem o<strong>der</strong> -ähnlichem Material hergestellt sein,<br />

• gleiche o<strong>der</strong> ähnliche Oberflächenbeschaffen<strong>heit</strong> wie das zu beurteilende Werkstücke haben


3. Der universelle <strong>Prüfkörper</strong> „Multi-Feature Check“<br />

Ein <strong>Prüfkörper</strong>, <strong>der</strong> die angeführten Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllt, ist <strong>der</strong> so genannte Multi-Feature<br />

Check (MFC) (Bild 3). Dieser besteht aus einem zylindrischen Grundkörper, <strong>der</strong> mit verschiedenen<br />

Geometrieelementen versehen ist (Bild 4), wie sie an typischen Werkstücken mittlerer<br />

Größe vorkommen:<br />

• zylindrische Bohrungen mit unterschiedlichen Durchmessern und Tiefen<br />

• ein Lochkreis<br />

• jeweils ein Kegel mit großem und kleinem Öffnungswinkel<br />

• drei ebene Flächen, von denen eine schräg verläuft<br />

• Absatz- und Stirnflächen<br />

• die zylindrische Oberfläche des Grundkörpers<br />

Bild 3 und 4: Der <strong>Prüfkörper</strong> „MFC“ und seine Geometrieelemente (Quelle: eumetron)<br />

Die Geometrieelemente werden mit allgemein üblichen Fertigungsverfahren erzeugt. Deren<br />

Oberflächen entsprechen somit denen von Werkstücken. Das Material des <strong>Prüfkörper</strong>s ist in<br />

diesem Beispiel Aluminium. Seine Oberfläche ist für ein besseres Verschleißverhalten gehärtet.<br />

Die Kalibrierung des MFC wird in einem DKD-Kalibrierlabor durchgeführt, das für die Messung<br />

von prismatischen Werkstücken nach <strong>der</strong> PTB-Methode des „Virtuellen KMG“ akkreditiert ist.<br />

Abhängig vom Teilespektrum des Anwen<strong>der</strong>s können z. B. die folgenden Prüfmerkmale des<br />

universellen <strong>Prüfkörper</strong>s <strong>zur</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> entsprechenden <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en ausgewählt<br />

werden:<br />

• Gerad<strong>heit</strong>, Eben<strong>heit</strong>, Rund<strong>heit</strong>, Zylin<strong>der</strong>form<br />

• Durchmesser, Länge, Winkel<br />

• Parallelität, Rechtwinkligkeit, Neigung, Position, Konzentrizität, Koaxialität, Symmetrie<br />

• Rundlauf, Planlauf, Gesamtrundlauf, Gesamtplanlauf<br />

Die Prüfmerkmale Zylin<strong>der</strong>form (Bild 5), Durchmesser (Bild 6), Länge (Bild 6) und Koaxialität<br />

(Bild 7) sind nachfolgend als Beispiele dargestellt.


Formabweichungen<br />

Bild 5: Beispiel Zylin<strong>der</strong>form aus 5 Kreisschnitten und 4 Mantellinien<br />

Maßabweichungen<br />

L<br />

Ø<br />

Bild 6: Beispiel Durchmesser aus 5 Kreisschnitten und 4 Mantellinien<br />

Länge zwischen 2 Stirnflächen mit jeweils 2 Kreisbahnen<br />

Lageabweichungen<br />

A<br />

B<br />

Bild 7: Beispiel Koaxialität Zylin<strong>der</strong> mit 5 Kreisschnitten <strong>zur</strong> Basis A mit 2 nahen Kreisschnitten<br />

Koaxialität Zylin<strong>der</strong> mit 5 Kreisschnitten <strong>zur</strong> Basis B mit 2 entfernten Kreisschnitten


4. Anwendungen des universellen <strong>Prüfkörper</strong>s MFC<br />

Anwen<strong>der</strong>n steht jetzt mit dem MFC ein <strong>Prüfkörper</strong> <strong>zur</strong> Verfügung, mit dem sie mit Hilfe des<br />

unten näher beschriebenen experimentellen Verfahrens die <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> und die daraus<br />

resultierende Prüfprozesseignung für viele ihrer Messaufgaben realitätsnah ermitteln können.<br />

Dabei muss man beachten, dass die Ergebnisse umso besser auf die tatsächlichen Werkstücke<br />

übertragen werden können, je mehr die Prüfmerkmale des <strong>Prüfkörper</strong>s und <strong>der</strong>en<br />

Kombinationen mit denen des Werkstücks übereinstimmen. In jedem Fall sind die Anwen<strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Lage, ein besseres Gefühl für erreichbare <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en zu bekommen und<br />

exemplarisch <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en für typische Prüfmerkmale und Prüfmerkmalsgruppen zu<br />

ermitteln. Damit können Aussagen über die Eignung vorhandener o<strong>der</strong> zu beschaffen<strong>der</strong> KMG<br />

für die in Frage stehenden Messaufgaben getroffen werden.<br />

Der MFC wird <strong>der</strong>zeit schon für Vergleichsmessungen innerhalb von Unternehmen und bei<br />

Akkreditierungen durch den Deutschen Kalibrierdienst (DKD) eingesetzt.<br />

Die turnusmäßige Überwachung mit dem MFC gibt dem Anwen<strong>der</strong> an vielfältigsten<br />

Prüfmerkmalen die Sicher<strong>heit</strong> für richtige und zuverlässige Messergebnisse.<br />

Der MFC eignet sich auch <strong>zur</strong> Optimierung von Messstrategien, wozu neben <strong>der</strong> Anzahl und<br />

Variation <strong>der</strong> Messpunkte auch die Optimierung von Tastersystemen gehört.<br />

Im Folgenden werden einige Anwendungen näher beschrieben.<br />

4.1 <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> Prüfprozesseignung<br />

Die Prüfprozesseignung dient <strong>zur</strong> Qualifizierung eines Prüfprozesses und schreibt durch die DIN<br />

EN ISO 9001:2000 [3] die Vorgehensweise bei <strong>der</strong> Benutzung <strong>der</strong> Prüfmittel vor, was beinhaltet,<br />

dass die <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> bekannt ist und mit den entsprechenden For<strong>der</strong>ungen übereinstimmt.<br />

Die Prüfprozesseignung beschreibt somit die Eignung eines Prüfprozesses für ein bestimmtes<br />

Prüfmerkmal. Sie ist sehr eng mit <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> verbunden, gibt sie doch das Verhältnis<br />

<strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> U <strong>zur</strong> Toleranz T des Prüfmerkmals an, das unter Einbeziehung<br />

sämtlicher Faktoren <strong>der</strong> Messung, also den Einsatz des KMG unter den möglichen<br />

Betriebsbedingungen, gilt.<br />

Die Prüfprozesseignung ergibt sich damit zu<br />

g pp = U/T für einseitige Toleranzen und<br />

g pp = 2 U/T für zweiseitige Toleranzen.<br />

Der ermittelte Grenzwert g pp sollte kleiner als <strong>der</strong> festgelegte Grenzwert G PP für die<br />

Prüfprozesseignung sein.<br />

g pp ≤ G pp (0,2 ≤ G pp ≤ 0,4)<br />

Der empfohlene Grenzwert G pp <strong>der</strong> Prüfprozesseignung wird in <strong>der</strong> Praxis von den<br />

Toleranzklassen des Passungssystems nach DIN ISO286 T1 [4] abgeleitet und liegt in <strong>der</strong><br />

Regel zwischen 0,2 und 0,4.


Zur <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> werden nun im ersten Schritt die zu untersuchenden<br />

Prüfmerkmale des kalibrierten <strong>Prüfkörper</strong>s mindestens 20 Mal gemessen.<br />

Dabei sollte sicher gestellt sein, dass alle Einflüsse, wie sie z.B. durch Aufspannung,<br />

Messstrategie und Temperatur beim normalen Messvorgang des Werkstückes auftreten, auch<br />

bei dem experimentellen Verfahren erfasst werden.<br />

Die <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> Prüfprozesseignung wird für jedes Prüfmerkmal durchgeführt.<br />

Die erweiterte <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> U ist für jedes Prüfmerkmal dem Kalibrierschein des MFC zu<br />

entnehmen und man erhält durch Division mit dem Erweiterungsfaktor k = 2 die Standardunsicher<strong>heit</strong><br />

<strong>der</strong> Kalibrierung u k.<br />

Auf Basis <strong>der</strong> durchgeführten 20 Messungen wird die Standardunsicher<strong>heit</strong> u p für jedes<br />

Prüfmerkmal berechnet.<br />

Aus <strong>der</strong> Differenz zwischen dem kalibrierten Messwert und den Mittelwert des gemessenen<br />

Prüfmerkmals lässt sich die systematische Abweichung b ermitteln.<br />

Die resultierende <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> für jedes Prüfmerkmal ergibt sich schließlich aus<br />

U = k x u 2 2 2<br />

+ u p<br />

+ u +<br />

w b<br />

2<br />

k<br />

mit k = 2 (Vertrauensbereich von 95%)<br />

Dabei kann mit <strong>der</strong> Standardunsicher<strong>heit</strong> u w <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> werkstoffbedingten Eigenschaften<br />

abgeschätzt werden.<br />

Die folgende Übersicht (Tabelle 1) zeigt an einigen ausgewählten Prüfmerkmalen den<br />

ermittelten Messwert mit <strong>der</strong> zugeordneten <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> nach <strong>der</strong> beschriebenen<br />

experimentellen Methode im Vergleich mit dem kalibrierten Messwert und <strong>der</strong> zugeordneten<br />

Kalibrierunsicher<strong>heit</strong> <strong>der</strong> Prüfmerkmale, die mit dem Verfahren „Virtuelles MKG“ ermittelt<br />

wurden. Die experimentell ermittelte <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong> muss größer sein, als die bereits ím<br />

Verfahren berücksichtigte Unsicher<strong>heit</strong> <strong>der</strong> Kalibrierung.<br />

Die Messreihe wurde mit einem sehr guten KMG unter stabilen Umgebungsbedingungen<br />

durchgeführt.<br />

Prüfmerkmal<br />

Messwert<br />

Kalibrierung<br />

[mm]<br />

Unsicher<strong>heit</strong><br />

Kalibrierung<br />

[mm]<br />

Mittelwert<br />

Prüfprozesseignung<br />

[mm]<br />

Unsicher<strong>heit</strong><br />

Prüfprozesseignung<br />

[mm]<br />

Zylin<strong>der</strong>form 0,0115 0,0028 0,0127 0,0056<br />

Durchmesser 100,0245 0,0008 100,0252 0,0022<br />

Länge 200,0290 0,0009 200,0302 0,0026<br />

Koaxialität große Basis 0,0137 0,0032 0,0151 0,0061<br />

Koaxialität kleine Basis 0,0168 0,0088 0,0198 0,0128<br />

Tabelle 1: Vergleich von Ergebnissen <strong>der</strong> Kalibrierung mit <strong>der</strong> Prüfprozesseignung


4.2 Einfluss <strong>der</strong> Messstrategie<br />

Der MFC eignet sich auch <strong>zur</strong> Optimierung von Messstrategien, wozu neben <strong>der</strong> Anzahl und<br />

Variation <strong>der</strong> Messpunkte auch die Optimierung von Tastersystemen gehört.<br />

An ausgewählten Prüfmerkmalen wird <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Messpunktzahl dargestellt. Es wird die<br />

Abweichung vom kalibrierten Wert mit reduzierten Punktzahlen für die Prüfmerkmale<br />

Zylin<strong>der</strong>form und Durchmesser (Bild 8), Länge (Bild 9) und Koaxialität mit kleiner und großer<br />

Basis (Bild 10) grafisch dargestellt. Der kalibrierte Wert ist jeweils <strong>der</strong> angegebene Wert mit <strong>der</strong><br />

höchsten Punktzahl. Die Ergebnisse zeigen, dass sich ab einer bestimmten Messpunktzahl<br />

(abhängig von <strong>der</strong> Formabweichung <strong>der</strong> Geometrieelemente), die Abweichungen nur noch<br />

wenig än<strong>der</strong>n und eine größere Punktzahl, beson<strong>der</strong>s für KMG mit schaltenden Tastsystemen,<br />

wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.<br />

Abw. [µm]<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Abweichung<br />

Zylin<strong>der</strong>form<br />

Abweichung<br />

Durchmesser<br />

36 72 120 240 420 840 1680 Anzahl Antastpunkte<br />

Bild 8: Variation <strong>der</strong> Messpunktzahlen bei Zylin<strong>der</strong>form und Durchmesser<br />

Abw. [µm]<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

Abweichung<br />

Länge<br />

8 16 32 64 120 240 480 Anzahl Antastpunkte<br />

Bild 9: Variation <strong>der</strong> Messpunktzahlen bei Längenmessungen<br />

Abw. [µm]<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Abw. Koax.<br />

kleine Basis<br />

Abw. Koax.<br />

große Basis<br />

8 16 32 64 120 240 480 Anzahl Antastpunkte<br />

Bild 10: Variation <strong>der</strong> Messpunktzahlen bei Messung <strong>der</strong> Koaxialität mit kleiner und großer Basis


4.3 Überwachung von KMG<br />

Zusätzlich <strong>zur</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>der</strong> Antast- und Längenmessabweichung mit standardisierten<br />

Normalen, kann die Überwachung des KMG durch den Anwen<strong>der</strong> an ausgewählten<br />

Prüfmerkmalen des MFC erfolgen. Der Anwen<strong>der</strong> legt dabei für jedes Prüfmerkmal nach<br />

eigenen Erfahrungen einen Grenzwert fest. Die Kalibrierunsicher<strong>heit</strong> des MFC ist im Grenzwert<br />

bereits berücksichtigt und wird <strong>zur</strong> Information in <strong>der</strong> grafischen Darstellung mit angegeben.<br />

Man sieht in <strong>der</strong> sehr übersichtlichen Auswertung des Automobilherstellers BMW, dass nur das<br />

kritische Prüfmerkmal, Kegelwinkel mit einer sehr kurzen Basis, den Grenzwert überschreitet.<br />

Bild: 10 Auswertung <strong>der</strong> Überwachung mit dem MFC (Quelle: BMW München)


5. Schluss und Ausblick<br />

Der <strong>Prüfkörper</strong> MFC besitzt verschiedenste Geometrieelemente in unterschiedlicher<br />

Dimensionierung und Anordnung, so dass nahezu alle Messaufgaben <strong>der</strong> Form-, Maß und<br />

Lagetolerierung abgebildet werden. Der MFC ist daher für viele Anwendungen einsetzbar.<br />

Wird mit dem MFC die Prüfprozesseignung ermittelt, Vergleichsmessungen bzw. Überwachung<br />

von KMG durchgeführt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Messstrategie auf das Messergebnis ermittelt,<br />

immer geht es darum mit dem MFC die Leistungsfähigkeit eines KMG an bestimmten<br />

Prüfmerkmalen nachzuweisen, wie es in <strong>der</strong> Praxis für Werkstücke gefor<strong>der</strong>t wird.<br />

In vielen Fällen entspricht <strong>der</strong> MFC in seiner Dimensionierung und Anordnung <strong>der</strong><br />

Geometrieelemente nicht genau <strong>der</strong> Aufgabenstellung des Werkstücks, in jedem Fall sind die<br />

Anwen<strong>der</strong> aber in <strong>der</strong> Lage, ein besseres Gefühl für erreichbare <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en zu<br />

bekommen und exemplarisch <strong>Messunsicher</strong><strong>heit</strong>en für typische Prüfmerkmale und<br />

Prüfmerkmalsgruppen zu ermitteln.<br />

Verschiedene Größen und Werkstoffe des MFC mit unterschiedlichen Anordnungen <strong>der</strong> Geometrieelemente<br />

können auf Kundenwunsch realisiert werden. So wurden bereits MFC im Verhältnis<br />

1: 2 für die Anwendung bei kleineren KMG hergestellt.<br />

An<strong>der</strong>e Materialien sind denkbar und wahrscheinlich höchst wünschenswert. Die PTB plant für<br />

analytische Aufgaben und Vergleichsmessungen einen MFC aus <strong>der</strong> Glaskeramik ZERODUR®.<br />

Materialien, wie Kunststoff, Stahl sind ebenfalls denkbar und würden sehr realitätsnahe<br />

Ergebnisse liefern. Aufgrund des sehr unterschiedlichen Antastverhaltens und <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten,<br />

notwendigen Stabilität müssen dazu jedoch noch Untersuchungen durchgeführt werden.<br />

Wir werden bei <strong>der</strong> Einführung und Weiterentwicklung <strong>der</strong> <strong>Prüfkörper</strong> aktiv mit unseren Anwen<strong>der</strong>n<br />

in Kontakt bleiben und sind dankbar für konstruktive Resonanz.<br />

8. Literatur<br />

[1] VDI/VDE 2617-8: Genauigkeit von Koordinatenmessgeräten Kenngrößen und <strong>der</strong>en<br />

Prüfung. Blatt 8: Prüfprozesseignung von Messungen mit Koordinatenmessgeräten<br />

[2] DIN EN ISO 14253-1: Prüfung von Werkstücken und Messgeräten durch Messen.<br />

Teil1: Entscheidungsregeln für die Feststellung von Übereinstimmung und<br />

Nichtübereinstimmung mit Spezifikationen<br />

[3] DIN EN ISO 9001:2000: Anfor<strong>der</strong>ungen an Qualitätsmanagementsysteme<br />

[4] DIN ISO 286 T1: ISO-System für Grenzmaße und Passungen; Grundlagen für Toleranzen,<br />

Abmaße und Passungen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!