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Juni bis August 2013 - Evangelische Kirchengemeinde Owen

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Familie Litz<br />

INFORMATIONEN zu unserem Arbeitsgebiet Sertão: die Hoffnung auf Systemwechsel<br />

Der brasilianische Sertão im Nordosten Brasiliens hat eine Fläche von 950.000 km² und ist damit mehr als 2,5 mal so<br />

groß wie Deutschland. In der halbwüstenartigen Landschaft fällt neun Monate lang kein Regen. Die Niederschläge<br />

konzentrieren sich auf die Monate Februar und März und liegen meist unter 300 mm jährlich. Auf den trockenen<br />

Böden wird extensive Rinderwirtschaft betrieben, wobei nur ein Rind pro 10 ha gehalten werden kann. Außerdem<br />

gibt es Kurzhaarschafe, Schweine und Hühner. Ackerbau ist während den Regenfällen in Quellgebieten, feuchteren<br />

Tälern und einigen Bergregionen möglich.<br />

Die gesamte Bevölkerung im Sertão wird durch feudale Sozialstrukturen<br />

geprägt. Einige wenige Familien, meist direkte Nachkommen der portugiesischen<br />

Kolonialherren, teilen das Ackerland und große Teile der Steppe<br />

unter sich auf. Während der kurzen Regenzeit wird das Land an kleine Bauern<br />

verpachtet. Die Hälfte, manchmal sogar zwei Drittel der gesamten Ernte<br />

fordert der Großgrundbesitzer für die Nutzung des Landes zurück. Natürlich<br />

trägt der Bauer bei Ernteausfall das volle Risiko.<br />

Großgrundbesitz und Pachtsystem führen auch zu einem Bildungsmonopol.<br />

Nur reiche Familien können die Ausbildung ihrer Kinder an den Schulen und<br />

Universitäten in den entfernten und teuren Großstädten finanzieren. Das<br />

Thomaz predigt bei einem Straßengottesdienst<br />

führt wiederum zu einem Machtmonopol. In vielen kleinen Städten kontrolliert<br />

eine Familie das gesamte politische und wirtschaftliche Szenario: Bürgermeister, Stadträte, Polizeichef,<br />

Staatsanwalt, Richter, Vorsitzender der Handelskammer, Schuldirektor, Lehrer und Ärzte stammen aus ein und<br />

derselben Familie.<br />

Diese starke Interessengemeinschaft ohne externe Kontrolle führt zu Korruption. So gibt es im Sertão in der Praxis<br />

keine freien demokratischen Wahlen. Im Vorfeld der Wahlen wird jeder Wähler von der führenden Familie aufgefordert,<br />

an der Hauswand ein Poster vom „richtigen“ Politiker zu befestigen. Wer diesem Befehl nicht folgt, dem droht<br />

Besuch eines Schlägertrupps. Untermauert wird diese vorgezogene öffentliche Stimmabgabe mit Geldgeschenken<br />

(im Schnitt zwischen 40 und 200 €) und Versprechen von Ämtern in der Stadtverwaltung. Sind die Wahlen vorbei,<br />

regiert der neue Amtsinhaber (meist Bruder, Sohn oder Schwager des früheren Bürgermeisters) ausschließlich im<br />

Interesse der eigenen Wähler.

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