Mittelstandsanleihen 2013: Pro und Contra - BDO
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Beitrag<br />
3<br />
Jan Odewald, Jane Evans* )<br />
<strong>Mittelstandsanleihen</strong> <strong>2013</strong>:<br />
<strong>Pro</strong> <strong>und</strong> <strong>Contra</strong><br />
Viele mittelständische Unternehmen sehen sich mehr denn je vor die Frage gestellt, auf welche<br />
Weise Herausforderungen wie weiteres Wachstum oder eine erforderliche Fremdkapitalumstrukturierung<br />
gemeistert werden können. Seit dem Jahr 2010 hat sich den Unternehmen mit dem Instrument<br />
der Mittelstandsanleihe eine Finanzierungsalternative eröffnet, von der zwischenzeitlich mehr<br />
als 80 Marktteilnehmer Gebrauch gemacht haben. Der nachfolgende Beitrag skizziert ausgewählte<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Emission einer Mittelstandsanleihe für die Emittenten.<br />
Einleitung<br />
Was haben der Fußballklub Schalke 04, der Fruchtsaftproduzent<br />
Valensina, der Lakritz- <strong>und</strong> Fruchtgummi-Hersteller<br />
Katjes sowie der Publikumsverlag Bastei Lübbe<br />
gemein? Alle weisen eine wesentliche Parallele auf: Sie<br />
haben in jüngster Zeit erfolgreich den Gang an den Kapitalmarkt<br />
gewagt <strong>und</strong> <strong>Mittelstandsanleihen</strong> emittiert.<br />
Diesen Umstand teilen sie noch mit Gesellschaften wie<br />
dem Zulieferer für die Energieindustrie SIAG, dem Solarmodulhersteller<br />
SOLARWATT oder dem <strong>Pro</strong>jektentwickler<br />
zum Bau von Biogasanlagen BKN Biostrom.<br />
Jedoch haben die zuletzt genannten Unternehmen in<br />
2012 sämtlich Insolvenzanträge stellen müssen; SIAG<br />
sogar schon neun Monate nach der Emission <strong>und</strong> vor<br />
Fälligkeit der ersten Zinszahlung.<br />
Bei SOLARWATT führte der Insolvenzantrag dazu,<br />
dass die Börsennotierung der „Sonnenanleihe“ zum<br />
09.11.2012 gekündigt wurde <strong>und</strong> sie damit nicht mehr<br />
an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse handelbar<br />
war; die Befriedigungsquote für die Anleihegläubiger<br />
betrug gem. dem von der Gläubigerversammlung<br />
angenommenen <strong>und</strong> gerichtlich bestätigten Insolvenzplan<br />
lediglich 16%.<br />
Nicht zuletzt zeigt das jüngst beendete erste Quartal<br />
<strong>2013</strong> die beiden Seiten der <strong>Mittelstandsanleihen</strong>: Während<br />
es der Deutsche Börse Ende März <strong>2013</strong> gelungen<br />
ist, eine Unternehmensanleihe im Volumen von 600<br />
Mio. € erfolgreich am Markt zu platzieren (die Schuldverschreibung<br />
ist am regulierten Markt im Prime Standard<br />
für Unternehmensanleihen an der Frankfurter Wertpapierbörse<br />
notiert), hat das Amtsgericht Amberg Anfang<br />
März <strong>2013</strong> dem Antrag der SiC <strong>Pro</strong>cessing, deren Mittelstandsanleihe<br />
seit März 2011 an der Börse Stuttgart<br />
notiert ist, auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in<br />
Eigenverwaltung stattgegeben.<br />
Diese von der Öffentlichkeit stark wahrgenommene Entwicklung<br />
am deutschen Markt für <strong>Mittelstandsanleihen</strong><br />
wirft die Frage nach dem Für <strong>und</strong> Wider dieses relativ jungen<br />
Instruments zur Unternehmensfinanzierung auf, die<br />
im Folgenden auf Basis ausgewählter Thesen <strong>und</strong> nach<br />
Eruierung der Motive der Emittenten diskutiert wird.<br />
* ) Jan Odewald, Ass.<br />
jur., Senior Manager/<br />
<strong>Pro</strong>kurist im Fachbereich<br />
Corporate<br />
Finance <strong>und</strong> Mitglied<br />
„<strong>BDO</strong> Board Support“<br />
der <strong>BDO</strong> AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />
E-Mail: Jan.<br />
Odewald@bdo.de<br />
Abb. 1: Motive<br />
* ) Jane Evans, Senior<br />
Manager/<strong>Pro</strong>kuristin<br />
im Fachbereich Corporate<br />
Finance (Strategic<br />
Finance) der<br />
<strong>BDO</strong> AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />
E-Mail: Jane.Evans@<br />
bdo.de<br />
02/<strong>2013</strong> Finanzierung im Mittelstand
4 Beitrag<br />
Motive<br />
Die vorgenannten Zitate machen deutlich, dass insbesondere<br />
zwei Motive bei der Kapitalbeschaffung im Vordergr<strong>und</strong> stehen:<br />
Kapital-/Liquiditätsbedürfnisse <strong>und</strong> eine höhere Unabhängigkeit<br />
von Banken. Kapitalbedürfnisse können wiederum aus<br />
unterschiedlichen Gründen resultieren: Starkes organisches<br />
Wachstum, Diversifikationsstrategien oder der Eintritt in neue<br />
Märkte sind ebenso wie externes Wachstum (M&A) sicherlich<br />
die am häufigsten anzutreffenden Beweggründe. Besteht<br />
zusätzlich der Wunsch oder die Notwendigkeit, die Fremdkapitalseite<br />
zu Lasten der klassischen Kreditfinanzierung durch<br />
Banken umzustrukturieren, stellt die Mittelstandsanleihe als<br />
klassisches Fremdkapital neben dem Schuldscheindarlehen<br />
eine optionale Finanzierungsquelle dar. Durch die allgemein<br />
erwartete Entwicklung, dass die Banken im Zuge der Basel III-<br />
Vorgaben eine restriktivere Kreditvergabepraxis umsetzen<br />
werden (müssen), rücken diese Alternativen zusätzlich in den<br />
Vordergr<strong>und</strong>. Daneben haben die Unternehmen weiterhin die<br />
Möglichkeit der Aufnahme von Eigenkapital (z.B. Private Equity,<br />
IPO, Eigenfinanzierung) oder von Mezzanine-Kapital (z.B. Genussrechte).<br />
<strong>Pro</strong> Mittelstandanleihe<br />
• Keine Änderung der Gesellschafterstruktur oder der Rechtsform<br />
Die Begebung einer Mittelstandsanleihe erfordert ebenso<br />
wie die Aufnahme eines Schuldscheindarlehens nicht die<br />
Änderung der Rechtsform des Unternehmens <strong>und</strong> erspart<br />
somit von vornherein − anders als u.U. ein Börsengang − etwaige<br />
gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen. Ein Blick<br />
auf die praktischen Erfahrungen in den letzten drei Jahren<br />
zeigt auch, dass Emittenten sowohl in der Rechtsform einer<br />
Aktiengesellschaft (z.B. DIC Asset AG, HAHN-Immobilien-<br />
Beteiligungs AG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
(z.B. Valensina GmbH, Semper idem Underberg GmbH),<br />
der Kommanditgesellschaft (z.B. Bastei Lübbe GmbH & Co.<br />
KG, Textilkontor Walter Seidensticker GmbH & Co. KG) oder<br />
sogar als eingetragener Verein (Fußballclub Gelsenkirchen-<br />
Schalke 04 e.V.) den Gang an den Kapitalmarkt gewagt haben.<br />
Zudem führt die Begebung einer Mittelstandsanleihe<br />
auch nicht zu einer Änderung der Beteiligungsstruktur oder<br />
einer Minimierung der bestehenden Stimmrechtsverhältnisse<br />
− beide Umstände bleiben unberührt, was insbesondere<br />
für traditionelle Familienunternehmen oder inhabergeführte<br />
Gesellschaften von Interesse sein kann.<br />
• Flexibilität aufgr<strong>und</strong> eingeschränkter Verwendungspflicht<br />
<strong>und</strong> Besicherung<br />
Oftmals werden <strong>Mittelstandsanleihen</strong> ohne zusätzliche <strong>und</strong><br />
konkrete Besicherung begeben. Hierin unterscheiden sie<br />
sich von klassischen Bankkrediten oder Schuldscheindarlehen,<br />
bei denen regelmäßig die Gewährung von Sicherheiten<br />
<strong>und</strong>/oder die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln bzw.<br />
Finanzrelationen (Covenants) oder Change of Control-Klauseln<br />
für den Fall des Wechsels der Mehrheitsverhältnisse<br />
vorgesehen werden. Insoweit haben oftmals anzutreffende<br />
Sicherungsübereignungen oder Forderungsabtretungen auch<br />
unmittelbaren Einfluss auf den operativen Handlungsspielraum<br />
des Kreditnehmers, der durch die geforderten Sicherheiten<br />
nicht unerheblich eingeschränkt werden kann. Zusätzliche<br />
operative Freiheit bietet die Mittelstandsanleihe gegenüber<br />
Bankdarlehen in Fällen, in denen Bank- oder Schuldscheindarlehen<br />
eine Zweckbindung der Darlehenssumme<br />
vorsehen. Zwar geben Emittenten von <strong>Mittelstandsanleihen</strong><br />
in den Wertpapierprospekten regelmäßig eine beabsichtigte<br />
Verwendung des Emissionserlöses an, aber verpflichtend ist<br />
dies nicht, so dass auch keine Sanktionen bei ggf. operativ<br />
erforderlicher anderweitiger Verwendung drohen.<br />
• Zulassungsvoraussetzungen <strong>und</strong> Folgepflichten geringer<br />
als bei der Emission von Aktien<br />
Objektiv betrachtet ist das Konstrukt der Mittelstandsanleihe<br />
insofern keine neue Erfindung, als dass Schuldverschreibungen<br />
seit Jahren von Unternehmen als Finanzierungsbaustein<br />
genutzt werden. Dass Emissionen von <strong>Mittelstandsanleihen</strong><br />
dennoch seit 2010 so häufig zu beobachten sind, liegt daran,<br />
dass verschiedene öffentliche Kapitalmarktplätze eigene<br />
Segmente für die Emissionen von Anleihen mit deutlich niedrigeren<br />
Mindestvolumina im Vergleich zu klassischen Unternehmensanleihen<br />
eingeführt <strong>und</strong> damit zu einer verbreiterten<br />
Basis von potenziellen Anlegern beigetragen haben. Hierzu<br />
zählen die Börse Stuttgart („Bondm“), die Deutsche Börse<br />
in Frankfurt („Prime Standard“), die Börse Düsseldorf („der<br />
mittelstandsmarkt“), die Börse Hamburg/Hannover („Mittelstandsbörse<br />
Deutschland“) sowie die Börse München<br />
(„m:access“). Damit unterliegen die potenziellen Emittenten<br />
von notierten <strong>Mittelstandsanleihen</strong> zwar zugleich der Wertpapierprospektpflicht<br />
sowie einem Genehmigungsprozess<br />
durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin). Gegenüber der Emission von Aktien sind jedoch sowohl<br />
die Zulassungsvoraussetzungen als auch die aus einer<br />
Notierung resultierenden Folgepflichten gr<strong>und</strong>sätzlich weniger<br />
streng als bei/nach einem IPO. Die Folgepflichten eines<br />
Schuldscheindarlehens richten sich nach den vertraglich<br />
vereinbarten Regularien <strong>und</strong> können daher in einer weiten<br />
Bandbreite variieren.<br />
• Unabhängigkeit von klassischen Kreditgebern/Diversifikation<br />
der Finanzierungsstruktur<br />
Die klassische Unternehmensfinanzierung baut insbesondere<br />
auf kreditgebende Banken. Durch Börsen als vertrauensvolle<br />
(weil reglementierte) Handelsplattformen wird<br />
der potenzielle Adressatenkreis durch die Mittelstandsanleihe<br />
erheblich erweitert: Neben Privatanlegern oder<br />
„family&friends“ kommen insbesondere institutionelle Investoren,<br />
Vermögensverwalter, Family Offices, aber auch<br />
Versicherungen <strong>und</strong> Pensionskassen in Betracht, wenngleich<br />
das konkrete Gr<strong>und</strong>interesse der letztgenannten<br />
Gruppen regelmäßig auch vom beabsichtigten Emissionsvolumen<br />
angeregt wird (oder nicht).<br />
• Laufzeit von <strong>Mittelstandsanleihen</strong> vs. klassischen Krediten<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass die Laufzeiten der <strong>Mittelstandsanleihen</strong><br />
regelmäßig mit fünf bis sieben Jahren <strong>und</strong> mit einer<br />
endfälligen Tilgung ausgestaltet werden, ermöglichen sie<br />
eine laufzeitgeb<strong>und</strong>ene Planungssicherheit, die sie gegenüber<br />
einer oftmals kurzfristigeren Bankenfinanzierung vorteilhaft<br />
erscheinen lassen. Eine Anleihe ist im Gegensatz zu einer<br />
klassischen Kreditfinanzierung regelmäßig außerhalb eines<br />
Insolvenzszenarios unkündbar. Zudem bietet die Mittelstandsanleihe<br />
insofern eine gewisse Flexibilität, als dass zum einen<br />
Volumen zwischen zehn Mio. € <strong>und</strong> 200 Mio. € zu beobachten<br />
sind, <strong>und</strong> zum anderen auch Folgeemissionen bzw. Aufstockungen<br />
möglich <strong>und</strong> gebräuchlich sind. Im Sinne des Letzteren<br />
seien beispielhaft die notierten Schuldverschreibungen<br />
der Air Berlin PLC genannt, welche im November 2010 (Volumen:<br />
200 Mio. €), im April 2011 (Volumen: 150 Mio. €) sowie<br />
im November 2011 <strong>und</strong> 2012 (Volumen: 100 Mio. € plus<br />
Finanzierung im Mittelstand<br />
02/<strong>2013</strong>
Beitrag<br />
5<br />
Aufstockung: 50 Mio. €) ausgegeben wurden. Zuvor hatte die<br />
Air Berlin Finance B.V. in 2007 <strong>und</strong> 2009 Wandelanleihen<br />
begeben <strong>und</strong> jüngst im Februar <strong>2013</strong> eine weitere Wandelanleihe<br />
mit einem Volumen von 140 Mio. € platziert. Hinsichtlich<br />
der gr<strong>und</strong>sätzlichen Wahl der Emissionsvolumen ist aus Praxiserfahrung<br />
jedoch einschränkend darauf hinzuweisen, dass<br />
das beabsichtigte Volumen kein „Wunschkonzert“ darstellt,<br />
da bereits oftmals zu beobachten war, dass nur ein Bruchteil<br />
des anvisierten Volumens tatsächlich nachgefragt wurde,<br />
<strong>und</strong> Anleihen somit nicht in der beabsichtigten Höhe platziert<br />
werden konnten.<br />
<strong>Contra</strong> Mittelstandsanleihe<br />
• Höhere Publizitätspflichten <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Folgekosten<br />
wie z.B. Folgerating<br />
Mittelständler, die es bislang gewohnt waren, relevante<br />
Unternehmenskennzahlen entweder nur im kleinen Gesellschafterkreis<br />
oder − aus Sicht vieler Mittelständler bereits<br />
„schlimmstenfalls“ − mit den syndizierenden Banken zu kommunizieren,<br />
werden durch die bestehenden Publizitätspflichten<br />
nach Notierung einer Anleihe in einem Mittelstandssegment<br />
an einer deutschen Börse ihre Kommunikationspolitik<br />
deutlich umstellen müssen. Insbesondere die Offenlegung<br />
der Jahresabschlüsse der letzten Geschäftsjahre, Veröffentlichung<br />
von Unternehmens-Finanzkalendern <strong>und</strong> Zwischenabschlüssen,<br />
Quasi-ad-hoc-Pflicht, die Darstellung ausgewählter<br />
Finanzinformationen sowie eine hervorgehobene Offenlegung<br />
von Risikofaktoren werden nicht für jeden Mittelständler eingängig<br />
sein. Gegenüber der klassischen Kreditfinanzierung<br />
oder auch dem Schuldscheindarlehen ergeben sich hier also<br />
deutlich weitergehende Pflichten. Andererseits darf nicht<br />
verkannt werden, dass auch durch die weiterreichenden Berichtspflichten<br />
der Bekanntheitsgrad des emittierenden Unternehmens<br />
erheblich gesteigert werden kann; dies vermag<br />
Ausstrahlungswirkung sowohl auf Seiten von Endk<strong>und</strong>en,<br />
Geschäftspartnern (Zulieferern etc.) oder auch Bankinstituten<br />
zu entfalten. Positive Nebeneffekte sind somit zumindest<br />
solange zu erwarten, als die zu berichtenden Finanzkennzahlen<br />
oder weiteren veröffentlichungspflichtigen Tatsachen die<br />
Erwartungen des Markts nicht negativ überraschen. Zu den<br />
zu veröffentlichenden (<strong>und</strong> zu aktualisierenden) Tatsachen<br />
gehört auch das Rating des Emittenten (sog. „Unternehmensrating“,<br />
für die Schuldverschreibungen selber gibt es<br />
regelmäßig kein Rating).<br />
• Mindestemissionsvolumina erforderlich (Fixkosten)<br />
Während die Darlehensfinanzierung über Bankinstitute im Regelfall<br />
keine Mindestkreditsumme erfordert, führen diverse<br />
Fixkostenblöcke im Emissionsprozess zumindest mittelbar<br />
zu einem erforderlichen Mindestvolumen von <strong>Mittelstandsanleihen</strong>.<br />
Zunächst ist der Emittent nach dem einschlägigen<br />
Wertpapierprospektgesetz (WpPG) verpflichtet, einen Wertpapierprospekt<br />
zu erstellen, genehmigen zu lassen <strong>und</strong> diesen<br />
sodann zu veröffentlichen. Angesichts der in den <strong>Pro</strong>spekt<br />
aufzunehmenden Mindestangaben, die sich gem. § 7 WpPG<br />
nach der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission<br />
vom 29.04.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG<br />
des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates betreffend die<br />
in <strong>Pro</strong>spekten enthaltenen Informationen sowie das Format,<br />
die Aufnahme von Informationen mittels Verweis <strong>und</strong> die Veröffentlichung<br />
solcher <strong>Pro</strong>spekte <strong>und</strong> die Verbreitung von Werbung<br />
(ABl. EU Nr. L 149 S. 1, Nr. L 215 S. 3) in der jeweils geltenden<br />
Fassung richten, sind in der Praxis erhebliche Umfänge<br />
der <strong>Pro</strong>spektberichte zu beobachten. Wegen der zeitlichen<br />
Inanspruchnahme <strong>und</strong> der inhaltlichen Auseinandersetzung<br />
werden hierdurch nicht unerhebliche Beraterkosten verursacht<br />
<strong>und</strong> interne Kompetenzen geb<strong>und</strong>en. Weitere relevante<br />
Kostenblöcke im Rahmen des Emissionsprozesses entfallen<br />
insbesondere auf Ratingagenturen (z.B. Creditreform Rating<br />
AG, Euler Hermes Rating Deutschland GmbH) sowie etwaige<br />
Emissions- <strong>und</strong> Kommunikationsberater. Infolgedessen fließt<br />
den Emittenten im Rahmen des Angebots der Emissionserlös<br />
abzüglich der von der Gesellschaft zu tragenden Vertriebs-,<br />
Konzeptions- <strong>und</strong> Verwaltungskosten zu. Diese Emissionskosten<br />
liegen immerhin regelmäßig im einstelligen <strong>Pro</strong>zentbereich<br />
des Emissionserlöses; so wurde z.B. bei der Anleihe<br />
von Underberg mit gesamten Emissionskosten i.H.v. 4,5%<br />
des Gesamtnennbetrags der Inhaberschuldverschreibung<br />
<strong>und</strong> bei der „Sonnenanleihe“ von SOLARWATT gar mit sechs<br />
<strong>Pro</strong>zent gerechnet.<br />
• Laufende Zinszahlung im Zusammenspiel mit nicht ausgereiftem<br />
Geschäftsmodell<br />
Hinsichtlich der revolvierenden Zahlungszeitpunkte (z.B. vierteljährlich,<br />
jährlich) <strong>und</strong> dem erstmaligen Zeitpunkt der Zahlung,<br />
welcher auch erst in ferner Zukunft liegen kann, besteht<br />
eine Gestaltungsfreiheit. Jedoch muss der Businessplan des<br />
Emittenten konkret (<strong>und</strong> belastbar!) darauf ausgerichtet sein,<br />
dass die prospektierten Zins- <strong>und</strong> Rückzahlungen erfolgen<br />
können. Praktische Erfahrungen, welche einleitend anhand<br />
konkreter Beispiele unterlegt wurden, haben gezeigt, dass<br />
Investoren in Einzelfällen noch vor erstmaliger Zinszahlung<br />
mit der Insolvenz der Emittenten konfrontiert wurden. Somit<br />
war in der Praxis das Geschäftsmodell offensichtlich nicht<br />
so ausgereift <strong>und</strong> der Businessplan nicht so belastbar erstellt,<br />
als dass sich diese Gefahr nicht realisieren konnte.<br />
Wenngleich die eingangs aufgezeigten Beispiele sämtlich im<br />
Bereich Erneuerbare Energien zu verorten sind <strong>und</strong> damit<br />
eine Verallgemeinerung zunächst ausscheiden sollte (da insbesondere<br />
das Branchenrisiko der Überkapazitäten <strong>und</strong> die<br />
Unsicherheiten durch den hohen Einfluss gesetzgeberischer<br />
Maßnahmen zum Ausdruck kommt), bleibt dennoch festzuhalten,<br />
dass Unternehmen als Emittenten von <strong>Mittelstandsanleihen</strong><br />
ihre Planung zur Präsentation am Kapitalmarkt so<br />
glaubwürdig vorzubereiten haben, dass die geschuldeten<br />
Zinszahlungen vom Markt auch tatsächlich erwartet werden<br />
dürfen <strong>und</strong> sich dies in einer entsprechenden Cashflow-Planung<br />
widerspiegelt. Die Gefahr der Unfähigkeit, die Zinszahlungen<br />
fristgerecht zu leisten, würde neben der drohenden Insolvenz<br />
jedenfalls wegen der entsprechenden Öffentlichkeitswirkung<br />
mit einem erheblichen Reputationsverlust einhergehen.<br />
Fazit<br />
Die vorgenannten Argumente können nur erste Anhaltspunkte<br />
dafür liefern, inwiefern eine Anleihe für ein mittelständisches<br />
Unternehmen als Finanzierungsalternative in Betracht<br />
kommt. Die konkreten Überlegungen <strong>und</strong> das Abwägen des<br />
Für <strong>und</strong> Wider können nur unter Hinzuziehung erfahrener<br />
Berater (insbesondere Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte,<br />
Emissions- <strong>und</strong> Kommunikationsberater) erfolgen. In diesem<br />
<strong>Pro</strong>zess werden auch entscheidende Weichen zu stellen sein,<br />
damit die Emission für Unternehmen <strong>und</strong> Anleger ein Erfolg<br />
wird. Zu diesen Erfolgsfaktoren gehören insbesondere Kongruenz<br />
zum Finanzierungszweck, Laufzeit, Rating, Covenants<br />
<strong>und</strong> Kapitalmarktstory (Management, geplante Mittelverwendung,<br />
Zeitpunkt der Emission etc.), deren Untersuchungen<br />
einem separaten Beitrag vorbehalten bleiben müssen.<br />
02/<strong>2013</strong> Finanzierung im Mittelstand