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MÄRZ 2013<br />
www.bdo.de<br />
SONDERRUNDSCHREIBEN<br />
Die Neuregelung der Besteuerung von Streubesitzdividenden durch<br />
das am 01.03.2013 beschlossene Gesetz zur Umsetzung des EuGH-<br />
Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09<br />
Auswirkungen auf den Aktiengewinn in- und ausländischer Investmentfonds<br />
KONTAKT<br />
<strong>BDO</strong> AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Leonhard-Moll-Bogen 10<br />
81373 München<br />
www.bdo.de<br />
Fachbereich Investmentsteuerrecht<br />
/ Financial Services Tax<br />
Dipl.-Kfm. Christian Ebner<br />
Rechtsanwalt, Steuerberater<br />
Partner<br />
Telefon +49 89 55168-247<br />
christian.ebner@bdo.de<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
der Bundestag hat nach langen Beratungen über den Weg, wie die<br />
Streubesitzdividendenbesteuerung in Deutschland europarechtskonform<br />
auszugestalten sei, der Empfehlung des Vermittlungsausschuss (s. BT-Drucks.<br />
17/12465 vom 26. 2. 2013) am 28. Februar 2013 entsprochen und das bereits am<br />
29. November 2012 vom Bundestag beschlossene, aber nicht vom Bundesrat<br />
angenommene Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in<br />
der Rechtssache C-284/09 (Kommission/Deutschland) mit den empfohlenen<br />
Änderungen angenommen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 01. März 2013<br />
zu. 1 Es tritt demnach wie geplant in Kraft.<br />
1 Bundesrat Drucksache 146/13 (Beschluss).
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 2<br />
1. Hintergrund<br />
Die Steuerfreistellung für Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG galt bisher nur für inländische Kapitalgesellschaften. Bei<br />
Steuerausländern kommt es, auch wenn ein DBA besteht, zu einer Definitivbelastung i. H. v. 15 % infolge der<br />
Abgeltungswirkung nach § 32 Abs. 1 Nr.2 KStG. Dies rief die Europäische Kommission auf den Plan, die gegen<br />
Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Der EuGH entschied mit Urteil vom 20. 10. 2011 (Rs. C-<br />
284/09) 2 , die derzeitige Dividendenbesteuerung in Deutschland verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Auf den<br />
dahinter stehenden Anleger komme es dabei nicht an. Als Vergleichspaar für die Frage, ob situative objektive<br />
Vergleichbarkeit vorläge, seien nur die auf dem vorherigen Level angesiedelten inländische und ausländische<br />
Empfängergesellschaft heranzuziehen.<br />
Das EuGH-Urteil wurde teilweise kritisiert, weil der EuGH beispielsweise die GewSt-Belastung von<br />
Streubesitzdividenden, die nur Steuerinländer betrifft, komplett ausblende. Dies war aber vor dem Hintergrund der<br />
mittlerweile in ständiger Rechtsprechung vom EuGH 3 zwar grundsätzlich als Rechtfertigung anerkannten, aber in den<br />
Quellensteuerfällen i.d.R. negierten Kohärenz, zu erwarten.<br />
Der Gesetzgeber hatte nun im Wesentlichen zwei Handlungsalternativen. Von der ersten machte der ursprüngliche<br />
Koalitionsentwurf 4 Gebrauch, der ein Erstattungsverfahren für ausländische Empfängergesellschaften vorsah, wenn und<br />
soweit der Nachweis gelang, dass eine Anrechnung der deutschen Kapitalertragsteuer in dessen Sitzstaat auf die dortige<br />
Steuer nicht erfolgte. Der Bundesrat versagte die notwendige Zustimmung 5 . Er präferierte stattdessen die andere<br />
denkbare Alternative, zukünftig den Streubesitzdividendenbezug durch Inländer zu belasten, um die Diskriminierung des<br />
Kapitalertragsteuer-Abzugs zu beseitigen. Allerdings wurde erheblich über das Ziel hinaus geschossen und nicht EUGHinduzierte<br />
Verschärfungen dadurch in den Bundesratsentwurf implementiert, dass auch Veräußerungsgewinne aus<br />
Streubesitz vom nationalen Schachtelprivileg des § 8b Abs. 2 KStG ausgenommen werden sollten. Die empfohlene und<br />
vom Bundestag am 28.2.2013 angenommene finale Fassung wählt die „inländerfeindliche“ Bundesratsfassung mit der<br />
begrüßenswerten Modifikation, dass § 8b Abs. 2 KStG und damit die Freistellung von Veräußerungsgewinnen weiterhin<br />
aufrecht beibehalten wird.<br />
2. Wesentlicher Inhalt der neuen Regelungen<br />
Der Kapitalertragsteuerabzug und dessen Abgeltungswirkung bei beschränkt steuerpflichtigen Empfängergesellschaften<br />
werden in ihrer bisherigen Form beibehalten. Streubesitzdividenden verlieren aber -insoweit als Kompensation der<br />
Abgeltungswirkung bei beschränkt steuerpflichtigen Aktionären- für inländische Körperschaften den Freistellungsstatus.<br />
Veräußerungsergebnisse unterliegen indes weiterhin der Befreiung, sodass es bei der außerbilanziellen Kürzung<br />
nach § 8b Abs. 2 KStG bzw., im Verlustfalle bzw. bei Vermögensminderungen, bei der Hinzurechnung nach Absatz 3<br />
bleibt.<br />
Streubesitzdividenden liegen nach § 8b Abs.4 S.1 KStG n.F. bei unmittelbarer Beteiligung vor, wenn die Beteiligung zu<br />
Beginn des Kalenderjahres 10% nicht erreicht (Stichtagsbetrachtung), wobei es auf die Kapital- und nicht die<br />
Stimmrechtsbeteiligung ankommt. Wird unterjährig desinvestiert und die qualifizierende Beteiligung z.B. zum HV-<br />
Termin unterschritten, so bleibt es folglich bei der Befreiung. Satz 3 regelt für Wertpapierleihen, dass die verliehenen<br />
Aktien dem Verleiher, nicht dem Entleiher zuzurechnen sind. Durch kurzfristige Aktienleihgeschäfte über das Kalenderjahresende<br />
vermag eine entleihende Körperschaft die Befreiung also nicht herbei zu führen. Entsprechend der<br />
steuerlichen Transparenz von Mitunternehmerschaften werden über diese mittelbar gehaltenen Aktien dem<br />
Mitunternehmer als unmittelbare Beteiligung zugerechnet. Dies sollte u.E. auch bei doppelstöckigen Mitunternehmerschaften<br />
gelten. Gleiches gilt für den nicht geregelten Fall über vermögensverwaltende (in- oder ausländische)<br />
Personengesellschaften gehaltener Aktien. Aufgrund der sog. Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr.2 AO gilt die<br />
Beteiligung u.E. auch in diesem Fall als eine unmittelbare Beteiligung. Keine derartige unmittelbare Durchschau ist<br />
vorgesehen bei über Investmentfonds gehaltenen Beteiligungen. Hier werden -insoweit aufgrund der für inländische<br />
2 EuGH v. 20.11.2011 -C-284/09, Kommission/Deutschland, IStR 2011, 840 mit Anm. Linn.<br />
3 EFTAGH v. 23. 11. 2004, E-1/04, Fokus Bank ASA, IStR 2005, ISTR Jahr 2005 Seite 55 m. Anm. Boeur; EuGH v. 8. 11. 2007 - C-379/05,<br />
„Amurta“, IStR Jahr 2007, 853 m. Anm. Englisch und Rainer, Rz. 75-84; EuGH v.14.12.2006 - C-170/05, „Denkavit“, DStRE 2007, 289,<br />
EuGH v. 18. 6. 2009 - C-303/07, “Aberdeen Property Fininvest Alpha Oy“, IStR 2009, IStR 2009, 499“; EuGH v. 10. 5. 2012 - verb. Rs. C-<br />
338/11- C-347/11, FIM Santander u. a., IStR 2012, 432 mit Anm. Patzner/Nagler; EuGH v. 25.10.2012 - C 387/11<br />
(Kommission/Belgien).<br />
4 BT-Drs. 17/11314.<br />
5 Bundesrat Drucksache 736/12 (Beschluss).
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 3<br />
Fonds maßgeblichen Rechtsform des Sondervermögens bzw. der Investmentaktiengesellschaft als grundsätzlich<br />
abschirmende Vehikel systemkonform- Sonderregelungen eingeführt.<br />
Wird eine mindestens 10-prozentige Beteiligung unterjährig erworben, so gilt die Stichtagsvoraussetzung als erfüllt.<br />
Fraglich ist, ob eine bereits zu Kalenderjahresbeginn bestehende Streubesitzbeteiligung zu einer qualifizierenden<br />
Beteiligung wird, wenn die hierfür erforderliche Resttranche unterjährig erworben wird. Dem Wortlaut nach wird man<br />
dies verneinen müssen. In Satz 7 wird die sog. „Wegelagerergebühr“, welche bisher nicht abziehbare Betriebsausgaben<br />
i.H.v. 5% vorsah, konsequenterweise abgeschafft.<br />
Unverändert übernommen wird das in der ursprünglichen Fassung schon vorgesehene Erstattungsverfahren für in der<br />
Vergangenheit einbehaltene Kapitalertragsteuer, § 32 Abs.5 KStG n.F. Daher lässt sich die Kritik, die schon bisher<br />
geäußert wurde, aufrecht erhalten. Anzumerken ist, dass Verfahrensfragen weiterhin unbeantwortet bleiben. So ist<br />
insbesondere die Zuständigkeit der lokalen Finanzämter bei Portfolien mit inländischem Streubesitz haltenden<br />
Empfängergesellschaften rechtsstaatlich und unionsrechtlich höchst bedenklich. Ferner bleibt auch fraglich, auf welche<br />
Fristen abgestellt werden soll. Schließlich werden Nachweisanforderungen gestellt, die in der Praxis zu Schwierigkeiten<br />
führen, insbesondere ist der Nachweis der fehlenden Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf Ebene der Anteilseigner<br />
nicht unproblematisch, ebenso die Substanzerfordernisse des § 50 d Abs.3 EStG.<br />
Für Investmentfonds, die ähnlich der deutschen Rechtslage (§ 11 InvStG) und im internationalen Kontext üblich, steuerbefreit<br />
sind, ist nach dem Wortlaut und entsprechend der Begründung keine Erstattung vorgesehen. Dies dürfte<br />
spätestens vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidungen v.10.5.2012 (Santander) sowie v. 25.10.2012 (Kommission/<br />
Belgien) unionswidrig sein, sodass ausländischen Fonds trotz des (möglicherweise gegenteiligen) Wortlauts des neuen<br />
§ 32 Abs.5 KStG entsprechende Erstattungsanträge stellen sollten. Im Übrigen würde der Nachweis bzgl.<br />
§ 50 d Abs.3 EStG wegen des Ausschlusses für Investmentfonds gem. § 50 d Abs.3 S.4 EStG entfallen.<br />
A. AUSWIRKUNGEN AUF DEN AKTIENGEWINN VON IN- UND AUSLÄNDISCHEN<br />
INVESTMENTFONDS<br />
Im Einzelnen ergeben sich damit die folgenden steuerlichen Konsequenzen für in- und ausländische Investmentfonds.<br />
1. Investmentsteuerlicher Aktiengewinn nach § 8 InvStG i.V.m. § 8b KStG<br />
Der sog. „Aktiengewinn“ ist in § 8 InvStG geregelt und ist Ausfluss des investmentsteuerlichen (beschränkten)<br />
Transparenzprinzips. Er überträgt die nationale Schachtelprivilegierung, in dessen Genuss nach § 8b KStG grundsätzlich<br />
nur der betriebliche Direktanleger gelangt, auch auf Anleger, die mittelbar über Investmentfonds in „Aktien“<br />
investieren. Dividenden und Veräußerungsgewinne aus Aktien sollen mithin auch vollumfänglich vom Beteiligungsprivileg<br />
profitieren.<br />
Die Umsetzung geschieht dergestalt, dass Investmentfonds bewertungstäglich einen (pos. oder neg.) Prozentsatz<br />
ausweisen („Fonds-Aktiengewinn“), wozu sie im Falle von Publikumsfonds nach einmaliger Wahlrechtsausübung<br />
(zugunsten der Aktiengewinnermittlung) und im Falle von Spezialfonds zwingend verpflichtet sind, § 5 Abs. 2 InvStG. Auf<br />
Anlegerebene wird sodann der letztlich entscheidende Anlegeraktiengewinn auf die Weise ermittelt, dass der jeweilige<br />
Fonds-Aktiengewinn mit dem jeweiligen Anteilspreis (NAV) und der veräußerten Anteilsstückzahl bei Verkauf/Rückgabe<br />
und Erwerb/Ausgabe multipliziert wird. Die Differenz aus den so ermittelten Eurobeträgen bei Verkauf/Rückgabe und<br />
Erwerb/Ausgabe bilden den (pos. oder negativen) Anlegeraktiengewinn, der vom tatsächlichen Ergebnis aus der Transaktion<br />
(nach Berücksichtigung etwaiger steuerlicher Ausgleichsposten, falls während der Haltedauer der Fondsanteile<br />
ausschüttungsgleiche Erträge zugerechnet wurden 6 ) abgezogen wird.<br />
6<br />
Zwischengewinne gem. § 1 Abs.4 InvStG sind im Anteilspreis enthalten und führen im Falle betrieblicher Fondsanteile nach h.M. nicht<br />
zu Korrekturen im Rahmen der steuerlichen Veräußerungsergebnisermittlung. Sie sind nur bei Transaktionen von Fondsanteilen im<br />
Privatvermögen nach § 8 Abs.5 InvStG zu berücksichtigen.
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 4<br />
2. Konsequenzen der Neuregelung für den Fonds-Aktiengewinn in- und ausländischer<br />
Investmentfonds sowie für den Anleger-Aktiengewinn<br />
Zu unterscheiden sind die Auswirkungen der neuen Änderungen des § 8 InvStG bei Publikums- und Spezialfonds.<br />
2.1 Publikumsfonds<br />
Bei Publikumsfonds wird zukünftig unterstellt, dass sie selbst keine qualifizierte Beteiligung halten mit der Folge, dass<br />
Streubesitz stets fingiert wird. Aufsichtsrechtlich dürfen Publikumsfonds (insb. UCITS) ohnehin keine Beteiligung über<br />
10% halten 7 , da jeglicher beherrschender Einfluss verhindert werden soll, sodass die Fiktion insoweit in aller Regel keine<br />
Benachteiligung darstellt. Wie bereits ausgeführt können Publikumsfonds auch keine unmittelbare Beteiligung<br />
vermitteln, sodass eine Aufstockung einer bereits existierenden unmittelbar gehaltenen Streubesitzbeteiligung mittels<br />
Publikumsfonds zu einer qualifizierenden Beteiligung nicht gelingt.<br />
U.E. ist dies konsequent, da der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich eine Abschirmwirkung von (jedenfalls deutscher)<br />
Investmentfonds sowohl des Vertrags- als auch des Satzungstyps annimmt.<br />
Dennoch führt die Neuregelung dazu, dass in- und ausländische Publikumsfonds ab sofort (1.März 2013) eine nach<br />
Investorenkreis differenzierende Veröffentlichung bzw. (bei in- und ausländischen Spezialfonds) Bekanntgabe des<br />
Fonds-Aktiengewinns vorzunehmen haben. § 5 Abs. 2 S.1 InvStG n.F. fordert nämlich einen nach natürlichen Personen<br />
einerseits und Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen andererseits doppelten Ausweis der<br />
Prozentzahl.<br />
Nach § 18 Abs. 2 S.2 InvStG n.F. soll die Verpflichtung zum doppelten Ausweis bereits ab sofort (1. März 2013) bestehen.<br />
U.E. ist dies v.a. mit Blick auf ausländische Fonds kritisch zu sehen, sodass ein einfacher Ausweis jedenfalls für eine<br />
angemessene Übergangsfrist u.E. die Nutzung des Fonds-Aktiengewinns und die steuerliche Wirkung auf Anlegerebene<br />
selbst nicht in Frage stellen sollte.<br />
Das Erfordernis des nunmehr gespaltenen Ausweises liegt darin begründet, dass einkommensteuerpflichtige betriebliche<br />
Fondsanleger weiterhin dem von den Neureglungen unberührten Teileinkünfteverfahren unterliegen und damit auch<br />
Streubesitzdividenden zu 40% befreit bleiben. Insoweit gehen Dividenden für diesen Anlegerkreis in den Fonds-<br />
Aktiengewinn wie bisher ein. Für den zweiten Anlegerkreis („§ 8b“-relevante Gruppe) bewirkt die Neuregelung indes<br />
eine Abweichung dergestalt, dass dem Publikumsfonds Dividenden zugeflossene Dividenden ausnahmslos nicht mehr in<br />
den Fonds-Aktiengewinn einfließen.<br />
Dabei werden für eine Übergangszeit solange keine Unterschiede zwischen den beiden Prozentziffern auftreten, solange<br />
nach dem 1. März 2013 dem Fonds noch keine Dividenden zufließen.<br />
Nach § 18 Abs. 2 S.4 InvStG n.F. werden Streubesitzdividenden nur dann nicht mehr vom Fonds-Aktiengewinn erfasst,<br />
wenn sie dem Fonds nach dem 28. Februar 2013 zufließen. Bis dahin vereinnahmte Dividenden bleiben weiterhin nach<br />
§ 8b Abs. 1 InvStG begünstigt, sodass selbst bei weit in der Zukunft liegender Veräußerung Anleger noch von der<br />
Befreiung profitieren. Die Dividendenprivilegierung wird insoweit „eingefroren“.<br />
2.2 Spezialfonds<br />
Für Spezialfonds wird eine Sonderregelung eingeführt, § 15 Abs. 1 a InvStG n.F. Dabei soll die Dividendenprivilegierung -<br />
konträr zu Publikumsfonds - nicht automatisch wegfallen, vielmehr wird am bisherigen Regime grundsätzlich<br />
festgehalten, § 15 Abs. 1 a S.1 InvStG n.F. Es wird -anders als bei Publikumsfonds - bei Spezialfonds nicht unwiderruflich<br />
vermutet, dass keine qualifizierenden Beteiligungen vorliegen. Vielmehr bleibt die Befreiung bestehen, wenn zwei<br />
Voraussetzungen erfüllt werden. Es muss danach sowohl auf Spezialfondsebene als auch auf Anlegerebene eine<br />
qualifizierende Beteiligung vorliegen, wobei die Beteiligung des Anlegers am Spezialfonds die qualifizierende<br />
Beteiligung vermitteln muss, § 15 Abs. 1 a S.2 InvStG n.F.<br />
Während für die 10%-Beteiligung auf Fondsebene auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in welchem dem Fonds die<br />
Dividenden zufließen, kommt es für die Beteiligung des Anlegers am Spezialfonds auf dessen Geschäftsjahresende an,<br />
§ 15 Abs. 1 a S.3 InvStG n.F.<br />
7<br />
vgl. Erwerbsgrenzen nach § 64 InvG
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 5<br />
Dies ist insofern nachteilig, als ein vorher ausscheidender Anteilsinhaber nicht in den Genuss der Befreiung über den<br />
Anlegeraktiengewinn gelangt, obwohl er bis zur Anteilsrückgabe die Mindestbeteiligung inne hatte.<br />
Zu beachten ist, dass die Bedingungen für jede Beteiligung separat zu betrachten ist.<br />
Es stellt sich die Frage, ob die erste Voraussetzung auch erfüllt ist, wenn der Spezialfonds unmittelbar z.B. 9% hält und<br />
ein weiteres Prozent (durchgerechnet) über einen Zielfonds. Dafür spricht zunächst, dass Satz 2, anders als § 8b Abs. 4<br />
S.1 KStG n.F. nicht von einer unmittelbaren Beteiligung des Spezialfonds spricht. Außerdem erwähnt Satz 8, dass im<br />
Falle verliehener (Ziel-) Investmentanteile durch den Spezialfonds, diese dem Spezialfonds zugerechnet werden.<br />
Allerdings stellt sich dann das Problem, dass Dividenden, die dem Zielfonds zufließen, nicht gleichzeitig dem<br />
Spezialfonds zufließen, sondern frühestens mit Geschäftsjahresende des Zielfonds. Solle eine mittelbare Beteiligung<br />
ausreichend sein, sollte u.E. auf den Zeitpunkt abzustellen sein, in welchem die Dividenden dem Spezialfonds<br />
unmittelbar zufließen. Bei ausschließlich mittelbarer Beteiligung (insb. über Zielfonds; denkbar wäre auch über<br />
Mitunternehmerschaften des Spezialfonds) würde demgegenüber auf den Bezug der Zielfondserträge (dessen<br />
Geschäftsjahresende oder dessen spätere Ausschüttung) abzustellen sein.<br />
Unschädlich für die zweite Voraussetzung ist -entsprechend den Regeln beim Direktanleger-, wenn der Spezialfondsanteil<br />
über eine Mitunternehmerschaft gehalten wird, wobei sich die anteilige Zurechnung nach dem allgemeinen<br />
Gewinnmaßstab orientiert, § 15 Abs. 1 a S.4 InvStG n.F. Unmittelbar und über Mitunternehmerschaften gehaltene<br />
Beteiligungen werden zusammen gerechnet, § 15 Abs. 1 a S.5 InvStG n.F. Eine Zusammenrechnung über andere Investmentfonds<br />
mittelbar gehaltene Beteiligungen werden nicht berücksichtigt, § 15 Abs. 1 a S.6 InvStG n.F., sodass die 10%-<br />
Hürde jeweils nur mittels eines Spezialfonds genommen werden kann.<br />
Eine Besonderheit stellt die Option in § 15 Abs. 1 a S.7 InvStG n.F. dar, wonach eine bereits unmittelbar bestehende<br />
qualifizierende Beteiligung dazu führt, dass über den Spezialfonds bezogene Dividenden aus der jeweiligen Beteiligung<br />
dann ebenfalls in den Genuss der Dividendenbefreiung gelangen. Analog zur Direktanlage stellt der 2. HS klar, dass auch<br />
über Mitunternehmerschaften gehaltene Beteiligungen als unmittelbar gelten.<br />
Fraglich ist, ob die bestehende unmittelbare Mindestbeteiligung von 10% nur das Erfordernis der zweiten anlegerbezogenen<br />
10%-Grenze oder auch bereits das erste Erfordernis wegfallen lässt. U.E. sollte dies der Fall sein, sodass die<br />
Dividendenbefreiung unabhängig von der Beteiligungshöhe des Spezialfonds für den Anleger Platz greift, der selbst<br />
unmittelbar mindestens 10% hält. Fraglich ist zudem, worauf für die unmittelbare Beteiligung zeitlich abzustellen ist.<br />
U.E. sollte es entsprechend der Direktanlage auf den Beginn des Kalenderjahres ankommen und nicht entsprechend § 15<br />
Abs. 1 a S.3 Hs.2 InvStG n.F. auf das Geschäftsjahresende des Spezialfonds.<br />
Erforderlich ist ein Nachweis gegenüber der Fondsgesellschaft.<br />
Entsprechend der Regelung beim Direktanleger stellt § 15 Abs. 1 a S.8 InvStG n.F. klar, dass auf Fondsebene verliehene<br />
(i.d.R. dürfen Investmentfonds nur verleihen) Beteiligungen und Investmentanteile dem Spezialfonds und auf<br />
Anlegerebene die verliehenen Spezialfondsanteile dem Anleger zuzurechnen sind. Schließlich stellt Satz 9 klar, dass<br />
Teilfonds und Teilgesellschaftsvermögen von Investmentaktiengesellschaften (TGV) separate Investmentfonds bilden.<br />
B. FAZIT: KURZFRISTIGER HANDLUNGSBEDARF<br />
1. Annual Reporting, § 5 InvStG<br />
Die nun kurzfristigen Änderungen beim Aktiengewinn lösen zeitnah nicht unerheblichen Administrationsaufwand bei inund<br />
ausländischen Fondsgesellschaften aus.<br />
Soweit das jährliche Tax Reporting nach § 5 InvStG betroffen ist, so sieht die zeitliche Anwendungsegel bereits für<br />
laufende Fondsgeschäftsjahre, die nach dem 28. Februar 2013 enden, eine Änderung vor. Dabei sind nunmehr<br />
Dividenden unter § 5 Abs. 1 S.1 Nr.1 Buchst c) Doppelbuchst aa) nur noch für betriebliche natürliche Anleger<br />
auszuweisen.<br />
Durch die grds. Steuerpflicht auch ausländischer Streubesitzdividenden sind im Rahmen der Anrechnung ausländischer<br />
Quellensteuern Konsequenzen zu ziehen, da nunmehr weitgehend eine volle Anrechnung zum Tragen kommt. Unter<br />
Buchst c) Doppelbuchst jj) und ll) sind die mit ausländischer Quellensteuer belasteten ausländischen Einkünfte als<br />
„Davon-Ausweis“ auszuweisen, die begünstigt sind. Nachdem dieser Anteil sich bei dem Anlegerkreis „Körperschaften“<br />
um die Streubesitzdividenden verringert, dürfte sich der Ausweis nach bei den Kennziffern c) jj) und ll) in der Spalte<br />
„Körperschaften“ der § 5- Bescheinigungen i.d.R. auf „Null“ reduzieren. Allerdings bleibt es bei natürlichen Personen<br />
bei § 3 Nr.40 EStG, sodass sich insoweit keine Änderungen in der Spalte „einkommensteuerpflichtige betriebliche<br />
Anleger/Personengesellschaften“ ergeben.
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 6<br />
Hinzukommt ein neuer Doppelbuchstabe mm) innerhalb des Buchst c), der die bis zum 28.02.2013 auf Fondsebene<br />
bezogenen Dividenden gesondert ausweist, da die Streubesitzbesteuerung erst für danach bezogene Dividenden gilt.<br />
Entsprechend der Davon-Ausweise die ausländischen Einkünfte betreffend ist die Zuordnung der zugehörigen anrechenbaren<br />
ausländischen Quellensteuern neu zu kategorisieren. Auch hier wird es zukünftig unter Buchst f) Doppelbuchst<br />
bb) 8 dd) und ff) 9 bei der Spalte „Körperschaften“ i.d.R. zu einem „Null“- Ausweis kommen, während die Spalte<br />
„einkommensteuerpflichtige betriebliche Anleger/Personengesellschaften“ unberührt von den Änderungen bleibt.<br />
2. Daily Reporting: Fonds-Aktiengewinn<br />
Von den Änderungen betroffen sind insbesondere auch „daily figures“ wie der Fonds-Aktiengewinn.<br />
Publikumsfonds müssen dem Wortlaut nach ab 1.März 2013 einen zweiteiligen Aktiengewinn veröffentlichen.<br />
Insbesondere für Auslandsfonds ist dies unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zu bemängeln. Die Finanzverwaltung<br />
sollte umgehend klarstellen, dass es zu keinen Beanstandungen kommt, wenn zunächst weiterhin nur eine Prozentzahl<br />
ausgewiesen wird, zumal sich die Ziffern zunächst (vor der HV-Saison) kaum unterscheiden dürften.<br />
Unter Administrationsgesichtspunkten ist es zu begrüßen, Publikumsfonds pauschalierend von Streubesitzdividenden<br />
auszunehmen, da andernfalls eine Matrix von verschiedenen Fonds-Aktiengewinnen erforderlich gewesen wäre. Insoweit<br />
war der ursprüngliche Entwurf des JStG 2013 insoweit schlicht untauglich.<br />
Auch Spezialfonds sind von dem doppelten Ausweis ebenfalls betroffen, soweit einkommensteuerpflichtige Anleger<br />
investiert sind.<br />
Hinzu kommt allerdings bei Spezialfonds, dass für bestimmte Anleger ein eigener Fonds-Aktiengewinn zu ermitteln ist,<br />
wenn diese den Unmittelbarkeitsnachweis erbringen.<br />
In der Praxis dürften diese Fälle allerdings eine seltene Ausnahme darstellen.<br />
In den ganz überwiegenden Fällen halten auch Spezialfonds Streubesitzportfolien.<br />
Der administrative Zusatzaufwand bei der Ermittlung des Fonds-Aktiengewinns, die individuellen Verhältnisse der<br />
Anleger zu berücksichtigen, wird sich mithin in Grenzen halten.<br />
3. Handlungsoptionen für Fondsanleger<br />
Die dargestellten Neuregelungen eröffnen für die Fondsanleger einige Handlungsoptionen. Zu diesen werden wir in<br />
Kürze gesondert Stellung nehmen.<br />
Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich schon jetzt gerne zur Verfügung.<br />
8<br />
Nach DBA anrechenbare tatsächliche Quellensteuern, § 4 Abs.2 InvStG.<br />
9<br />
Nach DBA anrechenbare fiktive Quellensteuern, § 4 Abs.2 InvStG.
<strong>BDO</strong> Fachbereich Financial Services Tax - Sonderrundschreiben 7<br />
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Die <strong>BDO</strong> AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betreut in Deutschland an derzeit 25 Standorten mit über 1.900<br />
Mitarbeitern Unternehmen und Privatpersonen in den Bereichen Steuern, Wirtschaftsprüfung und wirtschaftsrechtlicher<br />
Beratung. Für internationale Fragestellungen stehen wir in engem Kontakt zu unseren Kollegen aus dem weltweiten<br />
<strong>BDO</strong>-Netzwerk, das mit nahezu 54.000 Mitarbeitern in 138 Ländern tätig ist.<br />
Der Fachbereich Financial Services Tax mit seiner speziellen Expertise zu steuer- und aufsichtsrechtlichen Fragen rund<br />
um den Fondsbereich steht Ihnen mit seinen erfahrenen Mitarbeitern gerne als Ansprechpartner zur Seite.<br />
Hinweis an den Leser<br />
Dieses Sonderrundschreiben sowie zahlreiche weitere <strong>BDO</strong> Publikationen stehen für Sie auch im Internet bereit unter<br />
www.bdo.de.<br />
Mit der hier vorliegenden aktuellen Information berichten wir über neue Gesetze und Gesetzesvorhaben und<br />
ausgewählte Themen auf dem Gebiet des Aufsichts- und Steuerrechts.<br />
Dieses Dokument wurde mit Sorgfalt erstellt, ist aber allgemein gehalten und kann daher nur als grobe Richtlinie gelten.<br />
Es ist somit nicht geeignet, konkreten Beratungsbedarf abzudecken, so dass Sie die hier enthaltenen Informationen<br />
nicht verwerten sollten, ohne zusätzlichen professionellen Rat einzuholen. Bitte wenden Sie sich an die <strong>BDO</strong> AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, um die hier erörterten Themen in Anbetracht Ihrer spezifischen Beratungssituation zu<br />
besprechen. <strong>BDO</strong> AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren Partner, Angestellte, Mitarbeiter und Vertreter<br />
übernehmen keinerlei Haftung oder Verantwortung für Schäden, die sich aus einem Handeln oder Unterlassen im<br />
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