Juni bis August 2013 - Evangelische Kirchengemeinde Owen
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Anstoß<br />
Liebe <strong>Owen</strong>er,<br />
Die Sonne steht aufrecht am Himmel und scheint gnadenlos. Alles ist ausgedörrt: Bäume, Weiden, Felder<br />
und Wasserläufe. Die gesamte Landschaft kleidet sich in eintönigem Braun. Rinder und Esel laufen<br />
frei herum und stillen den Hunger an trockenen Ästen oder der Rinde von stachligem Gestrüpp. Sechs<br />
Millionen Nutztiere sind insgesamt verdurstet. Rinderleichen säumen den Straßenrand. Man spricht von<br />
der schwersten Trockenheit der letzten 30 Jahre im Sertão von Brasilien.<br />
Während im Sertão erbarmungslos die Sonne scheint und alle Regen herbeisehnen, klagen wir in<br />
Deutschland über einen besonders langen, nassen und grauen Winter bzw. Frühling. Die extreme Wetterlage<br />
im Sertão wie in Deutschland macht das Leben schwer. Auch in anderen Lebensbereichen sind<br />
wir immer extremeren Verhältnissen ausgesetzt. Armutszuwanderung aus Südeuropa, massiver Alkoholkonsum<br />
unter Jugendlichen, Gewaltbereitschaft und Anstieg der Kriminalität, Burnout durch Überarbeitung,<br />
Verlust von Privatsphäre, Einsamkeit trotz global vernetzter Welt, immer häufigere Beziehungsbrüche<br />
in Ehe und Familie.<br />
Wir sehnen uns nach „normalen“ Verhältnissen, ohne extreme Wetterkapriolen. Wir suchen Halt in Job,<br />
„Häusle“, Familie und Hobby. Doch Eurokrise, Immobilien- bzw. Börsenblase, Arbeitslosigkeit, Beziehungsbrüche<br />
und Krankheit reißen auch diese Zufluchtsorte immer häufiger ein. Andere klammern sich<br />
an wissenschaftliche Rationalität oder suchen spirituelle Erleuchtung in der Esoterik. Öfters werden wir<br />
gefragt, wie wir als Familie mit den vielen Unsicherheiten und Herausforderungen der Arbeit im Sertão<br />
zurechtkommen. Gibt es überhaupt einen Halt, der bei den heute immer extremeren Bedingungen trägt?<br />
Wir haben eine Aussage in der Bibel gefunden, die ausdrückt, wie wir es erleben: „Wer unter dem Schirm<br />
des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht<br />
und meine Burg, mein Gott auf den ich hoffe“ (Psalm 91,1-2).<br />
In freudiger Erwartung auf viele alte und neue Begegnungen und interessante Gespräche während unserem<br />
einjährigen Aufenthalt in <strong>Owen</strong>.<br />
Ihr Thomaz Litz