Liebe FW im FSJ- im Ausland, - ijgd
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Zwischenbericht 2012<br />
IJFD / <strong>FSJ</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> 2012/13<br />
Einsatzstelle: Misericordia Sinalunga<br />
Bevor ich zum Vorbereitungsseminar gefahren bin, schien mir der Freiwilligendienst<br />
noch in weiter Ferne zu liegen. Ich freute mich auf die vor mir liegende Zeit und die<br />
neue Situation, ohne mich jedoch wirklich mit dieser auseinanderzusetzen. Erst als<br />
ich <strong>im</strong> Zug nach Berlin saß, wurde ich ein wenig nervös. Schließlich ist es doch ein<br />
großer Schritt aus dem Elternhaus mit geregeltem Schulalltag in ein fremdes Land<br />
gemeinsam mit Leuten, die man nur von Facebookprofilen kennt. Trotzdem war ich<br />
hochmotiviert, endlich etwas ganz Neues zu probieren und eine andere Kultur kennenzulernen.<br />
Als wir schließlich in Waldsieversdorf ankamen, verflogen auch die letzten<br />
Zweifel, als ich merkte, dass es den meisten genauso ging wie mir. Ich fand mich<br />
in einer Gruppe sympathischer junger Menschen wieder, in der ich mich von Anfang<br />
an wohlfühlte. Während des Seminars standen für mich weniger die Informationen an<br />
sich <strong>im</strong> Vordergrund, sondern vielmehr das andauernde Gefühl, nicht allein und Teil<br />
einer großartigen Gemeinschaft zu sein. Die einzelnen Themenbereiche wurden anschaulich<br />
vermittelt und ich hatte sehr viel Spaß. Ein bisschen schade war, dass<br />
nicht alle aus meiner Einsatzstelle in einer Seminargruppe waren, sodass man nur<br />
abends die Gelegenheit hatte, sich kennenzulernen. Am liebsten wäre ich direkt aus<br />
Waldsieversdorf nach Italien gefahren, da mich die Woche zu Hause noch einmal<br />
daran erinnert hatte, was ich alles hinter mir lassen musste. Trotzdem war ich sehr<br />
froh, als es endlich losging, auch wenn der Abschied schwerfiel.<br />
Übermüdet von 26 Stunden Zugfahrt wurden ein Mitfreiwilliger und ich schließlich<br />
nach einem chaotischen Telefongespräch von 2 Männern in äußerst seltsamen Uniformen<br />
abgeholt. Einer der beiden versuchte kontinuierlich mit uns zu reden, jedoch<br />
klappte die Verständigung anfangs schlechter als erhofft (aber was haben wir auch<br />
nach ein paar Stunden Crashkurs erwartet?). Später stellte sich heraus, dass von<br />
einem pensioniert Professor gesprochen wurde, der Freiwilliger bei der Misericordia<br />
ist und uns Italienischunterricht gibt (beliebte Themen hierbei: Frauen und Frauen).<br />
In unserer neuen He<strong>im</strong>at angekommen erhielten auch wir unsere Prachtexemplare<br />
der äußerst seltsamen Uniformen. Abends wurden wir von allen Mitarbeitern und<br />
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IJFD / <strong>FSJ</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> 2012/13<br />
Freiwilligen empfangen und es gab, wie könnte es anders sein, Pizza und Pasta.<br />
Schnell wurden wir integriert und sehr gut aufgenommen. Außerdem durften wir unseren<br />
ersten Sonnenuntergang von der Terrasse bestaunen.<br />
Hier ein Eindruck davon:<br />
Unsere Hauptaufgabe in der Misericordia besteht darin, Patienten hinten in der Ambulanz<br />
zu begleiten oder alleine <strong>im</strong> Fiat Panda, Doblo oder Kleinbus ins Krankenhaus<br />
zu fahren. Angeleitet wurden wir von verschiedenen Freiwilligen, die uns bei<br />
regelmäßigen Fahrten (zum Beispiel Dialysepatienten) die Straßen zeigten oder uns<br />
in die Bedienung der Ambulanz einwiesen. Die Einweisung verlief sehr angenehm<br />
und unproblematisch, da nahezu alle Mitarbeiter der Misericordia sehr nett und hilfsbereit,<br />
wenn auch manchmal ein wenig desorientiert sind. Schon bald erledigten wir<br />
regelmäßige Fahrten alleine und bekamen auch bei der Fahrbegleitung <strong>im</strong>mer mehr<br />
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IJFD / <strong>FSJ</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> 2012/13<br />
Routine. Wir hatten das große Glück, dass während unserer ersten Woche hier ein<br />
ehemaliger Freiwilliger hier zu Besuch war, der uns helfen konnte, wenn wir etwas<br />
nicht verstanden hatten, was uns den Start erleichterte. Außerdem stellte er uns Italienern<br />
außerhalb der Misericordia vor, sodass wir schnell erste Kontakte knüpften.<br />
Mittlerweile werden uns auch Fahrten zugetraut, bei denen wir die Straßen nicht<br />
kennen, was jedoch kein Problem darstellt, da in den Dörfern jeder jeden kennt und<br />
die Italiener <strong>im</strong> Großen und Ganzen sehr hilfsbereit sind (sogar zu uns "tedeschi").<br />
Die Arbeit ist abwechslungsreicher und macht mir mehr Spaß, als ich anfangs gedacht<br />
habe. Besonders die regelmäßigen Patienten mit ihren individuellen Macken<br />
habe ich alle sehr lieb gewonnen und es gibt kaum Fahrten, die ich ungern mache.<br />
Sei es das krebskranke Mädchen, das mir arabisch beibringt, der ältere Herr, der nur<br />
Frauen <strong>im</strong> Kopf hat und sich zum Kartenspielen in eine Bar fahren lässt oder der kettenrauchende<br />
Dialysepatient mit dem Metallbein: Alle sind sehr liebenswürdig und<br />
dankbar. Unsere Arbeitszeiten sind sehr variabel, weil patientenabhängig und Landschaft,<br />
sowie urbane Kultur, die man während der Fahrten sieht, sind sowieso über<br />
jeden Zweifel erhaben. Auch die Sprache beherrschen wir inzwischen so gut, dass<br />
wir fast alles verstehen und sagen können. Mit den meisten Mitarbeitern hier verstehen<br />
wir uns sehr gut, obwohl auch sie ihre individuellen Macken haben. Viele von<br />
ihnen sind italienische Urgesteine, die sich genauso verhalten, wie man es erwartet<br />
(Sie essen Pasta, sind laut und <strong>im</strong>pulsiv).<br />
Untergebracht sind wir <strong>im</strong> Hauptgebäude der Misericordia, jeweils zu zweit in einem<br />
Z<strong>im</strong>mer. Zeitweise vermisse ich ein wenig Freiraum, da sowohl Musik hören, als<br />
auch machen nicht so möglich ist, wie ich es mir manchmal wünschen würde.<br />
In eine sehr unangenehme Situation bin ich einmal geraten, als einer von uns eine<br />
Fahrt vergessen hat. Ich musste die Erfahrung machen, dass wir zumindest in den<br />
Köpfen der Chefetage keine Individuen, sondern "die Deutschen" sind. Da ich zu diesem<br />
Zeitpunkt am besten italienisch konnte, musste ich alleine zum Chef und die<br />
gesamte Schuld (auch für verschiedene andere Sachen) auf mich nehmen. Ich habe<br />
das am nächsten Tag noch einmal angesprochen und es war wieder alles in Ordnung,<br />
als wäre nichts gewesen. Zwar war die Situation sehr unangenehm für mich,<br />
jedoch habe ich auch gelernt, dass die Menschen hier nicht nachtragend sind.<br />
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IJFD / <strong>FSJ</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> 2012/13<br />
Zu meinen persönlichen Highlights zählen auf jeden Fall die Reisen, die wir gemeinsam<br />
unternommen haben. Wir haben das große Glück, die Autos der Misericordia<br />
nahezu <strong>im</strong>mer für private Fahrten nutzen zu dürfen. Dadurch haben wir schon unglaublich<br />
viel von der Toskana gesehen. Die Städte und die Landschaft können mich<br />
<strong>im</strong>mer wieder begeistern und es ist schier unglaublich, wie in manchen Dörfern die<br />
Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Unter anderem waren wir schon in Siena, Montepulciano,<br />
Perugia, Rom, Arrezo und haben uns von den Sehenswürdigkeiten beeindrucken<br />
lassen.<br />
Außerdem hören wir regelmäßig Livekonzerte in einem nahe gelegenem Pub, was<br />
<strong>im</strong>mer wieder überraschend und interessant ist.<br />
Ich freue mich sehr auf die vor mir liegende Zeit und bin gespannt, was es hier noch<br />
alles zu sehen gibt. Bis jetzt fühle ich mich unglaublich wohl und hoffe, dass sich das<br />
in Zukunft auch nicht ändert. Ich habe mir vorgenommen, mich in den nächsten Monaten<br />
auch mit anderen Freiwilligen als "den Römern" zu treffen und einige Einsatzstellen<br />
zu besuchen. Außerdem möchte ich weiterhin kein He<strong>im</strong>weh bekommen und<br />
die Zeit hier genießen.<br />
Derzeit werden die<br />
letzten Reste der<br />
Überschwemmungen<br />
von den Straßen gepumpt,<br />
denn auch<br />
Sinalunga stand unter<br />
Wasser.<br />
Die Hauptstraße der Unterstadt Sinalungas, nachdem das Schl<strong>im</strong>mste überstanden<br />
war.<br />
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